Bundesgerichtshof Urteil, 28. Sept. 2005 - XII ZR 17/03

bei uns veröffentlicht am28.09.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 17/03 Verkündet am:
28. September 2005
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO § 560; EGBGB Artt. 3 Abs. 2, 18 Abs. 1 und 2, 21 a.F., 200 Abs. 1; HUÜ
73 Art. 12 1973; HUÜ 56 Artt. 1, 6 1956; Brüssel I Artt. 66, 76; EuGVÜ Art. 2
Abs. 1

a) Zur internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte für Unterhaltsansprüche
vor Inkrafttreten der Brüssel I-Verordnung (EuGVVO).

b) Unterhaltsansprüche eines nichtehelich geborenen kroatischen Kindes für
die Zeit vor Inkrafttreten des HUÜ 73 für die Bundesrepublik Deutschland am
1. April 1987 richten sich gemäß Art. 21 EGBGB a.F. allein nach dem Recht
des Staates, dem die Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes angehörte.
BGH, Urteil vom 28. September 2005 - XII ZR 17/03 - OLG Karlsruhe
LG Tauberbischofsheim
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. September 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die
Richter Sprick, Weber-Monecke, Dr. Ahlt und Dose

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 16. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 12. Dezember 2002 aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Teilurteil des Amtsgerichts Tauberbischofsheim vom 10. Januar 2002 wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien streiten im Wege der Stufenklage über Ansprüche der Klägerin auf Kindesunterhalt für die gesamte Zeit ihrer Minderjährigkeit. Die am 25. Februar 1967 geborene Klägerin ist - wie ihre Mutter - kroatische Staatsangehörige. Alsbald nach ihrer Geburt zog die Mutter mit ihr zurück nach Kroatien. Dort ist sie aufgewachsen und hat den Beruf einer Kauffrau erlernt. Sie ist verheiratet und Mutter zweier minderjähriger Kinder.
Mit Urteil des Amtsgerichts Tauberbischofsheim vom 25. Januar 2001 wurde auf Antrag der Klägerin festgestellt, dass der Beklagte, der erst im Jahre 2000 von ihrer Existenz erfahren hatte, ihr Vater ist. Der Beklagte ist seit Oktober 1969 verheiratet und hat zwei eheliche Töchter, die 1970 und 1971 geboren sind. Das Amtsgericht hat den Auskunftsantrag durch Teilurteil abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht den Beklagten verurteilt , Auskunft über seine gesamten Einkünfte während der Zeit vom 25. Februar 1967 bis zum 24. Februar 1985 zu erteilen und dafür Belege vorzulegen. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Beklagten.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet und führt unter Aufhebung des Berufungsurteils zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Klägerin stehe nach dem gemäß Art. 18 Abs. 1 Satz 1 EGBGB vorrangig anwendbaren kroatischen Recht kein Unterhaltsanspruch zu. Zwar seien Eltern nach Art. 213 des Familienge-
setzes (FamG) vom 16. Dezember 1998, der rückwirkend auch Unterhaltsrechtsverhältnisse aus der Zeit vor seinem Inkrafttreten erfasse, ihren minderjährigen Kindern grundsätzlich unterhaltspflichtig. Unterhalt werde danach allerdings nur für die Zeit ab Anhängigkeit einer Unterhaltsklage geschuldet. Eine dem § 1613 Abs. 2 und 3 BGB entsprechende Vorschrift, nach der unter eng begrenzten Voraussetzungen auch ohne Verzug Unterhalt für die Vergangenheit verlangt werden kann, kenne das kroatische Recht nicht. Weil deswegen nach dem vorrangig anwendbaren kroatischen Recht kein Unterhalt zu erhalten sei, sei der Unterhaltsanspruch der Klägerin gemäß Art. 18 Abs. 2 EGBGB nach deutschem Recht zu beurteilen. Denn Art. 18 Abs. 2 EGBGB sei dahin auszulegen, dass deutsches materielles Recht auch dann gelte, wenn das ausländische Recht nur im konkreten Fall unter den jeweils gegebenen Umständen keine Unterhaltspflicht vorsehe. Das sei der Fall, wenn Unterhalt danach überhaupt nicht, noch nicht oder nicht mehr geschuldet sei. Der Klägerin stehe gegen den Beklagten nach § 1613 Abs. 2 Nr. 2 a BGB auch für die Vergangenheit Kindesunterhalt zu, ohne dass es auf die Voraussetzungen des Verzuges ankomme. Denn sie sei aus rechtlichen Gründen gehindert gewesen, diesen Anspruch rechtzeitig geltend zu machen. Der Unterhaltsanspruch sei nicht verjährt, weil die Verjährung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erst vier Jahre nach der Vaterschaftsfeststellung eintrete und sie deswegen rechtzeitig unterbrochen worden sei. Eine Verwirkung der Unterhaltsansprüche scheide aus, weil § 1613 Abs. 3 BGB insoweit eine spezielle Regelung enthalte. Im Rahmen der Prüfung des Auskunftsbegehrens könne nicht festgestellt werden, dass ein Unterhaltsanspruch nach § 1613 Abs. 3 BGB vollständig zu versagen sei. Diese Vorschrift ermögliche nur in krassen Ausnahmefällen einen Unterhaltsausschluss und ansonsten eine Stundung , Herabsetzung oder Ratenverpflichtung des Unterhaltsschuldners. Dafür seien allerdings die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unterhaltspflichtigen we-
sentlich, so dass der Klägerin jedenfalls ein Anspruch auf Auskunft gegen den Beklagten zustehe. Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Prüfung schon im Ansatz nicht stand.

II.

1. Zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings von seiner internationalen Zuständigkeit ausgegangen, die in jeder Lage des Rechtsstreits von Amts wegen zu prüfen ist (Senatsurteil BGHZ 160, 332, 334 m.w.N.). Vorbehaltlich abweichender internationaler Vorschriften besteht sie nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs immer dann, wenn nach den autonomen Gerichtsstandsbestimmungen ein deutsches Gericht örtlich zuständig ist (Senatsurteile vom 13. Dezember 2000 - XII ZR 278/98 - FamRZ 2001, 412 und vom 27. März 1991 - XII ZR 113/90 - FamRZ 1991, 925). Das wäre hier nach den §§ 12, 13 ZPO der Fall, weil der Beklagte seinen Wohnsitz im Zuständigkeitsbereich des Berufungsgerichts hat.
a) Zwar geht dem autonomen innerstaatlichen Recht die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 23. Dezember 2000 (Brüssel I - Verordnung = EuGVVO – ABl. EG 2001 Nr. L 12, S.1) vor, wenn der Beklagte in einer Unterhaltssache seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaats hat (vgl. Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 7 Rdn. 228). Die Verordnung ist allerdings nach Art. 76 EuGVVO erst zum 1. März 2002 in Kraft getreten und
gilt nach Art. 66 EuGVVO nur für solche Klagen, die nach diesem Zeitpunkt erhoben worden sind, nicht also für die schon im Jahre 2001 erhobene Klage in dieser Sache.
b) Vorrangig gegenüber dem autonomen innerstaatlichen Recht sind hier aber die Vorschriften des Übereinkommens der Europäischen Gemeinschaften über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968 (EuGVÜ - BGBl. 1972 II 773) anwendbar. Denn der nach dem Luxemburger Protokoll betreffend die Auslegung des EuGVÜ vom 3. Juni 1971 (BGBl. 1972 II 846) dazu berufene Europäische Gerichtshof hat inzwischen entschieden, dass die allgemeine Zuständigkeit nach Art. 2 Abs. 1 EuGVÜ, die sich nach dem Wohnsitz des Beklagten im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats richtet, auch dann gegeben ist, wenn der Kläger in einem Drittstaat ansässig ist (EuGH NJW 2000, 3121 f.; vgl. auch Henrich IPRax 2001, 437; MünchKomm/Gottwald ZPO 2. Aufl. Art. 2 EuGVÜ Rdn. 2). Soweit der Senat für die Anwendbarkeit der entsprechenden Vorschriften des EuGVÜ in der Vergangenheit auch einen Berührungspunkt des Klägers zu diesem Übereinkommen verlangt hat (vgl. Senatsurteil vom 13. Dezember 2000 - XII ZR 278/98 - FamRZ 2001, 412), hält er daran nicht fest. Nach der somit vorrangig anwendbaren Vorschrift des Art. 2 Abs. 1 EuGVÜ richtet sich auch die internationale Zuständigkeit nach dem Wohnsitz des Beklagten in der Bundesrepublik Deutschland. 2. Ein rückwirkender Unterhaltsanspruch der Klägerin ist - wie das Berufungsgericht weiter festgestellt hat - nach dem hier anwendbaren kroatischen Recht ausgeschlossen.
a) Für Sachverhalte mit Bezug zum Recht eines ausländischen Staates richtet sich die Anwendbarkeit des materiellen Rechts nach den Regeln des von
Amts wegen zu beachtenden deutschen Kollisionsrechts des EGBGB. Allerdings gehen nach Art. 3 Abs. 2 EGBGB Bestimmungen in völkerrechtlichen Vereinbarungen vor, soweit sie unmittelbar anwendbares innerstaatliches Recht geworden sind. Ein solcher Vorrang gilt grundsätzlich auch für die Vorschriften des Haager Übereinkommens über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vom 2. Oktober 1973 (HUÜ 73 - BGBl. 1986 II, 825, 837 ff.), das für Deutschland zum 1. April 1987 in Kraft getreten ist (vgl. BGBl. II 1987, 225). Das Übereinkommen geht deswegen formell den Regeln des Art. 18 EGBGB vor, der allerdings in seiner gegenwärtigen Fassung inhaltlich mit den Vorschriften des HUÜ 73 übereinstimmt (Senatsurteile vom 13. Dezember 2000 aaO und vom 27. März 1991 aaO, 926). Weil das HUÜ 73 nach dessen Art. 12 allerdings nicht auf Ansprüche anwendbar ist, die für eine vor dem Inkrafttreten des Übereinkommens in diesem Staat liegende Zeit verlangt werden, scheidet eine Anwendung hier aus. Denn die Klägerin begehrt Unterhalt für die Zeit bis Februar 1985, während das Übereinkommen erst zum April 1987 in Kraft getreten ist. Das deutsche Kollisionsrecht des EGBGB wird hier auch nicht durch die Vorschriften des Haager Übereinkommens vom 24. Oktober 1956 über das auf Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern anzuwendende Recht (HUÜ 56 - BGBl. 1961 II, 1012, 1013 ff.) verdrängt. Nach Art. 1 des HUÜ 56 bestimmt sich die Frage, ob, in welchem Ausmaß und von wem ein (auch nichteheliches) Kind Unterhalt verlangen kann, nach dem Recht des Staates, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Versagt das Recht dieses Staates ihm jeden Anspruch auf Unterhalt, so findet das Recht Anwendung, das nach den innerstaatlichen Kollisionsnormen des angerufenen Gerichts maßgebend ist (Art. 3 HUÜ 56; vgl. Senatsurteil vom 27. Juni 1984 - IVb ZR 2/83 - FamRZ 1984, 1001, 1002; OLG Düsseldorf NJW 1972, 396). Allerdings gilt dieses Übereinkommen nach seinem Art. 6 nur dann, wenn das nach Art. 1 anwendba-
re Recht des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes das Recht eines Vertragsstaates ist. Das ist hier nicht der Fall. Denn die Klägerin hatte und hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Kroatien, und dem für die Bundesrepublik Deutschland am 1. Januar 1962 in Kraft getretenen Übereinkommen waren weder das frühere Jugoslawien noch später Kroatien beigetreten (vgl. BT-Drucks. 10/258 S. 24). Für den Unterhaltsanspruch der Klägerin verbleibt es mithin bei der Anwendbarkeit des sich aus dem EGBGB ergebenden deutschen Kollisionsrechts. Nach dessen Art. 220 Abs. 1 blieb für vor dem 1. September 1986 abgeschlossene Vorgänge, also auch für die hier begehrten Unterhaltsansprüche der Klägerin bis zum Eintritt ihrer Volljährigkeit im Februar 1985, das Recht anwendbar , welches vor Inkrafttreten des Gesetzes vom 25. Juli 1986 zur Neuregelung des Internationalen Privatrechts galt. Die Vorschrift des Art. 18 EGBGB, die in ihrem Absatz 1 für Unterhaltsansprüche auf die Sachvorschriften des am jeweiligen gewöhnlichen Aufenthaltsort des Unterhaltsberechtigten abstellt und erst zum 1. September 1986 in Kraft getreten ist, ist deswegen nicht anwendbar. Für die hier relevante Zeit sah vielmehr Art. 21 EGBGB in der bis zum 31. August 1986 geltenden Fassung vor, dass sich die Unterhaltspflicht des Vaters gegenüber einem nichtehelichen Kind nach den Gesetzen des Staates beurteilt, dem die Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes angehört. Danach ist auf den Unterhaltsanspruch der Klägerin kroatisches Recht anwendbar, weil die Mutter der Klägerin ebenfalls Kroatin ist. Eine ergänzende Vorschrift für den Fall, dass nach dem vorrangig anwendbaren kroatischen Recht kein Unterhalt zu erlangen ist, wie sie Art. 3 HUÜ 56 und jetzt Art. 5 und 6 HUÜ 73 sowie Art. 18 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 EGBGB darstellen, enthielt das frühere Recht hingegen nicht.
b) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts steht der Klägerin nach dem somit allein anwendbaren kroatischen Recht kein Unterhaltsanspruch
zu, weil ihr danach Unterhalt nur für die Zukunft ab Anhängigkeit der Klage zugesprochen werden kann (vgl. zum früheren jugoslawischen Recht Povh FamRZ 1991, 132, 138). An diese Feststellungen des Berufungsgerichts ist der Senat gebunden, weil die Feststellung und Auslegung ausländischen Rechts nicht revisible Gesetze im Sinne der §§ 545 Abs. 1, 560 ZPO betrifft (BGH Urteil vom 23. Januar 1996 - VI ZR 291/94 - NJW-RR 1996, 732). Auch die Revisionserwiderung erhebt dagegen keine Bedenken. 3. Weil der Klägerin somit unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Kindesunterhalt zustehen kann, entfällt auch ein Anspruch auf Auskunft über die Einkünfte des Beklagten. Denn eine solche Verpflichtung besteht nicht, wenn feststeht, dass die begehrte Auskunft den Unterhaltsanspruch oder die Unterhaltsverpflichtung unter keinem Gesichtspunkt beeinflussen kann (Senatsurteil vom 22. Juni 1994 - XII ZR 100/93 - FamRZ 1994, 1169, 1170 m.w.N.; Wendl/Dose aaO § 1 Rdn. 662). Das Amtsgericht hat den Auskunftsanspruch der Klägerin deswegen zu Recht abgewiesen.
Hahne Sprick Weber-Monecke Ahlt Dose

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Bundesgerichtshof Urteil, 28. Sept. 2005 - XII ZR 17/03 zitiert 7 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 545 Revisionsgründe


(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht. (2) Die Revision kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen

Zivilprozessordnung - ZPO | § 560 Nicht revisible Gesetze


Die Entscheidung des Berufungsgerichts über das Bestehen und den Inhalt von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, ist für die auf die Revision ergehende Entscheidung maßgebend.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 12 Allgemeiner Gerichtsstand; Begriff


Das Gericht, bei dem eine Person ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, ist für alle gegen sie zu erhebenden Klagen zuständig, sofern nicht für eine Klage ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 13 Allgemeiner Gerichtsstand des Wohnsitzes


Der allgemeine Gerichtsstand einer Person wird durch den Wohnsitz bestimmt.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1613 Unterhalt für die Vergangenheit


(1) Für die Vergangenheit kann der Berechtigte Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur von dem Zeitpunkt an fordern, zu welchem der Verpflichtete zum Zwecke der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs aufgefordert worden ist, über seine

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Bundesgerichtshof Urteil, 13. Dez. 2000 - XII ZR 278/98

bei uns veröffentlicht am 13.12.2000

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 278/98 Verkündet am: 13. Dezember 2000 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Der XII. Zivilsenat des Bundesgeric

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Die Entscheidung des Berufungsgerichts über das Bestehen und den Inhalt von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, ist für die auf die Revision ergehende Entscheidung maßgebend.

(1) Für die Vergangenheit kann der Berechtigte Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur von dem Zeitpunkt an fordern, zu welchem der Verpflichtete zum Zwecke der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs aufgefordert worden ist, über seine Einkünfte und sein Vermögen Auskunft zu erteilen, zu welchem der Verpflichtete in Verzug gekommen oder der Unterhaltsanspruch rechtshängig geworden ist. Der Unterhalt wird ab dem Ersten des Monats, in den die bezeichneten Ereignisse fallen, geschuldet, wenn der Unterhaltsanspruch dem Grunde nach zu diesem Zeitpunkt bestanden hat.

(2) Der Berechtigte kann für die Vergangenheit ohne die Einschränkung des Absatzes 1 Erfüllung verlangen

1.
wegen eines unregelmäßigen außergewöhnlich hohen Bedarfs (Sonderbedarf); nach Ablauf eines Jahres seit seiner Entstehung kann dieser Anspruch nur geltend gemacht werden, wenn vorher der Verpflichtete in Verzug gekommen oder der Anspruch rechtshängig geworden ist;
2.
für den Zeitraum, in dem er
a)
aus rechtlichen Gründen oder
b)
aus tatsächlichen Gründen, die in den Verantwortungsbereich des Unterhaltspflichtigen fallen,
an der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs gehindert war.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 kann Erfüllung nicht, nur in Teilbeträgen oder erst zu einem späteren Zeitpunkt verlangt werden, soweit die volle oder die sofortige Erfüllung für den Verpflichteten eine unbillige Härte bedeuten würde. Dies gilt auch, soweit ein Dritter vom Verpflichteten Ersatz verlangt, weil er anstelle des Verpflichteten Unterhalt gewährt hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 278/98 Verkündet am:
13. Dezember 2000
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Dezember 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und
die Richter Dr. Hahne, Sprick, Weber-Monecke und Prof. Dr. Wagenitz

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 14. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Köln vom 17. September 1998 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Trennungsunterhalt für die Zeit ab 1. April 1997. Die Klägerin hat die polnische, der Beklagte die deutsche Staatsangehörigkeit. Ihre am 21. April 1992 in Deutschland geschlossene Ehe blieb kinderlos. Im Mai 1993 trennten sich die Parteien, wobei Grund und nähere Umstände der Trennung zwischen ihnen streitig sind. Die Klägerin lebte in der Folge von 1993 bis 1996 bei ihren Eltern in Polen, von 1996 bis 1997 wieder allein in Deutschland, wo sie einer Aushilfstätigkeit in einem Altenheim nachging. Im
März 1997 wurde sie nach Polen ausgewiesen und war dort zunächst arbeitslos. Seit Januar 1998 arbeitet sie als Assistentin bei einer Firma und verdient monatlich 850 Zloty. Der Beklagte ist von Beruf Elektroinstallateur und seit März 1998 betriebsbedingt arbeitslos. Zwischen den Parteien ist vor dem Amtsgericht - Familiengericht - Brühl das Scheidungsverfahren rechtshängig. Die Klägerin hat im vorliegenden Verfahren einen Trennungsunterhalt von monatlich 885 DM, beginnend ab 1. April 1997, geltend gemacht. Das Amtsgericht hat ihr gemäß § 1361 BGB einen monatlichen Unterhalt von 590 DM ab 1. April 1997 zugesprochen und die Klage im übrigen abgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht das amtsgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage ganz abgewiesen. Dagegen richtet sich die zugelassene Revision der Klägerin.

Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Aufhebung der Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht. 1. Das Oberlandesgericht ist - ebenso wie das Amtsgericht - davon ausgegangen , daß der Klägerin für die Dauer des Getrenntlebens dem Grunde nach ein Unterhaltsanspruch gemäß § 1361 BGB zustehe, ohne darzulegen, weshalb es auf den Unterhaltsanspruch deutsches Recht angewendet hat. Es hat diesen Anspruch gemäß § 1361 Abs. 3 i.V.m. § 1579 Nr. 7 BGB verneint, weil die Unterhaltsbelastung, die sich nur aus dem unterschiedlichen Einkommensniveau zwischen Polen und Deutschland herleite, für den Beklagten an-
gesichts der persönlichen Lebensumstände der Parteien und ihres nur kurzen Zusammenlebens in kinderloser Ehe objektiv unzumutbar sei. 2. Mit dieser Begründung kann das angefochtene Urteil nicht bestehenbleiben , da gegen die Anwendung des deutschen Rechts Bedenken bestehen.
a) Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ist gegeben. Sie besteht nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs immer dann, wenn nach den Gerichtsstandsbestimmungen ein deutsches Gericht örtlich zuständig ist (vgl. Senatsurteil vom 27. März 1991 - XII ZR 113/90 - FamRZ 1991, 925 m.N.). Das ist hier gemäß § 621 Abs. 2 Satz 1 ZPO der Fall, da für die selbständige Familiensache des Trennungsunterhalts das Gericht zuständig ist, bei dem die Ehesache anhängig ist oder war (vgl. Schwab/Maurer aaO I Rdn. 1081, 1082). Die vorrangige Sonderregelung des EuGVÜ (Übereinkommen der Europäischen Gemeinschaften über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivilund Handelssachen vom 27. September 1968, BGBl. 1972 II 773) greift hier nicht ein, weil Polen dem Übereinkommen noch nicht beigetreten ist (vgl. Übersichten bei Baumbach/Lauterbach/Albers ZPO 59. Aufl. Einleitung IV Rdn. 2 und Schlußanhang V C 1 Rdn. 5; Zöller/Geimer ZPO 59. Aufl. Anh. I Art. 1 GVÜ Rdn. 1; Schwab/ Maurer Handbuch des Scheidungsrechts 4. Aufl. I Rdn. 1088, 1089).
b) Für Sachverhalte mit Bezug zum Recht eines ausländischen Staates richtet sich die Frage, welches materielle Recht anwendbar ist, nach den Regeln des von Amts wegen anzuwendenden deutschen Kollisionsrechts, des EGBGB (Senatsurteil vom 7. April 1993 - XII ZR 266/91 - FamRZ 1993, 1051, 2306). Jedoch gehen Bestimmungen in völkerrechtlichen Vereinbarungen vor, soweit sie unmittelbar anwendbares innerstaatliches Recht geworden sind
(Art. 3 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 EGBGB). Ein solcher Vorrang gilt hier nach dem Haager Übereinkommen über das auf Unterhaltspflichten anwendbare Recht vom 2. Oktober 1973 (im folgenden: UÜbk. 73, BGBl. 1986 II 825 ff., für Deutschland in Kraft seit 1. April 1987, vgl. BGBl. II 1987, 225). Es geht demgemäß formell den Regeln des Art. 18 EGBGB vor, der allerdings inhaltlich mit denen des UÜbk. 73 übereinstimmt (Senatsurteil vom 27. März 1991 aaO 926). Das UÜbk. 73 wurde von Polen am 1. Mai 1996 ratifiziert, würde jedoch auch unabhängig davon gemäß Art. 3 des Abkommens im Verhältnis zu Nichtvertragsstaaten gelten (Palandt/Heldrich BGB 59. Aufl. Anh. zu Art. 18 EGBGB Rdn. 4 und 5; Johannsen/Henrich Eherecht 3. Aufl. Art. 18 EGBGB Rdn. 5; Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 5. Aufl. § 7 Rdn. 1). Gemäß Art. 4 Abs. 1 UÜbk. 73 (= Art. 18 Abs. 1 Satz 1 EGBGB) bestimmt sich die Unterhaltspflicht nach den Sachvorschriften des am jeweiligen gewöhnlichen Aufenthalt des Unterhaltsberechtigten geltenden Rechts. Der gewöhnliche Aufenthalt einer Person ist dort, wo sie sozial integriert ist und ihren Lebensmittelpunkt, den Schwerpunkt ihrer Bindungen in familiärer oder beruflicher Hinsicht hat. Maßgebend sind die tatsächlichen Verhältnisse (vgl. Senatsbeschlüsse vom 3. Februar 1993 - XII ZB 93/90 - FamRZ 1993, 798, 800 und vom 29. Oktober 1980 - IV b ZB 586/80 - FamRZ 1981, 135, 136; Wendl/Dose aaO Rdn. 9). Vorliegend macht die Klägerin Trennungsunterhalt für die Zeit ab 1. April 1997 geltend. Unstreitig lebt sie seit ihrer Ausweisung im März 1997 in Polen, wo sie familiäre Bindungen hat und einem Beruf nachgeht. Daher richtet sich der Unterhaltsanspruch der Klägerin vorrangig nach polnischem Recht.
Eine Ausnahme, nämlich ein Rückgriff auf deutsches Recht, kommt dann in Betracht, wenn die Klägerin nach dem vorrangig berufenen polnischen Recht dem Grunde nach keinen Unterhalt erhalten kann (Art. 6 UÜbk. 73 = Art. 18 Abs. 2 EGBGB). Persönliche und wirtschaftliche Gründe, etwa fehlende Bedürftigkeit des Berechtigten oder mangelnde Leistungsfähigkeit des Verpflichteten erfüllen diese Voraussetzung allerdings nicht (Johannsen/Henrich aaO Rdn. 11; Wendl/Dose aaO Rdn. 13 bis 15, 16).
c) Das angefochtene Urteil, welches ausschließlich deutsches Recht geprüft hat, kann danach nicht bestehenbleiben. Der Senat kann auch nicht selbst abschließend entscheiden, da Feststellungen zum Inhalt des polnischen Rechts und zu den zur Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen gehörenden Lebensverhältnissen der Parteien und den Umständen der Trennung erforderlich sind, die der Tatrichter nachzuholen hat. Das Oberlandesgericht wird im weiteren Verfahren prüfen müssen, ob und unter welchen Voraussetzungen das polnische Recht einem getrenntlebenden Ehegatten einen Unterhaltsanspruch gewährt. Obwohl das polnische Recht einen solchen Anspruch nicht gesondert regelt, sondern nur die gegenseitige Verpflichtung der Ehegatten ausspricht, zur Deckung der Familienbedürfnisse beizutragen, ist ein Trennungsunterhaltsanspruch nicht von vornherein ausgeschlossen. Vielmehr wird er von den polnischen Gerichten aus dem Familienunterhaltsanspruch abgeleitet. Allerdings können die Trennung und die besonderen Umstände des Einzelfalles Einfluß auf Form und Umfang der Unterhaltspflicht haben (vgl. Unterhaltsrecht in Europa Teil 4: Polen, herausgegeben vom Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht 1983 S. 169 ff., insbesondere 171, 173; Gralla/Leonhardt Unterhaltsrecht
in Osteuropa Studien des Instituts für Ostrecht 1989 Bd. 36 S. 146, 147; Wendl/Dose aaO Rdn. 97; OLG Hamm FamRZ 1994, 774, 775; OLG Koblenz FamRZ 1992, 1428, 1429). Ferner ist gegebenenfalls zu klären, inwieweit die Frage der Schuld an der Trennung nach der polnischen Rechtspraxis Einfluß auf den Unterhaltsanspruch hat (vgl. Unterhaltsrecht in Europa aaO S. 173; Gralla/Leonhardt aaO S. 147; OLGe Hamm und Koblenz ebenda). Zur Klärung dieser Fragen war die Sache an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen. Im Rahmen der neuen Verhandlung werden die Parteien auch Gelegenheit haben, zu den inhaltlichen Voraussetzungen des polnischen Rechts vorzutragen. Blumenröhr Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz

Das Gericht, bei dem eine Person ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, ist für alle gegen sie zu erhebenden Klagen zuständig, sofern nicht für eine Klage ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist.

Der allgemeine Gerichtsstand einer Person wird durch den Wohnsitz bestimmt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 278/98 Verkündet am:
13. Dezember 2000
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Dezember 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und
die Richter Dr. Hahne, Sprick, Weber-Monecke und Prof. Dr. Wagenitz

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 14. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Köln vom 17. September 1998 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Trennungsunterhalt für die Zeit ab 1. April 1997. Die Klägerin hat die polnische, der Beklagte die deutsche Staatsangehörigkeit. Ihre am 21. April 1992 in Deutschland geschlossene Ehe blieb kinderlos. Im Mai 1993 trennten sich die Parteien, wobei Grund und nähere Umstände der Trennung zwischen ihnen streitig sind. Die Klägerin lebte in der Folge von 1993 bis 1996 bei ihren Eltern in Polen, von 1996 bis 1997 wieder allein in Deutschland, wo sie einer Aushilfstätigkeit in einem Altenheim nachging. Im
März 1997 wurde sie nach Polen ausgewiesen und war dort zunächst arbeitslos. Seit Januar 1998 arbeitet sie als Assistentin bei einer Firma und verdient monatlich 850 Zloty. Der Beklagte ist von Beruf Elektroinstallateur und seit März 1998 betriebsbedingt arbeitslos. Zwischen den Parteien ist vor dem Amtsgericht - Familiengericht - Brühl das Scheidungsverfahren rechtshängig. Die Klägerin hat im vorliegenden Verfahren einen Trennungsunterhalt von monatlich 885 DM, beginnend ab 1. April 1997, geltend gemacht. Das Amtsgericht hat ihr gemäß § 1361 BGB einen monatlichen Unterhalt von 590 DM ab 1. April 1997 zugesprochen und die Klage im übrigen abgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht das amtsgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage ganz abgewiesen. Dagegen richtet sich die zugelassene Revision der Klägerin.

Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Aufhebung der Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht. 1. Das Oberlandesgericht ist - ebenso wie das Amtsgericht - davon ausgegangen , daß der Klägerin für die Dauer des Getrenntlebens dem Grunde nach ein Unterhaltsanspruch gemäß § 1361 BGB zustehe, ohne darzulegen, weshalb es auf den Unterhaltsanspruch deutsches Recht angewendet hat. Es hat diesen Anspruch gemäß § 1361 Abs. 3 i.V.m. § 1579 Nr. 7 BGB verneint, weil die Unterhaltsbelastung, die sich nur aus dem unterschiedlichen Einkommensniveau zwischen Polen und Deutschland herleite, für den Beklagten an-
gesichts der persönlichen Lebensumstände der Parteien und ihres nur kurzen Zusammenlebens in kinderloser Ehe objektiv unzumutbar sei. 2. Mit dieser Begründung kann das angefochtene Urteil nicht bestehenbleiben , da gegen die Anwendung des deutschen Rechts Bedenken bestehen.
a) Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ist gegeben. Sie besteht nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs immer dann, wenn nach den Gerichtsstandsbestimmungen ein deutsches Gericht örtlich zuständig ist (vgl. Senatsurteil vom 27. März 1991 - XII ZR 113/90 - FamRZ 1991, 925 m.N.). Das ist hier gemäß § 621 Abs. 2 Satz 1 ZPO der Fall, da für die selbständige Familiensache des Trennungsunterhalts das Gericht zuständig ist, bei dem die Ehesache anhängig ist oder war (vgl. Schwab/Maurer aaO I Rdn. 1081, 1082). Die vorrangige Sonderregelung des EuGVÜ (Übereinkommen der Europäischen Gemeinschaften über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivilund Handelssachen vom 27. September 1968, BGBl. 1972 II 773) greift hier nicht ein, weil Polen dem Übereinkommen noch nicht beigetreten ist (vgl. Übersichten bei Baumbach/Lauterbach/Albers ZPO 59. Aufl. Einleitung IV Rdn. 2 und Schlußanhang V C 1 Rdn. 5; Zöller/Geimer ZPO 59. Aufl. Anh. I Art. 1 GVÜ Rdn. 1; Schwab/ Maurer Handbuch des Scheidungsrechts 4. Aufl. I Rdn. 1088, 1089).
b) Für Sachverhalte mit Bezug zum Recht eines ausländischen Staates richtet sich die Frage, welches materielle Recht anwendbar ist, nach den Regeln des von Amts wegen anzuwendenden deutschen Kollisionsrechts, des EGBGB (Senatsurteil vom 7. April 1993 - XII ZR 266/91 - FamRZ 1993, 1051, 2306). Jedoch gehen Bestimmungen in völkerrechtlichen Vereinbarungen vor, soweit sie unmittelbar anwendbares innerstaatliches Recht geworden sind
(Art. 3 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 EGBGB). Ein solcher Vorrang gilt hier nach dem Haager Übereinkommen über das auf Unterhaltspflichten anwendbare Recht vom 2. Oktober 1973 (im folgenden: UÜbk. 73, BGBl. 1986 II 825 ff., für Deutschland in Kraft seit 1. April 1987, vgl. BGBl. II 1987, 225). Es geht demgemäß formell den Regeln des Art. 18 EGBGB vor, der allerdings inhaltlich mit denen des UÜbk. 73 übereinstimmt (Senatsurteil vom 27. März 1991 aaO 926). Das UÜbk. 73 wurde von Polen am 1. Mai 1996 ratifiziert, würde jedoch auch unabhängig davon gemäß Art. 3 des Abkommens im Verhältnis zu Nichtvertragsstaaten gelten (Palandt/Heldrich BGB 59. Aufl. Anh. zu Art. 18 EGBGB Rdn. 4 und 5; Johannsen/Henrich Eherecht 3. Aufl. Art. 18 EGBGB Rdn. 5; Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 5. Aufl. § 7 Rdn. 1). Gemäß Art. 4 Abs. 1 UÜbk. 73 (= Art. 18 Abs. 1 Satz 1 EGBGB) bestimmt sich die Unterhaltspflicht nach den Sachvorschriften des am jeweiligen gewöhnlichen Aufenthalt des Unterhaltsberechtigten geltenden Rechts. Der gewöhnliche Aufenthalt einer Person ist dort, wo sie sozial integriert ist und ihren Lebensmittelpunkt, den Schwerpunkt ihrer Bindungen in familiärer oder beruflicher Hinsicht hat. Maßgebend sind die tatsächlichen Verhältnisse (vgl. Senatsbeschlüsse vom 3. Februar 1993 - XII ZB 93/90 - FamRZ 1993, 798, 800 und vom 29. Oktober 1980 - IV b ZB 586/80 - FamRZ 1981, 135, 136; Wendl/Dose aaO Rdn. 9). Vorliegend macht die Klägerin Trennungsunterhalt für die Zeit ab 1. April 1997 geltend. Unstreitig lebt sie seit ihrer Ausweisung im März 1997 in Polen, wo sie familiäre Bindungen hat und einem Beruf nachgeht. Daher richtet sich der Unterhaltsanspruch der Klägerin vorrangig nach polnischem Recht.
Eine Ausnahme, nämlich ein Rückgriff auf deutsches Recht, kommt dann in Betracht, wenn die Klägerin nach dem vorrangig berufenen polnischen Recht dem Grunde nach keinen Unterhalt erhalten kann (Art. 6 UÜbk. 73 = Art. 18 Abs. 2 EGBGB). Persönliche und wirtschaftliche Gründe, etwa fehlende Bedürftigkeit des Berechtigten oder mangelnde Leistungsfähigkeit des Verpflichteten erfüllen diese Voraussetzung allerdings nicht (Johannsen/Henrich aaO Rdn. 11; Wendl/Dose aaO Rdn. 13 bis 15, 16).
c) Das angefochtene Urteil, welches ausschließlich deutsches Recht geprüft hat, kann danach nicht bestehenbleiben. Der Senat kann auch nicht selbst abschließend entscheiden, da Feststellungen zum Inhalt des polnischen Rechts und zu den zur Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen gehörenden Lebensverhältnissen der Parteien und den Umständen der Trennung erforderlich sind, die der Tatrichter nachzuholen hat. Das Oberlandesgericht wird im weiteren Verfahren prüfen müssen, ob und unter welchen Voraussetzungen das polnische Recht einem getrenntlebenden Ehegatten einen Unterhaltsanspruch gewährt. Obwohl das polnische Recht einen solchen Anspruch nicht gesondert regelt, sondern nur die gegenseitige Verpflichtung der Ehegatten ausspricht, zur Deckung der Familienbedürfnisse beizutragen, ist ein Trennungsunterhaltsanspruch nicht von vornherein ausgeschlossen. Vielmehr wird er von den polnischen Gerichten aus dem Familienunterhaltsanspruch abgeleitet. Allerdings können die Trennung und die besonderen Umstände des Einzelfalles Einfluß auf Form und Umfang der Unterhaltspflicht haben (vgl. Unterhaltsrecht in Europa Teil 4: Polen, herausgegeben vom Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht 1983 S. 169 ff., insbesondere 171, 173; Gralla/Leonhardt Unterhaltsrecht
in Osteuropa Studien des Instituts für Ostrecht 1989 Bd. 36 S. 146, 147; Wendl/Dose aaO Rdn. 97; OLG Hamm FamRZ 1994, 774, 775; OLG Koblenz FamRZ 1992, 1428, 1429). Ferner ist gegebenenfalls zu klären, inwieweit die Frage der Schuld an der Trennung nach der polnischen Rechtspraxis Einfluß auf den Unterhaltsanspruch hat (vgl. Unterhaltsrecht in Europa aaO S. 173; Gralla/Leonhardt aaO S. 147; OLGe Hamm und Koblenz ebenda). Zur Klärung dieser Fragen war die Sache an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen. Im Rahmen der neuen Verhandlung werden die Parteien auch Gelegenheit haben, zu den inhaltlichen Voraussetzungen des polnischen Rechts vorzutragen. Blumenröhr Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht.

(2) Die Revision kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen oder verneint hat.