Bundesgerichtshof Urteil, 25. Juli 2003 - V ZR 362/02

bei uns veröffentlicht am25.07.2003

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 362/02 Verkündet am:
25. Juli 2003
Kanik
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: nein
BGHZ: nein
BGHR: ja
VermG § 1 Abs. 3; EGBGB Art. 237 § 1 Abs. 3; BGB § 894
Ein Eigentümer wird durch das Vermögensgesetz nicht gehindert, einen
Grundbuchberichtigungsanspruch (§ 894 BGB) geltend zu machen, wenn ein
Enteignungsbeschluß in der Spätphase der DDR mangels Bekanntgabe an
ihn rechtlich nicht existent geworden ist (Bestätigung von Senat, Urt. v.
12. Mai 2000, V ZR 47/99, NJW 2000, 2419).
BGH, Urteil vom 25. Juli 2003 - V ZR 362/02 - OLG Brandenburg
LG Potsdam
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. Juli 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Lemke und Dr. Gaier

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 26. September 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Vater des Klägers wurde am 21. März 1940 als Eigentümer eines in der Gemarkung der beklagten Gemeinde (im folgenden: Beklagte) gelegenen, unbebauten Grundstücks in das Grundbuch eingetragen. In der DDR stand das Grundstück auf Grund § 6 der Verordnung zur Sicherung von Vermögenswerten vom 17. Juli 1952 zunächst unter vorläufiger Verwaltung des Rates der Gemeinde N. F. . Ausweislich des Bescheides vom 11. April 1990, mit dem der Rat des Kreises P. -Land eine Entschädigung in Höhe von 2.335,50 Mark (DDR) feststellte, war das Grundstück am 7. März 1990 auf
Grund des Baulandgesetzes in Volkseigentum übergegangen. In dem Grundbuch ist seit dem 7. Juni 1990 für das Grundstück Eigentum des Volkes mit Rechtsträgerschaft des Rates der Gemeinde N. F. vermerkt.
Mit Urkunde vom 11. Juni 1990 verlieh der Rat des Kreises P. den Eheleuten T. und G. K. ein Nutzungsrecht an dem Grundstück, das zur Bebauung mit einem Einfamilienhaus und zur Nutzung für persönliche Zwecke berechtigen sollte. Mit notariellem Vertrag vom 27. Juni 1990 verkaufte die Beklagte das Grundstück an die Eheleute K. zum Preis von 3.028,50 Mark (DDR). Zu einer Umschreibung des Eigentums auf die Käufer kam es nicht; das Grundstück ist noch immer unbebaut.
Der Kläger ist Erbeserbe nach seinem Vater. Er verlangt von der Beklagten , zur Berichtigung des Grundbuchs seiner Eintragung als Eigentümer des Grundstücks zuzustimmen. Nach Stattgabe durch das Landgericht hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Mit seiner - in dem Berufungsurteil zugelassenen - Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in VIZ 2003, 77 veröffentlicht ist, hält die Klage für unzulässig. Der Rechtsweg vor die ordentlichen Ge-
richte sei nicht eröffnet, vielmehr könne der Kläger seinen Anspruch nur im Verwaltungsverfahren nach dem Vermögensgesetz und anschließend im Verwaltungsrechtsweg verfolgen. Entgegen der Auffassung des Bundesgerichtshofes und mit dem Bundesverwaltungsgericht sei davon auszugehen, daß auch bei Enteignungen in der Spätphase der DDR dem Vermögensgesetz Vorrang vor dem Zivilrecht und insbesondere einem Grundbuchberichtigungsanspruch zukomme.
Das hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

II.


1. Allerdings rügt die Revision ohne Erfolg, daß das Berufungsgericht über die Unzulässigkeit des Zivilrechtswegs durch klageabweisendes Prozeßurteil entschieden hat. Insoweit ist dem Berufungsgericht kein Verfahrensfehler unterlaufen. Zwar trifft es zu, daß bei Unzulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs dies nach § 17 a Abs. 2 Satz 1 GVG von Amts wegen auszusprechen und der Rechtsstreit an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs zu verweisen ist; eine Klageabweisung durch Prozeßurteil wird hierdurch ausgeschlossen (BGH, Beschl. v. 19. Dezember 1996, III ZB 105/96, NJW 1998, 909, 910). Diese Regelung kann jedoch in den Ausnahmefällen keine Anwendung finden, in denen eine Verweisung des Rechtsstreits an die Verwaltungsgerichtsbarkeit ausscheidet. Das gilt namentlich, wenn über den Rückübertragungsanspruch nach dem Vermögensgesetz in dem dafür vorgesehenen Verwaltungsverfahren noch nicht entschieden ist und daher eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle keinen Sinn ergibt (vgl. Senat, Beschl. v.
19. November 1992, V ZB 37/92, NJW 1993, 332, 333; Beschl. v. 30. Oktober 1997, V ZB 8/96, VIZ 1998, 96, 97 m.w.N.; BGH, Beschl. v. 3. August 1995, IX ZB 80/94, VIZ 1995, 644, 645). Kommt eine Verweisung nicht in Betracht, so geht die durch § 17 a Abs. 2 Satz 3 GVG bestimmte Bindungswirkung ins Leere und die mit der Regelung erstrebte Verfahrensbeschleunigung läßt sich nicht erreichen; der Rechtsstreit ist im Gegenteil zu einer abschließenden Entscheidung durch Prozeßurteil reif. Der Normzweck rechtfertigt es daher nicht, den Erlaß eines Prozeßurteils in solcher Lage als Verstoß gegen § 17 a Abs. 2 Satz 1 GVG zu behandeln (vgl. Senat, Beschl. v. 19. November 1992, aaO; Musielak/Wittschier, ZPO, 3. Aufl., § 17 a GVG Rdn. 5). Im vorliegenden Fall liegen die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Entscheidung durch Prozeßurteil vor. Die Verweisung des Rechtsstreits an ein Verwaltungsgericht kommt nicht in Betracht, weil nach den Feststellungen des Berufungsgerichts über den bereits im Dezember 1990 gestellten Antrag des Klägers auf Rückübertragung des Grundstücks noch immer nicht entschieden ist.
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist im vorliegenden Fall der Zivilrechtsweg eröffnet.

a) An einer Prüfung der Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs ist der Senat nicht durch § 17 a Abs. 5 GVG gehindert. Nach dieser Bestimmung findet eine Überprüfung des Rechtswegs nur dann nicht mehr statt, wenn das Rechtsmittelgericht über eine Entscheidung in der Hauptsache zu befinden hat. Das setzt voraus, daß nach einer Entscheidung über den Rechtsweg eine Entscheidung in einer weiteren Sachfrage getroffen worden ist (vgl. BGHZ 119, 246, 249 f). Daran fehlt es hier; denn das Berufungsurteil befaßt sich aus-
schließlich mit der Frage der Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs zu den ordentlichen Gerichten.

b) Zur Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch auf Grundbuchberichtigung (§ 894 BGB) sind die ordentlichen Gerichte berufen (§ 13 GVG). Dem stehen die durch das Vermögensgesetz auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht exklusiv ausgestatteten Rechtsschutzmöglichkeiten (vgl. Senat, Beschl. v. 19. November 1992, aaO) im vorliegenden Fall nicht entgegen.
aa) Hat der Kläger sein Eigentum an dem Grundstück nicht verloren, so kann er von der Beklagten die Zustimmung zur Grundberichtigung verlangen (vgl. Senat, Urt. v. 12. Mai 2000, V ZR 47/99, NJW 2000, 2419). Der Kläger blieb Eigentümer, wenn der Enteignungsbeschluß (§ 12 Abs. 3 BaulG) rechtlich nicht existent wurde, weil entgegen § 20 BaulG, § 9 Abs. 3 BaulG-DVO eine Bekanntgabe ihm gegenüber unterblieben ist (vgl. Senat, BGHZ 129, 112, 116 ff; Urt. v. 12. Mai 2000, aaO, 2420). Dem Kläger selbst ist der Enteignungsbeschluß unstreitig nicht bekanntgemacht worden. Zu einer Bekanntgabe an einen verfügungsbefugten Verwalter, die für ein Wirksamwerden des Enteignungsbeschlusses ausreichen könnte (vgl. Senat, BGHZ 129, 112, 121 f; Urt. v. 12. Mai 2000, aaO), hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Für das Revisionsverfahren ist daher zugunsten des Klägers zu unterstellen , daß auch eine solche Bekanntgabe unterblieben ist und ihm demnach der eingeklagte Berichtigungsanspruch zusteht.
bb) Ein Verlust des Eigentums nach Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB scheitert bereits an der Fristhemmung wegen des anhängigen Restitutionsverfahrens (Art. 237 § 2 Abs. 4 Satz 2 EGBGB). Auch eine Heilung nach Art. 237 § 1
Abs. 3 EGBGB ist ausgeschlossen; denn der Enteignung kommt im vorliegenden Fall der Charakter einer unlauteren Machenschaft im Sinne des Vermö- gensrechts (§ 1 Abs. 3 VermG) zu. Eine Enteignung, die wie hier gegenüber einem Westeigentümer unter dessen bewußter Nichtbeteiligung in der Spätphase der DDR nach dem 18. Oktober 1989, dem Rücktritt des Staatsratsvorsitzenden Honecker, durchgeführt wurde, stellt grundsätzlich eine schädigende Maßnahme nach § 1 Abs. 3 VermG dar (Senat, Urt. v. 12. Mai 2000, aaO, 2419). Abgesehen davon, daß dieser - ausdrücklich als solcher formulierte - Grundsatz es erlaubt, dem jeweils im Einzelfall erreichten Niveau des Wandlungsprozesses der DDR zu einem Rechtsstaat Rechnung zu tragen, weicht der Senat damit nicht in einer Weise, die für die vorliegende Entscheidung erheblich ist, von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ab. Eine Vorlage an den Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes kommt daher nicht in Betracht (vgl. GemSOGB, BGHZ 75, 340, 342). Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht seine - vom Senat herangezogene - Entscheidung vom 28. April 1999 (BVerwGE 109, 81) durch zwei spätere Beschlüsse (ZOV 2001, 360, 361; 2002, 120, 121) dahin klargestellt, daß der geschilderte Grundsatz für den Zeitraum bis zur Verlautbarung des Schreibens des Staatssekretärs im Ministerium der Finanzen und Preise sowie des Leiters des Amtes für Rechtsschutz des Vermögens der DDR an den ersten Stellvertreter der Vorsitzenden der Räte der Bezirke vom 26. Januar 1990 (abgedruckt in ZOV 1996, 412) nicht gelte, vielmehr könne die Frage, ob formale Verstöße gegen die Vorschriften des Baulandgesetzes der DDR als manipulativ zu werten seien , nur unter umfassender Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalles beantwortet werden. Die hier zu prüfende Enteignung erfolgte aber erst in der Zeit nach dem genannten Schreiben, so daß auch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Voraussetzungen einer unlauteren
Machenschaft nach § 1 Abs. 3 VermG erfüllt sind. Umstände, die eine Ausnahme von dem geschilderten Grundsatz begründen könnten, sind nicht gegeben. Es spricht im Gegenteil alles dafür, daß in manipulativer, sittlich vorwerfbarer Weise unter Verstoß gegen die Rechtsordnung der DDR nicht "alles mit rechten Dingen" zugegangen ist. So fehlt etwa jeder Hinweis dafür, daß vor dem Entzug des Eigentums die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 BaulG und im Hinblick auf den angeblich beabsichtigten Eigenheimbau die weiteren Voraussetzungen des § 12 Abs. 4 BaulG in die Prüfung einbezogen wurden.

c) Die Verwirklichung des Tatbestandes unlauterer Machenschaften nach § 1 Abs. 3 VermG hindert den Kläger indessen nicht, die zivilrechtlichen Folgen einer unwirksamen Enteignung vor den Zivilgerichten geltend zu machen.
aa) Nach der Rechtsprechung des Senats findet der Vorrang des Vermögensgesetzes , der zur Wahrung eines sozialverträglichen Ausgleichs und zum Schutz des redlichen Erwerbers zu respektieren ist, dort seine Grenzen, wo der fehlerhafte Erwerb auch im System des funktionierenden Sozialismus keinen Bestand gehabt hätte.
(1) Unter den geschilderten Umständen ist der Erwerb mit dem allgemeinen Verkehrsrisiko belastet, das derjenige, der seinen Erwerb auf eine Unrechtshandlung zurückführt, mit jedem anderen teilt, der am Rechtsverkehr in der DDR teilgenommen hatte. Zu dem Bereich des allgemeinen Verkehrsrisikos zählen auch solche Mängel, die auf Grund der veränderten tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse in der Spätphase der DDR den Erwerb erschüttert hätten. Da der Beginn dieser Phase durch den Rücktritt Honeckers am
18. Oktober 1989 markiert wird, kann von diesem Zeitpunkt an die vermögens- rechtliche Abwicklung regelmäßig keinen Vorrang mehr gegenüber dem Zivilrecht beanspruchen (Senat, Urt. v. 12. Mai 2000, aaO, 2420; vgl. auch Senat, BGHZ 145, 383, 387; Urt. v. 14. Januar 2000, V ZR 439/98, WM 2000, 1105, 1107). Gesichtspunkte des redlichen Erwerbs bleiben hierbei ohne Bedeutung, weil sie in erster Linie an wirksame Unrechtsgeschäfte anknüpfen und deren von dem Vermögensgesetz erst eröffneten Rückabwicklung sozialverträgliche Grenzen setzen sollen (Senat, Urt. v. 14. Januar 2000, aaO). Der Rechtsprechung des Senats kann aus diesem Grunde nicht entgegengehalten werden, sie lasse sich mit dem durch § 4 Abs. 2 Satz 2 VermG erstrebten sozialen Ausgleich nicht vereinbaren (BVerwG, ZOV 2001, 360, 361; Fritsche, NJ 2000, 650 f; Hermann, OV-spezial 2000, 350, 353 f; Kolb, NJ 2003, 209). Der Befriedungsfunktion der Ausschlußfrist des § 30 a VermG ist in diesem Zusammenhang ebensowenig ein Argument zu entnehmen (a.A. BVerwG, ZOV 2001, 360, 361), weil sich hier das allgemeine Verkehrsrisiko realisiert und nicht etwa eine Rückabwicklung durch das Vermögensgesetz erst eröffnet werden muß.
(2) Gegen die Auffassung des Senats spricht ferner nicht die Regelung, die der Gesetzgeber in Art. 237 § 1 Abs. 3 EGBGB getroffen hat. Gegenstand dieser Vorschrift ist lediglich die Abgrenzung des Anwendungsbereichs des Vermögensgesetzes von dem Anwendungsbereich des Art. 237 § 1 EGBGB (Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 13/7275 S. 42). Um den Restitutionsanspruch des (früheren) Eigentümers nicht zu gefährden, soll verhindert werden, daß die durch Art. 237 § 1 EGBGB eröffneten Heilungsmöglichkeiten auch Sachverhalte erfassen, die den Tatbestand des Vermögensgesetzes erfüllen (Senat, Urt. v. 12. Mai 2000, aaO, 2420). Eine weitergehende Regelung hat der Gesetzgeber nicht getroffen. Hierfür mag seine Ein-
schätzung der Rechtsprechung der zuständigen obersten Gerichtshöfe des Bundes maßgebend gewesen sein, dies genügt jedoch nicht, um einen "unmißverständlich geäußerten Willen des Gesetzgebers" feststellen zu können, der darauf gerichtet sein soll, daß das Vermögensgesetz in seinem Anwendungsbereich eine abschließende Sonderregelung enthalte und mithin zivilrechtliche Ansprüche verdränge (so aber BVerwG, ZOV 2001, 360, 361). Der in ihr zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers ist entscheidend für die Auslegung einer gesetzlichen Vorschrift (BGHZ 49, 221, 223 m.w.N.); an einem Gesetz, das eine Regelung für den vorliegenden Fall trifft, fehlt es aber gerade.
bb) Der Senat sieht danach keinen Anlaß, seine bisherige Rechtsprechung aufzugeben. Er weicht hiermit nicht von der Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts zu einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage ab; eine Vorlage an den Gemeinsamen Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes kommt demnach auch unter diesem Gesichtspunkt nicht in Betracht (vgl. GemSOGB, BGHZ 88, 353, 357; 91, 111, 114). Das Bundesverwaltungsgericht (ZOV 2001, 360, 361) hat zwar Art. 237 § 1 EGBGB dahin ausgelegt, daß nach dieser Vorschrift zivilrechtliche Ansprüche auch bei Vorgängen nach dem 18. Oktober 1989 verdrängt seien. Dieser Beschluß hat aber nur die Prüfung einer Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zum Gegenstand. Entsprechend der Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte befaßt sich die Entscheidung nur mit dem Klärungsbedarf hinsichtlich einer Rechtsfrage zu § 1 Abs. 3 VermG. Demgemäß hat das Bundesverwaltungsgericht selbst in der genannten Entscheidung seine Auslegung des Art. 237 § 1 EGBGB ausdrücklich als nicht entscheidungserheblich bezeichnet.
3. Das angefochtene Urteil kann danach keinen Bestand haben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif, weil das Berufungsgericht keine Feststellungen zu einer Bekanntgabe des Enteignungsbeschlus -
ses an einen etwa verfügungsbefugten Verwalter (vgl. Senat, BGHZ 129, 112, 121 f) getroffen hat. Damit dies nachgeholt werden kann, ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 3 ZPO).
Wenzel Tropf Krüger Lemke Gaier

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils


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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 255/04 Verkündet am: 24. Februar 2006 W i l m s, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Referenzen

(1) Dieses Gesetz regelt vermögensrechtliche Ansprüche an Vermögenswerten, die

a)
entschädigungslos enteignet und in Volkseigentum überführt wurden;
b)
gegen eine geringere Entschädigung enteignet wurden, als sie Bürgern der früheren Deutschen Demokratischen Republik zustand;
c)
durch staatliche Verwalter oder nach Überführung in Volkseigentum durch den Verfügungsberechtigten an Dritte veräußert wurden;
d)
auf der Grundlage des Beschlusses des Präsidiums des Ministerrates vom 9. Februar 1972 und im Zusammenhang stehender Regelungen in Volkseigentum übergeleitet wurden.

(2) Dieses Gesetz gilt des weiteren für bebaute Grundstücke und Gebäude, die auf Grund nicht kostendeckender Mieten und infolgedessen eingetretener oder unmittelbar bevorstehender Überschuldung durch Enteignung, Eigentumsverzicht, Schenkung oder Erbausschlagung in Volkseigentum übernommen wurden.

(3) Dieses Gesetz betrifft auch Ansprüche an Vermögenswerten sowie Nutzungsrechte, die auf Grund unlauterer Machenschaften, zum Beispiel durch Machtmißbrauch, Korruption, Nötigung oder Täuschung von seiten des Erwerbers, staatlicher Stellen oder Dritter, erworben wurden.

(4) Dieses Gesetz regelt ferner die Aufhebung der

-
staatlichen Treuhandverwaltung über Vermögenswerte von Bürgern, die das Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik ohne die zum damaligen Zeitpunkt erforderliche Genehmigung verlassen haben;
-
vorläufigen Verwaltung über Vermögenswerte von Bürgern der Bundesrepublik Deutschland und Berlin (West) sowie von juristischen Personen mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland oder Berlin (West), die Staatsorganen der Deutschen Demokratischen Republik durch Rechtsvorschrift übertragen wurde;
-
Verwaltung des ausländischen Vermögens, die der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik übertragen wurde
(im folgenden staatliche Verwaltung genannt) und die damit im Zusammenhang stehenden Ansprüche der Eigentümer und Berechtigten.

(5) Dieses Gesetz schließt die Behandlung von Forderungen und anderen Rechten in bezug auf Vermögenswerte gemäß den Absätzen 1 bis 4 ein.

(6) Dieses Gesetz ist entsprechend auf vermögensrechtliche Ansprüche von Bürgern und Vereinigungen anzuwenden, die in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945 aus rassischen, politischen, religiösen oder weltanschaulichen Gründen verfolgt wurden und deshalb ihr Vermögen infolge von Zwangsverkäufen, Enteignungen oder auf andere Weise verloren haben. Zugunsten des Berechtigten wird ein verfolgungsbedingter Vermögensverlust nach Maßgabe des II. Abschnitts der Anordnung BK/O (49) 180 der Alliierten Kommandantur Berlin vom 26. Juli 1949 (VOBl. für Groß-Berlin I S. 221) vermutet.

(7) Dieses Gesetz gilt entsprechend für die Rückgabe von Vermögenswerten, die im Zusammenhang mit der nach anderen Vorschriften erfolgten Aufhebung rechtsstaatswidriger straf-, ordnungsstraf- oder verwaltungsrechtlicher Entscheidungen steht.

(8) Dieses Gesetz gilt vorbehaltlich seiner Bestimmungen über Zuständigkeiten und Verfahren nicht für

a)
Enteignungen von Vermögenswerten auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage; Ansprüche nach den Absätzen 6 und 7 bleiben unberührt;
b)
vermögensrechtliche Ansprüche, die seitens der Deutschen Demokratischen Republik durch zwischenstaatliche Vereinbarungen geregelt wurden;
c)
Anteilrechte an der Altguthabenablösungsanleihe;
d)
Ansprüche von Gebietskörperschaften des beitretenden Gebiets gemäß Artikel 3 des Einigungsvertrages, soweit sie vom Kommunalvermögensgesetz vom 6. Juli 1990 (GBl. I Nr. 42 S. 660) erfasst sind.

Steht der Inhalt des Grundbuchs in Ansehung eines Rechts an dem Grundstück, eines Rechts an einem solchen Recht oder einer Verfügungsbeschränkung der in § 892 Abs. 1 bezeichneten Art mit der wirklichen Rechtslage nicht im Einklang, so kann derjenige, dessen Recht nicht oder nicht richtig eingetragen oder durch die Eintragung einer nicht bestehenden Belastung oder Beschränkung beeinträchtigt ist, die Zustimmung zu der Berichtigung des Grundbuchs von demjenigen verlangen, dessen Recht durch die Berichtigung betroffen wird.

Vor die ordentlichen Gerichte gehören die bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die Familiensachen und die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Zivilsachen) sowie die Strafsachen, für die nicht entweder die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichten begründet ist oder auf Grund von Vorschriften des Bundesrechts besondere Gerichte bestellt oder zugelassen sind.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 47/99 Verkündet am:
12. Mai 2000
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
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VermG § 1 Abs. 3; EGBGB Art. 237 § 1 Abs. 3; BGB § 894
Enteignungen auf der Grundlage des DDR-Baulandgesetzes in der Spätphase der
DDR nach dem 18. Oktober 1989 gegenüber Westeigentümern unter
deren bewußter Nichtbeteiligung stellen grundsätzlich eine schädigende Maßnahme
Die vermögensrechtliche Abwicklung kann in dieser Zeit aber keinen Vorrang vor
dem Zivilrecht mehr beanspruchen. Der Eigentümer kann deshalb im Wege der
Grundbuchberichtigungsklage (§ 894 BGB) geltend machen, der Enteignungsbeschluß
sei mangels Bekanntgabe an ihn nicht existent geworden.
BGH, Urt. v. 12. Mai 2000 - V ZR 47/99 - OLG Brandenburg
LG Frankfurt/Oder
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Mai 2000 durch die Richter Dr. Vogt, Schneider, Prof. Dr. Krüger,
Dr. Klein und Dr. Lemke

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 20. November 1998 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger verlangt von der beklagten Gemeinde Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs für zwei Grundstücke. Diese standen ursprünglich im Eigentum des am 14. Dezember 1979 in Berlin-West verstorbenen W. B. Sein Erbe ist der Kläger. Auf der Grundlage einer Beschlußvorlage des Rates der Gemeinde Z. vom 29. Juni 1989 beschloß der Rat des Kreises B. am 12. Dezember 1989, die erwähnten Grundstücke zur "Durchführung der geplanten Baumaßnahmen - Neubau von 2 Eigenheimen - gemäß § 12 des Baulandgesetzes" in Volkseigentum zu überführen. In der Begründung ist ausgeführt, daß die Enteignung zur planmäßigen Durchführung der genannten Baumaßnahmen erforderlich sei. Verhandlungen zum freihändigen Ankauf hätten nicht geführt werden können, weil der Eigentümer auf Veräußerungsangebote der Bauwilligen
nicht reagiert habe. Die bisherigen Eigentümer sollten eine Entschädigung erhalten. Der Bescheid wurde dem Kläger nicht zugestellt; er trägt einen amtlichen Vermerk, daß er seit 15. Januar 1990 rechtskräftig sei. Auf der Grundlage eines Rechtsträgernachweises vom 14. Februar 1990 wurde im Grundbuch am 18. April 1990 das "Eigentum des Volkes, Rechtsträger : Rat der Gemeinde Z..." eingetragen. Mit Feststellungsbescheid des Rates des Kreises vom 19. Juni 1990 wurde eine Entschädigung in Höhe von 5.754 Mark festgesetzt. Darin heißt es, daß der Eigentümer vom Rat der Gemeinde Z. vertreten werde. Der Kläger vertritt die Ansicht, Volkseigentum sei nicht begründet worden , eine Heilung der unwirksamen Enteignung nach Art. 237 § 1 EGBGB sei nicht eingetreten. Er hat beantragt, die beklagte Gemeinde zu verurteilen, einer Grundbuchberichtigung dahin zuzustimmen, daß er (der Kläger) Eigentümer der beiden Grundstücke ist. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben. Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten, deren Zurückweisung der Kläger beantragt.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht bejaht einen Anspruch des Klägers nach § 894 BGB. Es verneint einen Vorrang des Vermögensgesetzes, weil weder der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Buchst. a VermG noch der des § 1 Abs. 3 VermG vorliege. Es hält die Enteignung schon deshalb für unwirksam, weil die erforderli-
che Zustellung unterblieben sei. Eine Heilung nach Art. 237 § 1 Abs. 1 EGBGB sei nicht eingetreten, weil im konkreten Fall nach dem Baulandgesetz eine Enteignung nicht möglich gewesen sei. Das Subsidiaritätsprinzip sei verletzt. Im übrigen seien die Grundstücke auch nicht für konkrete Bauvorhaben benötigt worden.

II.


Die Revision hat keinen Erfolg. Der Kläger kann von der Beklagten die Zustimmung zur Grundbuchberichtigung verlangen (Art. 233 § 2 Abs. 1 EGBGB i.V.m. § 894 BGB).
1. a) Unzutreffend verneint das Berufungsgericht die Anwendbarkeit des Vermögensgesetzes. Allerdings wird eine Enteignung nach dem Baulandgesetz von den Tatbeständen des § 1 Abs. 1 Buchst. a und b VermG nicht erfaßt. Das gilt grundsätzlich unabhängig davon, ob die in den Entschädigungsvorschriften der DDR vorgesehenen Entschädigungspflicht im Einzelfall erfüllt wurde, oder ob die Entschädigung nicht festgesetzt, nicht ausgezahlt, verrechnet oder sonst der Verfügungsmacht des Eigentümers vorenthalten blieb (BGHZ 129, 112, 115). Hier wurde im übrigen eine Entschädigung festgesetzt, und es gibt auch keinen Anhaltspunkt dafür, daß sie geringer war, als sie Bürgern der DDR zustand. Die Enteignung hat hier aber den Charakter einer unlauteren Machenschaft (§ 1 Abs. 3 VermG). Wie der Senat in BGHZ 129, 115 in Übereinstimmung mit dem Bundesverwaltungsgericht ausgeführt hat, kann eine Enteignung nach dem Baulandgesetz diesen Tatbestand erfüllen, wenn z.B. die staatlichen
Organe ein den gesetzlichen Bestimmungen entsprechendes Vorhaben nur vorgeschoben hatten. Das Berufungsgericht stellt selbst in anderem Zusammenhang fest, daß die in Anspruch genommenen Grundstücke des Klägers vom Rat der Gemeinde Z. gar nicht als Bauland benötigt wurden und ein konkreter Enteignungszweck nicht gegeben war. Diese Feststellung wird von der Revision nicht angegriffen. Dann aber ergibt sich daraus, daß der Rat der Gemeinde Z. ein entsprechendes Vorhaben (Bau von zwei Eigenheimen) nur vorgeschoben hatte, wobei unerheblich ist, ob - wegen des anderslautenden Inhalts der Beschlußvorlage - auch der Rat des Kreises von diesem Fehlen eines Enteignungszwecks Kenntnis hatte. Darüber hinaus stellt nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (VIZ 1999, 523 ff), die das Berufungsgericht bei Erlaß seines Urteils noch nicht berücksichtigen konnte, die Durchführung von Enteignungen gegenüber Westeigentümern unter deren bewußter Nichtbeteiligung in der Spätphase der DDR nach dem 18. Oktober 1989 (Rücktritt des Staatsratsvorsitzenden Honecker) grundsätzlich eine schädigende Maßnahme nach § 1 Abs. 3 VermG dar. Hier geht es um eine Enteignung nach diesem Zeitpunkt, die unstreitig gravierende formelle und materielle Mängel aufweist, die zeigen, daß hier in manipulativer, sittlich vorwerfbarer Weise unter Verstoß gegen die Rechtsordnung der DDR nicht "alles mit rechten Dingen" zugegangen ist. Die für Enteignungen vor dem 18. Oktober 1989 aufgestellten Maßstäbe (BVerwGE 104, 186, 190) lassen sich auf den vorliegenden Fall nicht übertragen (vgl. auch BVerwG, VIZ 1999, 523, 524).
Nach dem 18. Oktober 1989 waren indes zahlreiche Normen erlassen worden, die zu einem Wandel des sozialistischen Staates in einen Rechtsstaat beitrugen. Der Senat nimmt insoweit Bezug auf die Darstellung des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 28. April 1999 (VIZ 1999, 525). Vor diesem
Hintergrund haben die zuständigen DDR-Behörden vorwiegend Westeigentum gewissermaßen in "letzter Minute" unter klarem Verstoß gegen die Rechtsnormen des Baulandgesetzes entzogen. Sie haben - wie das Berufungsgericht in anderem Zusammenhang ausführt - den Subsidiaritätsgrundsatz nicht beachtet. Es hätte nämlich zunächst versucht werden müssen, einen freihändigen Erwerb durch Vertrag zustande zu bringen (§ 4 Satz 2, § 11 BaulG). Dies wiederholt auch § 9 Abs. 1 der DVO zum BaulG. Dem Antrag auf Entzug des Eigentums waren die erforderlichen Unterlagen nach Anlage 1 der DVO beizufügen (§ 8 DVO/BaulG). Dazu gehörte der "Nachweis" gescheiterter Verhandlungen mit dem Eigentümer oder Verfügungsberechtigten über den Eigentumserwerb (Protokoll, Niederschrift, Schriftverkehr; Anlage 1 DVO/BaulG dort Nr. 5). Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür - und die Beklagte trägt dazu auch nichts vor -, daß auch nur versucht worden wäre, den in Westdeutschland lebenden Eigentümer oder dessen Erben ausfindig zu machen und mit ihm Kontakt aufzunehmen. Vor diesem Hintergrund bleibt sowohl die in der Beschlußvorlage als auch im Enteignungsbeschluß selbst gegebene Begründung, es hätten keine Verhandlungen zum freihändigen Ankauf geführt werden können, weil der Eigentümer auf Veräußerungsgebote nicht reagiert habe, substanzlos. Dazu kommt, daß nach den unangefochtenen Feststellungen des Berufungsgerichts die Grundstücke als Bauland nicht benötigt wurden, eine konkrete Baumaßnahme nicht beabsichtigt war und damit die materielle Grundlage der Enteignung fehlte (§ 12 Abs. 2 und Abs. 4 BaulG). Demgemäß benannte der Rat der Gemeinde auch nicht die Namen von Bauinteressenten.
Auf der Linie einer "manipulativen" Enteignung liegt es schließlich, daß der Enteignungsbeschluß dem betroffenen Eigentümer entgegen der ausdrücklichen Bestimmung in § 20 Satz 2 BaulG nicht bekannt gegeben und so-
gar die Rechtskraft des Beschlusses amtlich bestätigt wurde, obwohl mangels Zustellung eine Beschwerdefrist nicht in Lauf gesetzt worden sein kann (§ 21 Abs. 1 Satz 2 BaulG). Abgerundet wird dieses Bild durch die von der Beklagten vorgelegten Beschlußvorlagen vom 28. Juni 1989, 13. Juli 1989 und 14. September 1989 zu weiteren Enteignungen, die sich alle auf Grundstücke von in Berlin-West lebenden Eigentümern beziehen und in denen mit wortgleich unsubstantiierten Ausführungen eine Beteiligung der betroffenen Eigentümer umgangen wurde.
Bei dieser Sachlage hält es der Senat nicht mehr für ausschlaggebend, daß - anders als in dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall - die Enteignung nicht auf der Grundlage einer Globalliste erfolgte und es das Schreiben des Staatssekretärs im Ministerium der Finanzen vom 26. Januar 1990 (vgl. ZOV 1996, 412) noch nicht gab, in dem eine genaue Einzelfallprüfung am Prinzip der Rechtsstaatlichkeit angemahnt wurde. Das Bundesverwaltungsgericht hält ohnehin eine individuelle Kenntnis der DDR-Bediensteten von diesem Schreiben nicht für entscheidend.

b) Die genannte zeitliche Zäsur setzt aber nicht nur andere Maßstäbe für die Beurteilung des Tatbestandes nach § 1 Abs. 3 VermG, sondern sie ist auch von Bedeutung für die Frage, ob die vermögensrechtliche Abwicklung noch Vorrang vor dem Zivilrecht, insbesondere dem Berichtigungsanspruch nach § 894 BGB (vgl. z.B. BGHZ 122, 204, 207 m.w.N.) hat. Auch wenn die hier zu beurteilende Enteignung den Tatbestand von § 1 Abs. 3 VermG erfüllt, ist der Kläger nicht gehindert, die zivilrechtlichen Folgen einer unwirksamen Enteignung (Unrichtigkeit des Grundbuchs) vor den Zivilgerichten geltend zu machen (vgl. dazu Senatsurt. v. 14. Januar 2000, V ZR 439/98, zur Veröffentlichung
bestimmt). Der Vorrang des Vermögensgesetzes ist nach der Senatsrechtsprechung um des sozialverträglichen Ausgleichs zwischen dem Rückerstattungsinteresse des Berechtigten und dem Schutz des redlichen Erwerbers willen gerechtfertigt (BGHZ 118, 34, 38 ff). Dieser besondere Schutz findet aber dort seine Grenzen, wo der fehlerhafte Erwerb auch im System des funktionierenden Sozialismus keinen Bestand gehabt hätte. In solchen Fällen ist der Erwerb mit dem allgemeinen Verkehrsrisiko belastet, das derjenige, der seinen Erwerb auf eine Unrechtshandlung zurückführt, mit jedem anderen teilt, der am Rechtsverkehr in der DDR teilgenommen hatte (BGHZ 120, 204). Zivilrechtlich unbeachtlich bleiben damit nur Mängel, die wegen ihres Zusammenhangs mit dem staatlichen Unrecht und weil sie typischerweise hierbei aufgetreten sind, den Bestand des Erwerbs nicht gefährdet hätten (BGHZ 130, 231). Als zeitliche Grenze für das auf diese Umstände gestützte Vertrauen kann regelmäßig der 18. Oktober 1989 (Rücktritt Honeckers) angesehen werden. Danach muß darauf abgestellt werden, ob der aufgetretene Mangel unter den neuen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen den Erwerb erschüttert hätte. Der Senat hat dies im Urteil vom 14. Januar 2000 (aaO) für den unterstellten Tatbestand nach § 1 Abs. 1 Buchst. c VermG im Zusammenhang mit einer unwirksamen Verwalterbestellung nach Aufhebung der Anordnung Nr. 2 angenommen. Mit Rücksicht auf die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts (VIZ 1999, 523 ff) zu Enteignungen, die nach dem 18. Oktober 1989 unter bewußter Nichtbeteiligung von Westeigentümern erfolgten, ist kein Grund ersichtlich, dies im vorliegenden Fall für den Tatbestand des § 1 Abs. 3 VermG nunmehr anders zu beurteilen. Ergänzend sei darauf hingewiesen, daß seit 1. Juli 1989 in der DDR das Gesetz über die Zuständigkeit und das Verfahren der Gerichte zur Nachprüfung von Verwaltungsentscheidungen in Kraft getreten war (DDR GBl. I S. 327). Der betroffene Eigentümer hätte demnach im Falle einer Zu-
rückweisung seiner Beschwerde (§ 21 BaulG) die gerichtliche Nachprüfung der Enteignungsmaßnahme verlangen (§ 3 des genannten Gesetzes) und insoweit eine umfassende Nachprüfung dahin erreichen können, ob die für die Verwaltungsentscheidung maßgeblichen Vorschriften eingehalten worden waren (§ 9 des Gesetzes). Da kurz nach der vorliegenden Enteignung am 26. Januar 1990 eine Verlautbarung des Staatssekretärs im Ministerium der Finanzen erging (vgl. ZOV 1996, 412), wonach auch bei der Enteignung von Westeigentum eine genaue Einzelfallprüfung unter Beachtung rechtsstaatlicher Grundsätze notwendig war, läßt sich nicht mehr annehmen, diese Prüfung wäre in der DDR nicht ernstgenommen worden und die unwirksame Enteignung hätte Bestand gehabt.
2. Zutreffend hält das Berufungsgericht den Enteignungsbeschluß für nichtig, weil er mangels zwingend vorgeschriebener Bekanntgabe an den betroffenen Eigentümer (§ 20 BaulG, § 9 Abs. 3 DVO/BaulG) rechtlich nicht existent wurde und damit auch nicht zur Begründung von Volkseigentum führen konnte (BGHZ 129, 112, 116 ff). Auszuscheiden hat auch die Möglichkeit, daß der Bescheid etwa einem verfügungsberechtigten Verwalter zugestellt wurde (vgl. BGHZ, aaO, S. 121 ff). Die Beschlußvorlage des Rates der Gemeinde stellt ausdrücklich fest, es existiere kein verfügungsberechtigter Verwalter in der DDR. Etwas anderes ist weder behauptet noch festgestellt. Dies alles zieht die Revision nicht in Zweifel.
3. Soweit das Berufungsgericht eine Heilung des Mangels nach Art. 237 § 1 Abs. 1 EGBGB verneint und die Revision hiergegen Rügen erhebt, kann dies alles dahinstehen. Diese Vorschrift ist im vorliegenden Fall nicht anwendbar , weil - wie oben unter Ziff. II 1 a ausgeführt - ein Sachverhalt vorliegt, der
den Tatbestand von § 1 VermG erfüllt (Art. 237 § 1 Abs. 3 EGBGB). In solchen Fällen hat der Gesetzgeber generell eine Heilungsmöglichkeit ausgeschlossen.
Soweit die genannte Heilungsvorschrift darauf verweist, es gelte das Vermögensgesetz, ist dies nicht dahin zu verstehen, das Restitutionsverfahren verdränge auch im vorliegenden Fall zivilrechtliche Ansprüche. In der entsprechenden Gesetzesbegründung heißt es zwar, es bedürfe im Anwendungsbereich des Vermögensgesetzes keiner Regelung für fehlerhafte Überführungen in Volkseigentum, weil nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesgerichtshofes diese Fälle einheitlich nach dem Vermögensgesetz zu behandeln seien und dieses Gesetz in seinem Anwendungsbereich eine abschließende Sonderregelung darstelle (BT-Drucks. 13/7275 S. 42). Diese Begründung zeigt aber nur, daß der Gesetzgeber der damaligen Rechtsprechung Rechnung tragen wollte, die nach wie vor für Fälle vor dem 18. Oktober 1989 gilt. Daraus läßt sich aber nicht ableiten, das Vermögensgesetz verdränge unabhängig von den Ausführungen unter II 1 b auf der Grundlage der neueren Rechtsprechung des Senats auch den hier gegebenen Berichtigungsanspruch. Sinn und Zweck von Art. 237 § 1 Abs. 3 EGBGB besteht darin, eine Heilungsmöglichkeit in Sachverhalten auszuschließen, die den Tatbestand des Vermögensgesetzes erfüllen, um - auch zur Klarstellung - einen Restitutionsanspruch des (früheren) Eigentümers durch die Heilungsmöglichkeit nicht in Frage zu stellen. Ob das Vermögensgesetz gegenüber zivilrechtlichen Ansprüchen auch noch eine verdrängende Wirkung entfaltet, ist eine andere Frage, die nunmehr für die Spätphase der DDR nach der neueren Rechtsprechung des Senats beantwortet werden muß. Wie die Gesetzesbegründung im übrigen zeigt, ging der Gesetzgeber für die genannte Bestimmung auch davon aus, daß sie eine dynamische Wirkung entfalte, mithin auch "künftige Er-
gänzungen des Vermögensgesetzes" einschließe (BT-Drucks. 13/7275, aaO). War Ausgangspunkt der Regelung die damalige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes , so liegt es nahe, nunmehr auch deren Veränderung zu berücksichtigen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Vogt Schneider Krüger Klein Lemke

(1) Dieses Gesetz regelt vermögensrechtliche Ansprüche an Vermögenswerten, die

a)
entschädigungslos enteignet und in Volkseigentum überführt wurden;
b)
gegen eine geringere Entschädigung enteignet wurden, als sie Bürgern der früheren Deutschen Demokratischen Republik zustand;
c)
durch staatliche Verwalter oder nach Überführung in Volkseigentum durch den Verfügungsberechtigten an Dritte veräußert wurden;
d)
auf der Grundlage des Beschlusses des Präsidiums des Ministerrates vom 9. Februar 1972 und im Zusammenhang stehender Regelungen in Volkseigentum übergeleitet wurden.

(2) Dieses Gesetz gilt des weiteren für bebaute Grundstücke und Gebäude, die auf Grund nicht kostendeckender Mieten und infolgedessen eingetretener oder unmittelbar bevorstehender Überschuldung durch Enteignung, Eigentumsverzicht, Schenkung oder Erbausschlagung in Volkseigentum übernommen wurden.

(3) Dieses Gesetz betrifft auch Ansprüche an Vermögenswerten sowie Nutzungsrechte, die auf Grund unlauterer Machenschaften, zum Beispiel durch Machtmißbrauch, Korruption, Nötigung oder Täuschung von seiten des Erwerbers, staatlicher Stellen oder Dritter, erworben wurden.

(4) Dieses Gesetz regelt ferner die Aufhebung der

-
staatlichen Treuhandverwaltung über Vermögenswerte von Bürgern, die das Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik ohne die zum damaligen Zeitpunkt erforderliche Genehmigung verlassen haben;
-
vorläufigen Verwaltung über Vermögenswerte von Bürgern der Bundesrepublik Deutschland und Berlin (West) sowie von juristischen Personen mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland oder Berlin (West), die Staatsorganen der Deutschen Demokratischen Republik durch Rechtsvorschrift übertragen wurde;
-
Verwaltung des ausländischen Vermögens, die der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik übertragen wurde
(im folgenden staatliche Verwaltung genannt) und die damit im Zusammenhang stehenden Ansprüche der Eigentümer und Berechtigten.

(5) Dieses Gesetz schließt die Behandlung von Forderungen und anderen Rechten in bezug auf Vermögenswerte gemäß den Absätzen 1 bis 4 ein.

(6) Dieses Gesetz ist entsprechend auf vermögensrechtliche Ansprüche von Bürgern und Vereinigungen anzuwenden, die in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945 aus rassischen, politischen, religiösen oder weltanschaulichen Gründen verfolgt wurden und deshalb ihr Vermögen infolge von Zwangsverkäufen, Enteignungen oder auf andere Weise verloren haben. Zugunsten des Berechtigten wird ein verfolgungsbedingter Vermögensverlust nach Maßgabe des II. Abschnitts der Anordnung BK/O (49) 180 der Alliierten Kommandantur Berlin vom 26. Juli 1949 (VOBl. für Groß-Berlin I S. 221) vermutet.

(7) Dieses Gesetz gilt entsprechend für die Rückgabe von Vermögenswerten, die im Zusammenhang mit der nach anderen Vorschriften erfolgten Aufhebung rechtsstaatswidriger straf-, ordnungsstraf- oder verwaltungsrechtlicher Entscheidungen steht.

(8) Dieses Gesetz gilt vorbehaltlich seiner Bestimmungen über Zuständigkeiten und Verfahren nicht für

a)
Enteignungen von Vermögenswerten auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage; Ansprüche nach den Absätzen 6 und 7 bleiben unberührt;
b)
vermögensrechtliche Ansprüche, die seitens der Deutschen Demokratischen Republik durch zwischenstaatliche Vereinbarungen geregelt wurden;
c)
Anteilrechte an der Altguthabenablösungsanleihe;
d)
Ansprüche von Gebietskörperschaften des beitretenden Gebiets gemäß Artikel 3 des Einigungsvertrages, soweit sie vom Kommunalvermögensgesetz vom 6. Juli 1990 (GBl. I Nr. 42 S. 660) erfasst sind.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 439/98 Verkündet am:
14. Januar 2000
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
-----------------------------------
VermG § 1 Abs. 1 Buchst. c, § 4 Abs. 2; BGB § 985
Eine nach Aufhebung der "Anordnung Nr. 2" am 14. November 1989 erfolgte staatliche
Treuhand-Verwaltung über Vermögenswerte von Bürgern, die die DDR ohne
Genehmigung verlassen hatten, steht der Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche
nicht entgegen.
BGH, Urt. v. 14. Januar 2000 - V ZR 439/98 - OLG Naumburg
LG Halle
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Januar 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die
Richter Dr. Vogt, Tropf, Schneider und Dr. Lemke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 26. Februar 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Kläger waren in ehelicher Vermögensgemeinschaft im Grundbuch von D. als Eigentümer eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks eingetragen. Der Kläger zu 2 verließ im Jahre 1988 ohne Genehmigung die DDR. Mit notariellem Vertrag vom 24. November 1989 verkauften die Klägerin zu 1 und R. S. "als Bereichsleiterin für den Rat der Stadt H. ... in Vertretung für W. R. " (scil. Kläger zu 2) das Grundstück an die Eheleute K. . Auf Antrag des "Rats der Stadt H. " vom 7. Juni 1990 bestellte dieser sich mit Urkunde vom 18. Juni 1990, rückwirkend z um 1. November 1989, aufgrund der Anordnung Nr. 2 über die Behandlung des
Vermögens von Personen, die die DDR nach dem 10. Juni 1953 verlassen, vom 20. August 1958 (GBl. I S. 664) zum Treuhänder über den "Miteigentumsanteil zu 1/2" des Klägers zu 2 an dem Grundstück. Am 20. Juni 1990 wurden die Eheleute K. als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen.
Die Kläger haben die Eheleute auf Übereignung des Grundstücks, später auf Grundbuchberichtigung sowie auf Räumung und Herausgabe in Anspruch genommen. Hierbei wurden sie von dem Beklagten in erster Instanz als Prozeßbevollmächtigtem, in zweiter Instanz als Verkehrsanwalt vertreten. Dieser hatte auftragsgemäß in die vom Amt zur Regelung offener Vermögensfragen beigezogenen Grundakten Einsicht genommen. Die Klage blieb erfolglos. Das Oberlandesgericht ging davon aus, daß der Rat der StadtH. bei der Beurkundung des Kaufvertrags zum Treuhänder über das Vermögen des Klägers zu 2 bestellt war. Den wirklichen Zeitpunkt der Bestellung hatte der Beklagte nicht vorgetragen.
Die Kläger nehmen den Beklagten wegen schuldhafter Verletzung des Anwaltsvertrags auf Schadensersatz in Anspruch. Sie haben beantragt, ihn zur Zahlung von 15.387,11 DM nebst Zinsen (bereits aufgewandte Kosten des Vorprozesses) sowie zur Freistellung von den Gerichtskosten und von dem Vergütungsanspruch des zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten zu verurteilen , sowie festzustellen, daß der Beklagte zum Ersatz des weiteren Schadens verpflichtet ist, der dadurch entstanden ist, daß er im Vorprozeß den Vortrag unterlassen hat, der Rat der Stadt H. sei am 24. November 1989 nicht zum Treuhänder hinsichtlich des "Miteigentumsanteils" des Klägers zu 2 bestellt gewesen. Die Klage ist in beiden Instanzen erfolglos geblieben.
Hiergegen richtet sich die Revision der Kläger.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht stellt, unter Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe des Urteils erster Instanz, fest, daß sich die Bestallungsurkunde vom 18. Juni 1990 bei den von dem Beklagten eingesehenen Akten befunden habe. Wie dieses ist es der Auffassung, daß der Rechtsstreit mit den Käufern einen anderen Ausgang genommen hätte, wenn der Beklagte den Zeitpunkt, zu dem die Urkunden ausgestellt wurden, vor Gericht vorgetragen hätte. In Übereinstimmung mit der Vorinstanz verneint es aber die Ursächlichkeit der Unterlassung für den entstandenen Schaden, da nach der nunmehrigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGHZ 130, 231) für die gegen die Käufer erhobenen Ansprüche der Rechtsweg zu den Zivilgerichten verschlossen sei. Die Kläger seien auf die Geltendmachung des Rückübertragungsanspruchs wegen Veräußerung eines Vermögenswertes durch den staatlichen Verwalter an Dritte (§ 1 Abs. 1 Buchst. c VermG) verwiesen gewesen.
Dies hält den Angriffen der Revision nicht stand.

II.


1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liegen die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Buchst. c VermG nicht vor.

a) Bei Beurkundung des Kaufvertrags mit den Eheleuten K. bestand keine Grundlage mehr für die Verhängung der Treuhandverwaltung über Vermögenswerte des Klägers zu 2. Die Anordnung Nr. 2 war durch § 3 der Anordnung zur Regelung von Vermögensfragen vom 11. November 1989 (GBl I S. 247) mit Wirkung vom 14. November 1989 außer Kraft gesetzt worden. Dies verkennt das Berufungsgericht zwar nicht, meint aber, entscheidend sei, daß zum Zeitpunkt der Ausreise des Klägers zu 2 aus der DDR eine staatliche Verwaltung auf der Grundlage der Anordnung Nr. 2 möglich und der Rat der Stadt ein tauglicher Verwalter gewesen sei. Allein die Möglichkeit, daß der Vermögenswert des Klägers zu 2 in staatliche Verwaltung genommen werden konnte, reicht indessen nach der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 130, 231) nicht aus (ebenso BVerwG, Buchholz 428 § 36 Nr. 1; Urt. v. 29. April 1999, 7 C 18.98). Der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Buchst. c VermG könnte allenfalls dann als erfüllt angesehen werden, wenn man, was das Berufungsurteil nicht erörtert, bereits die am 7. November 1989 unter Bezugnahme auf die Anordnung Nr. 2 erfolgte Bevollmächtigung von R. S. z um Abschluß des Grundstückskaufvertrags als Treuhänderbestellung ansehen wollte. Dagegen konnten durch die in der Urkunde vom 18. Juni 1990 vorgenommene Rückdatierung der Treuhänderbestellung auf den 1. November 1989, also auf einen Zeitpunkt vor dem Außerkrafttreten der Anordnung Nr. 2, die Wirkungen der Verwaltung nicht mehr herbeigeführt werden. Sollte die Erklärung des seit 17. Mai 1990 (Inkrafttreten der Kommunalverfassung der DDR) nicht mehr bestehenden Rates der neu entstandenen Stadt H. überhaupt zuzurechnen sein (vgl. Art. 231 § 8 Abs. 2 EGBGB), so ging sie inhaltlich ins Leere.

b) Die vermögensrechtlichen Wirkungen der Vollmachtserteilung können im Ergebnis offen bleiben, denn das Berufungsgericht läßt weiterhin unberück-
sichtigt, daß der Restitutionstatbestand nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte nicht bereits mit der Veräußerung des Vermögenswertes als solcher erfüllt ist. Die Veräußerung führt das durch die Anordnung der Verwaltung begonnene Unrecht fort (vgl. Senat BGHZ 130, 231, 241) und vertieft dieses. Der Restitutionstatbestand setzt daher ein eigenständiges Handeln des staatlichen Verwalters voraus, das auf den Entzug des Eigentums an dem Vermögenswert gerichtet sein muß. Kein Vermögensunrecht liegt vor, wenn der Verwalter an einem Veräußerungsgeschäft, das rechtlich ohne seine Teilnahme nicht möglich war, nur mitgewirkt hat, ohne aber das Geschäft selbst zu betreiben (BVerwG ZIP 1996, 522; VIZ 1998, 147). Der Vortrag beider Parteien in den Tatsacheninstanzen ergibt keinen Anhaltspunkt dafür, daß der Rat der Stadt H. den Verkauf betrieben, insbesondere sich im Sinne der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte "gewissermaßen des Eigentums (des Klägers zu 2) bemächtigt" hätte.
2. Im übrigen besteht kein Anlaß, dem Kläger die Berufung auf zivilrechtliche Mängel des Kaufvertrags wegen des Restitutionstatbestandes des § 1 Abs. 1 c VermG zu versagen. Der Vorrang des Vermögensgesetzes ist nach der Rechtsprechung des Senats um des sozialverträglichen Ausgleichs zwischen dem Rückerstattungsinteresse des Berechtigten und dem Schutz des redlichen Erwerbs willen gerechtfertigt, der in der Gemeinsamen Erklärung vom 15. Juli 1990 (Anlage III des Einigungsvertrags) angelegt ist und in § 4 Abs. 2 und 3 VermG seinen gesetzlichen Ausdruck gefunden hat (BGHZ 118, 34, 38 ff). Derjenige, der im Sinne dieser Vorschrift einen Vermögenswert redlich erworben hat, genießt nicht nur gegenüber dem Rückerstattungsanspruch selbst, sondern auch gegenüber Ansprüchen des Berechtigten Schutz, die darauf zurückzuführen sind, daß die Schädigungshandlung, über ihren Unrechts-
gehalt hinaus, auch noch an einem zivilrechtlichen Mangel leidet. Dieser besondere Schutz findet aber dort seine Grenzen, wo der fehlerhafte Erwerb auch im System des funktionierenden Sozialismus keinen Bestand gehabt hätte. In solchen Fällen ist der Erwerb mit dem allgemeinen Verkehrsrisiko belastet, das derjenige, der seinen Erwerb auf eine Unrechtshandlung zurückführt, mit jedem anderen teilt, der am Rechtsverkehr in der DDR teilgenommen hatte (BGHZ 120, 204). Zivilrechtlich unbeachtlich bleiben damit nur Mängel, die wegen ihres Zusammenhangs mit dem Unrecht oder, weil sie typischer Weise hierbei aufgetreten sind, den Bestand des Erwerbs nicht gefährdet hätten (BGHZ 130, 231). Als zeitliche Grenze für das auf diese Umstände gestützte Vertrauen des Erwerbers hat der Senat allgemein den "Umbruch im Herbst 1989" angesehen (BGHZ 118, 34, 40). Das Vermögensgesetz in seiner ursprünglichen Fassung setzte mit dem 18. Oktober 1989, dem Rücktritt Honneckers, einen Stichtag, denn nach diesem Zeitpunkt war ein redlicher Erwerb von Grundstücken oder Gebäuden ausgeschlossen. Hiervon kann nach der Ergänzung der Vorschrift durch das 2. Vermögensrechtsänderungsgesetz vom 14. Juli 1992 (GBl. I S. 1257), insbesondere der Einbeziehung des Erwerbs auf der Grundlage des Verkaufsgesetzes vom 7. März 1990 (GBl. I S. 157) in den sozialverträglichen Ausgleich (§ 4 Abs. 2 Satz 2 Buchst. b VermG), nicht mehr allgemein ausgegangen werden. Andererseits bietet die zeitliche Öffnung des redlichen Erwerbs keinen Anlaß, Geschäftsmängel, die zufolge des Umbruchs der Verhältnisse ab Herbst 1989 zwischenzeitlich zum allgemeinen Verkehrsrisiko in der DDR zählten, von der Beachtung durch das Zivilrecht auszuschließen. Dies würde verkennen, daß der redliche Erwerb in erster Linie dazu dient, der Rückgängigmachung wirksamer Unrechtsgeschäfte, die das Vermögensgesetz erst ermöglicht, sozialverträgliche Grenzen zu setzen. Es ist vielmehr darauf abzustellen, ob der aufgetretene Mangel unter den neuen tatsächlichen und
rechtlichen Bedingungen den Erwerb erschüttert hätte. Dies ist bei der Bestellung eines staatlichen Verwalters wegen ungenehmigten Verlassens der DDR nach der Aufhebung der Anordnung Nr. 2 der Fall. Die Abkehr von der Vermögensrepressalie war rechtlich Ausdruck der gesellschaftlichen Veränderungen, die sich im Zuge des Sturzes der Regierung Honnecker und der Öffnung der DDR-Grenzen am 9. November 1989 vollzogen hatten. Der gerichtlichen Durchsetzung der Mangelfolgen stand kein die Rechtswirklichkeit beherrschendes Staatsinteresse an der Aufrechterhaltung der rechtswidrig geschaffenen Vermögenslage im Wege. Diese Sicht liegt auch der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde, das die Nichtbeteiligung des Westeigentümers am Enteignungsverfahren (vgl. Senat BGHZ 129, 112) in der Zeit nach dem 18. Oktober 1989 - anders als in der Zeit davor (VIZ 1997, 160) - als einen den rechtlichen Erfolg der Enteignung hindernden Mangel ansieht. Auf die Darstellung der Einzelabschnitte im Umbau von Verfassung und Gesetz während der Endzeit der DDR in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. April 1999 (VIZ 1999, 523) wird Bezug genommen.
3. Mit dem Restitutionstatbestand des § 1 Abs. 3 VermG (unlautere Machenschaften ) hat sich das Berufungsgericht zu Recht nicht näher befaßt. Daß der Kaufvertrag mit den Eheleuten K. ausreisebedingt, insbesondere darauf zurückzuführen gewesen wäre, daß die Klägerin zu 1 die DDR verlassen wollte, ist in den Tatsacheninstanzen nicht vorgetragen worden. Bei einer ausreisebedingten Veräußerung nach der Verkündung der Anordnung zur Regelung von Vermögensfragen im Gesetzblatt, am 23. November 1989, käme zudem nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich der Senat anschließt, die Annahme einer unlauteren Machenschaft nur noch aus-
nahmsweise, nämlich bei Hinzutreten besonderer Umstände, für die hier nichts ersichtlich ist, in Betracht (BVerwGE 100, 310).

III.


Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif und daher zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 ZPO).
Aufgrund der Feststellungen des Berufungsgerichts, die die Revision als ihr günstig hinnimmt, ist zwar von einer schuldhaften Verletzung der Anwaltspflichten des Beklagten auszugehen. Daß die bei den auftragsgemäß eingesehenen Akten befindliche Bestallungsurkunde nachträglich erstellt worden war, hätte dem Beklagten auffallen müssen. Daß zu diesem Zeitpunkt die Anordnung Nr. 2 nicht mehr in Kraft war, hätte dem Beklagten als Anwalt bekannt sein müssen. Schwierigere, durch die Rechtsprechung noch zu klärende Fragen der Überleitung des DDR-Rechts stehen insoweit nicht im Raume. Die Schadenspositionen, die den Zahlungs- und Befreiungsansprüchen zugrundeliegen , sind unstreitig. Der Feststellungsantrag hat den Schaden zum Gegenstand , der den Klägern bei einem negativen Ausgang des Restitutionsverfahrens um das streitige Grundstück entsteht. Auch er begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
Der Beklagte hat sich aber den Vortrag der Eheleute K. im Vorprozeß zu eigen gemacht, im Urkundstermin vom 24. November 1989 habe eine notariell beurkundete Verkaufsvollmacht des Klägers zu 2 an die Klägerin
zu 1 vorgelegen, diese sei zum Gegenstand der Verhandlung gemacht und von der Notarin vorgelesen worden. Trifft dies zu, kommt eine Genehmigung des vollmachtlosen Handelns von R. S. durch den Kläger zu 2, vertreten durch die Klägerin zu 1 (§ 59 ZGB), in Frage.
Wenzel Vogt Tropf Schneider Lemke

(1) Eine Rückübertragung des Eigentumsrechtes oder sonstiger Rechte an Vermögenswerten ist ausgeschlossen, wenn dies von der Natur der Sache her nicht mehr möglich ist. Die Rückgabe von Unternehmen ist ausgeschlossen, wenn und soweit der Geschäftsbetrieb eingestellt worden ist und die tatsächlichen Voraussetzungen für die Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung fehlen. Die Rückgabe des Unternehmens ist auch ausgeschlossen, wenn und soweit ein Unternehmen auf Grund folgender Vorschriften veräußert wurde:

a)
Verordnung über die Gründung und Tätigkeit von Unternehmen mit ausländischer Beteiligung in der DDR vom 25. Januar 1990 (GBl. I Nr. 4 S. 16),
b)
Beschluss zur Gründung der Anstalt zur treuhänderischen Verwaltung des Volkseigentums (Treuhandanstalt) vom 1. März 1990 (GBl. I Nr. 14 S. 107),
c)
Treuhandgesetz vom 17. Juni 1990 (GBl. I Nr. 33 S. 300), zuletzt geändert durch Artikel 9 des Gesetzes zur Beseitigung von Hemmnissen bei der Privatisierung von Unternehmen und zur Förderung von Investitionen vom 22. März 1991 (BGBl. I S. 766),
d)
Gesetz über die Gründung und Tätigkeit privater Unternehmen und über Unternehmensbeteiligungen vom 7. März 1990 (GBl. I Nr. 17 S. 141).
Dies gilt nicht, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 3 vorliegen.

(2) Die Rückübertragung ist ferner ausgeschlossen, wenn natürliche Personen, Religionsgemeinschaften oder gemeinnützige Stiftungen nach dem 8. Mai 1945 in redlicher Weise an dem Vermögenswert Eigentum oder dingliche Nutzungsrechte erworben haben. Dies gilt bei der Veräußerung von Grundstücken und Gebäuden nicht, sofern das dem Erwerb zugrundeliegende Rechtsgeschäft nach dem 18. Oktober 1989 ohne Zustimmung des Berechtigten geschlossen worden ist, es sei denn, dass

a)
der Erwerb vor dem 19. Oktober 1989 schriftlich beantragt oder sonst aktenkundig angebahnt worden ist,
b)
der Erwerb auf der Grundlage des § 1 des Gesetzes über den Verkauf volkseigener Gebäude vom 7. März 1990 (GBl. I Nr. 18 S. 157) erfolgte oder
c)
der Erwerber vor dem 19. Oktober 1989 in einem wesentlichen Umfang werterhöhende oder substanzerhaltende Investitionen vorgenommen hat.

(3) Als unredlich ist der Rechtserwerb in der Regel dann anzusehen, wenn er

a)
nicht in Einklang mit den zum Zeitpunkt des Erwerbs in der Deutschen Demokratischen Republik geltenden allgemeinen Rechtsvorschriften, Verfahrensgrundsätzen und einer ordnungsgemäßen Verwaltungspraxis stand, und der Erwerber dies wusste oder hätte wissen müssen oder
b)
darauf beruhte, dass der Erwerber durch Korruption oder Ausnutzung einer persönlichen Machtstellung auf den Zeitpunkt oder die Bedingungen des Erwerbs oder auf die Auswahl des Erwerbsgegenstandes eingewirkt hat, oder
c)
davon beeinflusst war, dass sich der Erwerber eine von ihm selbst oder von dritter Seite herbeigeführte Zwangslage oder Täuschung des ehemaligen Eigentümers zu Nutze gemacht hat.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Dieses Gesetz regelt vermögensrechtliche Ansprüche an Vermögenswerten, die

a)
entschädigungslos enteignet und in Volkseigentum überführt wurden;
b)
gegen eine geringere Entschädigung enteignet wurden, als sie Bürgern der früheren Deutschen Demokratischen Republik zustand;
c)
durch staatliche Verwalter oder nach Überführung in Volkseigentum durch den Verfügungsberechtigten an Dritte veräußert wurden;
d)
auf der Grundlage des Beschlusses des Präsidiums des Ministerrates vom 9. Februar 1972 und im Zusammenhang stehender Regelungen in Volkseigentum übergeleitet wurden.

(2) Dieses Gesetz gilt des weiteren für bebaute Grundstücke und Gebäude, die auf Grund nicht kostendeckender Mieten und infolgedessen eingetretener oder unmittelbar bevorstehender Überschuldung durch Enteignung, Eigentumsverzicht, Schenkung oder Erbausschlagung in Volkseigentum übernommen wurden.

(3) Dieses Gesetz betrifft auch Ansprüche an Vermögenswerten sowie Nutzungsrechte, die auf Grund unlauterer Machenschaften, zum Beispiel durch Machtmißbrauch, Korruption, Nötigung oder Täuschung von seiten des Erwerbers, staatlicher Stellen oder Dritter, erworben wurden.

(4) Dieses Gesetz regelt ferner die Aufhebung der

-
staatlichen Treuhandverwaltung über Vermögenswerte von Bürgern, die das Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik ohne die zum damaligen Zeitpunkt erforderliche Genehmigung verlassen haben;
-
vorläufigen Verwaltung über Vermögenswerte von Bürgern der Bundesrepublik Deutschland und Berlin (West) sowie von juristischen Personen mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland oder Berlin (West), die Staatsorganen der Deutschen Demokratischen Republik durch Rechtsvorschrift übertragen wurde;
-
Verwaltung des ausländischen Vermögens, die der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik übertragen wurde
(im folgenden staatliche Verwaltung genannt) und die damit im Zusammenhang stehenden Ansprüche der Eigentümer und Berechtigten.

(5) Dieses Gesetz schließt die Behandlung von Forderungen und anderen Rechten in bezug auf Vermögenswerte gemäß den Absätzen 1 bis 4 ein.

(6) Dieses Gesetz ist entsprechend auf vermögensrechtliche Ansprüche von Bürgern und Vereinigungen anzuwenden, die in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945 aus rassischen, politischen, religiösen oder weltanschaulichen Gründen verfolgt wurden und deshalb ihr Vermögen infolge von Zwangsverkäufen, Enteignungen oder auf andere Weise verloren haben. Zugunsten des Berechtigten wird ein verfolgungsbedingter Vermögensverlust nach Maßgabe des II. Abschnitts der Anordnung BK/O (49) 180 der Alliierten Kommandantur Berlin vom 26. Juli 1949 (VOBl. für Groß-Berlin I S. 221) vermutet.

(7) Dieses Gesetz gilt entsprechend für die Rückgabe von Vermögenswerten, die im Zusammenhang mit der nach anderen Vorschriften erfolgten Aufhebung rechtsstaatswidriger straf-, ordnungsstraf- oder verwaltungsrechtlicher Entscheidungen steht.

(8) Dieses Gesetz gilt vorbehaltlich seiner Bestimmungen über Zuständigkeiten und Verfahren nicht für

a)
Enteignungen von Vermögenswerten auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage; Ansprüche nach den Absätzen 6 und 7 bleiben unberührt;
b)
vermögensrechtliche Ansprüche, die seitens der Deutschen Demokratischen Republik durch zwischenstaatliche Vereinbarungen geregelt wurden;
c)
Anteilrechte an der Altguthabenablösungsanleihe;
d)
Ansprüche von Gebietskörperschaften des beitretenden Gebiets gemäß Artikel 3 des Einigungsvertrages, soweit sie vom Kommunalvermögensgesetz vom 6. Juli 1990 (GBl. I Nr. 42 S. 660) erfasst sind.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.