Bundesgerichtshof Urteil, 27. Sept. 2004 - II ZR 321/03

published on 27/09/2004 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 27. Sept. 2004 - II ZR 321/03
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 321/03 Verkündet am:
27. September 2004
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 27. September 2004 durch die Richter Prof. Dr. Goette,
Dr. Kurzwelly, Kraemer, Münke und Dr. Strohn

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird, unter Zurückweisung im übrigen, das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe - 14. Zivilsenat in Freiburg - vom 30. Dezember 2002 teilweise aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Offenburg vom 30. November 2000 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Reduzierung des Rückzahlungsanspruchs der Beklagten das Darlehen aus dem Vertrag vom 25. April 1997, Kreditnummer 3, betrifft.
Auf die Anschlußberufung der Kläger wird die Beklagte unter Abweisung der weitergehenden Zinsforderung verurteilt, an die Kläger 7.584,48 € (= 14.833,96 DM) nebst 4 % Zinsen seit dem 24. März 2000 zu zahlen Zug um Zug gegen Abtretung ihrer Beteiligung an der G.-GbR, S. Straße 7 und 9, D., Fonds Nr. 14.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Kläger verlangen von der beklagten Bank die Erstattung von Zinsen, die sie auf ein Darlehen gezahlt haben, mit dem sie ihren Beitritt zur G.-GbR, S. Straße 7 und 9, D., Fonds Nr. 14 (im folgenden: Fonds, Fondsgesellschaft) finanzierten. Außerdem begehren sie die Feststellung, daß sie der Beklagten auf Grund des Kreditvertrages keine weiteren Leistungen mehr schulden.
Die Kläger unterzeichneten am 12. Februar 1992 eine "Beitrittserklärung" zu dem Fonds. Darin verpflichteten sie sich zum Beitritt und boten einem Rechtsanwalt M. F. den Abschluß eines auf die Verwendung der einzuzahlenden Gelder bezogenen Treuhandvertrages nebst gesonderter Vollmacht an.
Die Fondsgesellschaft war von der Do. GmbH und deren Geschäftsführer W. Gr. gegründet worden. Gesellschaftszweck war der Erwerb, die Bebauung, wirtschaftliche Ausnutzung und Verwaltung des Grundstücks S. Straße 7 und 9 in D.. Die Einlage der Kläger sollte 30.000,00 DM betragen und in vollem Umfang mit einem von der Beklagten zu gewährenden, durch Abtretung einer Lebensversicherung gesicherten Kredit finanziert werden. Dementsprechend unterzeichneten die Kläger am 28. Februar 1992 einen Darlehensvertrag, durch den ein ihnen von der Beklagten bereits gewährter Kredit zur Finanzierung ihrer Fondsbeteiligung um 35.400,00 DM aufgestockt wurde. Im April 1997 schlossen die Parteien unter Beibehaltung der der Beklagten gewährten Sicherheiten einen für die Kläger zinsgünstigeren Folgevertrag, mit dem das ursprüngliche Darlehen abgelöst wurde.
In der Folgezeit konnten die in dem Fondsprospekt veranschlagten und von der Do. GmbH für die Dauer von fünf Jahren garantierten Mieten nicht erwirtschaftet werden. Die Do. GmbH stellte im Juni 1996 ihre Zahlungen ein. Ein Konkursantrag wurde mangels Masse abgelehnt. Der Initiator des Fonds, W. Gr., wurde 1999 wegen Kapitalanlagebetrugs in vier Fällen, u.a. hinsichtlich des Fonds 14, rechtskräftig verurteilt. Er hatte sich oder der Do. GmbH ohne Wissen der Anleger von der Grundstücksverkäuferin und Bauträgerin, der Dom. GmbH, einen Teil der in dem Fondsprospekt für den Erwerb und die Bebauung des Grundstücks veranschlagten 9,2 Mio. DM, nämlich etwa 4,3 Mio. DM, zurückzahlen lassen. Auf diese Weise war von dem insgesamt aufgebrachten Kapital des Fonds in Höhe von 12,25 Mio. DM weniger als die Hälfte in das Bauvorhaben geflossen.
Die Kläger verlangen von der Beklagten mit ihrer am 24. März 2000 zugestellten Klage Rückzahlung geleisteter Zinsen von 14.833,96 DM Zug um Zug gegen Abtretung ihres Fondsanteils, hilfsweise ihres Abfindungsanspruchs. Außerdem wollen sie die Feststellung erwirken, daß sich der Darlehensrückzahlungsanspruch der Beklagten um 35.400,00 DM reduziert. Während des Rechtsstreits haben sie mit Schreiben vom 10. Juli 2000 die Kündigung ihrer Mitgliedschaft in der Fondsgesellschaft erklärt.
Das Landgericht hat dem Feststellungsbegehren stattgegeben und die Zahlungsklage abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage unter Zurückweisung der Anschlußberufung der Kläger insgesamt abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre Klageforderungen weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet und führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückweisung der Berufung der Beklagten gegen das landgerichtliche Urteil und zur Verurteilung der Beklagten gemäß dem Zahlungsantrag der Kläger. I. Die Kläger brauchen der Beklagten den Betrag von 35.400,00 DM nicht zurückzuzahlen und haben gegen sie einen Anspruch auf Rückgewähr ihrer bereits geleisteten Zinszahlungen. Das ergibt sich aus § 9 Abs. 3, Abs. 2 Satz 4 VerbrKrG in seiner hier anzuwendenden bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung.
1. Das Berufungsgericht hat gemeint, den Klägern sei ein Einwendungsdurchgriff nach § 9 Abs. 3 VerbrKrG jedenfalls deshalb versagt, weil ein Schadensersatzanspruch der Kläger aus Verschulden bei Vertragsschluß wegen Täuschung durch den Initiator bei ihrem Fondsbeitritt mangels wirksamer, weil verspätet geltend gemachter außerordentlicher Kündigung der Fondsmitgliedschaft nicht mehr durchsetzbar sei. Das hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand.
2. Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 21. Juli 2003 (II ZR 387/02, ZIP 2003, 1592, 1593 f.; ebenso Urteile v. 14. Juni 2004 - II ZR 393/02, ZIP 2004, 1394, 1396 und II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402, 1405, sowie BGH, Urt. v. 23. September 2003 - XI ZR 135/02, WM 2003, 2232, 2233 f.) entschieden hat, finden auf einen Kredit zur Finanzierung einer Beteiligung an einer Anlagegesellschaft gemäß § 9 Abs. 4 VerbrKrG die Vorschriften des § 9 Abs. 1-3 VerbrKrG Anwendung, weil der Beitritt nach seinem wirtschaftlichen Zweck und wegen der Schutzbedürftigkeit des Anlegers einem Vertrag über eine entgeltli-
che Leistung gleichzustellen ist. Der Beitritt der Kläger zur Fondsgesellschaft und der zu seiner Finanzierung geschlossene Darlehensvertrag der Parteien sind ein verbundenes Geschäft i.S. von § 9 Abs. 1 VerbrKrG. Dessen Voraussetzungen liegen nach der Rechtsprechung des Senats vor, wenn sich die Fondsgesellschaft und die Bank derselben Vertriebsorganisation bedienen (vgl. Sen.Urt. v. 21. Juli 2003 - II ZR 387/02, ZIP 2003, 1592, 1594; v. 14. Juni 2004 - II ZR 393/02, ZIP 2004, 1394, 1396, 1398 und II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402, 1405). Das war hier der Fall. Die Beklagte hat ihre Vertragsformulare dem von den Fondsinitiatoren eingeschalteten Vermittlungsunternehmen zur Verfügung gestellt.
Der Annahme eines Verbundgeschäftes steht, anders als das Berufungsgericht gemeint hat, nicht entgegen, daß die Parteien am 25. April 1997 einen Folgevertrag zu dem Darlehensvertrag vom Februar 1992 - zu für die Kläger günstigeren Konditionen - geschlossen hatten. Mit dem "neuen" Kredit wurde zwar das Darlehen von 1992 abgelöst. Der Sache nach handelte es sich jedoch nur um eine Anschlußfinanzierung, die den von Anfang an bestehenden Verbund zwischen Beitritt und Kreditgewährung nicht entfallen ließ.
3. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts können die Kläger sich, ohne daß es auf die Kündigung ihrer Fondsmitgliedschaft und deren vom Berufungsgericht - zu Unrecht - angenommene Verspätung (vgl. Sen.Urt. v. 21. Juli 2003 - II ZR 387/02, ZIP 2003, 1592, 1594 f.; wegen des Verwirkungseinwands vgl. Sen.Urt. v. 14. Juni 2004 - II ZR 374/02, ZIP 2004, 1407, 1408 f.) ankäme, der Beklagten gegenüber nach § 9 Abs. 3 VerbrKrG darauf berufen, daß ihnen gegen die Gründungsgesellschafter des Fonds, die Do. GmbH und W. Gr., Schadensersatzansprüche u.a. aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluß zustehen (vgl. Sen.Urt. v.
10. Oktober 1994 - II ZR 95/93, ZIP 1994, 1851, 1852). Die Verjährungseinrede greift - abgesehen von der verspäteten Geltendmachung (BGHZ 1, 234, 239) - nicht durch, weil die Verjährungsfrist in diesem Falle dreißig Jahre betrug (§ 195 BGB a.F.).

a) Wie der Senat in seinen Urteilen vom 14. Juni 2004 (II ZR 393/02, ZIP 2004, 1394, 1400 und II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402, 1406) entschieden hat, kann der bei seinem Eintritt in eine Fondsgesellschaft getäuschte Anleger bei Vorliegen eines Verbundgeschäfts nicht nur seine Beteiligung kündigen und die daraus folgenden Ansprüche auch der Bank entgegenhalten, sondern darüber hinaus dem Kreditinstitut alle Ansprüche entgegensetzen, die er gegen die Prospektverantwortlichen und Gründungsgesellschafter des Fonds hat, weil diese in dem Dreiecksverhältnis des Verbundgeschäfts Kunde - Verkäufer - Bank wie ein Verkäufer zu behandeln sind. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist W. Gr. wegen Kapitalanlagebetrugs, u.a. im Zusammenhang mit dem hier betroffenen Fonds 14, rechtskräftig verurteilt worden. Anhaltspunkte dafür, daß die Verurteilung zu Unrecht erfolgt sein könnte oder gerade die Kläger nicht zu den Betrugsopfern gehört haben könnten, sind nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich.

b) Die gegenüber den Gründungsgesellschaftern des Fonds bestehenden Schadensersatzansprüche sind darauf gerichtet, den Anleger so zu stellen, als wäre er der Fondsgesellschaft nicht beigetreten und hätte mit dem den Beitritt finanzierenden Institut keinen Darlehensvertrag geschlossen (Sen.Urt v. 14. Juni 2004 - II ZR 393/02, ZIP 2004, 1394, 1400 und II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402, 1406).
Danach brauchen die Kläger der Beklagten nur die Fondsbeteiligung, die sie ihr bereits sicherungshalber abgetreten haben, bzw. ihren Abfindungsanspruch sowie in entsprechender Anwendung von § 255 BGB ihre Schadensersatzansprüche gegen die Do. GmbH und W. Gr. zu überlassen. Die Darlehensvaluta, die in Höhe von 35.400,00 DM dem Anteilserwerb diente, brauchen sie der Beklagten dagegen nicht zurückzuzahlen. Im Wege des Rückforderungsdurchgriffs entsprechend § 9 Abs. 2 Satz 4 VerbrKrG (vgl. Sen.Urt. v. 21. Juli 2003 - II ZR 387/02, ZIP 2003, 1592, 1595) können sie von der Beklagten Rückgewähr der Zinszahlungen von 14.833,96 DM verlangen , die nach ihrer unbestrittenen Darstellung aus ihrem Vermögen aufgebracht wurden und den zur Finanzierung ihres Fondbeitritts dienenden Kreditanteil von 35.400,00 DM betrafen.
II. Damit erweist sich die Revision der Kläger - bis auf eine geringfügige Zuvielforderung von Zinsen, nämlich für die Zeit vom 29. April 1999 bis 23. März 2000 - als begründet. Mit Rücksicht auf den erst im Berufungsverfahren vorgetragenen Abschluß eines Folgevertrages für den Kreditvertrag vom Februar 1992, der, wie ausgeführt, ebenso wie der erste Vertrag Teil des verbundenen Geschäfts ist, war der Feststellungsausspruch des Landgerichts da-
hin zu korrigieren, daß er den Rückzahlungsanspruch der Beklagten aus dem Folgevertrag betrifft.
Goette Kurzwelly Kraemer
Münke Strohn
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Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

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published on 14/06/2004 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 395/01 Verkündet am: 14. Juni 2004 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:
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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 387/02 Verkündet am: 21. Juli 2003 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja
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published on 15/11/2004 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 375/02 Verkündet am: 15. November 2004 Boppel Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGH
published on 23/11/2004 00:00

Tenor 1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 27.02.2004 (8 O 523/03) wird zurückgewiesen. 2. Die Widerklage der Beklagte
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Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

Wer für den Verlust einer Sache oder eines Rechts Schadensersatz zu leisten hat, ist zum Ersatz nur gegen Abtretung der Ansprüche verpflichtet, die dem Ersatzberechtigten auf Grund des Eigentums an der Sache oder auf Grund des Rechts gegen Dritte zustehen.