Bundesgerichtshof Urteil, 11. Dez. 2013 - XII ZR 58/12

bei uns veröffentlicht am11.12.2013
vorgehend
Amtsgericht Siegburg, 328 F 28/09, 21.02.2011
Oberlandesgericht Köln, 14 UF 115/11, 29.11.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 58/12 Verkündet am:
11. Dezember 2013
Breskic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Umstand, dass beim Geschlechtsverkehr mit einem anderen Mann als dem
rechtlichen Vater Kondome benutzt wurden, schließt die Kenntnis von der Möglichkeit
der Abstammung des Kindes von diesem anderen Mann nicht aus (im
Anschluss an Senatsurteil vom 29. März 2006 - XII ZR 207/03 - FamRZ 2006,
771).
BGH, Urteil vom 11. Dezember 2013 - XII ZR 58/12 - OLG Köln
AG Siegburg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Dezember 2013 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter
Dr. Klinkhammer, Schilling, Dr. Nedden-Boeger und Guhling

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 29. November 2011 wird auf Kosten der Klägerin, die auch die durch die Streithilfe verursachten Kosten zu tragen hat, zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Sie heirateten am 12. März 2004. Am 21. April 2004 wurde der Sohn L. (Streithelfer des Beklagten) geboren. Die Parteien trennten sich im Januar 2008. Mit ihrer im Juli 2009 eingereichten Klage ficht die Klägerin, die während der Empfängniszeit auch Geschlechtsverkehr mit dem Zeugen H. hatte, die Vaterschaft des Beklagten an.
2
Das Amtsgericht hat nach Beweisaufnahme antragsgemäß festgestellt, dass der Beklagte nicht der Vater des Streithelfers ist. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Dagegen richtet sich die zugelassene Revision der Klägerin, mit der sie die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils erstrebt.

Entscheidungsgründe:

3
Die Revision hat keinen Erfolg.
4
Auf das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis zum 31. August 2009 geltende Prozessrecht anzuwenden, weil das Verfahren vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 3. November 2010 - XII ZB 197/10 - FamRZ 2011, 100 Rn. 10).

I.

5
Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist der Klägerin die Anfechtung der Vaterschaft versagt, weil sie die Klage nicht innerhalb von zwei Jahren nach der Geburt des Kindes erhoben habe. Aufgrund des Geschlechtsverkehrs mit dem Zeugen H. habe die Klägerin bereits vor der Geburt Kenntnis von Umständen gehabt, die die nicht ganz fernliegende Möglichkeit der Abstammung des Kindes von einem anderen Mann ergäben. Auch wenn bei dem Geschlechtsverkehr Kondome verwendet worden seien, habe die Klägerin nicht hinreichend sicher sein können, dass der Zeuge H. als Erzeuger ausscheide. Dies ergebe sich entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm (FamRZ 1999, 1362) aus der recht hohen Versagensquote bei einer Verhütung mit Kondomen.

II.

6
Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
7
1. Nach § 1600 b Abs. 1 Satz 1 BGB kann die Vaterschaft binnen zwei Jahren gerichtlich angefochten werden. Die Frist beginnt nach § 1600 b Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 BGB mit dem Zeitpunkt, in dem der Berechtigte von den Umständen erfährt, die gegen die Vaterschaft sprechen, aber nicht vor der Geburt des Kindes (§ 1600 b Abs. 2 Satz 1 BGB).
8
Zu den Umständen, deren Kenntnis die Anfechtungsfrist in Lauf setzt, gehört regelmäßig bereits ein einmaliger außerehelicher Geschlechtsverkehr der Kindesmutter während der gesetzlichen Empfängniszeit, und zwar auch dann, wenn der Ehemann innerhalb dieser Zeit der Kindesmutter ebenfalls beigewohnt hat und es den Umständen nach nicht ausgeschlossen erscheint, dass das Kind aus der außerehelichen Beiwohnung stammt. Insbesondere setzt der Beginn der Anfechtungsfrist nicht voraus, dass aufgrund der dem Anfechtenden bekannten Umstände die Vaterschaft eines Dritten wahrscheinlicher ist als die des Ehemanns (Senatsurteil vom 29. März 2006 - XII ZR 207/03 - FamRZ 2006, 771, 772 mwN).
9
2. Allerdings gilt die Regel, dass bereits die Kenntnis von einem außerehelichen Geschlechtsverkehr der Mutter während der Empfängniszeit die Anfechtungsfrist in Lauf setzt, nicht uneingeschränkt. Vielmehr kommt es darauf an, ob sich aus der Tatsache des außerehelichen Verkehrs die nicht ganz fern liegende Möglichkeit der Abstammung des Kindes von einem Dritten ergibt. Ganz fern liegend kann die Möglichkeit einer solchen Abstammung sein, wenn der außereheliche Verkehr unter Begleitumständen stattgefunden hat, nach denen eine Empfängnis in hohem Maße unwahrscheinlich ist (Senatsurteil vom 29. März 2006 - XII ZR 207/03 - FamRZ 2006, 771, 772 f. mwN).
10
Bei der Frage, ob die dem Anfechtenden bekannt gewordenen Gesamtumstände die Möglichkeit der Vaterschaft eines anderen Mannes als nicht ganz fern liegend erscheinen lassen, ist auf die objektive Beurteilung aus der Sicht eines verständigen Betrachters abzustellen. Dabei ist der Beurteilungsmaßstab nicht an medizinisch-naturwissenschaftlichen Spezialkenntnissen auszurichten, da solche von einem Laien nicht erwartet werden können. Vielmehr ist insoweit von dem Erkenntnisstand auszugehen, der bei einem verständigen Laien in der Regel erwartet werden kann (vgl. Senatsurteile vom 29. März 2006 - XII ZR 207/03 - FamRZ 2006, 771, 773; vom 14. Februar 1990 - XII ZR 12/89 - FamRZ 1990, 507, 509 und vom 5. Oktober 1988 - IVb ZR 99/87 - FamRZ 1989, 169,

170).

11
3. Dass der Geschlechtsverkehr unter Verwendung von Kondomen stattfand , schließt die grundsätzlich bestehende Kenntnis noch nicht aus, weil auch in diesem Fall die anderweitige Abstammung des Kindes nicht ganz fernliegend ist. Insoweit hat der Senat bereits darauf hingewiesen, es sei allgemein bekannt , dass die Zuverlässigkeit der Empfängnisverhütung mit Kondomen deutlich geringer sei als die anderer Verhütungsmittel wie etwa der „Pille“. Er hat darauf Bezug genommen, dass nach dem sogenannten „Pearl-Index“ beire- gelmäßiger Verwendung von Kondomen 2 bis 12 von 100 Frauen innerhalb eines Jahres schwanger werden gegenüber der deutlich höheren Sicherheit bei Einnahme der „Pille“ (Senatsurteil vom 29. März 2006 - XII ZR 207/03 - FamRZ 2006, 771, 773). Zwar könne die Kenntnis der Größenordnung dieser Versagensquoten nicht allgemein vorausgesetzt werden; eine ungefähre Vorstellung von diesem Risiko müsse aber zum Allgemeinwissen gezählt werden (Senatsurteil vom 29. März 2006 - XII ZR 207/03 - FamRZ 2006, 771, 773; ebenso OLG Karlsruhe FamRZ 2013, 555, 556 f.; Staudinger/Rauscher BGB [2011] § 1600 b Rn. 29a; aA OLG Hamm FamRZ 1999, 1362, 1363).
12
An diesen Grundsätzen hält der Senat fest. Das Versagensrisiko von Kondomen liegt im Wesentlichen in der fehlerhaften Anwendung begründet. Das wird nicht nur in der gesundheitlichen Aufklärung (vgl. etwa die Hinweise der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung; www.bzga.de - Stand: 11. Dezember 2013) besonders betont, sondern ist nicht zuletzt im Hinblick auf die wichtige Frage der Vermeidung ungewollter Schwangerschaften auch Laien regelmäßig bekannt. Da auf die objektive und verständige Beurteilung abzustellen ist, kommt es auf den individuellen Bildungsstand des Anfechtungsberechtigten nicht entscheidend an (vgl. Senatsurteile vom 29. März 2006 - XII ZR 207/03 - FamRZ 2006, 771, 773; vom 14. Februar 1990 - XII ZR 12/89 - FamRZ 1990, 507, 509 und vom 5. Oktober 1988 - IVb ZR 99/87 - FamRZ 1989, 169, 170; Staudinger/Rauscher BGB [2011] § 1600 b Rn. 18a). Auch eine im Einzelfall etwa bestehende besondere Sorglosigkeit oder Gleichgültigkeit des Anfechtungsberechtigten ist daher außer Acht zu lassen.
13
Aufgrund der allgemein bekannten Möglichkeit von Anwendungsfehlern kann demnach jedenfalls ein verständiger Laie die Möglichkeit der Abstammung des Kindes von einem anderen Mann nicht schon als in hohem Maße unwahrscheinlich und mithin als ganz fern liegend ansehen. Dass beim anderweitigen Geschlechtsverkehr Kondome benutzt wurden, schließt somit die Kenntnis von der Möglichkeit der Abstammung von einem anderen Mann als dem rechtlichen Vater nicht aus. Dose Klinkhammer Schilling Nedden-Boeger Guhling
Vorinstanzen:
AG Siegburg, Entscheidung vom 21.02.2011 - 328 F 28/09 -
OLG Köln, Entscheidung vom 29.11.2011 - II-14 UF 115/11 -

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FGG-Reformgesetz - FGG-RG | Art 111 Übergangsvorschrift


(1) Auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Ref

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1600 Anfechtungsberechtigte


(1) Berechtigt, die Vaterschaft anzufechten, sind:1.der Mann, dessen Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 und 2, § 1593 besteht,2.der Mann, der an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben,3.die Mutter und4

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Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Nov. 2010 - XII ZB 197/10

bei uns veröffentlicht am 03.11.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 197/10 vom 3. November 2010 in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO §§ 233 Ga, 85; FGG-RG Art. 111 a) Verfahren im Sinne des Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG ist nicht nur das

Bundesgerichtshof Urteil, 29. März 2006 - XII ZR 207/03

bei uns veröffentlicht am 29.03.2006

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 207/03 Verkündet am: 29. März 2006 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

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(1) Berechtigt, die Vaterschaft anzufechten, sind:

1.
der Mann, dessen Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 und 2, § 1593 besteht,
2.
der Mann, der an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben,
3.
die Mutter und
4.
das Kind.

(2) Die Anfechtung nach Absatz 1 Nr. 2 setzt voraus, dass zwischen dem Kind und seinem Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 keine sozial-familiäre Beziehung besteht oder im Zeitpunkt seines Todes bestanden hat und dass der Anfechtende leiblicher Vater des Kindes ist.

(3) Eine sozial-familiäre Beziehung nach Absatz 2 besteht, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 zum maßgeblichen Zeitpunkt für das Kind tatsächliche Verantwortung trägt oder getragen hat. Eine Übernahme tatsächlicher Verantwortung liegt in der Regel vor, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 mit der Mutter des Kindes verheiratet ist oder mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat.

(4) Ist das Kind mit Einwilligung des Mannes und der Mutter durch künstliche Befruchtung mittels Samenspende eines Dritten gezeugt worden, so ist die Anfechtung der Vaterschaft durch den Mann oder die Mutter ausgeschlossen.

(1) Auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde, sind weiter die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Auf Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren finden die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften Anwendung, wenn die Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde.

(2) Jedes gerichtliche Verfahren, das mit einer Endentscheidung abgeschlossen wird, ist ein selbständiges Verfahren im Sinne des Absatzes 1 Satz 1.

(3) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren in Familiensachen, die am 1. September 2009 ausgesetzt sind oder nach dem 1. September 2009 ausgesetzt werden oder deren Ruhen am 1. September 2009 angeordnet ist oder nach dem 1. September 2009 angeordnet wird, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.

(4) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, die am 1. September 2009 vom Verbund abgetrennt sind oder nach dem 1. September 2009 abgetrennt werden, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Alle vom Verbund abgetrennten Folgesachen werden im Fall des Satzes 1 als selbständige Familiensachen fortgeführt.

(5) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, in denen am 31. August 2010 im ersten Rechtszug noch keine Endentscheidung erlassen wurde, sowie auf die mit solchen Verfahren im Verbund stehenden Scheidungs- und Folgesachen ab dem 1. September 2010 die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.

10
aa) Verfahren im Sinne des Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG ist nicht nur das Verfahren bis zum Abschluss einer Instanz. Vielmehr bezeichnet der Begriff die gesamte, bei Einlegung entsprechender Rechtsmittel auch mehrere Instanzen umfassende gerichtliche Tätigkeit in einer Sache (BGH Beschluss vom 1. März 2010 - II ZB 1/10 - FamRZ 2010, 639 Rn. 8). Zwar könnte der Wortlaut des Art. 111 Abs. 2 FGG-RG, der auf das Vorhandensein einer Endentscheidung verweist, zu der Fehldeutung verleiten, gerichtliches Verfahren im Sinne des Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG sei das Verfahren innerhalb eines Rechts- zugs, nicht das gerichtliche Verfahren über den Instanzenzug hinweg, weil nach der Legaldefinition in § 38 Abs. 1 Satz 1 FamFG die Endentscheidung als instanzbeendende Entscheidung konzipiert sei. Dass der Gesetzgeber das Verfahren jedoch instanzübergreifend verstanden hat, ergibt sich eindeutig sowohl aus der Entstehungsgeschichte der Gesetzesvorschrift als auch aus deren Sinn und Zweck, während die Regelung in Art. 111 Abs. 2 FGG-RG nur der Klarstellung in Bestandsverfahren wie Betreuung oder Vormundschaft dienen sollte (BGH Beschluss vom 1. März 2010 - II ZB 1/10 - FamRZ 2010, 639 Rn. 9 ff. mwN).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 207/03 Verkündet am:
29. März 2006
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 1600 b Abs. 1 Satz 2
Zum Beginn der Anfechtungsfrist des § 1600 b Abs. 1 Satz 2 BGB, wenn der
Ehemann bei Geburt des Kindes weiß, dass seine Frau in der Empfängniszeit
der Prostitution nachging und dabei mit Kondomen verhütete.
BGH, Urteil vom 29. März 2006 - XII ZR 207/03 - OLG Köln
AG Siegburg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. März 2006 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Sprick, Weber-Monecke, Fuchs und Dose

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln als Senat für Familiensachen vom 7. Oktober 2003 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger und die Mutter der am 24. Juni 1992 geborenen Beklagten waren seit dem 20. September 1991 miteinander verheiratet.
2
Vor und auch nach der Eheschließung ging die Mutter der Beklagten der Prostitution nach, verhütete dabei allerdings regelmäßig durch den Gebrauch von Kondomen. Der Kläger behauptet, sie habe darüber hinaus durchgängig orale Kontrazeptiva eingenommen.
3
Spätestens während der Schwangerschaft der Kindesmutter erfuhr der Kläger, dass diese "teilweise als Prostituierte gearbeitet hatte".
4
Im Februar 1999 wurde die Ehe des Klägers und der Mutter der Beklagten rechtskräftig geschieden. Die Beklagte lebte zunächst im Haushalt des Klä- gers, zog dann aber zu ihrer Mutter, der im Mai 2002 das alleinige Sorgerecht übertragen wurde.
5
Nachdem der Kläger im April 2002 ohne Wissen und Zustimmung der Mutter Proben der Mundschleimhaut der Beklagten entnommen und ein privates DNA-Abstammungsgutachten in Auftrag gegeben hatte, demzufolge seine Vaterschaft praktisch ausgeschlossen war, erhob er im Mai 2002 die vorliegende Vaterschaftsanfechtungsklage.
6
Das Amtsgericht gab dieser Klage nach Einholung eines gerichtlichen Abstammungsgutachtens, das die Vaterschaft des Klägers ebenfalls ausschloss , statt.
7
Auf die Berufung der Beklagten wies das Berufungsgericht die Klage unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils mit der Begründung ab, die Anfechtungsfrist des § 1600 b Abs. 1 BGB sei nicht gewahrt. Dagegen richtet sich die zugelassene Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe:

8
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

9
Der Kläger gilt gemäß Art. 224 § 1 Abs. 1 EGBGB, § 1592 Nr. 1 BGB als Vater der Beklagten, weil er im Zeitpunkt ihrer Geburt mit deren Mutter verheiratet war.
10
1. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen, weil sie erst nach Ablauf der zweijährigen Anfechtungsfrist des § 1600 b Abs. 1 BGB erhoben worden sei. Diese habe nach § 1600 b Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 bereits mit der Geburt der Beklagten am 24. Juni 1992 begonnen, weil der Kläger schon zuvor von Umständen erfahren habe, die gegen seine Vaterschaft gesprochen hätten, nämlich von der Tatsache, dass die Kindesmutter der Prostitution nachgegangen sei. Grundsätzlich gehöre Mehrverkehr der Kindesmutter während der gesetzlichen Empfängniszeit zu den Umständen, deren Kenntnis die Anfechtungsfrist in Lauf setze. Ob der Kläger daraus persönlich die Überzeugung gewonnen habe, dass die Beklagte nicht von ihm abstamme, sei unerheblich.
11
Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass die Mutter der Beklagten dem Kläger versichert habe, beim Verkehr mit anderen Männern stets Kondome benutzt zu haben. Die Verhütung durch Benutzung von Kondomen sei nicht so zuverlässig, dass der Kläger bei objektiver und verständiger Würdigung die Vaterschaft eines anderen Mannes trotz gewerbsmäßigen Mehrverkehrs der Kindesmutter für ganz fern liegend und praktisch ausgeschlossen habe halten dürfen. Auch auf die weitere Behauptung des Klägers, die Kindesmutter habe zudem orale Kontrazeptiva eingenommen, komme es nicht an. Wenn Letzteres der Fall gewesen sei, hätten diese jedenfalls, wie ihre Schwangerschaft belege, versagt und könnten daher die Vaterschaft eines anderen Mannes ersichtlich ebenso wenig ausschließen wie die des Klägers.
12
Das hält den Angriffen der Revision stand.
13
1. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, das Berufungsgericht habe schon nicht festgestellt, der Kläger habe gewusst, dass seine frühere Ehefrau auch innerhalb der gesetzlichen Empfängniszeit der Prostitution nachgegangen sei; diese Kenntnis habe der Kläger zudem auf Seite 2 seiner Berufungserwiderung bestritten.
14
Ausweislich des ersten Absatzes der Gründe des angefochtenen Urteils ist unstreitig, dass die Mutter der Beklagten zur Zeit der Eheschließung sowie zuvor und danach der Prostitution nachging. In den Entscheidungsgründen weist das Berufungsgericht zudem darauf hin, dass der Kläger in der letzten mündlichen Verhandlung zugestanden hat: "Ich wusste von der Prostitution meiner Frau. Sie hat schon davon gesprochen, bevor das Kind geboren wurde". Die Feststellung im Berufungsurteil, dem Kläger sei schon vor der Geburt der Beklagten bekannt gewesen, dass seine frühere Ehefrau als Prostituierte tätig war und dass sie bei ihrer Tätigkeit Kondome benutzte, enthält deshalb auch die Feststellung, dass dem Kläger der Zeitraum, in dem die Kindesmutter der Prostitution nachging, zumindest insoweit bekannt war, als er die hier allein maßgebliche gesetzliche Empfängniszeit des § 1600 d BGB betraf, nämlich den dreihundertsten bis einhunderteinundachtzigsten Tag vor der Geburt der Beklagten am 24. Juni 1992, mithin die Zeit vom 29. August bis 26. Dezember 1991 (1992 = Schaltjahr; vgl. MünchKomm-BGB/Seidel 4. Aufl. § 1600 d Rdn. 133).
15
Denn die Eheschließung des Klägers mit der Mutter der Beklagten am 20. September 1991 fiel in diesen Zeitraum. Angesichts der Behauptung der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 24. September 2002 vor dem Amtsgericht, ihre Mutter sei zur Zeit der Eheschließung und danach mit seinem "ausdrücklichen Wissen" der Prostitution nachgegangen, und des Umstandes, dass der Kläger dieser Behauptung im ersten Rechtszug nicht widersprochen hatte, kann das Geständnis des Klägers in der letzten Tatsachenverhandlung, von "der Prostitution" seiner früheren Ehefrau gewusst zu haben, daher entgegen der Auffassung der Revision nicht einschränkend dahin verstanden werden , diese Kenntnis habe sich nicht auf die Ausübung der Prostitution innerhalb der gesetzlichen Empfängniszeit erstreckt.
16
Dies gilt um so mehr, als der Kläger in seiner Berufungserwiderung geltend gemacht hat, selbst bei eingeräumtem außerehelichem Geschlechtsverkehr werde die Anfechtungsfrist nicht in Gang gesetzt, wenn die Kindesmutter glaubhaft die Verwendung von Verhütungsmitteln behaupte. Dieser Vortrag des Klägers ist nur verständlich, wenn damit zugleich behauptet wird, die Mutter der Beklagten habe die Verwendung von Verhütungsmitteln (auch) während der gesetzlichen Empfängniszeit nicht erst nachträglich im vorliegenden Verfahren, sondern bereits vor der Geburt der Beklagten behauptet. Von der Verwendung von Kondomen ist aber im Vortrag der Parteien nur im Zusammenhang mit außerehelichem Geschlechtsverkehr die Rede; ihre Verwendung innerhalb der gesetzlichen Empfängniszeit impliziert daher im vorliegenden Fall zugleich die Ausübung der Prostitution in diesem Zeitraum.
17
2. Auch die Auffassung des Berufungsgerichts, die Verwendung von Kondomen durch die Kindesmutter stehe der Kenntnis des Klägers von Umständen , die Zweifel an seiner Vaterschaft zu begründen geeignet seien, hier nicht entgegen, hält den Angriffen der Revision und der revisionsrechtlichen Prüfung stand.
18
a) Zu den Umständen, deren Kenntnis die Anfechtungsfrist (hier: frühestens mit der Geburt des Kindes, Art. 224 § 1 Abs. 2 EGBGB, § 1600 b Abs. 2 Satz 1 BGB) in Lauf setzt, gehört regelmäßig bereits ein einmaliger außerehelicher Geschlechtsverkehr der Kindesmutter während der gesetzlichen Emp- fängniszeit, und zwar auch dann, wenn der Ehemann innerhalb dieser Zeit der Kindesmutter ebenfalls beigewohnt hat und es den Umständen nach nicht ausgeschlossen erscheint, dass das Kind aus dieser Beiwohnung stammt (BGH, Urteil vom 19. Mai 1978 - IV ZR 54/77 - FamRZ 1978, 494 f.). Insbesondere setzt der Beginn der Anfechtungsfrist nicht voraus, dass aufgrund der dem Anfechtenden bekannten Umstände die Vaterschaft eines Dritten wahrscheinlicher ist als die des Anfechtenden (vgl. OLG Frankfurt FamRZ 2000, 108, 109 m.N.). Auch steht die bloße Versicherung der Mutter, das Kind stamme vom Ehemann ab, dem Lauf der Anfechtungsfrist selbst dann nicht entgegen, wenn der Ehemann dieser Versicherung geglaubt hat (vgl. MünchKomm/Wellenhofer-Klein BGB 4. Aufl. § 1600 b Rdn. 14 m.N.).
19
b) Allerdings gilt die Regel, dass bereits die Kenntnis von einem außerehelichen Geschlechtsverkehr der Mutter während der Empfängniszeit die Anfechtungsfrist in Lauf setzt, nicht uneingeschränkt. Vielmehr kommt es darauf an, ob sich aus der Tatsache des außerehelichen Verkehrs die nicht ganz fern liegende Möglichkeit der Abstammung des Kindes von einem Dritten ergibt. Ganz fern liegend kann die Möglichkeit einer solchen Abstammung aber sein, wenn der außereheliche Verkehr unter Begleitumständen stattgefunden hat, nach denen eine Empfängnis in hohem Maße unwahrscheinlich ist (BGH, Urteil vom 19. Mai 1978 aaO S. 495).
20
c) Ob eine solche Ausnahme bereits dann anzunehmen ist, wenn der außereheliche Verkehr nur unter Verwendung von Verhütungsmitteln stattgefunden hat, ist eine Frage des Einzelfalls, die vom Tatrichter zu entscheiden ist (vgl. zur Frage, ob eine Empfängnis bei einem Geschlechtsverkehr während der Monatsblutung der Frau nur unter außergewöhnlichen Umständen möglich ist, BGH, Urteil vom 19. Mai 1978 aaO S. 495).
21
Soweit in dieser Entscheidung aaO ausgeführt ist, der Tatrichter könne sich dabei erforderlichenfalls sachverständiger Hilfe bedienen, und diesem Hinweis zu entnehmen ist, für die Frage des Beginns der Anfechtungsfrist sei die Wahrscheinlichkeit einer Empfängnis erforderlichenfalls aus wissenschaftlicher Sicht zu beurteilen, hat der nunmehr für das Familienrecht zuständige Senat daran schon früher nicht festgehalten.
22
Denn bei der Frage, ob die dem Anfechtenden bekannt gewordenen Gesamtumstände die Möglichkeit der Vaterschaft eines anderen Mannes als nicht ganz fern liegend erscheinen lassen, ist auf die objektive Beurteilung aus der Sicht eines verständigen Betrachters abzustellen. Dabei ist der Beurteilungsmaßstab nicht an medizinisch-naturwissenschaftlichen Spezialkenntnissen auszurichten , da solche von einem Laien nicht erwartet werden können. Vielmehr ist insoweit von dem Erkenntnisstand auszugehen, der bei einem verständigen Laien in der Regel erwartet werden kann (vgl. Senatsurteile vom 14. Februar 1990 - XII ZR 12/89 - FamRZ 1990, 507, 509 und vom 5. Oktober 1988 - IVb ZR 99/87 - FamRZ 1989, 169, 170). Zur Beurteilung aus der Sicht eines verständigen Laien bedarf das Gericht aber regelmäßig nicht der Hilfe eines Sachverständigen.
23
d) Die Auffassung des Berufungsgerichts, der dem Kläger bekannt gewordene gewerbsmäßige, wenn auch geschützte Mehrverkehr der Kindesmutter mit wechselnden Partnern sei aus der Sicht eines verständigen, medizinisch -naturwissenschaftlich nicht vorgebildeten Laien geeignet, Zweifel an der Vaterschaft des Klägers zu wecken, ist aus rechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.
24
Zwar hat das Oberlandesgericht Düsseldorf (FamRZ 1989, 426) entschieden , die Kenntnis des Ehemannes von einem Ehebruch seiner Frau wäh- rend der Empfängniszeit setze die Anfechtungsfrist nicht in Gang, wenn der Mann davon habe ausgehen können, dass seine Frau zur Zeit des außerehelichen Geschlechtsverkehrs ständig die "Pille" eingenommen habe. Zur Begründung hat es ausgeführt, deren Einnahme sei das relativ sicherste empfängnisverhütende Mittel, und der Ehemann habe deshalb nicht damit rechnen müssen , dass der einmalige ehebrecherische Verkehr gleichwohl zu einer Empfängnis geführt habe (kritisch dazu Soergel/Gaul BGB 12. Aufl. Ergänzungsband § 1594 [a.F.] Rdn. 10).
25
Ebenso hat das Oberlandesgericht Hamm (FamRZ 1999, 1362 f.) entschieden , die Verwendung von Kondomen während des Ehebruchs lasse die Nichtvaterschaft des Ehemannes "eher fern liegend" erscheinen.
26
Ob dem zuzustimmen ist, bedarf keiner Entscheidung, da die Sachverhalte nicht vergleichbar sind.
27
Zu Recht stellt das Berufungsgericht bei seiner Beurteilung zunächst darauf ab, es sei allgemein bekannt, dass die Zuverlässigkeit der Verhütung mit Kondomen deutlich geringer ist als die anderer Verhütungsmittel wie etwa der "Pille". So besagt etwa der nicht nur in der medizinischen Literatur immer wieder zitierte "Pearl-Index" von 2 bis 12 für Kondome und etwa 1 für orale Kontrazeptiva , dass von 100 Frauen, die sich ein Jahr lang allein auf die Verhütung mit Kondomen verlassen, statistisch zwei bis zwölf schwanger werden, bei Einnahme der "Pille" hingegen nur eine. Zwar wird die Kenntnis der Größenordnung dieser Versagensquoten nicht allgemein vorausgesetzt werden können; eine ungefähre Vorstellung von diesem Risiko muss aber zum Allgemeinwissen gezählt werden.
28
Soweit das Berufungsgericht darauf hinweist, dass die Häufigkeit des Geschlechtsverkehrs bei berufsmäßig ausgeübter Prostitution dieses Risiko proportional ansteigen lässt (und dabei unausgesprochen davon ausgeht, dies müsse auch einem verständigen Laien ohne weiteres einleuchten), ist auch dies nicht zu beanstanden. Dem steht auch nicht der Hinweis der Revision auf den Vortrag des Klägers entgegen, nennenswerte Einnahmen seiner Ehefrau nicht festgestellt zu haben, so dass ihm der Umfang ihrer Prostitutionstätigkeit nicht bekannt gewesen sei. Er hat jedenfalls nicht substantiiert bestritten, dass seine Ehefrau in der gesetzlichen Empfängniszeit regelmäßig und nicht nur gelegentlich der Prostitution nachging.
29
Auch soweit die Revision geltend macht, das Versagen von Kondomen sei zumeist auf unsachgemäße Handhabung und so gut wie nie auf Materialfehler zurückzuführen, und bei einer Prostituierten mit häufigem gewerbsmäßigen Verkehr, wie ihn das Berufungsgericht unterstelle, sei nach der Lebenserfahrung davon auszugehen, dass dieser der richtige Umgang mit Kondomen vertraut sei, verhilft ihr das nicht zum Erfolg. Denn danach stünde die Sicherheit des Umgangs mit diesem Verhütungsmittel im umgekehrten Verhältnis zur Häufigkeit des Verkehrs, so dass sich beide für das Risiko einer Schwangerschaft maßgeblichen Faktoren mehr oder minder kompensieren würden und es deshalb letztlich auf den Umfang der Prostitutionstätigkeit nach der "Lebenserfahrung" auch des Klägers nicht entscheidend ankommen kann.
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Zutreffend weist das Berufungsgericht ferner darauf hin, dass der Kläger nach seinem eigenen Vortrag wusste, dass seine Ehefrau trotz zusätzlicher Einnahme oraler Kontrazeptiva schwanger geworden war, also auch dieses gegenüber der Verwendung von Kondomen bekanntermaßen deutlich sicherere Verhütungsmittel versagt hatte. Dann durfte er aber nicht davon ausgehen, allein die zusätzliche Verwendung von Kondomen beim außerehelichen Geschlechtsverkehr biete eine solche Gewähr gegen eine daraus resultierende Empfängnis, dass die Möglichkeit der Vaterschaft eines Dritten ganz fern lie- gend sei. Denn auch das Versagen oraler Kontrazeptiva ist bekanntermaßen zumeist auf fehlerhafte Anwendung - insbesondere das Vergessen regelmäßiger Einnahme - zurückzuführen, so dass der Kläger allen Anlass hatte, auch der Zusicherung der Mutter der Beklagten, beim außerehelichen Verkehr regelmäßig und zuverlässig Kondome verwendet zu haben, nicht blind zu vertrauen.
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Vorinstanzen:
AG Siegburg, Entscheidung vom 11.04.2003 - 32 F 275/02 -
OLG Köln, Entscheidung vom 07.10.2003 - 14 UF 115/03 -