Bundesverfassungsgericht Ablehnung einstweilige Anordnung, 10. Juli 2018 - 1 BvQ 45/18

ECLI:ECLI:DE:BVerfG:2018:qk20180710.1bvq004518
bei uns veröffentlicht am10.07.2018

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts wird abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

Gründe

1

Der Antrag nach § 32 Abs. 1 BVerfGG ist unzulässig, weil dem Bundesverfassungsgericht nicht ermöglicht wird, wenigstens summarisch zu prüfen, ob die noch zu erhebende Verfassungsbeschwerde nicht von vornherein unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist (vgl. BVerfGE 89, 38 <44>; 118, 111 <122>; 130, 367 <369>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 26. März 2018 - 1 BvQ 17/18 -, www.bverfg.de, Rn. 2). Die angegriffene Entscheidung und die dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Behördenentscheidungen sind weder beigefügt noch ihrem wesentlichen Inhalt nach wiedergegeben (vgl. BVerfGE 112, 304 <314 f.>; 131, 66 <82>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 31. Januar 2012 - 2 BvC 11/11 -, www.bverfg.de, Rn. 5; stRspr).

2

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 32


(1) Das Bundesverfassungsgericht kann im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dring

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Bundesverfassungsgericht Beschluss, 31. Jan. 2012 - 2 BvC 11/11

bei uns veröffentlicht am 31.01.2012

Gründe A. 1 Der Beschwerdeführer hat die Gültigkeit der Wahl zum 17. Deutschen Bundestag mit de

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(1) Das Bundesverfassungsgericht kann im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist.

(2) Die einstweilige Anordnung kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. Bei besonderer Dringlichkeit kann das Bundesverfassungsgericht davon absehen, den am Verfahren zur Hauptsache Beteiligten, zum Beitritt Berechtigten oder Äußerungsberechtigten Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(3) Wird die einstweilige Anordnung durch Beschluß erlassen oder abgelehnt, so kann Widerspruch erhoben werden. Das gilt nicht für den Beschwerdeführer im Verfahren der Verfassungsbeschwerde. Über den Widerspruch entscheidet das Bundesverfassungsgericht nach mündlicher Verhandlung. Diese muß binnen zwei Wochen nach dem Eingang der Begründung des Widerspruchs stattfinden.

(4) Der Widerspruch gegen die einstweilige Anordnung hat keine aufschiebende Wirkung. Das Bundesverfassungsgericht kann die Vollziehung der einstweiligen Anordnung aussetzen.

(5) Das Bundesverfassungsgericht kann die Entscheidung über die einstweilige Anordnung oder über den Widerspruch ohne Begründung bekanntgeben. In diesem Fall ist die Begründung den Beteiligten gesondert zu übermitteln.

(6) Die einstweilige Anordnung tritt nach sechs Monaten außer Kraft. Sie kann mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen wiederholt werden.

(7) Ist ein Senat nicht beschlußfähig, so kann die einstweilige Anordnung bei besonderer Dringlichkeit erlassen werden, wenn mindestens drei Richter anwesend sind und der Beschluß einstimmig gefaßt wird. Sie tritt nach einem Monat außer Kraft. Wird sie durch den Senat bestätigt, so tritt sie sechs Monate nach ihrem Erlaß außer Kraft.

Gründe

A.

1

Der Beschwerdeführer hat die Gültigkeit der Wahl zum 17. Deutschen Bundestag mit der Begründung angefochten, das gesamte Wahlrecht sei verfassungswidrig, weil seine wesentlichen Teile nicht in der Verfassung selbst geregelt seien. Zudem verletzten die Altersgrenze für das aktive Wahlrecht (Art. 38 Abs. 2 Halbsatz 1 GG), die Aufstellung "starrer" Landeslisten (§ 27 Abs. 1 BWahlG) und die Fünf-Prozent-Sperrklausel (§ 6 Abs. 6 Satz 1 BWahlG) die Wahlrechtsgrundsätze. Die "Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative (DIE PARTEI)" sei vom Bundeswahlausschuss rechtsfehlerhaft nicht als Partei zur Bundestagswahl zugelassen, die Landesliste der Freien Union rechtswidrig vom Landeswahlausschuss des Landes Bayern zurückgewiesen worden. Der Bundesgesetzgeber habe es weiterhin verfassungswidrig unterlassen, eine Neuregelung zu den so genannten Überhangmandaten bereits vor der Bundestagswahl 2009 vorzunehmen. Die Wahlprüfungsgremien seien verfassungs- und europarechtswidrig zusammengesetzt gewesen. Ferner sei es im Vorfeld der Wahlen zum 17. Deutschen Bundestag durch ein Täuschungsverhalten von Regierungsmitgliedern zu erheblichen Einflussnahmen auf die Wähler gekommen und habe die Kandidatenaufstellung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen das Grundgesetz und die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen. Schließlich seien die Wahl des Bundestagsabgeordneten Lammert wegen Wählertäuschung und die Wahl des Bundespräsidenten mangels demokratischer Legitimation unwirksam.

B.

2

Die Wahlprüfungsbeschwerde ist überwiegend unzulässig (I.). Im Übrigen ist sie jedenfalls offensichtlich unbegründet (II.).

I.

3

Zum überwiegenden Teil sind die vom Beschwerdeführer erhobenen Rügen unzulässig, weil sie den Begründungsanforderungen (vgl. BVerfGE 122, 304 <308 f.>) nicht genügen.

4

1. Soweit der Beschwerdeführer die Altersgrenze für das aktive Wahlrecht als verfassungswidrig rügt, hat das Bundesverfassungsgericht bereits auf seine Wahlprüfungsbeschwerde gegen den Beschluss des Deutschen Bundestages vom 6. November 2003 (BVerfGE 122, 304) ausgeführt, dass die Altersgrenze an den Wahlrechtsgrundsätzen des Art. 38 Abs. 1 GG nicht zu messen ist, weil sie in Art. 38 Abs. 2 Halbsatz 1 GG auf gleicher Rangebene wie diese geregelt ist (BVerfGE 122, 304<309>). Soweit der Beschwerdeführer dem entgegentritt, handelt es sich - ungeachtet der Bezugnahme auf Art. 1 Abs. 1, Art. 20 Abs. 2 Satz 1 und Art. 79 Abs. 3 GG - ausschließlich um verfassungspolitische Erwägungen.

5

2. Die gegen die Entscheidungen des Bundeswahlausschusses, die "Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative (DIE PARTEI)" nicht als Partei zur Wahl des 17. Deutschen Bundestages zuzulassen, und des Landeswahlausschusses des Freistaates Bayern, die Landesliste der Freien Union zurückzuweisen, gerichteten Rügen sind bereits deshalb unzulässig, weil sie im Einspruchsverfahren vor dem Deutschen Bundestag in unzureichender Weise vorgebracht worden sind. Aus dem Charakter der Wahlprüfungsbeschwerde als Rechtsmittel gegen einen Beschluss des Deutschen Bundestages folgt, dass nur solche Rügen berücksichtigt werden können, die schon Gegen-stand des Wahlprüfungsverfahrens vor dem Deutschen Bundestag gewesen (vgl. BVerfGE 89, 243 <265>) und dort in unmissverständlicher und substantiierter Weise zur Begründung des Wahleinspruchs vorgetragen worden sind (vgl. BVerfGE 79, 50). Eine diesen Anforderungen genügende Begründung hat der Beschwerdeführer seinem Wahleinspruch nicht zugrunde gelegt (vgl. BTDrucks 17/6300, S. 125 - Anlage 38 zu II.2). Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer binnen der Beschwerdebegründungsfrist des § 48 Abs. 1 Halbsatz 2 BVerfGG auch gegenüber dem Bundesverfassungsgericht nicht ausreichend vorgetragen; insbesondere hat er keine Unterlagen vorgelegt, die eine verfassungsgerichtliche Überprüfung des behaupteten Wahlfehlers zuließen.

6

3. Soweit der Beschwerdeführer meint, der Bundesgesetzgeber hätte den Regelungskomplex um die Bestimmungen der § 6 Abs. 4 und 5 und § 7 Abs. 3 Satz 2 BWahlG vor der Bundestagswahl 2009 neu gestalten müssen, fehlt es an der Darlegung von Gesichtspunkten, die Anlass geben könnten, von der im Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 3. Juli 2008 (BVerfGE 121, 266) ausgesprochenen Neuregelungsfrist abzurücken.

7

4. Das Vorbringen des Beschwerdeführers zur vermeintlich verfassungs- und europarechtswidrigen Zusammensetzung der Wahlprüfungsgremien enthält schon keine hinreichend substantiierte und aus sich heraus verständliche Darlegung eines Wahlfehlers, der Einfluss auf die Mandatsverteilung haben kann (vgl. BVerfGE 58, 175 <175 f.>).

8

5. Soweit der Beschwerdeführer sich gegen die Kandidatenaufstellung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wendet, fehlt es ebenfalls bereits an einem hinreichend konkreten und überprüfbaren Sachvortrag sowie einer Subsumtion unter die Regelungen im Bundeswahlgesetz über die Kandidatenaufstellung (vgl. dazu BVerfGE 89, 243 <252 f.>).

9

6. Die Rügen, die Wahl des Bundestagsabgeordneten Lammert und diejenige des Bundespräsidenten seien unwirksam, waren, weil sie erst nach Ablauf der Einspruchsfrist vorgetragen worden waren, nicht Gegenstand des Wahlprüfungsverfahrens vor dem Deutschen Bundestag und sind schon deshalb unzulässig.

10

7. Schließlich hat der Beschwerdeführer auch einen Wahlfehler durch ein Täuschungsverhalten der Bundesregierung nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Aus seinem Vortrag ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine unzulässige Beeinflussung der Wahl (zu den insoweit anzulegenden Maßstäben vgl. BVerfGE 103, 111 <130 ff.>).

II.

11

Die verbleibenden Rügen des Beschwerdeführers betreffen Wahlrechtsnormen, deren Verfassungsmäßigkeit das Bundesverfassungsgericht bereits festgestellt, und wahlrechtliche Zweifelsfragen, die das Bundesverfassungsgericht schon entschieden hat. Der Beschwerdeführer hat diesbezüglich keine Gesichtspunkte vorgetragen, die Anlass zu einer anderweitigen Beurteilung geben könnten.

12

1. Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt festgestellt, dass die im Bundeswahlgesetz vorgesehene Verhältniswahl nach "starren" Listen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden und insbesondere mit den Grundsätzen der Unmittelbarkeit und der Freiheit der Wahl vereinbar ist (vgl. BVerfGE 3, 45 <50 f.>; 7, 63 <67 ff.>; 21, 355 <355 f.>; 47, 253 <283>; 122, 304 <314>).

13

2. Auch das als verfassungswidrig gerügte, in § 6 Abs. 6 Satz 1 Alternative 1 BWahlG vorgesehene Quorum von 5 vom Hundert der im Wahlgebiet abgegebenen gültigen Zweitstimmen, das eine Partei erreichen muss, um bei der Verteilung der Sitze auf die Landeslisten berücksichtigt zu werden, hat das Bundesverfassungsgericht wiederholt als verfassungskonform beurteilt (vgl. BVerfGE 1, 208 <247 ff.>; 4, 31 <39 ff.>; 6, 84 <92 ff.>; 51, 222 <235 ff.>; 82, 322 <337 ff.>; 95, 335 <366>; 95, 408 <417 ff.>; 120, 82 <109 ff.>; BVerfG, Urteil vom 9. November 2011 - 2 BvC 4/10 u.a. -, juris Rn. 94).

14

3. Schließlich greift auch der Einwand des Beschwerdeführers, das gesamte Wahlrecht sei verfassungswidrig, weil seine wesentlichen Teile nicht in der Verfassung selbst geregelt seien, nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht durch (vgl. zuletzt BVerfGE 122, 304 <314>).