Bundesgerichtshof Urteil, 11. Nov. 2008 - XI ZR 269/06
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die klagende Bank verlangt vom Beklagten die Rückzahlung eines gekündigten Darlehens.
- 2
- Der Beklagte wurde im Juni 1999 von einem Vermittler anlässlich eines Hausbesuchs geworben, mit einer Einlage von 60.000 DM der „G. …fonds GbR“ (nachfolgend : Fonds) beizutreten. Zur Finanzierung schloss er mit der Klägerin am 17. August/8. Dezember 1999 einen Vertrag über ein tilgungsfreies Darlehen in Höhe von 70.000 DM zu einem bis zum 30. August 2006 festgeschriebenen effektiven Jahreszins von 7,58%. Die Gesamtlaufzeit des Darlehens ist mit maximal 20 Jahren, der Gesamtbetrag aller Zahlungen bis zum Ende der Zinsbindung mit 27.369,72 DM angegeben. Als Kreditsicherheiten sieht der Darlehensvertrag u.a. die Verpfändung des Fondsanteils und die Abtretung einer Kapitallebensversicherung vor. Außerdem enthält der Darlehensvertrag eine vom Beklagten gesondert unterschriebene Widerrufsbelehrung nach dem Haustürwiderrufsgesetz mit folgendem Zusatz:
- 3
- "Im Falle des Widerrufs kommen auch die finanzierten verbundenen Geschäfte nicht wirksam zustande."
- 4
- Unter dem 16. August 2004 widerrief der Beklagte den Darlehensvertrag unter Berufung auf § 1 Abs. 1 HWiG (Vorschriften des HWiG jeweils in der Fassung vom 16. Januar 1986) mit der Behauptung, zur Abgabe der Darlehensvertragserklärung aufgrund einer Haustürsituation bestimmt worden zu sein. Außer der Unwirksamkeit des Darlehensvertrages macht er geltend, er sei durch Angaben im Fondsprospekt über die wirtschaftliche Situation des Fonds und die erzielbaren Einnahmen arglistig getäuscht worden. Die Klägerin habe insoweit einen Wissensvorsprung gehabt. Überdies fehle im Darlehensvertrag die nach § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 b VerbrKrG erforderliche Gesamtbetragsangabe, so dass er selbst dann, wenn dieser Formmangel durch Auszahlung der Valuta geheilt worden sei, nach § 6 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG (§§ 4 und 6 VerbrKrG jeweils in der Fassung vom 27. April 1993) lediglich den gesetzlichen Zinssatz von 4% schulde.
- 5
- Das Landgericht hat die Klage auf Zahlung von 36.510,62 € zuzüglich Zinsen abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Mit der - vom erkennenden Senat zugelassenen - Revision verfolgt die Klägerin ihre Forderung weiter.
Entscheidungsgründe:
- 6
- Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
- 7
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung - soweit für das Revisionsverfahren von Belang - im Wesentlichen ausgeführt:
- 8
- Der Klägerin stehe ein Darlehensrückzahlungsanspruch nicht zu, weil der Beklagte seine Darlehensvertragserklärung nach § 1 Abs. 1 HWiG wirksam widerrufen habe. Der Darlehensvertragsabschluss beruhe auf einem Hausbesuch des Vermittlers. Das Widerrufsrecht des Beklagten sei nicht eine Woche nach Aushändigung der Widerrufsbelehrung erloschen, weil er nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden sei. Die Widerrufsbelehrung enthalte den nach § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG unzulässigen Zusatz, dass im Falle des Widerrufs auch die finanzierten verbundenen Geschäfte nicht wirksam zustande kämen. Wegen dieses Zusatzes sei die gesamte Widerrufsbelehrung unwirksam. Deshalb habe der Beklagte noch am 16. August 2004 seine Darlehensvertragserklärung widerrufen können. Die Klägerin habe auch keinen Rückforderungsanspruch nach § 3 HWiG. Bei dem Darlehensvertrag und dem Fondsbeitritt handele es sich um ein verbundenes Geschäft i.S. von § 9 VerbrKrG (in der Fassung vom 17. Dezember 1991), so dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Rückabwicklung unmittelbar zwischen Kreditgeber und dem Partner des finanzierten Geschäfts zu erfolgen habe.
II.
- 9
- Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht einen wirksamen Widerruf der Darlehensvertragserklärung durch den Beklagten bejaht. Das Widerrufsrecht des Beklagten war zum Zeitpunkt des Widerrufs bereits erloschen.
- 10
- 1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist die dem Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung nicht nach § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG wegen eines unzulässigen Zusatzes unwirksam.
- 11
- Nach Erlass des Berufungsurteils hat der erkennende Senat bereits mehrfach entschieden, dass der Zusatz, im Falle des Widerrufs einer Darlehensvertragserklärung komme auch der "Beitritt in eine Fondsgesellschaft" bzw. der "verbundene Kaufvertrag" nicht wirksam zustande, keine unzulässige andere Erklärung i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG ist, wenn - was nach den nicht angegriffenen, fehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts auch hier der Fall ist - der Fondsbeitritt mit dem seiner Finanzierung dienenden Darlehensvertrag ein verbundenes Geschäft i.S. des § 9 Abs. 1 VerbrKrG bildet (Senat BGHZ 172, 157, 161 ff. Tz. 11 ff. und Senatsurteile vom 11. März 2008 - XI ZR 317/06, WM 2008, 828, 829 Tz. 12 ff., XI ZR 68/07, Tz. 13 ff., XI ZR 215/07, Tz. 13 ff. und XI ZR 381/07, Tz. 13 ff.). Wie der Senat dort näher ausgeführt hat, bedarf das Zusatzverbot des § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG der teleologischen Reduktion. Der genannte inhaltlich zutreffende Zusatz ist bei einem verbundenen Geschäft eine sinnvolle Ergänzung der Widerrufsbelehrung , weil er den rechtsunkundigen Verbraucher auf die weiteren Rechtsfolgen seines Widerrufs nach § 1 Abs. 1 HWiG hinweist und somit dessen besondere Tragweite und Bedeutung verdeutlicht. Die Neuregelung des § 358 Abs. 5 BGB schreibt deshalb einen entsprechenden Hinweis nunmehr sogar für alle Widerrufsbelehrungen vor (BGHZ 172, 157, 163 Tz. 16). An diesen Ausführungen, die auch vom Beklagten nicht angegriffen werden, ist festzuhalten.
- 12
- Dass der mit dem Darlehensvertrag verbundene Fondsbeitritt in dem Zusatz zur Widerrufsbelehrung nicht konkret benannt, sondern nur als finanziertes verbundenes Geschäft bezeichnet worden ist, ist unschädlich. Auf die genaue rechtliche Qualifikation und Bezeichnung des verbundenen Anlagegeschäfts kommt es nicht entscheidend an (Senatsurteil vom 11. März 2008 - XI ZR 317/06, WM 2008, 828, 829 f. Tz. 17). Da die Darlehensvaluta ausweislich des Darlehensvertrages zur Finanzierung der "Gesellschaftsanteile … GbR" Verwendung finden sollte, war auch für den Beklagten klar, dass mit dem verbundenen Geschäft nur der Fondsbeitritt gemeint sein konnte.
- 13
- 2. Die einwöchige Widerrufsfrist begann danach mit Aushändigung der Widerrufsbelehrung und war bei Erklärung des Widerrufs durch den Beklagten am 16. August 2004 bereits abgelaufen.
III.
- 14
- angefochtene Das Urteil war daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Entscheidung reif ist, war sie zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 BGB).
- 15
- Berufungsgericht Das wird sich unter dem Gesichtspunkt eines Schadensersatzanspruchs des Beklagten wegen eines eigenen vorvertraglichen Aufklärungsverschuldens der Klägerin, insbesondere auch mit der Behauptung des Beklagten befassen müssen, er sei durch unrichtige Angaben im Fondsprospekt über die wirtschaftliche Situation des Fonds, insbesondere bereits eingetretene Verluste und die erzielbaren jährlichen Einnahmen des Fonds arglistig getäuscht worden, die Klägerin habe insoweit einen Wissensvorsprung gehabt. Die Beweislast auch für den Wissensvorsprung der Klägerin trifft den Beklagten, es sei denn, die Kenntnis der Klägerin von einer evidenten arglistigen Täuschung des Beklagten durch den Fondsprospekt wird wegen eines institutionellen Zusammenwirkens der Klägerin mit den Prospektverantwortlichen nach den Grundsätzen des Senatsurteils vom 16. Mai 2006 (BGHZ 168, 1, 22 ff. Tz. 51 ff.) vermutet.
- 16
- Wenn sich die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs des Beklagten nicht feststellen lassen, wird das Berufungsgericht auch noch der Frage nachzugehen haben, ob der Darlehensvertrag die nach § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 b VerbrKrG erforderliche Gesamtbetragsangabe enthält. Auf die Senatsurteile vom 8. Juni 2003 (BGHZ 159, 270 ff.), vom 25. April 2006 (BGHZ 167, 252, 262 ff. Tz. 24 ff. und BGHZ 167, 239, 243 ff. Tz. 12 ff.), vom 9. Mai 2006 (XI ZR 119/05, WM 2006, 1243, 1245 f. Tz. 25 ff.) und vom 19. Februar 2008 (XI ZR 23/07, WM 2008, 681, 682 Tz. 12 ff.) wird besonders hingewiesen.
Ellenberger Maihold
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 15.12.2005 - 21 O 617/04 -
KG Berlin, Entscheidung vom 28.06.2006 - 24 U 9/06 -
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(1) Hat der Verbraucher seine auf den Abschluss eines Vertrags über die Lieferung einer Ware oder die Erbringung einer anderen Leistung durch einen Unternehmer gerichtete Willenserklärung wirksam widerrufen, so ist er auch an seine auf den Abschluss eines mit diesem Vertrag verbundenen Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden.
(2) Hat der Verbraucher seine auf den Abschluss eines Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung auf Grund des § 495 Absatz 1 oder des § 514 Absatz 2 Satz 1 wirksam widerrufen, so ist er auch nicht mehr an diejenige Willenserklärung gebunden, die auf den Abschluss eines mit diesem Darlehensvertrag verbundenen Vertrags über die Lieferung einer Ware oder die Erbringung einer anderen Leistung gerichtet ist.
(3) Ein Vertrag über die Lieferung einer Ware oder über die Erbringung einer anderen Leistung und ein Darlehensvertrag nach den Absätzen 1 oder 2 sind verbunden, wenn das Darlehen ganz oder teilweise der Finanzierung des anderen Vertrags dient und beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. Eine wirtschaftliche Einheit ist insbesondere anzunehmen, wenn der Unternehmer selbst die Gegenleistung des Verbrauchers finanziert, oder im Falle der Finanzierung durch einen Dritten, wenn sich der Darlehensgeber bei der Vorbereitung oder dem Abschluss des Darlehensvertrags der Mitwirkung des Unternehmers bedient. Bei einem finanzierten Erwerb eines Grundstücks oder eines grundstücksgleichen Rechts ist eine wirtschaftliche Einheit nur anzunehmen, wenn der Darlehensgeber selbst dem Verbraucher das Grundstück oder das grundstücksgleiche Recht verschafft oder wenn er über die Zurverfügungstellung von Darlehen hinaus den Erwerb des Grundstücks oder grundstücksgleichen Rechts durch Zusammenwirken mit dem Unternehmer fördert, indem er sich dessen Veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu Eigen macht, bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projekts Funktionen des Veräußerers übernimmt oder den Veräußerer einseitig begünstigt.
(4) Auf die Rückabwicklung des verbundenen Vertrags sind unabhängig von der Vertriebsform § 355 Absatz 3 und, je nach Art des verbundenen Vertrags, die §§ 357 bis 357c entsprechend anzuwenden. Ist der verbundene Vertrag ein Vertrag über die Lieferung von nicht auf einem körperlichen Datenträger befindlichen digitalen Inhalten, hat der Verbraucher abweichend von § 357a Absatz 3 unter den Voraussetzungen des § 356 Absatz 5 Nummer 2 Wertersatz für die bis zum Widerruf gelieferten digitalen Inhalte zu leisten. Ist der verbundene Vertrag ein im Fernabsatz oder außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Ratenlieferungsvertrag, sind neben § 355 Absatz 3 auch die §§ 357 und 357a entsprechend anzuwenden; im Übrigen gelten für verbundene Ratenlieferungsverträge § 355 Absatz 3 und § 357d entsprechend. Im Falle des Absatzes 1 sind jedoch Ansprüche auf Zahlung von Zinsen und Kosten aus der Rückabwicklung des Darlehensvertrags gegen den Verbraucher ausgeschlossen. Der Darlehensgeber tritt im Verhältnis zum Verbraucher hinsichtlich der Rechtsfolgen des Widerrufs in die Rechte und Pflichten des Unternehmers aus dem verbundenen Vertrag ein, wenn das Darlehen dem Unternehmer bei Wirksamwerden des Widerrufs bereits zugeflossen ist.
(5) Die Absätze 2 und 4 sind nicht anzuwenden auf Darlehensverträge, die der Finanzierung des Erwerbs von Finanzinstrumenten dienen.
(1) Der Ehegatte oder Lebenspartner, der mit dem Mieter einen gemeinsamen Haushalt führt, tritt mit dem Tod des Mieters in das Mietverhältnis ein.
(2) Leben in dem gemeinsamen Haushalt Kinder des Mieters, treten diese mit dem Tod des Mieters in das Mietverhältnis ein, wenn nicht der Ehegatte oder Lebenspartner eintritt. Andere Familienangehörige, die mit dem Mieter einen gemeinsamen Haushalt führen, treten mit dem Tod des Mieters in das Mietverhältnis ein, wenn nicht der Ehegatte oder der Lebenspartner eintritt. Dasselbe gilt für Personen, die mit dem Mieter einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt führen.
(3) Erklären eingetretene Personen im Sinne des Absatzes 1 oder 2 innerhalb eines Monats, nachdem sie vom Tod des Mieters Kenntnis erlangt haben, dem Vermieter, dass sie das Mietverhältnis nicht fortsetzen wollen, gilt der Eintritt als nicht erfolgt. Für geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Personen gilt § 210 entsprechend. Sind mehrere Personen in das Mietverhältnis eingetreten, so kann jeder die Erklärung für sich abgeben.
(4) Der Vermieter kann das Mietverhältnis innerhalb eines Monats, nachdem er von dem endgültigen Eintritt in das Mietverhältnis Kenntnis erlangt hat, außerordentlich mit der gesetzlichen Frist kündigen, wenn in der Person des Eingetretenen ein wichtiger Grund vorliegt.
(5) Eine abweichende Vereinbarung zum Nachteil des Mieters oder solcher Personen, die nach Absatz 1 oder 2 eintrittsberechtigt sind, ist unwirksam.