Bundesgerichtshof Urteil, 26. Feb. 2015 - X ZR 54/11

published on 26/02/2015 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 26. Feb. 2015 - X ZR 54/11
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Bundespatentgericht, 5 Ni 106/09, 02/03/2011

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X Z R 5 4 / 1 1 Verkündet am:
26. Februar 2015
Wermes
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Januar 2015 durch die Richter Gröning, Dr. Grabinski, Hoffmann
und Dr. Deichfuß sowie die Richterin Dr. Kober-Dehm

für Recht erkannt:
Auf die Berufungen der Klägerinnen zu 2 und 3 wird das am 2. März 2011 verkündete Urteil des 5. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts abgeändert und wie folgt neu gefasst. Das europäische Patent 1 018 849 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt soweit es über folgende Fassung seiner Ansprüche hinausgeht: "1. Verfahren zum Handover einer Verbindung einer Mobilstation zu einem Netzwerk von einer ersten Basisstation (BS 1), die nach einem ersten Standard arbeitet, zu einer zweiten Basisstation (BS 2) des einen Netzwerks, die nach einem zweiten Standard arbeitet, wobei das Netzwerk nicht in der Lage ist, den Handover für die Mobilstation vorzubereiten, da die erste Basisstation (BS 1) und die zweite Basisstation (BS 2) nicht in der Lage sind, untereinander in ausreichendem Maß zu kommunizieren , wobei bei einer bestehenden Verbindung in der jeweiligen Basisstation Verbindungsdaten für die Verbindung gespeichert sind und Ressourcen der Basisstation für die Verbindung reserviert sind, wobei der Handover als von der ersten Basisstation (BS 1) initiierter Forward-Handover durchgeführt wird, wobei beim Handover einer Verbindung die Verbindungsdaten in der ersten Basisstation (BS 1) zunächst gespeichert bleiben und die Ressourcen der ersten Basisstation (BS 1) zunächst reserviert bleiben, wobei zu einem späteren Zeitpunkt die Verbindungsdaten gelöscht werden und die Ressourcen freigegeben werden, wobei der spätere Zeitpunkt durch eine Mitteilung der Mobilstation oder zweiten Basisstation über den erfolgreichen Handover festgelegt wird. 2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Mobilstation beim Fehlschlagen des Handover die Verbindung zur ersten Basisstation (BS 1) wieder herstellen kann, wobei für die so wiederhergestellte Verbindung die gespeicherten Verbindungsdaten und die reservierten Ressourcen der ersten Basisstation verwendet werden. 3. Basisstation, die nach einem ersten Standard arbeitet, mit Mitteln , die bei einem Handover einer Verbindung einer Mobilstation von der Basisstation zu einer anderen Basisstation, die nach einem zweiten Standard arbeitet und mit der die Basisstation nicht ausreichend kommunizieren kann, um den Handover vorzubereiten, bis zu einem späteren Zeitpunkt die Verbindungsdaten speichern und Ressourcen für die Verbindung reservieren und die mit Erreichen des späteren Zeitpunktes die Verbindungsdaten löschen und die Ressourcen freigeben , wobei die Basisstation eingerichtet ist, einen ForwardHandover zu initiieren, wobei die Mittel den späteren Zeitpunkt als den Zeitpunkt identifizieren, zu dem die Basisstation eine Mitteilung über den erfolgreichen Handover von der Mobilstation oder der anderen Basisstation empfängt." Im Übrigen werden die Berufungen der Klägerinnen zu 2 und 3 zurückgewiesen. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens werden wie folgt verteilt: Von den Gerichtskosten tragen die Beklagte die Hälfte und die Klägerinnen zu 2 bis 4 je 1/12. Die Beklagte hat den Klägerinnen zu 2, 3 und 4 je ⅔ ihrer außergerichtlichen Kosten zu erstatten; die Klägerinnen zu 2, 3 und 4 tragen je 1/12 der außergerichtlichen Kosten der Beklagten. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten im Verhältnis zwischen den Klägerinnen zu 2 bis 4 und der Beklagten nicht zu erstatten. Die Kosten der Berufungsinstanz werden wie folgt verteilt: Von den Gerichtskosten tragen die Beklagte ⅓ und die Klägerinnen zu 2 und 3 je 1/12. Die Beklagte hat den Klägerinnen zu 2 und 3 je ⅔ ihrer außergerichtlichen Kosten zu erstatten; die Klägerinnen zu 2 und 3 tragen je 1/12 der außergerichtlichen Kosten der Beklagten. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten im Verhältnis zwischen den Klägerinnen zu 2 und 3 und der Beklagten nicht zu erstatten.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


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Die Beklagte ist Inhaberin des europäischen Patents 1 018 849 (Streitpatents ), das unter Inanspruchnahme einer deutschen Prioritätsanmeldung vom 8. Januar 1999 am 26. November 1999 angemeldet wurde und dessen Verfahrenssprache Deutsch ist. Das Streitpatent umfasst drei Patentansprüche, von denen die Patentansprüche 1 und 3 folgenden Wortlaut haben: "1. Verfahren zum Handover einer Verbindung einer Mobilstation zu einem Netzwerk von einer ersten Basisstation (BS 1) zu einer zweiten Basisstation (BS 2) des Netzwerks, wobei bei einer bestehenden Verbindung in der jeweiligen Basisstation Verbindungsdaten für die Verbindung gespeichert sind und Ressourcen der Basisstation für die Verbindung reserviert sind, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , d a s s beim Handover einer Verbindung die Verbindungsdaten in der ersten Basisstation (BS 1) zunächst gespeichert bleiben und die Ressourcen der ersten Basisstation (BS 1) zunächst reserviert bleiben, und dass zu einem späteren Zeitpunkt die Verbindungsdaten gelöscht werden und die Ressourcen freigegeben werden, wobei der spätere Zeitpunkt durch eine Mitteilung der Mobilstation oder der zweiten Basisstation über den erfolgreichen Handover festgelegt wird. 3. Basisstation mit Mitteln, die bei einem Handover einer Verbindung einer Mobilstation von der Basisstation zu einer anderen Basisstation bis zu einem späteren Zeitpunkt die Verbindungsdaten speichern und Ressourcen für die Verbindung reservieren und die mit Erreichen des späteren Zeitpunktes die Verbindungsdaten löschen und die Ressourcen freigeben, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , d a s s die Mittel den späteren Zeitpunkt als den Zeitpunkt identifizieren, zu dem die Basisstation eine Mitteilung über den erfolgreichen Handover von der Mobilstation oder der anderen Basisstation empfängt."
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Patentanspruch 2 ist auf Patentanspruch 1 rückbezogen.
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Die Klägerinnen zu 1 bis 4 haben geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig und gehe über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus. Außerdem sei der Gegenstand von Patentanspruch 1 nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann die Erfindung ausführen könne. Die Beklagte hat das Streitpatent in der erteilten Fassung und mit einem Hilfsantrag verteidigt.
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Das Patentgericht hat das Streitpatent im Umfang des Hilfsantrags aufrechterhalten. Dagegen haben die Klägerinnen zu 1 bis 4 Berufung mit dem Ziel eingelegt, das Urteil des Patentgerichts abzuändern und das Streitpatent für nichtig zu erklären. Im Verlauf des Berufungsverfahrens haben die Klägerin zu 1 die Klage und die Klägerin zu 4 ihre Berufung zurückgenommen. Im Wege der Anschlussberufung hat die Beklagte zunächst die vollständige Abweisung der Klagen erstrebt; insoweit hat sie das Streitpatent zuletzt nur noch mit einer gegenüber der vom Patentgericht aufrechterhaltenen Fassung weiter beschränkten Fassung sowie mit vier Hilfsanträgen verteidigt.
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Im Auftrag des Senats hat Prof. J. , vormals von der Ingenieurkammer N. öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für , ein schriftliches Gutachten erstellt, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

Entscheidungsgründe:


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Die Berufungen der Klägerinnen zu 2 und 3 haben nur teilweise Erfolg. Das Streitpatent ist lediglich und insoweit ohne weitere Sachprüfung für nichtig zu erklären, soweit es über die von der Beklagten zuletzt mit dem Hauptantrag verteidigte Fassung hinausgeht.
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I. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zum Handover sowie eine Basisstation mit Mitteln für ein Handover.
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In der Streitpatentschrift wird erläutert, dass in einem bekannten Kommunikationssystem beim Übergang eines mobilen Funkgeräts von einer zu einer anderen Funkzelle ein Hand-Off stattfinde, der Funkkanal der ursprünglichen Funkzelle aber nicht unmittelbar nach Einleiten des Hand-Offs freigegeben werde, sondern erst nach Ablauf einer vorgegebenen Zeit. Dadurch solle es dem mobilen Funkgerät ermöglicht werden, zum Kanal der ursprünglichen Funkzelle zurückzukehren und die Verbindung fortzusetzen, wenn es von der zweiten Funkzelle eine Besetztmeldung empfängt.
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Digitale Mobilfunksysteme seien im Allgemeinen als "zellulare Netze" aufgebaut, bei denen ein Zugangspunkt (Basisstation) jeweils eine Funkzelle ausbilde. Dabei komme dem Übergang der (Funk-)Verbindung einer Mobilstation zu einem Netzwerk von einer Zelle zu einer benachbarten Zelle (Handover) große Bedeutung zu.
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Heutige Handover-Verfahren, wie etwa im GSM, setzten voraus, dass das Backbone-Netzwerk den Handover unterstützen könne. Zukünftig könne es jedoch dazu kommen, dass die Kommunikation zwischen den einzelnen Basisstationen in Netzwerken nur eingeschränkt möglich sei, etwa wenn verschiedene Teile des Netzwerks nach unterschiedlichen Standards arbeiteten oder wenn die Basisstationen mit unterschiedlichen Fähigkeiten ausgestattet seien. Zwar könnten sich die Basisstationen weiter untereinander austauschen und auch die problemlose Durchführung des Handovers sei weiterhin sichergestellt, wenn dieser zwischen zwei Basisstationen erfolge, die nach demselben Standard arbeiteten. Das sei aber nicht mehr gewährleistet, wenn der Handover zwischen zwei nach unterschiedlichen Standards arbeitenden Basisstationen erfolge. Dann könne es dazu kommen, dass eine Mobilstation versuche, einen Handover durchzuführen, dieser Versuch aber fehlschlage und die Mobilstation zu der ursprünglichen Basisstation zurückkehren müsse.
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Der Erfindung liegt vor diesem Hintergrund das Problem zugrunde, eine stabile Verbindung zwischen der Mobilstation und dem Netzwerk auch dann zu gewährleisten, wenn der Versuch eines Handovers fehlschlägt. Nach den Patentansprüchen 1 und 3 des Streitpatents in der zuletzt von
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der Beklagten im Hauptantrag verteidigten Fassung soll dies durch folgende Verfahrens- bzw. Vorrichtungslehre erreicht werden (gegenüber der erteilten Fassung hinzugekommene Merkmale sind durch Fettdruck, gegenüber der vom Patentgericht aufrechterhaltenen Fassung weiterhin hinzugekommene Merkmale zudem durch Kursivdruck hervorgehoben): Patentanspruch 1 1. Verfahren zum Handover einer Verbindung einer Mobilstation zu einem Netzwerk von einer ersten Basisstation (BS 1), die nach einem ersten Standard arbeitet, zu einer zweiten Basisstation (BS 2), die nach einem zweiten Standard arbeitet , des einen Netzwerks, 1a wobei das Netzwerk nicht in der Lage ist, denHandover für die Mobilstation vorzubereiten, da die erste Basisstation (BS 1) und die zweite Basisstation (BS 2) nicht in der Lage sind, untereinander in ausreichendem Maße zu kommunizieren, 2. bei dem bei einer bestehenden Verbindung in der jeweiligen Basisstation
a) Verbindungsdaten für die Verbindung gespeichert
b) und Ressourcen der Basisstation für die Verbindung reserviert (vorbehalten, belegt) sind, H3 wobei der Handover als von der ersten Basisstation (BS 1) initiierter Forward-Handover durchgeführt wird 3. und bei dem beim Handover einer Verbindung
a) die Verbindungsdaten in der ersten Basisstation (BS 1) zunächst gespeichert
b) und die Ressourcen in der ersten Basisstation (BS 1) zunächst reserviert bleiben, 4. und bei dem zu einem späteren Zeitpunkt
a) die Verbindungsdaten gelöscht
b) und die Ressourcen freigegeben werden, 5. wobei der spätere Zeitpunkt festgelegt wird durch eine Mitteilung
a) der Mobilstation oder
b) der zweiten Basisstation (BS 2) über den erfolgreichen Handover. Patentanspruch 3 3.1 Basisstation, die nach einem ersten Standard arbeitet, mit Mitteln, die beim Handover einer Verbindung einer Mobilstation von der Basisstation zu einer anderen Basisstation, die nach einem zweiten Standard arbeitet und mit der die Basisstation nicht ausreichend kommunizieren kann, um den Handover vorzubereiten, bis zu einem späteren Zeit- punkt
a) die Verbindungsdaten speichern und
b) Ressourcen für die Verbindung reservieren, 3.2 wobei die Mittel der Basisstation mit Erreichen des späteren Zeitpunkts
a) die Verbindungsdaten löschen
b) und die Ressourcen freigeben, H3.3 wobei die Basisstation eingerichtet ist, einen ForwardHandover zu initiieren, 3.3 und wobei die Mittel als späteren Zeitpunkt den Zeitpunkt identifizieren, zu dem die Basisstation eine Mitteilung über den erfolgreichen Handover
a) von der Mobilstation oder
b) von der anderen Basisstation empfängt.
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In weitgehender Übereinstimmung mit den Ausführungen des Patentgerichts und des gerichtlichen Sachverständigen ist als maßgeblicher Fachmann ein Ingenieur der Nachrichtentechnik mit Hochschul- oder Fachhochschulausbildung anzusehen, der über langjährige praktische Erfahrung in Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der Mobilfunktelekommunikation verfügt hat und auch mit den zum Prioritätszeitpunkt bestehenden Standardisierungsvorschriften vertraut war, die bei der Entwicklung und Inbetriebnahme von Mobilfunkgeräten und den zur Anwendung kommenden Übertragungsverfahren zu berücksichtigen waren. Das in Patentanspruch 1 unter Schutz gestellte Verfahren betrifft die
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Verbindung einer Mobilstation mit einem Netzwerk, die von einer ersten Basisstation zu einer zweiten Basisstation des Netzwerks übergehen soll. Dabei ist, wie in der Beschreibung erläutert wird, unter einer Basisstation ein Zugangspunkt für die Verbindung der Mobilstation mit dem zellular aufgebauten Netzwerk zu verstehen. Damit ist nicht nur der Teil des Netzwerks gemeint, über den physikalisch der Informationsfluss zur Mobilstation erfolgt (etwa die Antenne oder das Antennensystem), sondern auch die unmittelbare Steuerung der Funkschnittstelle zur Mobilstation, wodurch erst der Zugang zum Netzwerk ermöglicht wird. Von daher hat die Basisstation auch die Eignung, bei einer bestehenden Verbindung Verbindungsdaten für die Verbindung zu speichern und Ressourcen für die Verbindung zu reservieren (Merkmal 2a und b). Mit dem Begriff der Verbindungsdaten, die anspruchsgemäß bei einer
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bestehenden Verbindung für die Verbindung in der ersten Basisstation gespeichert sind und beim Handover in der ersten Basisstation zunächst auch gespeichert bleiben sollen, um erst nach Mitteilung eines erfolgreichen Handovers gelöscht zu werden, sind für die Aufrechterhaltung der Verbindung notwendige Daten wie Daten zur Steuerung von Verbindungszuständen, zur Verschlüsselung von Nachrichten und zur Reservierung von Ressourcen gemeint (vgl. auch Gutachten S. 7). Nicht alle diese Verbindungsdaten müssen notwendigerweise in der jeweiligen Basisstation gespeichert sein. Vielmehr reicht die entspre- chende Speicherung einer Untermenge dieser Daten, wie auch der gerichtliche Sachverständige ausgeführt hat (Gutachten S. 9). Gleiches gilt hinsichtlich der Ressourcen der Basisstation für die Verbin16 dung, die zu reservieren sind und beim Handover zunächst auch reserviert bleiben sollen; auch insoweit muss es sich nicht zwingend um alle für eine Verbindung notwendigen Ressourcen handeln. Zudem sind neben freigehaltenen, auch im Hinblick auf die Verbindung belegte Ressourcen als reserviert im Sinne der patentgemäßen Lehre anzusehen, auch wenn die Diktion des Streitpatents insoweit, worauf der gerichtliche Sachverständige hingewiesen hat, nicht exakt dem fachlich üblichen Sprachgebrauch entsprechen mag. Für das Ziel der Erfindung , eine Rückkehr der Mobilstation zur ersten Basisstation zu ermöglichen, wenn der Versuch, mit der Verbindung zur zweiten Basisstation überzugehen, fehlschlägt, kommt es alleine darauf an, dass die für die Verbindung notwendigen Ressourcen zunächst nicht neu vergeben werden. Ob diese dafür wieder genutzt werden können, weil sie mit entsprechenden Daten belegt sind, oder wieder genutzt werden können, weil sie unbelegt sind, ist unerheblich, wie auch das fachkundig besetzte Patentgericht ausgeführt hat. Entsprechend der erstgenannten Variante sind die beiden in den Figuren 2 und 3 sowie in den Figuren 4 und 5 gezeigten Ausführungsbeispiele ausgestaltet, bei denen die Verbindungsdaten auch nach Beginn des Handovers weiter gespeichert bleiben (vgl. Abs. 16, 21). Merkmal H3 legt im Rahmen der Lehre von Patentanspruch 1 fest, dass
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der Handover als von der ersten Basisstation initiierter Forward-Handover durchgeführt wird. Wie der Beschreibung entnommen werden kann, zeichnet sich ein erfindungsgemäßer Forward-Handover dadurch aus, dass die Mobilstation eine Ziel-Basisstation selbst sucht und sich dort direkt anmeldet, und grenzt sich damit von einem Backward-Handover ab, bei dem die Mobilstation das Handover bei der alten Basisstation anmeldet und diese die Suche nach einer neuen, geeigneten Basisstation übernimmt (Abs. 4, 20).
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Weiterhin ist nach Merkmal H3 vorgesehen, dass der Forward-Handover von der Basisstation und nicht von der Mobilstation initiiert wird. Es ist also die Basisstation, die der Mobilstation mitteilt, dass ein Handover durchgeführt werden soll, etwa weil sie Kapazitäten freimachen möchte oder weil die Funkverbindung schlechter wird (Abs. 4, 20), und nicht die Mobilstation, die den Handover einleitet, etwa weil die Verbindungsqualität unter einen bestimmten Wert gesunken ist (Abs. 4, 13). Wie bereits das fachkundig besetzte Patentgericht ausgeführt und auch
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der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, handelt es sich bei dieser Mitteilung der Basisstation an die Mobilstation um einen an die Mobilstation gerichteten Befehl ("forced Handover"), bei dem Letztere nicht die Möglichkeit hat, die Ausführung abzulehnen, etwa weil sie eigene Feststellungen über die Qualität der bestehenden Verbindung zur alten Basisstation oder einer zukünftigen Verbindung zu einer neuen Basisstation getroffen hat. Das streitpatentgemäße Verfahren will es ermöglichen, einen solchen Basisstationinitiierten Forced-forward-Handover durchzuführen, ohne dass die Gefahr besteht , dass die Verbindung bei Erfolglosigkeit des Handovers beendet werden muss, weil die Mobilstation wieder zur ersten Basisstation zurückkehren kann, bei der für diesen Fall die Verbindungsdaten der Verbindung noch gespeichert und die Ressourcen für die Verbindung noch reserviert sind (vgl. Sp. 3 Abs. 9). Der Senat folgt damit nicht der Auslegung des High Court für England
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und Wales, Patent Court (Urteil vom 20. Februar 2012 - HC09 C04868 Rn. 65 ff., Anlage E8) und der Klägerinnen, wonach es bereits ausreichen soll, wenn die Basisstation der Mobilstation vorschlägt, einen Handover durchzuführen , auch wenn die Mobilstation die Möglichkeit hat, sich dagegen zu entscheiden. Gegen diese Auslegung spricht nicht nur, dass es sich dann letztlich um einen Mobilstation-initiierten Handover handeln würde, weil es die Mobilstation (und nicht die Basisstation) wäre, die endgültig über die Durchführung des Handovers entscheiden würde. Hinzu kommt, dass die Beschreibung im Zu- sammenhang mit einem Basisstation-initiierten Forward-Handover stets von einem "forced"-Handover spricht (Abs. 4, 9, 20, 24), womit sich nach Ansicht des Senats die Interpretation des High Court nicht in Einklang bringen lässt. Im Übrigen sieht auch das einzige Ausführungsbeispiel, bei dem ein Basisstationinitiierter Forward-Handover verwirklicht ist, vor, dass die Mobilstation die Aufforderung der Basisstation, einen Handover durchzuführen (301), bestätigt (302) und dann - ohne weitere Verfahrensschritte - die für den Handover erforderlichen Verfahrensschritte (303 ff.) ausführt (Abs. 20; Figuren 4 und 5). Die vorstehenden Erläuterungen zum Verfahren nach Patentanspruch 1
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in der zuletzt von der Beklagten im Hauptantrag verteidigten Fassung gelten im Hinblick auf die Basisstation nach Patentanspruch 3 in dieser Fassung entsprechend. Die Lehre aus Patentanspruch 3 ist im Übrigen so zu verstehen, dass die Basisstation, die nach einem ersten Standard arbeitet, dazu geeignet ist, die in den Merkmalen 3.1a bis 3.3b genannten Handlungen beim Handover einer Verbindung einer Mobilstation von der Basisstation zu einer anderen Basisstation auszuführen, die nach einem zweiten Standard arbeitet und mit der die Basisstation nicht ausreichend kommunizieren kann, um den Handover durchzuführen , wobei die Basisstation eingerichtet ist, einen Forward-Handover zu initiieren. II. Das Patentgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt
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begründet: 1. Der Gegenstand von Patentanspruch 3 in der erteilten Fassung gehe
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nicht über den Inhalt der Ursprungsanmeldung hinaus. Da die Basisstation nach Anspruch 6 der Ursprungsoffenbarung zur Durchführung des in Anspruch 1 der Ursprungsoffenbarung beschriebenen Verfahrens geeignet sein solle, müsse sie auch Mittel enthalten, die - entsprechend den Vorgaben dieses Verfahrensanspruchs - in der Basisstation sowohl die Verbindungsdaten speichern als auch Ressourcen für die Verbindung reservieren, diese bei einem Handover zunächst gespeichert und reserviert lassen und sie zu einem späteren Zeitpunkt löschen und wieder freigeben können. Da die Basisstation gemäß Anspruch 6 der Ursprungsoffenbarung überdies zur Durchführung des in Anspruch 3 der Ursprungsoffenbarung beschriebenen Verfahrens geeignet sein solle, müssten in der Basisstation auch Mittel vorhanden sein, die diesen späteren Zeitpunkt identifizieren können. Der Beschreibung in den Anmeldungsunterlagen entnehme der Fachmann unmittelbar, dass in der ersten Basisstation Mittel vorhanden sein müssen, die eine Nachricht der neuen Basisstation über den erfolgreichen Handover empfangen und in Reaktion auf diesen Empfang einen Zeitpunkt identifizieren, zu dem sie Verbindungsdaten löschen bzw. die freigehaltenen Ressourcen anderweitig vergeben können, wobei dies auch unmittelbar mit Erhalt der Information erfolgen könne, wie vom Fachmann als zur Erfindung gehörend mitgelesen werde. Die Gegenstände von Patentanspruch 1 und 3 in der erteilten Fassung
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hätten sich aber für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergeben, und zwar aus dem Lehrbuch von Walke ("Mobilfunknetze und ihre Protokolle", Band 1 Grundlagen, GSM, UMTS und andere zellulare Mobilfunknetze , Stuttgart 1998; Anlagen K4 und K4a; nachfolgend: WALKE) und dem Lehrbuch von Mouly und Pautet ("The GSM System for Mobile Communications" , Cell & Sys, 1992; Anlage D8 und K12; nachfolgend: MOULY). 2. Die Gegenstände von Patentanspruch 1 und 3 in der Fassung des
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Hilfsantrags, die sich von den Gegenständen von Patentanspruch 1 und 3 in der erteilten Fassung durch die Hinzunahme der Merkmale H3 bzw. H3.3 unterschieden , seien hingegen zulässig, ausführbar offenbart, neu und durch den Stand der Technik nicht nahegelegt. Der Gegenstand von Patentanspruch 1 und entsprechend auch derjenige
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von Patentanspruch 3 jeweils in der Fassung des Hilfsantrags seien neu, da keine der Entgegenhaltungen ein Basisstation-initiiertes Forward-HandoverVerfahren offenbare. Im GSM-System, wie von WALKE und MOULY beschrieben , suche nicht die Mobilstation die neue Basisstation, sondern das Netzwerk.
In dem Aufsatz von Noerpel und Lin ("Handover management for a PCS network" , IEEE Personal Communications, Dec. 1997, 18; Anlage BDP-IP 4; nachfolgend : NOERPEL) werde ein netzwerkgesteuertes Handover-Verfahren ("Network-Controlled Handover") mit der Variante des Mobilstationunterstützten Handovers ("Mobile-Assisted Handover") beschrieben, denen jeweils zu eigen sei, dass die Suche und Entscheidung hinsichtlich der neuen Basisstation netzseitig und damit nicht - wie beim Forward-Handover - von der Mobilstation getroffen würden. Das ebenfalls in NOERPEL beschriebene Mobilstation -gesteuerte Handover-Verfahren ("Mobile-Controlled Handover") beinhalte eine Initiierung des Handovers durch die Mobilstation und betreffe damit keinen Basisstation-initiierten Handover. Die Vorveröffentlichung von Litzenburger, Bakker und Schödl ("Handover
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in a Broadband Cellular ATM Access System", VTC 1998, 1116; Anlage JAG18; nachfolgend: LITZENBURGER) liege bereits ferner, weil sie eine zentralisierte Handover-Steuerung mittels eines den Basisstationen hierarchisch übergeordneten "Mobility Control Servers" (MCS) vorsehe. Wie in Figur 1 gezeigt, umfassten die Basisstationen die "Basestation Transceiver" und die "Basestation Controller". Letztere würden über das Ergebnis der Auswahl einer ZielBasisstation lediglich informiert. Soweit LITZENBURGER einen ForcedHandover beschreibe, werde dieser nicht von einer Basisstation, sondern von dem zentralen "Mobility Control Server" angewiesen. In dem Aufsatz von Akyol ("Signaling Alternatives in a Wireless ATM
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Network", IEEE Journal on selected areas in communication, Jan. 1997, 35; JAG17; nachfolgend AKYOL) werde in zwei Varianten ("Cases 1 and 2") ein Mobilstation-initiierter und damit kein Basisstation-initiierter Handover offenbart. Die Vorveröffentlichung von Bath und Gupta ("ATM Forum Technical
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Committee, Baseline Document for Wireless ATM CS1", ATMF 98-0402, meeting 27. bis 31. Juli 1998 in Portland, Oregon, USA; Anlage K19; nachfolgend: WIRELESS ATM) stelle eine Spezifikation für den ATM Mobility Extension Ser- vice dar, mit dessen Hilfe das ATM-System auch drahtlose Services anbieten können solle. Im Abschnitt "2.5.2.1 Handover" zeige Figur 17 den grundsätzlichen Handover-Ansatz, wonach eine Signalisierung lediglich zwischen Mobilstation (MT) und Vermittlungsstellen ("End-User Mobility Supporting ATM switch" [EMAS]) stattfinde. In den Unterabschnitten 2.5.2.1.3.2 und 2.5.2.1.3.3 seien sowohl ein Backward-Handover als auch ein Forward-Handover vorgesehen. Für beide Varianten gehe WIRELESS ATM grundsätzlich von einem Mobilstation -initiierten Handover aus. Soweit in der Entgegenhaltung ein ForcedHandover beschrieben sei, der seitens des Netzwerks getriggert werden könne, gehe hieraus nicht unmittelbar und eindeutig hervor, dass dieser von einer Basisstation initiiert werde. Die Entgegenhaltungen K4a (= WALKE, S. 295 bis 311), K20a ("Change
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Request No. A273r3 zu GSM 04.08, version 5.7.0"), K20b ("Change Request No. A278r1 zu GSM 04.08 version 5.7.0"), K20c ("Meeting-Report ETSI/STCSMG2 (98)", 23. bis 27. Februar 1988), K20d ("ETSI GSM 04.08 version 6.2.0 Release 1997") und K20e ("ETSI GSM 03.60 version 6.1.0 Release 1997") (Entgegenhaltungen K4a, K20a bis 20e nachfolgend gemeinsam: "GPRSKonglomerat" ) würden im Kontext mit dem "General Packet Radio Service" (GPRS) eingeführt. GPRS sei im Rahmen der Weiterentwicklung des GSM als paketorientiertes Dienstkonzept zur Datenübertragung entwickelt worden. Bei Beginn einer GPRS-Dienstnutzung werde durch eine Mobilstation ein
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"Routing-Kontext" eingerichtet, der im "Serving GPRS Support Node (SGSN)" abgelegt werde. Wechsle eine Mobilstation - etwa infolge eines Handovers - nicht nur die "Routing Area", sondern auch noch das einem "Serving GPRS Support Node (SGSN)" zugeordnete Gebiet, so fordere der neue SGSN die Übersendung des "Routing-Kontext" vom alten SGSN an und veranlasse die Löschung dieses "Routing-Kontext" im alten SGSN. Der SGSN könne jedoch im Kontext von GPRS nicht als (Teil einer) Basisstation angesehen werden. Zwar möge die "Packet Control Unit (PCU)" auch Aufgaben erfüllen, die dem Betrieb und der unmittelbaren Steuerung der Funkschnittstelle zur Mobilstation zuzuordnen seien. Figur 46 sowie den entsprechenden Ausführungen in der K20e entnehme der Fachmann jedoch unmittelbar, dass auch in Variante C die PCU zwar lokal in SGSN angeordnet, funktional aber als vom Rest des SGSN getrennt zu verstehen sei. Verbindungsrelevante Daten würden unabhängig von der in Figur 46 gezeigten Variante immer im SGSN und somit außerhalb der PCU abgespeichert, die möglicherweise als Bestandteil der Basisstation gesehen werden könne. Das Handover-Verfahren nach Patentanspruch 1 in der Fassung des
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Hilfsantrags beruhe auch auf erfinderischer Tätigkeit. Ausgehend von der Aufgabe , ein Handover-Verfahren zu entwickeln, das bei einem fehlgeschlagenen Handover-Versuch eine Rückkehr der Mobilstation zur ursprünglichen Basisstation erlaube, habe der Fachmann aufgrund der Vorveröffentlichungen WALKE und MOULY keine Veranlassung, den dort beschriebenen Handover in einen Basisstation-initiierten Forward-Handover umzuwandeln. Würde der Fachmann von NOERPEL ausgehen und im Hinblick auf die Nachteile eines netzwerkunterstützten Handovers die bei NOERPEL ebenfalls beschriebene Variante eines Mobilstation-gesteuerten Handovers wählen, hätte er keine Veranlassung, von der mit dieser Variante verbundenen Vorgabe in NOERPEL abzuweichen, dass die Mobilstation selbst den Handover initiiert. Die gleichen Überlegungen würden auch gelten, wenn von der Entgegenhaltung WIRELESS ATM in Zusammenschau mit dem GSM-System nach WALKE ausgegangen werde. Auch insoweit bestehe keine Veranlassung, einen Basisstation-initiierten ForwardHandover vorzusehen. Hinzu komme, dass WIRELESS ATM keine Speicherung verbindungsbezogener Daten in einer Basisstation zeige. Auch die fachliche Zusammenschau von AKYOL und LITZENBURGER
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führe nicht zum patentgemäßen Verfahren. Ausgehend von AKYOL, aus dem kein Basisstation-initiierter Handover hervorgehe, entnehme der Fachmann LITZENBURGER keine Anregung, einen solchen vorzusehen. Der Handover werde bei LITZENBURGER durch den "Mobility Control Server (MSC)" initiiert. Alternativ sei lediglich ein Mobilstation-initiierter Handover als "Normal network handover" vorgesehen. Die Zonenmanager ("zone managers"), die in AKYOL offenbart und in welchen sogenannte Nutzerprofile gespeichert seien, bildeten keinen Teil der Basisstationen. In AKYOL umfasse das System der Basisstation vielmehr den Radio Port und den Radio Port Controller. Der Zonenmanager sei eine übergeordnete Netzeinheit und kein Teil der Basisstation. Von daher komme es nicht darauf an, ob die Nutzerprofile als Verbindungsdaten im Sinne des Streitpatents anzusehen seien, wie von der Klägerin zu 3 vorgetragen. Schließlich könne auch der allgemeine Hinweis der Klägerinnen nicht
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überzeugen, zum Prioritätszeitpunkt seien sowohl Mobilstation-initiierte als auch Basisstation-initiierte Handover bekannt gewesen und dies gelte auch für die Kategorie der Forced-Handover, so dass sich der Fachmann lediglich unter diesen Spielarten habe entscheiden müssen. Das Streitpatent belege vielmehr deutlich, nach wie vielfältigen Kriterien die einzelnen Handover-Verfahren seinerzeit unterschieden worden und welche Vielzahl von Kombinationen möglich gewesen seien. Die Auswahl einer dezidierten, nicht angeregten HandoverAusprägung verlasse daher den Bereich fachmännischen Handelns und begründe eine erfinderische Tätigkeit. III. Die Entscheidung des Patentgerichts hält den Berufungsangriffen der
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Klägerinnen zu 2 und 3 im Umfang des zuletzt von der Beklagten gestellten Hauptantrags stand.
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1. Die Verteidigung der Patentansprüche 1 und 3 in dieser Fassung ist zulässig. Diese unterscheiden sich von den Patentansprüchen 1 und 3 in der er37 teilten Fassung durch die Hinzufügung der Merkmale H3 und H3.3, die bereits in die vom Patentgericht aufrecht erhaltene Fassung dieser Ansprüche aufgenommen worden waren, sowie durch die zuletzt hinzugekommenen Merkmale 1 (teilweise) sowie 1a und 3.1 (teilweise), wie aus der obigen Merkmalsgliederung hervorgeht. Die von den Klägerinnen zu 2 und 3 hinsichtlich der Merkmale H3 und
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H3.3 unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Erweiterung erhobenen Bedenken greifen nicht durch. In dem in Figur 4 der Ursprungsanmeldung gezeigten und in der Beschreibung erläuterten Ausführungsbeispiel erfolgt bei einem von der Basisstation 1 (mit der an die Mobilstation gerichteten Nachricht 301) initiierten Forced-Forward-Handover die Mitteilung über dessen Abschluss, die den späteren Zeitpunkt festlegt, zu dem die Verbindungsdaten bei der Basisstation 1 gelöscht und die Ressourcen freigegeben werden, - wie in Merkmal 5b vorgesehen - zwar durch die zweite Basisstation (Nachricht 311). Es wird an dieser Stelle auch nicht erwähnt, dass diese Mitteilung - wie in Merkmal 5a vorgesehen - alternativ durch die Mobilstation erfolgen kann (vgl. Ursprungsanmeldung S. 12). Gleichwohl erschließt sich dem Fachmann ohne weiteres aus dem in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen formulierten Verfahrensanspruch 3, dass als Alternative zu der in Zusammenhang mit der Figur 4 erwähnten Handover-Erfolgsmitteilung durch die zweite Basisstation auch die Möglichkeit einer solchen Mitteilung durch die Mobilstation besteht. Denn gemäß diesem Anspruch ist allgemein vorgesehen, dass der spätere Zeitpunkt durch eine Mitteilung der Mobilstation oder der zweiten Basisstation über den erfolgreichen Handover festgelegt wird. Entsprechendes gilt bei Patentanspruch 3 in Bezug auf das Merkmal 3.3a. Auch die von den Klägerinnen zu 2 und 3 hinsichtlich der Merkmale 1
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(soweit in der Fassung des zuletzt von der Beklagten verteidigten Hauptantrags gegenüber der erteilten Fassung ergänzt) und 1a unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Erweiterung erhobenen Einwendungen sind nicht begründet. Der Fachmann entnimmt der Ursprungsanmeldung, dass bei einem Handover von einer Basisstation zu einer nach einem anderen Standard arbeitenden Basisstation eine Situation auftreten kann, in der die Basisstationen nicht unmittelbar miteinander kommunizieren können und es vorstellbar ist, dass das Netzwerk den Handover nicht durch die Weiterreichung der Verbindungsdaten für die Verbindung des Netzwerks mit der Mobilstation von der einen zur anderen Basisstation unterstützen kann (Ursprungsanmeldung, S. 3, Z. 23 ff.). Wenn demgegenüber in Merkmal 1 von einer ersten Basisstation, die nach einem ersten (statt "einem") Standard arbeitet, und von einer zweiten Basisstation, die nach einem zweiten (statt "anderen") Standard arbeitet, die Rede ist, ist damit offensichtlich nichts anderes gemeint. Auch soweit in Merkmal 1a hinzugefügt ist, dass die erste und die zweite Basisstation nicht in der Lage sind, untereinander "in ausreichendem Maße" zu kommunizieren, um den Handover vorzubereiten, besteht kein inhaltlicher Unterschied zum Offenbarungsgehalt der Ursprungsanmeldung , in der gleichfalls auf die Situation abgestellt wird, dass der Handover nicht netzwerkgestützt durch eine Kommunikation der beiden Basisstationen vorbereitet werden kann. Schließlich bezieht sich Patentanspruch 1 in der zuletzt verteidigten Fassung allein auf eine Situation, in der - wie in der Ursprungsanmeldung an der genannten Stelle offenbart - die Basisstationen nicht "unmittelbar" miteinander kommunizieren können. Denn durch die Vorgabe in Merkmal 1a, dass die beiden Basisstationen nicht in der Lage sein dürfen, "untereinander" in ausreichendem Maße bei der Vorbereitung des Handovers zu kommunizieren, ist aus fachlicher Sicht klar bestimmt, dass dies für die unmittelbare Kommunikation zwischen den Basisstationen gilt. Dieses Verständnis wird im Übrigen durch Merkmal H3 bestätigt, wonach der Handover als Forward -Handover ausgeführt werden soll. Gleiches gilt entsprechend für Merkmal 3.1 des Patentanspruchs 3 in der zuletzt von der Beklagten verteidigten Fassung.
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2. Der Gegenstand von Patentanspruch 3 geht nicht über den Inhalt der Ursprungsanmeldung hinaus.
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Entgegen der Ansicht der Klägerinnen zu 2 und 3 ist in der Ursprungsanmeldung offenbart, dass - wie in Patentanspruch 3 vorgesehen - der "spätere Zeitpunkt", zu dem die in der Basisstation gespeicherten Verbindungsdaten gelöscht und die freigehaltenen Ressourcen freigegeben werden, der Zeitpunkt ist, zu dem die erste Basisstation die Mitteilung über den erfolgreichen Handover empfängt. In Verfahrensanspruch 3 der Ursprungsanmeldung ist, wie ausgeführt , vorgesehen, dass dieser "spätere Zeitpunkt" durch eine Mitteilung der Mobilstation oder der zweiten Basisstation über den erfolgreichen Handover an die erste Basisstation festgelegt wird. Diese Anweisung setzt aus fachlicher Sicht technisch zum einen voraus, dass die Mitteilung von der ersten Basisstation empfangen wird; zum anderen schließt diese Formulierung nach dem fachmännischen Verständnis zwanglos die Möglichkeit ein, dass der Empfang der Mitteilung und die Löschung der Verbindungsdaten und die Freigabe der Ressourcen zusammenfallen. Das gilt umso mehr, als nach der Mitteilung über einen erfolgreichen Handover kein Grund mehr besteht, bei der ersten Basisstation die Verbindungsdaten weiter zu speichern und die Ressourcen weiter zu reservieren, und aus Sicht des Fachmanns der beste Zeitpunkt für die Löschung der Verbindungsdaten und die Freigabe der Ressourcen der Zeitpunkt des Empfangs der Mitteilung über den erfolgreichen Handover durch dieerste Basisstation ist.
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3. Die Gegenstände von Patentanspruch 1 und 3 in der von der Beklagten mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung sind auch patentfähig.
a) Sie sind neu, weil jedenfalls das Merkmal H3 in keiner der Entge43 genhaltungen offenbart ist und dies entsprechend den nachfolgenden Ausführungen gleichermaßen auch für das Merkmal H3.3 gilt. aa) Die PCT-Anmeldung von TIEDEMANN (WO 98/36607, W7) betrifft
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ein Verfahren zur Vermeidung von Verbindungsverlust zu einer Mobilstation in einem drahtlosen Kommunikationssystem. Die Anmeldung macht es sich zum Ziel, bei einem erfolglosen Handover-Versuch ("hard handoff attempt") die Informationen , mit denen die Mobilstation zu dem ursprünglichen System zurückkehrt , für die Ausführung zukünftiger Handover-Versuche ("future handoff attempts") zu nutzen (W7, S. 4, Z. 11 ff.). Wie in der Beschreibung erläutert und in dem Flussdiagramm in Figur 5 dargestellt ist, wird eine Nachricht von der ersten Basisstation an die Mobilstation gesendet, die eine Liste von benachbarten Basisstationen in dem Zielsystem und Mindestwerte für die empfangene Leistung und Pilotenergie enthält (W7, S. 5, Z. 13 ff.; S. 13, Z. 30 ff.; Figur 5: Blöcke 50 und 52). Sodann signalisiert die Basisstation den benachbarten Basisstationen im Zielsystem, mit der Sendung von Vorwärtsbewegungen ("forward link") zur Mobilstation zu beginnen (W7, S. 5, Z. 17 ff.; S. 13, Z. 34 ff.; Figur 5, Blöcke 53 und 54). Nach Erhalt einer EHDM-Nachricht von der Basisstation wechselt die Mobilstation auf die Frequenz des Zielsystems und versucht , die Basisstation auszuwählen (W7, S. 5, Z. 20 ff.; S. 13, Z. 37 ff.; Figur 5, Blöcke 56, 58 und 60). Wird der Mindestwert der Pilotenergie nicht erreicht, beginnen Wiederherstellungstechniken. Dabei misst die Mobilstation die gesamte In-Band-Energie des Zielsystems. Wenn dabei der vorgegebene Minimalwert überschritten wird, sucht die Mobilstation nach brauchbaren Pilotsignalen im Zielsystem. Nach Abschluss der Suche kehrt die Mobilstation zu dem ursprünglichen System zurück. Danach kann ein erneuter Handover entsprechend dem ersten Versuch erfolgen (W7, S. 5, Z. 37 ff.; S. 14, Z. 12 ff.; Figur 5, Blöcke 64, 65, 66 und 68). Bei diesem Verfahren handelt es sich, wie auch der Sachverständige in der Verhandlung bestätigt hat, nicht um einen Forward-Handover nach Merkmal H3, weil der Suche der Mobilstation nach einer Ziel-Basisstation für den Handover der Verbindung nach TIEDEMANN eine vorherige Anmeldung der Mobilstation bei den in Betracht kommenden Ziel-Basisstationen durch die ursprüngliche Basisstation vorausgeht und das Verfahren damit zumindest teilweise einem Backward-Handover entspricht. bb) Der Aufsatz von NOERPEL befasst sich mit dem Handover45 Management für ein PCS-Netzwerk. Es werden drei "Handover-Erkennungsstrategien" beschrieben. Bei dem "Mobile-Controlled Handover" (MCHO) handelt es sich um keinen Basisstation-initiierten Handover nach Merkmal H3, da es das Mobiltelefon ist, welches die Handover-Kriterien feststellt, den "besten" Kandidaten-Port sucht und eine Handover-Anforderung startet (NOERPEL, 20). Der "Network-Controlled Handover" (NCHO) ist kein Forward-Handover nach Merkmal H3, weil bei diesem das Netzwerk und nicht das Mobiltelefon im Fall eines Handovers die Suche nach einer geeigneten neuen Basisstation (Port) übernimmt. Gleiches gilt für den "Mobile-Assisted-Handover" (MAHO), der eine Variante des NCHO ist und sich von diesem nur darin unterscheidet, dass die fortlaufenden Messungen der Signalstärke und -qualität nicht vom Netzwerk, sondern vom Mobiltelefon übernommen werden (NOERPEL, 21). Unter der Überschrift "Radio Link Transfer" wird in NOERPEL weiter er46 läutert, dass in PACS (Personal Access Communication System) der MCHO übernommen und bei einem Handover ein neuer Funkkanal durch das Mobiltelefon gewählt werde, wobei der Handover auch "durch das Netzwerk angeregt werden" könne ("The handover can also be stimulated by the network."). Entgegen der Ansicht der Klägerinnen zu 2 und 3 wird dem Fachmann auch an dieser Stelle kein Basisstation-initiierter Handover nach Merkmal H3 offenbart. Denn damit bleibt offen, ob es weiterhin das Mobiltelefon oder das Netzwerk ist, welches über die Notwendigkeit eines Handovers entscheidet, und, wenn es das Netzwerk sein sollte, ob die Entscheidung durch die Basisstation oder eine andere Stelle des Netzwerkes getroffen wird. cc) Die Klägerinnen zu 2 und 3 haben sich auch auf den PACS-Standard
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(American National Standard for Telecommunications - Personal Access Communications System Air Interface Standard, approved November 16, 1998, American National Standards Institute, Inc., E3a bis 3f; nachfolgend PACSStandard ) bezogen. Insoweit stellen sie nicht in Frage, dass der Handover im PACS-System grundsätzlich von der Mobilstation (SU) initiiert und mit einer "ALT-REQ"-Nachricht an den neuen Radio Port eingeleitet wird (vgl. E3e, S. 116 unter 6.7.2). Sie verweisen allerdings darauf, dass nach den weiteren Vorgaben des PACS-Standards die erste Basisstation (RPCU) die Mobilstation (SU) mit einer "PERFORM-ALT"-Nachricht zur Ausführung eines HANDOVER- ALT anweisen könne, wobei danach die Mobilstation den bestgeeigneten neuen Radio Port auszusuchen habe (E3e, S. 134 unter 6.7.4, 2. Abs.). Aus dem sich im Regelwerk des PACS-Standards anschließenden, die Befehlsfolge bei einem HANDOVER-ALT verdeutlichenden Flussdiagramm ergibt sich aber auch, dass die Mobilstation auf die "PERFORM_ALT"-Nachricht statt mit einer Aufhebung der Verbindung zur ersten Basisstation ("LINK_SUSPEND") mit einer Ablehnung der Ausführung des Handovers ("ALT_DENY") reagieren kann. Damit wird berücksichtigt, dass die "PERFORM_ALT"-Nachricht einen "ALT Parameter Code" enthält (E3e, S. 158 unter 6.9.27), welcher Angaben zum Hysteresewert NS204 enthält und so die Mobilstation "ermutigen" kann, einen Handover vorzunehmen (E3e, S. 164 unter 6.9.3.7). Auch nach dem PACS-Standard liegt also die endgültige Entscheidung, ob ein Handover ausgeführt werden soll, bei der Mobilstation. Dass diese Entscheidung durch die erste Basisstation (RPCU) mit einer "PERFORM_ALT"-Nachricht "stimuliert" werden kann (vgl. auch E3e, S. 134 Überschrift 6.7.4 "RPCU stimulated TST and ALT"), ändert daran nichts wie auch der gerichtliche Sachverständige in der Verhandlung bestätigt hat. dd) Nach der Vorveröffentlichung DECT ("Digital Enhanced Cordless Te48 lecommunications"; Common Interface (CI); Part 5: Network (NWK) layer - ETSI, Draft ETS 300 175-5, August 1997, 3rd edition, BDP-IP 3a) ist im DECTStandard der externe Handover Mobilstation-initiiert. Die Basisstation (FP) kann aber vorschlagen, dass eine Mobilstation (PP) einen externen Handover initiiert (BDP-IP 3a, S. 221 unter 15.7). Letzteres wird an anderer Stelle weiter dahin spezifiziert, dass die Basisstation (FP) die Option hat, einen externen Handover vorzuschlagen, indem sie eine "MM-INFO-SUGGEST"-Nachricht sendet, die alle Informationen (Handover-Referenz, Handover-Kandidat) enthält, die erforderlich sind, um die Mobilstation in die Lage zu versetzen, einen externen Handover durchzuführen (BDP-IP 31, S. 224 unter 15.7.3). Wie auch der gerichtliche Sachverständige in seinem Gutachten erläutert hat, sind die Bestimmungen aus DECT so zu verstehen, dass die alte Basisstation der Mobilstation zwar einen Handover gleichsam vorschlagen kann, die Mobilstation an diesen Vorschlag aber nicht gebunden ist. Die Entscheidung, ob ein Handover durchgeführt wird, liegt also nicht bei der alten Basisstation, sondern bei der Mobilstation. Das entspricht nicht den Anforderungen an einen Basisstation-initiierten Handover wie er in Merkmal H3 als Teil der Lehre aus Patentanspruch 1 vorgesehen ist. ee) Die Entgegenhaltung WIRELESS ATM (K19) ist eine Spezifikation
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des "ATM Mobility Extension Service" (AMES), mit der Anwendungen unterstützt werden sollen, die "mobile ATM"-Erweiterungen vom festen ATMbasierten Netzwerk erfordern (K19, S. 7 unter 2.1.1). Zur Initiierung des Handovers wird zunächst ausgeführt, dass dieser im Allgemeinen Mobilstationinitiiert erfolgt, indem eine "HO-REQUEST"-Nachricht an das Netzwerk gesandt wird. Danach heißt es allerdings auch, dass das Netzwerk einen Handover auslösen ("trigger") kann, indem es eine "HO-FORCE"-Nachricht an die Mobilstation sendet, die, wenn sie empfangen wird, den gleichen Effekt für die Mobilstation hat, als wenn diese herausfindet, dass ein Handover notwendig ist (K19, S. 38 unter 2.5.2.1.3.1.1). Dennoch hat das Patentgericht diese Bemerkung mit Blick auf das Merkmal H3 zu Recht nicht als unmittelbare und eindeutige Offenbarung dafür bewertet, dass es auf Seiten des Netzwerks die Basisstation ist, von welcher die Initiierung erfolgt. Zwar wird in WIRELESS ATM auch noch an anderer Stelle erwähnt, dass die "HO_FORCE"-Nachricht von der EMAS-E (End-user mobility enabled ATM switch - Edge/Entry, vgl. K19, S. 10) stammt (K19, S. 45 f. unter 2.5.2.1.4.1). Die EMAS-E kann jedoch auf Grundlage des Handover-Referenz-Models, das den Ausführungen zum Thema "Handover" in WIRELESS ATM vorangestellt ist (vgl. K19, S. 37 unter 2.5.2.1.1), nicht als Basisstation nach Merkmal H3 angesehen werden, weil dies weder der Port ist, der an der Schnittstelle zur Mobilstation liegt, welches der AP (Wireless Access Point) ist, noch der AP durch die EMAS-E unmittelbar gesteuert wird. Dass einleitend in den allgemeinen Ausführungen zur möglichen Architektur des "Wireless Access" neben einem Referenzmodell, welches "Modular Access" genannt wird und im Wesentlichen der Struktur des Referenzmodells zum Handover entspricht (K19, S. 20 f. unter 2.2.2.2), auch ein weiteres Referenzmodell erwähnt wird, das "Integrated Access" heißt und bei dem der AP durch die EMAS-E unmittelbar gesteuert wird (K19, S. 20 unter 2.2.2.1), steht dem nicht entgegen, weil sich aus WIRELESS ATM kein Hinweis ergibt, dass die Ausführungen zum Handover auch darauf bezogen sind. Aber selbst wenn zugunsten der Klägerinnen zu 2 und 3 angenommen
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würde, dass aus WIRELESS ATM ein Basisstation-initiierter Handover hervorgeht , handelte es sich dabei - aus Sicht des Fachmanns zum Prioritätszeitpunkt - dennoch nicht um einen Forward-Handover im Sinne des Merkmals H3. In WIRELESS ATM wird bereits in der Übersicht über die verschiedenen Arten des Handovers ("Handover Types") zwischen einem Backward-Handover, bei dem die Mobilstation den Handover bei der alten Basisstation (AP) initiiert und das Netzwerk die neue Basisstation aussucht, und einem Forward-Handover unterschieden, bei dem die Mobilstation den Handover bei der neuen Basisstation initiiert. Letzterer erfolgt K19 zufolge üblicherweise, wenn sich die Verbindung zur alten Basisstation zu schnell verschlechtert hat, um noch einen Backward -Handover durchführen zu können (K19, S. 37 f. unter 2.5.2.1.2). Entsprechend wird zuerst das Backward-Handover-Verfahren dargestellt (K19, S. 40 ff. unter 2.5.2.1.3.2) und heißt es dann zum Forward-Handover-Verfahren, dass dieses erfolgen könne, wenn eine Mobilstation (MT) die Verbindung mit dem gegenwärtigen EMAS verliere, bevor es den Backward-Handover initiieren oder vervollständigen könne (K19, S. 42 f. unter 2.5.2.1.3.3). Da aber für den Fall, dass die Mobilstation die Verbindung zur ersten Basisstation verliert, nicht nur kein Backward-Handover mehr durchgeführt werden kann, sondern auch ein Forced-Forward-Handover nicht mehr möglich ist, weil keine Initiierung des Handovers mehr durch die erste Basisstation erfolgen kann, wird der Fachmann die Möglichkeit einer "HO_FORCE"-Nachricht, mit welcher eine Initiierung durch das Netzwerk erfolgen kann (K19, S. 38 unter 2.5.2.1.3.1.1), nicht auf den Forward -Handover, sondern auf den Backward-Handover beziehen. Das gilt umso mehr, als ihm in WIRELESS ATM außer dem Verlust der Verbindung zur alten Basisstation keine andere Situation aufgezeigt wird, in der die Mobilstation den Forward-Handover durchführen soll. ff) In dem auf den 7. und 8. Januar 1987 datierten Protokoll der "Ad Hoc
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Group on Handover - GSM/WP2 doc 25/87" (E5a) werden zukünftige GSMFunktionen diskutiert und mit Erfahrungen aus vorhandenen Mobilfunknetzen verglichen. In der Anlage 5 (Appendix 5) wird die Möglichkeit eines Mobilstation -initiierten Handovers erwähnt (E5a, Appendix 5, S. 1 unter (i)). In der Anlage 6 werden fünf Verfahrensalternativen für den Handover vorgestellt (E5a, Appendix 6). Nach Alternative 4 werden im ersten Schritt die Kanaleigenschaften der Mobil- und der Basisstation gemessen, um die Notwendigkeit eines Handovers zu bestimmen. In Phase zwei wird nach den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen die alte Basisstation von der Mobilstation über die Durchführung des Handovers informiert. Es folgen die Auswahl der neuen Basisstation durch die Mobilstation und die Initiierung der neuen Verbindung über die neue Basisstation. Ein Basisstation-initiierter Handover ist demnach in der Vorveröffentlichung E5a nicht offenbart. Die Entgegenhaltung "Handover: Recovery Methods when the Procedure Fails - Document L3EG-31/87" (E5b) enthält keine Angaben zur Initiierung des Handover-Verfahrens. gg) Die weiteren von den Klägerinnen vorgelegten Entgegenhaltungen
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liegen noch weiter vom Gegenstand von Patentanspruch 1 in der von der Beklagten zuletzt verteidigten Fassung ab und offenbaren dem Fachmann insbesondere nicht das Merkmal H3. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann insoweit auf die Ausführungen des Patentgerichts verwiesen werden.
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b) Die Gegenstände von Patentanspruch 1 und 3 in der zuletzt von der Beklagten verteidigten Fassung haben sich für den Fachmann auch nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergeben.
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Wie bereits das Patentgericht zutreffend ausgeführt hat, wurde dem Fachmann, der sich mit dem Problem befasst, ein Handover-Verfahren zu entwickeln , das es der Mobilstation erlaubt, bei einem fehlgeschlagenen HandoverVersuch zur ursprünglichen Basisstation zurückzukehren, bei MOULY für das GSM-System ein Handover beschrieben, bei dem die Mobilstation zur ersten Basisstation zurückkehren konnte (vgl. K12, S. 391 unter 6.3.3.3, Abs. 1 und 2; S. 411, Abs. 3 und 4). Der Fachmann wurde weder durch MOULY noch durch WALKE dazu veranlasst, diese Lösung in einen streitpatentgemäßen Basisstation -initiierten Forward-Handover umzugestalten. Nichts anderes gilt im Ergebnis, wenn von TIEDEMANN ausgegangen
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wird. Wie dargelegt, enthält das darin offenbarte Handover-Verfahren zwar Elemente eines Forward-Handover, wenn sich die Mobilstation nach Erhalt der erweiterten Handoff-Anweisungsnachricht (EHDM) der Basisstation auf die neue Frequenz einstellt und versucht, die Basisstationen des Zielsystems gemäß der Aktivsatzinformation in der EHDM-Nachricht anzuwählen (W7, S. 5, Z. 20 ff.; S. 13, Z. 37 ff.; Figur 5, Blöcke 56 und 58). Das in TIEDEMANN offenbarte Handover-Verfahren ist dennoch nicht als Forward-Handover nach den Vorgaben des Streitpatents ausgestaltet, weil es nicht allein die Mobilstation ist, die sich ihre Ziel-Basisstation aussucht und sich bei dieser anmeldet, sondern auch die alte Basisstation an der Suche und Anmeldung beteiligt ist, indem sie die in Betracht kommenden Ziel-Basisstationen zum Vorwärtsverbindungsverkehr ("forward link traffic") veranlasst (W7, S. 5, Z. 17 ff.; S. 13, Z. 34 ff.; Figur 5, Blöcke 53 und 54). Dass TIEDEMANN eine Anregung enthält, beim Handover vom "forward link traffic" abzusehen und den Handover als reinen Forward-Handover auszugestalten, ist von den Klägerinnen zu 2 und 3 nicht aufgezeigt worden und auch sonst nicht ersichtlich. Bei TIEDEMANN ist nach einem fehlgeschlagenen Handover-Versuch zwar vorgesehen, dass nicht sofort wieder Vorwärtsverbindungen im Zielsystem aufgebaut werden, sondern zunächst die Mobilstation bestimmt, ob die Stärke der Signale, die durch irgendeines der benachbarten Systeme gesendet werden, ausreichend ist, um die Kommunikationsverbindung zu unterstützen (W7, S. 5, Z. 28 ff.; S. 14, Z. 31 ff.). Jedoch sucht die Mobilstation anschließend nicht sofort selbst ihre ZielBasisstation , sondern kehrt "notwendigerweise" zur Basisstation des ursprünglichen Systems zurück, wonach unter Berücksichtigung der von der Mobilstation gewonnenen Informationen der Handover nach dem bereits beschriebenen Verfahren - einschließlich der Animierung der Zielbasisstationen zum Vorwärtsverbindungsverkehr durch die Basisstation des ursprünglichen Systems - erneut versucht wird (W7, S. 6, Z. 2 ff.; S. 14, Z. 37 ff.). Eine Anregung, diesen Schritt im Sinne eines Forward-Handovers wegzulassen, ist TIEDEMANN nicht zu entnehmen. Ein solcher Hinweis konnte sich für den Fachmann auch nicht aus
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NOERPEL, PACS oder DECT ergeben, weil es sich insoweit lediglich um einen von der ersten Basisstation "stimulierten" oder "vorgeschlagenen" ForwardHandover handelt und nicht ersichtlich ist, dass der Fachmann daraus ohne erfinderische Tätigkeit zu entfalten einen Basisstation-initiierten ForwardHandover im Sinne der Lehre des Streitpatents hätte entwickeln können. Nichts anderes gilt im Ergebnis, wenn der Fachmann WIRELESS ATM
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mit in Betracht gezogen hätte. Darin wird ihm zwar neben einem BackwardHandover -Verfahren auch ein Forward-Handover-Verfahren offenbart, mit dem sich die Mobilstation ihre Ziel-Basisstation selbst aussuchen und sich bei dieser anmelden kann, wenn die Mobilstation die Verbindung zur alten Basisstation verloren hat, bevor sie den Backward-Handover durchführen konnte (K19, S. 42 f. unter 2.5.2.1.3.3). Daraus folgt auch möglicherweise die Anregung, den Handover nach TIEDEMANN für den Fall eines Verbindungsverlusts der Mobilstation zur Basisstation des Ausgangssystems um einen Mobilstation-initiierten Forward-Handover zu ergänzen. Daraus ergibt sich jedoch keine Veranlassung, den aus TIEDEMANN bekannten Backward/Forward-Handover in einen reinen Forward-Handover umzuwandeln, da auch WIRELESS ATM für den Regelfall von einem Backward-Handover ausgeht und die Möglichkeit eines Forward- Handovers nur als Mobilstation-initiiert vorsieht, wenn ein Backward-Handover mangels Verbindungsverlusts zur ersten Basisstation nicht möglich ist. IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 Satz 2 PatG, §§ 92
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Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO und berücksichtigt, dass die Anschlussberufung dadurch gegenstandslos geworden ist, dass die Beklagte die Patentansprüche 1 und 3 mit dem Hauptantrag weiter beschränkt hat, als es der vom Patentgericht aufrechterhaltenen und mit den Berufungen angegriffenen Fassung dieser Ansprüche entspricht. Über die Tragung von Gerichtskosten (vgl. insoweit aber § 22 Abs. 1 Satz 1 GKG) und außergerichtlichen Kosten im Verhältnis zwischen der Beklagten und der Klägerin zu 1 (beide Instanzen) bzw. der Klägerin zu 4 (Berufungsinstanz ) ergeht kein gesonderter Ausspruch, weil nach der Klagerücknahme der Klägerin zu 1 und der Berufungsrücknahme der Klägerin zu 4 keine diesbezüglichen Kostenanträge gestellt worden sind. Eine weitergehende Abänderung der Kostenentscheidung des Patentge59 richts als aus dem Tenor ersichtlich ist nicht angezeigt. Der Umstand, dass die Klägerinnen Nichtigkeitsklage nicht gemeinsam, sondern jeweils getrennt erhoben haben, rechtfertigt es nicht, unter Billigkeitsgesichtspunkten von der nach § 92 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 84 Abs. 2 S. 2 PatG bei teilweisem Obsiegen grundsätzlich vorgesehenen Kostenverteilung nach Unterliegensanteilen abzuweichen. Unabhängig von der Frage, ob nicht auch bei Erhebung einer Nichtigkeitsklage durch mehrere Kläger bei jedem der Kläger eine Gerichtsgebühr fällig wird (in diesem Sinne: Busse/Keukenschrijver, 7. Aufl., § 81 PatG Rn. 29; Schulte/Voit, 9. Aufl., § 81 PatG Rn. 65) oder ob dies nur in Höhe einer Gerichtsgebühr der Fall ist, kann den Klägerinnen jedenfalls nicht vorgehalten werden, dass sie mutwillig nicht gemeinsam Klage erhoben haben. Die Patentnichtigkeitsklage ist als Popularklage ausgestaltet (BGH, Urteil vom 29. November 2011 - X ZR 23/11, GRUR 2012, 540 Rn. 10 ff. - Rohrreinigungsdüse). Sie kann deshalb von jedermann erhoben werden, ohne dass regelmäßig unter Kostengesichtspunkten die Obliegenheit besteht, die Patentnichtigkeitsklage gemeinsam mit anderen potentiellen Klägern zu erheben oder einem anhängigen Patentnichtigkeitsverfahren als weiterer Kläger beizutreten. Das gilt auch im vorliegenden Fall, in dem die vier Klägerinnen als rechtlich und wirtschaftlich unabhängige Gesellschaften Nichtigkeitsklage betreffend das Streitpatent erhoben haben und jeweils parallele Verletzungsverfahren zwischen den Parteien anhängig sind bzw. waren.
Gröning RiBGH Dr. Grabinski ist erkrankt und Hoffmann kann deshalb nicht unterschreiben. Gröning Deichfuß Kober-Dehm
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 02.03.2011 - 5 Ni 106/09 (EU) -
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(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger
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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 23/11 Verkündet am: 29. November 2011 Wermes Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: n
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Annotations

(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend.

(2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkosten (§§ 91 bis 101) sind entsprechend anzuwenden, soweit nicht die Billigkeit eine andere Entscheidung erfordert; die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren (§§ 103 bis 107) und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen (§§ 724 bis 802) sind entsprechend anzuwenden.

(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten mit Ausnahme der Restitutionsklage nach § 580 Nummer 8 der Zivilprozessordnung sowie in Verfahren nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 14, Absatz 2 Nummer 1 bis 3 sowie Absatz 4 schuldet die Kosten, wer das Verfahren des Rechtszugs beantragt hat. Im Verfahren, das gemäß § 700 Absatz 3 der Zivilprozessordnung dem Mahnverfahren folgt, schuldet die Kosten, wer den Vollstreckungsbescheid beantragt hat. Im Verfahren, das nach Einspruch dem Europäischen Mahnverfahren folgt, schuldet die Kosten, wer den Zahlungsbefehl beantragt hat. Die Gebühr für den Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs schuldet jeder, der an dem Abschluss beteiligt ist.

(2) In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen ist Absatz 1 nicht anzuwenden, soweit eine Kostenhaftung nach § 29 Nummer 1 oder 2 besteht. Absatz 1 ist ferner nicht anzuwenden, solange bei einer Zurückverweisung des Rechtsstreits an die Vorinstanz nicht feststeht, wer für die Kosten nach § 29 Nummer 1 oder 2 haftet, und der Rechtsstreit noch anhängig ist; er ist jedoch anzuwenden, wenn das Verfahren nach Zurückverweisung sechs Monate geruht hat oder sechs Monate von den Parteien nicht betrieben worden ist.

(3) In Verfahren über Anträge auf Ausstellung einer Bestätigung nach § 1079 der Zivilprozessordnung, einer Bescheinigung nach § 1110 der Zivilprozessordnung oder nach § 57, § 58 oder § 59 des Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetzes schuldet die Kosten der Antragsteller.

(4) Im erstinstanzlichen Musterverfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz ist Absatz 1 nicht anzuwenden. Die Kosten für die Anmeldung eines Anspruchs zum Musterverfahren schuldet der Anmelder. Im Verfahren über die Rechtsbeschwerde nach § 20 des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes schuldet neben dem Rechtsbeschwerdeführer auch der Beteiligte, der dem Rechtsbeschwerdeverfahren auf Seiten des Rechtsbeschwerdeführers beigetreten ist, die Kosten.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Über die Klage wird durch Urteil entschieden. Über die Zulässigkeit der Klage kann durch Zwischenurteil vorab entschieden werden.

(2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkosten sind entsprechend anzuwenden, soweit nicht die Billigkeit eine andere Entscheidung erfordert; die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen sind entsprechend anzuwenden. § 99 Abs. 2 bleibt unberührt.