vorgehend
Landgericht München I, 3 O 19339/02, 08.05.2003
Oberlandesgericht München, 18 U 3452/03, 02.03.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 76/04
Verkündet am:
29. Juni 2006
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 326 G a.F.
Hat ein Rechtsanwalt für seinen Mandanten einen Verzugsschadensersatzanspruch
geltend zu machen, stellt es eine Pflichtverletzung dar, wenn er es unterlässt, in dem
Mahnschreiben eine Ablehnungsandrohung auszusprechen. Er darf sich regelmäßig
nicht darauf verlassen, dass die Ablehnungsandrohung wegen Interessenwegfalls
entbehrlich ist.
BGH, Urteil vom 29. Juni 2006 - IX ZR 76/04 - OLG München
LG München I
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Juni 2006 durch die Richter Dr. Ganter, Vill, Cierniak, die Richterin
Lohmann und den Richter Dr. Fischer

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 2. März 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin schloss mit der S. GmbH (i.F.: S.) einen "Kaufvertrag mit Bauverpflichtung" über eine Eigentumswohnung. Da die S. den vereinbarten Fertigstellungstermin nicht einhielt, beauftragte die Klägerin die erstverklagte Partnerschaft mit ihrer anwaltlichen Vertretung ; der Auftrag wurde von den zu 2 und 3 verklagten Partnern bearbeitet. Diese wiesen die S. mit Schreiben vom 2. Dezember 1999 darauf hin, dass der Klägerin die gesamten Steuervorteile verloren gingen, wenn das Objekt nicht bis Ende 1999 fertig gestellt werde. Vorsorglich setzten sie Frist zur Fertigstellung bis zum 31. Dezember 1999; nach Ablauf dieser Frist behalte man sich wegen des Verzugs alle Rechte vor.
2
Nachdem auch dieser Termin verstrichen war, erhob die Klägerin, vertreten durch die Beklagte zu 1, eine Schadensersatzklage und eine gesonderte Klage auf Zahlungen aus einer Mietgarantie. Mit Vergleich vom 1. März 2001 wurden beide Verfahren erledigt.
3
Die Klägerin macht den Beklagten zum Vorwurf, sie hätten es unterlassen , die Voraussetzungen für die erfolgreiche Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen die S. zu schaffen. In dem Schreiben vom 2. Dezember 1999 habe die Ablehnungsandrohung gemäß § 326 Abs. 1 BGB a.F. gefehlt. Die Klage auf Schadensersatz für alle durch den Verzug der S. entstandenen Vermögensnachteile, soweit diese nach dem Vergleichsschluss noch verblieben, hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit ihrer - vom Senat zugelassenen - Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


4
Revision Die hat Erfolg; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


5
Berufungsgericht Das hat gemeint, die von der Klägerin behauptete Pflichtverletzung der Beklagten liege nicht vor. Eine Ablehnungsandrohung sei nicht erforderlich gewesen, weil die Erfüllung des mit der S. geschlossenen Vertrages für die Klägerin nach dem 31. Dezember 1999 kein Interesse mehr gehabt habe (§ 326 Abs. 2 BGB a.F.). Nicht zu prüfen sei in diesem Verfahren, ob sich die Beklagten durch pflichtwidriges Verhalten nach dem 31. Dezember 1999 schadensersatzpflichtig gemacht hätten.

II.


6
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
7
Nach dem Vortrag der Klägerin, der für die revisionsrechtliche Prüfung zugrunde zu legen ist, liegt eine Pflichtverletzung der Beklagten vor.
8
1. Zutreffend und unbeanstandet ist das Berufungsgericht davon ausgegangen , dass für eine Schlechterfüllung des Anwaltsvertrages neben der beklagten Partnerschaft als Vertragspartnerin der Klägerin die Beklagten zu 2 und 3 als Gesamtschuldner haften (§ 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 PartGG).
9
2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Rechtsanwalt kraft des Anwaltsvertrags verpflichtet, die Interessen seines Auftraggebers in den Grenzen des erteilten Mandats nach jeder Richtung und umfassend wahrzunehmen. Er muss sein Verhalten so einrichten, dass er Schädigungen seines Auftraggebers, mag deren Möglichkeit auch nur von einem Rechtskundigen vorausgesehen werden können, vermeidet. Er hat, wenn mehrere Maßnahmen in Betracht kommen, diejenige zu treffen, welche die sicherste und gefahrloseste ist, und, wenn mehrere Wege möglich sind, um den erstrebten Erfolg zu erreichen, den zu wählen, auf dem dieser am sichersten erreichbar ist (BGH, Urt. v. 5. November 1992 - IX ZR 200/91, NJW 1993, 1320, 1322; v. 13. März 1997 - IX ZR 81/96, WM 1997, 1392, 1393 f; v. 29. April 2003 - IX ZR 54/02, WM 2003, 1628, 1630; v. 23. September 2004 - IX ZR 137/03, NJW-RR 2005, 494, 495). Gibt die rechtliche Beurteilung zu begründeten Zweifeln Anlass, so muss er auch die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass sich die zur Entscheidung berufene Stelle der seinem Auftraggeber ungünstigeren Beurteilung der Rechtslage anschließt. Im Prozess ist er verpflichtet, den Versuch zu unternehmen, das Gericht davon zu überzeugen, dass und warum seine Auffassung richtig ist (vgl. BGH, Urt. v. 17. Dezember 1987 - IX ZR 41/86, NJW 1988, 1079, 1080 f; v. 13. Februar 1992 - IX ZR 105/91, WM 1992, 701, 703; v. 21. September 1995 - IX ZR 228/94, WM 1996, 35, 40; v. 23. September 2004 aaO; zust. Henssler/Müller EWiR 2003, 165, 166; Jungk AnwBl. 2003, 104; kritisch BVerfG NJW 2002, 2937, 2938; Jaeger AnwBl. 2002, 655, 657). Gemäß § 1 Abs. 3 BORA hat der Rechtsanwalt seinen Mandanten vor voraussehbaren Fehlentscheidungen durch Gerichte und Behörden zu bewahren. Welche konkreten Pflichten aus diesen allgemeinen Grundsätzen abzuleiten sind, richtet sich nach dem erteilten Mandat und den Umständen des Falles.
10
Danach a) haben die Beklagten mit Recht bei der Abfassung ihres Schreibens vom 2. Dezember 1999 ein Schadensersatzbegehren der Klägerin ins Auge gefasst. Mit einem solchen konnten sämtliche in Betracht kommenden Vermögensverluste gegen die S. verfolgt werden (vgl. BGH, Urt. v. 20. Oktober 1994 - IX ZR 116/93, NJW 1995, 449, 450). Den Interessen der Klägerin, die sich - wie zwischen den Parteien im Ergebnis unstreitig ist - von dem Vertrag lösen wollte, war daher mit einem Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung gemäß § 326 BGB a.F. zweifelsfrei gedient. Hierauf haben die Beklagten ihre zum Landgericht München I erhobene Schadensersatzklage jedenfalls auch gestützt.
11
b) Ihre danach bestehende Pflicht, den sichersten Weg nicht nur zu empfehlen , sondern auch zu gehen, falls der Mandant keine andere Weisung erteilt (Zugehör, Handbuch der Anwaltshaftung Rn. 620), haben die Beklagten jedoch verletzt. Sie hätten in das Schreiben vom 2. Dezember 1999 die Erklärung aufnehmen müssen, dass die Klägerin die Annahme der Leistung nach dem Ablauf der bis zum 31. Dezember 1999 gesetzten Frist ablehne (§ 326 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F.). Einem solchen Vorgehen standen keine Interessen der Klägerin entgegen. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist konnte sie Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen; der Wegfall des Anspruchs auf Erfüllung beeinträchtigte ihre Interessen nicht (§ 326 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F.). Durch die unzutreffende Bemerkung der Beklagten im Schreiben vom 26. Januar 2000 an die S. und in der Klageschrift vom 12. September 2000, eine Ablehnungsandrohung erklärt zu haben, wurden die Voraussetzungen des § 326 Abs. 1 BGB a.F. nicht nachträglich herbeigeführt. Nachfristsetzung und Ablehnungsandrohung müssen in derselben Erklärung des Gläubigers enthalten sein (RGZ 120, 193, 195; BGHZ 74, 193, 203).
12
Der von den Beklagten - ausdrücklich erstmals im Regressprozess - erhobene Einwand, eine Ablehnungsandrohung sei gemäß § 326 Abs. 2 BGB a.F. wegen des Wegfalls des Interesses der Klägerin an der Erfüllung des Vertrages entbehrlich gewesen, vermag diese Pflichtverletzung nicht auszuräumen. Denn ein Vorgehen nach dieser Bestimmung vermochte hier nicht zu gewährleisten, dass der anzustrebende Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung in der Person der Klägerin auch durchsetzbar war. Für die Anwendung des § 326 Abs. 2 BGB a.F. kam es allein darauf an, ob die Vertragserfüllung für die Klägerin infolge des Verzuges der S. mit der Baufertigstellung kein Interesse mehr hatte (vgl. BGH, Urt. v. 7. November 1979 - VIII ZR 223/78, NJW 1980, 449; v. 10. März 1998 - X ZR 7/96, NJW-RR 1998, 1489, 1491; v. 25. Januar 2001 - I ZR 287/98, NJW 2001, 2878, 2879). Die Voraussetzungen dieses eng auszulegenden Ausnahmetatbestandes (so BGH, Urt. v. 17. Dezember 1996 - X ZR 74/95, NJW-RR 1997, 622, 623 f) hatte die Klägerin darzulegen und zu beweisen. Ob ihr dies gelingen würde, war zweifelhaft. Denn die Argumentation , das Interesse der Klägerin sei mit dem Ablauf des 31. Dezember 1999 weggefallen, baute darauf auf, dass bei einer nicht rechtzeitigen Bezugsfertigstellung die besonderen steuerlichen Vorteile, die mit dem Erwerb der Immobilie verbunden sein sollten, entfielen und dass die Klägerin sich zu dem Erwerb ausschließlich oder doch hauptsächlich wegen dieser steuerlichen Vorteile entschlossen hatte. Aber schon die Frage, welche steuerlichen Vergünstigungen die Klägerin würde beanspruchen können, war nicht klar zu beantworten; der Umfang der Baumaßnahme hielt sich nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien jedenfalls nicht eindeutig im Rahmen der besonders geförderten Altbausanierung. Außerdem haben die Parteien bereits in erster Instanz im Kern übereinstimmend vorgetragen, dass die Klägerin sich durch die am Vertragsschluss beteiligten Personen getäuscht - oder doch zumindest nicht zutreffend informiert - fühlte und "daher" die Rückgängigmachung des Kaufvertrages wünschte. Jedenfalls war die erforderliche gerichtliche Wertung, ob die Voraussetzungen des § 326 Abs. 2 BGB a.F. vorlagen, nicht sicher vorhersehbar. Demgegenüber wäre die Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung problemlos zu bewerkstelligen gewesen. Das Vorgehen der Beklagten entsprach daher nicht dem Gebot des sichersten Weges.
13
Eine Pflichtverletzung entfällt auch nicht deswegen, weil die Beklagte sich darauf hätte verlassen dürfen, das Klagebegehren werde jedenfalls auf der Grundlage eines Verschuldens bei Vertragsschluss erfolgreich sein. Zwar beauftragte die S. einen Makler mit der Vermittlung der Immobilie; die Klägerin wirft deren Mitarbeitern Pflichtwidrigkeiten vor. Diese sind jedoch im Wesentli- chen bestritten. Die Beklagten haben demgemäß entgegen der Darstellung der Revisionserwiderung die erhobene Schadensersatzklage, soweit sie die S. betraf, keineswegs - schon gar nicht in erster Linie - auf eine Haftung aus Verschulden bei Vertragschluss gestützt.
14
c) Die Feststellung des Berufungsgerichts, dass die Beklagten die Vorschrift des § 326 Abs. 2 BGB a.F. in dem Vorprozess ohnehin nicht in ihre Überlegungen mit aufgenommen und in das Verfahren eingeführt hatten, belegt eine weitere Pflichtverletzung der Beklagten. Sie haben nicht, wie es geboten war, den Versuch unternommen, das Gericht davon zu überzeugen, dass und warum ihre jetzige Auffassung richtig war.

III.


15
Das angefochtene Urteil ist danach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO); die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird nunmehr die weiteren Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs der Klägerin gegen die Beklagten wegen schuldhafter Verletzung des zwischen ihnen geschlossenen Anwaltsvertrages zu prüfen haben. Der Senat weist insoweit auf Folgendes hin:
16
Beklagten Die haben geltend gemacht, ein Schadensersatzanspruch nach § 326 BGB a.F. wäre wegen fehlender Solvenz der S. nicht durchsetzbar gewesen. Insbesondere deshalb habe sich die Klägerin auf den Vergleich eingelassen. Damit haben die Beklagten die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für den Schaden bestritten. Dies steht zur Darlegungs- und Beweislast der Klägerin.
17
Die Beklagten sind ferner davon ausgegangen, die Frage, ob und welche steuerlichen Vorteile sich der Geschädigte anrechnen lassen müsse, gehöre zur schlüssigen - und damit hier der Klägerin obliegenden - Anspruchsbegründung. Dies trifft im Ausgangspunkt nicht zu, weil es sich um eine Frage des Vorteilsausgleichs handelt. Der Senat weist insoweit auf die Urteile des Bundesgerichtshofs vom 17. Oktober 2003 (V ZR 84/02, NJW-RR 2004, 79, 81) und vom 17. November 2005 (III ZR 350/04, NJW 2006, 499, 501) hin.
18
Zu der Frage, ob der Abschluss eines Vergleichs die Zurechnung eines Schadens zu einer anwaltlichen Pflichtverletzung unterbricht, wird auf die Urteile des Senats vom 17. Juni 1993 (IX ZR 206/92, WM 1993, 1798, 1800 f), vom 11. Februar 1999 (IX ZR 14/98, NJW 1999, 1391, 1392) und vom 13. März 2003 (IX ZR 181/99, NJW-RR 2003, 850, 855 f) verwiesen.
19
Die neu eröffnete Berufungsinstanz gibt dem Oberlandesgericht schließlich Gelegenheit, in dem durch § 139 Abs. 1 und 3 ZPO gebotenen Umfang auf die Bedenken gegen die Zulässigkeit der von der Klägerin in der Berufungsinstanz gestellten Anträge zu Nr. II., III., V., VI. und IX. hinzuweisen (vgl. insbe- sondere BGH, Urt. v. 23. September 2004 - IX ZR 137/03, NJW-RR 2005, 494, 497 f).
Ganter Vill Cierniak
Fischer Lohmann
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 08.05.2003 - 3 O 19339/02 -
OLG München, Entscheidung vom 02.03.2004 - 18 U 3452/03 -

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(1) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung; bei einer Teilleistung findet § 441 Abs. 3 entsprechende Anwendung. Satz 1 gilt nicht, wenn der Schuldner im Falle der nicht vertragsgemäßen Leistung die Nacherfüllung nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu erbringen braucht.

(2) Ist der Gläubiger für den Umstand, auf Grund dessen der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten braucht, allein oder weit überwiegend verantwortlich oder tritt dieser vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit ein, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist, so behält der Schuldner den Anspruch auf die Gegenleistung. Er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Befreiung von der Leistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.

(3) Verlangt der Gläubiger nach § 285 Herausgabe des für den geschuldeten Gegenstand erlangten Ersatzes oder Abtretung des Ersatzanspruchs, so bleibt er zur Gegenleistung verpflichtet. Diese mindert sich jedoch nach Maßgabe des § 441 Abs. 3 insoweit, als der Wert des Ersatzes oder des Ersatzanspruchs hinter dem Wert der geschuldeten Leistung zurückbleibt.

(4) Soweit die nach dieser Vorschrift nicht geschuldete Gegenleistung bewirkt ist, kann das Geleistete nach den §§ 346 bis 348 zurückgefordert werden.

(5) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, kann der Gläubiger zurücktreten; auf den Rücktritt findet § 323 mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass die Fristsetzung entbehrlich ist.

(1) Für Verbindlichkeiten der Partnerschaft haften den Gläubigern neben dem Vermögen der Partnerschaft die Partner als Gesamtschuldner. Die §§ 129 und 130 des Handelsgesetzbuchs sind entsprechend anzuwenden.

(2) Waren nur einzelne Partner mit der Bearbeitung eines Auftrags befaßt, so haften nur sie gemäß Absatz 1 für berufliche Fehler neben der Partnerschaft; ausgenommen sind Bearbeitungsbeiträge von untergeordneter Bedeutung.

(3) Durch Gesetz kann für einzelne Berufe eine Beschränkung der Haftung für Ansprüche aus Schäden wegen fehlerhafter Berufsausübung auf einen bestimmten Höchstbetrag zugelassen werden, wenn zugleich eine Pflicht zum Abschluß einer Berufshaftpflichtversicherung der Partner oder der Partnerschaft begründet wird.

(4) Für Verbindlichkeiten der Partnerschaft aus Schäden wegen fehlerhafter Berufsausübung haftet den Gläubigern nur das Gesellschaftsvermögen, wenn die Partnerschaft eine zu diesem Zweck durch Gesetz vorgegebene Berufshaftpflichtversicherung unterhält. Für die Berufshaftpflichtversicherung gelten § 113 Absatz 3 und die §§ 114 bis 124 des Versicherungsvertragsgesetzes entsprechend. Der Name der Partnerschaft muss den Zusatz „mit beschränkter Berufshaftung“ oder die Abkürzung „mbB“ oder eine andere allgemein verständliche Abkürzung dieser Bezeichnung enthalten; anstelle der Namenszusätze nach § 2 Absatz 1 Satz 1 kann der Name der Partnerschaft mit beschränkter Berufshaftung den Zusatz „Part“ oder „PartG“ enthalten.

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(1) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung; bei einer Teilleistung findet § 441 Abs. 3 entsprechende Anwendung. Satz 1 gilt nicht, wenn der Schuldner im Falle der nicht vertragsgemäßen Leistung die Nacherfüllung nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu erbringen braucht.

(2) Ist der Gläubiger für den Umstand, auf Grund dessen der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten braucht, allein oder weit überwiegend verantwortlich oder tritt dieser vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit ein, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist, so behält der Schuldner den Anspruch auf die Gegenleistung. Er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Befreiung von der Leistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.

(3) Verlangt der Gläubiger nach § 285 Herausgabe des für den geschuldeten Gegenstand erlangten Ersatzes oder Abtretung des Ersatzanspruchs, so bleibt er zur Gegenleistung verpflichtet. Diese mindert sich jedoch nach Maßgabe des § 441 Abs. 3 insoweit, als der Wert des Ersatzes oder des Ersatzanspruchs hinter dem Wert der geschuldeten Leistung zurückbleibt.

(4) Soweit die nach dieser Vorschrift nicht geschuldete Gegenleistung bewirkt ist, kann das Geleistete nach den §§ 346 bis 348 zurückgefordert werden.

(5) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, kann der Gläubiger zurücktreten; auf den Rücktritt findet § 323 mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass die Fristsetzung entbehrlich ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 287/98 Verkündet am:
25. Januar 2001
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Musikproduktionsvertrag

a) Ein Musikproduktionsvertrag, durch den sich der Produzent verpflichtet, in
jedem Jahr der Vertragslaufzeit eine bestimmte Zahl von Titeln zu produzieren
, stellt kein absolutes Fixgeschäft dar.

b) Verpflichtet sich ein Musikproduzent, in jedem Kalenderjahr der Vertragslaufzeit
eine bestimmte Zahl von Titeln zu produzieren, ist für die Leistung
eine Zeit nach dem Kalender bestimmt.

c) Kann die Produktionsverpflichtung nicht mehr während der Laufzeit des
Musikproduktionsvertrags erfüllt werden, ist für den Künstler, der inzwischen
gegenüber einem anderen Produzenten eine Ausschließlichkeitsbindung
eingegangen ist, das Interesse an der Erfüllung entfallen. Der Künstler
kann in diesem Fall mit Eintritt des Verzuges Schadensersatz wegen
Nichterfüllung verlangen, ohne daß es einer Nachfristsetzung mit Ablehnungsandrohung
bedarf.
BGH, Urteil v. 25. Januar 2001 – I ZR 287/98 – Kammergericht
LG Berlin
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. Januar 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann und die
Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Kammergerichts vom 26. Mai 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist Sänger, der Beklagte ist Musikproduzent. Die Parteien waren für die Jahre 1991 bis 1995 durch einen 1990 geschlossenen Musikproduktionsvertrag verbunden. Dieser Vertrag war zunächst auf drei Jahre (1991 bis 1993) geschlossen worden. Der Beklagte hatte jedoch die ihm eingeräumte Option ausgeübt , den Vertrag zweimal um jeweils ein Jahr zu verlängern. Der Vertrag verpflichtete den Kläger, in seiner Eigenschaft als Solosänger oder Mitglied eines Ensembles während der Vertragslaufzeit ausschließlich dem Beklagten zur Her-
stellung von Ton- oder Bildtonaufnahmen zur Verfügung zu stehen (“... the artist warrants to be exclusively at the company’s and not at any third party’s disposal, neither as solo-artist nor as member of a group ...”). Dem Beklagten waren hinsichtlich der Auswertung dieser Aufnahmen ausschließliche Nutzungsrechte eingeräumt. Im Gegenzug hatte sich der Beklagte verpflichtet, Titel mit Darbietungen des Klägers aufzunehmen und zu veröffentlichen, wobei in jedem Kalenderjahr eine ausreichende Zahl von Titeln für mindestens eine Langspielplatte produziert werden sollte (“The company commits to record or to have recorded and to release or to have released titles with performances of the artist, precisely: During the period of each calendar year a sufficient number of tracks for at least one album” ). Über die Auswahl der aufzunehmenden Titel sollte der Beklagte entscheiden , wobei dem Kläger ein Vorschlagsrecht zustand (“The company decides which titles will be recorded. While selecting the titles to be recorded, the artist is entitled to make proposals”). Für den Vertrag sollte deutsches Recht gelten. Als Gerichtsstand wurde der Sitz des Beklagten vereinbart.
In den ersten vier Jahren der Vertragslaufzeit, also in den Jahren 1991 bis 1994, produzierte der Beklagte mit dem Kläger vier Langspielplatten, die dem Kläger Einnahmen von über 600.000 DM einbrachten. Nachdem es zwischen den Parteien im Laufe des Jahres 1995 wiederholt zu Streitigkeiten gekommen war – u.a. über die Kosten einer Flugreise von Japan nach Deutschland und über die Abrechnung von Lizenzgebühren –, produzierte der Beklagte 1995 keine Titel mit dem Kläger. Der Kläger forderte den Beklagten deswegen im Februar 1996 zur Zahlung von Schadensersatz auf. Das Angebot des Beklagten, das Versäumte nachzuholen, lehnte der Kläger unter Hinweis auf die von ihm inzwischen eingegangene Exklusivverpflichtung gegenüber einem anderen Produzenten ab.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dem Beklagten sei die Produktionsleistung , zu der er nach dem Vertrag verpflichtet gewesen sei, mit Ablauf des Jahres 1995 in von ihm zu vertretender Weise unmöglich geworden. Er hat behauptet, dadurch, daß 1995 kein Album auf den Markt gekommen sei, seien ihm Lizenzund GVL-Einnahmen in Höhe von 218.750 DM entgangen. Diesen Betrag (zuzüglich Zinsen) hat er mit der vorliegenden Klage geltend gemacht. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Kammergericht die Klage abgewiesen (KG AfP 1999, 485 = ZUM-RD 1999, 98 = KG-Rep 1999, 117).
Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers, mit der er seinen Klageantrag weiterverfolgt. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat angenommen, dem Kläger stehe schon nach seinem eigenen Vorbringen kein Schadensersatz zu. Zur Begründung hat es ausgeführt :
Ein Schadensersatzanspruch des Klägers ergebe sich nicht aus § 325 BGB. Zwar handele es sich bei der vom Beklagten übernommenen Verpflichtung, jedes Jahr die für eine Langspielplatte erforderliche Zahl von Titeln zu produzieren, um eine vertragliche Hauptpflicht. Entgegen der Ansicht des Landgerichts sei aber dem Beklagten die Erfüllung dieser Verpflichtung nicht mit Ablauf des Jahres 1995 unmöglich geworden. Aus dem Parteivorbringen ergäben sich weder rechtli-
che noch tatsächliche Gründe, die den Kläger daran gehindert hätten, das für 1995 vorgesehene Album noch im Jahre 1996 zu produzieren. Allein die nach seinem Vorbringen eingegangene neue Exklusivbindung könne dem Vertragsverhältnis der Parteien nicht den Charakter eines absoluten Fixgeschäftes vermitteln. Denn dieser Hinderungsgrund beruhe nicht auf den Vertragsabsprachen der Parteien, sondern auf dem Entschluß des Klägers, unmittelbar im Anschluß an den Vertrag mit dem Beklagten eine neue Exklusivbindung einzugehen, ohne sich für die nachträgliche Produktion eines Albums durch den Beklagten eine Ausnahme vorzubehalten.
Ein Schadensersatzanspruch stehe dem Kläger auch aus § 326 BGB nicht zu. Denn der Kläger habe dem Beklagten – selbst wenn dieser mit Ablauf des Jahres 1995 in Verzug geraten sein sollte – keine Frist mit Ablehnungsandrohung gesetzt. Eine solche Nachfristsetzung sei nicht deswegen entbehrlich, weil beim Kläger das Interesse an der Vertragserfüllung im Jahre 1996 entfallen sei. Denn dies beruhe nicht auf dem Verzug des Beklagten, sondern allein darauf, daß der Kläger sich – nach seinem Vorbringen – bereits mit dem Beginn des Jahres 1996 exklusiv an einen anderen Vertragspartner gebunden habe. Für den Kläger habe im übrigen die Möglichkeit bestanden, ausnahmsweise schon vor Verzugseintritt eine Frist mit Ablehnungsandrohung zu setzen.
II. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision nicht stand. Sie führen zur Aufhebung und Zurückverweisung.
1. Mit Recht hat allerdings das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch des Klägers aus § 325 Abs. 1 Satz 1 BGB verneint. Die Musikproduktion, zu der sich der Beklagte verpflichtet hatte – also die Aufnahme und Veröffentlichung einer für eine Langspielplatte ausreichenden Zahl von Titeln in jedem Ka-
lenderjahr –, stellt keine Leistung dar, die dem Vertrag hinsichtlich dieser Verpflichtung den Charakter eines absoluten Fixgeschäftes gibt.
Absolute Fixgeschäfte sind Verträge, bei denen – über die Rechtswirkungen des § 361 BGB hinaus – die Leistungszeit so wesentlich ist, daß die Leistung nur zu einer bestimmten Zeit erbracht werden kann, die Verfehlung dieses Zeitpunktes die Leistung also dauernd unmöglich macht (BGHZ 60, 14, 16). Dabei erfordert ein Fixgeschäft nicht nur die Festlegung einer genauen Leistungszeit, sondern darüber hinaus Einigkeit der Parteien darüber, daß der Vertrag mit der Einhaltung oder Nichteinhaltung der Leistungszeit stehen oder fallen solle. Ob die Parteien der vereinbarten Leistungszeit eine so weitgehende Bedeutung beimessen wollten, ist – wenn der Vertragstext eine ausdrückliche Regelung nicht enthält – unter Berücksichtigung aller Umstände durch Auslegung zu ermitteln, wobei sich jeder Zweifel gegen die Annahme eines Fixgeschäftes auswirkt (vgl. BGH, Urt. v. 27.10.1982 – VIII ZR 190/81, WM 1982, 1384; Urt. v. 14.3.1984 – VIII ZR 287/82, WM 1984, 639, 641; Urt. v 18.4.1989 – X ZR 85/88, NJW-RR 1989, 1373, jeweils zu § 376 Abs. 1 HGB). Unter diesen Umständen ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht dem Vertragsverhältnis der Parteien keine solche Fixabrede entnommen hat. Denn es läßt sich nicht feststellen, daß die Parteien die jährlich zu erbringende Produktionsleistung des Beklagten derart streng an das jeweilige Kalenderjahr binden wollten, daß bereits eine geringfügig verzögerte Produktion den Leistungszweck unter keinen Umständen mehr hätte verwirklichen können.
Die Revision verweist demgegenüber darauf, daß es sich bei dem Musikproduktionsvertrag der Parteien um ein Dauerschuldverhältnis handele und Dauerverpflichtungen in der Regel Fixcharakter hätten, weil bei ihnen die einmal verzögerte Leistung nicht mehr nachgeholt werden könne (vgl. BGHZ 99, 182, 189;
BGH, Urt. v. 14.11.1990 – VIII ZR 13/90, NJW-RR 1991, 267, 268, jeweils für die Raummiete; BAG NJW 1986, 1831, 1832; NJW 1996, 1771, 1772, jeweils für Leistungspflichten im Rahmen eines Arbeitsvertrages; MünchKomm/Emmerich, 3. Aufl., § 275 BGB Rdn. 45 m.w.N.). Die vom Beklagten zu erbringende Produktionsleistung unterscheidet sich indessen von den insofern angesprochenen Dauerverpflichtungen in einem wesentlichen Punkt: Während bei diesen die geschuldete Leistung, etwa die Gebrauchsüberlassung bei der Raummiete oder die Unterlassung einer bestimmten Tätigkeit bei einem Wettbewerbsverbot, fortlaufend zu erbringen ist, geht es bei der Verpflichtung des Beklagten – ähnlich wie bei einem Sukzessivlieferungsvertrag – um wiederkehrende Einzelleistungen. Auch wenn für die jeweils zu erbringende Einzelleistung ein Termin nach dem Kalender bestimmt ist, ist hier ein Nachholen einer versäumten Leistung nicht von vornherein ausgeschlossen. Die in diesem Zusammenhang von der Revision angeführten Gesichtspunkte, die aus der Sicht des Klägers gegen ein Nachholen der 1995 versäumten Produktion sprechen, mögen dazu führen, daß das Interesse des Klägers an einer verspäteten Leistung entfallen ist (vgl. § 326 Abs. 2 BGB; dazu unten unter II.2.b). Eine mit Ablauf der vereinbarten Leistungszeit eintretende Unmöglichkeit können sie jedoch nicht begründen.
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger jedoch nach dem – im Revisionsverfahren zugrundezulegenden – Klagevorbringen ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung nach § 326 BGB zu.

a) Der Beklagte ist mit Ablauf des Jahres 1995 in Verzug geraten, da für seine Leistung zumindest mittelbar eine Zeit nach dem Kalender bestimmt war (§ 284 Abs. 2 BGB). Im Vertrag ist festgehalten, daß der Beklagte während jedes Kalenderjahres (“during the period of each calendar year”) die notwendige Zahl von Titeln produziert. Nach dem Kalender ist die Leistungszeit auch dann be-
stimmt, wenn die Leistung innerhalb eines bestimmten Kalenderabschnitts vereinbart wird (vgl. BGH, Urt. v. 19.9.1983 – VIII ZR 84/82, NJW 1984, 48, 49). Um welche Kalenderjahre es sich dabei handelte, ergibt sich mittelbar daraus, daß der Vertrag für die Jahre 1991 bis 1993 mit einer (ausgeübten) Option für die Jahre 1994 und 1995 geschlossen wurde. Dies reicht für die Annahme einer kalendermäßigen Bestimmung der Leistungszeit aus (vgl. BGH, Urt. v. 19.11.1991 – X ZR 28/90, NJW 1992, 1628, 1629).

b) Allerdings hat der Kläger dem Beklagten – wie es § 326 Abs. 1 Satz 1 BGB an sich voraussetzt – keine Frist mit Ablehnungsandrohung gesetzt. Eine solche Fristsetzung war jedoch im Streitfall entbehrlich, weil das Interesse des Klägers an der Vertragserfüllung infolge des eingetretenen Verzuges entfallen war (§ 326 Abs. 2 BGB).
aa) Für die Prüfung im Revisionsverfahren ist von dem Vorbringen des Klägers auszugehen, wonach er für die Zeit ab 1. Januar 1996 exklusiv bei einem anderen Produzenten, der I. GmbH, unter Vertrag stand; aufgrund dessen sei er gehindert gewesen, die 1995 versäumte Produktion noch im Jahre 1996 nachzuholen.
bb) Zu Unrecht meint das Berufungsgericht, das Interesse des Klägers an der Vertragserfüllung sei nicht infolge des Verzugs, sondern aufgrund der neu eingegangenen Ausschließlichkeitsbindung entfallen.
Das Berufungsgericht hat nicht hinreichend berücksichtigt, daß der Verzug nicht die alleinige Ursache des Interessewegfalls sein muß, wenn der vertragstreue Teil für die anderen Ursachen nicht verantwortlich ist (Staudinger/Otto, Bearb. 1995, § 326 BGB Rdn. 125; MünchKomm/Emmerich aaO § 326 BGB
Rdn. 114 m.w.N.). Im Streitfall war der Verzug des Beklagten jedenfalls mitursächlich für den Wegfall des Interesses des Klägers; denn hätte der Beklagte die ihm obliegende Leistung erbracht, wäre das Interesse des Klägers an der Vertragserfüllung nicht entfallen. Der Umstand, daß das Nachholen der versäumten Leistung durch den neuen Exklusivvertrag unmöglich gemacht wurde, ist dem Kläger nicht anzulasten. Mit Recht weist die Revision darauf hin, daß der Kläger darauf angewiesen war, für die Zeit nach dem Auslaufen des Vertrages mit dem Beklagten einen neuen Produzenten zu finden. Ihm war es nicht zuzumuten, einen solchen anstehenden Vertragsschluß nur deswegen aufzuschieben, weil der Beklagte die ihm obliegende Produktion von Titeln im Jahre 1995 noch nicht erfüllt hatte. Ebenfalls geht es nicht zu Lasten des Klägers, daß er in dem Vertrag mit I. keinen Vorbehalt für die nachzuholende Produktion aus dem Jahre 1995 gemacht hat. Zum einen läßt sich den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht entnehmen , daß der Vertrag mit I. erst zu einem Zeitpunkt abgeschlossen worden ist, als für den Kläger bereits deutlich war, daß der Beklagte seiner Produktionsverpflichtung für 1995 nicht nachkommen würde. Zum anderen – und dies ist der entscheidende Gesichtspunkt – hätte das Bestehen auf einem derartigen Vorbehalt die Verhandlungsposition des Klägers gegenüber dem neuen Produzenten erheblich geschwächt, wenn überhaupt eine Bereitschaft bestanden hätte, den Kläger unter solchen Voraussetzungen unter Vertrag zu nehmen. Denn es konnte nicht im Interesse des neuen Produzenten liegen, daß 1996 neben den von ihm geplanten Titeln noch die an sich für 1995 geplante CD des Beklagten erscheint und die verschiedenen Neuerscheinungen sich im Absatz behindern.
cc) Auch das Berufungsgericht hat nicht verkannt, daß es dem Kläger nicht zuzumuten war, sich die Möglichkeit eines neuen Exklusivvertrages mit einem anderen Produzenten wegen der noch ausstehenden Vertragserfüllung durch den
Beklagten zu verstellen. Es meint jedoch, der Kläger hätte dem Beklagten in entsprechender Anwendung von § 326 Abs. 1 Satz 1 BGB schon vor Eintritt des Verzuges , also irgendwann im Jahre 1995, eine Frist mit Ablehnungsandrohung setzen können. Richtig ist zwar, daß ausnahmsweise schon vor Fälligkeit eine solche Frist gesetzt werden kann, wenn bereits frühzeitig ernsthafte Zweifel an der Leistungsfähigkeit oder -bereitschaft des Schuldners bestehen (vgl. BGH, Urt. v. 21.10.1982 – VII ZR 51/82, NJW 1983, 989, 990; MünchKomm/Emmerich aaO § 326 BGB Rdn. 64 m.w.N.). Eine Verpflichtung zu einer solchen frühzeitigen Nachfristsetzung besteht indessen nicht. Vielmehr steht es dem Gläubiger frei, zunächst Fälligkeit und Verzugseintritt abzuwarten, um nunmehr – wenn inzwischen sein Interesse an der Erfüllung infolge des Verzugs entfallen ist – Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu beanspruchen oder vom Vertrag zurückzutreten.
dd) Fehl geht schließlich der Hinweis des Berufungsgerichts auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 11. Februar 1971 (VII ZR 170/69, WM 1971, 615, 617). Dort ist ausgesprochen, daß sich ein Gläubiger nicht auf § 326 Abs. 2 BGB berufen kann, wenn der Wegfall des Interesses an einer Erfüllung darauf beruht, daß er bereits vorzeitig ein Deckungsgeschäft abgeschlossen hat, ohne das Ergebnis der Nachfristsetzung abzuwarten (vgl. auch RGZ 96, 126, 129). Der Streitfall ist mit einer solchen Fallkonstellation nicht vergleichbar. Denn der Vertrag, den der Kläger mit dem neuen Produzenten abgeschlossen hat, betrifft nicht die Laufzeit des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages und stellt daher eindeutig nicht das Deckungsgeschäft für die vom Beklagten im Jahre 1995 versäumte Produktion dar.
III. Danach ist das angefochtene Urteil auf die Revision des Klägers aufzuheben. Die Sache ist zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Beru-
fungsgericht zurückzuverweisen. Das Berufungsgericht wird nunmehr zu klären haben, ob der Kläger – wie von ihm vorgetragen – tatsächlich im Februar 1996 bereits exklusiv bei einem anderen Produzenten unter Vertrag stand und deshalb gehindert war, die 1995 versäumte Produktion Anfang des Jahres 1996 noch nachzuholen.
Gelangt das Berufungsgericht dabei zu dem Ergebnis, daß dem Kläger dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch aus § 326 BGB zusteht, wird es die Frage eines Mitverschuldens des Klägers zu prüfen haben (vgl. zur Anwendung des § 254 im Rahmen des § 326 BGB MünchKomm/Emmerich aaO § 326 BGB Rdn. 129). Der Beklagte hat insofern vorgetragen, für das Jahr 1995 sei eine geänderte Vorgehensweise ins Auge gefaßt worden, wonach zunächst der Kläger geeignete Titel habe vorschlagen sollen. Dies sei nicht geschehen, weshalb er, der Beklagte, angenommen habe, daß auf seiten des Klägers kein Interesse an einer weiteren Produktion bestanden habe. Zwar könnte ein solcher Sachverhalt, wenn er sich bestätigen sollte, nichts daran ändern, daß die Produktion der Titel dem Beklagten oblag und er daher – ungeachtet der Mitwirkungspflichten des Klägers – die Initiative hätte ergreifen müssen. Den Kläger könnte aber in diesem Fall ein Mitverschulden an der Versäumung der Produktion treffen.
Unabhängig davon wird das Berufungsgericht der Frage nachzugehen haben , ob ein Mitverschulden des Klägers auch darin liegen kann, daß er im Laufe des Jahres 1995 gegenüber dem Beklagten niemals zum Ausdruck gebracht hat, daß er trotz der entstandenen Differenzen auf einer Vertragserfüllung durch den Beklagten besteht.
Schließlich wird das Berufungsgericht gegebenenfalls zu prüfen haben, ob für eine Schadensschätzung mit dem Landgericht auf den Durchschnitt der Einnahmen aus den Jahren 1991 bis 1994 abgestellt werden kann oder ob die rückläufige Tendenz der Einnahmen während dieser Zeit in die Schadensschätzung einfließen muß. Dem Kläger wäre es dann unbenommen, zu seinen Einnahmen aus den Produktionen der Folgejahre vorzutragen, um auf diese Weise darzulegen , daß keine Anhaltspunkte für generell rückläufige Einnahmen bestanden hätten.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Schaffert

*

(1) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung; bei einer Teilleistung findet § 441 Abs. 3 entsprechende Anwendung. Satz 1 gilt nicht, wenn der Schuldner im Falle der nicht vertragsgemäßen Leistung die Nacherfüllung nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu erbringen braucht.

(2) Ist der Gläubiger für den Umstand, auf Grund dessen der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten braucht, allein oder weit überwiegend verantwortlich oder tritt dieser vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit ein, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist, so behält der Schuldner den Anspruch auf die Gegenleistung. Er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Befreiung von der Leistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.

(3) Verlangt der Gläubiger nach § 285 Herausgabe des für den geschuldeten Gegenstand erlangten Ersatzes oder Abtretung des Ersatzanspruchs, so bleibt er zur Gegenleistung verpflichtet. Diese mindert sich jedoch nach Maßgabe des § 441 Abs. 3 insoweit, als der Wert des Ersatzes oder des Ersatzanspruchs hinter dem Wert der geschuldeten Leistung zurückbleibt.

(4) Soweit die nach dieser Vorschrift nicht geschuldete Gegenleistung bewirkt ist, kann das Geleistete nach den §§ 346 bis 348 zurückgefordert werden.

(5) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, kann der Gläubiger zurücktreten; auf den Rücktritt findet § 323 mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass die Fristsetzung entbehrlich ist.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

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(1) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung; bei einer Teilleistung findet § 441 Abs. 3 entsprechende Anwendung. Satz 1 gilt nicht, wenn der Schuldner im Falle der nicht vertragsgemäßen Leistung die Nacherfüllung nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu erbringen braucht.

(2) Ist der Gläubiger für den Umstand, auf Grund dessen der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten braucht, allein oder weit überwiegend verantwortlich oder tritt dieser vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit ein, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist, so behält der Schuldner den Anspruch auf die Gegenleistung. Er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Befreiung von der Leistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.

(3) Verlangt der Gläubiger nach § 285 Herausgabe des für den geschuldeten Gegenstand erlangten Ersatzes oder Abtretung des Ersatzanspruchs, so bleibt er zur Gegenleistung verpflichtet. Diese mindert sich jedoch nach Maßgabe des § 441 Abs. 3 insoweit, als der Wert des Ersatzes oder des Ersatzanspruchs hinter dem Wert der geschuldeten Leistung zurückbleibt.

(4) Soweit die nach dieser Vorschrift nicht geschuldete Gegenleistung bewirkt ist, kann das Geleistete nach den §§ 346 bis 348 zurückgefordert werden.

(5) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, kann der Gläubiger zurücktreten; auf den Rücktritt findet § 323 mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass die Fristsetzung entbehrlich ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 84/02 Verkündet am:
17. Oktober 2003
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Oktober 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Gaier und die Richterin
Dr. Stresemann

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 19. Februar 2002 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Zahlungsantrag des Klägers in Höhe von 5.121.379,88 DM (= 2.618.519,95 nsen und der Feststellungsantrag abgewiesen worden sind, soweit es um die Blöcke 1, 5 und 6b geht.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte, deren Anteile von der Stadt Köln und dem Land Nordrhein -Westfalen gehalten werden, ist mit der Verwirklichung des Stadtentwicklungsprojekts "M. P. " auf einem etwa 20 ha großen, ehemals als Güterbahnhof genutzten Gelände in Köln befaßt. Ihr oblag die Projektsteuerung. Ziel war es, das Gesamtprojekt bis Anfang 1993 fertigzustellen. Zu diesem Zweck
wurde den Investoren zusammen mit dem Grundstückserwerb Bauverpflichtun- gen mit engen zeitlichen Vorgaben, gesichert durch Vertragsstrafen, auferlegt.
Der Kläger erwarb 1990 ein Grundstück aus dem Gesamtareal und errichtete dort den Block 4, den er zu großen Teilen an die A. -G. AG vermietet hat. Wegen Schlechterfüllung bei der Realisierung und Koordinierung des Gesamtprojekts und wegen Verschuldens bei Vertragsschluß, nämlich wegen Täuschung über die Defizite hinsichtlich des Entwicklungsstands des Gesamtprojekts , hat der Kläger von der Beklagten Schadensersatz verlangt, und zwar durch Zahlungsklage in Höhe von 13.378.232,06 DM nebst Zinsen sowie im Wege der Feststellungsklage hinsichtlich weiterer noch nicht bezifferbarer Schäden.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat der Zahlungsklage in Höhe von 13 Mio. DM dem Grunde nach unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluß stattgegeben. Den Feststellungsantrag hat es als nicht gestellt betrachtet. Der Senat hat die Revisionen beider Parteien gegen dieses Urteil nicht angenommen und klargestellt, daß die angefochtene Entscheidung so zu verstehen sei, daß über den auf positive Forderungsverletzung gestützten Feststellungsantrag noch nicht entschieden sei.
Der Kläger hat im Betragsverfahren seinen Zahlungsanspruch in Höhe von 19.518.084 DM weiter verfolgt und die Feststellung begehrt, daß die Beklagte verpflichtet sei, ihm jeden weiteren Schaden zu ersetzen, der ihm aus der Nichtfertigstellung bzw. der nicht vertragsgemäßen Nutzung der Blöcke 1, 2, 3, 5, 6b, 7, 8, 12 und 13 bzw. aus der nicht- oder nicht ordnungsgemäßen
Erfüllung der sonstigen von der Beklagten eingegangenen Vertragspflichten entsteht.
Das Oberlandesgericht hat der Zahlungsklage in Höhe von 14.396.704,12 DM stattgegeben und die Klage im übrigen abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger den bezifferten Klageantrag im Umfang der Abweisung weiter. Den weiteren Antrag hat er eingeschränkt und auf die Feststellung präzisiert, daß die Beklagte verpflichtet sei, ihm jeden weiteren mit der Entscheidung über den Zahlungsantrag nicht verbrauchten Schaden zu ersetzen, der entstehe, solange die Blöcke 1, 2, 3, 5, 6b, 7, 8, 12 und 13 nicht fertiggestellt seien oder nach Errichtung nicht gemäß den vertraglichen Vereinbarungen , insbesondere nicht nach der vertraglich vorgesehenen Nutzungsbindung, genutzt würden.
Der Senat hat die Revision des Klägers hinsichtlich des Zahlungsantrags und hinsichtlich des Feststellungsantrags angenommen, soweit es um eine nicht rechtzeitige Fertigstellung der Blöcke 1, 5 und 6b geht. Im übrigen hat er die Revision des Klägers wie auch die Revision der Beklagten, die die Zurückweisung des gegnerischen Rechtsmittels beantragt, nicht angenommen.

Entscheidungsgründe:


A. Zahlungsantrag

I.


1. Das Berufungsgericht billigt dem Kläger entsprechend dem rechtskräftigen Grundurteil Schadensersatz wegen unzutreffender vorvertraglicher Erklärungen der Beklagten bezüglich Block 2 und Block 5 in Höhe des Wertes zu, um den der Kläger das von ihm mit Block 4 bebaute Grundstück infolge seiner Fehlvorstellungen zu teuer erworben hat. Es schätzt diese Wertdifferenz , sachverständig beraten, auf 10,7 Mio. DM und zieht davon im Wege des Vorteilsausgleichs einen sogenannten Overrent-Ertrag von (rund) 1,7 Mio. DM ab. Denn der Kläger habe von der A. -G. AG einen um 2 DM/qm höheren Mietzins erhalten, als es dem von dem Sachverständigen als lageangemessen veranschlagten Mietzins entspreche.
2. Als Schaden spricht das Berufungsgericht dem Kläger hilfsweise geltend gemachte kapitalisierte Verzugszinsen in Höhe von 5.396.704,12 DM zu, versagt ihm aber den in erster Linie verfolgten Anspruch auf Ersatz des Zinsaufwandes , der dem Kläger zur Finanzierung des von ihm bei vertragsgerechtem Verhalten nicht geschuldeten Kaufpreisanteils erwachsen ist und den er mit 8.818.084 DM beziffert hat. Es meint, es fehle an einer hinreichenden Darlegung dieses Anspruchs, da der Kläger nichts zu anrechenbaren Steuervorteilen vorgetragen habe, die er infolge der Kreditbelastung gehabt habe.
3. Hinsichtlich des weiterhin hilfsweise geltend gemachten Mietausfalls wegen des nicht vertragsgerecht verwirklichten Projekts "L. " (Ansiedlung von Künstlern und Kulturschaffenden in Block 4) verneint das Berufungsgericht einen Schaden mit der Begründung, der Kläger habe nicht dargelegt, daß er überhaupt einen Mietausfall erlitten habe.

II.


Diese Ausführungen halten nicht in allen Punkten den Angriffen der Revision stand.
1. Nachdem der Senat die Revision der Beklagten nicht angenommen hat, ist davon auszugehen, daß der Kläger das Grundstück infolge der unzutreffenden , von der Beklagten zu vertretenden Angaben zum Entwicklungsstand des Gesamtprojekts bezüglich Block 2 und Block 5 um 10,7 Mio. DM zu teuer erworben hat. Daß dieser Betrag, der den nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsschluß zu ersetzenden Schaden beziffert, nach den Regeln der Vorteilsausgleichung gemindert sein kann, steht außer Zweifel. Die für die Schadensberechnung maßgebliche Differenzhypothese (BGHZ 98, 212, 217) bedingt die den Schaden mindernde Berücksichtigung von Vorteilen, die dem Geschädigten infolge des Schadensereignisses zugeflossen sind. Dabei besteht heute Einigkeit, daß nicht generell jeder Vorteil den Schaden mindert, sondern daß eine Anrechnung dem Sinn und Zweck der Schadensersatzpflicht entsprechen muß, mithin den Geschädigten nicht unzumutbar belasten und den Schädiger nicht unbillig begünstigen darf. Der einzelne Vorteil muß, soll er zur Anrechnung führen, mit dem einzelnen Nachteil kongruent sein, d.h. ihm seiner Art nach entsprechen (Senat, Urt. v. 6. Juni 1997, V ZR 115/96, NJW 1997, 2378 m.w.N.).
Gemessen an diesen Grundsätzen bestehen gegen die von dem Berufungsgericht vorgenommene Vorteilsausgleichung an sich keine Bedenken. Da der den Schaden bestimmende Minderwert auf der von dem noch nicht intakten Umfeld geprägten Ertragseinbuße beruht, ist es grundsätzlich gerechtfertigt,
Mehrerträge im Einzelfall schadensmindernd zu berücksichtigen. Zwar hätte dies, worauf die Revision zu Recht hinweist, bei der gebotenen wertenden Betrachtung zu unterbleiben, wenn der Mehrertrag auf eine besondere Geschäftstüchtigkeit des Klägers zurückzuführen wäre, die dem Schädiger nicht zugute kommen dürfte (vgl. MünchKomm-BGB/Oetker, 4. Aufl., Band 2a, § 249 Rdn. 263). Die Revision verweist aber nicht auf Sachvortrag in den Tatsacheninstanzen , wonach die über dem lageangemessenen Durchschnitt liegende Miete der Geschäftstüchtigkeit des Klägers zuzuschreiben ist. Möglich, wenn nicht sogar näher liegend ist, daß die Miete im Hinblick auf die Vorstellung von Mieter und Vermieter vereinbart wurde, daß das Stadtentwicklungsprojekt in dem vorgesehenen zeitlichen Rahmen verwirklicht werden würde. Dann aber gäbe es keinen Grund, den Vorteil dem Kläger zu belassen.
Etwas anderes gilt aber, wenn der Vortrag des Klägers zutrifft, er habe den höheren Mietzins von der A. -G. AG nur deswegen bekommen, weil er im Hinblick auf sonst gerechtfertigte Mietminderungen finanzielle Zugeständnisse bei einem früheren Mietverhältnis in Düsseldorf gemacht habe. Diese Zugeständnisse überstiegen den in Köln erwirtschafteten "Overrent". Trifft dies zu, so hat sich der Kläger den ursprünglichen Vorteil nur durch anderweitige wirtschaftliche Zugeständnisse erhalten können. Im Saldo bliebe kein anrechenbarer Vorteil.
Dem kann man entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht entgegen halten, eine Mietminderung sei gar nicht gerechtfertigt gewesen. Wenn der Sachverständige wegen der Situation im Umfeld einen geringeren Mietertrag zugrunde legt, so deswegen, weil die noch fehlende Fertigstellung des Gesamtprojekts Einfluß auf den angemessenen Mietzins hat. Das beruht
nicht lediglich auf der rein subjektiven Einschätzung potentieller Mieter, sondern auf Umständen, die die Nutzung objektiv erschweren und wirtschaftliche Nachteile mit sich bringen. Gründe dafür sind beschwerlichere Zugänge, fehlende Einbindung in eine funktionierende Infrastruktur und ein insgesamt weniger attraktives Erscheinungsbild. Solche Nachteile können die Abläufe in einem Gewerbebetrieb erschweren, seine Außendarstellung beeinträchtigen und sein Ansehen mindern. Der Mieter, der Büro- oder Gewerberäume unter der vertragsgemäßen Voraussetzung eines intakten Umfelds mietet, kann daher die Miete mindern, wenn solche Umstände die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache nicht nur unerheblich beeinflußen (§ 536 Abs. 1 BGB a.F.). Daß dies hier der Fall war, liegt angesichts der von dem Sachverständigen ermittelten allgemeinen Ertragseinbußen nicht fern. Jedenfalls konnte das Berufungsgericht einen solchen Nachteil für den Kläger deswegen nicht verneinen, weil er und die Mieterin dem von dieser geltend gemachten Minderungsrecht wirtschaftliche Bedeutung beigemessen und dies - nach dem Klägervortrag - zum Gegenstand eines Vergleichs gemacht haben. Danach verzichtete der Kläger auf Forderungen aus dem früheren Mietverhältnis mit der A. -G. AG, und diese verzichtete auf Minderungsansprüche. Dies dokumentiert den wirtschaftlichen Wert dieser Ansprüche. Mit Blick darauf kann auch - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - nicht in analoger Anwendung des § 539 Satz 1 BGB a.F. von einem Verlust des Minderungsrechts wegen fehlender Geltendmachung ausgegangen werden. Die Mietvertragsparteien sind, wie der Vergleich zeigt, nicht von einem Verlust des Minderungsrechts ausgegangen. Der Kläger hat vielmehr seinem Vortrag zufolge mit Rücksicht auf die angedrohte Minderung auf Mietzinsforderungen in erheblichem Umfang verzichtet. Dies läßt, wenn es zutrifft, den von dem Sachverständigen ermittelten "Over-
rent-Ertrag" wieder entfallen und steht einer Berücksichtigung im Wege des Vorteilsausgleichs entgegen.
2. Im Ansatz zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß der Zinsaufwand, der auf den Kaufpreisanteil entfällt, der bei vertragsgemäßem Verhalten der Beklagten nicht entstanden wäre, einen ersatzfähigen Schaden darstellt. Soweit es indes eine nicht hinreichende Darlegung des Klägers zu anrechenbaren Steuervorteilen bemängelt, verkennt es - wie die Revision zu Recht rügt - die Darlegungs- und Beweislast.
Für Vorteile, die den Schaden mindern, ist grundsätzlich der Schädiger, hier also die Beklagte, darlegungs- und beweispflichtig (Senat, Urt. v. 3. Mai 2002, V ZR 115/01, NJW-RR 2002, 1280 m.w.N.). Zwar gibt es Beweiserleichterungen , die bis zur Umkehr der Darlegungs- und Beweislast gehen können, wenn es sich um Geschehnisse aus dem Vermögensbereich der anderen Partei handelt. Das ist insbesondere bei der Berücksichtigung von Steuervorteilen angenommen worden (BGH, Urt. v. 10. Februar 1987, VI ZR 17/86, NJW 1987, 1814, 1815; Senat, Urt. v. 15. April 1983, V ZR 152/82, NJW 1983, 2137, 2139). Doch muß zunächst der Schädiger überhaupt geltend machen, daß ein Vorteil anzurechnen ist. Diese Darlegung ist ihm nicht erlassen (BGH, Urt. v. 10. Februar 1987, VI ZR 17/86 aaO). Daran fehlt es. Die Revisionserwiderung verweist zwar auf Tatsachenvortrag, in dem darauf hingewiesen wird, daß nach einer Entscheidung des Senats vom 26. September 1997 (V ZR 29/96, WM 1997, 2309) bei der Ermittlung des Schadens eine Gesamtbetrachtung stattzufinden habe. Darin liegt jedoch auf den konkreten Fall bezogen keine Geltendmachung von Steuervorteilen, die dem Kläger infolge seines durch den Zinsaufwand entstandenen Schadens zugeflossen sein sollten. Eine nähere
Darlegung hätte dazu schon deswegen erfolgen müssen, weil ein etwaiger Steuervorteil des Klägers dadurch wieder ausgeglichen sein kann, daß der zugesprochene Schadensersatzbetrag seinerseits zu versteuern ist (vgl. BGHZ 74, 103, 114; BGH, Urt. v. 25. Februar 1988, VII ZR 152/87, NJW-RR 1988, 788; Urt. v. 9. Dezember 1987, IVa ZR 204/86, NJW-RR 1988, 856).
3. Sollte es nach den nachzuholenden Feststellungen des Berufungsgerichts gleichwohl bei einer Nichtberücksichtigung des von dem Kläger auf 8.818.084 DM bezifferten Schadensbetrages bleiben, gilt für die hilfsweise geltend gemachten Forderungen folgendes:
Die kapitalisierten Verzugszinsen, die das Berufungsgericht in Höhe von 5.396.704,12 DM berücksichtigt hat, würden sich erhöhen, wenn der Grundschadensbetrag nicht 9 Mio. DM - wie vom Berufungsgericht angenommen -, sondern 10,7 Mio. DM betragen sollte. Der Kläger beziffert sie auf 6.321.244,44 DM.
Hinsichtlich des von dem Kläger geltend gemachten Mietausfalls wegen des nicht vertragsgerecht verwirklichten Projekts "L. " bleiben die Angriffe der Revision gegen das Urteil des Berufungsgerichts ohne Erfolg. Zwar ist es richtig, daß § 252 Satz 2 BGB dem Geschädigten die Darlegungslast erleichtert. Die Revision verweist aber nicht auf Tatsachenvortrag, dem zu entnehmen wäre, daß nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten gewesen wäre, daß der Markt eine Vermietung zu einem Quadratmeterpreis von 29 DM, den der Kläger seiner Berechnung zugrunde gelegt hat, überhaupt hergegeben hätte. Wie der Sachverständige festgestellt hat, war ein Quadratmeterpreis von 29 DM angesichts der besonderen Situati-
on mehr, als man an sich hätte erzielen können. Nur die A. -G. AG war bereit, diesen Mietzins zu zahlen. Daß der Kläger wegen der unzureichenden Projektbegleitung der Beklagten nicht mehr an Miete erzielen konnte (vom "Overrent-Ertrag" abgesehen), mag richtig sein. Diesen Schaden deckt aber der Anspruch aus culpa in contrahendo ab; denn der Kläger erhält die auf dem geringeren Ertragswert beruhende Werteinbuße erstattet.
B. Feststellungsantrag

I.


1. Das Berufungsgericht verneint das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Rechtsschutzinteresse, soweit der Feststellungsantrag noch Gegenstand des Revisionsverfahrens ist, sich also auf die nicht bzw. nicht rechtzeitige Fertigstellung der Blöcke 1, 5 und 6b bezieht. Der Kläger habe den Schaden beziffern und daher zur Leistungsklage übergehen können.
2. Im übrigen hält es den geltend gemachten Schadensersatzanspruch aber auch für nicht begründet.

a) Hinsichtlich Block 1 fehle es an der Kausalität zwischen einem etwaigen Fehlverhalten der Beklagten und dem eingetretenen Schaden. Wegen Liquiditätsschwierigkeiten des Investors hätten auch vertraglich geschuldete frühere Bemühungen der Beklagten, die Bauverpflichtung durchzusetzen, keinen Erfolg gehabt.

b) Hinsichtlich Block 5 und 6b verneint das Berufungsgericht ein schuldhaftes Verhalten der Beklagten.

II.


1. Der Umstand, daß der Schaden während des Prozesses bezifferbar geworden sein mag, führt nicht dazu, daß der Feststellungsantrag mangels Feststellungsinteresses nicht mehr zulässig wäre. Ist eine Feststellungsklage - wie hier - in zulässiger Weise erhoben worden, so ist der Kläger nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht gehalten, zur Leistungsklage überzugehen, wenn der Schaden bezifferbar wird (BGH, Urt. v. 31. Januar 1952, III ZR 131/51, LM ZPO § 256 Nr. 5; Urt. v. 15. November 1977, VI ZR 101/76, NJW 1978, 210, bei BGHZ 70, 39 nicht abgedruckt).
2. a) Bei der Frage, ob die nicht rechtzeitige Fertigstellung von Block 1 auf eine schuldhafte Vertragsverletzung der Beklagten zurückzuführen ist, verkennt das Berufungsgericht die Darlegungs- und Beweislast, wenn es annimmt, daß nichts dafür spreche, daß die Beklagte eine Fertigstellung bis zum 31. Dezember 1994 durchgesetzt hätte, wenn sie frühzeitig, und nicht erst im September 1995 eine Vertragsstrafe verhängt hätte. Denn es ist nicht Sache des Klägers darzulegen, daß der Schaden bei vertragsgemäßem Verhalten vermieden worden wäre. Vielmehr muß die Beklagte darlegen und im Bestreitensfalle beweisen, daß der Investor auch dann, wenn sie sich rechtzeitig um eine zügige Bebauung gekümmert hätte, wegen seiner Liquiditätsschwierigkeiten außerstande gewesen wäre, den Block vertragsgemäß zu erstellen (vgl. BGHZ 143, 362, 365 f.; BGH, Urt. v. 11. Oktober 2001, III ZR 288/00, NJW 2002, 888, 890; MünchKomm-BGB/Oetker, § 249 Rdn. 218 m.w.N.). Daran fehlt es, und davon geht auch das Berufungsgericht nicht aus. Es erwägt selbst, daß die Beklagte auch von ihrem Rücktrittsrecht hätte Gebrauch machen und den Block - wie später auch geschehen - anderweit vergeben kön-
nen. Mit einer Wahrscheinlichkeitsprognose läßt sich aber weder in dem einen noch in dem anderen Fall die Kausalität des Fehlverhaltens der Beklagten verneinen. Hierzu bedarf es konkreter Feststellungen.

b) Hinsichtlich Block 5 macht die Revision zu Recht geltend, das Berufungsgericht habe bei der Verneinung eines schuldhaften Verhaltens der Beklagten Sachvorbringen des Klägers übergangen.
Das gilt allerdings nicht für den unter Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens gestellten Vortrag, die Entscheidung, den Block in Teilen zu vermarkten, sei falsch gewesen. Dem brauchte das Berufungsgericht , weil dieses Vorbringen zu wenig auf die konkrete Situation eingeht, nicht nachzugehen. Die Beklagte hatte - wie sie im einzelnen unter Beweisantritt dargelegt hat - zunächst versucht, den Block als solchen zu vermarkten, was aber wegen des großen Volumens nicht gelang. Die Revision verweist nicht auf Vortrag des Klägers, der hierauf eingegangen wäre. Die Frage, ob eine Vermarktung durch Aufteilung sachgerecht ist, kann aber nicht generell, etwa durch Sachverständigengutachten, geklärt werden, sondern muß vor dem Hintergrund der konkreten Verhältnisse beurteilt werden.
Berechtigt ist die Rüge aber hinsichtlich des Vortrags, wonach die Beklagte eine sichere Möglichkeit der Vermarktung habe scheitern lassen, um eine vage Hoffnung auf ein anderes Geschäft (mit R. ) aufrechterhalten zu können. Wenn das Berufungsgericht meint, daß es der Beklagten nicht zum Vorwurf gemacht werden könne, wenn sie an R. festgehalten habe, da dies dem Gesamtkonzept des "M. -P. " entsprochen habe, so ist dies zwar eine mögliche Erwägung, die aber nicht ohne vorherige Aufklärung der Tatsa-
chen angestellt werden durfte. Der Kläger behauptet hierzu nämlich unter Beweisantritt , daß das Geschäft mit einem Investor deswegen gescheitert sei, weil die Beklagte ihn abgelehnt habe, obwohl dieser auch an R. habe vermieten wollen. Trifft dies zu, kommt eine schuldhafte Pflichtverletzung in Betracht, durch die eine erhebliche Verzögerung eingetreten wäre. Die Ablehnung soll nämlich im Mai 1992 erklärt worden sein; die jetzige Realisierung des Projekts hat das Berufungsgericht für 2003 angenommen.
Bei der Schadensberechnung wird, soweit das Berufungsgericht dem Grunde nach zu einem Anspruch kommen wollte, zu berücksichtigen sein, daß nur der Schaden erfaßt wird, der nicht schon Gegenstand der Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsschluß ist. Ein solcher weiterer Schaden, der durch eine verzögerte Fertigstellung des Blocks 5 verursacht wurde, ist nicht von vornherein notwendigerweise mit dem von der culpa in contrahendo verursachten Vertrauensschaden deckungsgleich.
Hinsichtlich von Block 6b läßt das Berufungsgericht vom rechtlichen Ansatz her die Haftung der Beklagten zwar daran scheitern, daß es an einer schuldhaften Pflichtverletzung fehle. Es heißt nämlich, es könne nicht von Versäumnissen der Beklagten ausgegangen werden. Die weiteren Ausführungen zeigen aber, daß es - wie bei Block 1 - um Fragen der Kausalität geht. Insoweit leidet das Urteil an demselben Rechtsfehler, wie er zu Block 1 unterlaufen ist.

III.


Soweit Ansprüche wegen positiver Forderungsverletzung von dem Kläger "äußerst hilfsweise" auch zur Auffüllung des Zahlungsanspruchs geltend gemacht und vom Berufungsgericht abgewiesen worden sind, geht die Revision hierauf nicht gesondert ein, da es aus ihrer Sicht darauf nicht ankommt. Der Senat brauchte daher nicht im einzelnen zu prüfen, ob solche Ansprüche bestehen und insbesondere der Höhe nach schlüssig dargelegt sind. Soweit es um den Haftungsgrund geht, kommen Ansprüche wegen der nicht rechtzeitigen Fertigstellung der Blöcke 1, 5 und 6b in Betracht. Das hierzu bei der Behandlung des Feststellungsantrags Ausgeführte gilt in gleicher Weise auch für daraus abgeleitete Zahlungansprüche.
Wenzel Krüger Klein Gaier Stresemann

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 350/04 Verkündet am:
17. November 2005
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Frage der Anrechnung steuerlicher Vorteile auf einen gegen den Vermittler
der Beteiligung an einem Immobilienfonds als Kommanditist gerichteten Schadensersatzanspruch
- auf Erstattung der gezahlten Einlage, Zug um Zug gegen
Abtretung der Beteiligung -, wenn die Kommanditgesellschaft nicht die
Erzielung von Einkünften aus Gewerbebetrieb, sondern von Einkünften aus
Vermietung und Verpachtung bezweckt.
BGH, Urteil vom 17. November 2005 - III ZR 350/04 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. November 2005 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Streck, Dörr, Galke und Dr. Herrmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten zu 2 wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 15. Juli 2004 im Kostenpunkt - mit Ausnahme der Entscheidung über die Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1 und 3 - und insoweit aufgehoben, als die Beklagte zu 2 zur Zahlung von mehr als 112.692,82 € nebst Zinsen an die Klägerin zu 1, 67.615,79 € nebst Zinsen an den Kläger zu 2 und 135.231,59 € nebst Zinsen an den Kläger zu 3 verurteilt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Hinsichtlich des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens haben von den Gerichtskosten - nach einem Wert von bis zu 800.000 € - die Klägerin zu 1 31 %, der Kläger zu 2 18 %, der Kläger zu 3 37 % und die Beklagte zu 2 14 % zu tragen. Der Beklagten zu 2 werden 15 % der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1, 9 % derjenigen des Klägers zu 2 und 18 % derjenigen des Klägers zu 3 nach demselben Wert auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Kläger Die zu 1 und 2 sowie die damalige Ehefrau des Klägers zu 3 zeichneten durch Vermittlung der Beklagten zu 2 Beteiligungen an Immobilienfonds als Kommanditisten, und zwar die Klägerin zu 1 und die Ehefrau des Klägers zu 3 mit Beitrittserklärungen vom 7. und 26. Mai 1997 je eine Beteiligung in Höhe von 500.000 DM bzw. 600.000 DM, jeweils zuzüglich 5 % Agio, an der D.D.C. C. -C. -C. Grundstücks-Entwicklungs-GmbH & Co. W. -G. 2 KG und der Kläger zu 2 mit Beitrittserklärung vom 3. Dezember 1997 eine Beteiligung in Höhe von 300.000 DM zuzüglich 5 % Agio an dem Grundrenditefonds D.D.C. T. N. L. P. -, Grundstücks- und Verwaltungs -GmbH & Co. C. -C. R. KG.
2
Die Kläger, der Kläger zu 3 aus abgetretenem Recht seiner früheren Ehefrau, haben die Beklagten wegen Verletzung (vor-)vertraglicher Pflichten auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die zunächst auf Teilbeträge beschränkte Schadensersatzklage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die gegen die Beklagten zu 1 und 3 gerichtete Klage ebenfalls abgewiesen und die Beklagte zu 2 verurteilt, an die Klägerin zu 1 (525.000 DM =) 268.428,23 € nebst Zinsen, an den Kläger zu 2 (315.000 DM =) 161.056,94 € nebst Zinsen und an den Kläger zu 3 (630.000 DM =) 322.113,88 € nebst Zinsen , jeweils Zug um Zug gegen Übertragung der Kommanditanteile, zu zahlen. Der Senat hat die von den Klägern erhobene Nichtzulassungsbeschwerde, soweit sie nicht (gegen den Beklagten zu 3) zurückgenommen worden ist, zurückgewiesen. Auf die von der Beklagten zu 2 eingelegte Beschwerde hat der Senat die Revision (nur) hinsichtlich der Anspruchshöhe zugelassen, soweit die Beklagte zu 2 zur Zahlung von mehr als 112.692,82 € nebst Zinsen an die Kläge- rin zu 1, 67.615,79 € nebst Zinsen an den Kläger zu 2 und 135.231,59 € nebst Zinsen an den Kläger zu 3 verurteilt worden ist.

Entscheidungsgründe


3
Die Revision führt in dem Umfang, in dem sie zugelassen worden ist, zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

I.


4
Es geht in diesem Revisionsverfahren - da die Schadensersatzverpflichtung der Beklagten zu 2 gegenüber den Klägern dem Grunde nach und jedenfalls in Höhe der vom Berufungsgericht ausgeurteilten Beträge, soweit sie von der Revisionszulassung unberührt geblieben sind (220.408 DM = 112.692,82 € nebst Zinsen an die Klägerin zu 1; 132.245 DM = 67.615,79 € nebst Zinsen an den Kläger zu 2; 264.490 DM = 135.231,59 € nebst Zinsen an den Kläger zu 3), feststeht - nur noch um die Frage, ob die Kläger sich auf ihren Schaden in Höhe der für die Beteiligung an den Immobilienfonds aufgebrachten Beträge (Klägerin zu 1: 525.000 DM, Kläger zu 2: 315.000 DM, Kläger zu 3: 630.000 DM) die von ihnen nach der Behauptung der Beklagten zu 2 erzielten steuerlichen Vorteile der Vermögensanlagen (Klägerin zu 1: 304.592 DM, Kläger zu 2: 182.755 DM, Kläger zu 3: 365.510 DM) anrechnen lassen müssen.
5
Das Berufungsgericht hat den Standpunkt vertreten, eine dahingehende Vorteilsausgleichung scheide aus. Im Ergebnis nicht anders als in dem Fall BGHZ 74, 103 fehle es an einer anrechenbaren Steuerersparnis, weil der Ersparnis als Nachteil gegenüber stehe, dass auch die Schadensersatzleistung zu versteuern sei. Vorliegend hätten sich die Kläger bei den in Rede stehenden Immobilienfonds zwar nicht an einer gewerblich tätigen Kommanditgesellschaft beteiligt. Unbeschadet dessen, dass beide Gesellschaften lediglich vermögensverwaltende Tätigkeiten ausübten, sei hier die Schadensersatzleistung aber gleichfalls zu versteuern. Entscheidend sei, dass die Schadensersatzleistung im wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung stehe, weil sie dadurch ausgelöst worden sei, dass die beiden Fonds insolvent geworden oder zumindest kaum noch werthaltig seien, so dass positive Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht (mehr) oder kaum noch erzielt werden könnten.

II.


6
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
7
1. Ob eine spätere Minderung oder Beseitigung des eingetretenen Vermögensschadens den Schadensersatzanspruch beeinflusst, ist nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung zu beurteilen. Danach sind Wegfall oder Minderung des Schadens nur insoweit zu berücksichtigen, als sie in einem adäquat-ursächlichen Zusammenhang zu dem schädigenden Ereignis stehen. Außerdem muss die Anrechnung dem Zweck des Schadensersatzes entsprechen und darf weder den Geschädigten unzumutbar belasten noch den Schädiger unbillig entlasten (vgl. BGHZ 74, 103, 113 f; Senatsurteil BGHZ 109, 380, 392). Zu solchen auf den Schadensersatzanspruch eines Geschädigten anzu- rechnenden Vorteilen gehören grundsätzlich auch Steuern, die der Geschädigte infolge der Schädigung erspart hat (vgl. BGHZ 53, 132, 134; 74, 103, 114).
8
2. Allerdings ist bei der Betrachtung möglicher Steuervorteile auch in den Blick zu nehmen, ob dem Geschädigten aus der Zuerkennung des Schadensersatzanspruchs und dessen Gestaltung steuerliche Nachteile erwachsen, sei es durch eine Nachforderung des Finanzamts (vgl. BGHZ 53, 132, 134 ff), sei es durch eine Besteuerung der Schadensersatzleistung (vgl. BGHZ 74, 103, 114 ff) oder der gegebenenfalls - so auch im Streitfall - Zug um Zug gegen die Schadensersatzleistung vorgesehenen Übertragung der Kapitalanlage (vgl. BGH, Urteil vom 6. November 1989 - II ZR 235/88 - VersR 1990, 95, 96; Loritz /Wagner ZfIR 2003, 753, 761). So hat der Bundesgerichtshof mehrfach zum Kommanditisten, der steuerrechtlich Mitunternehmer des Betriebs der KG ist, entschieden, für ihn seien alle Zahlungen, die er im wirtschaftlichen Zusammenhang mit seiner Beteiligung an der KG erhalte, Betriebseinnahmen gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Stehe auch die Schadensersatzleistung in einem solchen wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Kommanditbeteiligung, müsse sie dem gewerblichen Bereich zugeordnet und als Betriebseinnahme nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG versteuert werden (vgl. BGHZ 74, 103, 114 f unter Bezugnahme auf BFH BStBl. 1977 II S. 220; BGH, Urteile vom 27. Juni 1984 - IVa ZR 231/82 - NJW 1984, 2524; vom 14. Januar 2002 - II ZR 40/00 - NJW 2002, 1711, 1712). Diese Rechtsprechung ist im Zusammenhang mit der Vorschrift des § 287 ZPO zum Teil durch den Gedanken ergänzt worden , eine exakte Errechnung von Steuervorteilen unter Gegenüberstellung der tatsächlichen mit einer hypothetischen Vermögenslage würde angesichts der vielfältigen Besonderheiten und Möglichkeiten der konkreten Besteuerung und ihrer unterschiedlichen Entwicklung in verschiedenen Besteuerungszeiträumen häufig unverhältnismäßigen Aufwand erfordern. Daher sei eine nähere Berech- nung nur dann erforderlich, wenn Anhaltspunkte dafür bestünden, dass der Geschädigte außergewöhnliche Steuervorteile erzielt habe (vgl. BGH, Urteile vom 27. Juni 1984 aaO; vom 12. Februar 1986 - IVa ZR 76/84 - NJW-RR 1986, 1102, 1103; vom 9. Oktober 1989 - II ZR 257/88 - NJW-RR 1990, 229, 230). Soweit vereinzelt in der juristischen Fachliteratur anklingt, Steuervorteile, die der Geschädigte bei einer Abschreibungsgesellschaft durch Verlustzuweisungen erhalten habe, seien generell nicht anrechenbar, weil im Regelfall der Geschädigte ohne die fehlerhafte Information eine andere, nicht mit dem Verlust des eingezahlten Kapitals verbundene steuerbegünstigte Anlage getätigt hätte (MünchKomm-BGB/Oetker 4. Aufl. § 249 Rn. 239 im Anschluss an KnobbeKeuk , 25 Jahre Karlsruher Forum [1983], S. 134, 135), vermag der Senat dem in dieser Verallgemeinerung nicht zu folgen. Es gibt keinen Erfahrungssatz in dieser Richtung. Das schließt selbstverständlich nicht aus, dass sich ein solcher Ansatz im Einzelfall je nach dem konkreten Parteivorbringen im Rahmen der hypothetischen Prüfung, wie sich die Vermögenslage des Geschädigten bei Abstandnahme von der Vermögensanlage entwickelt hätte, auf die Schadensberechnung auswirken kann. Die Darlegungs- und Beweislast liegt insoweit beim Geschädigten, wobei ihm die Erleichterungen des § 287 ZPO zugute kommen.
9
3. Wie das Berufungsgericht im Ansatz nicht verkannt hat, unterscheidet sich jedoch der vorliegende Fall von den Kommanditbeteiligungen, die Gegenstand der Beurteilung in den oben angeführten Entscheidungen gewesen sind, in einem maßgeblichen Punkt, mit der Folge dass - jedenfalls nach dem Stand des vorliegenden Revisionsverfahrens - keine dem steuerlichen Vorteil der Kläger gegenzurechnende weitere Versteuerung zugrunde zu legen ist.
10
a) Eine Versteuerung der Schadensersatzleistung unter dem Gesichtspunkt einer betrieblichen Einnahme (§§ 15- 17 EStG) entfällt hier, weil die beiden Fondsgesellschaften, an denen die Kläger sich beteiligt haben, als bloße Vermögensverwaltungsgesellschaften nicht gewerblich tätig sind. Die Beteiligung an einer vermögensverwaltenden KG ist steuerliches Privatvermögen und die Einkünfte erschöpfen sich in solchen aus Vermietung und Verpachtung (vgl. § 21 EStG). Ist eine Personengesellschaft nur in dieser Weise vermögensverwaltend tätig, fällt sie nicht unter § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, hat also keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb (vgl. Schmidt/Wacker EStG 24. Aufl. § 15 Rn. 200), sondern erzielt Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (vgl. Schmidt/Drenseck aaO § 21 Rn. 107, 108; zu Fällen solcher Art vgl. etwa BFHE 169, 418 = BStBl. 1993 II S. 281; BFHE 181, 462 = BStBl. 1997 II S. 250). Handelt es sich aber um eine Vermögensverwaltung im privaten Bereich, kommt eine Versteuerung der Schadensersatzleistung nach § 15 oder § 16 EStG von vornherein nicht in Betracht.
11
b) Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Steuerbarkeit des Schadensersatzanspruchs als einer der Einkommensteuer unterliegenden Einnahme ergebe sich daraus, dass es sich um eine Leistung "im wirtschaftlichen Zusammenhang" mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) handele, hat nach dem bisherigen Parteivortrag keine rechtliche Grundlage. Voraussetzung einer solchen Verknüpfung der Schadensersatzleistung mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung wäre, dass die Ersatzleistung sich ihrem wirtschaftlichen Gehalt nach als Gegenleistung für die Überlassung des Gebrauchs oder der Nutzung des überlassenen Gegenstands darstellen würde oder jedenfalls als Entgelt, welches in einem objektiven wirtschaftlichen oder tatsächlichen Zusammenhang mit der Einkunftsart steht und damit durch sie veranlasst wäre (vgl. BFH BB 2002, 1742, 1743). Der Klageantrag zielt jedoch maßgeblich darauf ab, dass mit der Schadensersatzzahlung Zug um Zug gegen Übertragung des Vermögensgegenstandes (der Kommanditbeteiligungen) der Substanzwert abgegolten wird (vgl. zur Abgrenzung zwischen zeitlichen Nutzungsüberlassungen und nicht steuerbaren vermögensumschichtenden Vorgängen Schmidt/Drenseck aaO § 21 Rn. 2, 4).
12
Da es sich bei der Schadensersatzleistung nicht unmittelbar um Einkommen aus Vermietung und Verpachtung handelt, könnte eine einkommensteuerrechtliche Zuordnung zu dieser Einkommensart allenfalls dadurch erfolgen , dass die Schadensersatzleistung als Rückerstattung von Werbungskosten (§ 9 EStG) zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung solcher Einnahmen zu qualifizieren wäre. Für einen solchen Tatbestand gibt es hier jedoch bisher keine Anhaltspunkte. Zwar sind nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs Beträge, die Werbungskosten ersetzen, im Jahre des Zuflusses steuerpflichtige Einnahmen bei der Einkunftsart, bei der die Aufwendungen vorher als Werbungskosten abgezogen worden waren (vgl. BFH NV 1995, 499, 500 unter Bezugnahme auf BFHE 170, 111 und BFHE 171, 183). Dies hat der Bundesfinanzhof gerade auch für Schadensersatzleistungen angenommen, mit denen Finanzierungsaufwendungen ersetzt werden sollen, die als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt wurden, wobei es für die steuerrechtliche Beurteilung ohne Bedeutung ist, ob der ursprüngliche Darlehensgläubiger oder - wie es hier in Rede steht - ein Dritter die Werbungskosten erstattet (vgl. BFH NV 1995, 499, 500). Um den Ersatz solcher Aufwendungen geht es hier jedoch - auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts - nicht. Nach allgemeinen steuerrechtlichen Grundsätzen wäre das zur Einkünfteerzielung dienende Vermögen nicht in die Ermittlung der Überschusseinkünfte einzubeziehen, so dass die Gegenleistungen zum Erwerb einer Kapitalanlage grundsätzlich nicht absetzbar wären (vgl. BFH BStBl. II 1986, 747, 748 ; Blümich/Thürmer EStG § 9 [Stand Januar 2002] Rn. 135; Lademann /Söffing/Brockhoff EStG § 9 [Stand Juli 2001] Rn. 9; Schmidt/Drenseck aaO § 9 Rn. 24; Wüllenkemper, Rückfluss von Aufwendungen im Einkommensteuerrecht S. 17 f). Danach hätten die hier von den Klägern geltend gemachten Zahlungen als Anleger für die Beteiligung an den beiden Fonds keine Werbungskosten dargestellt, und umgekehrt wäre die Erstattung dieser Beträge nicht als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu versteuern.
13
Die Kläger haben zwar in der Revisionsverhandlung darauf verwiesen, dass in den mit ihren Klageanträgen zurückverlangten Beträgen (anteilig) auch diejenigen Aufwendungen steckten, die im Rahmen des Gesamtaufwandes für die Herstellung der zur Vermietung und Verpachtung bestimmten Anlage steuermindernd als Werbungskosten geltend gemacht worden seien. An einem revisionsrechtlich beachtlichen Tatsachenvortrag, der konkrete steuerrechtliche Schlussfolgerungen in einer anderen Richtung, als der bisher zugrunde liegende Sachverhalt sie erlaubt, nahelegen würde, fehlt es jedoch. Die Kläger haben insoweit aber Gelegenheit zu weiterem Vortrag in der neuen Berufungsverhandlung.
14
c) Auch ein sonstiger Steuertatbestand, der an die von den Klägern verlangte Schadensersatzleistung anknüpfte, ist - bisher - nicht ersichtlich.
15
aa) Der zu gewährende Schadensatzanspruch gehört nicht gemäß § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG ("… Entschädigungen, die gewährt worden sind … als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen …") zu den zu versteuernden Einkünften im Sinne von § 2 Abs. 1 EStG. Unter der betreffenden Entschädigung wird eine Ersatzleistung verstanden, die der Steuerpflichtige als Ausgleich erhält für einen Schaden in Gestalt eines Einnahmeverlustes oder des Verlustes einer Einnahmemöglichkeit, den er erlitten hat oder erlitten haben würde, wenn er die Ersatzleistung nicht erhalten hätte (vgl. BFH DB 1986, 2415; Boelsen DB 1988, 2187, 2189; Schmidt/Seeger aaO § 24 Rn. 5). Die Kläger verlangen jedoch im Streitfall gerade nicht Ersatz für entgangene Einnahmen , auch nicht für eine entgangene Einnahmemöglichkeit, sondern Ersatz für die von ihnen gezeichneten Kommanditeinlagen (vgl. BGHZ 74, 103, 115 f mit Hinweis auf BFH BStBl. II 1973, 121, 123). Diesen Fall erfasst § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG nicht.
16
bb) Nach dem bisherigen Sachstand sprechen die überwiegenden Gesichtspunkte dafür, dass auch die mit der Klage im Erfolgsfall verbundene Übertragung der KG-Anteile der Kläger auf die Beklagte, Zug um Zug gegen die Schadensersatzleistung, für sich keinen Steuertatbestand erfüllt, und zwar - entgegen der Revisionserwiderung - auch nicht als privates Veräußerungsgeschäft nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Satz 4 EStG. Es handelt sich bei dieser Übertragung nur um eine notwendige Voraussetzung - als Ausdruck des schadensrechtlichen Bereicherungsverbots - für die Durchsetzung des Schadensersatzbegehrens der Kläger, das dahin geht, so gestellt zu werden, als hätten sie die ihnen durch die Beklagte vermittelte Vermögensanlage nicht gezeichnet (vgl. § 249 Abs. 1 BGB). Sie stellt danach nur einen Teilakt im Rahmen der schadensersatzrechtlichen Rückabwicklung der Anschaffung der Kläger dar, keine steuerrechtliche "Veräußerung" im Sinne des § 23 EStG (Loritz /Wagner aaO S. 761). Nach der Rechtsprechung der Finanzgerichte und der überwiegenden Meinung im steuerrechtlichen Schrifttum erfüllt die bloße Rückgewähr eines Wirtschaftsgutes im Zusammenhang mit der Rückgängigmachung des ursprünglichen Ankaufsvertrages durch Rücktritt, Wandlung oder Anfechtung nicht den Tatbestand des § 23 EStG (Spekulationsgewinn) (FG RhPf DStRE 2005, 156 f unter Hinweis auf BFH BStBl II 1993, 897 zu § 16 Abs. 1 und 2 EStG und BFH BStBl II 1983, 315 zu § 7b EStG; Fischer FR 2000, 393, 394; Kube in Kirchhof EStG 5. Aufl. § 23 Rn. 17; Jansen in Herrmann /Heuer/Raupach EStG § 23 [Stand November 2002] Rn. 57; Schmidt/Weber -Grellet aaO § 23 Rn. 48). Es gibt eigentlich keinen Grund, die Rückgängigmachung des Anschaffungsgeschäfts aufgrund eines Schadensersatzanspruchs des Erwerbers, die ebenfalls zu einem Rückabwicklungsverhältnis führt, steuerrechtlich anders zu behandeln, und zwar auch dann nicht, wenn, wie hier, die "Rückgewähr" des Wirtschaftsguts nicht unmittelbar an den ursprünglichen Anbieter erfolgt, sondern - im Hinblick auf das erwähnte schadensersatzrechtliche Bereicherungsverbot - an den auf der Anbieterseite tätig gewordenen, schadensersatzpflichtigen Anlagevermittler.
17
Im Hinblick darauf, dass das zitierte Urteil des rheinland-pfälzischen Finanzgerichts (aaO) noch nicht rechtskräftig ist und die Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main für den Fall der Rückabwicklung eines Grundstückskaufs durch Wandlung - nach Androhung einer Klage durch den Käufer wegen böswillig verschwiegener Mängel - einen anderen Standpunkt vertritt (RdVfg. v. 12. Juli 2001 - DStR 2001, 1753), lässt sich allerdings revisionsrechtlich nicht ausschließen, dass die Kläger nach der von den für sie zuständigen Finanzbehörden tatsächlich geübten Praxis doch mit einer Besteuerung eines "Veräußerungs" -Gewinns rechnen müssen. Eine solche (nachhaltige) Verwaltungspraxis wäre gegebenenfalls bei der Schadensberechnung im Schadensersatzprozess zu beachten. Bisher fehlt es allerdings an jedem Vortrag der Kläger in dieser Richtung.
18
d) Schließlich gibt es nach dem derzeitigen Sachstand auch keinen Anhalt dafür, daß die von den Klägern in Anspruch genommenen Steuervorteile nachträglich entfallen könnten.

III.


19
Da nach allem die Begründung des angefochtenen Urteils die Verurteilung der Beklagten zu 2 zur Zahlung von mehr als 112.692,82 € nebst Zinsen an die Klägerin zu 1 (525.000 DM Kapitaleinsatz ./. 304.592 DM behauptete Steuervorteile = 220.408 DM Verlust), 67.615,79 € nebst Zinsen an den Kläger zu 2 (315.000 DM Kapitaleinsatz ./. 182.755 DM behauptete Steuervorteile = 132.245 DM Verlust) und 135.231,59 € nebst Zinsen an den Kläger zu 3 (630.000 DM Kapitaleinsatz ./. 365.510 DM behauptete Steuervorteile = 264.490 DM Verlust) nicht trägt und das Urteil insoweit auch nicht mit anderer Begründung aufrechterhalten werden kann, ist es in diesem Umfang aufzuheben. Die Sache ist zur weiteren Prüfung des noch offenen Teils der Klageansprüche an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Nach den Grundsätzen über die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast in Bezug auf Vorteile, die den Schaden mindern (vgl. BGH, Urteil vom 17. Oktober 2003 - V ZR 84/02 - NJW 2004, 79, 81) wird es in der neuen Berufungsverhandlung in erster Linie Sache der Kläger sein, auf die Berechnungen der Beklagten zu 2 bezüglich der behaupteten Steuervorteile der Kläger im Einzelnen zu erwidern und gegebenenfalls darzulegen, dass sie - anders als nach der vorstehend dargestellten Sicht der steuerrechtlichen Lage - doch mit einer bestimmten Besteuerung im Zusammenhang mit der Abtretung ihrer KG-Anteile Zug um Zug gegen Zahlung des Schadensersatzbetrages zu rechnen haben.

IV.


20
Bei der Entscheidung über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens - soweit dies nicht schon in dem Senatsbeschluss vom 29. Juni 2005 geschehen ist - hat sich der Senat nach den vom V. Zivilsenat mit Beschluss vom 17. Dezember 2003 (V ZR 343/02 - NJW 2004,1048) entwickelten Grundsätzen ausgerichtet.
Schlick Streck Dörr
Galke Herrmann
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 10.12.2002 - 8 O 254/02 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 15.07.2004 - I-6 U 158/03 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 181/99
Verkündet am:
13. März 2003
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
EheG a.F. §§ 15a, 17 Abs. 2 (EGBGB n.F. Art. 13 Abs. 3 S. 2; BGB n.F. § 1310);
Eine vor einem nicht gemäß § 15a Abs. 1 EheG ermächtigten Geistlichen in
Deutschland geschlossene Ehe kann zivilrechtlich nicht allein durch ein Zusammenleben
der Verheirateten als Ehegatten geheilt werden.
BGB §§ 675, 276 Hb, 1310 Abs. 1 (EheG a.F. § 11 Abs. 1)
Den Grundsatz, daß Ehen in Deutschland regelmäßig nur unter Mitwirkung eines
Standesbeamten wirksam geschlossen werden können, muß jeder Rechtsanwalt
beachten, der einen Mandanten in einer eherechtlichen Auseinandersetzung berät.
BGB §§ 675, 249 Bb, 254 Da, 839 Abs. 2 Satz 1 G
Betreibt ein Rechtsanwalt eine Ehescheidungsklage für einen Mandanten, obwohl
dieser erkennbar keine wirksame Ehe geschlossen hatte, so wird die Haftung des
Anwalts für die Schäden, die dem Mandanten aus der Scheidung erwachsen, regelmäßig
nicht allein dadurch ausgeschlossen, daß auch das Familiengericht das Vorliegen
einer Nichtehe hätte erkennen und deswegen die Scheidungsklage hätte abweisen
müssen.
BGH, Urteil vom 13. März 2003 - IX ZR 181/99 - OLG München
LG Kempten
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. März 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die Richter
Kirchhof, Raebel, Dr. Bergmann und

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird - unter Zurückweisung der Revision des Beklagten - das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München, Zivilsenate in Augsburg, vom 18. März 1999 zu III und IV des Ausspruchs teilweise aufgehoben, soweit zum Nachteil des Klägers erkannt worden ist.
Unter weitergehender Abänderung des Urteils der 3. Zivilkammer des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 3. März 1997 wird der Beklagte zusätzlich zum Ausspruch unter II des Berufungsurteils verurteilt, an den Kläger 97.759,01 DM) nebst 4 % Zinsen von 54.974,10 DM) seit 17. September 1996 und von weiteren 42.784,91 "! $#% DM) seit 9. Juni 1998 zu zahlen.
Soweit der Kläger Erstattung eines künftigen Unterhaltsschadens ab 1. Februar 1999 verlangt (Klageantrag zu II, 2. Absatz im Tatbestand des Berufungsurteils), wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger verlangt vom Beklagten Schadensersatz aufgrund des Vorwurfs fehlerhafter anwaltlicher Beratung.
Der Kläger, damals griechischer Staatsangehöriger, ging 1962 vor einem griechisch-orthodoxen Geistlichen in H. die Ehe mit einer Griechin ein. Die Ermächtigung dieses Geistlichen gemäß § 15a EheG a.F. zeigte die griechische Regierung dem deutschen Auswärtigen Amt erst im Jahre 1964 an. 1989 trennte sich der Kläger, inzwischen Arzt und nur deutscher Staatsangehöriger , von der Frau. Er beauftragte den jetzt verklagten Rechtsanwalt mit der Interessenwahrnehmung ihr gegenüber. Der Beklagte erwirkte für den Kläger in Deutschland am 30. Juni 1992 ein Scheidungsurteil, mit dem zugleich der Versorgungsausgleich angeordnet wurde; im selben Termin vereinbarten die Geschiedenen Unterhaltszahlungen des Klägers an die Frau, die unterdessen neben der griechischen auch die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.
Später wurde erkannt, daß die Eheschließung im Jahre 1962 nicht mit § 15a EheG a.F. im Einklang stand. Der Kläger ist der Ansicht, daß er bei richtiger Beratung durch den Beklagten seiner Schein-Ehefrau nichts hätte zahlen müssen. Nach Abweisung seiner Schadensersatzklage durch das Landgericht hat er vor dem Berufungsgericht Ersatz aller von ihm geleisteten und künftig zu leistenden Unterhaltszahlungen, des erbrachten Zugewinnausgleichs sowie aller vergangenen und künftigen Leistungen auf den Versorgungsausgleich verlangt. Das Oberlandesgericht hat den Beklagten - nur - dazu verurteilt, dem Kläger den aus dem Versorgungsausgleich entstandenen und weiterhin ent-
stehenden Schaden zu ersetzen; im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Dagegen haben beide Parteien Revision eingelegt; diejenige des Klägers hat der Senat insoweit nicht angenommen, als jener Ersatz des Zugewinnausgleichs verlangte.

Entscheidungsgründe:


Die Revision des Klägers führt im Umfang ihrer Annahme zur Verurteilung des Beklagten hinsichtlich aller getätigten Unterhaltszahlungen sowie der erbrachten und künftig zu erbringenden Versorgungsausgleichsleistungen; soweit der Kläger Erstattung des Unterhaltsschadens für die Zukunft verlangt, ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Revision des Beklagten ist dagegen unbegründet.

I.


Das Berufungsgericht hat gemeint, die Ehe des Klägers sei wegen fehlender Ermächtigung des griechisch-orthodoxen Geistlichen gemäß § 15a EheG a.F. nach deutschem Recht unwirksam. Eine Heilung dieser "hinkenden Ehe" entsprechend § 17 Abs. 2 EheG a.F. sei nicht möglich. Deshalb habe der Beklagte keinen Scheidungsantrag in Deutschland einreichen dürfen. Sein gegenteiliges , vertragswidriges Vorgehen habe zum Versorgungsausgleich zu Lasten des Klägers geführt, der anderenfalls nicht angeordnet worden wäre.
Dagegen bestehe für den vom Kläger geleisteten Unterhalt kein Ersatzanspruch. Der Kläger habe den Unterhalt trotz fehlender Bedürftigkeit seiner Ehefrau freiwillig bezahlt. Er habe gewußt, daß er seiner Ehefrau auch nach griechischem Recht keinen Unterhalt schulde.
Dies hält der Revision des Klägers nicht in allen Punkten stand.

II.


Die zwischen dem Kläger und seiner geschiedenen Ehefrau geschlossene Ehe war nach deutschem Recht unwirksam. Dies ist aufgrund der vor dem 1. September 1986 geltenden Vorschriften zu beurteilen, weil die Eheschließung vor diesem Tag stattgefunden hat (Art. 220 Abs. 1 EGBGB). Gemäß Art. 13 Abs. 3 EGBGB a.F. (Abs. 3 Satz 1 n.F.) richtet sich die Form einer Ehe, die im Inland geschlossen wird, grundsätzlich allein nach den deutschen Gesetzen. Danach konnten die Parteien hier eine wirksame Ehe nur vor dem Standesbeamten schließen (§ 11 EheG a.F. = § 1310 Abs. 1 Satz 1 BGB n.F.), sofern nicht die Ausnahme des § 15a EheG a.F. (jetzt Art. 13 Abs. 3 Satz 2 EGBGB n.F.) eingriff.
Die Trauung des Klägers am 18. August 1962 in H. vor dem griechisch -orthodoxen Geistlichen entsprach nicht den Voraussetzungen des § 15a EheG a.F., weil es zum Zeitpunkt der Eheschließung an einer ordnungsgemäßen Ermächtigung des Priesters fehlte. Die diesem später erteilte Ermächtigung wirkte nicht zurück. Damit handelt es sich nach deutschem Recht um eine Nichtehe (vgl. BGHZ 43, 213, 222 ff).

Der Fehler der Eheschließung ist auch nicht als geheilt anzusehen. Zur Beurteilung dieser Frage kommt es im vorliegenden Zusammenhang auf den Rechtszustand zur Zeit des Mandats des Beklagten an (vgl. BGHZ 79, 223, 228 ff; Zugehör/Fischer, Handbuch der Anwaltshaftung Rn. 1103 m.w.N.). Infolgedessen ist die durch Art. 226 Abs. 3 EGBGB auch für die Heilungsmöglichkeit nach § 1310 Abs. 3 BGB n.F. angeordnete Rückwirkung hier bedeutungslos. Vor dem 1. Juli 1998 war die Heilung einer solchen Nichtehe von Rechts wegen nicht möglich. Es ist weder dargetan noch ersichtlich, daß ein vom Kläger eingeleiteter Prozeß auf Feststellung der Ehenichtigkeit (dazu s.u. III 1) so lange gedauert hätte, daß sich die spätere Gesetzesänderung noch darauf hätte auswirken können (vgl. dazu im übrigen unten 4 b).
Zwar war die vor dem griechisch-orthodoxen Geistlichen geschlossene Ehe des Klägers nach griechischem Recht wirksam, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat. Es fehlt jedoch eine gesetzliche Regelung, die eine solche "hinkende Auslandsehe" in Deutschland zivilrechtlich wirksam werden läßt. Eine solche Norm kann weder im Wege der Auslegung noch im Wege der Lückenergänzung gefunden werden.
1. § 15a EheG a.F. regelte nur die Voraussetzungen, unter denen eine Ehe auch ohne Mitwirkung eines Standesbeamten geschlossen werden konnte. Die Norm enthielt keine Vorschrift, derzufolge eine unter Verstoß gegen die dort geregelten Voraussetzungen geschlossene Ehe geheilt werden könnte. Insbesondere sah sie keine Heilung vor, wenn die Person, welche die Trauung vornahm, nicht ordnungsgemäß ermächtigt war.
2. Auch § 11 Abs. 2 EheG a.F. (§ 1310 Abs. 2 BGB n.F.) führt nicht dazu , daß die Ehe des Klägers als gültig anzusehen wäre. Nach dieser Vorschrift ist eine Ehe voll gültig, die vor einem Schein-Standesbeamten geschlossen wurde, sofern dieser die Ehe in das Familienbuch eingetragen hat. Eine direkte Anwendung kommt hier nicht in Betracht, weil eine gesetzgeberische Anordnung fehlt, daß diese Norm auch auf Eheschließungen nach § 15a EheG a.F. anzuwenden sei. Ob eine entsprechende Anwendung möglich ist, kann offenbleiben. Es ist bereits zweifelhaft, ob ein nicht formell ermächtigter griechischorthodoxer Geistlicher als ein Schein-Standesbeamter anzusehen ist. Denn die vor ihm die Ehe Schließenden halten ihn gar nicht für einen Standesbeamten, sondern glauben unabhängig davon an dessen Befugnis, in Deutschland Ehen zu schließen. Jedenfalls ist die Ehe des Klägers hier nicht in das Familienbuch eingetragen worden. Die erst 1995 vollzogene Eintragung in ein standesamtliches Register in Griechenland ist hinsichtlich der heilenden Wirkung nicht mit dem deutschen Familienbuch gleichzusetzen; nach griechischem Recht war die Eheschließung ohnehin wirksam. Es ist auch nichts zur Bedeutung dieses Registers dargetan. In ein deutsches Register wurde die Ehe gerade nicht eingetragen.
3. § 17 Abs. 2 EheG a.F. ermöglicht eine Heilung dieser Ehe ebenfalls nicht. Danach war zwar eine Ehe - obwohl die sie begründende Eheschließung nicht in der durch § 13 EheG vorgesehenen Form stattgefunden hatte - als von Anfang an gültig anzusehen, wenn die Ehegatten nach der Eheschließung fünf Jahre als Ehegatten miteinander gelebt hatten, es sei denn, daß eine Nichtigkeitsklage erhoben war. Diese Vorschrift galt aber ausdrücklich nur für die Heilung von Formmängeln im Sinne des § 13 EheG a.F. (vgl. Staudinger /Strätz, BGB 13. Bearb. § 1310 Rn. 11), dessen erster Absatz als Form der
Eheschließung bestimmte, daß die Verlobten vor dem Standesbeamten persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit erklären, die Ehe miteinander eingehen zu wollen (nunmehr § 1311 BGB n.F.). Um diese Form der Erklärungen der Verlobten geht es hier nicht. Eine Ehe, die gar nicht vor einem Standesbeamten geschlossen wird, verstößt nicht - nur - gegen die Formvorschriften des § 13 EheG a.F., sondern gegen den Grundsatz der obligatorischen Zivilehe. Dieser war in § 11 EheG a.F. (jetzt § 1310 Abs. 1 BGB n.F.) geregelt, auf den § 17 EheG a.F. gerade nicht Bezug nahm.
Eine entsprechende Anwendung des § 17 Abs. 2 EheG a.F. auf eine gegen § 15a EheG a.F. verstoßende Ehe scheitert jedenfalls daran, daß damit die engen Voraussetzungen umgangen würden, die § 11 Abs. 2 EheG a.F. (siehe oben 2.) für eine Wirksamkeit gerade einer vor einem NichtStandesbeamten geschlossene Ehe vorsah. § 17 Abs. 2 EheG a.F. baut auf der Voraussetzung auf, daß die Eheleute wenigstens vor dem als allein befugt angesehenen Standesbeamten gehandelt haben. Damit fehlt es für eine entsprechende Anwendung auf den Fall einer Eheschließung vor einer nicht ordnungsgemäß ermächtigten Person an der Vergleichbarkeit der Interessenlagen. § 17 Abs. 2 EheG war nicht für den Fall gedacht, daß die Eheschließung den Grundsatz der obligatorischen Zivilehe verletzt. Folgerichtig nahm § 15a EheG a.F. den § 17 EheG a.F. auch ausdrücklich von der Anwendung aus.
Im übrigen ließe sich eine Analogie zu § 17 Abs. 2 EheG a.F. - einer Norm des Sachrechts - nicht ohne weiteres auf "hinkende" Ehen beschränken, sondern müßte alle in Deutschland nicht standesamtlich geschlossenen Ehen in Betracht ziehen. Dies würde zu einer weitgehenden Auflösung des staatli-
chen Eheschließungsrechts führen und damit gegen einen wesentlichen Grundsatz des deutschen Eherechts verstoßen.
4. Allein das etwa 26 Jahre dauernde Zusammenleben des Klägers mit seiner Schein-Ehefrau - beide haben eine gemeinsame, inzwischen erwachsene Tochter - reicht nicht aus, um den Mangel der Eheschließung auszugleichen.

a) § 11 EheG a.F. lag - ebenso wie Art. 13 Abs. 3 EGBGB a.F. - die Entscheidung des Gesetzgebers zugrunde, eine im Inland geschlossene Ehe nur dann als wirksam anzusehen, wenn sie vor dem Standesbeamten geschlossen wurde. Dieser Gleichlauf von Inlandstrauung und Inlandsform (so jetzt auch § 1310 Abs. 1 BGB n.F.) beruht auf einer für den Richter bindenden Wertentscheidung des Gesetzgebers. Danach soll bei einer Inlandstrauung dem Grundsatz der obligatorischen Zivilehe eine größere Bedeutung eingeräumt werden als dem gemeinsamen Ehewillen. Die Mitwirkung des Standesbeamten wurde als das entscheidende Merkmal angesehen, um die Ehe von einem Tatbestand abgrenzen zu können, der keine Eheschließung darstellt (vgl. Begründung zum EheG 1938, Deutsche Justiz 1938, S. 1102, 1104). Eine Heilung der Nichtehe war danach bewußt nicht vorgesehen.
Diese - in das Ehegesetz von 1946 unverändert übernommene - Regelung ist nicht spezifisch nationalsozialistisch geprägt (so auch Hepting IPRax 1994, 355, 359). Zwar hob die Begründung zum Ehegesetz 1938 darauf ab, daß die Mitwirkung des Staates bei der Eheschließung es bewirke, "die Eheschließung wegen ihrer über das Individualinteresse der Ehegatten weit hinausreichenden Bedeutung für die Volksgemeinschaft aus dem Kreis der rein
privatrechtlichen Verträge herauszuheben" (Begründung aaO S. 1102). Hiervon hängt aber der Gedanke einer obligatorischen Zivilehe nicht entscheidend ab. Dies zeigt sich bereits an den in der Sache übereinstimmenden Vorläuferbestimmungen in §§ 1317 Abs. 1, 1319 BGB in der Fassung von 1896 und in § 41 PStG von 1875 (vgl. Hepting aaO S. 358 f; Staudinger/Strätz, aaO § 1310 Rn. 1).

b) Diese gesetzgeberische Wertung besteht fort. Das Gesetz zur Neuregelung des internationalen Privatrechts vom 25. Juli 1986 (BGBl I 1142) hat in Art. 13 Abs. 3 Satz 1 EGBGB den Grundsatz des Gleichlaufs von Inlandstrauung und Inlandsform bestätigt. Satz 2 dieser Vorschrift übernahm bewußt nur die begrenzte Ausnahmeregelung des § 15a EheG (amtliche Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Internationalen Privatrechts, BT-Drucks. 10/504 S. 53). Weitere Ausnahmen wurden in Kenntnis der möglichen Folgen für Nichtehen und insbesondere unter ausdrücklicher Erwähnung "hinkender" Ehen von Griechen (amtliche Begründung, aaO) ausgeschlossen; hierfür wurde die in Art. 13 Abs. 3 Satz 2 EGBGB übernommene Regelung des § 15a EheG a.F. als hinreichende Auflockerung angesehen.
Endlich hat das Gesetz zur Neuordnung des Eheschließungsrechts vom 4. Mai 1998 (BGBl I S. 833) die Entscheidung des Gesetzgebers zugunsten der obligatorischen Zivilehe mit der Gestaltung des § 1310 BGB n.F. erneut bestätigt. Nach Absatz 3 dieser Vorschrift kann eine ohne Mitwirkung eines Standesbeamten eingegangene Ehe auch dann als geschlossen gelten, wenn ein Standesbeamter wenigstens die Ehe in das Heirats- oder Familienbuch oder im Zusammenhang mit der Beurkundung der Geburt eines gemeinsamen Kindes
der Ehegatten in das Geburtenbuch eingetragen oder den Ehegatten eine in Rechtsvorschriften vorgesehene Bescheinigung betreffend eine Erklärung über die Wirksamkeit der Ehe erteilt hat. Das bloße, mehrjährige Zusammenleben der Ehegatten ist zwar zusätzliche Voraussetzung, genügt aber allein nicht. Bei der Fassung dieser Vorschrift wurden gerade auch die Fälle "hinkender" Ehen bedacht (amtliche Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Eheschließungsrechts, BT-Drucks. 13/4898 S. 17). Wegen der durch Art. 226 Abs. 3 EGBGB angeordneten Rückwirkung dieser Vorschrift wurde § 1310 Abs. 3 BGB n.F. als ausreichende Heilungsvorschrift für bereits zuvor fehlerhaft geschlossene Ehen angesehen. Demnach hat der Gesetzgeber die Frage, ob und unter welchen Umständen Nichtehen geheilt werden können, gesehen und entschieden. Liegen die Voraussetzungen des § 1310 Abs. 3 BGB n.F. - wie hier - nicht vor, so sind die Interessen der Ehegatten an einer Heilung durch bloßen Zeitablauf gegenüber den Interessen des Staates am Grundsatz der obligatorischen Zivilehe nachrangig. Ohne die qualifizierte Mitwirkung eines Standesbeamten kommt eine Heilung nicht in Betracht. Das bloße Zusammenleben als Ehegatten genügt dazu weiterhin nicht.

c) Eine Heilung unwirksamer Ehen allein durch bloßes Zusammenleben ist auch bisher nicht in Urteilen oberster Bundesgerichte angenommen worden. Der Bundesgerichtshof (Urt. v. 5. April 1978 - IV ZR 71/77, FamRZ 1983, 450, 451) und das Bundessozialgericht (NJW 1979, 1792) sind zwar von einer Heilung formnichtiger Ehen ausgegangen, die unter Mitwirkung beider Eheleute wenigstens in ein deutsches standesamtliches Heiratsregister eingetragen worden waren. Daran fehlt es aber hier gerade.
5. Aus Art. 6 Abs. 1 GG läßt sich keine allgemeine Heilung der Nichtehe herleiten. Die gesetzgeberische Wertung, Inlandsehen nur in der Inlandsform zuzulassen und bei Abweichungen eine Heilung nicht ohne Beteiligung einer zuständigen deutschen Stelle vorzusehen, hält einer verfassungsrechtlichen Prüfung stand. Der grundgesetzlich garantierte Schutz der Ehe fordert nicht die - wenigstens teilweise - Anerkennung von Nichtehen für die Zwecke des Versorgungsausgleichs oder des nachehelichen Unterhalts. Eine solche Anerkennung würde notwendigerweise zu Lasten eines der (Nicht-)Ehegatten gehen. Das Interesse des einen Ehegatten am (Nicht-)Bestand der Scheinehe verdient nicht allgemein weniger Schutz als das Vertrauen des anderen Ehegatten auf den Bestand seiner vermeintlichen Ehe.
Zwar steht auch eine "hinkende" Ehe grundsätzlich unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG (BVerfGE 62, 323, 331). Eine nicht den Regeln der bürgerlich -rechtlichen Ehe entsprechende Lebensgemeinschaft kann aber nur dann der Ehe gleichgestellt werden, wenn anderenfalls die Form der Eheschließung zum Selbstzweck würde (BVerfG NJW 1993, 3316, 3317). Die Mitwirkung des Standesbeamten hat den Zweck, die im Hinblick auf die Bedeutung der Ehe erforderliche Mitwirkung des Staates an der Eheschließung sicherzustellen. Diese Mitwirkung ist vor allem für die Prüfung der Ehevoraussetzungen und -hindernisse von Bedeutung. Sie soll auch die Offenkundigkeit der Eheschließung und damit die Klarheit der Rechtsverhältnisse gewährleisten. Diesem Ordnungselement kommt entscheidende Bedeutung zu. Deshalb hat der Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Form einer Eheschließung (vgl. BVerfGE 29, 166, 176 f). Ebenso steht dem Gesetzgeber aus verfassungsrechtlicher Sicht die Regelung frei, unter welchen Voraussetzungen die Heilung einer unter Verletzung des Prinzips der obligatorischen
Zivilehe geschlossenen, "hinkenden" Ehe möglich ist. Läßt er dazu - wie jetzt in § 1310 Abs. 3 BGB - nur die Mitwirkung eines Standesbeamten ausreichen, handelt es sich insoweit nicht nur um eine Formalie (so aber OLG Köln IPRax 1994, 371, 372). Vielmehr schafft erst diese Mitwirkung ein schutzwürdiges Vertrauen in die Bestandskraft der Ehe. Eine solche Heilungsmöglichkeit ist als abschließend gedacht (Wagenitz/Bornhofen, Handbuch des Eheschließungsrechts 2. Teil 4. Abschnitt Rn. 39 ff, insbesondere Rn. 45).
Dem steht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Wirkung der "hinkenden" Ehe im Sozialrecht (BVerfGE 62, 323 ff) nicht entgegen. Deren Begründung stützt sich maßgeblich auf den sozialrechtlichen Aspekt der Hinterbliebenenversorgung (aaO S. 332 f); dies führt letztlich zu einem besonderen Ehebegriff des Sozialrechts (Staudinger/von Bar/Mankowski, BGB 13. Bearbeitung Art. 13 EGBGB Rn. 532 ff m.w.N.). Der vom Bundesverfassungsgericht entschiedene Fall betrifft das Verhältnis der Ehegatten oder eines überlebenden Ehegatten zu Dritten, insbesondere staatlichen Organen. Eine entsprechende Auslegung des Ehebegriffs familienrechtlicher Normen, die auch eine "hinkende" Ehe einschlösse, wird dadurch nicht vorgegeben. Was für den Schutzbereich der staatlichen Sozialversicherung gilt, läßt sich nicht ohne weiteres auf den zivilrechtlichen Ausgleich zwischen Schein-Ehegatten übertragen. Diese befinden sich potentiell jeweils in der gleichen Ausgangslage : So wie jeder der Schein-Ehegatten im Einzelfall ein Interesse daran haben kann, daß die nicht bestehende Ehe als wirksam angesehen wird, kann er in anderen Zusammenhängen ein Interesse daran haben, daß die Verbindung als Nichtehe behandelt wird.
6. Endlich steht hier nicht schon aufgrund des rechtskräftigen Schei- dungsurteils aus dem Jahre 1992 fest, daß die Eheschließung des Klägers als wirksam zu behandeln sei. Denn im Scheidungsprozeß ist das Bestehen einer wirksamen Ehe nur eine Vorfrage, die nicht von der materiellen Rechtskraft (§ 322 Abs. 1 ZPO) des Scheidungsurteils erfaßt wird (vgl. MünchKommBGB /Müller-Gindullis, 3. Aufl. § 11 EheG Rn. 19; Johannsen/Henrich/Jaeger, Eherecht 3. Aufl. § 1564 Rn. 23; LG Bonn IPRax 1985, 353 mit zust. Anm. von Henrich).

III.


1. Aufgrund der zuvor dargestellten Rechtslage (s.o. II) hätte der Beklagte bei seiner Beauftragung im Mai 1991 dem Kläger raten müssen, jedenfalls vorrangig auf Feststellung des Nichtbestehens einer Ehe gemäß § 638 ZPO a.F. (§ 632 ZPO n.F.) - statt auf deren Scheidung - zu klagen, weil dies die für den Kläger günstigste Lösung war. Sie hätte - anders als eine Ehenichtigkeitsklage (§ 26 EheG a.F., § 1318 BGB n.F.) - zur Folge gehabt, daß zwischen dem Kläger und der ihm angetrauten Frau nach deutschem Recht keinerlei familienrechtliche Bindungen bestanden hätten. Rechtlich und wirtschaftlich hätte dies dem Kläger persönlich erhebliche Vorteile, aber keine wesentlichen Nachteile gebracht. Er wollte, soweit dargetan, als selbständig tätiger Arzt nicht seinerseits vermögensrechtliche Ansprüche gegen seine Schein-Ehefrau erheben. Statt dessen mußte er besorgen, daß diese im Falle einer Ehescheidung bestrebt sein würde, vermögensrechtliche Folgen aus der vermeintlichen Ehe zu ziehen, zumal sie schon 60 Jahre alt, nicht mehr berufstätig und körperbehindert war.


a) Der Kläger hatte nach den Feststellungen des Landgerichts allerdings das Ziel, "möglichst bald aus der Ehe loszukommen". Dieses Ziel war jedoch, anders als das Landgericht gemeint hat, mit der Klage auf Feststellung der Nichtigkeit der Ehe nicht wesentlich langwieriger zu erreichen als mit einer Ehescheidungsklage.
Eine solche Klage bot objektiv keine zuverlässige Aussicht auf eine erhebliche Abkürzung der eherechtlichen Auseinandersetzung. Denn bei der Feststellungsklage waren weder Trennungsfristen (§ 1565 Abs. 2 BGB) noch Folgesachen im Verbund mit einer Ehescheidung (§§ 628, 629 ZPO) zu beachten. Zwar hätte im Rahmen einer Feststellungsklage berücksichtigt werden müssen, daß ein solches Verfahren wegen rechtlicher Zweifel an einer Heilung der formfehlerhaften Eheschließung (s.o. II) bis in die dritte Instanz betrieben werden würde. Eine vergleichbare Verzögerung war aber auch im Falle einer Ehescheidung nicht auszuschließen. Abgesehen davon, daß das Familiengericht möglicherweise die Unwirksamkeit der Ehe erkennen könnte, lag eine Verzögerung aus tatsächlichen Gründen nahe, falls die Parteien des Scheidungsrechtsstreits sich nicht über alle Folgesachen einigen würden. Bei dem Kläger als freiberuflich Tätigem konnte eine Aufklärung der wirtschaftlich erheblichen Tatsachen erfahrungsgemäß eine längere Zeit dauern. Der spätere, mehrjährige Prozeß des Klägers mit seiner geschiedenen Frau über den Zugewinnausgleich bestätigt eine solche Erfahrung.

b) Daß die vor dem griechisch-orthodoxen Geistlichen abgeschlossene Ehe nach griechischem Recht voll wirksam war und hieran möglicherweise auch ein in Deutschland zu erwirkender gerichtlicher Ausspruch auf Nichtigkeit
der Ehe nichts geändert hätte, stand dem Vorschlag einer solchen Feststellungsklage nicht entgegen. Soweit es um die eherechtliche Bindung ging, brauchte der Kläger, der inzwischen nur noch deutscher Staatsangehöriger war, die Rechtslage in Griechenland nicht besonders zu berücksichtigen. Vermögensrechtliche Folgen einer nach griechischem Recht fortwirkenden Ehe hätte er in Deutschland aufgrund des vorausgehenden Feststellungsurteils nach Maßgabe des Art. 3 Nr. 1 Halbs. 2 i.V.m. Art. 18 Abs. 1 des deutschgriechischen Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrages vom 4. November 1961 (BGBl 1963 II, S. 110) oder - insbesondere für Unterhalt - gemäß Art. 27 Abs. 1 Nr. 3 und 4 EuGVÜ grundsätzlich abwehren können. Dafür, daß ihn mögliche Folgen in Griechenland beeinflußt hätten, ist nichts dargetan. Einer zusätzlichen Ehescheidungsklage in Griechenland bedurfte es aus seiner Sicht nicht.
2. Der objektiv fehlerhafte Rat des Beklagten, eine Ehescheidungsklage zu erheben, beruhte auf Fahrlässigkeit. Unstreitig wußte er, daß der Kläger im Jahre 1962 in Deutschland - nur - vor einem Geistlichen geheiratet hatte. Er hat selbst mit Schreiben vom 23. Mai 1991 bei der Stadtverwaltung H. angefragt , ob die kirchlich geschlossene Ehe im Personenstandsregister des Standesamtes H. eingetragen war (Anlage K 1 zum Schriftsatz des Klägers vom 12. Oktober 1998, S. 3 f). Ferner wurde in der vom Beklagten eingereichten Scheidungsklage der Antrag wie folgt gefaßt: "Die am 18.08.62 vor dem Pfarramt der griechisch-orthodoxen Kirche in H. geschlossene Ehe der Parteien wird geschieden".
Den in Deutschland geltenden Grundsatz der obligatorischen Zivilehe (§ 11 Abs. 1 EheG a.F., § 1310 Abs. 1 BGB n.F.) muß jeder Rechtsanwalt be-
achten, der einen Mandanten bei einer eherechtlichen Auseinandersetzung berät. Eine erkannte Abweichung davon muß ihm Anlaß zur Nachprüfung geben , ob die Ehe wirksam zustande gekommen ist. Hierbei hätte der Beklagte auf § 15a EheG a.F. (nunmehr § 1310 Abs. 3 BGB) stoßen und erwägen müssen , ob die Voraussetzungen dieser Ausnahmevorschrift erfüllt waren. Der Kurzkommentar von Palandt/Diederichsen (BGB 50. Aufl./1991, § 15a EheG Rn. 4) enthielt dazu den Hinweis, daß nur diejenigen griechisch-orthodoxen Geistlichen in Deutschland zur Eheschließung ermächtigt seien, die in der Verbalnote der griechischen Regierung benannt seien; insoweit wurde auf den Abdruck dieser Verbalnote (vom 15. Juni 1964) in der Zeitschrift "Das Standesamt" 1965, Seite 15 hingewiesen. Dieser Veröffentlichungszeitpunkt lag erheblich später als die hier fragliche Eheschließung. Ferner wurde in der Kommentarstelle auf die Entscheidung BGHZ 43, 222 dafür verwiesen, daß eine spätere Ermächtigung keine rückwirkende Kraft habe.
Eine fahrlässige Vertragsverletzung vermag der Beklagte nicht durch die Behauptung in Frage zu stellen, er habe den Kläger darauf hingewiesen, daß er - Beklagter - das griechische Recht nicht kenne. Denn im vorliegenden Zusammenhang geht es allein um die Anwendung deutschen Rechts.
3. Da der Beklagte jedenfalls vorrangig den Rat schuldete, eine Feststellungsklage auf Nichtbestehen der Ehe zu erheben, spricht die Vermutung beratungsgerechten Verhaltens (vgl. hierzu BGHZ 123, 311, 315 ff; weitere Nachweise bei Zugehör/Fischer, Handbuch der Anwaltshaftung Rn. 1049 bis 1052) dafür, daß der Kläger einem solchen Rat gefolgt wäre. Es ist nichts dargetan , was diese auf der eindeutigen Interessenlage des Klägers (s.o. 1) beruhende Vermutung erschüttern könnte.

4. Der von der Vertragsverletzung des Beklagten ausgehende Zurechnungszusammenhang ist - auch unter Berücksichtigung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 12. August 2002 (NJW 2002, 2937) - nicht dadurch unterbrochen worden, daß das angerufene Familiengericht die Unwirksamkeit der Eheschließung ebenfalls übersehen hat. Denn der im Interesse des Klägers tätige Beklagte hatte vor allen anderen die Aufgabe, die seinem Mandanten günstigste Klage zu erheben. Mit der Wahl der Klageart übte er den entscheidenden Einfluß auf die weitere rechtliche Gestaltung aus, weil der deutsche Zivilprozeß der Parteiherrschaft unterliegt.
Zwar hätte das Familiengericht die ihm vorgegebene Ehescheidungsklage abweisen müssen, weil eine gar nicht bestehende Ehe nicht geschieden werden kann. Dieser mitwirkende Fehler des Gerichts verdrängt aber nicht denjenigen des Beklagten. Nach allgemeinen zivilrechtlichen Regeln haben bei mitwirkender Schadensverursachung zum Schutz des Geschädigten die mehreren Schädiger gemeinsam den angerichteten Schaden zu ersetzen (s.u. V 4 c). Der Umstand, daß der daraus üblicherweise folgende Innenausgleich (§§ 426, 254 BGB) hier durch das Spruchrichterprivileg des § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB gestört wird, kann nicht dazu führen, daß die durch zwei nebeneinander handelnde Organe der Rechtspflege geschädigte Partei regelmäßig keinen Ersatz ihres Schadens erlangen könnte.
Etwas anderes ist nach allgemeinen zivilrechtlichen Abwägungsgrundsätzen allenfalls anzunehmen, falls der Schadensbeitrag des Gerichts denjenigen des anwaltlichen Parteivertreters so weit überwiegt, daß dieser daneben ganz zurücktritt. Das traf hier nicht zu. Aufgrund der zu § 254 BGB entwickelten
Regeln ist - wie zum Beispiel auch bei der Abwägung von Schadensbeiträgen mehrerer Rechtsanwälte untereinander - darauf abzustellen, ob die Verhaltensweise eines Beteiligten den Eintritt des Schadens in wesentlich höherem Maße wahrscheinlich gemacht hat als das Verhalten des anderen (BGH, Urt. v. 12. Juli 1988 - VI ZR 283/87, VersR 1988, 1238, 1239). Im vorliegenden Falle verantwortete zwar der Familienrichter allein das Ehescheidungsurteil mit der Anordnung des Versorgungsausgleichs. Keinesfalls in geringerem Maße hat zu dem vom Kläger erlittenen Schaden aber der vom Beklagten vertragswidrig fehlgestaltete Prozeß beigetragen, der erst die Gefahrenlage schuf, in welcher sich der Fehler des Gerichts auswirken konnte. Gericht und Beklagten traf zudem derselbe Vorwurf einfacher Fahrlässigkeit.
Im übrigen wäre mit einer Abweisung der Scheidungsklage allein eine Belastung des Klägers mit Getrenntlebensunterhalt (§ 1361 BGB) nicht zu vermeiden gewesen. Zur Begründung der nachehelichen Unterhaltsverpflichtung hat der Beklagte durch seine Mitwirkung beim Vergleichsabschluß beigetragen (s.u. V 4).
Darüber hinaus hat der Beklagte auch nach dem Scheidungsurteil vertragswidrig Maßnahmen unterlassen, die den Schadenseintritt - einschließlich der Übertragung von Versorgungsanwartschaften - hätten verhindern können. Er hätte die Scheidungsklage noch innerhalb der Rechtsmittelfrist wirksam zurücknehmen können. Statt dessen hat er dabei mitgewirkt, daß im Termin vom 30. Juni 1992 vor dem Familiengericht hinsichtlich des Scheidungsausspruchs auf Rechtsmittel verzichtet wurde.
Ferner hätte der Beklagte - für den Kläger - auch nach Rechtskraft des Ehescheidungsurteils das Nichtbestehen der Ehe im Wege der Feststellungsklage weiter geltend machen können. Denn wird eine Nichtehe versehentlich geschieden, so wird damit weder festgestellt, daß die Ehe vorher bestanden hat, noch kommt dem Ausspruch anderweit rechtserzeugende Kraft zu (s.o. II 5; ferner Henrich in Anm. FamRZ 1987, 950; a.M. - ohne Begründung - von Schwind RabelsZ Bd. 38 [1974], 523, 529). Sogar für den Fall eines Eheaufhebungsgrundes im Sinne von §§ 28, 29 EheG a.F. (§§ 1313 ff BGB n.F.) hatte ein Scheidungsurteil nicht die Wirkung, daß sich der geschiedene Ehegatte nicht nachträglich auf das sich aus § 37 Abs. 2 EheG a.F. ergebende, für den Aufhebungsgrund spezifische Ausschlußrecht hätte berufen dürfen (BGHZ 133, 227, 233 f). Für den Fall einer von Anfang an nicht bestehenden Ehe gilt das erst recht.
5. Schadensersatzansprüche des Klägers gegen den Beklagten sind nicht verjährt.
Zwar ist die dreijährige Verjährungsfrist des § 51 BRAO a.F. (§ 51b BRAO n.F.) abgelaufen. Denn ein Schaden des Klägers trat - erst - mit der mündlichen Verhandlung vom 30. Juni 1992 und dem an diesem Tage abgeschlossenen Vergleich ein. Die dreijährige Verjährungsfrist lief folglich am 30. Juni 1995 ab, während die hier vorliegende Klage erst am 11. November 1996 eingereicht und am 27. November 1996 zugestellt wurde.
Jedoch hat das Berufungsgericht mit Recht angenommen, daß sich der Beklagte auf den Ablauf dieser Verjährungsfrist nach den Grundsätzen der Sekundärverjährung (BGHZ 94, 380, 384 ff; Zugehör, Handbuch der Anwaltshaf-
tung Rn. 1252 ff m.w.N.) nicht berufen kann. Denn der Beklagte hatte Anlaß, noch vor Beendigung seines Mandats den Kläger auf den vorangegangenen Beratungsfehler hinzuweisen. Spätestens als er während des Zugewinnausgleichsverfahrens im Jahre 1994 die Fehlerhaftigkeit der Eheschließung erkannte , hätte der Beklagte darauf hinweisen müssen, daß seine eigene Haftung wegen des Betreibens der Ehescheidungsklage und des Abschlusses des Unterhaltsvergleichs vom 30. Juni 1992 in Betracht kam. Da er dies schuldhaft unterlassen hat, schloß sich eine zweite Verjährungsfrist an, die bis zum 30. Juni 1998 lief. Innerhalb dieser Frist ist auch der Schriftsatz des Klägers vom 4. Juni 1998 zugestellt worden, mit dem der erhöhte Anspruch auf Ersatz eines Unterhaltsschadens angekündigt wurde.

IV.


Hätte der Beklagte den Kläger richtig beraten (s.o. III 1), so wäre zu dessen Lasten kein Versorgungsausgleich durchgeführt worden (§ 249 BGB). Dieser knüpft nach §§ 1587 ff BGB an eine Ehescheidung an, zu der es im Falle des Nichtbestehens einer Ehe von Rechts wegen nicht kommen kann. Das griechische Recht kennt, soweit dargetan, einen Versorgungsausgleich insgesamt nicht.
Sogar für den Fall, daß in Griechenland die Ehefrau eine Ehescheidung erwirkt hätte, wäre ein Versorgungsausgleich in Deutschland trotz Art. 17 Abs. 3 EGBGB (vgl. dazu BGH, Beschl. v. 30. September 1992 - XII ZB 100/89, NJW 1992, 3293, 3294 f) nicht durchzuführen gewesen. Denn auch diese Vorschrift setzt voraus, daß eine Ehe bestanden hat.

Dies ist insoweit wiederum nach deutschem Recht zu beurteilen. Die Vorfrage, ob eine Ehe besteht, ist im Rahmen des Art. 17 Abs. 3 EGBGB nach herrschender Ansicht gemäß dem Recht des Urteilsstaates anzuknüpfen (Soergel/Schurig, BGB 12. Aufl. Art. 17 EGBGB Rn. 9; Staudinger/ von Bar/Mankowski, aaO Art. 17 EGBGB Rn. 73 und 292 m.w.N.). Jene Kollisionsnorm setzt eine wirksam zustande gekommene Ehe voraus. Aber auch eine unselbständige Anknüpfung gemäß dem Scheidungsstatut (vgl. Johannsen /Henrich aaO Art. 17 EGBGB Rn. 53 ff) würde hier zu keinem anderen Ergebnis führen, weil ein Versorgungsausgleich nur auf der Grundlage deutschen Rechts hätte durchgeführt werden können (vgl. Art. 14 Abs. 1 EGBGB).
Dementsprechend beruht diese Rechtsfolge allein auf der fehlerhaften Beratung durch den Beklagten. Er hat daran nach der gerichtlichen Anordnung des Versorgungsausgleichs insbesondere noch durch die Erklärung des Rechtsmittelverzichts mitgewirkt (s.o. III 4).

V.


Wegen seiner Unterhaltsverpflichtung aufgrund des Vergleichs vom 30. Juni 1992 kann der Kläger im Wege des Schadensersatzes vom Beklagten Zahlung - in Höhe von insgesamt 191.200 DM (97.759,01 & - wegen derjeni- gen Raten verlangen, die bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht (Januar 1999) an die Ehefrau geleistet worden sind. Es handelt sich um monatlich 2.560 DM für die Zeit vom 1. Juli 1992 bis
31. Januar 1997 und monatlich 2.100 DM seither. Wegen der späteren Raten bedarf es hingegen ergänzender Feststellung (s.u. 5).
1. Auch in bezug auf die Ehefolgesache Unterhalt bestand zwischen den Parteien ein Vertragsverhältnis. Durch seine fehlerhafte Beratung (s.o. III 1) hat der Beklagte seine Vertragspflichten insoweit schuldhaft verletzt.

a) Nach deutschem Recht war der Kläger aufgrund der nicht bestehenden Ehe nicht unterhaltspflichtig, weil die §§ 1569 ff BGB eine wirksame Ehe voraussetzen. Zwar hätte die Schein-Ehefrau des Klägers möglicherweise für ihre Mitwirkung bei Aufbau und Betrieb seiner Arztpraxis Ausgleichsansprüche auf gesellschafts- oder bereicherungsrechtlicher Grundlage oder in entsprechender Anwendung der §§ 611, 612 BGB geltend machen können. Darum geht es hier aber nicht. Denn als der Unterhaltsvergleich abgeschlossen wurde , arbeitete die Schein-Ehefrau nicht mehr in der Praxis des Klägers. Zu fortlaufendem Unterhalt für die Zukunft wäre der Kläger keinesfalls verpflichtet gewesen. Hiernach kommt es nicht mehr entscheidend darauf an, daß auch für Rechtsgrund und Umfang solcher Ausgleichsansprüche im einzelnen im vorliegenden Rechtsstreit nichts Konkretes vorgetragen worden ist.

b) Nach griechischem Recht bestand ein Anspruch der Ehefrau auf nachehelichen Unterhalt aufgrund des Vortrags der Parteien ebenfalls nicht. Dies ist aus Rechtsgründen nicht angreifbar. Nach den insoweit nicht angefochtenen Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. V. B. in seinem Gutachten vom 13. Mai 1998 sehen die Art. 1442 und 1443 des griechischen Zivilgesetzbuchs einen Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehefrau nur vor, wenn sie ihren Lebensunterhalt nicht durch eigene Einkünfte oder Vermögen
sicher stellen kann. Um den eigenen Unterhalt zu decken, ist grundsätzlich auch der Stamm des Vermögens zu verwerten, soweit dies nicht unwirtschaftlich oder im Einzelfall unbillig ist (Hohloch, Internationales Scheidungs- u. Scheidungsfolgenrecht 1998, Griechenland, 2 B Rn. 148; Stamatiadis, Die Ehescheidung im deutsch-griechischen Rechtsverkehr, 1994, S. 70). Nach dem Vortrag des Klägers verfügt die Ehefrau über ausreichendes Vermögen in Griechenland. Dem ist der Beklagte nicht entgegengetreten.
Demzufolge hätte der Beklagte dem Kläger abraten müssen, Unterhaltsverpflichtungen im Vergleichswege einzugehen.
2. Die Vertragsverletzung des Beklagten war ursächlich dafür, daß den Kläger eine Unterhaltspflicht gegenüber seiner Schein-Ehefrau trifft.
Hätte der Beklagte den Kläger pflichtgemäß darauf hingewiesen, daß die Ehe nach deutschem Recht nicht bestand und daher auch keine nachehelichen Unterhaltsansprüche begründete, besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, daß der Kläger sich im eigenen Interesse beratungsgerecht verhalten und keine Unterhaltsverpflichtung übernommen hätte.
3. Die Begründung, mit welcher das Berufungsgericht die Ursächlichkeit des Beratungsfehlers für den eingetretenen Schaden verneint oder ein überwiegendes Mitverschulden des Klägers angenommen hat, hält den Angriffen der Revision nicht stand.

a) Das Berufungsgericht stellt nicht in bestimmter, nachvollziehbarer Weise fest, daß der Kläger bei Abschluß des Unterhaltsvergleichs gewußt
hätte, der geschiedenen Ehefrau nach deutschem Recht keinen Unterhalt zu schulden. Derartiges hat auch keine Partei dargetan. Der Kläger kannte seinerzeit die Unwirksamkeit der Ehe aufgrund des Beratungsfehlers des Beklagten nicht. Ging er von einer wirksamen Eheschließung aus, so hätte eine Unterhaltspflicht seinerseits angesichts der verhältnismäßig langen Dauer der vermeintlichen Ehe und des Alters der Frau (§§ 1571, 1572 BGB) allenfalls im Hinblick auf § 1577 BGB entfallen können, also solange und soweit sich die Ehefrau aus ihren Einkünften und ihrem Vermögen selbst hätte unterhalten können.
Hierfür fehlt es an hinreichenden Feststellungen des Berufungsgerichts und auch an entsprechendem Vortrag des Beklagten. Angesichts der Einkommensverhältnisse in Deutschland - die Ehefrau bezog hier aufgrund der Angaben im Scheidungsantrag des Klägers nur eine Berufsunfähigkeitsrente von monatlich 444 DM - lag die Annahme fern, daß sie ohne Unterhaltszahlungen des Klägers imstande sein würde, ein den ehelichen Lebensverhältnissen entsprechendes (vgl. § 1578 BGB) Leben zu führen. Zwar hat der Kläger während des Ehescheidungsverfahrens durch Schreiben vom 12. April 1992 den Beklagten auf angeblichen Grundbesitz der Ehefrau in Griechenland hingewiesen und hinzugefügt: "Sie ist finanziell unabhängig - Millionärin -." Soweit die Frau danach eine Wohnung und eine Villa besitzen sollte, ergab sich daraus allein nach deutschem Recht aber schon kein unmittelbarer Bezug zur Unterhaltspflicht. Denn gemäß § 1577 Abs. 3 BGB braucht der Unterhaltsberechtigte den Stamm des Vermögens nicht zu verwerten, soweit die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre. Dies ließ sich nicht zuverlässig beurteilen, zumal der Kläger selbst in Deutschland unstreitig Eigentümer eines Hausgrundstücks war.

Darüber hinaus sollte die Ehefrau aufgrund des bezeichneten Schreibens etwa ein Jahr zuvor einen Betrag von etwas mehr als 143.000 DM von einem gemeinsamen Sparbuch abgehoben sowie eine kleine Wohnung verkauft haben. Auch daraus ließen sich zuverlässige Rückschlüsse im Hinblick auf einen Unterhaltsanspruch gemäß deutschem Recht erfahrungsgemäß nicht ziehen. Dies gilt erst recht, wenn auf der anderen Seite die Einkommensverhältnisse eines selbständig berufstätigen Arztes zu bestimmen sind. Der Beklagte hat selbst darauf verwiesen, daß das Einkommen des Klägers seinerzeit weitaus höher gewesen sein müsse als angegeben (S. 3 seines Schriftsatzes v. 27. Januar 1999 = Bl. 312 GA).
Eine positive Kenntnis des Klägers vom komplexen Zusammenhang einer Unterhaltsverpflichtung läßt sich daraus schon aus Rechtsgründen nicht ableiten. Es kommt somit nicht mehr entscheidend darauf an, daß auch die Einschätzung des Wertes von vorhandenem Grundvermögen durch die Parteien erfahrungsgemäß oft zweckbestimmt und unsicher ist.

b) Ob der Kläger wußte, daß er nach griechischem Recht keinen Unterhalt schuldete, ist - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - unerheblich. Der Beklagte hatte den Kläger über die Rechtslage nach deutschem Recht zu unterrichten. Dieses wäre nicht nur für den Fall des Nichtbestehens der Ehe, sondern sogar im Falle ihrer Wirksamkeit gemäß Art. 18 Abs. 5 i.V.m. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 EGBGB maßgeblich gewesen (s.o. 1 c). Eine etwaige Kenntnis des Klägers von der Rechtslage in anderen Rechtsordnungen ist demgegenüber bedeutungslos.
4. An der Begründung der Unterhaltspflicht des Klägers hat der Beklagte auch durch den Abschluß des Vergleichs selbst mitgewirkt (s.o. III 4). Seine Schadensersatzpflicht ist nicht dadurch entfallen, daß der Kläger - vertreten durch einen anderen Rechtsanwalt - aufgrund eines am 12. Dezember 1995 geschlossenen Vergleichs seine Unterhaltspflicht gegenüber der geschiedenen Ehefrau bestätigt hat.

a) Dieser Vergleich wurde im Rahmen eines von der geschiedenen Ehefrau eingeleiteten Prozesses auf Zahlung von Zugewinnausgleich abgeschlossen. Im Verlaufe dieses Rechtsstreits trug der Beklagte - für den Kläger - erstmals Bedenken gegen die nur vor einem Geistlichen geschlossene Ehe vor. Nachdem daraufhin das Familiengericht die Klage abgewiesen hatte, verurteilte das im Wege der Berufung angerufene Oberlandesgericht den jetzigen Kläger, der geschiedenen Ehefrau Auskunft über seine den Zugewinnausgleich betreffenden Vermögensverhältnisse zu gewähren. Es nahm hierbei an, daß die Unwirksamkeit der Ehe in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 2 EheG geheilt sei. Der Kläger legte dagegen die zugelassene Revision ein, beendete das Mandat mit dem Beklagten und beauftragte einen anderen Rechtsanwalt , ihn - den Kläger - in einem gleichzeitig von der geschiedenen Ehefrau geführten Arrestverfahren zu vertreten. Diese hatte aufgrund eines von ihr erwirkten dinglichen Arrests unter anderem die Honoraransprüche des Klägers pfänden lassen. In diesem Verfahren einigte sich der Kläger, vertreten durch den neuen Rechtsanwalt, durch Vergleich vom 12. Dezember 1995 mit der geschiedenen Ehefrau darüber, alle gegenseitigen Ansprüche zu erledigen. Neben einer Verpflichtung des Klägers zur Zahlung von Zugewinnausgleich enthielt der Vergleich unter Nr. 4 die Bestimmung:
"Die Parteien sind sich weiterhin darüber einig, daß die Vereinbarung vom 30. Juni 1992 ... ohne Einschränkung aufrechterhalten bleibt. Herr Dr. A. verzichtet darauf, eventuelle Einwendungen dem Grunde nach gegen die genannte Vereinbarung vorzubringen. Er verzichtet dem Grunde nach auch auf etwaige Einwendungen gegen die im Verbundurteil des Amtsgerichts K. vom 30. Juni 1992 ... getroffene Regelung hinsichtlich des Versorgungsausgleichs".

b) Durch diese vertragliche Unterhaltsbestätigung ist der Zurechnungszusammenhang zwischen der fehlerhaften Beratung des Beklagten und der Unterhaltspflicht des Klägers sogar dann nicht unterbrochen worden, wenn auch dem inzwischen für den Kläger tätigen Rechtsanwalt eine schuldhafte Pflichtverletzung zur Last fiele.
Ein eigener selbständiger Willensakt des Geschädigten schließt es grundsätzlich nicht aus, demjenigen die Schadensfolge zuzurechnen, der die schädigende Kausalkette in Gang gesetzt hat. Bestand für die mitwirkende Handlung des Mandanten aufgrund des haftungsbegründenden Ereignisses ein rechtfertigender Anlaß, so bleibt der Zurechnungszusammenhang zu einem früheren, schädigenden Verhalten des Rechtsanwalts bestehen. Ein solcher rechtfertigender Anlaß liegt bereits vor, wenn der Mandant eine Entschließung trifft, die nicht als ungewöhnlich oder gänzlich unangemessen zu bewerten ist (Senatsurt. v. 15. April 1999 - IX ZR 328/97, NJW 1999, 2183, 2187; Zugehör /Fischer, Handbuch der Anwaltshaftung Rn. 1065 m.w.N.). Die Beendigung einer rechtlichen Auseinandersetzung durch Vergleich ist regelmäßig als vernünftige Reaktion in dem bezeichneten Sinne anzusehen (Senatsurt. v. 11. Fe-
bruar 1999 - IX ZR 14/98, NJW 1999, 1391, 1392). Hat der Rechtsanwalt sei- nen Mandanten durch einen Beratungsfehler in eine ungünstige Situation gegenüber dessen Vertragspartner gebracht, ist es nach der Lebenserfahrung nicht ungewöhnlich, daß dieser daraus Vorteile zu ziehen sucht; entschließt sich der Mandant in einer solchen Lage, dem Begehren des Vertragsgegners nachzugeben und es nicht auf einen Prozeß ankommen zu lassen, handelt es sich im allgemeinen um einen normalen Geschehensablauf, der die Zurechung bestehen läßt (BGH, Urt. v. 11. März 1980 - VI ZR 91/79, VersR 1980, 649, 650).
Davon ist auch im vorliegenden Falle auszugehen. Durch den Beratungsfehler des Beklagten war der Kläger bereits titulierten Unterhaltsansprüchen der geschiedenen Ehefrau ausgesetzt. Der Beklagte hat bis zur Beendigung seines Mandats nichts unternommen, um diese Unterhaltsverpflichtung zu beseitigen. Zwar hatte er zwischenzeitlich im Zugewinnausgleichsverfahren auf die Fehlerhaftigkeit der Eheschließung hingewiesen. Er hat den Kläger aber nicht darüber belehrt, daß weiterhin noch eine Klage auf Feststellung der Nichtigkeit der Ehe zulässig war (s.o. III 4). Ferner hat er den Kläger, soweit dargetan, nicht darauf hingewiesen, daß die vergleichsweise übernommenen Unterhaltsfolgen möglicherweise auf prozessualem Wege zu beseitigen wären, weil die im Vergleich vorausgesetzte Wirksamkeit der Eheschließung nicht vorlag (§ 779 Abs. 1 BGB).
Demgegenüber war der Kläger inzwischen von seiner Schein-Ehefrau mit einer Klage auf Leistung zusätzlichen, erheblichen Zugewinnausgleichs und mit Vollstreckungsmaßnahmen überzogen worden. Wenn er sich in dieser prozessualen Situation - ohne umfassende vorangegangene Beratung durch
den Beklagten - zu einer einvernehmlichen Gesamtlösung mit seiner Schein- Ehefrau entschloß, war dies noch durch den vorangegangenen Beratungsfehler des Beklagten mit herausgefordert. Zwar hat er hierbei im Wege gegenseitigen Nachgebens (§ 779 BGB) durch seine ausdrückliche Bestätigung der Unterhaltspflicht auch die Möglichkeit einer späteren prozessualen Abhilfe beseitigt. Da er auf diese Möglichkeit zuvor aber nicht hingewiesen wurde, war eine entsprechende Bestätigung im Verhältnis zum Beklagten nicht völlig unsachgemäß. Zudem ist nichts dafür dargetan, daß der Kläger - hätte er diesen zweiten Vergleich nicht abgeschlossen - infolge sachgerechter Beratung durch Dritte zu erfolgreichen Abwehrmaßnahmen gegen den früheren Unterhaltstitel veranlaßt worden wäre.

c) Allerdings hat auch der neue Rechtsanwalt, der kurz vor Abschluß des Vergleichs die Beratung des Klägers übernommen hatte, diesen nicht auf die zuvor aufgezeigten rechtlichen Abwehrmöglichkeiten hingewiesen. Sogar wenn darin ebenfalls eine schuldhafte Vertragsverletzung gegenüber dem Kläger läge, würde dies den Beklagten im Verhältnis zum Kläger nicht entlasten. Denn im Zivilrecht gelten grundsätzlich alle Schadensursachen als gleichwertig (§§ 421, 830, 840 BGB). Greifen weitere Personen in ein schadensträchtiges Geschehen ein, so entlasten sie damit regelmäßig nicht den Erstschädiger, sondern begründen - zum Schutz des Geschädigten - allenfalls eine eigene, zusätzliche Haftung. Das Verhalten Dritter beseitigt allgemein die Schadenszurechnung im Verhältnis zu früheren Verursachern nur, sofern es als gänzlich ungewöhnliche Beeinflussung des Geschehensablaufs zu werten ist (vgl. MünchKomm-BGB/Grunsky, 3. Aufl. vor § 249 Rn. 57 ff; Staudinger/ Schiemann, BGB 13. Bearb. § 249 Rn. 64 ff; Erman/Kuckuk, BGB 10. Aufl. vor § 249 Rn. 68 ff). Dementsprechend wird der von einer früheren Vertragsverlet-
zung eines Rechtsanwalts ausgehende Zurechnungszusammenhang grund- sätzlich nicht dadurch unterbrochen, daß nach dem pflichtwidrig handelnden Anwalt eine andere rechtskundige Person mit der Angelegenheit befaßt worden ist und noch in der Lage gewesen wäre, den Schadenseintritt zu verhindern, wenn sie die ihr obliegende Sorgfaltspflicht beachtet hätte (Senatsurt. v. 18. März 1993 - IX ZR 120/92, NJW 1993, 1779, 1780 f; Zugehör/Fischer, aaO Rn. 1067 ff m.w.N.).
Davon ist auch hier auszugehen: Der Verursachungsbeitrag und ein mögliches Verschulden des zweiten Rechtsanwalts wiegen keinesfalls schwerer als die von dem langjährig beratend tätigen Beklagten verschuldete Schadensursache. In derartigen Fällen steht es dem Erstschädiger frei, den Mitschädiger als Gesamtschuldner nach Maßgabe der §§ 426, 254 BGB auf anteiligen Schadensausgleich im Innenverhältnis in Anspruch zu nehmen. Hierbei mag auch berücksichtigt werden, inwieweit ohne die in dem Vergleich vom 12. Dezember 1995 bestätigte Unterhaltspflicht deren Verringerung oder Wegfall hätte erreicht werden können. Dagegen ist dem Kläger im Außenverhältnis gegenüber dem Beklagten nach dem Sach- und Streitstand im vorliegenden Rechtsstreit auch im Hinblick auf die Schadensminderungsobliegenheit gemäß § 254 Abs. 2 BGB kein mitwirkendes Verschulden seines zweiten Rechtsanwalts zuzurechnen (§ 278 BGB). Eine solche Einwendung steht zur Darlegungslast des Schädigers, hier also des Beklagten. Dieser hat nichts dazu vorgetragen, ob ohne den bestätigenden Vergleich vom 12. Dezember 1995 die Unterhaltspflicht des Klägers beseitigt worden wäre. Ferner hat er nicht dargetan, daß der neue Rechtsanwalt etwa schon mit der Verfolgung von Regreßansprüchen gegen den Beklagten betraut gewesen und in diesem Umfang zum Erfüllungsgehilfen des Klägers geworden wäre.

5. Allerdings ist die Klage derzeit insoweit unbegründet, als der Kläger Erstattung von Unterhalt für die Zeit nach der letzten mündlichen Verhandlung des Berufungsgerichts verlangt.
Insoweit steht dem Kläger gegen den Beklagten grundsätzlich ein Freistellungsanspruch bezüglich der Unterhaltspflicht zu. In einen Zahlungsanspruch wandelt sich dieses Forderungsrecht erst um, wenn der Kläger seinerseits die Unterhaltszahlungen an seine Schein-Ehefrau erbringt. Hierbei handelt es sich um ein ungewisses zukünftiges Ereignis, dessen jeweiliger Eintritt im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung durch das Berufungsgericht nicht zuverlässig zu beurteilen war. Dementsprechend standen die Voraussetzungen des Zahlungsanspruchs noch nicht fest. Soweit dieser sich auf die Zukunft erstreckte, war er unbegründet. Insoweit unterscheidet sich die Rechtslage von derjenigen hinsichtlich des Versorgungsausgleichs, weil die auf die Altersversorgung gerichteten Anwartschaften dem Kläger schon endgültig aberkannt worden sind.
Eine Klage auf zukünftige Leistung vermochte der Kläger auch nicht auf die §§ 257, 258 oder § 259 ZPO zu stützen.

a) § 257 ZPO ist nicht erfüllt. Zwar war die Unterhaltspflicht des Klägers gegenüber seiner Schein-Ehefrau kalendermäßig festgelegt. Dies trifft aber nicht zugleich für den Schadensersatzanspruch des Klägers gegenüber dem Beklagten zu. Dessen Umwandlung aus einem bloßen Freistellungsanspruch hing vielmehr von der vorangegangenen Leistung des Klägers an seine Schein-Ehefrau ab.


b) Ferner macht der Kläger nicht wiederkehrende Leistungen im Sinne von § 258 ZPO geltend. Diese beruhen auf einseitigen Verpflichtungen, die sich in ihrer Gesamtheit als Folge ein- und desselben Rechtsverhältnisses ergeben , so daß die einzelne Leistung nur noch vom Zeitablauf abhängt (vgl. BGH, Urt. v. 10. Juli 1986 - IX ZR 138/85, NJW 1986, 3142; v. 20. Juni 1996 - III ZR 116/94, MDR 1996, 1232). Die letztgenannte Voraussetzung ist hier nicht erfüllt, weil die Umwandlung des Freistellungsanspruchs in einen Zahlungsanspruch zusätzlich durch die tatsächliche Zahlung des Klägers bedingt ist.

c) Endlich scheidet § 259 ZPO als Grundlage für eine Klage auf künftige Leistung aus. Diese Vorschrift greift nicht ein, wenn der eingeklagte Anspruch erst künftig entsteht; dieser muß vielmehr in vollem Umfang seine Grundlage in einem Rechtsverhältnis finden, dessen rechtserzeugende Tatsachen schon eingetreten sind. Die Möglichkeit, daß künftig ein solches Rechtsverhältnis entsteht , reicht grundsätzlich nicht aus (vgl. BGH, Urt. v. 13. März 2001 - VI ZR 290/00 zu § 256 Abs. 1 ZPO). Zwar genügt es, wenn sich der eingeklagte Anspruch aus einem schon bestehenden Rechtsverhältnis allein aufgrund des eigenen Verhaltens des Beklagten entwickelt (BGH, Urt. v. 14. Dezember 1998 - II ZR 330/97, NJW 1999, 954, 955 zu § 283 BGB a.F.). Darum geht es hier nicht.
Zwar kann das Rechtsverhältnis bedingt sein (BGHZ 43, 28, 31) und insbesondere auch unter der Bedingung künftiger Zahlung stehen (vgl. BGHZ 147, 225, 231). Einen bedingten Antrag hat der Kläger hier aber nicht gestellt. Seinem unbedingten Zahlungsbegehren kann nicht entsprochen werden.

d) Allerdings hätte der Kläger gemäß § 139 Abs. 1 ZPO a.F. auf den Fehler seines Antrags hingewiesen werden müssen. Um ihm die Gelegenheit zur Anpassung des Antrags zu geben, ist der Rechtsstreit in diesem Umfang an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Kreft Kirchhof Raebel ' ( Bergmann

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.