Bundesgerichtshof Urteil, 22. Okt. 2019 - X ZR 48/17

bei uns veröffentlicht am22.10.2019
vorgehend
Landgericht Darmstadt, 13 O 553/07, 18.06.2010
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, 13 U 118/10, 20.04.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 48/17 Verkündet am:
22. Oktober 2019
Zöller
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Der Widerruf einer Schenkung wegen groben Undanks bedarf keiner umfassenden rechtlichen
Begründung. Die Erklärung muss den zugrundeliegenden Sachverhalt allenfalls so weit
darstellen, dass der Beschenkte ihn von anderen Geschehnissen unterscheiden, die Einhaltung
der der in § 532 BGB vorgesehenen Jahresfrist beurteilen und im Umkehrschluss erkennen
kann, welche gegebenenfalls anderen Vorfälle der Schenker nicht zum Anlass für
die Erklärung des Widerrufs genommen hat.

b) Der Widerruf einer Schenkung gemäß § 530 BGB setzt objektiv eine Verfehlung des Beschenkten
von gewisser Schwere voraus. Darüber hinaus muss die Verfehlung auch in subjektiver
Hinsicht Ausdruck einer Gesinnung des Beschenkten sein, die in erheblichem Maße
die Dankbarkeit vermissen lässt, die der Schenker erwarten kann.

c) Die Prüfung der subjektiven Seite setzt dabei in der Regel auch eine Auseinandersetzung
mit den emotionalen Aspekten des dem Widerruf zugrunde liegenden Geschehens voraus.
Hierfür kann auch von Bedeutung sein, ob der Beschenkte im Affekt gehandelt hat oder ob
sich sein Verhalten als geplantes, wiederholt auftretendes, von einer grundlegenden Antipathie
geprägtes Vorgehen darstellt.
BGH, Urteil vom 22. Oktober 2019 - X ZR 48/17 - OLG Frankfurt in Darmstadt
LG Darmstadt
ECLI:DE:BGH:2019:221019UXZR48.17.0

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 22. Oktober 2019 durch die Richter Dr. Bacher, Dr. Grabinski und Hoffmann sowie die Richterinnen Dr. Kober-Dehm und Dr. Marx

für Recht erkannt:
Auf die Revision wird das Urteil des 13. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 20. April 2017 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Kläger verlangen von ihrem Sohn, dem Beklagten, die Rückübertragung mehrerer Grundstücke nach einem Schenkungswiderruf wegen groben Undanks.
2
Die Kläger übertrugen am 28. Juli 1994 in zwei notariell beurkundeten Verträgen dem Kläger mehrere Grundstücke und Grundstücksanteile, darunter einen Miteigentumsanteil an dem Hofgrundstück R. straße in L. . An diesem Grundstück behielten sie sich ein lebenslanges Wohnungsrecht an einer Wohnung im zweiten Stock vor. Der Beklagte verpflichtete sich zu Ausgleichszahlungen an seine Geschwister in Höhe von insgesamt 400.000 DM, die zwei oder drei Jahre nach dem Tode des Längstlebenden der Kläger zu zahlen sind.
3
Nach Übertragung der Grundstücke kam es zu Streitigkeiten zwischen den Parteien. Am 7. November 2006 gab es eine zunächst verbale und schließlich körperliche Auseinandersetzung zwischen dem Kläger zu 2 und dem Beklagten. Mit Schreiben vom 15. und 16. November 2006 erklärten die Kläger wegen dieses und weiterer Ereignisse den Widerruf der Schenkung wegen groben Undanks. Der Beklagte ist dem entgegengetreten und hat hilfsweise geltend gemacht, von ihm für die Grundstücke erbrachte Aufwendungen seien bereicherungsmindernd zu berücksichtigen.
4
Die auf Rückübertragung eines Teils der übertragenen Grundstücke und Grundstücksanteile nebst Ersatz vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten gerichtete Klage ist in erster Instanz erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat den Beklagten hingegen antragsgemäß verurteilt. Dagegen wendet sich der Beklagte mit der vom Senat zugelassenen Revision, der die Kläger entgegentreten.

Entscheidungsgründe:


5
Die zulässige Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
6
I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
7
Den Klägern stehe ein Rückübertragungsanspruch wegen groben Undanks gemäß § 530 Abs. 1 BGB zu. Bei den beiden Übergabeverträgen handele es sich um gemischte Schenkungen mit dem Ziel einer vorweggenommenen Erbfolge. Der unentgeltliche Teil überwiege; die eingeräumten Nießbrauchs- und Nutzungsrechte wiesen gegenüber dem auf circa 1,5 Mio. € zu beziffernden Wert der Immobilienrechte einen deutlich untergeordneten Charakter auf.
8
Der Beklagte habe sich durch sein Verhalten am 7. November 2006 einer schweren Verfehlung des groben Undanks schuldig gemacht. Der Beklagte habe den Kläger zu 2 unvermittelt vor die Brust gestoßen, so dass dieser umgefallen sei. Anschließend habe der Beklagte ihn in den Schwitzkasten genommen. Selbst wenn unterstellt werde, dass auch der Kläger zu 2 durch sein eigenes, gegebenenfalls provozierendes und uneinsichtiges Verhalten zur Eskalation der Auseinandersetzung beigetragen habe, sei mit dem Angriff des Beklagten gegen seinen Vater das Maß des Hinnehmbaren und Vertretbaren deutlich überschritten worden. Die Widerrufsvoraussetzungen seien damit auch gegenüber der Klägerin zu 1 erfüllt, weil der Kläger zu 2 zu ihren nahen Angehörigen im Sinne von § 530 BGB zähle.
9
Soweit sich der Beklagte auf Aufwendungen berufe, habe er der ihn insoweit treffenden Darlegungslast nicht genügt. Sein Vortrag erweise sich als widersprüchlich, weil die zuletzt gemachten Angaben vom Vortrag in erster Instanz abwichen, ohne dass der Beklagte eine Begründung dafür angebe. Zu- dem seien die behaupteten Material- und Lohnkosten weder inhaltlich noch rechnerisch nachvollziehbar.
10
II. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung in einem entscheidungserheblichen Punkt nicht stand.
11
1. Zutreffend ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die beiden zwischen den Parteien geschlossenen Verträge als Schenkungsverträge anzusehen sind.
12
a) Eine (gemischte) Schenkung liegt vor, wenn die Leistung des Schenkers den Wert etwa versprochener Gegenleistungen objektiv überwiegt und die Parteien sich darüber einigen, dass die Wertdifferenz unentgeltlich zugewendet werden soll. Besteht zwischen dem Wert der Zuwendung und dem Wert der Gegenleistung eine auffallende, über ein geringes Maß deutlich hinausgehende Diskrepanz, dann begründet dies im Einklang mit der Lebenserfahrung die tatsächliche, widerlegbare Vermutung für einen Schenkungswillen der Vertragsparteien (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2011 - X ZR 45/10, NJW 2012, 605 Rn. 19).
13
b) Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt.
14
aa) Der Wert der übertragenen Grundstücke beträgt nach den Feststellungen des Berufungsgerichts rund 1,5 Mio. €. Als Gegenleistungen des Beklagten sind allein die von ihm übernommenen Zahlungsverpflichtungen an seine Geschwister in Höhe von insgesamt 400.000 DM zu berücksichtigen, die erst nach dem Tode des Letztversterbenden der beiden Kläger zu erfüllen sind.
15
Damit besteht eine erhebliche Diskrepanz im Sinne der oben aufgezeigten Rechtsprechung.
16
bb) Entgegen der Auffassung der Revision führt der Umstand, dass sich die Kläger mehrere Nießbrauchrechte und ein Wohnungsrecht vorbehalten haben, nicht zu einer abweichenden Beurteilung.
17
Die Einräumung solcher Rechte an einem unentgeltlich übertragenen Grundstück stellt grundsätzlich keine Leistung des Beschenkten dar. Sie führt nur dazu, dass der Wert des zugewendeten Gegenstands von vornherein geringer anzusetzen ist (BGH, Urteil vom 5. Februar 1993 - V ZR 181/91, NJW 1993, 1577 [zu 1]; Urteil vom 18. Oktober 2011 - X ZR 45/10, NJW 2012, 605 Rn. 22; Urteil vom 28. September 2016 - IV ZR 513/15, NJW 2017, 329 Rn. 9). Im Streitfall besteht auch bei Berücksichtigung dieses Umstands eine erhebliche Diskrepanz zwischen Leistung und Gegenleistungen.
18
Der Beklagte muss die ihm obliegenden Zahlungen erst nach dem Tod beider Kläger erbringen, also zu einem Zeitpunkt, zu dem die Belastungen erloschen sind und ihm der volle Wert der Grundstücke zugutekommt. Zur Beurteilung der Frage, ob eine Diskrepanz zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt , darf der Wert der Zahlungsansprüche deshalb nicht mit dem Wert der (belasteten) Grundstücke im Zeitpunkt des Vertragsschlusses verglichen werden. Entscheidend sind vielmehr die Wertverhältnisse zu dem Zeitpunkt, an dem die Zahlungsansprüche fällig werden. Davor steht den durch Belastungen im Wert geminderten Vermögenswerten keine Gegenleistung gegenüber, so dass für diesen Zeitraum ebenfalls eine Diskrepanz zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt.
19
2. Entgegen der Auffassung der Revision steht den Klageforderungen nicht entgegen, dass diese auf Rückgabe der Schenkungsgegenstände und nicht auf Wertersatz in Höhe der Differenz zwischen Leistung und Gegenleistung gerichtet sind.
20
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geht der in § 531 Abs. 2 BGB eingeräumte Anspruch bei Widerruf einer gemischten Schenkung grundsätzlich nur dann auf Rückübertragung des überlassenen Gegenstandes, wenn der Wert der Gegenleistung weniger als die Hälfte des effektiven Wertes des Geschenkes betrug (BGH, Urteil vom 19. Januar 1999 - X ZR 42/97, NJW 1999, 1626, 1627 [zu I 2 b aa; insoweit nicht in BGHZ 140, 275]; Urteil vom 11. April 2000 - X ZR 246/98, NJW 2000, 598, juris Rn. 13; Urteil vom 18. Oktober 2011 - X ZR 45/10, NJW 2012, 605 Rn. 15).
21
Dies ist im Streitfall gegeben, weil dem Wert der übernommenen Gegenleistungen auch in diesem Zusammenhang der Wert der übertragenen Gegenstände nach Erlöschen der Nießbrauch- und Wohnungsrechte gegenüberzustellen ist und die Gegenleistung bislang nicht erbracht wurde, sondern erst nach dem Tod der Kläger fällig wird.
22
3. Entgegen der Ansicht der Revision ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht die drei Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 15. und 16. November 2006 als formal wirksame Widerrufserklärung angesehen hat.
23
a) Der Umstand, dass das Schreiben vom 15. November 2006 nicht auf den Vorfall vom 7. November 2006 Bezug nimmt, ist schon deshalb unerheblich , weil das erste der beiden Schreiben vom 16. November 2006 als Ergänzung zu jenem Schreiben formuliert ist und beide Schreiben deshalb im Zusammenhang zu würdigen sind.
24
b) Ebenfalls unerheblich ist der Umstand, dass die Schreiben nicht zum Ausdruck bringen, warum der Vorfall vom 7. November 2006 auch die Klägerin zu 1 zum Widerruf berechtigen soll.
25
§ 531 Abs. 1 BGB verlangt keine umfassende rechtliche Begründung des Widerrufs. Die Erklärung muss den zugrundeliegenden Sachverhalt allenfalls so weit darstellen, dass der Beschenkte ihn von anderen Geschehnissen unterscheiden , die Einhaltung der in § 532 BGB vorgesehenen Jahresfrist beurteilen und im Umkehrschluss erkennen kann, welche gegebenenfalls anderen Vorfälle der Schenker nicht zum Anlass für die Erklärung des Widerrufs genommen hat (vgl. Staudinger/Chiusi, BGB, Bearbeitung 2013, § 531 Rn. 2).
26
Diesen Anforderungen werden die im Streitfall zu beurteilenden Schreiben gerecht. Aus ihnen ist auch in Bezug auf die Klägerin zu 2 ersichtlich, dass diese die Schenkung (unter anderem) wegen des Vorfalls vom 7. November 2006 widerrufen will.
27
4. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann das Verhalten des Beklagten am 7. November 2006 nicht als grober Undank qualifiziert werden.
28
a) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht allerdings festgestellt, dass es zwischen den Parteien am 7. November 2006 zunächst einen verbalen Streit und sodann eine körperliche Auseinandersetzung gegeben hat, bei der der Beklagte über den ausgehobenen Graben auf dem Hofgrundstück ging, dem Kläger zu 2 unvermittelt heftig gegen die Brust stieß, dieser umfiel und der Beklagte den Kläger zu 2 in den "Schwitzkasten" nahm. Die diesbezüglichen Verfahrensrügen der Revision greifen nicht durch; von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 564 ZPO).
29
b) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht indes die Voraussetzungen groben Undanks bejaht.
30
aa) Der Widerruf einer Schenkung gemäß § 530 BGB setzt objektiv eine Verfehlung des Beschenkten von gewisser Schwere voraus. Darüber hin- aus muss die Verfehlung auch in subjektiver Hinsicht Ausdruck einer Gesinnung des Beschenkten sein, die in erheblichem Maße die Dankbarkeit vermissen lässt, die der Schenker erwarten kann (BGH, Urteil vom 11. Oktober 2005 - X ZR 270/02, FamRZ 2006, 196 [zu 1]; Urteil vom 11. Juli 2000 - X ZR 89/98, BGHZ 145, 35 [zu 3 a]). Ob diese beiden Voraussetzungen erfüllt sind, ist aufgrund einer Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Diese Umstände sind darauf hin zu untersuchen, ob und inwieweit erkennbar wird, dass der Beschenkte dem Schenker nicht die durch Rücksichtnahme geprägte Dankbarkeit entgegenbringt, die der Schenker erwarten darf (BGH, Urteil vom 25. März 2014 - X ZR 94/12, NJW 2014, 3021 Rn. 18 mwN).
31
Anhaltspunkte dafür, was der Schenker an Dankbarkeit erwarten kann, können neben dem Gegenstand und der Bedeutung der Schenkung auch die näheren Umstände bieten, die zu der Schenkung geführt und deren Durchführung bestimmt haben (BGH, Urteil vom 13. November 2012 - X ZR 80/11, NJW-RR 2013, 618 Rn. 11). Besondere Bedeutung kann ferner der persönlichen Beziehung zwischen Schenker und Beschenktem zukommen, vor allem dann, wenn diese von einer besonderen Verantwortlichkeit des Beschenkten gegenüber dem Schenker geprägt ist (BGH, NJW 2014, 3021 Rn. 18).
32
Die Prüfung der subjektiven Seite setzt dabei in Fällen wie im Streitfall insbesondere auch eine Auseinandersetzung mit den emotionalen Aspekten des dem Widerruf zugrunde liegenden Geschehens voraus. Hierfür kann auch von Bedeutung sein, ob der Beschenkte im Affekt gehandelt hat oder ob sich sein Verhalten als geplantes, wiederholt auftretendes, von einer grundlegenden Antipathie geprägtes Vorgehen darstellt. Anhaltspunkte für ein im Wesentlichen affektbedingtes Handeln können sich aus dem unmittelbar vorangegangenen Verhalten des Schenkers ergeben.
33
bb) Die vom Berufungsgericht vorgenommene Würdigung wird diesen Anforderungen nicht gerecht.
34
Das Berufungsgericht erkennt in den vom Beklagten gegenüber dem Kläger zu 2 begangenen Tätlichkeiten - im Ergebnis zu Recht - eine schwere objektive Verfehlung. Es nimmt zugunsten des Beklagten an, dass der Kläger zu 2 durch sein eigenes, provozierendes und uneinsichtiges Verhalten gegenüber dem Beklagten zur Eskalation der Auseinandersetzung mit beigetragen hat, hält aber für ausschlaggebend, dass der Beklagte seinen Eltern Dank für die Übertragung des Grundbesitzes und darüber hinaus Respekt und Nachsicht schuldete, auch wenn er mit deren Verhaltensweisen nicht einverstanden war.
35
Diese Erwägungen sind zwar für sich gesehen nicht zu beanstanden. Sie berücksichtigen aber nicht alle für den Streitfall relevanten Umstände.
36
(1) Das Berufungsgericht hat sich nicht mit dem Umstand befasst, dass die zwischen den Parteien geschlossenen Übergabeverträge und der Umstand , dass die Parteien auf demselben Grundstück zusammenwohnen, die Notwendigkeit begründeten, durch beiderseitige Rücksichtnahme ein gedeihliches Zusammenleben zu ermöglichen.
37
Die Verträge sind zwar nicht als Altenteilsvertrag oder Leibgeding im Sinne von Art. 96 EGBGB und §§ 4 bis 18 des Hessischen Ausführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch anzusehen, weil eine solche Qualifizierung grundsätzlich die Übernahme von Unterhaltspflichten voraussetzt (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2015 - X ZR 98/13, BGHZ 208, 154 Rn. 18; Urteil vom 31. Oktober 1969 - V ZR 138/66, BGHZ 53, 41 [zu II B 2]; Urteil vom 19. Juni 1964 - V ZR 4/63, juris Rn. 33) und solche Pflichten im Streitfall nicht übernommen wurden. Der Umstand, dass der Beklagte das Hofgrundstück erhielt, auf dem die Kläger weiterhin ein Wohnungsrecht hatten, begründete aber ein vergleichbares Näheverhältnis und die Notwendigkeit zu einem gedeihlichen Zusammenleben. Vor diesem Hintergrund unterlagen beide Seiten in gewissem Umfang einer Pflicht zur Rücksichtnahme, die sowohl für die Prüfung einer objektiven Verfehlung als auch der subjektiven Gesinnung relevant ist.
38
Dies schließt nicht aus, dass Verfehlungen des Beklagten, die die gebotene Rücksichtnahme in besonderem Maße vermissen lassen, als Ausdruck groben Undanks eingestuft werden. Dies erfordert aber eine Abwägung, die diesem Aspekt in besonderem Maße Rechnung trägt. Diese Abwägung wird im wieder eröffneten Berufungsrechtszug nachzuholen sein.
39
(2) Das Berufungsgericht hat ferner den von ihm als möglich angesehenen Umstand, dass der Kläger zu 2 durch provozierendes und uneinsichtiges Verhalten zur Eskalation beigetragen hat, nicht in der gebotenen Weise in die Abwägung eingestellt.
40
Das Berufungsgericht hat insoweit zwar zutreffend angenommen, dass der Beklagte auch gegenüber Provokationen in gewissem Umfang Zurückhaltung und Nachsicht üben muss. Es hat sich aber nicht mit der Frage befasst, ob ein objektiv unangemessenes Verhalten auch dann als Ausdruck einer subjektiv undankbaren Haltung angesehen werden kann, wenn es sich als spontane, im Wesentlichen affektgesteuerte Reaktion in einer eskalierenden Auseinandersetzung darstellt, bei der der Schenker in vergleichbarer Weise zur Eskalation beigetragen hat.
41
Auch in diesem Zusammenhang hätte das Berufungsgericht bei seiner Würdigung insbesondere in Erwägung ziehen müssen, inwieweit die Kläger ihrerseits die für das gemeinsame Zusammenleben auf dem Hofgrundstück erforderliche und gebotene Rücksichtnahme haben vermissen lassen.
42
Das Landgericht hat hierzu in Würdigung der Aussagen der von ihm vernommenen Zeugen festgestellt, die Aggression des Beklagten sei - auch wenn sie ohne Zweifel als maßlos einzustufen sei - aus der Situation heraus zu verstehen und damit zu erklären, dass der Beklagte wegen der von den Klägern begonnenen Aktion aufgebracht gewesen sei. Dass sein Verhalten noch eine andere Motivation gehabt habe, welche auf groben Undank schließen lasse, gehe aus den genannten Umständen nicht hervor. Weitergehende Feststellungen hat das Berufungsgericht - das die Zeugen nicht erneut vernommen hatbislang nicht getroffen. Auch dies wird gegebenenfalls nachzuholen sein.
43
III. Das angefochtene Urteil ist demnach aufzuheben. Die Sache ist mangels Entscheidungsreife an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
44
Sollte das Berufungsgericht erneut zu dem Ergebnis gelangen, dass die Kläger die Schenkung aufgrund des Vorfalls vom 7. November 2006 - allein oder in Verbindung mit den weiteren von den Klägern geltend gemachten Vorfällen - wirksam widerrufen haben, so wird es sich erneut mit dem Einwand des Beklagten zu befassen haben, er sei infolge von Aufwendungen, die er für die Grundstücke getätigt habe, entreichert.
45
Hierbei wird das Berufungsgericht die Beweisangebote des Beklagten nicht schon deshalb unberücksichtigt bleiben lassen, weil dessen Vortrag in Widerspruch zu früherem Vorbringen steht. Eine Partei ist nicht gehindert, ihr Vorbringen im Laufe des Rechtsstreits zu ändern. Eine Änderung kann zwar im Rahmen der Beweiswürdigung berücksichtigt werden. Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots wegen vermeintlicher Widersprüche im Vortrag der beweisbelasteten Partei läuft aber auf eine prozessual unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung hinaus und verstößt damit zugleich gegen Art. 103 Abs. 1 GG (vgl. nur BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2014 - VIII ZR 34/14, NJW-RR 2015, 910 Rn. 18).
46
Des Weiteren wird das Berufungsgericht gegebenenfalls nochmals zu prüfen haben, ob die Angaben des Beklagten zu den aufgewendeten Lohnkosten eine Beweisaufnahme oder eine Schätzung nach § 287 ZPO ermöglichen. Dass der Beklagte insoweit nur "glatte" Beträge genannt hat, steht einer solchen Vorgehensweise nicht entgegen. Der Beklagte hat im Einzelnen angege- ben, für welche Baumaßnahmen die Arbeiten angefallen sind und welchen zeitlichen Umfang sie hatten. Dass seine Angaben möglicherweise auf Rundungen beruhen, führt nicht ohne weiteres dazu, dass sie als unsubstantiiert anzusehen sind. Andererseits wird der Beklagte, soweit ihm dies möglich ist, Gelegenheit haben, seine Angaben weiter zu präzisieren und seine Angaben zu Materialkosten zu substantiieren.

Bacher Grabinski Hoffmann
Kober-Dehm Marx
Vorinstanzen:
LG Darmstadt, Entscheidung vom 18.06.2010 - 13 O 553/07 -
OLG Frankfurt in Darmstadt, Entscheidung vom 20.04.2017 - 13 U 118/10 -

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Zivilprozessordnung - ZPO | § 287 Schadensermittlung; Höhe der Forderung


(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit e

Zivilprozessordnung - ZPO | § 564 Keine Begründung der Entscheidung bei Rügen von Verfahrensmängeln


Die Entscheidung braucht nicht begründet zu werden, soweit das Revisionsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 547.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 530 Widerruf der Schenkung


(1) Eine Schenkung kann widerrufen werden, wenn sich der Beschenkte durch eine schwere Verfehlung gegen den Schenker oder einen nahen Angehörigen des Schenkers groben Undanks schuldig macht. (2) Dem Erben des Schenkers steht das Recht des Widerru

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 531 Widerrufserklärung


(1) Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Beschenkten. (2) Ist die Schenkung widerrufen, so kann die Herausgabe des Geschenks nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung gefordert werden.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 532 Ausschluss des Widerrufs


Der Widerruf ist ausgeschlossen, wenn der Schenker dem Beschenkten verziehen hat oder wenn seit dem Zeitpunkt, in welchem der Widerrufsberechtigte von dem Eintritt der Voraussetzungen seines Rechts Kenntnis erlangt hat, ein Jahr verstrichen ist. Nach

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(1) Eine Schenkung kann widerrufen werden, wenn sich der Beschenkte durch eine schwere Verfehlung gegen den Schenker oder einen nahen Angehörigen des Schenkers groben Undanks schuldig macht.

(2) Dem Erben des Schenkers steht das Recht des Widerrufs nur zu, wenn der Beschenkte vorsätzlich und widerrechtlich den Schenker getötet oder am Widerruf gehindert hat.

(1) Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Beschenkten.

(2) Ist die Schenkung widerrufen, so kann die Herausgabe des Geschenks nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung gefordert werden.

Der Widerruf ist ausgeschlossen, wenn der Schenker dem Beschenkten verziehen hat oder wenn seit dem Zeitpunkt, in welchem der Widerrufsberechtigte von dem Eintritt der Voraussetzungen seines Rechts Kenntnis erlangt hat, ein Jahr verstrichen ist. Nach dem Tode des Beschenkten ist der Widerruf nicht mehr zulässig.

(1) Eine Schenkung kann widerrufen werden, wenn sich der Beschenkte durch eine schwere Verfehlung gegen den Schenker oder einen nahen Angehörigen des Schenkers groben Undanks schuldig macht.

(2) Dem Erben des Schenkers steht das Recht des Widerrufs nur zu, wenn der Beschenkte vorsätzlich und widerrechtlich den Schenker getötet oder am Widerruf gehindert hat.

19
c) Maßgebliche Bedeutung kommt indessen dem Verhältnis zwischen dem Wert der Zuwendung und dem Wert der Gegenleistung zu. Besteht hierbei eine auffallende, über ein geringes Maß deutlich hinausgehende Diskrepanz , dann begründet dies im Einklang mit der Lebenserfahrung die tatsächliche ,widerlegbare Vermutung für einen Schenkungswillen der Vertragsparteien (vgl. BGH, Urteile vom 21. Juni 1972 - IV ZR 221/69, BGHZ 59, 132, 135 f.; vom 1. Februar 1995 - IV ZR 36/94, NJW 1995, 1349 unter 2; vom 6. März 1996 - IV ZR 374/94, NJW-RR 1996, 754 unter II 2 a). Hierfür sind nicht nur die objektiven Werte der Leistungen, sondern vor allem auch die Wertspannen zu berücksichtigen, innerhalb derer die Vertragsparteien den Wert der Leistungen auch unter Berücksichtigung der Beziehung, in der sie zueinander stehen, in einer noch vertretbaren Weise hätten annehmen können (vgl. BGH, Urteile vom 27. Mai 1981 - IVa ZR 132/80, NJW 1981, 2458 unter I; vom 23. September 1981 - IVa ZR 185/80, BGHZ 82, 274, 281 f.; vom 18. Mai 1990 - V ZR 304/88, WM 1990, 1790 zu Grundstück E. unter 2 b). Schon deshalb gibt es für dieses Missverhältnis keinen mathematisch errechenbaren, allgemein gültigen Schwellenwert. Auch unter diesem Gesichtspunkt trifft daher die Annahme des Berufungsgerichts nicht zu, eine gemischte Schenkung sei nur festzustellen, wenn die Zuwendung des Schenkers den doppelten Wert der Gegenleistung erreiche.
9
b) Zu Unrecht nimmt das Berufungsgericht an, bei der Frage, ob eine Schenkung vorliege, sei der Nießbrauch nicht zu berücksichtigen. Tatsächlich mindern dingliche Belastungen und damit auch ein vorbehaltener Nießbrauch von vornherein den Wert eines schenkungsweise zugewendeten Grundstücks und sind daher bei der Berechnung des Werts in Abzug zu bringen (Senatsurteil vom 6. März 1996 - IV ZR 374/94, ZEV 1996, 197 unter II 2 b; BGH, Urteile vom 11. April 2000 - X ZR 246/98, NJ 2000, 598 unter 1 d; vom 7. April 1989 - V ZR 252/87, BGHZ 107, 156, 159 f.). An dieser Rechtsprechung ist auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Revisionserwiderung festzuhalten. Anders als die Revisionserwiderung meint, kommt es auf die Wertungen des § 2325 BGB hier nicht an, da sich die dortigen Fragen (Niederstwertprinzip des § 2325 Abs. 2 BGB, Zehnjahresfrist des § 2325 Abs. 3 Satz 2 BGB) bei § 2287 BGB nicht stellen.

(1) Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Beschenkten.

(2) Ist die Schenkung widerrufen, so kann die Herausgabe des Geschenks nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung gefordert werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 246/98 Verkündet am:
11. April 2000
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. April 2000 durch den Richter Dr. Jestaedt als Vorsitzenden,
die Richter Dr. Melullis, Scharen, Keukenschrijver und die Richterin Mühlens

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das am 22. Oktober 1998 verkündete Urteil des 5. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin war Eigentümerin des in C., R. 16, gelegenen Hausgrundstücks. Das Haus wurde von der Klägerin und einer Frau M. in Wohngemeinschaft bewohnt.

Am 26. November 1992 schlossen sie mit den Beklagten einen als "Grundstücksüberlassungsvertrag" bezeichneten notariellen Vertrag. Hierin verpflichtete sich die Klägerin, den Beklagten das in ihrem Eigentum stehende Grundstück zu "schenken". Ferner wurde ein "lebenslanges und unentgeltliches Altenteilsrecht im übertragenen Grundbesitz" vereinbart. Es sollte ein Wohnrecht an näher bezeichneten Räumlichkeiten in dem Haus zugunsten der Klägerin und Frau M. umfassen; darüber hinaus verpflichteten sich die Beklagten , "die Berechtigten im Falle der Pflegebedürftigkeit im Hause zu versorgen oder die Versorgung zu gewährleisten und nicht gegen ihren Willen den Umzug in ein Alters- oder Pflegeheim zu betreiben". Die Klägerin behielt sich schließlich "den Widerruf der Schenkung" unter anderem für den Fall vor, daß die Beklagten ihre "Verpflichtungen aus dem Altenteilsrecht nachhaltig grob" verletzten. Im Falle des Widerrufs sollte die Klägerin berechtigt sein, von den Beklagten "die unentgeltliche, kosten- und steuerfreie Rückübertragung des unbelasteten Grundbesitzes zu verlangen".
Nachdem die Beklagten in der Folgezeit als Eigentümer im Grundbuch eingetragen worden waren, ergänzten die Parteien die getroffenen Vereinbarungen. In der notariellen Urkunde vom 12. Dezember 1994 erklärten sie "zur Klarstellung der dem Sinn des Vertrages zugrundeliegenden Regelung der Kostentragung" unter anderem, daß die Klägerin und Frau M. die Kosten für die eigene Versorgung mit den täglichen Lebensmitteln und Bedarfsgegenständen sowie Bekleidung, Heizkosten etc. tragen sollten, während die Kosten der Betreuung im Falle der Pflegebedürftigkeit der Klägerin oder Frau M. (Haushaltshilfe und Pflegehilfe) von den Beklagten zu übernehmen seien. Diesen sollte
es freistehen, die Pflege selbst zu übernehmen oder durch Dritte ausführen zu lassen.
In der Zeit von September 1993 bis Juli 1994 bauten die Beklagten im Obergeschoß des Hauses eine Wohnung aus, die sie Mitte 1994 bezogen. Bis Herbst 1994 wurden die von der Klägerin und Frau M. genutzten Räumlichkeiten von den Beklagten modernisiert.
Jedenfalls ab Oktober 1994 war Frau M. in vollem Umfange pflegebedürftig.
Mit Schreiben vom 15. November 1994 ließ die Klägerin durch ihren damaligen Rechtsanwalt den Beklagten eine Frist bis zum 16. Dezember 1994 zur Erfüllung des notariellen Vertrages setzen, weil das Altenteilsrecht von den Beklagten noch immer nicht so gewährt werde, wie es vertraglich festgelegt sei; "bei Nichtänderung der Pflegesituation" durch die Beklagten - so hieß es weiter - werde von dem Recht zum Widerruf Gebrauch gemacht.
Seit Mitte November 1994 war die - schwangere - Beklagte zu 2 krankgeschrieben und ganztägig im Hause. Jedenfalls seit Mitte Dezember 1994 wurde Frau M. - zumindest gelegentlich - von dem Beklagten zu 1 ausgekleidet und ins Bett gehoben; die Beklagten entfalteten insgesamt ein "Mehr" an Hilfeleistungen. Seit dem 8. Februar 1995 wurde eine Hauskrankenpflege tätig, die noch im gleichen Monat durch den Beklagten zu 1 für die Wochenenden wieder abbestellt wurde. Die Kosten für den Pflegedienst wurden von der Krankenkasse getragen.
Mit Wirkung vom 1. Mai 1995 lehnte die Klägerin die Erbringung weiterer Pflegeleistungen durch die Beklagten ab. Unter dem 2. Mai 1995 ließ sie durch ihren Rechtsanwalt unter Hinweis auf das vertraglich eingeräumte Recht den Widerruf der Schenkung und ein Wohnungsverbot aussprechen. Später ließ sie die Schenkung auch wegen groben Undanks widerrufen.
Die Klägerin verlangt die Rückübertragung des Hausgrundstücks, weil die Beklagten ihren vertraglichen Verpflichtungen zur Leistung von Pflegediensten gegenüber Frau M. nicht nachgekommen seien; soweit die Beklagten Pflegeleistungen erbracht hätten, sei dies nur widerwillig, sporadisch und ohne "Überzeugung" erfolgt. Zur Begründung hat die Klägerin - in der zweiten Instanz - ferner geltend gemacht, von den Beklagten beschimpft und mißhandelt worden zu sein.
Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter, die Beklagten zu verurteilen , das Grundstück unentgeltlich, kosten- und steuerfrei sowie - mit Ausnahme eines Graben- und des zugunsten der Klägerin bestellten Altenteilsrechts - frei von eingetragenen Lasten aufzulassen und die Eintragung der Klägerin als Eigentümerin im Grundbuch zu bewilligen. Die Beklagten sind dem Rechtsmittel entgegengetreten.

Entscheidungsgründe:


Das zulässige Rechtsmittel führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. a) Das Berufungsgericht ist der Ansicht, daß sich der geltend gemachte Anspruch auf Rückübertragung des Grundstücks nicht auf §§ 530, 531 Abs. 1, Abs. 2 in Verbindung mit § 812 BGB stützen lasse. Die Klägerin könne die Zuwendung nicht wegen groben Undanks widerrufen, weil nach dem Willen der Parteien ein überwiegend unentgeltliches Geschäft nicht gegeben gewesen sei. Der Wert des Hausgrundstücks, der mit 300.000,-- DM zu bemessen sei, sei durch das zu dem Altenteilsrecht gehörende Wohnungsrecht gemindert, das mit 96.000,-- DM anzusetzen sei; die Pflegeleistungen, zu deren Erbringung sich die Beklagten im Rahmen des Altenteilsrechts ferner verpflichtet hätten, stellten dagegen eine Gegenleistung der Beklagten dar, die ausgehend von den monatlichen Kosten einer Pflegekraft einen Wert von 240.000,-- DM habe, so daß die Gegenleistung die Zuwendung wertmäßig übersteige.
Dies trägt im rechtlichen Ausgangspunkt der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung Rechnung, wonach im Falle groben Undanks der in § 531 Abs. 2 BGB eingeräumte Anspruch nur dann auf Rückübertragung des überlassenen Gegenstandes geht, wenn es sich bei dem widerrufenen Geschäft um eine - zumindest gemischte - Schenkung handelte, bei der, soweit eine Gegenleistung in Betracht kommt, der unentgeltliche Charakter des Geschäfts überwog, was dann anzunehmen ist, wenn der Wert der Gegenleistung weniger als die Hälfte des effektiven Wertes des Geschenkes betrug (Sen.Urt.
v. 19.01.1999 - X ZR 42/97, NJW 1999, 1626, 1627 m.w.N.). Auch die Anwendung dieser Grundsätze auf den konkreten Fall läßt Rechtsfehler nicht erkennen.

b) Entgegen der Rüge der Revision hat das Berufungsgericht nicht verkannt , daß in dem Vertrag vom 26. November 1992 im Zusammenhang mit der Grundstücksübertragung von einer "Schenkung" die Rede war und die Parteien die Grundstücksübertragung als Schenkung behandelt wissen wollten. In dem angegriffenen Urteil wird ausdrücklich ausgeführt, daß die Parteien jedenfalls eine teilweise Unentgeltlichkeit der Leistung der Klägerin gewollt hätten, weil das Grundstück ausdrücklich schenkweise habe überlassen werden sollen.

c) Zu Unrecht bemängelt die Revision, das Berufungsgericht habe bei der Bewertung des Hausgrundstücks mit nur 300.000,-- DM die Denkgesetze und die allgemeine Lebenserfahrung außer acht gelassen. In ihrer Berufungsbegründung hatte die Klägerin selbst - von den Beklagten unbestritten - vorgetragen , daß der Bodenrichtwert für C. bei 230,-- DM/m² gelegen habe, woraus sich für das 932 m² große Grundstück ein Bodenwert von 214.316,-- DM errechne ; unter Berücksichtigung der damaligen Bebauung betrage der Wert des Hausgrundstücks deshalb mindestens 300.000,-- DM. Hiermit steht die Bewertung des Berufungsgerichts im Einklang. Die von ihm herangezogenen veröffentlichten Bodenrichtwerttabellen bestätigten, daß die Bodenpreise in C. bei ca. 230,-- DM/m² lagen. Es war eine vertretbare Ausübung des dem Tatrichter durch § 287 ZPO eingeräumten Bewertungsspielraums, sich auch ansonsten nach der Wertangabe der Klägerin zu richten.

d) Ebensowenig kann der Meinung der Revision beigetreten werden, das Berufungsgericht sei an die im Vertrag vom 26. November 1992 angegebenen Werte gebunden, weshalb der Wert des Altenteils auf 3.600,-- DM jährlich habe bemessen werden müssen. Denn im Rahmen der hier vorzunehmenden Bewertung kommt es auf die objektiven Werte an. Erst wenn sich eine objektive Bereicherung des Zuwendungsempfängers ergibt, bedarf es - zur Feststellung , ob eine gemischte Schenkung vorliegt (BGH, Urt. v. 14.02.1993 - XII ZR 232/91, FamRZ 1993, 1047, 1048) - der weiteren Prüfung, ob die Parteien um die Wertdifferenz zwischen Zuwendung und Gegenleistung wußten und wollten, daß der nicht durch die Gegenleistung abgegoltene Teil dem Zuwendungsempfänger unentgeltlich zugewandt wird. Bei der Feststellung des objektiven Wertes der Zuwendung können Wertangaben, welche die Parteien im Schenkungsvertrag gemacht haben, nicht den Ausschlag geben.
Da der Wert eines zugewendeten Grundstücks um den dinglicher Belastungen zu mindern ist (BGHZ 107, 156; Sen.Urt. v. 19.01.1999 - X ZR 42/97, NJW 1999, 1626, 1627), und da weitere Rügen gegen die tatrichterliche Bewertung des als Bestandteil des Altenteilrechts versprochenen und vom Berufungsgericht zu Recht als beschränkte persönliche Dienstbarkeit übernommen angesehenen Wohnrechts mit 96.000,-- DM nicht erhoben sind, hat das Berufungsgericht nach allem ohne Rechtsfehler den Wert der Zuwendung, welche die Beklagten erhalten haben, mit insgesamt 202.000,-- DM festgestellt.

e) Ohne Erfolg beanstandet die Revision die Berechnung des Wertes der Pflegeleistung durch das Berufungsgericht, wobei sowohl verkannt worden sei, daß Frau M. nicht fünf Jahre lang ein Pflegefall gewesen sei und Pflegelei-
stungen bei der Klägerin bisher nicht angefallen seien, als auch die Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung übersehen worden seien.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Berechnung des Wertes der von den Beklagten vertraglich versprochenen Pflegeleistungen ist der Vertragsabschluß. Am 26. November 1992 wie am 12. September 1994, als die Parteien die Verpflichtung zu Pflegeleistungen präzisiert haben, war nicht absehbar, in welchem Umfang Frau M. und die Klägerin pflegebedürftig sein und Pflegeleistungen in Anspruch nehmen würden. Die tatsächlich bisher in Anspruch genommenen Leistungen konnten deshalb nicht entscheidend sein. Das Berufungsgericht mußte vielmehr mit Prognosen arbeiten. Das ist geschehen. Das Berufungsgericht ist aufgrund der Sterbetafel von einer Lebenserwartung der Klägerin bei Vertragsabschluß von ca. 20 Jahren und bei Frau M. von ca. 7 Jahren ausgegangen. Die Zeit der voraussichtlichen Pflegebedürftigkeit hat es sodann mit jeweils fünf Jahren bemessen. Auch die Revision zeigt nicht auf, was hieran rechtsfehlerhaft sein könnte. Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung konnten schon deshalb nicht berücksichtigt werden, weil die gesetzliche Pflegeversicherung erst nach Vertragsabschluß eingeführt worden ist.

f) Vergeblich beanstandet die Revision auch, daß das Berufungsgericht in der Verpflichtung der Beklagten zur Erbringung von Pflegeleistungen eine Gegenleistung für die Zuwendung der Klägerin und insoweit keine Auflage gemäß § 525 BGB gesehen hat.
Die Auffassung des Berufungsgerichts beruht auf einer Auslegung dessen , was die Parteien nach den Umständen des Falls als gewollt erklärt haben. Eine vom Tatrichter vorgenommene Auslegung darf vom Revisionsgericht je-
doch nur beanstandet werden, wenn der Tatrichter gegen gesetzlich oder allgemein anerkannte Auslegungsgrundsätze, die Denkgesetze oder allgemein anerkannte Erfahrungssätze verstoßen hat oder verfahrensfehlerhaft vorgegangen ist (st. Rspr., vgl. z.B. Sen.Urt. v. 25.02.1992 - X ZR 88/90, NJW 1992, 1967, 1968). Einen solchen Fehler zeigt die Revision nicht auf.

g) Da nach allem der Zuwendung der Klägerin mit einem Wert von 202.000,-- DM eine von den Beklagten versprochene Gegenleistung im Wert von 240.000,-- DM gegenübersteht, kann das Herausgabeverlangen der Klägerin mangels objektiver Bereicherung der Beklagten nicht auf § 531 Abs. 2 BGB gestützt werden, selbst wenn den Beklagten grober Undank anzulasten ist. Es bedeutet deshalb entgegen der Meinung der Revision auch keinen Begründungsmangel , daß das Berufungsgericht insoweit nicht auf das Vorbringen der Klägerin eingegangen ist, wonach einer der Beklagten die Klägerin am 22. Juni 1996 grob beleidigt und sowohl am 30. Juli 1996 als auch am 20. April 1997 tätlich angegriffen haben soll.
2. Das Berufungsgericht hat den in dem Vertrag vom 26. November 1992 vorgesehenen Vorbehalt zwar als Vereinbarung eines vertraglichen Rücktrittsrechts gewertet, aber gemeint, daß auch ein Rückgewähranspruch gemäß § 346 BGB der Klägerin nicht zustehe, weil nicht festgestellt werden könne, daß die Beklagten in der Zeit vom 17. Dezember 1994 bis 30. April 1995 ihre im Rahmen des Altenteilsrechts übernommene Verpflichtung zur Pflegeleistung nachhaltig grob verletzt hätten.

a) Auf diesen Zeitraum hat das Berufungsgericht abgestellt, weil die Klägerin sich ab dem 1. Mai 1995 die Erbringung sämtlicher Versorgungslei-
stungen durch die Beklagten verbeten habe und weil sie angesichts der mit Anwaltsschreiben vom 15. November 1994 gesetzten Frist durch das Verbot des widersprüchlichen Verhaltens gehindert sei, sich auf vor Ablauf der Frist begangenes vertragswidriges Verhalten der Beklagten zu berufen.
Das läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen. Vergeblich verweist die Revision demgegenüber darauf, daß sich die Pflegeverpflichtung der Beklagten bereits aus dem notariellen Vertrag vom 26. November 1992 ergeben habe. Denn das ändert nichts daran, daß es als widersprüchlich angesehen werden kann, wenn die Klägerin, nachdem sie den Beklagten eine Frist zur Erfüllung ihrer Verpflichtung zur Erbringung von Pflegeleistungen gesetzt hat, den Rücktritt mit Verletzungen dieser Verpflichtung begründete, die vor Fristablauf vorgekommen sind. Erkennbarer Zweck der Fristsetzung vom 15. November 1994 war es gerade, das Vertragsverhältnis fortzusetzen, wenn die Beklagten ihrer Verpflichtung in Zukunft nachkommen würden. Damit wäre es nicht vereinbar, für die Voraussetzungen des Rücktrittsrechts auf die Zeit vor Fristablauf zurückzugreifen.

b) Eine nachhaltig grobe Pflichtverletzung durch die Beklagten in der maßgeblichen Zeit hat das Berufungsgericht nicht feststellen können, weil sowohl die seit dem 8. Februar 1995 erfolgte Hinzuziehung des Pflegedienstes als auch der Umstand, daß für diese Hauskrankenpflege die Krankenkasse aufgekommen und die Beklagten Kosten hierfür bislang nicht aufgewendet hätten, schon einen groben Verstoß nicht darstellten und weil das Gericht im übrigen die Überzeugung gewonnen habe, daß die im Rahmen der ergänzend durchgeführten Beweisaufnahme vernommene Zeugin A. S. die Wahrheit gesagt habe, als sie unter Angabe einzelner Betreuungsleistungen der Beklagten
aus eigenem Erleben bekundet habe, die Beklagten hätten bei der Pflege von Frau M. alles getan, was sie nach den Umständen hätten tun können.
Auch das liegt im Rahmen der dem Tatrichter vorbehaltenen Würdigung und läßt Rechtsfehler nicht erkennen.
aa) In Anbetracht der nachträglichen Vereinbarung vom 12. September 1994 sollte die Verpflichtung der Beklagten darin bestehen, die Kosten der Betreuung (Haushaltshilfe und Pflegehilfe) im Falle der Pflegebedürftigkeit an der Person oder für die Person der Klägerin und/oder der Frau M. zu tragen, wobei den Beklagten freistehen sollte, die Pflege selbst zu übernehmen oder durch Dritte ausführen zu lassen. Das bedeutet zum einen, daß Dritte hinzugezogen werden durften, ohne eine Pflichtverletzung zu begehen, zum anderen freilich auch, daß die Beklagten an ihrer Stelle tätige Dritte zu bezahlen hatten. Die Mißachtung dieser Pflicht, was die Betreuung von Frau M. durch eine außenstehende Krankenhilfe anlangt, mußte aber nicht als grobe Pflichtverletzung angesehen werden, weil Zweck der Abrede der Parteien war bzw. ist, eine für die Klägerin und Frau M. kostenfreie Pflege zu gewährleisten und Frau M. diese ab 8. Februar 1995 auch tatsächlich erhalten hat; das tatsächliche Geschehen in dieser Zeit weicht von dem Vereinbarten praktisch nur dadurch ab, daß die Beklagten in Anbetracht des Eintritts der Krankenkasse bislang vermeidbare Kosten erspart haben.
bb) Die gegen die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts gerichteten Rügen der Revision hat der Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet (§ 565 a ZPO).
3. Das Berufungsgericht hat schließlich gemeint, die Klage sei auch nicht wegen Kündigung aus wichtigem Grund gerechtfertigt. Bei der Pflegeverpflichtung der Beklagten handele es sich um ein Dauerschuldverhältnis, das durch außerordentliche Kündigung beendet werden könne, insbesondere dann, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien endgültig zerstört sei. Aufgrund der gerichtlichen Auseinandersetzung könne hiervon zwar ausgegangen werden; der Klägerin sei eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses jedoch zumutbar, weil die Beklagten ihrer Pflegeverpflichtung auch dadurch nachkommen könnten, daß sie die Dienste Dritter in Anspruch nähmen, zumal mangels anderweiter Darlegungen nicht davon ausgegangen werden könne, daß die Zerrüttung des Verhältnisses der Parteien allein auf ein Verschulden der Beklagten zurückzuführen sei.
Demgegenüber verweist die Revision darauf, daß das vereinbarte Altenteilsrecht auch das Wohnrecht der Klägerin umfasse. Aufgrund des bisherigen Prozeßverhaltens der Beklagten und deren Tätlichkeiten und Beleidigungen , die ebenfalls berücksichtigt werden müßten, sei es der Klägerin nicht mehr zumutbar, mit den Beklagten weiterhin "unter einem Dach" zu wohnen.
Diese Rüge der Revision führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Die Kündigung eines Vertragsverhältnisses hat regelmäßig nur die Folge , daß das Vertragsverhältnis für die Zukunft aufgelöst wird. Bereits erbrachte Leistungen sind nicht zurückzugewähren (BGHZ 73, 350, 354; RGZ 90, 328, 330). Dies trägt dem Umstand Rechnung, daß bei reinen Dauerschuldverhältnissen eine Rückabwicklung faktisch oft nicht mehr durchgeführt werden kann
und deshalb Auseinandersetzungen hierüber vermieden werden müssen. Da die vom Berufungsgericht als Kündigung gewerteten Widerrufserklärungen der Klägerin ersichtlich gleichwohl zur Rückauflassung des Hausgrundstücks führen sollten, hätte das Berufungsgericht unter diesen Umständen erwägen müssen , ob ihnen und der Klage nicht auch die Berufung auf ein anderes Rechtsinstitut zugrunde liegt, das eine solche Rechtsfolge ermöglicht. Dies war hier um so mehr geboten, als das Berufungsgericht eine Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zwischen den Parteien angenommen hat und nach der Rechtsprechung ein Wegfall der Geschäftsgrundlage in Betracht zu ziehen ist, wenn bei einem Vertrag mit Versorgungsvereinbarung diese Abrede auf eine dauerhafte , vom gegenseitigen Vertrauen der Vertragsparteien getragene Beziehung angelegt ist und dieses Vertrauensverhältnis heillos zerstört ist (BGH, Urt. v. 20.03.1981 - V ZR 152/79, DB 1981, 1615). Obwohl einem Wegfall der Geschäftsgrundlage in erster Linie durch eine sachgerechte Anpassung des beeinträchtigten Schuldverhältnisses Rechnung zu tragen ist (st. Rspr., vgl. etwa BGHZ 47, 52), kann nämlich ein solches Geschehen im Einzelfall auch zu einem nach den Regeln des Bereicherungsrechts zu behandelnden (BGHZ 109, 144) Anspruch auf Rückabwicklung führen, dann nämlich, wenn gerade dies zur Vermeidung untragbarer, mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin unvereinbarer Folgen unabweisbar erscheint (vgl. BGHZ 133, 316, 321 m.w.N.).
Das Berufungsgericht wird deshalb den Sachverhalt auch unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt aufzuklären und zu würdigen haben. Es wird dabei - wie die Revision zu Recht geltend macht - nicht wie bisher allein die Erbringung der Pflegeleistungen in den Blick nehmen dürfen. Auch die Nutzung des Wohnrechts und die sich hieraus ergebenden Beziehungen der Parteien wird es zu berücksichtigen haben, weil auch sie das Vertrags- und Vertrauensver-
hältnis der Parteien bestimmen. In diesem Zusammenhang kann entscheidende Bedeutung vor allem dem bisher vom Berufungsgericht unbeachtet gelassenen Vorbringen der Klägerin zukommen, auf das sich die Revision ausdrücklich bezogen hat. Danach soll der Beklagte zu 1 die Klägerin nicht nur beleidigt haben, indem er ihr gegenüber am 22. Juni 1996 geäußert haben soll, es werde Zeit, daß "die alte Kuh" eine andere Bleibe finde und endlich von hier verschwinde ; vor allem soll der Beklagte zu 1 die Klägerin unter anderem am 20. April 1997 auf die linke Gesichtshälfte geschlagen haben, so daß sie hingefallen sei und sich verletzt habe, was das Amtsgericht P. mit einem Strafbefehl wegen Körperverletzung über 20 Tagessätze à 50,-- DM geahndet habe. Auch wenn sich das Vorbringen der Klägerin zu Tätlichkeiten und Beleidigungen als richtig erweist, wird in Erwägung gezogen werden müssen, ob lediglich eine Anpassung des Vertragsverhältnisses etwa dahin notwendig ist,
daß die Beklagten zum Auszug aus dem Haus und - sobald die Klägerin pflegedürftig wird - zur Einschaltung eines Pflegedienstes verpflichtet werden, oder ob es unabweisbar ist, daß die Beklagten den Besitz oder das Eigentum an dem Hausgrundstück auf die Klägerin zurückübertragen.
Jestaedt Melullis Scharen Keukenschrijver Mühlens
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c) Maßgebliche Bedeutung kommt indessen dem Verhältnis zwischen dem Wert der Zuwendung und dem Wert der Gegenleistung zu. Besteht hierbei eine auffallende, über ein geringes Maß deutlich hinausgehende Diskrepanz , dann begründet dies im Einklang mit der Lebenserfahrung die tatsächliche ,widerlegbare Vermutung für einen Schenkungswillen der Vertragsparteien (vgl. BGH, Urteile vom 21. Juni 1972 - IV ZR 221/69, BGHZ 59, 132, 135 f.; vom 1. Februar 1995 - IV ZR 36/94, NJW 1995, 1349 unter 2; vom 6. März 1996 - IV ZR 374/94, NJW-RR 1996, 754 unter II 2 a). Hierfür sind nicht nur die objektiven Werte der Leistungen, sondern vor allem auch die Wertspannen zu berücksichtigen, innerhalb derer die Vertragsparteien den Wert der Leistungen auch unter Berücksichtigung der Beziehung, in der sie zueinander stehen, in einer noch vertretbaren Weise hätten annehmen können (vgl. BGH, Urteile vom 27. Mai 1981 - IVa ZR 132/80, NJW 1981, 2458 unter I; vom 23. September 1981 - IVa ZR 185/80, BGHZ 82, 274, 281 f.; vom 18. Mai 1990 - V ZR 304/88, WM 1990, 1790 zu Grundstück E. unter 2 b). Schon deshalb gibt es für dieses Missverhältnis keinen mathematisch errechenbaren, allgemein gültigen Schwellenwert. Auch unter diesem Gesichtspunkt trifft daher die Annahme des Berufungsgerichts nicht zu, eine gemischte Schenkung sei nur festzustellen, wenn die Zuwendung des Schenkers den doppelten Wert der Gegenleistung erreiche.

(1) Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Beschenkten.

(2) Ist die Schenkung widerrufen, so kann die Herausgabe des Geschenks nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung gefordert werden.

Der Widerruf ist ausgeschlossen, wenn der Schenker dem Beschenkten verziehen hat oder wenn seit dem Zeitpunkt, in welchem der Widerrufsberechtigte von dem Eintritt der Voraussetzungen seines Rechts Kenntnis erlangt hat, ein Jahr verstrichen ist. Nach dem Tode des Beschenkten ist der Widerruf nicht mehr zulässig.

Die Entscheidung braucht nicht begründet zu werden, soweit das Revisionsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 547.

(1) Eine Schenkung kann widerrufen werden, wenn sich der Beschenkte durch eine schwere Verfehlung gegen den Schenker oder einen nahen Angehörigen des Schenkers groben Undanks schuldig macht.

(2) Dem Erben des Schenkers steht das Recht des Widerrufs nur zu, wenn der Beschenkte vorsätzlich und widerrechtlich den Schenker getötet oder am Widerruf gehindert hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 270/02 Verkündet am:
11. Oktober 2005
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Oktober 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den
Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter Prof. Dr. MeierBeck
und Asendorf

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das am 4. Dezember 2002 verkündete Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist die Mutter des Beklagten. Sie macht mit ihrer Klage Rückforderungsansprüche nach dem Widerruf von Schenkungen geltend. Der Beklagte war im Jahre 1977 von seinen Eltern unter Entziehung des Pflichtteils enterbt worden, nachdem er wegen einer gegen seine Eltern gerichteten Körperverletzung rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden war.

2
Nach dem Tod des Vaters übertrug die Klägerin im Jahre 2002 dem Beklagten das Eigentum an zwei Grundstücken und ihren Miteigentumsanteil an einem Wohnungseigentum. Sie behielt sich daran lebenslangen Nießbrauch vor. Außerdem gab die Klägerin dem Beklagten in den Jahren 1999 und 2000 insgesamt 20.000,-- DM; 3.000,-- DM hat der Beklagte an die Klägerin zurückgezahlt.
3
Seit dem Jahre 2000 kam es immer wieder zu heftigen Auseinandersetzung zwischen dem Beklagten einerseits und seinen Schwestern und deren Familien andererseits. Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 12. Dezember 2000 erklärte die Klägerin den Widerruf der Schenkung des Grundbesitzes sowie die "Kündigung der Darlehen" in Höhe von restlichen 17.000,-- DM. Als Grund für den Widerruf der Schenkung führte sie einen Vorfall an, der sich im November 2000 ereignet hatte. Der Beklagte öffnete an diesem Tag die Garage des Anwesens, in dem sich die von seiner Mutter bewohnte Eigentumswohnung befindet. Er hatte zu der Garage keinen Schlüssel. Es befanden sich dort Geräte, die nach einer von der Klägerin unterschriebenen Liste zusammen mit den Grundstücken dem Beklagten übertragen werden sollten.
4
In der mündlichen Verhandlung erster Instanz sprach die Klägerin erneut den Widerruf der Schenkungen aus und stützte diesen nunmehr auf zwei weitere Vorfälle im Gerichtsgebäude und im Café "J. ".
5
Nach Darstellung der Klägerin sollen sich diese wie folgt zugetragen haben :
6
Vor dem Termin am 25. Juli 2001 habe der Beklagte auf dem Gerichtsflur geäußert: "Da drüben steht sie, die verlogene Saubrut. Da steht sie, die alte Hexe." Außerdem habe der Beklagte seinen kleinen Sohn aufgefordert, der Klägerin ein Spielzeugauto an den Kopf zu werfen.
7
Vor dem Gerichtstermin am 27. August 2001 habe der Beklagte im Café "J. " die Klägerin als Lügnerin bezeichnet und ihr Prügel angedroht.
8
Der Beklagte ist dem Klagebegehren entgegengetreten. Er hat die Auffassung vertreten, dass die Übergabe des Grundbesitzes nicht unentgeltlich erfolgt sei, da er Grundpfandrechte übernommen und sich die Übergabe auf den künftigen Pflichtteilsanspruch habe anrechnen lassen. Außerdem habe er jahrelang Arbeitsleistungen in Haus und Garten erbracht. Die Beträge von jeweils 10.000,-- DM, insgesamt 20.000,-- DM, seien ihm geschenkt worden. Zu den Vorfällen, auf die die Klägerin den Schenkungswiderruf gestützt hat, hat der Beklagte behauptet, es habe sich um Auseinandersetzungen mit der Familie seiner Schwester gehandelt; er sei von seinem Schwager provoziert worden und habe sich gegen Schwester und Schwager zur Wehr gesetzt.
9
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, die Berufung des Beklagten ist ohne Erfolg geblieben.
10
Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


11
Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision.
12
1. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin habe dem Beklagten sowohl die Grundstücke als auch den Geldbetrag geschenkt. Das wird von der Revision nicht angegriffen und lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
13
Ein Widerruf der Schenkungen wegen groben Undanks nach § 530 BGB a.F. durch die Klägerin sei berechtigt gewesen. Eine schwere Verfehlung im Sinne des § 530 Abs. 1 BGB a.F. setze objektiv ein gewisses Maß an Schwere der Verfehlung voraus und subjektiv eine tadelnswerte Gesinnung, die einen Mangel an Dankbarkeit gegenüber dem Schenker erkennen lasse. Dieser rechtliche Ausgangspunkt trifft zu. Er entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (BGHZ 145, 35, 38 m.w.N.).
14
Das Berufungsgericht hat weiter angenommen, die nachgewiesenen Vorfälle , nämlich die Handlungsweise des Beklagten im November 2000 in der Garage sowie das fortgesetzte schwer beleidigende Verhalten im Verlaufe des Prozesses, auf das sich die Klägerin als Widerrufsgrund berufen könne, nachdem sie eine entsprechende Erklärung in der mündlichen Verhandlung vom 16. Oktober 2001 abgegeben habe, rechtfertigten einen Widerruf der Schenkungen wegen groben Undanks. Der grobe Undank müsse sich nicht in nur einer einzigen Verfehlung äußern, sondern könne sich auch aus mehreren - für sich allein eventuell nicht ausreichenden - Teilakten ergeben, die in ihrer Gesamtheit von einer grob undankbaren Gesinnung zeugten. Damit hat das Beru- fungsgericht die beiden Vorfälle am 25. Juli 2001 und am 27. August 2001 in seine Würdigung einbezogen.
15
Ob ein Verhalten einen erkennbaren Mangel an Dankbarkeit zum Ausdruck bringt, der als grober Undank gegenüber dem Schenker anzusehen ist, unterliegt der tatrichterlichen Bewertung. Das Revisionsgericht kann nur überprüfen , ob dem angefochtenen Urteil ein Irrtum über den Rechtsbegriff des groben Undanks zu entnehmen ist und ob das Berufungsgericht von der Revision aufgezeigten erheblichen Prozessstoff übergangen hat (Sen.Urt. v. 19.01.1999 - X ZR 60/97, NJW 1999, 1623). Die Feststellung, ob grober Undank des Beschenkten gegenüber dem Schenker gegeben ist, verlangt eine Prüfung aller Umstände des Falls (Sen., aaO, 1624; BGHZ 91, 273, 278, st. Rspr.). Dies setzt voraus, dass das Berufungsgericht den Prozessstoff erschöpfend gewürdigt hat und allen zulässigen Beweisanträgen nachgegangen ist. Diesen Anforderungen ist das Berufungsgericht nicht nachgekommen.
16
Zu dem Verhalten vor dem ersten Termin beim Landgericht H. am 25. Juli 2001 hat das Berufungsgericht ausgeführt, die erstinstanzlich durchgeführte Beweisaufnahme habe ergeben, dass der Beklagte auf dem Flur des Landgerichts H. die Klägerin - neben seiner Schwester und deren Ehemann - als "Saubrut" bezeichnet habe und dass er seinen kleinen Sohn aufgefordert habe, der "alten Hexe" ein Spielzeugauto an den Kopf zu werfen. In dieser unbeherrschten Handlungsweise sei das "schwerwiegendste und deutlichste" Fehlverhalten des Beklagten gegenüber der Klägerin zu sehen, mit dem er seine undankbare Gesinnung und Missachtung gezeigt habe und auch objektiv in unerträglicher Weise seinen Undank zum Ausdruck gebracht habe. Es komme dabei nicht darauf an, ob die Klägerin die Beleidigung selbst unmittelbar vernommen habe oder ob sie den Sachverhalt lediglich durch die in Hörweite befindlichen Zeugen erfahren habe. Mit der Bezeichnung "alte Hexe" sei, jedenfalls nach dem Empfängerhorizont der Klägerin, diese gemeint gewesen. Der Beklagte habe gewusst, dass er seine Mutter mit der Aufforderung an seinen Sohn, der "alten Hexe" ein Spielzeugauto an den Kopf zu werfen, besonders tief und nachhaltig treffen werde, gleichgültig ob sie diese Worte selbst habe hören können oder nicht. Entgegen der Auffassung des Beklagten müsse sich die Klägerin nicht bereits deswegen, weil sie in Begleitung ihrer Tochter und ihres Schwiegersohnes zum Gericht gegangen sei, deren eventuelle Beleidigungen zurechnen lassen.
17
Zu dem Vorfall am 27. August 2001 im Café "J. " hat das Berufungsgericht festgestellt, dass der Beklagte in dem öffentlichen Lokal gegenüber seinem Schwager, an dessen Tisch auch die Klägerin gesessen habe, verbal so aggressiv und laut geworden sei, dass Außenstehende darauf aufmerksam geworden seien. Zwar könne allein eine - auch heftige - Auseinandersetzung zwischen Familienangehörigen, in die der Schenker miteinbezogen werde, nicht als eine schwere Verfehlung gegenüber dem Schenker angesehen werden. Allerdings sei der Vorfall im Café "J. " weit über eine Auseinandersetzung zwischen dem Beklagten und seinem Schwager bzw. seiner Schwester hinausgegangen. Selbst wenn man unterstelle, dass der Beklagte von seinem Schwager provoziert worden sei, verbleibe es bei der Aussage der Zeugin M. , dass der Beklagte am Tisch der Klägerin laut geschrieen habe. Der Beklagte habe gesagt, dass er sie "bis an die E. runterprügeln" würde. Für einen unbeteiligten Außenstehenden habe sich zwar nicht ergeben, wer damit gemeint gewesen sei. Selbst wenn der Beklagte jedoch damit seine Schwester oder seinen Schwager gemeint haben sollte, habe er durch seine Verhaltensweise in beleidigender Weise zumindest auch seiner Mutter gegenüber Nicht- und Missachtung dadurch zum Ausdruck gebracht, dass er im Verlaufe dieser Auseinandersetzung öffentlich an einem Tisch, der mit mehreren Personen besetzt gewesen sei, einer der Klägerin nahestehenden Person Prügel angedroht habe.

18
Zu beiden Vorfällen hat das Berufungsgericht die Zeugin … L. nicht gehört. Es hat offen gelassen, ob der entsprechende Beweisantrag des Beklagten rechtzeitig gestellt worden ist. Auf das vorliegende Verfahren ist gemäß § 26 Nr. 5 EGZPO das vor dem 1. Januar 2002 geltende Zivilprozessrecht anzuwenden. Danach ist jedenfalls für die Revisionsinstanz ohne weitere Feststellungen des Berufungsgerichts davon auszugehen, dass der Vortrag des Beklagten zu den beiden Vorfällen am 25. Juli 2001 und 27. August 2001 nicht verspätet gewesen ist.
19
Das Berufungsgericht hätte dem Beweisantritt dann aber entsprechen müssen. Wie dargelegt und vom Berufungsgericht auch im rechtlichen Ansatz zutreffend angenommen, ist die Frage, ob der Schenker aufgrund des Verhaltens des Beschenkten berechtigt ist, eine Schenkung zu widerrufen, anhand einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Um sich ein Bild von dem zu würdigenden Sachverhalt zu machen, musste das Berufungsgericht dazu alle angebotenen Zeugen hören. An die Zurückweisung eines Beweisantrags sind strenge Anforderungen zu stellen. Es muss jede Möglichkeit ausgeschlossen sein, dass der übergangene Beweisantrag die Überzeugung des Gerichts hätte erschüttern können (BVerfG NJW 1993, 254, 255). Das Berufungsgericht hat die in erster Instanz durchgeführte Beweisaufnahme gewürdigt und sich im Einzelnen beispielsweise mit der Aussage der Zeugen S. und M. auseinandergesetzt. Hätte es auch die Zeug in … L. vernommen, so ist jedenfalls nicht auszuschließen, dass ihre Schilderung geeignet gewesen wäre, die der übrigen Zeugen in einem anderen Licht erscheinen zu lassen, und damit die hier allein maßgebliche tatrichterliche Würdigung aller Umstände des Einzelfalls hätte beeinflussen können. Das Beweisangebot des Beklagten beschränkte sich nicht auf die vom Berufungsgericht als wahr unterstellten Behauptungen, sondern bezog sich auf den gesamten Vortrag des Beklagten zu den beiden Vorfällen. Wenn das Berufungsgericht diesen gestützt auf eine Würdigung von Zeugenaussagen bewertet hat, so bedurfte es als Grundlage für diese Bewertung einer Erhebung aller zulässigen Beweismittel. Bei der Bewertung, ob grober Undank des Beschenkten vorliegt, ist der Tatrichter weitgehend frei und das Ergebnis seiner Würdigung ist der revisionsrechtlichen Überprüfung weitgehend entzogen. Dies setzt aber voraus, dass der Tatrichter sich durch Erhebung aller zulässigen Beweismittel ein vollständiges Bild von dem zu beurteilenden Sachverhalt gemacht hat.
20
Das Berufungsgericht wird daher die Vernehmung der Zeugin … L. nachzuholen haben und sodann erneut in tatrichterlicher Würdigung zu prüfen haben, ob der ausgesprochene Schenkungswiderruf berechtigt war.
Melullis Keukenschrijver Mühlens
Meier-Beck Asendorf
Vorinstanzen:
LG Heidelberg, Entscheidung vom 13.11.2001 - 2 O 104/01 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 04.12.2002 - 1 U 267/01 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 89/98 Verkündet am:
11. Juli 2000
Fritz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
Der Tatrichter darf die Frage, ob der Beschenkte, der eine dem Schenker gegenüber
bestehende Zahlungspflicht nicht erfüllt, sich des groben Undanks
schuldig gemacht hat, nicht ohne Würdigung der tatsächlichen wirtschaftlichen
Verhältnisse des Beschenkten entscheiden.
BGH, Urt. v. 11. Juli 2000 - X ZR 89/98 - OLG Hamm
LG Hagen
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. Mai 2000 durch den Vorsitzenden Richter Rogge, die Richter
Dr. Melullis, Scharen, Keukenschrijver und die Richterin Mühlens

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das am 27. März 1998 verkündete Urteil des 34. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm insoweit aufgehoben, wie die Berufung des Klägers gegen das am 14. November 1996 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Hagen nicht zurückgewiesen worden ist.
Insoweit wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist der Vater der Beklagten. Ihm gehörten verschiedene Grundstücke. Räumlichkeiten der aufstehenden Gebäude waren vermietet. Auf einem der Grundstücke unterhält der Kläger einen Saunabetrieb.
Mit notariellem Vertrag vom 7. Juni 1988 übertrug der Kläger den Beklagten , mit denen er zeitweise eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung bildete , seinen gesamten Grundbesitz; die Beklagten übernahmen eingetragene Belastungen und räumten dem Kläger ein Wohnrecht sowie ein Nutzungsrecht an den Räumen und Grundstücksteilen ein, in bzw. auf denen der Kläger die Sauna betreibt. Außerdem verpflichteten sich die Beklagten, dem Kläger auf Lebenszeit eine durch Wertsicherungsklausel an die Mieteinnahmen aus den überlassenen Grundstücken gekoppelte monatliche Rente zu zahlen und den Grundbesitz zu Lebzeiten des Klägers nicht ohne dessen Zustimmung zu veräußern und zu belasten. Zur Sicherung der Rentenzahlungsverpflichtung sollten die Beklagten eine Reallast zugunsten des Klägers bestellen.
Durch notarielle Urkunde vom 22. Oktober 1991 hoben die Parteien die in Ansehung der versprochenen Rente vereinbarte Wertsicherungsklausel auf und vereinbarten eine unveränderliche Rente von 3.333,33 DM monatlich.
Zahlungen auf die Rentenverpflichtung erhielt der Kläger nur sporadisch. Ihm hingegebene Schecks legte er im Hinblick auf finanzielle Engpässe der Beklagten zunächst zur Einlösung nicht vor.
Es kam dann zu erheblichen Differenzen zwischen den Parteien. Im Februar 1992 gelang es dem Kläger nicht, einen Scheck in Höhe von 3.333,33 DM einzulösen. Durch anwaltliches Schreiben vom 26. April 1993 ließ er die Beklagten unter Fristsetzung auffordern, den Rentenrückstand, den er mit 173.333,16 DM errechnete, sowie weitere erhebliche Beträge zu zahlen. Die Beklagten lehnten die Erfüllung ab und untersagten dem Kläger die Nut-
zung von Garagen und Stellplätzen vor dem Grundstück, auf dem der Kläger die Sauna betreibt.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 21. September 1993 erklärte der Kläger den Widerruf der Schenkung wegen groben Undanks und forderte die Rückgabe des Grundbesitzes. Später wiederholte der Kläger den Widerruf.
Mit seiner Klage hat der Kläger Rechnungslegung hinsichtlich der Grundstücksnutzungen und Herausgabe des Grundbesitzes Zug um Zug gegen Zahlung eines in Anbetracht der tatsächlichen Rentenzahlungen der Beklagten nach Abzug der Nutzungen verbleibenden Betrages verlangt. Hilfsweise hat er die nach seiner Berechnung ausstehende Summe an geschuldeten Rentenleistungen eingeklagt. Ferner hat er Feststellung begehrt, daß er berechtigt sei, eine bestimmte Ferienwohnung auf Lebenszeit unentgeltlich selbst oder durch Überlassung an Dritte zu nutzen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat wegen des die Ferienwohnung betreffenden Feststellungsantrages die Berufung zurückgewiesen; den im Wege der Stufenklage verfolgten Auskunftsanspruch hat es zugesprochen; im Umfange des Herausgabe- und des hilfsweise geltend gemachten Zahlungsanspruchs hat es die Sache an das Landgericht zurückverwiesen.
Mit ihrer Revision erstreben die Beklagten, daß die Berufung auch insoweit zurückgewiesen wird, wie dies bislang nicht geschehen ist. Der Kläger ist diesem Begehren entgegengetreten.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Revision führt im Umfang der Anfechtung zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Das Oberlandesgericht hat festgestellt, die Übertragung des Grundbesitzes auf die Beklagten sei Folge einer gemischten Schenkung des Klägers gewesen, bei welcher der unentgeltliche Charakter des Geschäfts überwogen habe. Diese maßgeblich auf tatrichterlicher Würdigung des Geschehens im Jahre 1988 beruhende Feststellung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Sie wird von der Revision nicht angegriffen.
2. Das Berufungsgericht hat dem Übertragungsvertrag von 1988 und der die Wertsicherungsklausel betreffenden notariellen Vereinbarung aus dem Jahre 1991 entnommen, die vereinbarte Rentenzahlungspflicht habe jedenfalls seit der abändernden Vereinbarung vom 22. Oktober 1991 unabhängig von der wirtschaftlichen Ertragsfähigkeit der den Beklagten überlassenen Mietobjekte bestanden.
Diese tatrichterliche Vertragsauslegung unterliegt ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken. Die Revision meint insoweit zwar, das Berufungsgericht habe die am 28. November 1994 erfolgte Gewährung von Prozeßkostenhilfe an den Kläger nicht berücksichtigen dürfen, weil dieser Umstand den Parteien weder am 7. Juni 1988 noch am 22. Oktober 1991 bekannt gewesen sei. Die deshalb erhobene Rüge einer Verletzung anerkannter Auslegungsgrundsätze ist jedoch unberechtigt. Denn das Berufungsgericht hat den erst nachträglich ent-
standenen Umstand nicht zur Vertragsauslegung herangezogen; auf die Prozeßkostenhilfegewährung an den Kläger hat es nur im Zusammenhang mit der Frage abgestellt, seit wann der Kläger aufgrund seiner eigenen finanziellen Situation der Erfüllung der Rentenzahlung durch die Beklagten spätestens bedurft habe und seit wann die Beklagten sich dessen spätestens bewußt gewesen seien.
3. Dem Begehren des Klägers nach Rechnungslegung über die seit dem 1. Juli 1988 aus dem übertragenen Grundbesitz gezogenen Nutzungen hat das Berufungsgericht entsprochen, weil der erfolgte Widerruf der Schenkung berechtigt sei. Es könne dahinstehen, ob die anderen vom Kläger zur Rechtfertigung seines Schenkungswiderrufs geltend gemachten Gründe ausreichten. Jedenfalls stelle der Umstand, daß sich die Beklagten mit der Erfüllung der durch Vertrag vom 7. Juni 1988 übernommenen Rentenverpflichtungen in erheblichem Umfang im Rückstand befunden hätten, ein grob undankbares Verhalten dar, das der Kläger zum Anlaß eines Widerrufs habe nehmen dürfen. Nicht einmal der im Rahmen des Prozeßkostenhilfeverfahrens am 28. November 1994 ergangene Beschluß, in dem ausgeführt gewesen sei, daß der Kläger die Voraussetzungen für einen Schenkungswiderruf schlüssig dargelegt habe und die Beklagten nach seinen Angaben sein laufendes Einkommen durch gewichtige Eingriffe in seine Rechte geschmälert hätten, habe die Beklagten veranlaßt , ihren Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Kläger pflichtgemäß nachzukommen; sie hätten ihr unzureichendes Zahlungsverhalten fortgesetzt; die letzte Zahlung datiere vom Mai 1996. Angesichts des Umfanges der unterlassenen Zahlungen liege mithin objektiv wie in persönlicher Hinsicht eine schwere Verfehlung der Beklagten vor, die eine Einstellung zum Ausdruck bringe, die deutlich einen Mangel an Dankbarkeit erkennen lasse.

Die Revision hält dem entgegen, wenn der Beschenkte mit der Erfüllung von Zahlungsverpflichtungen in Rückstand gerate, die er dem Schenker gegenüber eingegangen sei, könne nicht ohne weiteres auf einen Mangel an Dankbarkeit im Sinne von § 530 Abs. 1 BGB geschlossen werden, weil die Erfüllung solcher Pflichten nicht allein von entsprechender Bereitschaft des Beschenkten , sondern auch von anderen Umständen, wie etwa der Ertragsfähigkeit der schenkweise überlassenen Gegenstände, der Berechtigung, über sie zu verfügen, oder der sonstigen Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Beschenkten abhänge. Außerdem habe das Berufungsgericht Tatsachenvortrag der Beklagten außer acht gelassen, wonach die Zahlungsrückstände tatsächlich durch wirtschaftliche Schwierigkeiten bedingt gewesen seien.
Diese Rügen führen im Umfang seiner Anfechtung zur Aufhebung des angefochtenen Urteils.

a) § 530 Abs. 1 BGB setzt nicht nur eine objektiv schwere Verfehlung des Beschenkten voraus; es ist ferner nötig, daß die Verfehlung Ausdruck einer Gesinnung des Beschenkten ist, die in erheblichem Maße (BGH, Urt. v. 28.10.1982 - IX ZR 62/82, FamRZ 1983, 349) die Dankbarkeit vermissen läßt, die der Beschenkte erwarten kann (BGH, Urt. v. 27.09.1991 - V ZR 55/90, NJW 1992, 183, 184). Jedenfalls eine solche Gesinnung hat das Berufungsgericht nicht rechtsfehlerfrei festgestellt.
Sie kann sich auch in einer hartnäckigen Weigerung des Beschenkten zeigen, einen Anspruch, den sich der Schenker bei der Schenkung vorbehalten hat, später zu erfüllen (BGH, Urt. v. 05.02.1993 - V ZR 181/91, NJW 1993,
1577, 1578). So hat der Bundesgerichtshof bei Weigerung, das geschenkte Grundstück mit der zugesagten Grundschuld zu belasten, bei Weigerung, ein vorbehaltenes Wohnrecht zu erfüllen, oder bei Weigerung, die vorbehaltene Nutzung des Gartens des geschenkten Grundstücks zu gewähren, einen Widerruf wegen groben Undanks für möglich gehalten (BGH, Urt. v. 05.02.1993 - V ZR 181/91, NJW 1993, 1577; Urt. v. 30.03.1984 - V ZR 241/82; Urt. v. 27.09.1991 - V ZR 55/90, NJW 1992, 183). Diese Beispiele ändern jedoch nichts daran, daß die einem Verhalten eines Beschenkten zugrundeliegende Gesinnung nur jeweils fallbezogen beurteilt werden kann; es kommt insbesondere auf die Begleitumstände und die Beweggründe an, die den Beschenkten im konkreten Fall zu dem zum Anlaß des Widerrufs gemachten Verhalten geführt haben. Auch das kommt in der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zum Ausdruck. So hat er bei einem Antrag des Beschenkten, den Schenker zu entmündigen, für wesentlich gehalten, ob dieser Antrag grundlos gestellt wurde und der Beschenkte sich dessen bewußt war (BGH, Urt. v. 11.01.1980 - V ZR 155/78, NJW 1980, 1789, 1790); im Urteil vom 5. Februar 1993 (aaO, S. 1578) hat er auf naheliegende eigennützige Interessen hingewiesen ; im Falle einer Anzeige des Schenkers bei Polizei/Arbeitgeber hat er für entscheidungserheblich gehalten, ob der Beschenkte damit lediglich allgemeine , zum Beispiel staatsbürgerliche Rechte habe verfolgen wollen (Urt. v. 28.09.1990 - V ZR 109/89, NJW 1991, 830). Auch in Fällen einer vertragswidrigen Erfüllungsverweigerung ist deshalb eine umfassende Würdigung aller Tatumstände geboten, die Rückschlüsse auf die Gesinnung des Verpflichteten erlauben. Dies gilt im besonderen Maße, wenn eine Zahlungspflicht zu erfüllen war, weil gerade deren Nichterfüllung andere Gründe als Undankbarkeit haben kann; sie kann vor allem dadurch veranlaßt sein, daß dem Beschenkten die zur Erfüllung erforderlichen finanziellen Mittel fehlten oder es ihm angesichts sei-
ner sonstigen finanziellen Verpflichtungen nicht zumutbar erscheinen durfte, vorhandene Mittel zur Begleichung der gegenüber dem Schenker bestehenden Schuld zu verwenden.
Wenn es - wie hier - um die Erfüllung einer anläßlich der Schenkung von Grundbesitz übernommenen Zahlungspflicht geht, ist deshalb zu klären, ob und inwieweit die geschuldete Zahlung aus den Erträgen des geschenkten Gegenstandes oder durch seinen Einsatz, etwa seine Belastung oder Verwertung durch den Beschenkten, möglich gewesen wäre sowie ob und inwieweit aus sonstigen Einkünften und Vermögensgegenständen des Beschenkten die Zahlungen hätten aufgebracht werden können. Wenn und soweit sich nicht feststellen läßt, daß der Beschenkte leistungsfähig war, kann seine Nichtleistung ohne weiteres allein auf wirtschaftlichem Unvermögen beruhen, was dann auch eine hartnäckige Erfüllungsverweigerung erklären würde, ohne den Schluß auf groben Undank dem Schenker gegenüber zuzulassen. Die Annahme groben Undanks kann aber auch dann ausgeschlossen sein, wenn die Leistungsfähigkeit des Beschenkten so beschränkt ist, daß er nicht allen bestehenden finanziellen Verpflichtungen nachkommen und die notwendigen Bedürfnisse nicht befriedigen kann. In einem solchen Fall wird der Schenker, insbesondere wenn er - wie hier - eine wesentliche Lebensgrundlage zur Verfügung gestellt hat, zwar erwarten können, daß seine Ansprüche bevorzugt bedient werden. Es sind aber auch Umstände denkbar, angesichts derer es vertretbar sein und gegebenenfalls nicht als Ausdruck von Undankbarkeit gelten kann, wenn ein Beschenkter seine finanziell beschränkten Möglichkeiten erst einmal dazu nutzt, beispielsweise dem Unterhaltsanspruch von Kindern gerecht zu werden.
Der Tatrichter darf deshalb die Frage, ob der Beschenkte, der eine dem Schenker gegenüber bestehende Zahlungspflicht nicht erfüllt, sich des groben Undanks schuldig gemacht hat, nicht ohne Würdigung der tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschenkten entscheiden. Da nach anerkannten Grundsätzen den Schenker als Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast für groben Undank und damit auch für die Umstände trifft, aus denen diese Voraussetzung des § 530 Abs. 1 BGB hergeleitet werden kann (BGH, Urt. v. 14.12.1992 - II ZR 10/92, DStR 1993, 332 m.w.N.), hat grundsätzlich der Schenker für die Beibringung und - bei Bestreiten - den Nachweis von Tatsachen zu sorgen, die ergeben, daß dem Beschenkten nach seiner wirtschaftlichen Situation zuzumuten war, die gegenüber dem Schenker übernommene Schuld zu befriedigen. Da die für die Leistungsfähigkeit des Beschenkten maßgeblichen Vorgänge sich ganz oder teilweise in dessen Wahrnehmungsbereich abspielen, kann allerdings auch den Beschenkten eine sogenannte sekundäre Darlegungslast treffen. Unter den von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Voraussetzungen (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 24.11.1998 - VI ZR 388/97, NJW 1999, 714 f. m.w.N.), kann deshalb zunächst der Beschenkte verpflichtet sein, zu ausschließlich in seiner Sphäre liegenden Tatsachen vorzutragen, von denen der Schenker keine Kenntnis haben und zu denen er sich deshalb nur nach entsprechendem Vortrag des Beschenkten erklären kann.

b) Den vorstehenden Grundsätzen wird die angefochtene Entscheidung des Berufungsgerichts nicht gerecht. Das Oberlandesgericht hat schon den Umstand, daß sich die Beklagten in erheblichem Umfang mit der Zahlung der versprochenen Rente im Rückstand befanden, für ausreichend erachtet. Über
die Leistungsfähigkeit der Beklagten verhält sich das angefochtene Urteil dagegen nicht.
Es ist nicht einmal festgestellt, ob aus den geschenkten Mietobjekten tatsächlich Erträge geflossen sind sowie inwieweit sie zur Zahlung der versprochenen Rente ausgereicht hätten. Der Hinweis auf die reinen Mieteinnahmen, die im Jahre 1988 offenbar 120.000,-- DM betrugen und die das Berufungsgericht als Bemessungsgrundlage für die ursprünglich vereinbarte Rente angesehen hat, vermag diese Feststellungen nicht zu ersetzen, weil Mieteinnahmen erfahrungsgemäß durch Kosten gemindert werden, die von dem Eigentümer /Vermieter aufgebracht werden müssen, um diese Mieteinnahmen weiterhin erzielen zu können, und die deshalb auch vorrangig aus den Mieteinnahmen zu begleichen sind. Mangels ausreichender anderer Feststellungen ist deshalb in der Revisionsinstanz von dem in dem angefochtenen Urteil auch mitgeteilten Vorbringen der Beklagten auszugehen, die überlassenen Mietobjekte hätten einen Gewinn nicht hergegeben, der eine vollständige oder eine über die tatsächlichen Leistungen der Beklagten hinausgehende Erfüllung der Rentenverpflichtung erlaubt hätte.
Das Berufungsgericht hat sich ferner nicht mit sonstigen Einkünften oder Vermögensgegenständen der Beklagten befaßt, obwohl es festgestellt hat, daß es nach den getroffenen Vereinbarungen auf die Ertragsfähigkeit der übertragenen Mietobjekte nicht (allein) ankommt. Das Berufungsgericht hat insoweit lediglich gemeint, die Beklagten seien gegebenenfalls v erpflichtet gewesen, unter Einsatz ihres persönlichen Vermögens die geschuldete Rentenzahlung an den Kläger zu gewährleisten. Feststellungen, ob und inwieweit weitere Rentenzahlungen den Beklagten mit Hilfe ihres Arbeitseinkommens, sonstigen
Einkünften und anderem Vermögen als den überlassenen Mietobjekten tatsächlich möglich gewesen wären, hat das Berufungsgericht aber ebenfalls nicht getroffen. Der Senat hat deshalb auch insoweit für die revisionsrechtliche Überprüfung das Gegenteil zu unterstellen.
Unter diesen Umständen kann auch eine Bedürftigkeit des Klägers, wie sie sich aus dem im Prozeßkostenhilfeverfahren ergangenen Beschluß vom 28. November 1994 ergeben mag, der Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht nicht entgegenstehen. Gerade wenn der Schenker wegen eigener Bedürftigkeit ganz oder teilweise auf die vom Beschenkten zugesagten Geldbeträge angewiesen ist, kann und muß sich zwar die von Dankbarkeit geprägte Rücksichtnahme bewähren, die der Schenker erwarten kann und an die § 530 Abs. 1 BGB anknüpft (Sen.Urt. v. 19.01.1999 - X ZR 60/97, NJW 1999, 1623). Dies kann besondere, ansonsten nicht zu erwartende Anstrengungen und Bemühungen des Beschenkten notwendig machen, die dem Schenker gegenüber bestehende Zahlungspflicht trotz bescheidener eigener wirtschaftlicher Verhältnisse soweit wie irgend möglich zu erfüllen. Auch das Fehlen hinreichender Bemühungen kann aber nicht ohne Kenntnis der die Leistungsfähigkeit des Beschenkten betreffenden Umstände festgestellt werden.

c) Das Berufungsgericht wird deshalb die zur Ermittlung der Leistungsfähigkeit der Beklagten erforderlichen Feststellungen zu treffen haben. Sie werden sich darauf zu beziehen haben, ob und was die Beklagten aus den übertragenen Mietobjekten an tatsächlichen Überschüssen erlangten, und zwar unabhängig von steuerlich möglichen Absetzungen, weil es über ein steuerlich relevantes Ergebnis hinaus die tatsächlich erzielten Überschüsse sind, die zur Erfüllung vertraglicher Pflichten verwendet werden können. Ferner werden das
Arbeitseinkommen der Beklagten, ihre sonstigen Einnahmen seit dem 1. Juli 1988, aber auch neben den Kosten für den notwendigen Lebensunterhalt ihre Ausgaben beispielsweise für Kredite und deren Notwendigkeit zu berücksichtigen sein. Schließlich werden auch sonstige Vermögensgegenstände der Beklagten nicht außer acht bleiben können, weil deren Beleihung oder Veräußerung , mit deren Hilfe eine vollständige oder teilweise Finanzierung der elterlichen Rente eventuell möglich gewesen wäre, anders als bei dem seitens des Klägers überlassenen Grundbesitz nicht von der Zustimmung des Klägers abhängig war. Auch solche verwertbaren Vermögensgegenstände waren bei den Beklagten offenbar vorhanden. Das Berufungsgericht erwähnt selbst eine von den Beklagten 1993 zum Kaufpreis von 103.433,42 DM erworbene Ferienwohnung. Insbesondere solches anderweitige Vermögen der Beklagten läßt es nicht ausgeschlossen sein, daß nach gehöriger Feststellung der maßgeblichen Tatsachen sich eine Leistungsfähigkeit der Beklagten ergibt, die es ihnen erlaubt hätte, die übernommene Pflicht zur Zahlung einer Rente an den Kläger in einem die tatsächlichen Leistungen übersteigenden Umfange zu erfüllen. Sollte sich eine solche Leistungsfähigkeit der Beklagten herausstellen, muß eine Gesamtbewertung des Geschehens ergeben, ob die Nichtleistung Ausdruck für einen nicht mehr hinnehmbaren Mangel an Dankbarkeit war, die der Kläger als Schenker von den Beklagten als Beschenkten erwarten konnte. Zu diesem Geschehen gehört auch, daß der Kläger einerseits - wie das Unterlassen der Einlösung erhaltener Schecks belegt - jedenfalls zeitweise bereit war, auf finanzielle Schwierigkeiten der Beklagten Rücksicht zu nehmen, andererseits trotz der nachträglich bestellten Grundschulden oder Hypotheken im Rang vorgehenden Reallast zu seinen Gunsten der von den Beklagten gewünschten weiteren Belastung des überlassenen Grundbesitzes nicht zugestimmt hat.

d) Der dem Senat angefallene Rechtsstreit ist nicht bereits deshalb im Sinne des Begehrens der Beklagten abschließend entscheidungsreif, weil das Berufungsgericht festgestellt hat, die Beklagten hätten verkannt, daß es auf die Ertragsfähigkeit der ihnen übertragenen Mietobjekte nicht (allein) angekommen sei. Zu Unrecht leitet die Revision daraus ab, der Zahlungsrückstand der Beklagten sei nur durch Fahrlässigkeit und damit durch ein Verhalten bedingt, das für die Annahme groben Undanks nicht ausreiche.
Das Berufungsgericht hat in tatrichterlicher Würdigung der vertraglichen Vereinbarungen der Parteien - von der Revision unbeanstandet - angenommen , daß eine Abhängigkeit der Rentenzahlungsverpflichtung von einem entsprechenden Überschuß bei der Vermietung des geschenkten Grundbesitzes nicht habe bestehen sollen; das sei eindeutig gewesen und habe sich auch den Beklagten bei verständiger Betrachtung aufdrängen müssen. Die Beklagten haben sich danach trotz Kenntnis der maßgeblichen Umstände entsprechendem Wissen verschlossen. Sobald sich eine Erkenntnis aufgrund bekannter Tatsachen aufdrängt, ist aber das für bedingten Vorsatz erforderliche Bewußtsein als gegeben anzusehen (BGHZ 133, 246, 250 f. m.w.N.). Auch der Senat bewertet das Verschließen der Augen vor sich aufdrängenden Überlegungen als bedingten Vorsatz (Sen.Urt. v. 27.04.1995 - X ZR 60/93, NJW-RR 1995, 656). Aufgrund der Feststellungen des Berufungsgerichts sind die Beklagten
mithin wie Beschenkte zu behandeln, die sich bewußt waren, die übernommene Zahlungspflicht notfalls auch unter Einsatz nicht geschenkten Vermögens erfüllen zu müssen. Die von der Revision aufgeworfene Frage, ob unbewußtes, bloß fahrlässiges Verhalten schlechthin die Annahme groben Undanks ausschließe , kann demnach dahinstehen.
Rogge Melullis Scharen
Keukenschrijver Mühlens
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1. Das Berufungsgericht ist zwar rechtlich zutreffend und insoweit von der Revision unbeanstandet davon ausgegangen, dass der Widerruf einer Schenkung nicht nur objektiv eine Verfehlung des Beschenkten von gewisser Schwere voraussetzt, sondern es ferner erforderlich ist, dass die Verfehlung auch in subjektiver Hinsicht Ausdruck einer Gesinnung des Beschenkten ist, die in erheblichem Maße die Dankbarkeit vermissen lässt, die der Schenker erwarten kann (BGH, Urteil vom 11. Juli 2000 - X ZR 89/98, BGHZ 145, 35, 38; Urteil vom 11. Oktober 2005 - X ZR 270/02, FamRZ 2006, 196). Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist aufgrund einer Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalles zu beurteilen (BGHZ 87, 145, 149; BGH, Urteil vom 23. Mai 1984 - IVa ZR 229/82, BGHZ 91, 273, 278; Urteil vom 13. November 2012 - X ZR 80/11, NJW-RR 2013, 618 Rn. 11). Sie sind daraufhin zu untersuchen , ob und inwieweit erkennbar wird, dass der Beschenkte dem Schenker nicht die durch Rücksichtnahme geprägte Dankbarkeit entgegenbringt, die der Schenker erwarten darf. Anhaltspunkte dafür, was der Schenker an Dankbarkeit erwarten darf, können sich dabei nicht nur aus dem Gegenstand und der Bedeutung der Schenkung sowie dem Motiv hierfür ergeben, sondern auch aus der persönlichen Beziehung zwischen Schenker und Beschenktem. Dies gilt vor allem dann, wenn diese von einer besonderen Verantwortlichkeit des Beschenkten gegenüber dem Schenker geprägt ist.
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Der Widerruf setzt deshalb nicht nur objektiv eine Verfehlung des Beschenkten von gewisser Schwere voraus, sondern es ist ferner erforderlich, dass die Verfehlung auch in subjektiver Hinsicht Ausdruck einer Gesinnung des Beschenkten ist, die in erheblichem Maße die Dankbarkeit vermissen lässt, die der Schenker erwarten darf (BGH, Urteil vom 11. Juli 2000 - X ZR 89/98, BGHZ 145, 35, 38; Urteil vom 11. Oktober 2005 - X ZR 270/02, FamRZ 2006, 196). Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist aufgrund einer Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalles zu beurteilen (BGHZ 87, 145, 149; BGH, Urteil vom 23. Mai 1984 - IVa ZR 229/82, BGHZ 91, 273, 278; BGH, FamRZ 2006, 196). Sie sind daraufhin zu untersuchen, ob und inwieweit erkennbar wird, dass der Beschenkte dem Schenker nicht die durch Rücksichtnahme geprägte Dankbarkeit entgegenbringt, die der Schenker erwarten kann. Anhalts- punkte dafür, was der Schenker an Dankbarkeit erwarten kann, können dabei neben dem Gegenstand und der Bedeutung der Schenkung auch die näheren Umstände bieten, die zu der Schenkung geführt und deren Durchführung bestimmt haben (BGH, NJW 1999, 1623, 1624).
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Der Begriff des Altenteils- oder Leibgedingsvertrags ist gesetzlich nicht definiert. Ein derartiger Vertrag hat in der Regel die Gewährung von Unterhalt zum Inhalt, wobei dem Übergeber ein Wohnrecht an einem bestimmten Teil eines überlassenen Grundstücks gewährt wird. Dem Übernehmer soll ein Gut oder ein Grundstück überlassen werden, kraft dessen Nutzung er sich eine eigene Lebensgrundlage schaffen und gleichzeitig den dem Altenteiler geschuldeten Unterhalt gewinnen kann. Der wesentliche Grundzug eines Altenteils besteht somit in einem Nachrücken der folgenden Generation in eine wenigstens teilweise existenzbegründende Wirtschaftseinheit. Erforderlich ist, dass ein Beteiligter dem anderen seine wirtschaftliche Lebensgrundlage überträgt, um dafür in die persönliche Gebundenheit eines abhängigen Versorgungsverhältnisses einzutreten, während der Übernehmer eine wirtschaftlich selbständige Stellung erlangt. Es genügt mithin nicht, dass der Übernehmer das erlangte Grundstück zur Schaffung seiner wirtschaftlichen Lebensgrundlage nutzt. Erforderlich ist vielmehr zusätzlich, dass die Existenzgrundlage vom Übergeber bereits geschaffen war und der Übernehmer in diese eintritt (BGH, Beschluss vom 4. Juli 2007 - VII ZB 86/06, NJW-RR 2007, 1390 Rn. 8; Beschluss vom 25. Oktober 2002 - V ZR 293/01, NJW 2003, 1325, 1326; Palandt/Weidlich, BGB, 75. Aufl., Art. 96 EGBGB Rn. 2; Staudinger/Albrecht, BGB, Neubearb. 2012, Art. 96 EGBGB Rn. 6; MünchKommBGB/Habersack, 6. Aufl., Art. 96 EGBGB Rn. 5). So liegt der Fall hier. Nach Art. 96 EGBGB sind demnach die Vorschriften der §§ 6 bis 17 AGBGB BW maßgeblich, soweit die Parteien keine besonderen Vereinbarungen getroffen haben.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

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(3) Dieser Einsicht hat sich das Berufungsgericht verschlossen und damit in einer gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßenden Weise den Kerngehalt des Beklagtenvorbringens nicht hinreichend erfasst (vgl. BGH, Beschluss vom 24. November 2011 - VII ZR 65/11, ZfBR 2012, 228 unter II 2), was wiederum dazu führte, dass es von der prozessual gebotenen Erhebung des angetretenen Zeugenbeweises abgesehen hat. Zusätzlich zu der unzureichenden Erfassung des Beklagtenvortrags hat es verkannt, dass - bei Konsistenz des Kernvortrags der Partei - Widersprüchlichkeiten in Einzelheiten die Nichterhebung angebotener Beweise nicht rechtfertigen. Vielmehr läuft die unterbleibende Erhebung eines erheblichen Beweisangebots wegen (vermeintlicher) Widersprüche im Vortrag der beweisbelasteten Partei auf eine vorweggenommene tatrichterliche Beweiswürdigung hinaus, die im Prozessrecht keine Stütze findet und damit zugleich gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstößt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. Juli 2011 - IV ZR 216/09, VersR 2011, 1384 Rn. 6; vom 6. Februar 2013 - I ZR 22/12, aaO Rn.11; jeweils mwN).

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.