Bundessozialgericht Urteil, 18. Mai 2010 - B 7 AL 22/09 R

bei uns veröffentlicht am18.05.2010

Tatbestand

1

Im Streit ist die Förderung einer Bildungsmaßnahme ab 5.4.2004.

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Der 1950 geborene Kläger, ein ausgebildeter Diplom-Pädagoge, war - mit Unterbrechungen - von 1992 bis zuletzt 29.2.2004 als Taxifahrer tätig. Ab 1.3.2004 bewilligte ihm die Beklagte Arbeitslosengeld (Bescheid vom 26.3.2004). Bereits am 3.3.2004 hatte der Kläger bei der Beklagten die Förderung einer Ausbildung zum Fahrlehrer beantragt, die er am 5.4.2004 begann. Er legte eine Bestätigung der A Fahrschule S (vom 20.4.2004) vor, in der ausgeführt ist, es sei beabsichtigt, den Kläger nach abgeschlossener Ausbildung zum Fahrlehrer fest einzustellen. Die Beklagte lehnte eine Leistungsgewährung ab, weil die Maßnahme nicht den Zielen der Weiterbildungsförderung entspreche, die Maßnahme nicht durch eine fachkundige Stelle zugelassen und eine Förderung aus arbeitsmarktlicher Sicht nicht zweckmäßig sei (Bescheid vom 22.4.2004; Widerspruchsbescheid vom 23.6.2004).

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Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben (Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 19.12.2007; Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 15.7.2008). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, die Voraussetzungen der beruflichen Weiterbildung zum Fahrlehrer lägen nicht vor. Die Beklagte habe die Maßnahme nicht allgemein durch einen dem Träger erteilten Bescheid zugelassen; sie habe die Maßnahme aus arbeitsmarktlicher Sicht nicht für zweckmäßig erachtet, weil ein nennenswerter Arbeitsmarktbedarf nicht festgestellt worden sei bzw eine prognostische Verbleibsquote von 70 % nicht erwartet werden könne. Auch eine Förderung im Einzelfall - ohne ausdrückliche allgemeine Zulassung von Maßnahme und Maßnahmeträger - sei abzulehnen, weil die vom Kläger vorgelegte Bestätigung der Fahrschule vom 20.4.2004 gänzlich unverbindlich ausgestaltet sei. Der Kläger könne den Anspruch auf Finanzierung der Maßnahme auch nicht auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützen; er sei nicht unrichtig beraten worden, weil er darauf hingewiesen worden sei, dass die Vorlage eines Arbeitsvertrags, nicht nur einer Einstellungszusage, erforderlich sei.

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Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 77 Abs 1 Nr 4 und Abs 3, der §§ 84 und 85 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) sowie der Amtsermittlungspflicht nach § 103 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Das LSG habe es versäumt zu prüfen, ob Träger und Maßnahme für die Förderung durch die Beklagte selbst zugelassen werden könnten. Dafür sei die Beklagte bis 30.6.2004 inzident mit der Prüfung der individuellen Anspruchsvoraussetzungen der Weiterbildungsförderung zuständig gewesen. Das LSG habe insoweit unter Verstoß gegen § 77 Abs 1 Nr 4 SGB III eine Förderung im Einzelfall mit der Begründung verneint, die von ihm (dem Kläger) vorgelegte Bestätigung der Fahrschule vom 20.4.2004 sei völlig unverbindlich. Die Erklärung enthalte vielmehr eine konkrete Einstellungszusage unter der Bedingung, dass die Fahrlehrerausbildung (erfolgreich) abgeschlossen werde. Entgegen der Ansicht des LSG könne - in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) - die fehlende allgemeine Zulassung der Maßnahme vor deren Beginn im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs korrigiert werden. Die Beklagte habe ihn zu keinem Zeitpunkt über die Notwendigkeit der Zulassung der Maßnahme und des Trägers beraten.

5

Der Kläger beantragt,
den Beschluss des LSG und das Urteil des SG aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 22. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Juni 2004 zu verurteilen, Unterhaltsgeld und Weiterbildungskosten zu zahlen,

hilfsweise über den Antrag auf Förderung der Weiterbildungsmaßnahme zum Fahrlehrer neu zu entscheiden.

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Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

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Sie hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

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Die Revision ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Auf Grund der tatsächlichen Feststellungen des LSG kann nicht beurteilt werden, ob dem Kläger ein Anspruch auf Förderung der Teilnahme an der (Bildungs-)Maßnahme bzw auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung zusteht.

9

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid vom 22.4.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.6.2004 (§ 95 SGG). Mit der Klage begehrt der Kläger die Verurteilung der Beklagten, Unterhaltsgeld (Uhg) und Kosten für seine berufliche "Weiterbildung" zum Fahrlehrer zu zahlen. Die richtige Klageart ist eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1, § 56 SGG). Der Hilfsantrag resultiert daraus, dass die Vorschriften der §§ 77 ff SGB III grundsätzlich keinen Anspruch auf die Förderung der Weiterbildung, sondern nur einen solchen auf eine pflichtgemäße Ermessensausübung nach § 39 Abs 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I) gewähren. Dann wäre eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage die richtige Klageart.

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Neben diesem Klageantrag bedarf es keines zusätzlichen Antrags auf Erteilung eines Bildungsgutscheins (§ 77 Abs 3 Satz 1 SGB III, hier idF, die die Norm durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 - BGBl I 2848 - erhalten hat). Der Bildungsgutschein ist in § 77 Abs 1 SGB III nicht als Anspruchsvoraussetzung vorgesehen, sondern soll nur bei gleichzeitiger Betonung des Wettbewerbsgedankens zwischen den Maßnahmeträgern die Entscheidungsfreiheit des Geförderten verbessern und seine Eigeninitiative stärken(Eicher in Eicher/Schlegel, SGB III, Vor §§ 84 bis 87 RdNr 4, Stand Februar 2009; Schmidt in Eicher/Schlegel, aaO, § 77 RdNr 2, Stand August 2009). Mit dem Bildungsgutschein erkennt die Beklagte lediglich die Anspruchsvoraussetzungen verbindlich an und übt bereits im Vorfeld das ihr ggf zustehende Ermessen aus (Schmidt in Eicher/Schlegel, aaO, § 77 RdNr 60; vgl auch BT-Drucks 15/25, S 29 zu § 77). Der Ausstellung eines Bildungsgutscheins und der Vorabprüfung bedarf es jedoch dann nicht mehr, wenn die Beklagte ohnedies die Leistung generell abgelehnt hat (vgl zu einer vergleichbaren Situation im Rahmen der zweistufigen Prüfung von Kurzarbeitergeld: BSGE 104, 83 ff RdNr 9 mwN).

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Es ist auch kein zusätzlicher Klageantrag auf Zulassung von Maßnahme und Träger für die vom Kläger beantragte Weiterbildungsförderung erforderlich. Denn die Beklagte durfte inzident mit der Entscheidung über die individuelle Förderung auch über die Zulassung von Maßnahme und Träger mitentscheiden, ohne dass zuvor eine allgemeine Zulassung durch sie oder eine andere fachkundige Stelle notwendig gewesen wäre (hierzu später).

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Da mit der inzidenten Zulassung von Träger und Maßnahme ggf unmittelbar in Rechtsbeziehungen zu Dritten eingegriffen wird, wird das LSG nach der Zurückverweisung der Sache zu prüfen haben, ob nicht der Maßnahmeträger gemäß § 75 Abs 2 1. Alt SGG beizuladen ist (vgl dazu Eicher in Eicher/Schlegel, SGB III, Vor §§ 84 bis 87 RdNr 25, Stand Januar 2006). Erst wenn eine (inzidente) Zulassung für den Maßnahmeträger keine rechtlichen Konsequenzen mehr für diesen nach sich zieht, etwa weil die Maßnahme bereits beendet ist, bedarf es einer solchen Beiladung im Rahmen der Entscheidung über den Förderantrag des Maßnahmeteilnehmers nicht mehr, weil dann eine ausdrückliche (nachträgliche) Zulassung unnötige Förmelei wäre (Eicher aaO). Allerdings fehlt es an ausdrücklichen tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) dazu, selbst wenn hiervon im Hinblick auf die bereits seit Maßnahmebeginn verstrichene Zeit auszugehen sein dürfte. Das LSG wird dies nach der Zurückverweisung der Sache, die ohnedies wegen weiterer fehlender tatsächlicher Feststellungen erforderlich ist, nachzuholen haben.

13

           

Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Förderung ist § 77 SGB III. Danach können Arbeitnehmer bei Teilnahme an Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskosten und Leistung von Uhg gefördert werden, wenn

1.    

die Weiterbildung notwendig ist, um sie bei Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern, eine ihnen drohende Arbeitslosigkeit abzuwenden, bei Ausübung einer Teilzeitbeschäftigung eine Vollzeitbeschäftigung zu erlangen oder weil bei ihnen wegen fehlenden Berufsabschlusses die Notwendigkeit der Weiterbildung anerkannt ist,

2.    

die Vorbeschäftigungszeit erfüllt ist,

3.    

vor Beginn der Maßnahme eine Beratung durch das Arbeitsamt erfolgt ist und

4.    

die Maßnahme und der Träger der Maßnahme für die Förderung zugelassen sind

(Abs 1 Satz 1).       

Arbeitnehmer, die die Vorbeschäftigungszeit nicht erfüllen, können (wenn auch nicht durch Gewährung von Uhg, so doch) durch Übernahme der Weiterbildungskosten gefördert werden (Satz 2). Nach Abs 3 Satz 1 wird dem Arbeitnehmer das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Förderung in einem Bildungsgutschein bescheinigt (vgl zur Verzichtbarkeit eines Bildungsgutscheins oben).

14

Keine der Voraussetzungen des § 77 Abs 1 SGB III ist vorliegend auf Grund der tatsächlichen Feststellungen des LSG beurteilbar. Dies gilt bereits für die Frage, ob es sich überhaupt um eine Weiterbildungsmaßnahme handelt (vgl nur Schmidt in Eicher/Schlegel, aaO, Vor §§ 77 bis 96 RdNr 2a bis 2d mwN, Stand August 2009). Selbst die Voraussetzung des § 77 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB III (Beratung vor Beginn der Maßnahme) ist dem Beschluss des LSG nicht hinreichend sicher zu entnehmen. Ggf wird sich das LSG mit der Frage zu befassen haben, ob eine fehlende Beratung durch den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch ersetzbar ist (vgl dazu: BSG SozR 4-4300 § 77 Nr 2 RdNr 16 f; Schmidt in Eicher/Schlegel, SGB III, § 77 RdNr 49 ff, Stand August 2009; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB III, K § 77 RdNr 111c, Stand Juni 2009; Olk in Mutschler/Bartz/Schmidt-De Caluwe, SGB III, 3. Aufl 2008, § 77 RdNr 31; Stratmann in Niesel, SGB III, 4. Aufl 2007, § 77 RdNr 20).

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Entgegen der Ansicht des LSG können ohne weitere tatsächliche Feststellungen auch die Voraussetzungen des § 77 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB III nicht verneint werden. Die Förderung des Klägers scheitert allerdings nicht daran, dass Träger und Maßnahme nicht bereits vor Beginn der Maßnahme allgemein für die Förderung zugelassen waren; vielmehr wäre eine solche Zulassung inzident mit der Entscheidung über die Förderung durch die Beklagte selbst, also im Rahmen der individuellen Entscheidung über die Leistungsgewährung, möglich, ohne dass dies eines eigenen Ausspruchs über die Zulassung bedürfte; hierfür wären dann die Voraussetzungen des § 84 SGB III(idF, die die Norm durch das Erste Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 - BGBl I 4607 - erhalten hat) und des § 85 SGB II(hier idF, die die Norm durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 - BGBl I 2848 - erhalten hat) vom LSG noch zu prüfen, wobei Entscheidungsfreiräume der Beklagten zu beachten sind (vgl dazu Eicher in Eicher/Schlegel, SGB III, § 87 RdNr 29, Stand Januar 2006).

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Die Beklagte ist jedenfalls für Maßnahmen, die bis 31.12.2005 - wie vorliegend - begonnen haben, eine für die Zulassung von Träger und Maßnahme fachkundige Stelle iS der §§ 84, 85 SGB III. Dies ergibt sich bereits aus der Gesetzesbegründung (vgl BT-Drucks 15/25 S 30 zu § 84), wonach auch das Arbeitsamt (jetzt: Agentur für Arbeit) als fachkundige Stelle über die Zulassung von Trägern entscheiden können soll, auch wenn diese Aufgaben nach der gesetzlichen Intention immer weniger von der Bundesagentur für Arbeit (BA) und zunehmend von privaten Zertifizierungsstellen wahrgenommen werden sollen (vgl nur Schmidt in Eicher/Schlegel, aaO, Vor §§ 77 bis 96 RdNr 28, Stand November 2004).

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Es kann dahinstehen, ob - wofür vieles spricht - die Regelung der §§ 84 bis 87 ff SGB III keine den Maßstäben des Art 80 Abs 1 Grundgesetz (GG) entsprechende Ermächtigungsnorm für die §§ 2 bis 6 der Anerkennungs- und Zulassungsverordnung - Weiterbildung - (AZWV) ist(vgl dazu Eicher, aaO, § 87 RdNr 20, Stand Februar 2009; vgl auch Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB III, K § 87 RdNr 24 f, Stand August 2006; SG Mannheim, Urteil vom 9.2.2010 - S 8 AL 3179/09; vgl auch Roos, Die Akkreditierung fachkundiger Stellen und Zertifizierung für Träger von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung im System der Qualitätssicherung nach den §§ 77 ff SGB III, 2008, 157 ff, der allerdings einen Verstoß gegen den Wesentlichkeitsgrundsatz annimmt) und deshalb eine Zertifizierung auch nach Inkrafttreten der AZWV durch die BA selbst möglich, wenn nicht sogar zwingend, ist (dazu Eicher, aaO, RdNr 22, Stand Februar 2009); jedenfalls ordnet § 15 Abs 1 AZWV für - wie hier - bis 31.12.2005 begonnene Maßnahmen ausdrücklich an, dass die BA die Aufgaben von fachkundigen Stellen weiterhin wahrnimmt, soweit nicht Zertifizierungsstellen nach dieser Verordnung tätig werden. Hierzu heißt es in der Begründung zur AZWV (vgl Eicher/Schlegel, Anlage zu § 87), bis zur Anerkennung einer ausreichenden Zahl von Zertifizierungsstellen sollten - wie bisher die Agenturen für Arbeit - die vom Vorstand der BA bestimmten zuständigen Stellen innerhalb der BA die Aufgaben der fachkundigen Stellen übernehmen. Die Einschränkung des Vorhandenseins ausreichender Zertifizierungsstellen ist jedoch nicht in den Verordnungstext übernommen worden; vielmehr wird dort nur darauf abgestellt, dass anerkannte Zertifizierungsstellen nach dieser Verordnung tätig geworden sind, nicht nur, dass sie tätig werden könnten.

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Die fortbestehende Kompetenz der BA ergibt sich nicht zuletzt aus der Gesetzesbegründung zu § 85 SGB III(vgl BT-Drucks 15/25 S 30), wonach die Prüfung jeder einzelnen Bildungsmaßnahme (erst) zukünftig nicht mehr ausschließlich durch das Arbeitsamt (jetzt: Agentur für Arbeit), sondern durch Zertifizierungsagenturen erfolgen solle. Die wenn - auch verfassungsrechtlich zweifelhafte - Rechtsgrundlage für die Anerkennung von Zertifizierungsstellen (siehe oben) hat der Gesetzgeber jedoch ohnedies erst mit der AZWV mit Wirkung ab 1.7.2004 in Kraft gesetzt, sodass zu Beginn der vom Kläger besuchten Maßnahme am 5.4.2004 eine Zulassung durch externe Zertifizierungsstellen mangels gesetzlicher Grundlage hierfür ohnedies noch nicht möglich und zulässig war.

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Zwar ist dem SGB III gegenüber den Regelungen des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) eine Verselbstständigung des Zulassungsverfahrens (früher Anerkennungsverfahrens) mit der Möglichkeit der Zulassung durch gesonderten Verwaltungsakt zu entnehmen (BSG SozR 4-4300 § 86 Nr 1 RdNr 10); jedoch bedeutet dies nicht, dass, wenn die Beklagte selbst die Weiterbildungsmaßnahme und den Weiterbildungsträger zulassen darf (bzw muss), dies zwingend in einem vorgeschalteten allgemeinen Verfahren zu geschehen hat (Schmidt in Eicher/Schlegel, § 77 RdNr 52, Stand August 2009; Eicher in Eicher/Schlegel, aaO, § 87 RdNr 29, Stand Januar 2006; vgl auch Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB III, K § 87 RdNr 210, Stand August 2006). Bislang hat das BSG zwar offen gelassen, ob die Regelung der §§ 77 ff SGB III eine individuelle Inzidentprüfung der Zulassung auf einen Förderungsantrag des Leistungsempfängers selbst ermöglicht(BSG SozR 4-4300 § 77 Nr 2 RdNr 17); jedoch bieten die gesetzlichen Regelungen der §§ 77 ff SGB III - jedenfalls vor Inkrafttreten der AZWV - keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass trotz der bezeichneten Verselbständigung des Zulassungsverfahrens die frühere individuelle Prüfung der Maßnahme und des Maßnahmeträgers auf Geeignetheit nach dem AFG(vgl dazu Eicher, aaO, Vor §§ 84 bis 87 RdNr 6, Stand Januar 2006) völlig ausgeschlossen sein sollte. Deutlich geht dies daraus hervor, dass die Gesetzesbegründung darauf verweist, die Regelung der jetzigen Nr 4 übernehme die des früheren § 34 Abs 1 Satz 2 AFG(BT-Drucks 13/4941 S 168 zu § 77). Dies muss vor allem dann gelten, wenn die BA - wie vorliegend - die Aushändigung eines Bildungsgutscheins bereits abgelehnt hat, mit dem der Bildungswillige sich unter generell zugelassenen Maßnahmeträgern und Maßnahmen die passende Maßnahme selbst aussuchen soll. Zumindest für die Zeit bis 31.12.2005 ist die BA mithin verpflichtet, über einen inzident gestellten Zulassungsantrag konkret-individuell zu befinden (Eicher, aaO, Vor §§ 84 bis 87 RdNr 24, Stand Januar 2006). Eines Rückgriffs auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch bedarf es dazu nicht (Eicher, aaO; offengelassen in BSG SozR 4-4300 § 77 Nr 2 RdNr 17). Mit einer positiven Entscheidung über die Förderung entscheidet die BA dann gleichzeitig über die Zulassung der Maßnahme und des Maßnahmeträgers für die individuelle Förderung des Bildungswilligen, wenn auch nicht allgemein über die Zulassung für die Weiterbildungsförderung. Dem steht auch nicht der Wortlaut ("zugelassen sind") entgegen; auch bei § 77 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB III ist eine Formulierung gewählt ("anerkannt ist"), die auf einen formellen Anerkennungsakt hinzuweisen scheint, obwohl ein solcher nicht erforderlich ist(Schmidt in Eicher/Schlegel, aaO, § 77 RdNr 43, Stand August 2009).

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Bei der Prüfung der Voraussetzungen der §§ 84, 85 SGB III für die Zulassung eines Maßnahmeträgers und einer Maßnahme kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt die arbeitsmarktliche Zweckmäßigkeit - entgegen der Ansicht des LSG - nach § 85 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB III nicht ohne weitere tatsächliche Feststellungen verneint werden. Das LSG hat hierzu keine eigenen Feststellungen getroffen, sondern lediglich Angaben der Beklagten referiert. Es fehlen für die zu treffende Prognoseentscheidung (vgl BSG SozR 3-4100 § 34 Nr 4 S 13) eigene tatsächliche Feststellungen des LSG zur Beschäftigungssituation (vgl zur Überprüfbarkeit der Prognoseentscheidung nur Urmersbach in Eicher/Schlegel, aaO, § 85 RdNr 46 mwN, Stand Oktober 2008). Bei der Beurteilung der arbeitsmarktlichen Zweckmäßigkeit hat die Beklagte einen nicht voll überprüfbaren Beurteilungsspielraum (vgl dazu BSGE 79, 269 = SozR 3-4460 § 10 Nr 2 mwN; s auch Urmersbach, aaO, § 85 RdNr 52, Stand Oktober 2008; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB III, K § 85 RdNr 46 f, Stand Februar 2007).

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Eine arbeitsmarktliche Zweckmäßigkeit ist - anders als die Beklagte und das LSG offenbar meinen - nicht bereits dann zu bejahen, wenn bei insgesamt schlechter Prognose für den Zielberuf im konkreten Einzelfall ein Arbeitsplatz zugesagt ist; eine solche Betrachtung würde die konkrete Situation eines einzelnen Antragstellers in den Vordergrund schieben und gerade arbeitsmarktpolitische Abwägungen vernachlässigen (BSGE 67, 228, 232 = SozR 3-4100 § 36 Nr 1 S 5). Die Zusage eines Arbeitsplatzes im Einzelfall kann allenfalls bei der Ermessensentscheidung, wenn die Anspruchsvoraussetzungen alle vorliegen, zu berücksichtigen sein. Im Rahmen des auszuübenden Ermessens wäre auch von Bedeutung, ob dem Kläger bereits für den Fall der Vorlage einer Einstellungszusage, nicht erst für den Fall der Vorlage eines Arbeitsvertrages, eine Förderung zugesagt worden wäre (vgl für den Fall einer mündlichen Zusage BSG SozR 4-4300 § 415 Nr 1 RdNr 37). Hierüber wäre ggf Beweis zu erheben. Was man dem Kläger also insoweit als "Voraussetzung für eine Förderung" geraten hat, ist entgegen der Ansicht des LSG nicht im Rahmen des Rechtsinstituts des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zu berücksichtigen.

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Bei einer abschließenden Kostenentscheidung wird das LSG auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 54


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 163


Das Bundessozialgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 170


(1) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision eb

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 95


Hat ein Vorverfahren stattgefunden, so ist Gegenstand der Klage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 56


Mehrere Klagebegehren können vom Kläger in einer Klage zusammen verfolgt werden, wenn sie sich gegen denselben Beklagten richten, im Zusammenhang stehen und dasselbe Gericht zuständig ist.

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 84 Lehrgangskosten


(1) Lehrgangskosten sind Lehrgangsgebühren einschließlich1.der Kosten für erforderliche Lernmittel, notwendige sozialpädagogische Begleitung, Arbeitskleidung und Prüfungsstücke,2.der Prüfungsgebühren für gesetzlich geregelte oder allgemein anerkannte

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Sozialgericht Mannheim Urteil, 09. Feb. 2010 - S 8 AL 3179/09

bei uns veröffentlicht am 09.02.2010

Tenor 1. Der Bescheid der Beklagten vom 3. Juni 2009 in Gestalt des der Klägerin am 17. August 2009 zugegangenen Widerspruchsbescheides wird aufgehoben. 2. Die Beigeladene wird verpflichtet, unverzüglich über den Antrag der Klägerin auf Zulassung
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Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 29. Okt. 2010 - L 12 AS 1110/09

bei uns veröffentlicht am 29.10.2010

Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 11. Dezember 2008 wird zurückgewiesen.Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Tatbestand   1 Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin einen

Referenzen

(1) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision ebenfalls zurückzuweisen.

(2) Ist die Revision begründet, so hat das Bundessozialgericht in der Sache selbst zu entscheiden. Sofern dies untunlich ist, kann es das angefochtene Urteil mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht zurückverweisen, welches das angefochtene Urteil erlassen hat.

(3) Die Entscheidung über die Revision braucht nicht begründet zu werden, soweit das Bundessozialgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 202 in Verbindung mit § 547 der Zivilprozeßordnung und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(4) Verweist das Bundessozialgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 161 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Landessozialgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Landessozialgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung beim Landessozialgericht anhängig geworden wäre.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.

Hat ein Vorverfahren stattgefunden, so ist Gegenstand der Klage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Mehrere Klagebegehren können vom Kläger in einer Klage zusammen verfolgt werden, wenn sie sich gegen denselben Beklagten richten, im Zusammenhang stehen und dasselbe Gericht zuständig ist.

Das Bundessozialgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(1) Lehrgangskosten sind Lehrgangsgebühren einschließlich

1.
der Kosten für erforderliche Lernmittel, notwendige sozialpädagogische Begleitung, Arbeitskleidung und Prüfungsstücke,
2.
der Prüfungsgebühren für gesetzlich geregelte oder allgemein anerkannte Zwischen- und Abschlussprüfungen sowie
3.
der Kosten für eine notwendige Eignungsfeststellung.

(2) Lehrgangskosten können auch für die Zeit vom Ausscheiden einer Teilnehmerin oder eines Teilnehmers bis zum planmäßigen Ende der Maßnahme übernommen werden, wenn

1.
die Teilnehmerin oder der Teilnehmer wegen Arbeitsaufnahme vorzeitig ausgeschieden ist,
2.
das Arbeitsverhältnis durch Vermittlung des Trägers der Maßnahme zustande gekommen ist und
3.
eine Nachbesetzung des frei gewordenen Platzes in der Maßnahme nicht möglich ist.

Tenor

1. Der Bescheid der Beklagten vom 3. Juni 2009 in Gestalt des der Klägerin am
17. August 2009 zugegangenen Widerspruchsbescheides wird aufgehoben.

2. Die Beigeladene wird verpflichtet, unverzüglich über den Antrag der Klägerin auf Zulassung der Referenzmaßnahme „Bilanzanalyse für Juristen“ ohne Anwendung der Verordnung über das Verfahren zur Anerkennung von fachkundigen Stellen sowie zur Zulassung von Trägern und Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch vom 16. Juni 2004 sowie über sämtliche weiteren Anträge gemäß Liste der Beklagten vom 27. April 2009 auf Zulassung der Referenzmaßnahmen neu zu entscheiden.

3. Die Beigeladene trägt die Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten der Klägerin. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

4. Es wird festgestellt, dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren notwendig war.

5. Der Streitwert des Verfahrens S 8 AL 3179/09 wird auf 450.000,-- Euro festgesetzt.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Verpflichtung der Beklagten, ihren Antrag auf Zulassung der Referenzmaßnahme „Bilanzanalyse für Juristen“ für die Förderung der beruflichen Weiterbildung sowie sämtliche weiteren Anträge auf Zulassung von Referenzmaßnahmen gemäß der Liste der Beklagten vom 27. April 2009 neu zu bescheiden.
Die Klägerin ist eine 1979 gegründete GmbH, die deutschlandweit Weiterbildungsveranstaltungen für Fach- und Führungskräfte der Wirtschaft anbietet. Mit Entscheidung vom 12. Mai 2009 ließ die Beklagte die Klägerin als Trägerin von Weiterbildungsmaßnahmen gemäß § 84 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - SGB III - zu. Im Anschluss daran beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Zulassung von 30 Maßnahmen als Referenzmaßnahmen im Verfahren nach § 85 SGB III i.V.m. § 9 Abs. 2 der Verordnung über das Verfahren zur Anerkennung von fachkundigen Stellen sowie zur Zulassung von Trägern und Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch vom 16. Juni 2004 (Anerkennungs- und Zulassungsverordnung - Weiterbildung - AZWV -). Die entsprechenden Maßnahmen sind in der Liste der Beklagten vom 27. April 2009 aufgeführt.
Mit E-Mail vom 3. Juni 2009 teilte die Beklagte der Klägerin mit, die Prüfung der ersten Referenzmaßnahme aus dem Maßnahmepaket „Bilanzanalyse für Juristen“ habe ergeben, dass die Maßnahme sowohl inhaltlich als auch im Hinblick auf die Zielgruppe prinzipiell zulassungsfähig sei. Auch die Arbeitsmarktrelevanz sei gegeben. Darüber hinaus erweise sich die von der Klägerin vorgelegte Kostenkalkulation als in sich schlüssig.
Der beantragte Kostenansatz sei auf der Grundlage der jährlich an die fachkundigen Stellen ausgegebenen vertraulichen Liste der Bundesdurchschnittskostensätze (B-DKS) zu prüfen. Eine Zulassung der geprüften Maßnahme könne aufgrund der fehlenden Angemessenheit im Hinblick auf die B-DKS (die Abweichung belaufe sich auf etwa 1.500 Prozent) nicht erfolgen. Da dies dem Grunde nach für alle in der Referenzauswahl befindlichen Maßnahmen gelte, werde von der Prüfung der verbliebenen Referenzanträge abgesehen.
Gegen diese Entscheidung erhob die Klägerin mit Schreiben vom 3. August 2009 Widerspruch. Gleichzeitig beantragte sie bei dem Sozialgericht Mannheim den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Den entsprechenden Antrag lehnte das Gericht mit Beschluss vom 27. August 2009
- S 8 AL 2531/09 ER - mangels Eilbedürftigkeit ab. Die Beschwerdemöglichkeit gegen diesen Beschluss wurde nicht ausgeschöpft. Den Widerspruch beschied die Beklagte mit am 17. August 2009 bei der Klägerin eingegangenem Schreiben mit der bereits mit E-Mail vom 3. Juni 2009 dargelegten Argumentation abschlägig. Dem Schreiben war keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt.
Die Klägerin hat am 22. September 2009 Klage zum Sozialgericht Mannheim erhoben.
Zur Begründung führt sie zunächst aus - worüber zwischen den Beteiligten Einigkeit besteht - streitig sei im Hinblick auf die Zulassungsvoraussetzungen (§ 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB III i.V.m. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AZWV) lediglich die Frage der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit im Hinblick auf die Angemessenheit der entstehenden Kosten.
Die Ablehnungsentscheidung sei bereits formell rechtswidrig, da sie sich auf die Liste der Bundesdurchschnittskosten (B-DKS) beziehe, ohne dass der Klägerin bislang die Möglichkeit zur Einsicht in diese Liste gewährt worden sei.
Die Entscheidung sei auch materiell fehlerhaft. Die B-DKS enthielten keinen geeigneten Maßstab für einen Kostenvergleich im Hinblick auf die von der Klägerin beantragte Maßnahme. Die Zuordnung zu dem Bildungsziel „Organisations- und Verwaltungsberufe“ begegne erheblichen Bedenken. Ein solch allgemein formuliertes Bildungsziel ermögliche keinen Vergleich der jeweils entstehenden Kosten. Auch bestehe keine inhaltliche Vergleichbarkeit mit der beantragten Maßnahme. Die Beklagte setze die beantragte Maßnahme „Bilanzanalyse für Juristen“ mit dem Berufsziel „Finanz-/Buchhaltung, geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK)“ gleich. Letztere Maßnahme habe eine Dauer von 18 bis 24 Monaten, während die beantragte Maßnahme binnen kürzester Zeit durchgeführt werde.
10 
Im Übrigen dürfe sich der Kostenvergleich nicht allein auf den Kostenansatz pro Unterrichtsstunde beschränken, sondern es müssten die Gesamtkosten der Maßnahme in den Blick genommen werden. Fehlerhaft sei es auch, dass die Beklagte die Zielgruppe bei ihrer Entscheidung nicht berücksichtigt habe, obwohl dies in § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AZWV vorgesehen sei.
11 
Letztlich müsse - gehe man von der Anwendbarkeit der B-DKS aus - ein in der AZWV vorgesehener Ausnahmefall für die Abweichung von den B-DKS angenommen werden, da für die Höhe der Maßnahmekosten in erster Linie die hohen Personalkosten verantwortlich seien.
12 
Die B-DKS seien jedoch nicht bindend, da sie zu höherrangigem Recht, nämlich zu § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AZWV, in Widerspruch stünden, da diese Vorschrift nur eine Berücksichtigung der B-DKS, nicht jedoch eine Bindung an diese vorsehe.
13 
Da die Ablehnung der Zulassung mithin aus zahlreichen Gründen rechtswidrig sei, habe die Klägerin einen Anspruch auf eine neue Entscheidung allein im Hinblick auf die Frage der Angemessenheit.
14 
Die Klägerin beantragt,
15 
den Bescheid der Beklagten vom 3. Juni 2009 und den Widerspruchsbescheid, eingegangen am 17. August 2009 bei der Klägerin, aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Antrag der Klägerin auf Zulassung der Referenzmaßnahme „Bilanzanalyse für Juristen“ als Weiterbildungsmaßnahme unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden sowie über sämtliche weiteren Anträge gemäß Liste der Beklagten vom 27. April 2009 auf Zulassung der Referenzmaßnahmen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
16 
Die Beklagte beantragt,
17 
die Klage abzuweisen.
18 
Sie hat bereits Zweifel hinsichtlich der Eröffnung des Rechtsweges zu den Sozialgerichten. Aus der Begründung der AZWV vom 23. Februar 2004 werde deutlich, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales als Verordnungsgeber davon ausgegangen sei, dass es sich bei dem Zulassungsverfahren für Maßnahmen nach der AZWV um ein privatrechtlich ausgestaltetes Sachverständigenverfahren handele. Auch die Bundesagentur für Arbeit, der Anerkennungsbeirat der Anerkennungsstelle AZWV sowie die überwiegende Anzahl der Zertifizierungsstellen gingen davon aus, dass die Zulassung für Bildungsmaßnahmen ein privatrechtliches Zertifikat darstelle.
19 
Im Übrigen sei die Klage auch unbegründet. Die aktuell gültigen B-DKS der Bundesagentur für Arbeit gingen für das Bildungsziel „Organisations- und Verwaltungsberufe“ unter der Kennziffer (DG-BO) 75-77, von denen insbesondere die Berufsziele/Berufsfelder „Finanz-/Buchhaltung, geprüfter Bilanzbuchhalter“ (IHK) umfasst würden, von einem durchschnittlichen Kostensatz in Höhe von 4,48 EUR aus. Gemessen an diesem Kostensatz sei der von der Klägerin für die Referenzmaßnahme zugrunde gelegte Kostensatz in Höhe von 73,01 EUR um mehr als 1.600 Prozent überhöht. Vor diesem Hintergrund erweise sich die Referenzmaßnahme als unverhältnismäßig. Dies gelte selbst dann, wenn berücksichtigt werde, dass die B-DKS zwar keine absolute Zulassungsgrenze, sondern eine interne Orientierungshilfe darstellten. Hierbei seien die „Aktuell gültigen Empfehlungen des Anerkennungsbeirates“, Stand: 11. November 2008, zu beachten, wonach eine Überschreitung der Durchschnittskostensätze nur in Ausnahmefällen vertretbar sei. Der Ausnahmefall der besonders hohen Arbeitsmarktrelevanz liege nicht vor, da die Zielgruppe der Maßnahme nicht arbeitssuchend sei. Darüber hinaus sei auch eine überdurchschnittliche technische Ausstattung weder notwendig noch gegeben. Die geltend gemachte überdurchschnittliche personelle Ausstattung werde allein mit Rücksicht auf die von der Klägerin angesprochene Zielgruppe vorgehalten. Die B-DKS seien jedoch nicht zielgruppen-, sondern ausschließlich bildungszielbezogen.
20 
Im Übrigen frage sich, ob eine Überschreitung des Durchschnittskostensatzes von mehr als 1.600 Prozent überhaupt darstellbar sein könne. Eine im Einzelfall ggf. begründete Überschreitung der B-DKS setze nicht die Angemessenheit im Verhältnis zum Durchschnittskostensatz außer Kraft. Außerdem sehe sich die Beklagte auch deshalb zur Maßnahmezulassung außer Stande, weil die Bundesagentur für Arbeit sogar die Zulassung von Bildungsmaßnahmen, die die Bundesdurchschnittskostensätze in geringerem Maße überschritten, massiv beanstandet habe.
21 
Die mit Beschluss vom 22. September 2009 beigeladene Bundesagentur für Arbeit hat keinen Antrag gestellt.
22 
Sie führt aus, die Angemessenheit der Maßnahmekosten orientiere sich allein an dem Bildungsziel der Maßnahme. Die Berücksichtigung unterschiedlicher Zielgruppen sehe die AZWV hingegen nicht vor. Zudem werde die Auffassung vertreten, dass die Kosten einer Maßnahme nicht von der zu schulenden Personengruppe, sondern im Wesentlichen von der Art der Maßnahmedurchführung und den zu vermittelnden Kenntnissen beeinflusst werde. Vor diesem Hintergrund sei es gerechtfertigt, für Maßnahmen im kaufmännischen Bereich einen Bundesdurchschnittskostensatz festzulegen.
23 
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat erneut Stellung genommen. Im Laufe des Klageverfahrens sind zudem die vollständigen B-DKS vorgelegt worden.
24 
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die beigezogenen Unterlagen der Beklagten, die Akte des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens S 8 AL 2531/09 ER und die Gerichtsakte des Hauptsacheverfahrens Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
25 
Die Klage ist zulässig (1.) und im Hinblick auf eine Verurteilung der Beigeladenen begründet (2.).
26 
1. Der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 4 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG - eröffnet. Bei der Zulassung einer Maßnahme nach § 85 SGB III handelt es sich in der Hauptsache um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in Angelegenheiten der Arbeitsförderung.
27 
Entscheidend für die Bestimmung der Rechtsnatur der Entscheidung der fachkundigen Stelle sind zunächst die streitentscheidenden Normen, vorliegend § 85 SGB III i.V.m. §§ 9 ff. der Anerkennungs- und Zulassungsverordnung - Weiterbildung - (AZWV). Hierbei handelt es sich um Rechtsgrundlagen des Öffentlichen Rechts.
28 
Der Beklagten als fachkundige Stelle ist die Befugnis der Zulassung von Trägern und Maßnahmen nach §§ 84, 85 SGB III übertragen. Die fachkundige Stelle selbst ist als GmbH juristische Person des Privatrechts, die jedoch mit der hoheitlichen Wahrnehmung der Aufgaben nach
§§ 84, 85 SGB III in eigenem Namen betraut ist. Die Beklagte ist mithin Beliehene (vgl. zu dieser Auffassung etwa Urmersbach in Eicher/Schlegel, Kommentar zum SGB III, 85. EL, Oktober 2008, § 85 SGB III Rn. 38 m.w.N.)
29 
Die Beleihung erfordert eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage. Diese ist in §§ 1 bis 3 AZWV zu sehen, die ihrerseits auf der Verordnungsermächtigung des § 87 SGB III beruhen.
30 
Bei den Aufgaben nach §§ 84, 85 SGB III handelt es sich um hoheitliche Entscheidungen. Dies zeigt bereits der Sprachgebrauch der AZWV, die §§ 84 ff. SGB III näher konkretisiert. So ist für die Zulassung als Träger für die Förderung der beruflichen Weiterbildung gemäß § 7 Abs. 1 AZWV ein Antrag erforderlich. Gleiches gilt gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 AZWV für die Zulassung einer Maßnahme. § 10 AZWV regelt die Prüfung und Entscheidung der Zertifizierungsstelle.
31 
Die hier begehrte Zulassungsentscheidung stellt einen Verwaltungsakt gemäß § 31 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - SGB X - dar ( Urmersbach , a.a.O., Rn. 38). Als Beliehene ist die Beklagte Behörde gemäß § 1 Abs. 2 SGB X. Bei der Zulassung einer Maßnahme gemäß § 85 SGB III handelt es sich darüber hinaus um eine Entscheidung, die einseitig von der fachkundigen Stelle getroffen wird, wie sich aus § 10 Abs. 1 AZWV ergibt. Danach entscheidet die Zertifizierungsstelle über den Antrag auf Zulassung (Satz 1). Bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen hat sie die Zulassung zu erteilen (Satz 3). Die Zertifizierungsstelle kann gemäß Satz 4 das Zulassungsverfahren aussetzen oder die Zulassung endgültig ablehnen. Um eine vertragliche Regelung handelt es sich bei der Entscheidung nach § 10 AZWV i. V. mit § 85 SGB III mithin gerade nicht.
32 
Die Entscheidung erfolgt auch auf dem Gebiet des Öffentlichen Rechts. Die Beurteilung, ob eine Entscheidung öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich ist, richtet sich nach der Natur des Rechtsverhältnisses (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 30. Januar 1990, Az.: 11 RAr 87/88, zitiert nach Juris, Randnr. 32). Der öffentlich-rechtliche Charakter der Zulassungsentscheidung ergibt sich bereits aus Wortlaut, Aufbau und Inhalt der Regelungen zur beruflichen Weiterbildung im SGB III. In §§ 77 bis 87 SGB III ist die Förderung der beruflichen Weiterbildung in einem eigenen Abschnitt des 4. Kapitels des SGB III geregelt. § 85 SGB III nennt in seinem Absatz 1 eine Reihe von Tatbeständen, deren Erfüllung jeweils Voraussetzung für die Zulassung einer Maßnahme ist. Diese werden in den weiteren Absätzen der Vorschrift sowie durch die AZWV näher konkretisiert. Auch der Inhalt der genannten Regelungen lassen mithin die besondere Bedeutung, die der Zulassung von Maßnahmen zukommen soll, erkennen (vgl. hierzu auch Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 5. Juni 2003, Az.: B 11 AL 59/02 R, zitiert nach Juris, Rnrn. 15 ff).
33 
Da die fachkundige Stelle aufgrund des Antrags gemäß § 7 AZWV über die Anerkennung einer Maßnahme zu entscheiden hat, trifft sie eine Entscheidung zur Regelung eines Einzelfalls, die für die Klägerin auf Außenwirkung gerichtet ist (vgl. BSG vom 5. Juni 2003 a.a.O., Rn. 17).
34 
Mithin liegen alle Merkmale eines Verwaltungsaktes im Sinne des § 31 Satz 1 SGB X vor. Aufgrund der Regelung der Voraussetzungen in § 85 SGB III ergeht dieser auf dem Gebiet der Arbeitsförderung, so dass es sich vorliegend um eine Streitigkeit gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 4 SGG handelt (so auch die Auffassung des Landessozialgerichts - LSG - Hamburg vom 30. Januar 2009, Az.: L 5 B 3/09 ER AL, zitiert nach Juris, Randnr. 2; Niewald in Gagel, Kommentar zum SGB III, 34. Ergänzungslieferung 2009, § 84 Randnr. 33).
35 
Die Klagefrist ist gewahrt. Diese betrug gemäß § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG ein Jahr, weil dem Widerspruchsbescheid der Beklagten, der am 17. August 2009 bei der Klägerin eingegangen ist, keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt war.
36 
Die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen sind ebenfalls gegeben.
37 
2. Die Klage ist im Sinne einer Verurteilung der Beigeladenen auch begründet.
38 
Rechtsgrundlage für die hier begehrte Zulassung von Maßnahmen ist § 85 SGB III.
39 
Die auf dieser Grundlage getroffene Entscheidung der Beklagten ist zwar formell rechtmäßig. Der zunächst bestehende Anhörungsmangel aufgrund der fehlenden Offenlegung der B-DKS wurde im Laufe des Klageverfahrens durch die Möglichkeit der Einsichtnahme der Klägerin in die B-DKS geheilt (entspr. § 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X ).
40 
Die ablehnende Entscheidung der Beklagten ist jedoch materiell rechtswidrig.
41 
Nach § 85 Abs. 1 Satz SGB III ist für die Förderung eine Maßnahme zugelassen, bei denen eine fachkundige Stelle festgestellt hat, dass die Maßnahme,
42 
1. nach Gestaltung der Inhalte der Maßnahme sowie der Methoden und Materialien ihrer Vermittlung eine erfolgreiche berufliche Bildung erwarten lässt und nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes zweckmäßig ist,
43 
2. angemessene Teilnahmebindungen bietet,
44 
3. mit einem Zeugnis abschließt, das Auskunft über den Inhalt des vermittelten Lehrstoffs gibt,
45 
4. nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit geplant und durchgeführt wird, insbesondere die Kosten und die Dauer angemessen sind.
46 
Zwischen den Beteiligten unstreitig ist das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 85 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 SGB III sowie die angemessene Dauer der Maßnahmen nach Nr. 4. Streitig ist allein, ob die Maßnahme nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit geplant und durchgeführt wird.
47 
Mit den unbestimmten Rechtsbegriffen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ist eine Mittel-Zweck-Relation beschrieben mit dem Ziel, bei der Verwendung von Haushaltsmitteln das Maß des Notwendigen nicht zu überschreiten ( Olk in Mutschler u.a., Kommentar zum SGB III, 3. Auflage 2008, § 85, Rn. 17 m.w.N.).
48 
Die Begriffe der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit beinhalten zugleich einen Beurteilungsspielraum im Sinne einer Einschätzungsprärogative (vgl. dazu Urteil des BSG vom 29. Februar 1984, Az.: 8 RK 27/82, zitiert nach Juris, Randnr. 20; Olk a.a.O., Randnr. 17).
49 
Die gerichtliche Überprüfung erfolgt in Fällen, in denen ein solcher Beurteilungsspielraum besteht, nur eingeschränkt (vgl. dazu Keller in Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 9. Auflage 2008, § 54 Rn. 31 d). Das Gericht prüft, ob der Beurteilung ein richtig und vollständig vermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, kein Verfahrensfehler begangen wurde, die gesetzlichen Grenzen des Beurteilungsspielraums eingehalten sind, kein Verstoß gegen höherrangiges Recht, insbesondere Grundrechte, vorliegt, die Subsumptionserwägungen in der Begründung des Verwaltungsakts verdeutlicht sind, so dass eine zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar ist, allgemeine oder besondere Wertmaßstäbe verletzt sind oder sachfremde Erwägungen angestellt wurden und ob Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind (vgl. hierzu Keller a.a.O. mit weiteren Nachweisen).
50 
Die ablehnende Entscheidung der Beklagten vom 3. Juni 2009 beruht auf einer vollständigen Tatsachengrundlage. Die Beklagte hat die Entscheidung auch nach den vorgesehenen Verfahrensvorschriften getroffen. Darüber hinaus hat die Beklagte in ihrer Entscheidung deutlich gemacht, dass die Ablehnung allein auf der fehlenden Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gemäß § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB III beruht, womit sie ihre Subsumptionserwägungen gegenüber der Klägerin verdeutlicht hat. Darüber hinaus ist eine Verletzung von Wertmaßstäben, der Verstoß gegen Denkgesetze oder allgemeiner Erfahrungssätze nicht erkennbar. Sachfremde Erwägungen haben für die Entscheidung der Beklagten ebenfalls keine Rolle gespielt.
51 
Die Entscheidung der Beklagten verstößt jedoch gegen höherrangiges Recht, weil sie auf der Grundlage der Anerkennungs- und Zulassungsverordnung - Weiterbildung - AZWV - vom 16. Juni 2004 getroffen wurde. Diese Verordnung beruht zur Überzeugung der Kammer ihrerseits auf einer verfassungswidrigen Ermächtigungsgrundlage, da § 87 SGB III nicht den Anforderungen von Artikel 80 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes - GG - entspricht.
52 
Gemäß § 87 SGB III wird das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, die Voraussetzungen für die Anerkennung als fachkundige Stelle und für die Zulassung von Trägern und Maßnahmen festzulegen, die Erhebung von Gebühren für die Anerkennung vorzusehen, die gebührenpflichtigen Tatbestände und die Gebührensätze zu bestimmen und das Verfahren für die Anerkennung als fachkundige Stelle sowie der Zulassung von Trägern und Maßnahmen zu regeln.
53 
Nach Artikel 80 Abs. 1 Satz 2 GG müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß zum Erlass einer Rechtsverordnung nach Bundesrecht im Gesetz bestimmt sein. Dabei genügt es, wenn das normierte Programm durch Auslegung anhand des Gesamtkonzeptes der gesetzlichen Regelung ermittelbar ist (vgl. dazu Eicher in Eicher/Schlegel, Kommentar zum SGB III, 87. Ergänzungslieferung, Februar 2009, § 87 SGB III Randnr. 20 mit weiteren Nachweisen).
54 
Das entsprechende Programm ist den §§ 84 bis 87 SGB III zum Verfahren der Anerkennung als Zertifizierungsstelle jedoch nicht zu entnehmen. Vielmehr enthält der Gesetzestext der §§ 84 bis 86 SGB III nicht einmal Hinweise auf die Voraussetzungen eines solchen Verfahrens durch Externe, wie es die AZWV für das Arbeitsförderungsrecht in Übereinstimmung mit der Gesetzesbegründung zu §§ 84, 85 III erstmals vorsieht ( Eicher a.a.O.). Damit enthalten die §§ 84 bis 87 SGB III nur eine unzulässige Pauschalermächtigung ohne Leitlinien und Ordnungsgesichtspunkte ( Eicher a.a.O.). Hinzu kommt, dass die §§ 84 bis 87 SGB III nicht einmal die für die Anerkennung zuständige Stelle normieren ( Eicher a.a.O.). Diese Unbestimmtheit kann insbesondere mit Blick auf die Grundrechtsrelevanz in Bezug auf Artikel 12 GG nicht hingenommen werden ( Eicher a.a.O.).
55 
Die Regelungen der §§ 2 bis 6 AZWV über die Anerkennung als externe Zertifizierungsstelle sind daher unwirksam ( Eicher a.a.O., Randnr. 21). Damit ist bis zu einer Änderung der §§ 84 bis 87 SGB III im Hinblick auf die Anforderungen des Artikel 80 Abs. 1 Satz 2 GG die Zertifizierung der Maßnahmen durch die Beigeladene selbst vorzunehmen ( Eicher a.a.O., Randnr. 22). Die Regelungen der §§ 12, 15 Abs. 1 AZWV über die Zertifizierung durch die Bundesagentur für Arbeit selbst nur in besonderen Fällen sind hingegen rechtlich bedeutungslos ( Eicher a.a.O., Randnr. 22).
56 
Der auf der Grundlage der AZWV und damit auf der Grundlage der §§ 84 bis 87 SGB III ergangene Bescheid der Beklagten vom 3. Juni 2009 in Gestalt des der Klägerin am 17. August 2009 zugegangenen Widerspruchsbescheides ist nach alldem rechtswidrig und war aufzuheben.
57 
Aus den dargelegten Gründen war die Beigeladene zu verpflichten, selbst über den Antrag der Klägerin auf Zulassung der Referenzmaßnahme „Bilanzanalyse für Juristen“ sowie über sämtliche weiteren Anträge gemäß Liste der Beklagten vom 27. April 2009 auf Zulassung der Referenzmaßnahmen neu zu entscheiden. Die Verurteilung der Beigeladenen ist gemäß § 75 Abs. 5 SGG möglich. Aufgrund des Verstoßes der Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der AZWV gegen höherrangiges Recht hat die Beigeladene diese Entscheidung ohne Anwendung der AZWV zu treffen.
58 
Da die Sonderregelung des § 421t Abs. 4 SGB III nur auf Maßnahmen anwendbar ist, die vor dem 31. Dezember 2010 beginnen, hat die Beigeladene die Entscheidung gemäß Ziffer 2 des Tenors auch unverzüglich zu treffen.
59 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 SGG.
60 
Die Feststellung, dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren notwendig war, war gemäß § 63 Abs. 2 SGB X gerechtfertigt.
61 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes i.V.m. dem Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit, Stand: 1. April 2009, Ziffern B.1.7, C.I.1.3.

Gründe

 
25 
Die Klage ist zulässig (1.) und im Hinblick auf eine Verurteilung der Beigeladenen begründet (2.).
26 
1. Der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 4 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG - eröffnet. Bei der Zulassung einer Maßnahme nach § 85 SGB III handelt es sich in der Hauptsache um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in Angelegenheiten der Arbeitsförderung.
27 
Entscheidend für die Bestimmung der Rechtsnatur der Entscheidung der fachkundigen Stelle sind zunächst die streitentscheidenden Normen, vorliegend § 85 SGB III i.V.m. §§ 9 ff. der Anerkennungs- und Zulassungsverordnung - Weiterbildung - (AZWV). Hierbei handelt es sich um Rechtsgrundlagen des Öffentlichen Rechts.
28 
Der Beklagten als fachkundige Stelle ist die Befugnis der Zulassung von Trägern und Maßnahmen nach §§ 84, 85 SGB III übertragen. Die fachkundige Stelle selbst ist als GmbH juristische Person des Privatrechts, die jedoch mit der hoheitlichen Wahrnehmung der Aufgaben nach
§§ 84, 85 SGB III in eigenem Namen betraut ist. Die Beklagte ist mithin Beliehene (vgl. zu dieser Auffassung etwa Urmersbach in Eicher/Schlegel, Kommentar zum SGB III, 85. EL, Oktober 2008, § 85 SGB III Rn. 38 m.w.N.)
29 
Die Beleihung erfordert eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage. Diese ist in §§ 1 bis 3 AZWV zu sehen, die ihrerseits auf der Verordnungsermächtigung des § 87 SGB III beruhen.
30 
Bei den Aufgaben nach §§ 84, 85 SGB III handelt es sich um hoheitliche Entscheidungen. Dies zeigt bereits der Sprachgebrauch der AZWV, die §§ 84 ff. SGB III näher konkretisiert. So ist für die Zulassung als Träger für die Förderung der beruflichen Weiterbildung gemäß § 7 Abs. 1 AZWV ein Antrag erforderlich. Gleiches gilt gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 AZWV für die Zulassung einer Maßnahme. § 10 AZWV regelt die Prüfung und Entscheidung der Zertifizierungsstelle.
31 
Die hier begehrte Zulassungsentscheidung stellt einen Verwaltungsakt gemäß § 31 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - SGB X - dar ( Urmersbach , a.a.O., Rn. 38). Als Beliehene ist die Beklagte Behörde gemäß § 1 Abs. 2 SGB X. Bei der Zulassung einer Maßnahme gemäß § 85 SGB III handelt es sich darüber hinaus um eine Entscheidung, die einseitig von der fachkundigen Stelle getroffen wird, wie sich aus § 10 Abs. 1 AZWV ergibt. Danach entscheidet die Zertifizierungsstelle über den Antrag auf Zulassung (Satz 1). Bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen hat sie die Zulassung zu erteilen (Satz 3). Die Zertifizierungsstelle kann gemäß Satz 4 das Zulassungsverfahren aussetzen oder die Zulassung endgültig ablehnen. Um eine vertragliche Regelung handelt es sich bei der Entscheidung nach § 10 AZWV i. V. mit § 85 SGB III mithin gerade nicht.
32 
Die Entscheidung erfolgt auch auf dem Gebiet des Öffentlichen Rechts. Die Beurteilung, ob eine Entscheidung öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich ist, richtet sich nach der Natur des Rechtsverhältnisses (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 30. Januar 1990, Az.: 11 RAr 87/88, zitiert nach Juris, Randnr. 32). Der öffentlich-rechtliche Charakter der Zulassungsentscheidung ergibt sich bereits aus Wortlaut, Aufbau und Inhalt der Regelungen zur beruflichen Weiterbildung im SGB III. In §§ 77 bis 87 SGB III ist die Förderung der beruflichen Weiterbildung in einem eigenen Abschnitt des 4. Kapitels des SGB III geregelt. § 85 SGB III nennt in seinem Absatz 1 eine Reihe von Tatbeständen, deren Erfüllung jeweils Voraussetzung für die Zulassung einer Maßnahme ist. Diese werden in den weiteren Absätzen der Vorschrift sowie durch die AZWV näher konkretisiert. Auch der Inhalt der genannten Regelungen lassen mithin die besondere Bedeutung, die der Zulassung von Maßnahmen zukommen soll, erkennen (vgl. hierzu auch Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 5. Juni 2003, Az.: B 11 AL 59/02 R, zitiert nach Juris, Rnrn. 15 ff).
33 
Da die fachkundige Stelle aufgrund des Antrags gemäß § 7 AZWV über die Anerkennung einer Maßnahme zu entscheiden hat, trifft sie eine Entscheidung zur Regelung eines Einzelfalls, die für die Klägerin auf Außenwirkung gerichtet ist (vgl. BSG vom 5. Juni 2003 a.a.O., Rn. 17).
34 
Mithin liegen alle Merkmale eines Verwaltungsaktes im Sinne des § 31 Satz 1 SGB X vor. Aufgrund der Regelung der Voraussetzungen in § 85 SGB III ergeht dieser auf dem Gebiet der Arbeitsförderung, so dass es sich vorliegend um eine Streitigkeit gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 4 SGG handelt (so auch die Auffassung des Landessozialgerichts - LSG - Hamburg vom 30. Januar 2009, Az.: L 5 B 3/09 ER AL, zitiert nach Juris, Randnr. 2; Niewald in Gagel, Kommentar zum SGB III, 34. Ergänzungslieferung 2009, § 84 Randnr. 33).
35 
Die Klagefrist ist gewahrt. Diese betrug gemäß § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG ein Jahr, weil dem Widerspruchsbescheid der Beklagten, der am 17. August 2009 bei der Klägerin eingegangen ist, keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt war.
36 
Die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen sind ebenfalls gegeben.
37 
2. Die Klage ist im Sinne einer Verurteilung der Beigeladenen auch begründet.
38 
Rechtsgrundlage für die hier begehrte Zulassung von Maßnahmen ist § 85 SGB III.
39 
Die auf dieser Grundlage getroffene Entscheidung der Beklagten ist zwar formell rechtmäßig. Der zunächst bestehende Anhörungsmangel aufgrund der fehlenden Offenlegung der B-DKS wurde im Laufe des Klageverfahrens durch die Möglichkeit der Einsichtnahme der Klägerin in die B-DKS geheilt (entspr. § 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X ).
40 
Die ablehnende Entscheidung der Beklagten ist jedoch materiell rechtswidrig.
41 
Nach § 85 Abs. 1 Satz SGB III ist für die Förderung eine Maßnahme zugelassen, bei denen eine fachkundige Stelle festgestellt hat, dass die Maßnahme,
42 
1. nach Gestaltung der Inhalte der Maßnahme sowie der Methoden und Materialien ihrer Vermittlung eine erfolgreiche berufliche Bildung erwarten lässt und nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes zweckmäßig ist,
43 
2. angemessene Teilnahmebindungen bietet,
44 
3. mit einem Zeugnis abschließt, das Auskunft über den Inhalt des vermittelten Lehrstoffs gibt,
45 
4. nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit geplant und durchgeführt wird, insbesondere die Kosten und die Dauer angemessen sind.
46 
Zwischen den Beteiligten unstreitig ist das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 85 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 SGB III sowie die angemessene Dauer der Maßnahmen nach Nr. 4. Streitig ist allein, ob die Maßnahme nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit geplant und durchgeführt wird.
47 
Mit den unbestimmten Rechtsbegriffen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ist eine Mittel-Zweck-Relation beschrieben mit dem Ziel, bei der Verwendung von Haushaltsmitteln das Maß des Notwendigen nicht zu überschreiten ( Olk in Mutschler u.a., Kommentar zum SGB III, 3. Auflage 2008, § 85, Rn. 17 m.w.N.).
48 
Die Begriffe der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit beinhalten zugleich einen Beurteilungsspielraum im Sinne einer Einschätzungsprärogative (vgl. dazu Urteil des BSG vom 29. Februar 1984, Az.: 8 RK 27/82, zitiert nach Juris, Randnr. 20; Olk a.a.O., Randnr. 17).
49 
Die gerichtliche Überprüfung erfolgt in Fällen, in denen ein solcher Beurteilungsspielraum besteht, nur eingeschränkt (vgl. dazu Keller in Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 9. Auflage 2008, § 54 Rn. 31 d). Das Gericht prüft, ob der Beurteilung ein richtig und vollständig vermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, kein Verfahrensfehler begangen wurde, die gesetzlichen Grenzen des Beurteilungsspielraums eingehalten sind, kein Verstoß gegen höherrangiges Recht, insbesondere Grundrechte, vorliegt, die Subsumptionserwägungen in der Begründung des Verwaltungsakts verdeutlicht sind, so dass eine zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar ist, allgemeine oder besondere Wertmaßstäbe verletzt sind oder sachfremde Erwägungen angestellt wurden und ob Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind (vgl. hierzu Keller a.a.O. mit weiteren Nachweisen).
50 
Die ablehnende Entscheidung der Beklagten vom 3. Juni 2009 beruht auf einer vollständigen Tatsachengrundlage. Die Beklagte hat die Entscheidung auch nach den vorgesehenen Verfahrensvorschriften getroffen. Darüber hinaus hat die Beklagte in ihrer Entscheidung deutlich gemacht, dass die Ablehnung allein auf der fehlenden Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gemäß § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB III beruht, womit sie ihre Subsumptionserwägungen gegenüber der Klägerin verdeutlicht hat. Darüber hinaus ist eine Verletzung von Wertmaßstäben, der Verstoß gegen Denkgesetze oder allgemeiner Erfahrungssätze nicht erkennbar. Sachfremde Erwägungen haben für die Entscheidung der Beklagten ebenfalls keine Rolle gespielt.
51 
Die Entscheidung der Beklagten verstößt jedoch gegen höherrangiges Recht, weil sie auf der Grundlage der Anerkennungs- und Zulassungsverordnung - Weiterbildung - AZWV - vom 16. Juni 2004 getroffen wurde. Diese Verordnung beruht zur Überzeugung der Kammer ihrerseits auf einer verfassungswidrigen Ermächtigungsgrundlage, da § 87 SGB III nicht den Anforderungen von Artikel 80 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes - GG - entspricht.
52 
Gemäß § 87 SGB III wird das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, die Voraussetzungen für die Anerkennung als fachkundige Stelle und für die Zulassung von Trägern und Maßnahmen festzulegen, die Erhebung von Gebühren für die Anerkennung vorzusehen, die gebührenpflichtigen Tatbestände und die Gebührensätze zu bestimmen und das Verfahren für die Anerkennung als fachkundige Stelle sowie der Zulassung von Trägern und Maßnahmen zu regeln.
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Nach Artikel 80 Abs. 1 Satz 2 GG müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß zum Erlass einer Rechtsverordnung nach Bundesrecht im Gesetz bestimmt sein. Dabei genügt es, wenn das normierte Programm durch Auslegung anhand des Gesamtkonzeptes der gesetzlichen Regelung ermittelbar ist (vgl. dazu Eicher in Eicher/Schlegel, Kommentar zum SGB III, 87. Ergänzungslieferung, Februar 2009, § 87 SGB III Randnr. 20 mit weiteren Nachweisen).
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Das entsprechende Programm ist den §§ 84 bis 87 SGB III zum Verfahren der Anerkennung als Zertifizierungsstelle jedoch nicht zu entnehmen. Vielmehr enthält der Gesetzestext der §§ 84 bis 86 SGB III nicht einmal Hinweise auf die Voraussetzungen eines solchen Verfahrens durch Externe, wie es die AZWV für das Arbeitsförderungsrecht in Übereinstimmung mit der Gesetzesbegründung zu §§ 84, 85 III erstmals vorsieht ( Eicher a.a.O.). Damit enthalten die §§ 84 bis 87 SGB III nur eine unzulässige Pauschalermächtigung ohne Leitlinien und Ordnungsgesichtspunkte ( Eicher a.a.O.). Hinzu kommt, dass die §§ 84 bis 87 SGB III nicht einmal die für die Anerkennung zuständige Stelle normieren ( Eicher a.a.O.). Diese Unbestimmtheit kann insbesondere mit Blick auf die Grundrechtsrelevanz in Bezug auf Artikel 12 GG nicht hingenommen werden ( Eicher a.a.O.).
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Die Regelungen der §§ 2 bis 6 AZWV über die Anerkennung als externe Zertifizierungsstelle sind daher unwirksam ( Eicher a.a.O., Randnr. 21). Damit ist bis zu einer Änderung der §§ 84 bis 87 SGB III im Hinblick auf die Anforderungen des Artikel 80 Abs. 1 Satz 2 GG die Zertifizierung der Maßnahmen durch die Beigeladene selbst vorzunehmen ( Eicher a.a.O., Randnr. 22). Die Regelungen der §§ 12, 15 Abs. 1 AZWV über die Zertifizierung durch die Bundesagentur für Arbeit selbst nur in besonderen Fällen sind hingegen rechtlich bedeutungslos ( Eicher a.a.O., Randnr. 22).
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Der auf der Grundlage der AZWV und damit auf der Grundlage der §§ 84 bis 87 SGB III ergangene Bescheid der Beklagten vom 3. Juni 2009 in Gestalt des der Klägerin am 17. August 2009 zugegangenen Widerspruchsbescheides ist nach alldem rechtswidrig und war aufzuheben.
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Aus den dargelegten Gründen war die Beigeladene zu verpflichten, selbst über den Antrag der Klägerin auf Zulassung der Referenzmaßnahme „Bilanzanalyse für Juristen“ sowie über sämtliche weiteren Anträge gemäß Liste der Beklagten vom 27. April 2009 auf Zulassung der Referenzmaßnahmen neu zu entscheiden. Die Verurteilung der Beigeladenen ist gemäß § 75 Abs. 5 SGG möglich. Aufgrund des Verstoßes der Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der AZWV gegen höherrangiges Recht hat die Beigeladene diese Entscheidung ohne Anwendung der AZWV zu treffen.
58 
Da die Sonderregelung des § 421t Abs. 4 SGB III nur auf Maßnahmen anwendbar ist, die vor dem 31. Dezember 2010 beginnen, hat die Beigeladene die Entscheidung gemäß Ziffer 2 des Tenors auch unverzüglich zu treffen.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 SGG.
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Die Feststellung, dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren notwendig war, war gemäß § 63 Abs. 2 SGB X gerechtfertigt.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes i.V.m. dem Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit, Stand: 1. April 2009, Ziffern B.1.7, C.I.1.3.

(1) Lehrgangskosten sind Lehrgangsgebühren einschließlich

1.
der Kosten für erforderliche Lernmittel, notwendige sozialpädagogische Begleitung, Arbeitskleidung und Prüfungsstücke,
2.
der Prüfungsgebühren für gesetzlich geregelte oder allgemein anerkannte Zwischen- und Abschlussprüfungen sowie
3.
der Kosten für eine notwendige Eignungsfeststellung.

(2) Lehrgangskosten können auch für die Zeit vom Ausscheiden einer Teilnehmerin oder eines Teilnehmers bis zum planmäßigen Ende der Maßnahme übernommen werden, wenn

1.
die Teilnehmerin oder der Teilnehmer wegen Arbeitsaufnahme vorzeitig ausgeschieden ist,
2.
das Arbeitsverhältnis durch Vermittlung des Trägers der Maßnahme zustande gekommen ist und
3.
eine Nachbesetzung des frei gewordenen Platzes in der Maßnahme nicht möglich ist.