Bundesgerichtshof Urteil, 14. Mai 2003 - IV ZR 72/02

bei uns veröffentlicht am14.05.2003

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 72/02 Verkündet am:
14. Mai 2003
Fritz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
VBLS § 105b; AGBG § 9 Bk, Cl; GG Art. 3, 14
Die Sonderregelung des § 105b VBLS für Pflichtversicherte im Beitrittsgebiet, bei
denen der Versicherungsfall vor Erfüllung der Wartezeit (§ 38 Abs. 1 VBLS) eingetreten
ist, hält der Inhaltskontrolle stand.
BGH, Urteil vom 14. Mai 2003 - IV ZR 72/02 - OLG Karlsruhe
LG Karlsruhe
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, den Richter Dr. Schlichting, die Richterin
Ambrosius und die Richter Wendt und Felsch auf die mündliche Ver-
handlung vom 14. Mai 2003

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 17. Januar 2002 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin war vom 1. August 1964 bis 31. Juli 1999 im öffentlichen Schuldienst zunächst in der DDR und seit 3. Oktober 1990 im Beitrittsgebiet (Tarifgebiet Ost) beschäftigt. Sie begehrt die Feststellung, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihr eine Versorgungsrente (hilfsweise: eine Versicherungsrente) unter Berücksichtigung ihrer gesamten Beschäftigungszeiten zu gewähren.
In der DDR hatte die Klägerin Rentenanwartschaften in der Sozialpflichtversicherung und in einem zusätzlichen Altersversorgungssystem erworben. Nach dem Beitritt der neuen Bundesländer meldete ihr neuer Arbeitgeber sie zum 1. Januar 1997 - dem Zeitpunkt der Einführung der Zusatzversorgung im Tarifgebiet Ost - bei der Beklagten zur Pflichtversi-

cherung an. Seit dem 1. August 1999 bezieht die Klägerin von der Bun- desversicherungsanstalt für Angestellte eine gesetzliche Altersrente für Frauen. Die Beklagte hat ihr ab diesem Zeitpunkt Leistungen aus der Zusatzversorgung gemäß § 105b ihrer Satzung in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (VBLS) in Höhe von monatlich 109,12 DM zugesagt. § 105b VBLS, der durch die 29. Satzungsänderung vom 1. Februar 1996 eingefügt wurde, lautet auszugsweise wie folgt: "§ 105b Sonderregelung für Arbeitnehmer im Beitrittsgebiet (1) 1Der im Beitrittsgebiet Pflichtversicherte, bei dem der Versicherungsfall vor Erfüllung der Wartezeit (§ 38 Abs. 1) eingetreten ist und der vom 1. Januar 1992 an ununterbrochen bei einem Beteiligten , bei dessen Rechts- oder Funktionsvorgänger ... in einem Arbeitsverhältnis gestanden hat, das - bei Geltung der Satzung - zur Pflichtversicherung geführt hätte, und der
a) vom 1. Januar 1997 an bis zum Eintritt des Versicherungsfalles ununterbrochen pflichtversichert gewesen ist ..., erhält eine Leistung in der Höhe, wie sie ihm als Versicherungsrente (§ 44 Abs. 1) zustehen würde, wenn er in den dem Eintritt des Versicherungsfalles bzw. dem Ende des Arbeitsverhältnisses vorangegangenen 60 Kalendermonaten pflichtversichert gewesen wäre ... (2) Die Leistungen nach Absatz 1 gelten als Versicherungsrente im Sinne der Satzung." Frühere Dienstzeiten über die gemäß § 105b Abs. 1 Satz 1 VBLS (fiktiv) vorgesehenen 60 Kalendermonate hinaus hat die Beklagte nicht berücksichtigt.

Die Klägerin ist der Auffassung, ihr stehe anstelle der zugesagten Leistung eine dynamische Versorgungsrente gemäß § 40 ff. VBLS zu unter Berücksichtigung ihrer sämtlichen Beschäftigungszeiten im Beitrittsgebiet , die auch der gesetzlichen Rente zugrunde gelegt werden. Insbesondere seien entgegen § 42 Abs. 2 Satz 1 a aa VBLS auch die vor dem 3. Oktober 1990 zurückgelegten Zeiten zu berücksichtigen. § 42 VBLS lautet auszugsweise: "§ 42 Gesamtversorgungsfähige Zeit (1) Gesamtversorgungsfähige Zeit sind die bis zum Beginn der Versorgungsrente (§ 62) zurückgelegten Umlagemonate (§ 29 Abs. 10). (2) 1Als gesamtversorgungsfähige Zeit gelten
a) bei einem Versorgungsrentenberechtigten, der eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhält, die Kalendermonate , aa) die in der gesetzlichen Rentenversicherung als Beitragszeiten (einschließlich der beitragsgeminderten Zeiten) und beitragsfreie Zeiten - ... mit Ausnahme der vor dem 3. Oktober 1990 zurückgelegten Zeiten im Beitrittsgebiet, wenn die Pflichtversicherung erstmals nach dem 2. Oktober 1990 begonnen hat - der Rente zugrunde liegen ... - abzüglich der Umlagemonate (Absatz 1) - zur Hälfte ..." Die Klägerin hält die mit der 28. Satzungsänderung vom 20. Oktober 1995 eingefügte Ausnahme der DDR-Zeiten für unwirksam. Dadurch werde sie insbesondere im Vergleich zu Pflichtversicherten, die vor dem 3. Oktober 1990 in der gesetzlichen Rentenversicherung der

alten Bundesländer Beitragszeiten oder beitragsfreie Zeiten zurückgelegt haben, unangemessen benachteiligt.
In den Vorinstanzen hatte die Klage keinen Erfolg. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist nicht begründet.
I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ergibt sich für die Klägerin ein Leistungsanspruch gegen die Beklagte nur aus der die Arbeitnehmer im Beitrittsgebiet begünstigenden Sonderregelung des § 105b VBLS. Ansprüche auf höhere Versorgungsleistungen der Beklagten stünden ihr nicht zu. Die Wartezeit gemäß § 38 VBLS sei nicht erfüllt. Die Satzungsbestimmungen hielten auch der Inhaltskontrolle gemäß § 9 AGBG stand. Eine die Klägerin benachteiligende Ungleichbehandlung gegenüber Pflichtversicherten aus den alten Bundesländern liege nicht vor. Die Klägerin sei nicht dadurch in ihrem Grundrecht aus Art. 14 GG beeinträchtigt, daß die Satzung ihre in der ehemaligen DDR erworbene Zusatzversorgung unberücksichtigt lasse. Diese Ansprüche seien nicht in Zusatzversorgungsansprüche übergeleitet, sondern in die gesetzliche Rentenversicherung überführt worden. Die Klägerin sei auch nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 3 GG verletzt. Die Beklagte sei für ihr darauf gestütztes Begehren nicht Normadressat. Der Einigungsvertrag sehe vor, daß die Arbeitsbedingungen für den öffentlichen Dienst im Beitrittsgebiet erst und nur soweit gelten sollten, wenn und wie es die Tarifvertrags-

parteien vereinbaren. Deren Autonomie könne in dieser Frage nicht durch eine Inhaltskontrolle übergangen werden. Hier solle Ungleiches eine Gleichbehandlung erfahren. Derartige Maßnahmen seien dem Bereich der Gesetzgebung bzw. der Tarifhoheit vorbehalten. Auch ein Anspruch gegen die Beklagte auf Aufnahme in die Zusatzversorgung vor dem 1. Januar 1997 habe nicht bestanden, da Voraussetzung für eine Pflichtversicherung bei der Beklagten eine entsprechende tarifvertragliche Bestimmung sei. Eine solche Bestimmung habe es bis dahin für die Klägerin nicht gegeben.
II. Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
Das Begehren der Klägerin zielt, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, darauf ab, bei der Zusatzversorgung so gestellt zu werden, als sei sie in den alten Bundesländern beschäftigt und während eines wesentlichen Teils ihrer Tätigkeit im öffentlichen Dienst bei der Beklagten pflichtversichert gewesen. Dafür besteht jedoch keine rechtliche Grundlage. Entgegen der Ansicht der Revision läßt sich ein solcher Anspruch nicht durch Auslegung der Satzung der Beklagten oder im Wege der Inhaltskontrolle in Verbindung mit einer ergänzenden Auslegung begründen.
1. a) Die Bestimmungen der VBLS finden als Allgemeine Versicherungsbedingungen auf die Gruppenversicherungsverträge Anwendung, die von den beteiligten Arbeitgebern als Versicherungsnehmern mit der Beklagten als Versicherer zugunsten der bezugsberechtigten Versicherten , der Arbeitnehmer, abgeschlossen sind (st. Rspr., vgl. BGHZ 142,

103, 105 ff.; BVerfG NJW 2000, 3341 unter II 2 a, c). Für ihre Auslegung kommt es auf das Verständnis eines durchschnittlichen Versicherten an (BGHZ 103, 370, 383; Senatsurteil vom 12. März 2003 - IV ZR 58/02 - unter 2 b, zur Veröffentlichung bestimmt).

b) Die Satzung sieht für Pflichtversicherte im Beitrittsgebiet, bei denen wie bei der Klägerin der Versicherungsfall vor Ablauf der Wartezeit von 60 Umlagemonaten (§ 38 Abs. 1 VBLS) eingetreten ist, gemäß § 105b VBLS ausschließlich eine Versicherungsrente auf der Grundlage einer fingierten Pflichtversicherungszeit von 60 Monaten vor. Einem darüber hinausgehenden Anspruch auf eine dynamische Versorgungsrente gemäß §§ 40 ff. VBLS (oder eine Versicherungsrente gemäß § 44 f. VBLS) steht, wie sich für den durchschnittlichen Versicherten aus § 37 Abs. 1 VBLS eindeutig ergibt, bereits die Nichterfüllung der Wartezeit entgegen. Darüber hinaus wäre bei der Bemessung der Versorgungsrente eine Berücksichtigung der vor dem 3. Oktober 1990 zurückgelegten Zeiten im Beitrittsgebiet nach § 42 Abs. 2 Satz 1 a aa VBLS ausdrücklich ausgeschlossen.

c) Hieran hat sich durch die vom Verwaltungsrat der Beklagten mit Wirkung ab dem 1. Januar 2001 beschlossene Neufassung der Satzung mit dem Ziel, das System der Gesamtversorgung durch ein Betriebsrentensystem abzulösen, nichts geändert. Die Neufassung ist nach Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde und Veröffentlichung im Bundesanzeiger Nr. 1 vom 3. Januar 2003 in Kraft getreten. Gemäß der Sonderregelung für Beschäftigte im Beitrittsgebiet in § 83 VBLS n.F. bleiben die sich aus § 105b VBLS ergebenden Leistungsansprüche erhalten. Weiter-

gehende Ansprüche werden - insbesondere durch die Übergangsregelungen der §§ 75 bis 77 VBLS n.F. - nicht gewährt.
2. Daß § 105b VBLS Pflichtversicherten in der Situation der Klägerin nur einen Anspruch auf eine Versicherungsrente gewährt, hält der Inhaltskontrolle (§ 9 AGBG) stand. Zwar sind dabei auch die Grundrechte der Versicherten zu berücksichtigen (vgl. BGHZ 103, 370, 383; BVerfG NJW 2000, 3341 unter II 2 c). Entgegen ihrer Auffassung wird die Klägerin jedoch in ihren Grundrechten aus Art. 14 GG und Art. 3 GG nicht verletzt. Dies folgt nach Auffassung des Senats aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. April 1999 (1 BvL 32/95, 1 BvR 2105/95 - BVerfGE 100, 1 ff. = NJW 1999, 2493 ff.).

a) Das Bundesverfassungsgericht hat darin (aaO 38 ff.) die aufgrund der sogenannten Systementscheidung des Gesetzgebers in der Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 Buchst. b Satz 1 und 3 des Einigungsvertrages (EV) vom 31. August 1990 (BGBl. II 889) erfolgte Überführung der in den Zusatz- und Sonderversorgungssystemen der DDR erworbenen Ansprüche und Anwartschaften in die gesetzliche Rentenversicherung bei verfassungskonformer Auslegung für mit dem Grundgesetz vereinbar erklärt. Diese Rechte, die mit dem Anspruchs - und Anwartschaftsüberführungsgesetz vom 25. Juli 1991 (AAÜG - BGBl. I 1606, 1677) in der Fassung des RentenüberleitungsErgänzungsgesetzes vom 26. Juni 1993 (RüErgG - BGBl. I 1038) in die gesetzliche Rentenversicherung integriert wurden, genießen danach zwar aufgrund des Beitritts und ihrer Anerkennung durch den Einigungsvertrag den Schutz des Eigentumsgrundrechts des Art. 14 GG (aaO 33 ff.). Der Gesetzgeber war aber nicht verpflichtet, die Berechtigten aus

Versorgungssystemen der DDR so zu behandeln, als hätten sie ihre Erwerbsbiographie in der BRD zurückgelegt. Die mit der Erstreckung der Beitragsbemessungsgrenze auf die überführten Leistungen verbundene Absenkung des Sicherungsniveaus bleibt durch die Zahlbetragsgarantie in Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 Buchst. b Satz 4 und 5 EV im Regelfall verhältnismäßig. Der Zahlbetrag ist allerdings durch Anpassung an die Lohn- und Einkommensentwicklung zu dynamisieren.
Die Begrenzung der begünstigenden Wirkung der Zahlbetragsgarantie auf Bestandsrentner und Rentenzugänge bis Juni 1995 ist mit dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, weil die Jahrgänge danach weiterhin erwerbsfähig und daher imstande waren, ihre Versicherungsbiographien noch günstig zu beeinflussen (aaO 45 f.).
Die ebenfalls gemessen an Art. 3 Abs. 1 GG mit der Überleitungsentscheidung bewirkte Ungleichbehandlung von höherverdienenden Versicherten der DDR-Versorgungssysteme gegenüber den auf höherem Niveau abgesicherten Angehörigen entsprechender Berufsgruppen in den alten Bundesländern mit Zusatzversicherungen ist durch gewichtige Gründe gerechtfertigt. Abgesehen von den Unterschieden der verglichenen Berufsgruppen fallen auch die in der Regel höheren Beitragsleistungen der westdeutschen Berechtigten für ihre Zusatzversorgung ins Gewicht.

b) Nach diesen Grundsätzen ist auch die für die Klägerin geltende Leistungsregelung der VBLS grundrechtskonform. Eine unangemessene Benachteiligung liegt nicht vor.

aa) Art. 14 GG ist nicht verletzt, weil die im Anspruchs- und An- wartschaftsüberführungsgesetz bestimmte Überführung der in den Zusatzversorgungssystemen der DDR erworbenen Ansprüche und Anwartschaften in die gesetzliche Rentenversicherung auch die Eigentumsrechte der Rentenzugänger nach dem 30. Juni 1995, zu denen die Klägerin gehört, in verfassungsgemäßer Weise wahrt. Zwar gilt für sie die im Einigungsvertrag gewährte Zahlbetragsgarantie nicht mehr. Doch ist dies wegen der in der fortbestehenden Erwerbsmöglichkeit liegenden Chance, zusätzliche Maßnahmen zur Altersvorsorge zu ergreifen, verfassungsrechtlich hinzunehmen (vgl. BVerfGE aaO 45, 46). Im Übrigen hat die Klägerin nicht behauptet, durch die Überführung ihrer in der DDR erworbenen Zusatzversorgungsanwartschaften einen Wertverlust erlitten zu haben. Hat somit der Gesetzgeber sowohl die Systementscheidung zur Überleitung der DDR-Rentenanwartschaften als auch deren besitzstandswahrende Umsetzung in verfassungsgemäßer Weise außerhalb des Zusatzversorgungssystems der Beklagten vollzogen, ist diese nicht aus Gründen des Eigentumsschutzes verpflichtet, die Beschäftigungszeiten der Klägerin vor dem 3. Oktober 1990 in ihrer Satzung leistungserhöhend zu berücksichtigen.
bb) Die Beschränkung auf eine Versichertenrente gemäß § 105b VBLS benachteiligt die Klägerin auch nicht gleichheitswidrig.
(1) Die ihr nach § 105b VBLS gewährte Zusatzrente ist allerdings erheblich geringer als die Rente eines Berechtigten, der in gleicher Beschäftigungszeit bei gleichen Erwerbseinkünften durchgängig bei der Beklagten pflichtversichert war und daher eine Versorgungsrente unter voll-

ständiger Berücksichtigung dieses Zeitraums (§ 42 Abs. 1 VBLS) beanspruchen kann. Dieser Unterschied ist aber dadurch gerechtfertigt, daß nur für die Pflichtversicherten in den alten Bundesländern - bei wirtschaftlicher Betrachtung als Teil ihres Arbeitsentgelts (vgl. BVerfG NJW 2002, 1103, 1105 unter C II 2 a) - Beiträge in Form von Umlagen in das Zusatzversorgungssystem der Beklagten geleistet wurden. Das steht, wie das Bundesverfassungsgericht (aaO 45) ausdrücklich festgestellt hat, einer Pflicht, Versicherte aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen der DDR rückwirkend und kostenfrei so zu stellen, als hätten sie die Voraussetzungen erfüllt, von denen die Zusatzversorgung in Westdeutschland abhing, entgegen.
(2) Die Klägerin wird auch nicht gegenüber Pflichtversicherten gleichheitswidrig benachteiligt, die in einer früheren Beschäftigung außerhalb des öffentlichen Dienstes sogenannte Vordienstzeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung der alten Bundesländer zurückgelegt haben. Zwar werden gemäß § 42 Abs. 2 Satz 1 a aa VBLS solche Vordienstzeiten anders als in der DDR zurückgelegte Beschäftigungszeiten bei der Ermittlung der gesamtversorgungsfähigen Zeit - zur Hälfte - berücksichtigt. Dies können jedoch jedenfalls die erst ab 1. Januar 1997 Pflichtversicherten nicht mit Erfolg beanstanden. Denn bei ihnen ist die 60monatige Wartezeit (§ 38 Abs. 1 VBLS) nicht erfüllt. Die Erfüllung der Wartezeit ist, wie sich aus § 37 Abs. 1 VBLS ergibt, eine für alle Pflichtversicherten gleichermaßen geltende Voraussetzung eines Anspruchs auf Versicherungsleistungen der Beklagten. Dadurch soll die Versichertengemeinschaft in generalisierender Weise vor ungerechtfertigter Inanspruchnahme ohne entsprechende Mindestbeitragsleistung geschützt werden (vgl. Berger/Kiefer/Langenbrinck, Das Versorgungsrecht für die

Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes, Stand Juni 2002 § 38 VBLS Anm. 1; Gilbert/Hesse, Die Versorgung der Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes, Stand August 2002 § 38 VBLS Anm. 1). Das entspricht der Regelung in der gesetzlichen Rentenversicherung und ist sachlich nicht zu beanstanden.
Ein Anspruch auf ausnahmsweise Befreiung von dem Wartezeiterfordernis aus Gründen der Gleichbehandlung steht der Klägerin nicht zu. Das gilt auch mit Rücksicht darauf, daß nach dem Beitritt der neuen Bundesländer für sie trotz Zugehörigkeit zum öffentlichen Dienst Umlageleistungen des Arbeitgebers an die Beklagte bis zum 1. Januar 1997 nicht möglich waren. Denn in der Entscheidung über den Zeitpunkt der Einführung der Zusatzversorgung im Tarifgebiet Ost sowie hinsichtlich der wesentlichen Einführungsbedingungen waren die Tarifpartner nicht gebunden. Nach dem Einigungsvertrag sollte im Zuge einer schrittweisen Angleichung der Lebensverhältnisse mittelfristig auch das Niveau der Altersversorgung in Ost und West angeglichen werden (vgl. Art. 30 Abs. 5 Satz 3 EV). Gemäß Art. 20 EV in Verbindung mit Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschn. III Nr. 1 Abs. 1 gelten die für den öffentlichen Dienst im übrigen Bundesgebiet bestehenden Arbeitsbedingungen jedoch erst, "wenn und soweit die Tarifvertragsparteien dies vereinbaren".
(3) Dem Berufungsgericht ist im Übrigen darin zuzustimmen, daß § 105b VBLS die Gruppe der Klägerin gegenüber anderen Pflichtversicherten insofern sogar besser stellt, als sie trotz nicht erfüllter Wartezeit eine Leistung erhalten. § 105b VBLS ist eine in den Tarifverhandlungen unter dem Begriff der Härteregelung behandelte Sondervorschrift für Arbeitnehmer im Beitrittsgebiet (vgl. Kiefer, Zeitschrift für Tarifrecht 1996,

97, 100). Daß die Klägerin eine höhere Leistung nicht beanspruchen kann, ist als Folge ihrer Biographie ebenso schicksalhaft wie die Situation der früheren Rentenjahrgänge, die anders als sie überhaupt keine Chance mehr hatten, Zugang zu einem Zusatzversorgungssystem West zu finden (vgl. auch BVerfGE aaO 46).
3. Da die angegriffenen Satzungsbestimmungen nicht gemäß § 9 AGBG unwirksam sind, liegt entgegen der Auffassung der Revision auch keine Regelungslücke vor, die durch eine ergänzende Vertragsauslegung im Sinne des Leistungsbegehrens der Klägerin geschlossen werden könnte (vgl. dazu BGHZ 139, 333, 339 f.).
4. Schließlich kann die Klägerin auch aus den Grundsätzen von Treu und Glauben nichts zu ihren Gunsten herleiten. Die ab 1. Januar 1997 Pflichtversicherten konnten nach der Satzung der Beklagten zu keinem Zeitpunkt ein gemäß § 242 BGB schützenswertes Vertrauen darauf bilden, daß diese ihre DDR-Beschäftigungszeiten bei der Ermittlung der Zusatzversorgung berücksichtigen werde (vgl. dazu Senatsurteil vom 27. September 2000 - IV ZR 140/99 - VersR 2000, 1530 unter II). Denn die ihr nachteilig erscheinenden Bestimmungen über das Wartezeiterfordernis und den Ausschluß der Berücksichtigung von in der DDR zurückgelegten Rentenversicherungszeiten waren zu diesem Zeitpunkt bereits in Kraft.

5. Den auf Gewährung einer Versicherungsrente unter Berücksichtigung ihrer gesamten Beschäftigungszeiten gerichteten Hilfsantrag der Klägerin haben die Vorinstanzen aus den vorgenannten Gründen ebenfalls zu Recht abgewiesen.
Terno Dr. Schlichting Ambrosius
Wendt Felsch

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 14


(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der All

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(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

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für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 17. Januar 2002 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 6. Juli 2001 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat auch die weiteren Kosten des Verfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt eine höhere Versorgungsrente von der Beklagten , weil sie § 40 Abs. 2 Buchst. a ee der Satzung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (im folgenden: VBLS) für unwirksam hält.

Die Klägerin war seit 1. Januar 1986 über ihren Arbeitgeber bei der Beklagten pflichtversichert. Sie erhält seit dem 23. Februar 2000 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (gesetzliche Rentenversicherung). Für deren Berechnung sind bei der Klägerin Dienstzeiten außerhalb der Bundesrepublik Deutschland in der Zeit vom 20. August 1962 bis zum 31. Mai 1983 berücksichtigt worden, in denen ihre Pflichtbeiträge nicht an die heute verpflichteten Versicherungsträger im Bundesgebiet gezahlt worden sind. Grundlage dafür, daß auch diese Beitragszeiten berücksichtigt werden, ist das Fremdrenten- und Auslandsrentengesetz (ursprünglich vom 7. August 1953, BGBl. I S. 848, im folgenden: FRG) mit seinen späteren Änderungen, insbesondere zur Gleichstellung der Vertriebenen durch Art. 1 des Fremdrenten- und Auslandsrenten - Neuregelungsgesetzes vom 25. Februar 1960 (BGBl. I S. 93, im folgenden: FANG). Die dadurch eingeführte Gleichstellung mit der einheimischen Bevölkerung wurde zunächst durch Art. 14 Nr. 20 Buchst. a und b des Renten-Überleitungsgesetzes vom 25. Juli 1991 (BGBl. I S. 1606, im folgenden: RÜG) geändert , indem für Dienstzeiten, in denen keine Beiträge an die jetzigen Träger der Rentenversicherung bezahlt worden sind, die für die Rentenberechnung maßgeblichen Entgeltpunkte durch Multiplikation mit dem Faktor 0,7 gekürzt wurden. Diese Kürzung betraf die Klägerin allerdings nicht, da sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt schon vor dem 1. Januar 1991 in den alten Bundesländern hatte (Art. 6 § 4 Abs. 5 Buchst. a FANG i. d. F. des Art. 15 Nr. 2 Buchst. e RÜG BGBl. I S. 1697). Insoweit trat auch durch das Rentenüberleitungs-Ergänzungsgesetz vom 24. Juni 1993 (BGBl. I S. 1038) noch keine Änderung ein. Erst durch das Wachstums - und Beschäftigungsförderungsgesetz vom 25. September 1996 (BGBl. I S. 1461, 1471 f., im folgenden: WFG) wurden nicht nur der für

Fremdrentenzeiten anzuwendende Kürzungsfaktor noch weiter auf 0,6 vermindert (Art. 3 Nr. 4 Buchst. b, der § 22 Abs. 4 FRG ändert), sondern auch die bisher (nach Art. 6 § 4 Abs. 5 Buchst. a FANG) bestehende Ausnahme für Berechtigte, die vor dem 1. Januar 1991 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in den alten Bundesländern genommen hatten, gestrichen (Art. 4 Nr. 4 WFG, der in Art. 6 FANG einen neuen § 4 c einfügt). Diese die Klägerin belastende Neuregelung trat bereits rückwirkend ab 7. Mai 1996 in Kraft (Art. 12 Abs. 2 WFG).
Daraufhin änderte auch die Beklagte ihre Satzung. In der Fassung der 30. Satzungsänderung vom 26. Juni 1997 lautet § 40 VBLS (mit Wirkung bereits ab 7. Mai 1996, §§ 1 Nr. 6 a und 2 (1) Buchst. e der Änderungssatzung , Bundesanzeiger Nr. 176 vom 19. August 1997):
Höhe der Versorgungsrente für Versicherte (1) Als monatliche Versorgungsrente wird der Betrag gewährt , um den die Summe der in Absatz 2 genannten Bezüge hinter der nach §§ 41 bis 43 b errechneten Gesamtversorgung zurückbleibt. (2) Bezüge im Sinne des Absatzes 1 sind
a) die Rente wegen Alters (§ 33 Abs. 2 SGB VI) oder wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (§ 33 Abs. 3 Nr. 1 und 2 SGB VI) aus der gesetzlichen Rentenversicherung in der Höhe, in der sie für den Monat des Beginns der Versorgungsrente (§ 62) geleistet wird oder zu leisten wäre, wenn... ee) sie nicht nach Artikel 6 § 4 Abs. 6 FANG oder nach § 22 Abs. 4 FRG vermindert wäre. .......

Danach zog die Beklagte für die Berechnung ihrer monatlichen Zusatzrente vom gesamtversorgungsfähigen Entgelt nicht die tatsächlich von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte ausgezahlte (gekürzte ) gesetzliche Rente ab, sondern eine fiktive Rente in ungekürzter Höhe, wie sie die Klägerin ohne die zum 7. Mai 1996 für sie wirksam gewordenen Änderungen des FANG und des FRG zu erwarten gehabt hätte. Die Beklagte leistet eine monatliche Versorgungsrente von nur 442,72 DM (statt 723, 36 DM).
Demgegenüber beansprucht die Klägerin eine Versorgungsrente, die die volle Differenz zwischen der gekürzten gesetzlichen Rente und dem gesamtversorgungsfähigen Entgelt ausgleicht. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben. Dagegen wendet sich die Beklagte mit der zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat Erfolg und führt zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
1. Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist die Benachteiligung der Bezieher von Fremdrenten aufgrund der Änderungen des FANG und des FRG gegenüber anderen gesetzlich Versicherten durch sachliche Erwägungen gerechtfertigt und daher rechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte , die sich in § 14 VBLS Änderungen ihrer Satzung vorbehalten hat, sei nicht verpflichtet, die Kürzung der ohne tatsächliche Beitragszahlungen gewährten Beitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung

durch eine entsprechend höhere Zusatzversorgung auszugleichen. Das sei den öffentlichen Arbeitgebern, die an der Beklagten beteiligt sind und sie finanziell tragen, nicht zuzumuten. Die Leistungen aus der Zusatzversorgung selbst seien durch die Kürzungen der gesetzlichen Rente nicht verringert worden.
Die Beklagte könne sich der Klägerin gegenüber nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) jedoch nicht auf die Neuregelung in ihrer Satzung berufen. Denn die Beklagte habe in § 40 Abs. 1 VBLS nicht eine Zusatzversorgung versprochen, sondern die Aufstockung der gesetzlichen Altersversorgung bis zum Betrag einer nach §§ 41 ff. VBLS errechneten Gesamtversorgung. Im Zeitpunkt der 30. Satzungsänderung sei die Klägerin bereits 10 Jahre bei der Beklagten versichert gewesen und habe das 55. Lebensjahr überschritten gehabt. Sie habe deshalb darauf vertrauen dürfen, daß die Beklagte ihre Zusatzversorgung nicht nachträglich erheblich kürzen werde. Dieses Vertrauen sei noch dadurch bestärkt worden, daß die Beklagte auf die für andere Fremdrentenberechtigte schon vor Erlaß des WFG vom 25. September 1996 eingeführten Kürzungen der gesetzlichen Rente nicht reagiert habe. Die Klägerin sei 1997 zu alt gewesen, um die neu eingeführten Kürzungen durch Eigenvorsorge auszugleichen. Eine differenzierte Übergangsregelung fehle in der Satzung der Beklagten.
2. Diesen auf die Grundsätze von Treu und Glauben gestützten Erwägungen folgt der Senat nicht. Die Beklagte verspricht in § 40 ihrer Satzung nicht generell eine Aufstockung der Bezüge aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf eine Gesamtversorgung, sondern lediglich eine durch zahlreiche Einzelheiten näher bestimmte Zusatzversorgung.


a) Bei der Satzung der Beklagten handelt es sich um privatrechtli- che Allgemeine Geschäftsbedingungen, die, weil sie Versicherungen regeln , Allgemeine Versicherungsbedingungen sind. Sie finden auf die Gruppenversicherungsverträge Anwendung, die von den beteiligten Arbeitgebern (als Versicherungsnehmern) mit der Beklagten (als Versicherer ) zugunsten der bezugsberechtigten Versicherten, der Arbeitnehmer, abgeschlossen worden sind (st. Rspr., vgl. BGHZ 142, 103, 106 f.; BVerfG NJW 2000, 3341 unter II 2 a, c).

b) Für die Auslegung Allgemeiner Versicherungsbedingungen kommt es auf das Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers an; für die Satzung der Beklagten als einer Gruppenversicherung zugunsten der betroffenen Versicherten ist nach deren Verständnis zu fragen (BGH, Urteil vom 27. September 2000 - IV ZR 140/99 - VersR 2000, 1530 unter II 2; BGHZ 103, 370, 383). Die Klägerin kann dem Wortlaut des § 40 Abs. 1 VBLS zunächst entnehmen, daß eine Versorgungsrente versprochen wird, die zusätzlich zur gesetzlichen Rente geleistet werden soll. Für die Höhe dieser Zusatzrente kommt es zwar auf den Betrag an, um den anderweit zu erwartende Bezüge hinter der nach der Satzung der Beklagten zu bestimmenden Gesamtversorgung zurückbleiben. Schon sprachlich richtet sich das Versprechen aber auf die Zusatzrente und nicht auf die - lediglich als Element der Berechnung dienende - Gesamtversorgung. Ebenso wie für die Höhe dieser Gesamtversorgung auf §§ 41 - 43 b der Satzung verwiesen wird, nimmt § 40 Abs. 1 VBLS auch bezüglich der abzuziehenden anderweiten Versorgungsbezüge auf deren nähere Bestimmung in Abs. 2 der Vorschrift Bezug. Dort sind Altersrenten und Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung nicht ohne weiteres als Abzugsbe-

trag für die Errechnung der Zusatzversorgung bestimmt worden, sondern nur unter Berücksichtigung zahlreicher, unter Doppelbuchstaben im einzelnen aufgelisteter Sonderregelungen. Daß stets der tatsächlich aus der gesetzlichen Rentenversicherung ausgezahlte Betrag zugrunde gelegt und durch die Versorgungsrente der Beklagten aufgestockt werde, wie die Klägerin meint, läßt sich dem Wortlaut des § 40 VBLS also nicht entnehmen.
Für eine Auslegung der Satzung in diese Richtung fehlen auch sonst hinreichende Anhaltspunkte. Zwar ergab sich für die Klägerin bis zur 30. Satzungsänderung vom 26. Juni 1997 aus der Satzung der Beklagten nicht, daß eine Kürzung ihrer gesetzlichen Rente etwa wegen der Fremdrentenanteile von der Beklagten nicht ausgeglichen werden würde. Für einen derartigen Hinweis gab es auch keinen Anlaß, so lange der Klägerin eine ungekürzte gesetzliche Rente zustand. Umgekehrt fehlte jedoch in der Satzung jeder positive Anhaltspunkt dafür, daß die Beklagte derartige Kürzungen, wenn sie für die gesetzliche Rente eingeführt würden, von sich aus ausgleichen werde. Ein solcher Anhaltspunkt ließ sich insbesondere nicht dem Umstand entnehmen, daß die Beklagte in ihrer Satzung für Personen wie die Klägerin den Ausgleich der vollen Differenz zwischen ihrem Anspruch auf die noch ungekürzte gesetzliche Rente und der Gesamtversorgung versprach.

c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt es nicht darauf an, daß für andere, durch das FRG begünstigte Personengruppen schon aufgrund des RÜG vom 25. Juli 1991 Kürzungen der gesetzlichen Rente wirksam geworden waren, ohne daß die Beklagte darauf zunächst reagiert und den Abzug der gesetzlichen Rente in der vor dieser Kürzung

bestehenden Höhe in ihrer Satzung vorgeschrieben hätte. Daraus konnte die Klägerin nichts zu ihren Gunsten herleiten, weil sie von diesen Kürzungen nicht betroffen war. Dem WFG vom 25. September 1996 hat die Beklagte bereits 9 Monate später Rechnung getragen durch ihre 30. Satzungsänderung vom 26. Juni 1997, in der ein Ausgleich der Kürzungen der gesetzlichen Rente ausgeschlossen wurde. Diese Reaktion war zeitnah; ein Vertrauen, daß die Beklagte ihre Satzung nicht wie geschehen anpassen werde, konnte schon deshalb nicht begründet werden.
Vor allem konnte ein durchschnittlicher Versicherter wie die Klägerin redlicherweise nicht erwarten, daß die Beklagte über die von ihr zugesagte Zusatzversorgung hinaus grundsätzlich jede Kürzung der gesetzlichen Rente, auch wenn die Beklagte sie nicht veranlaßt und nicht zu vertreten hatte, aus eigenen Mitteln ausgleichen oder in ihren Auswirkungen durch Übergangsregelungen abmildern werde. Dies gilt jedenfalls für die durch das FRG beabsichtigte Gleichstellung in der Bundesrepublik lebender Berechtigter ohne Rücksicht auf deren Herkunft mit der einheimischen Bevölkerung. Dieses Anliegen des Gesetzgebers hat nichts mit den Aufgaben der Beklagten zu tun, den in der Bundesrepublik tätigen und hier von ihren öffentlichen Arbeitgebern bei der Beklagten versicherten Arbeitnehmern über die gesetzliche Rentenversicherung hinaus eine zusätzliche Versorgung zu gewähren.
3. Aus diesem Grund hält § 40 Abs. 2 Buchst. a ee VBLS einer Inhaltskontrolle stand (§ 9 AGBG). Daß sich die Beklagte auf diese Neuregelung beruft, verstößt auch nicht gegen Treu und Glauben. Der hier zu beurteilende Fall unterscheidet sich wesentlich von dem Senatsurteil

vom 27. September 2000 (aaO), in dem es um eine für den Versicherten nachteilige Satzungsänderung des von der Beklagten selbst zunächst zugesagten Umfangs der gesamtversorgungsfähigen Zeit ging. Die von der Klägerin angegriffene Satzungsänderung verletzt auch ihre Grundrechte aus Art. 3 Abs. 1 und 14 Abs. 1 GG nicht. Denn die Beklagte hat mit ihrer Satzung keine rechtlich geschützte Vertrauensposition auf eine bestimmte Gesamtversorgung unabhängig von der Höhe der gesetzlichen Rente und deren Fortbestand begründet.
4. Ob die Kürzung der gesetzlichen Rente der Klägerin wirksam ist, bedarf hier keiner Entscheidung. Der 4. Senat des Bundessozialgerichts hat wegen einer Verletzung von Art. 3 und 14 GG das Bundesverfassungsgericht angerufen (vgl. Soziale Sicherheit 2000, 289 ff.). Sollte sich die Kürzung nicht als wirksam erweisen, hätte die Klägerin möglicherweise eine höhere Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung

zu beanspruchen. An der Zusatzversorgung der Beklagten, die sich oh- nehin an der ursprünglich zu erwartenden, ungekürzten gesetzlichen Rente orientiert, würde sich dadurch nichts ändern.
Terno Dr. Schlichting Ambrosius
Wendt Felsch

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.