Bundesgerichtshof Urteil, 17. Jan. 2007 - VIII ZR 37/06

published on 17/01/2007 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 17. Jan. 2007 - VIII ZR 37/06
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Previous court decisions
Landgericht Bochum, 3 O 333/03, 04/04/2005
Oberlandesgericht Hamm, 27 U 101/05, 19/01/2006

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 37/06 Verkündet am:
17. Januar 2007
Kirchgeßner,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein im Voraus vertraglich vereinbarter Ausschluss der Anfechtung wegen arglistiger
Täuschung ist mit dem von § 123 BGB bezweckten Schutz der freien Selbstbestimmung
unvereinbar und deshalb unwirksam, wenn die Täuschung von dem Geschäftspartner
selbst oder von einer Person verübt wird, die nicht Dritter im Sinne
BGH, Urteil vom 17. Januar 2007 - VIII ZR 37/06 - OLG Hamm
LG Bochum
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. November 2006 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter Wiechers
, die Richterinnen Hermanns und Dr. Milger sowie den Richter Dr. Koch

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 27. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 19. Januar 2006 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Bochum vom 4. April 2005 zurückgewiesen worden ist. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger war geschäftsführender Alleingesellschafter der DER R. GmbH (im folgenden "R. ") und der D. GmbH (im folgenden "R. S."; zusammen "die Gesellschaften").
2
Anfang des Jahres 2002 verhandelten der Kläger und die Ph. und M. GmbH (im folgenden "Ph. ") über den Er- werb von Geschäftsanteilen an diesen Gesellschaften durch eine noch zu gründende Holding Gesellschaft, die spätere Beklagte. Ph. beauftragte die Streithelferin zu 2) mit der Durchführung einer sich auf die Vermögens-, Finanz - und Ertragslage der Gesellschaften sowie auf steuerliche Risiken beziehenden Sorgfaltsprüfung. Diese erbat daraufhin vom Kläger und dem Steuerberater der Gesellschaften, dem Zeugen S. , neben anderen Informationen mehrfach Auskunft über die Ursache eines auffälligen Umsatzrückgangs bei der R. im Jahre 2001. Mit Datum vom 28. Juni 2002 erstellte sie einen Prüfungsbericht und erarbeitete für die Gesellschaften einen Bewertungsvorschlag , der unter 2.1 und 5.2 zu der R. folgende Aussagen enthält: "2.1 (…) Der zwischenzeitlich gestiegene Materialeinsatz wird durch einen Vertrag mit der Bundesknappschaft erklärt, der unterproportionale Roherträge generierte und daher in 2001 gekündigt wurde. Durch die Kündigung dieses Vertrages nahmen auch die Umsatzerlöse 2001 ab und werden auch in 2002 weiter rückläufig sein. Der Materialeinsatz wird gleichzeitig wieder auf rund 44 % zurückgehen , so dass sich ein Rohgewinn I von rund 56 % errechnen müsste. (…) Nach der Kündigung des Vertrages mit der Bundesknappschaft wurde einigen Mitarbeitern gekündigt, (…) 5.2 Bei der Bewertung der R. GmbH kommt der Zukunftsplanung wesentliches Gewicht zu, da die bisherigen Strukturen nach der Kündigung des Vertrags mit der Bundesknappschaft nicht mehr aufrecht erhalten werden (…). Insoweit wird der Bewertungsvorschlag vorrangig aus einer Planung auf Basis eines Umsatzes von TDM 1.350, Personalkosten von TDM 421 (…) sowie sonstiger Betriebskosten von TDM 190 abgeleitet. (…). Bei einem Alternativzins von 12% errechnet sich ein Wert für das Gesamtunternehmen von TDM 395, der unter dem Wert der Vergangenheitsanalyse liegt (…). Besondere Synergien aus Sicht des Käufers ergeben sich aus der Adresskartei der Gesellschaft, die für den Vertrieb anderer Produkte der Ph. /Pha. -Gruppe interessant ist, so dass aus Erwerbersicht auch ein höherer Kaufpreis vertretbar ist."
3
Die in dem Prüfbericht der Streithelferin zu 2) enthaltenen Angaben zur Beendigung des Vertrages mit der Bundesknappschaft waren unzutreffend, weil eine (fristlose) Kündigung des Vertrages erst von Seiten der Bundesknappschaft mit Schreiben vom 23. April 2002 wegen Lieferschwierigkeiten der R. ausgesprochen worden war.
4
Mit notariellem Kaufvertrag vom 27. September 2002 erwarb die Beklagte vom Kläger je einen 75% Geschäftsanteil an der R. und an der R. S. Der Kaufpreis belief sich auf 385.000,00 € und war in drei Teilbeträgen an den aus der Geschäftsführung ausscheidenden Kläger zu zahlen. Der Kaufvertrag enthält unter VI. folgende Regelung: "In Bezug auf die übertragenen Geschäftsanteile und die Gesellschaften gewährleistet der Verkäufer im Rahmen eines selbständigen Garantieversprechens gegenüber P. [= Bekl.] folgendes: (…) 15. Stellt sich heraus, dass eine der in den vorstehenden Bestimmungen übernommenen Garantien unzutreffend ist, wird der Verkäufer die Käuferin (….) so stellen, wie sie stünde, wenn die betreffende Gewährleistung zutreffend wäre. Sollte die Herstellung des von dem Verkäufer garantierten Zustandes nicht möglich sein oder nicht innerhalb angemessener Frist, spätestens jedoch innerhalb eines Monats ab Zugang eines Verlangens von P. , erfolgt sein, so kann P. statt dessen Schadensersatz verlangen. Ausgeschlossen ist das Recht von P. , Rückgängigmachung des Kaufvertrags zu verlangen. 16. Alle Ansprüche von P. (…) nach Maßgabe dieser Ziffer VI. erjähren am 31. März 2005, soweit der Verkäufer nicht vorsätzlich oder arglistig gehandelt hat."
5
Am 22. Mai 2003 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen beider Gesellschaften eröffnet. Mit Anwaltsschreiben vom 21. Juli 2003 erklärte die Beklagte die Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung.
6
Mit seiner Klage verlangt der Kläger - soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung - Zahlung des restlichen Kaufpreises in Höhe von 92.500 €. Widerklagend begehrt die Beklagte Rückzahlung des von ihr für die Gesellschaften entrichteten Kaufpreisteils von 292.500 € sowie Schadensersatz in Höhe von 143.495,35 € für von ihr nach Erwerb der Geschäftsanteile an die Gesellschaften gewährte Darlehen und Zuschüsse. Sie behauptet, der Kläger habe sie über den wahren Grund der Beendigung des Vertrages mit der Bundesknappschaft und über die Finanz- und Ertragslage der Gesellschaften getäuscht.
7
Das Landgericht hat der Klage auf Zahlung des restlichen Kaufpreises stattgegeben und die Klage im Übrigen (bezüglich eines nicht in die Revisionsinstanz gelangten Anspruchs) sowie die Widerklage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers und die - als "Berufung der Streithelferin zu 2) sowie Anschlussberufung der Beklagten" bezeichnete - Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klagabweisungs- und Widerklagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

8
Die Revision hat Erfolg und führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

9
Das Berufungsgericht hat - soweit für das Revisionsverfahren noch erheblich - ausgeführt:
10
Der notarielle Kaufvertrag vom 27. September 2002 über die Geschäftsanteile der beiden Gesellschaften sei wirksam. Mögliche Ersatzansprüche der Beklagten auf der Grundlage von Ziffer VI.15 des Kaufvertrages ständen der Verpflichtung der Beklagten zur vollständigen Entrichtung des Kaufpreises nicht entgegen, denn dabei handele es sich nicht um unselbständige Verrechnungsposten , sondern um selbständige Gegenansprüche, die die Beklagte schlüssig vortragen und zur Aufrechnung hätte stellen müssen.
11
Die von der Beklagten erklärte Anfechtung führe nicht zur Unwirksamkeit des Kaufvertrages. Die Parteien hätten in Ziffer VI. eine Rückabwicklung des Kaufvertrages ausgeschlossen und damit auch die Möglichkeit der Anfechtung abbedungen. Dass sich diese Regelung auch auf arglistiges Handeln beziehe, ergebe sich aus der Verjährungsregelung in VI.16 des Vertrages. Der vertragliche Ausschluss des Anfechtungsrechts sei auch nicht deshalb unwirksam, weil der Kläger die behauptete Täuschung selbst verursacht habe. Zwar sei die Anfechtung wegen einer durch den Geschäftspartner selbst verübten Täuschung grundsätzlich unabdingbar, weil der Täuschende anderenfalls einen Vorteil erlange , der dem gesetzlichen Leitbild der vollständigen Rückabwicklung arglistig erlangter Rechtspositionen widerspreche. Für den hier vorliegenden Sonderfall des Kaufs von Geschäftsanteilen einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung werde dieser Grundsatz aber durch das Anmeldeprinzip des § 16 GmbHG und die Rechtsgrundsätze zur fehlerhaften Gesellschaft überlagert. Die sich daraus ohnehin ergebende Beschränkung werde von der unter VI.15 des Vertrages getroffenen Regelung angemessen aufgegriffen, indem sie den kompliziert abzuwickelnden Rückgewähranspruch in einen Erfüllungsanspruch auf das positive Interesse umwandle und so einen im wohlverstandenen Interesse beider Parteien liegenden Ausgleich bestimme.
12
Die Widerklage sei deshalb auch insoweit unbegründet, als sie sich auf Ersatz der für die Gesellschaften getätigten Aufwendungen richte. Insoweit verlange die Beklagte einen ihr nicht zustehenden Ersatz des negativen Interesses ; eine im Einklang mit der Garantieregelung in Ziffer VI.15 stehende Schadensberechnung und Widerklagebegründung liege nicht vor.

II.

13
Diese Beurteilung des Berufungsgerichts hält den Angriffen der Revision im entscheidenden Punkt nicht stand.
14
Nach dem revisionsrechtlich zu Grunde zu legenden Sachverhalt ist die Beklagte durch eine arglistige Täuschung des Klägers zum Abschluss des Kaufvertrages veranlasst worden. Die hierauf gestützte Anfechtung der Beklagten mit Schreiben vom 21. Juli 2003 führt zum Wegfall des Kaufvertrages (§ 123 Abs. 1, § 142 Abs. 1 BGB). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes steht die in Ziffer VI.15 des Kaufvertrages getroffene Regelung der Anfechtung nicht entgegen.
15
1. a) Ohne Erfolg macht die Revision allerdings geltend, die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung sei von der Regelung unter VI.15 des Kaufvertra- ges nicht umfasst. Die Auslegung des Berufungsgerichts ist als tatrichterliche Würdigung in der Revisionsinstanz nur beschränkt überprüfbar. Sie kann nur insoweit nachgeprüft werden, als gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln , Denkgesetze, allgemeine Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt worden sind (BGH, Urteil vom 13. Dezember 1990 - IX ZR 33/90, WM 1991, 495 unter I 3 a; BGH, Urteil vom 25. Februar 1992 - X ZR 88/90, NJW 1992, 1967 unter II 3 a). Derartige Fehler zeigt die Revision nicht auf. Das vom Tatrichter gefundene Ergebnis ist möglich und daher für die Revisionsinstanz bindend (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 1992 - X ZR 88/90, NJW 1992, 1967 unter II 3 c).
16
b) Die Beklagte kann sich entgegen der Ansicht der Revision auch nicht darauf berufen, dass Zweifel bei der Auslegung der vertraglichen Regelung zu Lasten des Klägers gehen, § 305 c Abs. 2 BGB. Abgesehen davon, dass solche Zweifel nach dem oben Ausgeführten bereits nicht aufgezeigt sind, hat das Berufungsgericht auch keine Feststellungen dazu getroffen, dass es sich bei den im Kaufvertrag vom 27. September 2002 enthaltenen Vereinbarungen um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen trägt derjenige, der sich - wie hier die Beklagte - auf die Schutzvorschriften der §§ 305 ff BGB beruft (BGH, Urteil vom 14. Mai 1992 - VII ZR 204/90, NJW 1992, 2160 unter III 2 a; vgl. auch BGH, Urteil vom 25. Juni 2002 - XI ZR 239/01, NJW-RR 2002, 1344, unter III 2). Übergangenen Vortrag der Beklagten dazu zeigt die Revision nicht auf.
17
2. Die vom Berufungsgericht demnach rechtsfehlerfrei als vertraglicher Ausschluss des Anfechtungsrechts ausgelegte Regelung in Ziffer VI.15 des Anteilskaufvertrages ist jedoch entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts unwirksam.
18
a) Ein vertraglicher Ausschluss der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung ist nach allgemeiner Auffassung unwirksam, wenn die Täuschung - wie es nach der revisionsrechtlich zu unterstellenden Darstellung der Beklagten hier der Fall ist - von dem Geschäftspartner selbst oder von einer Person verübt worden ist, die nicht Dritter im Sinne des § 123 Abs. 2 BGB ist (Staudinger /Singer/v. Finckenstein, BGB (2004), § 123 Rdnr. 87; MünchKommBGB /Kramer, 5. Aufl., § 123 Rdnr. 28; Erman/Palm, BGB, 11. Aufl., § 123 Rdnr. 44; Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 2. Band, 3. Aufl., § 19; vgl. auch Lips/Stratz/Rudo in Beck’sches Mandatshandbuch Unternehmenskauf , 2004, § 4 Rdnr. 154). Wird die Anfechtung für den Fall der arglistigen Täuschung im Voraus ausgeschlossen, liefert sich der Erklärende der Willkür des Vertragspartners aus und gibt seine - durch § 123 BGB geschützte (vgl. Mot. I, § 103) - freie Selbstbestimmung vollständig auf. Dem Täuschenden wird ermöglicht, Vorteile aus seiner Täuschung zu ziehen, ohne eine Rückabwicklung des Vertrages befürchten zu müssen. Dafür verdient der arglistig Täuschende nicht den Schutz der Rechtsordnung. Es ist ferner unerheblich, ob der Täuschende - wie hier - im Vertrag Garantien für verschiedene Umstände, die für die rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Kaufgegenstandes von Bedeutung sein können, übernimmt und auf Herstellung des garantierten Zustandes haftet. Denn der getäuschte Käufer wird jedenfalls auf das Erfüllungsinteresse verwiesen. Er müsste darlegen, inwiefern sich seine wirtschaftliche Situation günstiger dargestellt hätte, wenn die Umstände, über die er arglistig getäuscht worden ist, tatsächlich vorgelegen hätten. Dies würde ihn vor kaum zu überwindende Darlegungs- und Beweisschwierigkeiten stellen, wie auch die hier behauptete Täuschung über die Ursachen eines Umsatzrückgangs und den Grund der Beendigung des Vertrags mit der Bundesknappschaft zeigt. Der Getäuschte müsste ferner das Risiko der zufälligen Verschlechterung des Kaufgegenstandes tragen. Die weitaus einfachere Möglichkeit der Rückgängigmachung des Kaufvertrages bliebe ihm versperrt.
19
b) Für den Erwerb von Gesellschaftsanteilen gilt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nichts anderes. Weder das Anmeldeprinzip des § 16 GmbHG noch die Rechtsgrundsätze der fehlerhaften Gesellschaft stehen der Anfechtung und Rückabwicklung eines fehlerhaften Anteilserwerbs entgegen (BGH, Urteil vom 22. Januar 1990 - II ZR 25/89, WM 1990, 505 unter 7 zur einer durch Täuschung veranlassten Anteilsübertragung unter Aufgabe seiner früheren Rspr.; Urteil vom 13. Dezember 2004 - II ZR 409/02, WM 2005, 282 unter II 2). Die Fehlerhaftigkeit des Anteilserwerbs und eine daran anknüpfende Rückwirkungsfolge der Anfechtung ist zwar gemäß § 16 GmbHG auf den Bestand der Gesellschaft und auf die Rechtsbeziehungen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter ohne Einfluss (BGH, Urteil vom 22. Januar 1990, aaO). Davon zu unterscheiden sind die Rechtsbeziehungen zwischen dem Veräußerer und dem Erwerber des Gesellschaftsanteils; in diesem Verhältnis greift die Rückwirkung der Anfechtung mit der Folge, dass die Anteilsübertragung, jedenfalls aber das der Anteilsabtretung zugrunde liegende Verpflichtungsgeschäft im Falle einer berechtigten Anfechtung von Anfang an unwirksam ist (BGH, Urteil vom 13. Dezember 2004, aaO).
20
Es ist zwar richtig, dass im Verhältnis zur Gesellschaft eine vollständige Rückabwicklung nicht möglich ist. Insoweit bestimmt § 16 Abs. 1 GmbHG, dass die Gesellschaft im eigenen Interesse, aber auch zum Schutz von Veräußerer und Erwerber berechtigt und verpflichtet ist, unabhängig von der wahren Rechtslage jeden, der sich einmal ihr gegenüber als Erwerber ausgewiesen hat, so lange als solchen zu behandeln, bis eine Rechtsänderung bei ihr angemeldet und nachgewiesen ist. Wer einen Geschäftsanteil anfechtbar erworben hat, kann sich der Haftung für die zum Zeitpunkt der Anmeldung rückständigen Leis- tungen auf den Geschäftsanteil nicht durch nachträgliche Anfechtung entziehen. Er haftet ferner für die bis zum Widerruf der Anmeldung bzw. zur Anmeldung des wirklichen Gesellschafters fällig gewordenen Leistungen auf den Geschäftsanteil (BGHZ 84, 47, 49 f.; BGH, Urteil vom 22. Januar 1990, aaO; Scholz/Winter, GmbHG, 9. Aufl., § 16 Rdnr. 22; Rowedder/Pentz, GmbHG, 4. Aufl., § 16 Rdnr. 41; a.A. für zum Zeitpunkt des Widerrufs rückständige Leistungen Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, 18. Aufl., § 16 Rdnr. 4, 12; Lutter /Hommelhoff/Bayer, GmbHG 16. Aufl., § 16 Rdnr. 19; Michalski/Ebbing, GmbHG, 2002, § 16 Rdnr. 61). Es ist ferner richtig, dass die Rückabwicklung eines Anteilskaufs erhebliche Probleme bereiten kann (vgl. Senat, Urteil vom 5. Juli 2006 - VIII ZR 172/05, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt, WM 2006, 1829 unter II 2 a; Ballerstedt in Festschrift für Schilling, 1973, S. 289 ff.; Günther in Münchener Vertragshandbuch, Band 2 Wirtschaftsrecht I, 5. Aufl. 2004, III Anm. Nr. 106; Lips/Stratz/Rudo, aaO, § 4 Rdnr. 174, 175); vergleichbare Schwierigkeiten treten aber auch außerhalb des Gesellschaftsrechts auf, etwa bei der Rückabwicklung einer Unternehmensveräußerung oder des Verkaufs einer freiberuflichen Praxis. Diese Umstände rechtfertigen entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts keine Abweichung von den oben zum Ausschluss der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung dargestellten Grundsätzen (BGH, Urteil vom 22. Januar 1990, aaO; Günther, aaO, III 1, 2 Anm. Nr. 98 unter (3)). Bei einer negativen Unternehmensentwicklung dürfte das Risiko der inzwischen eingetretenen nachteiligen Veränderungen im Übrigen in erster Linie den Verkäufer treffen (Günther, aaO, III, 1, 2 Anm. Nr. 106 am Ende; vgl. auch Jedlitschka, Die Rückabwicklung der unwirksamen Übernahme einer GmbH-Anteilsmehrheit, 2004, B II). Es muss daher der Entscheidung des Getäuschten überlassen bleiben, ob er auch angesichts der tatsächlichen Schwierigkeiten der Rückabwicklung und trotz der Rechtsfolgen des § 16 Abs. 1 GmbHG den Anteilserwerb anfechten oder auf die vertragliche Regelung, die für ihn im Einzelfall ebenfalls mit erheblichen Darlegungs- und Beweisproblemen verbunden sein kann, zurückgreifen möchte; für eine Privilegierung des arglistig täuschenden Verkäufers besteht kein Anlass.
21
3. Aus den vorstehenden Ausführungen folgt ferner, dass der Beklagten auch der mit der Widerklage verfolgte Schadensersatzanspruch wegen der für die Gesellschaft getätigten Aufwendungen nicht mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung versagt werden kann.

III.

22
Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben. Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif, da das Berufungsgericht keine Feststellungen zum Vorliegen einer arglistigen Täuschung getroffen hat. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Ball Wiechers Hermanns
Dr. Milger Dr. Koch
Vorinstanzen:
LG Bochum, Entscheidung vom 04.04.2005 - 3 O 333/03 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 19.01.2006 - 27 U 101/05 -
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(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmung

(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten. (2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber
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published on 25/06/2002 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 239/01 Verkündet am: 25. Juni 2002 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein ________
published on 13/12/2004 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 409/02 Verkündet am: 13. Dezember 2004 Boppel Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BG
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published on 06/11/2007 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 182/06 Verkündet am: 6. November 2007 Böhringer-Mangold, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:
published on 21/09/2011 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IV ZR 38/09 vom 21. September 2011 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja HEROS II BGB § 123 Ein im Voraus vertraglich vereinbarter Ausschluss der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung ist mit dem
published on 17/07/2012 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS II ZR 217/10 vom 17. Juli 2012 in dem Rechtsstreit Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. Juli 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann und den Richter Dr. Strohn, die Richterin Dr. Reichart so
published on 12/01/2010 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 37/09 Verkündet am: 12. Januar 2010 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:
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Annotations

(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.

(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.

(1) Im Verhältnis zur Gesellschaft gilt im Fall einer Veränderung in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung als Inhaber eines Geschäftsanteils nur, wer als solcher in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste (§ 40) eingetragen ist. Eine vom Erwerber in Bezug auf das Gesellschaftsverhältnis vorgenommene Rechtshandlung gilt als von Anfang an wirksam, wenn die Liste unverzüglich nach Vornahme der Rechtshandlung in das Handelsregister aufgenommen wird.

(2) Für Einlageverpflichtungen, die in dem Zeitpunkt rückständig sind, ab dem der Erwerber gemäß Absatz 1 Satz 1 im Verhältnis zur Gesellschaft als Inhaber des Geschäftsanteils gilt, haftet der Erwerber neben dem Veräußerer.

(3) Der Erwerber kann einen Geschäftsanteil oder ein Recht daran durch Rechtsgeschäft wirksam vom Nichtberechtigten erwerben, wenn der Veräußerer als Inhaber des Geschäftsanteils in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste eingetragen ist. Dies gilt nicht, wenn die Liste zum Zeitpunkt des Erwerbs hinsichtlich des Geschäftsanteils weniger als drei Jahre unrichtig und die Unrichtigkeit dem Berechtigten nicht zuzurechnen ist. Ein gutgläubiger Erwerb ist ferner nicht möglich, wenn dem Erwerber die mangelnde Berechtigung bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist oder der Liste ein Widerspruch zugeordnet ist. Die Zuordnung eines Widerspruchs erfolgt aufgrund einer einstweiligen Verfügung oder aufgrund einer Bewilligung desjenigen, gegen dessen Berechtigung sich der Widerspruch richtet. Eine Gefährdung des Rechts des Widersprechenden muss nicht glaubhaft gemacht werden.

(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.

(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.

(1) Wird ein anfechtbares Rechtsgeschäft angefochten, so ist es als von Anfang an nichtig anzusehen.

(2) Wer die Anfechtbarkeit kannte oder kennen musste, wird, wenn die Anfechtung erfolgt, so behandelt, wie wenn er die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts gekannt hätte oder hätte kennen müssen.

(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.

(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.

(1) Im Verhältnis zur Gesellschaft gilt im Fall einer Veränderung in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung als Inhaber eines Geschäftsanteils nur, wer als solcher in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste (§ 40) eingetragen ist. Eine vom Erwerber in Bezug auf das Gesellschaftsverhältnis vorgenommene Rechtshandlung gilt als von Anfang an wirksam, wenn die Liste unverzüglich nach Vornahme der Rechtshandlung in das Handelsregister aufgenommen wird.

(2) Für Einlageverpflichtungen, die in dem Zeitpunkt rückständig sind, ab dem der Erwerber gemäß Absatz 1 Satz 1 im Verhältnis zur Gesellschaft als Inhaber des Geschäftsanteils gilt, haftet der Erwerber neben dem Veräußerer.

(3) Der Erwerber kann einen Geschäftsanteil oder ein Recht daran durch Rechtsgeschäft wirksam vom Nichtberechtigten erwerben, wenn der Veräußerer als Inhaber des Geschäftsanteils in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste eingetragen ist. Dies gilt nicht, wenn die Liste zum Zeitpunkt des Erwerbs hinsichtlich des Geschäftsanteils weniger als drei Jahre unrichtig und die Unrichtigkeit dem Berechtigten nicht zuzurechnen ist. Ein gutgläubiger Erwerb ist ferner nicht möglich, wenn dem Erwerber die mangelnde Berechtigung bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist oder der Liste ein Widerspruch zugeordnet ist. Die Zuordnung eines Widerspruchs erfolgt aufgrund einer einstweiligen Verfügung oder aufgrund einer Bewilligung desjenigen, gegen dessen Berechtigung sich der Widerspruch richtet. Eine Gefährdung des Rechts des Widersprechenden muss nicht glaubhaft gemacht werden.