vorgehend
Landgericht Augsburg, 8 O 4006/09, 23.02.2010
Oberlandesgericht München, 27 U 230/10, 06.10.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
II ZR 201/10
Verkündet am:
18. September 2012
Stoll
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der gegen einen Treugeber gerichtete Anspruch auf Leistung der Einlage steht unmittelbar der Gesellschaft zu,
wenn der - in den Treuhandvertrag einbezogene - Gesellschaftsvertrag eine unmittelbare Verpflichtung der
Treugeber vorsieht und ihnen im Innenverhältnis die Stellung eines unmittelbaren Gesellschafters einräumt.
BGH, Urteil vom 18. September 2012 - II ZR 201/10 - OLG München in Augsburg
LG Augsburg
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. September 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann,
den Richter Dr. Strohn, die Richterinnen Caliebe und Dr. Reichart sowie den
Richter Sunder

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 27. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München - Zivilsenate in Augsburg - vom 6. Oktober 2010 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Beklagte trat mit Beitrittserklärung vom 24. Juli 1999, die am 11. August 1999 angenommen wurde, über die Treuhandkommanditistin P. GmbH der Klägerin bei, einem Immobilienfonds in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft. Er übernahm eine Gesamteinlage von 20.000 DM zuzüglich 5 % Agio; darauf waren ab dem 1. September 1999 190 Monatsraten zu 105 DM (53,69 €) zu leisten. Der Beklagte zahlte lediglich die Raten bis ein- schließlich August 2006.
2
Der Gesellschaftsvertrag (Anlage BK 2 - künftig: GV) der Klägerin, der in den Treuhandvertrag zwischen der Beklagten und der P.
GmbH als dessen Bestandteil einbezogen wurde, enthält u.a. folgende Regelungen : § 5 Haft-/Festkapital, variables Kapital … 2. Die Treugeber der Treuhandkommanditistin sind zur Barleistung ihrer Gesamteinlage (Haft-/Festkapital und variables Kapital) verpflichtet. Die Barleistung hat innerhalb von zehn Tagen ab Annahme des Treuhandvertragsangebotes auf das Gesellschaftskonto zu erfolgen, soweit nicht die Erbringung der Gesamteinlage nach einem Einzahlungsplan vereinbart wurde.
§ 6 Rechtsstellung der treuhänderisch beteiligten Gesellschafter … 2. Im Innenverhältnis der Gesellschafter untereinander werden die Treugeber, für die die Treuhandkommanditistin die Gesellschaftsbeteiligungen treuhänderisch hält, wie unmittelbar beteiligte Gesellschafter behandelt. … …
§ 17 Beteiligung am Vermögen und am Ergebnis, Ausschüttungen … 3. Für Gesellschafter oder Treugeber, die ihre Einlage nach einem mit der Gesellschaft vereinbarten Einzahlungsplan (mindestens 60 Monatsraten) leisten , gilt statt Abs. 2 folgende Regelung: Mit wirksamem Beitritt ist der Gesellschafter oder Treugeber entsprechend den Einzahlungen auf die bedungene Gesamteinlage mit je vollen DM 1.000 gemäß Abs. 1 am Vermögen der Gesellschaft beteiligt. … … Wird der Einzahlungsplan nicht nach den vereinbarten Bedingungen be- dient (§ 22 Abs. 1 e), ohne dass der Gesellschafter oder Treugeber aus der Gesellschaft ausscheidet, so wird seine Gesamteinlage herabgesetzt. Die herabgesetzte Gesamteinlage entspricht der Summe der auf die Gesamteinlage geleisteten Einzahlungen, vermindert um den Unterschiedsbetrag zwischen den ursprünglich vereinbarten und den herabgesetzten Belastungen auf dem Kapitalkonto III aus Aufwendungen der Treuhandkommanditistin und persönlichen Werbungskosten des Treugebers, abgerundet auf den nächsten durch 500 teilbaren Betrag. Der Rundungsbetrag wird dem Gesell- schafter oder Treugeber erstattet. …
Die gleiche Regelung gilt, wenn der Gesellschafter oder Treugeber die Befreiung von der Verpflichtung künftiger Einzahlungen beantragt. Dies ist frühestens sieben Jahre nach Leistung der ersten Einzahlung auf die Gesamteinlage möglich. …
§ 21 Dauer der Gesellschaft, Kündigung … 3. Die Kündigung eines Kommanditisten oder Treugebers ist im Falle der wirtschaftlichen Not nach einer Mindestbeteiligungsdauer von fünf Jahren möglich. Als wirtschaftliche Not gilt insbesondere schwere Krankheit, Berufsunfähigkeit oder Arbeitslosigkeit von mehr als einem Jahr. Diese Kündigungsmöglichkeit gilt nicht bei ratenweiser Einbringung der Einlagen. Auf die Möglichkeit der Befreiung von künftigen Einzahlungsverpflichtungen gem. § 17 Abs. 3 wird verwiesen. …
§ 22 Ausscheiden von Gesellschaftern 1. Ein Kommanditist oder Treugeber scheidet aus der Gesellschaft aus, wenn …
e) der vereinbarte Einzahlungsplan nicht vertragsgerecht erfüllt wird und die Summe der Einzahlungen auf die Gesamteinlage geringer ist als die Summe der auf dem Kapitalkonto III belasteten Aufwendungen und Kosten zuzüglich DM 2.500. Ein Einzahlungsplan gilt als abgebrochen, wenn der Anleger am 31.12. eines Vertragsjahres mit mehr als insgesamt fünf vereinbarten Einlageraten in Rückstand ist und dieser Rückstand einschließlich Zinsen und Nebenkosten nicht bis zum 31.12. des Folgejahres ausgeglichen wird. …
§ 22a Sonderbestimmungen für Einzahlungspläne … 2. Die mit der Gesellschaft vereinbarten Einzahlungen sind jeweils am 1. eines Kalendermonats fällig. Kommt der Treugeber mit den vereinbarten Zahlungen von Einlagen in Verzug, so schuldet er der Fondsgesellschaft für jeden
angefangenen Monat des Verzuges einen Verzugszins von 1%. Bei Rücklastschriften hat der Anleger zusätzlich zu den Bankgebühren die bei der Fondsgesellschaft anfallenden Kosten, mindestens jedoch je DM 20,00 zu tragen. Für die vollständige oder teilweise Rückabwicklung des Beteiligungsverhältnisses im Falle des Vertragsbruchs stellt die Fondsgesellschaft eine Bearbeitungsgebühr in Höhe von 1,5% der vereinbarten Gesamteinlage in Rechnung. Bei Vertragsbruch schuldet der Anleger der Fondsgesellschaft in jedem Fall das Agio von 5% der vereinbarten Gesamteinlage sowie die auf seine Beteiligung entfallenden Aufwendungen der Gesellschaft, der Treuhandkommanditistin sowie die persönlichen Werbungskosten gemäß Investitionsplan. Hierdurch wird sichergestellt, dass die Mitgesellschafter nicht durch die Folgen eines Vertragsbruchs belastet werden. … Anfallende Kosten oder Verzugszinsen werden den Einlagezahlungen entnommen. Die Einzahlungsdauer verlängert sich entsprechend.
3
Die Klägerin beansprucht die von September 2006 bis Dezember 2008 angefallenen Raten in Höhe von insgesamt 1.503,32 € zuzüglich Zinsen und Rücklastschriftkosten. Der Beklagte hat sich insbesondere darauf berufen, dass die Einstellung der Ratenzahlung nach § 17 Nr. 3 GV zur Herabsetzung der Gesamteinlage auf die bisher geleisteten Einzahlungen geführt habe, so dass keine weitere Zahlungspflicht bestehe.
4
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die auf eine Herabset- zung der Beteiligung auf 3.500 € gerichtete Widerklage abgewiesen. Das Beru- fungsgericht hat die Klage abgewiesen und unter Abweisung der weitergehenden Widerklage festgestellt, dass die Beteiligung des Beklagten an der Klägerin auf 2.250 € herabgesetzt sei und keine Zahlungspflichten des Beklagten mehr bestünden. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, mit der sie ihr Zahlungsbegehren und ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Widerklage weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:


5
Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg.
6
I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
7
Die Klägerin könne die Zahlung ausstehender Raten nicht beanspruchen , da ihr die Aktivlegitimation fehle. Der Beklagte sei nicht Gesellschafter der Klägerin, sondern lediglich Treugeber mit der Folge, dass gesellschaftsvertragliche Ansprüche der Klägerin gegen ihn auf Zahlung der Einlage nicht bestünden.
8
Auf die Widerklage sei neben dem Nichtbestehen weiterer Zahlungsansprüche , für die die Klägerin schon nicht aktivlegitimiert sei, die Herabsetzung der Beteiligung des Beklagten an der Klägerin festzustellen. Insoweit billige der Gesellschaftsvertrag dem Beklagten als Treugeber unmittelbare Rechte und Ansprüche gegen die Gesellschaft zu. Die gesellschaftsvertraglich vorgesehene Herabsetzung der Gesamteinlage hänge nicht von einer Entscheidung der Klägerin ab. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 17 Nr. 3 GV, auf den die Gesellschafter und Treugeber vertrauen könnten, erfolge die Herabsetzung unter den dort genannten Voraussetzungen ohne weiteres Zutun der Klägerin oder des Treugebers. Diese Sichtweise werde dadurch bestätigt, dass der Gesellschaftsvertrag keine Regelung darüber enthalte, welche Stelle über die Herabsetzung entscheiden solle. Die herabgesetzte Beteiligung belaufe sich allerdings nach der detaillierten Berechnung der Klägerin, der der Beklagte nicht substantiiert entgegengetreten sei, lediglich auf 2.250 €.
9
II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
10
1. Die Klägerin kann allerdings entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ausstehende Einlagezahlungen aus eigenem Recht einfordern.
11
Nach dem Gesellschaftsvertrag werden die Treugeber im Innenverhältnis wie unmittelbar beteiligte Gesellschafter behandelt (§ 6 Nr. 2 GV). Demzufolge haben sie im Innenverhältnis zur Klägerin die Stellung eines unmittelbaren Gesellschafters (Quasi-Gesellschafter) erlangt. Daraus ergeben sich einerseits unmittelbar gegen die Gesellschaft bestehende Rechte der Treugeber; andererseits können gesellschaftsrechtliche Verpflichtungen im Innenverhältnis die Treugeber unmittelbar treffen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Oktober 2011 - II ZR 242/09, ZIP 2011, 2299 Rn. 15 ff.). Vor diesem Hintergrund ist den einschlägigen Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages (§ 5 Nr. 2, § 22a GV) zu entnehmen, dass der gegen einen Treugeber gerichtete Anspruch auf Leistung der Gesamteinlage der Gesellschaft aus eigenem Recht zusteht.
12
2. Die Abweisung der Klage und die Feststellung des Berufungsgerichts, es bestünden keine weiteren Zahlungspflichten des Beklagten, stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf weitere Einlagezahlungen ab dem 1. September 2006 zu.
13
a) Wie das Berufungsgericht in anderem Zusammenhang rechtsfehlerfrei angenommen hat, ist die Gesamteinlage des Beklagten gemäß § 17 Nr. 3 GV auf einen Betrag herabgesetzt, der der Summe der auf die Einlage geleisteten Einzahlungen, vermindert um die in § 17 Nr. 3 GV aufgeführten Abzugspositionen , entspricht.
14
aa) Die in § 17 Nr. 3 GV genannten Voraussetzungen für die Herabsetzung der Gesamteinlage sind erfüllt. Erforderlich ist nach dieser Vertragsbestimmung , dass der Einzahlungsplan nicht nach den vereinbarten Bedingungen bedient wurde (§ 22 Abs. 1 Buchst. e GV), ohne dass der Treugeber (deshalb) aus der Gesellschaft ausgeschieden ist.
15
Der Beklagte hat den Einzahlungsplan nicht nach den vereinbarten Bedingungen bedient. Nach § 22 Nr. 1 Buchst. e GV, auf den in § 17 Nr. 3 GV Bezug genommen wird, gilt ein Einzahlungsplan als abgebrochen, wenn der Anleger am 31. Dezember eines Vertragsjahres mit mehr als insgesamt fünf vereinbarten Einlageraten in Rückstand ist und dieser Rückstand einschließlich Zinsen und Nebenkosten nicht bis zum 31. Dezember des Folgejahres ausgeglichen wird. Diese Voraussetzung ist im Streitfall nach dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt zum 31. Dezember 2008 eingetreten.
16
Der Beklagte ist auch nicht aus der Gesellschaft ausgeschieden. Nach § 22 Nr. 1 Buchst. e Satz 1 GV führt die nicht vertragsgerechte Erfüllung des Einzahlungsplans zum Ausscheiden des Kommanditisten oder Treugebers, wenn die Summe der geleisteten Einzahlungen geringer ist als die Summe der auf dem Kapitalkonto III belasteten Aufwendungen und Kosten zuzüglich 2.500 DM. Die Einzahlungen des Beklagten übersteigen diesen Wert, wie die zur Höhe der abgesenkten Beteiligung vorgenommenen Berechnungen ergeben.
17
bb) Die Herabsetzung der Gesamteinlage ist nicht von einer Entscheidung der Klägerin abhängig, wie die Revision meint. Das Berufungsgericht hat den Gesellschaftsvertrag in diesem Punkt zutreffend ausgelegt.
18
Der Gesellschaftsvertrag der Klägerin als einer Publikumsgesellschaft ist nach seinem objektiven Erklärungsbefund nur anhand des schriftlichen Vertrages auszulegen (BGH, Urteil vom 5. Juli 2011 - II ZR 199/10, ZIP 2011, 1865 Rn. 14 m.w.N.). Diese Auslegung kann das Revisionsgericht selbständig vornehmen (BGH, Urteil vom 19. Juli 2011 - II ZR 300/08, ZIP 2011, 1657 Rn. 46 m.w.N.). Offen bleiben kann, ob die Bereichsausnahme des § 23 Abs. 1 AGBG bzw. des § 310 Abs. 4 BGB nF im Hinblick auf die Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. L 95 vom 21. April 1993, Seite 29-34) nicht eingreift, wenn sich Verbraucher an Publikumsgesellschaften beteiligen, oder aber Gesellschaftsverträge von Publikumsgesellschaften weiterhin einer ähnlichen Auslegung und Inhaltskontrolle (§ 242 BGB) wie Allgemeine Geschäftsbedingungen unterliegen (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2011 - II ZB 6/09, ZIP 2012, 117 Rn. 50; Urteil vom 23. April 2012 - II ZR 211/09, ZIP 2012, 1231, Rn. 45 - jeweils m.w.N.). Denn schon nach §§ 133, 157 BGB ist dem Gesellschaftsvertrag - unabhängig von der Anwendbarkeit des § 5 AGBG (§ 305c Abs. 2 BGB nF) - aus der Sicht eines durchschnittlichen Anlegers zu entnehmen, dass die Herabsetzung der Gesamteinlage nicht der Zustimmung der Klägerin bedarf.
19
(1) Nach dem Wortlaut des § 17 Nr. 3 GV („… so wird seine Gesamteinlage herabgesetzt“) ist die Herabsetzung der Gesamteinlage die zwingende Folge eines nicht zum Ausscheiden aus der Gesellschaft führenden Abbruchs des Einzahlungsplans. Besondere Umstände, die in Anwendung allgemein anerkannter Grundsätze zu einem hiervon abweichenden Auslegungsergebnis führen könnten, liegen nicht vor. Die vom Berufungsgericht für richtig gehaltene Auslegung ist interessengerecht und fügt sich in die Systematik des Gesellschaftsvertrages der Klägerin widerspruchsfrei ein.
20
(2) Die Revision beruft sich ohne Erfolg darauf, dass eine Herabsetzung der Einlage, die der Gesellschafter durch Nichtzahlung der vereinbarten Raten selbst herbeiführen könne, einem vorweggenommenen Forderungserlass oder -verzicht durch die Klägerin gleichkomme (so auch OLG München, Urteil vom 18. August 2010 - 20 U 2303/10, juris Rn. 14).
21
Allerdings ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gerade bei Erklärungen, die als Verzicht, Erlass oder in ähnlicher Weise rechts- vernichtend gewertet werden sollen, das Gebot einer interessengerechten Auslegung zu beachten und den der Erklärung zugrundeliegenden Umständen besondere Bedeutung beizumessen. Wenn feststeht oder davon auszugehen ist, dass eine Forderung entstanden ist, verbietet dieser Umstand im Allgemeinen die Annahme, der Gläubiger habe sein Recht einfach wieder aufgeben wollen. Selbst bei eindeutig erscheinender Erklärung des Gläubigers darf ein Verzicht deshalb nicht angenommen werden, ohne dass bei der Feststellung zum erklärten Vertragswillen sämtliche Begleitumstände berücksichtigt worden sind (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 15. Januar 2002 - X ZR 91/00, WM 2002, 822, 824; Urteil vom 7. März 2006 - VI ZR 54/05, NJW 2006, 1511 Rn. 10, jeweils m.w.N.).
22
Ein vergleichbarer Sachverhalt liegt im Streitfall indes nicht vor. Denn hier geht es nicht um die Auslegung einer Erklärung, durch die ein zuvor erworbenes Recht wieder aufgegeben worden sein soll. Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Beteiligungsraten wurde nicht zeitlich vor der in § 17 Nr. 3 GV geregelten Begrenzung dieses Anspruchs begründet; er war von Anfang an nach Maßgabe des § 17 Nr. 3 GV beschränkt. Somit befanden sich die Klägerin und ihre Gesellschafter in dem für die Auslegung maßgebenden Zeitpunkt des Beitritts des Beklagten gerade nicht in der Lage eines Gläubigers, dessen Willenserklärung darauf zu prüfen ist, ob er auf ein ihm bereits zustehendes Recht verzichtet. Ferner hat die Einstellung der Ratenzahlungen nach der vom Berufungsgericht befürworteten Auslegung nicht nur die für den Gesellschafter rein vorteilhafte Folge, keine weiteren Beteiligungsraten zahlen zu müssen. Vielmehr wirkt sich die Herabsetzung der Gesamteinlage zugleich zum Nachteil des betroffenen Gesellschafters aus.
23
(3) Ebenfalls unbegründet ist der Einwand der Revision, die in § 22a Nr. 2 GV getroffene Regelung der Verzugsfolgen wäre überflüssig, wenn die Gesamteinlage bei einer Zahlungseinstellung ohne weiteres auf den bis dahin geleisteten Betrag reduziert würde, so dass ein Verzug gar nicht eintreten könnte.
24
Diese Argumentation lässt zum einen die - durch § 22a Nr. 2 GV erfassten - Fälle außer Acht, in denen die Zahlungen nach zwischenzeitlicher Säumigkeit wieder aufgenommen werden, so dass es zu einem Abbruch des Einzahlungsplans nicht kommt, oder in denen die Zahlungseinstellung zum Ausscheiden des Gesellschafters führt.
25
Die vertraglichen Verzugsregelungen sind aber auch dann von Bedeutung , wenn die Einstellung der Ratenzahlungen die Herabsetzung der Gesamteinlage zur Folge hat. Die Herabsetzung der Gesamteinlage und die damit verbundene Befreiung von der Verpflichtung zu weiteren Einlagezahlungen tritt erst mit dem Abbruch des Einzahlungsplans nach § 22 Nr. 1 Buchst. e Satz 2 GV ein. Sie ändert nichts daran, dass der Anleger, der seinen Zahlungspflichten nicht nachkommt, gegen den Vertrag verstößt und in Verzug gerät. Allerdings knüpft der Gesellschaftsvertrag an diesen Vertragsverstoß, wenn er zum Abbruch des Einzahlungsplans führt, die in § 17 Nr. 3 GV geregelte Rechtsfolge der Herabsetzung der Gesamteinlage, womit zugleich die Verpflichtung zur Zahlung weiterer Raten endet und die Verpflichtung zur Zahlung der bis dahin noch fällig gewordenen und offen gebliebenen Raten erlischt.
26
(4) Anders als die Revision meint, führt die vom Berufungsgericht befürwortete Auslegung nicht deshalb zu einer gravierenden Ungereimtheit des vertraglichen Regelwerks, weil der Gesellschaftsvertrag dem Anleger, der seine Einlage in Raten erbringt, die Möglichkeit, frühestens nach sieben Jahren seine Befreiung von der Verpflichtung zu künftigen Einzahlungen zu beantragen (§ 17 Nr. 3 GV), nur in Fällen wirtschaftlicher Not einräume (so aber OLG München, Urteil vom 18. August 2010 - 20 U 2303/10, juris Rn. 10, 16).
27
Der Annahme der Revision, das Recht eines Anlegers, sich von den künftigen Einzahlungspflichten befreien zu lassen, sei auf Fälle wirtschaftlicher Not beschränkt, kann nicht gefolgt werden. In § 17 Nr. 3 GV ist eine solche Einschränkung nicht vorgesehen. Sie ergibt sich auch nicht aus § 21 Nr. 3 GV. In § 21 GV sind die Dauer der Gesellschaft und das Kündigungsrecht der Anleger geregelt, nicht aber die Herabsetzung der Einlage eines in der Gesellschaft verbleibenden Anlegers. Nach § 21 Nr. 3 Satz 3 GV wird das dort geregelte Kündigungsrecht im Falle wirtschaftlicher Not einem Anleger, der seine Einlage in Raten erbringt, nicht zugestanden. Der daran anschließende Satz „Auf die Möglichkeit der Befreiung von künftigen Einzahlungsverpflichtungen gem. § 17 Abs. 3 wird verwiesen“ stellt keine Regelung dar, insbesondere enthält er keine Änderung oder Einschränkung der Befreiungsmöglichkeit, auf die er verweist. Vielmehr handelt es sich um einen einfachen Hinweis auf eine an anderer Stelle des Gesellschaftsvertrages zu findende Regelung, der entnommen werden mag, dass der Anleger, der seine Einlage in Raten erbringt, infolge der ihm möglichen Begrenzung seiner Ratenzahlungspflicht eines Sonderkündigungsrechts in Fällen wirtschaftlicher Not nicht zwingend bedarf. Hätte neben dem Sonderkündigungsrecht auch die Möglichkeit der Befreiung von künftigen Einzahlungsverpflichtungen auf Fälle wirtschaftlicher Not beschränkt werden sollen , so hätte dies durch eine Verweisung in § 17 Nr. 3 GV auf § 21 Nr. 3 GV zum Ausdruck gebracht werden können - nicht umgekehrt.
28
Allerdings besteht die Möglichkeit der Befreiung von künftigen Einzahlungsverpflichtungen frühestens sieben Jahre nach der ersten Einzahlung, während der Abbruch des Einzahlungsplans schon vor Ablauf dieser Zeitspanne zu einer Herabsetzung der Gesamteinlage führen kann. Darin liegt aber schon deshalb keine systemwidrige Besserstellung des vertragsbrüchigen Gesellschafters , die zu einer vom Wortlaut abweichenden Auslegung des Gesellschaftsvertrages zwingen könnte, weil der Anleger, der seinen Einzahlungs- pflichten nicht nachkommt, hierdurch bedingte Nachteile in Kauf nehmen muss. Nach § 22a Nr. 2 GV schuldet er etwa das unverminderte Agio aus der ursprünglich vereinbarten Gesamteinlage sowie zwischenzeitliche Verzugszinsen, die den Einlagezahlungen zu entnehmen sind.
29
Nach § 17 Nr. 3 GV tritt die in der Herabsetzung der Gesamteinlage bestehende Rechtsfolge sowohl bei einem Abbruch des Einzahlungsplans infolge vertragswidriger Zahlungseinstellung als auch dann ein, wenn der Anleger vertragsgemäß die Befreiung von künftigen Einzahlungsverpflichtungen beantragt. Verhält sich der Anleger vertragsgemäß, so kann das ihm vertraglich zugestandene Recht, die Herabsetzung der Einlage zu erwirken, ersichtlich nicht von einer im Vertragstext nicht vorgesehenen Einwilligung der Gesellschaft abhängen. Aber auch bei einem Abbruch des Einzahlungsplans gilt nichts anderes. Für eine in diesem Punkt differenzierende Auslegung des Gesellschaftsvertrages ist auch deshalb kein Raum, weil die in § 17 Nr. 3 GV gewählte Formulie- rung „Die gleiche Regelung gilt, …“ die Gleichbehandlung beider Fallgestaltun- gen hinsichtlich der Rechtsfolge unmissverständlich festlegt.
30
(5) Auch die Erwägung, die Klägerin benötige eine verlässliche Kalkulationsgrundlage , an der es fehle, wenn Anleger sich durch die Einstellung der vereinbarten Ratenzahlung von ihren Verpflichtungen lösen könnten, führt zu keinem anderen Auslegungsergebnis.
31
Für einen durchschnittlichen Anlageinteressenten war schon nicht ersichtlich , wie viele Anleger die Klägerin werben würde und in welchem Maße sie auf ungeschmälerte Zuflüsse aus Einzahlungsplänen angewiesen war, die insgesamt nur einen (verhältnismäßig geringen) Teil der kalkulierten Einnahmen ausmachten. Vor allem aber hat die Klägerin durch die Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages , der neben der in § 17 Nr. 3 GV eröffneten Möglichkeit einer Herabsetzung der Gesamteinlage in § 24 Nr. 4 GV vorsieht, dass die infolge einer Einstellung der Ratenzahlung ausscheidenden Gesellschafter ein vom aktuellen wirtschaftlichen Wert des Gesellschaftsanteils unabhängiges Auseinandersetzungsguthaben erhalten, den - auch werbewirksamen - Eindruck vermittelt, sie könne es sich leisten, das Risiko der Anleger, die sich im Rahmen begrenzter finanzieller Möglichkeiten nach einem Einzahlungsplan mit überschaubaren Raten beteiligen, sozialverträglich zu beschränken. Daran muss sich die Klägerin festhalten lassen (vgl. auch BGH, Urteil vom 27. November 2000 - II ZR 218/00, ZIP 2001, 243, 245).
32
cc) Der Wortlaut des § 17 Nr. 3 GV, der die Herabsetzung der Gesamteinlage als zwingende Folge eines nicht zum Ausscheiden aus der Gesellschaft führenden Abbruchs des Einzahlungsplans festlegt, lässt lediglich die rechtstechnische Frage offen, ob die Herabsetzung der Einlage automatisch eintritt oder von der - hierzu verpflichteten - Klägerin vorzunehmen ist. Das Berufungsgericht hat insoweit rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Herabsetzung der Einlage bei Erfüllung der Voraussetzungen ohne weiteres eintritt und keiner formalen Umsetzung durch die Klägerin bedarf. Diese Sichtweise trägt dem Interesse beider Parteien Rechnung, unnötige formale Erschwernisse zu vermeiden. Sie harmoniert zudem mit der Regelung in § 22 Nr. 1 Buchst. e GV, die für einen Gesellschafter, der keine für den Verbleib in der Gesellschaft ausreichenden Zahlungen geleistet hat, ein automatisches Ausscheiden aus der Gesellschaft vorsieht.
33
b) Die Herabsetzung der Gesamteinlage nach § 17 Nr. 3 GV hat zur Folge , dass der Gesellschafter oder Treugeber keine weiteren Raten zu leisten hat, da der Betrag der Gesamteinlage für die in § 5 Nr. 2 GV begründete Zahlungspflicht maßgebend ist. Der Gesellschafter ist auch nicht (mehr) verpflichtet , die bis zum Abbruch des Einzahlungsplans fällig gewordenen Raten nachzuentrichten. Denn die vertragliche Regelung legt unmissverständlich fest, dass die herabgesetzte Gesamteinlage im Ausgangsbetrag, von dem sodann noch die in § 17 Nr. 3 GV im Einzelnen geregelten Abzüge vorzunehmen sind, der Summe der auf die Einlage geleisteten Einzahlungen entspricht.
34
3. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht festgestellt, dass die - als Beteiligung bezeichnete - Gesamteinlage des Beklagten an der Klägerin auf 2.250 € herabgesetzt ist. Dieser Betrag ergibt sich aus der eigenen Berechnung der Klägerin. Die Revision erhebt insoweit auch keine Beanstandungen.
Bergmann Strohn Caliebe Reichart Sunder
Vorinstanzen:
LG Augsburg, Entscheidung vom 23.02.2010 - 8 O 4006/09 -
OLG München in Augsburg, Entscheidung vom 06.10.2010 - 27 U 230/10 -

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 561 Revisionszurückweisung


Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 305c Überraschende und mehrdeutige Klauseln


(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 310 Anwendungsbereich


(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermöge

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 705 Inhalt des Gesellschaftsvertrags


Durch den Gesellschaftsvertrag verpflichten sich die Gesellschafter gegenseitig, die Erreichung eines gemeinsamen Zweckes in der durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern, insbesondere die vereinbarten Beiträge zu leisten.

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Bundesgerichtshof Urteil, 30. Jan. 2018 - II ZR 242/16

bei uns veröffentlicht am 30.01.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 242/16 Verkündet am: 30. Januar 2018 Stoll Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2018:300118UIIZR242.16.0

Bundesgerichtshof Urteil, 13. März 2018 - II ZR 243/16

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 243/16 Verkündet am: 13. März 2018 Stoll Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2018:130318UIIZR243.16.0 De

Bundesgerichtshof Urteil, 15. Mai 2018 - II ZR 222/17

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 222/17 Verkündet am: 15. Mai 2018 Kirchgeßner, Amtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2018:150518UIIZR222.17.0 De

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Juli 2013 - IX ZR 198/10

bei uns veröffentlicht am 18.07.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 198/10 Verkündet am: 18. Juli 2013 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 134 Abs. 1; HGB

Referenzen

Durch den Gesellschaftsvertrag verpflichten sich die Gesellschafter gegenseitig, die Erreichung eines gemeinsamen Zweckes in der durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern, insbesondere die vereinbarten Beiträge zu leisten.

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1. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte müsse im Innenverhältnis mangels Gesellschafterstellung für einen - zugunsten der Klägerin revisionsrechtlich zu unterstellenden - Liquidationsfehlbetrag in Höhe ihrer gesellschafterlichen Beteiligung nicht haften, beruht auf einer fehlerhaften Auslegung des Gesellschafts- und Treuhandvertrages.

Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

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aa) Bei der auf Kapitalsammlung ausgerichteten Klägerin mit 3.400 Gesellschaftern handelt es sich um eine Publikumsgesellschaft, so dass der Senat den Gesellschaftsvertrag selbst auslegen kann. Gesellschaftsverträge von Publikumsgesellschaften sind zum Schutz später beitretender Gesellschafter nach dem objektiven Erklärungsbefund nur anhand des schriftlichen Vertrages auszulegen (BGH, Urteil vom 16. November 1981 - II ZR 213/80, ZIP 1982, 54, 55; Urteil vom 7. Juni 1999 - II ZR 278/98, ZIP 1999, 1391, 1393; Urteil vom 4. Juli 2005 - II ZR 354/03, ZIP 2005, 1455, 1456; Urteil vom 11. Januar 2011 - II ZR 187/09, ZIP 2011, 322 Rn. 12; Urteil vom 1. März 2011 - II ZR 16/10, ZIP 2011, 957 Rn. 8), wobei der Text der Beitrittserklärung Berücksichtigung findet (BGH, Urteil vom 5. November 2007 - II ZR 230/06, NJW-RR 2008, 419 Rn. 19).
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b) Den zwischen der GbR und der Beklagten geschlossenen Vereinbarungen lässt sich indes entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts eine solche Beschränkung der Haftung dahingehend, dass Leistungen aus dem Gesellschaftsvermögen oder Erlöse aus dessen Verwertung den Haftungsbetrag des quotal haftenden Gesellschafters unmittelbar verringern, nicht entnehmen. Soweit das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang auch den Gesellschaftsvertrag der GbR heranzieht, kann der Senat die Auslegung selbständig http://www.juris.de/jportal/portal/t/1k9r/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=11&numberofresults=1018&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE306132004&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1k9r/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=11&numberofresults=1018&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE306132004&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1k9r/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=11&numberofresults=1018&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE302982005&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1k9r/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=11&numberofresults=1018&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE302982005&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 22 - vornehmen, da der Gesellschaftsvertrag einer Publikumsgesellschaft objektiv auszulegen ist (st.Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 19. März 2007 - II ZR 73/06, ZIP 2007, 812 Rn. 18; Urteil vom 11. Januar 2011 - II ZR 187/09, ZIP 2011, 322 Rn. 12 m.w.N.; Urteil vom 1. März 2011 - II ZR 16/10, ZIP 2011, 957 Rn. 8). Gleiches gilt für den Fondsprospekt, da dieser über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus verwendet wurde und daher ein Bedürfnis nach einer einheitlichen Auslegung besteht (BGH, Urteil vom 22. März 2007 - III ZR 218/06, ZIP 2007, 871 Rn. 6). Hingegen ist die Auslegung des Darlehensvertrags als Individualvereinbarung zwar grundsätzlich Sache des Tatrichters und revisionsrechtlich nur darauf überprüfbar, ob der Tatrichter gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt oder wesentlichen Auslegungsstoff außer Acht gelassen hat (st.Rspr., siehe nur BGH, Urteil vom 8. November 2004 - II ZR 300/02, ZIP 2005, 82, 83; Urteil vom 7. März 2005 - II ZR 194/03, ZIP 2005, 1068, 1069; Urteil vom 16. März 2009 - II ZR 68/08, ZIP 2009, 880 Rn. 12; Beschluss vom 14. Juni 2010 - II ZR 135/09, ZIP 2010, 1442 Rn. 7). Solche Rechtsfehler sind hier aber gegeben. Die Auslegung des Berufungsgerichts findet im Wortlaut der Vereinbarungen keine hinreichende Stütze und verstößt gegen den Grundsatz der beiderseitigen interessengerechten Auslegung.

(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung.

(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.

(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:

1.
Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;
2.
§ 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte;
3.
bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

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bb) Es bedarf hier keiner Entscheidung darüber, ob die Bereichsausnahme des § 23 Abs. 1 AGBG bzw. des § 310 Abs. 4 BGB nF im Hinblick auf die Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. L 95 vom 21. April 1993, S. 29 – 34) nicht eingreift, wenn sich Verbraucher an Publikumsgesellschaften beteiligen (so OLG Frankfurt, NJW-RR 2004, 991, 992 m.w.N.; OLG Oldenburg, NZG 1999, 896, 897; KG, WM 1999, 731, 733; MünchKommmBGB/Basedow, 5. Aufl., § 310 Rn. 86; Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl., § 310 Rn. 49 m.w.N.; aA Ulmer/Schäfer in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 11. Aufl., § 310 Rn. 120 m.w.N.), oder aber Gesellschaftsverträge von Publikumsgesellschaften weiterhin einer ähnlichen Auslegung und Inhaltskontrolle (§ 242 BGB) wie allgemeine Geschäftsbedingungen unterliegen (vgl. BGH, Urteil vom 14. April 1975 - II ZR 147/73, BGHZ 64, 238, 241 ff.; Urteil vom 27. November 2000 - II ZR 218/00, ZIP 2001, 243, 244; Urteil vom 20. März 2006 - II ZR 326/04, ZIP 2006, 849 Rn. 9). Denn die verjährungsverkürzende Klausel des Gesellschaftsvertrags hält auch einer individualvertraglichen Billigkeitskontrolle gemäß §§ 157, 242 BGB nicht stand, da sie ohne ausreichenden sachlichen Grund einseitig die Belange der Gründungsgesellschafter zu Lasten der berechtigten Interessen der Anlagegesellschafter bevorzugt. Aufgrund der Verkürzung der Verjährung für Schadensersatzansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis auf weniger als fünf Jahre ist die Klausel des Gesellschaftsvertrages unwirksam (vgl. BGH, Urteil vom 14. April 1975 - II ZR 147/73, BGHZ 64, 238, 241 ff.; Urteil vom 20. März 2006 - II ZR 326/04, ZIP 2006, 849 Rn. 9; Urteil vom 13. Juli 2006 - III ZR 361/04, ZIP 2006, 1631 Rn. 14). Die zusätzlich bestimmte Ausschlussfrist , die eine kenntnisabhängige Anmeldung in sechs Monaten verlangt und auch deliktische Ansprüche erfasst, ist zudem wegen Abweichung von § 852 Abs. 1 BGB aF unwirksam (BGH, Urteil vom 20. März 2006 - II ZR 326/04, ZIP 2006, 849 Rn. 9).
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bb) Es bedarf hier keiner Entscheidung darüber, ob die Bereichsausnahme des § 23 Abs. 1 AGBG bzw. des § 310 Abs. 4 BGB nF im Hinblick auf die Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. L 95 vom 21. April 1993, Seite 29-34) nicht eingreift, wenn sich Verbraucher an Publikumsgesellschaften beteiligen (so OLG Frankfurt/M., NJW-RR 2004, 991, 992 m.w.N.; OLG Oldenburg, NZG 1999, 896; KG, WM 1999, 731, 733; MünchKommBGB/Basedow, 5. Aufl., § 310 Rn. 86; Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl., § 310 Rn. 49 m.w.N.; a.A. Ulmer/Schäfer in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 11. Aufl., § 310 Rn. 120 m.w.N.), oder ob Gesellschaftsverträge von Publikumsgesellschaften weiterhin einer ähnlichen Auslegung und Inhaltskontrolle (§ 242 BGB) wie Allgemeine Geschäftsbedingungen unterliegen (BGH, Urteil vom 14. April 1975 - II ZR 147/73, BGHZ 64, 238, 241 ff.; Urteil vom 27. November 2000 - II ZR 218/00, ZIP 2001, 243, 244; Urteil vom 20. März 2006 - II ZR 326/04, ZIP 2006, 849 Rn. 9; kritisch MünchKommHGB/Grunewald, 3. Aufl., § 161 Rn. 124 f.). Denn die verjährungsverkürzende Klausel hält auch einer individualvertraglichen Billigkeitskontrolle gemäß §§ 157, 242 BGB nicht stand, da sie ohne ausreichenden sachlichen Grund einseitig die Belange der Gründungsgesellschafter zu Lasten der berechtigten Interessen der Anlagegesellschafter bevorzugt. Aufgrund der Verkürzung der Verjährung für Schadensersatzansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis auf weniger als fünf Jahre ist die Klausel unwirksam (BGH, Urteil vom 14. April 1975 - II ZR 147/73, BGHZ 64, 238, 241 f.; Urteil vom 20. März 2006 - II ZR 326/04, ZIP 2006, 849 Rn. 9; Urteil vom 13. Juli 2006 - III ZR 361/04, ZIP 2006, 1631 Rn. 14).

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 91/00 Verkündet am:
15. Januar 2002
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Selbst bei eindeutig erscheinender Erklärung des Gläubigers darf ein Verzicht
nicht angenommen werden, ohne daß bei der Feststellung zum erklärten Vertragswillen
sämtliche Begleitumstände berücksichtigt worden sind.
BGH, Urt. v. 15. Januar 2002 - X ZR 91/00 - KG Berlin
LG Berlin
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. Januar 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis
und die Richter Prof. Dr. Jestaedt, Scharen, Keukenschrijver und Asendorf

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das am 3. April 2000 verkündete Urteil des 24. Zivilsenats des Kammergerichts im Kostenausspruch und insoweit aufgehoben, als die Klage auch in Höhe eines Betrages von 10.442,63 Euro (20.424,-- DM, Anl. K 15, Position 4 nebst Mehrwertsteuer - GA I 109) nebst 12,5% Zinsen seit Klagezustellung abgewiesen worden ist.
Der Rechtsstreit wird insoweit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin beteiligte sich an einer Ausschreibung des Beklagten und erhielt den Auftrag (im folgenden: ursprünglicher Vertrag) zur Lieferung, Auf-
stellung und Installation eines Novell-Netzwerks für die Abteilung Volksbildung des Bezirksamts W.. Dabei vereinbarten die Parteien die Geltung der Besonderen Vertragsbedingungen-Kauf (BVB-Kauf) sowie, daß der Beklagte wegen nicht ausreichender Haushaltsmittel die u.a. ausgeschriebenen Verkabelungsarbeiten in eigener Zuständigkeit durchführe.
Bei der Ausführung des Auftrags kam es zu Verzögerungen und Unstimmigkeiten. Unter dem 26. August 1994 wies die Klägerin auf viele durch Veränderungen des Systems verursachte Probleme hin, die sie "schon seit sechs Monaten ständig" habe "beheben" müssen, und forderte die Unterzeichnung eines Wartungsvertrags. Mit Schreiben vom 1. September 1994 teilte die Klägerin dem Beklagten sodann im Zusammenhang mit der bevorstehenden Begutachtung ihrer Leistungen durch einen Sachverständigen mit:
"Wie gestern telefonisch vereinbart entstehen dem Bezirksamt W. keine Kosten für den Gutachter.
Nur für den Fall, daß das Bezirksamt W. Technik Soft- und Hardware und Installation nicht anerkennt und den BVB-Vertrag nicht erfüllt, kann ... Schadensersatz geltend gemacht werden.
Wie Sie wissen, haben wir von vornherein jegliche Fehler (PC 18 Supervisor, Printserver, Netzwerkkarten, Installation von Windows mit 2 bzw. 4 MB, nicht angeschlossenes Netzwerkkabel , Umtausch der Netzwerkkarte, Kabeltopologie, Multiconnecttreiber , Prisma-Office-Update vom DOS von 6.0 auf 6.2,
Einbauen einer Festplatte), die an unseren Systemen eingebaut wurden, ohne Probleme und bisher auch ohne Kosten beseitigt."
Am 9. November 1994 erklärte der Beklagte die Abnahme der von der Klägerin erbrachten Leistung. Die nach dem ursprünglichen Vertrag vorgesehene Vergütung wurde bis auf einen hier nicht mehr interessierenden Rest bezahlt.
Unter dem 21. November 1995 erteilte die Klägerin eine weitere Rechnung , die sich über sechs Positionen verhält. Als Position 4 verlangte die Klägerin für in einer beigefügten Aufstellung aufgeschlüsselte 148 Stunden an zusätzlicher Leistung in der Zeit vom 28. Januar bis 17. August 1994 einen Betrag von 20.424,-- DM (einschl. MwSt.).
Mit ihrer am 23. September 1997 zugestellten Zahlungsklage hat die Klägerin u.a. die Positionen 1 und 3 bis 6 dieser Rechnung und für die Jahre 1994 bis 1997 ein Wartungsentgelt gerichtlich geltend gemacht.
Das Landgericht hat der Klage unter Abweisung im übrigen teilweise entsprochen. Es hat die Positionen 1 und 3 der Rechnung vom 21. November 1995 für begründet erachtet, die Position 4 hingegen nur in Höhe eines Teilbetrages von 9.384,-- DM; insoweit habe die Klägerin dargelegt, daû 1994 aufgewendete Arbeitsstunden als Mehrleistung nur deswegen erforderlich gewesen seien, weil der Beklagte eine inkompatible Verkabelung verlegt habe. Ein Wartungsentgelt hat das Landgericht der Klägerin nur für das Jahr 1994 zugebilligt.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt und auf Grund des behaupteten Wartungsvertrages einen weiteren Betrag verlangt. Der Beklagte hat sich der Berufung angeschlossen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung - auch im Umfang der Klageerweiterung - zurückgewiesen; die Anschluûberufung hatte hingegen im wesentlichen Erfolg. Nach Auffassung des Berufungsgerichts kann die Klägerin lediglich einen Betrag von 2.318,40 DM (Positionen 1 u. 3 der Rechnung vom 21. November 1995) nebst Zinsen verlangen.
Wegen der Zurückweisung ihres Begehrens im übrigen hat die Klägerin Revision eingelegt. Der Senat hat die Revision nur angenommen, soweit mit dem Rechtsmittel ein Betrag von 20.424,-- DM nebst Zinsen weiterverfolgt wird.
Die Klägerin beantragt,
im Umfang der Revisionsannahme das angefochtene Urteil aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an sie weitere 10.442,63 Euro nebst 12,5 % Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen.
Der Beklagte bittet um Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe


1. Da die zulässige Revision im Übrigen nicht angenommen worden ist, ist nur noch darüber zu entscheiden, ob die Klägerin - wie von ihr mit Position 4
der Rechnung vom 21. November 1995 verlangt - für die in der Anlage zu diesem Schreiben aufgelisteten Arbeiten den berechneten Betrag von 10.442,63 Euro (= 20.424,-- DM) - nebst Zinsen - als Entgelt für Leistungen beanspruchen kann, die nicht bereits im Rahmen des ursprünglichen Vertrags zu erbringen waren und deshalb mit der insoweit vereinbarten und bezahlten Vergütung abgegolten sind. Diese Frage hat das Berufungsgericht verneint. Das hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
2. Mangels tatrichterlicher Feststellungen hierzu ist bei dieser Überprüfung davon auszugehen, daû die Klägerin in der Zeit vom 28. Januar bis 17. August 1994 die in der Anlage zur Rechnung vom 21. November 1995 aufgelisteten und in der ebenfalls zu den Gerichtsakten gereichten Aufstellung gemäû Anlage K 14 näher bezeichneten Leistungen tatsächlich erbracht hat, die ergänzende Hardwareinstallationen, Softwareinstallationen, Besprechungen , Beseitigung von sogenannten Manipulationen am Netz, Gerätetests usw. betrafen. Diese Leistungen haben im wesentlichen werkvertraglichen Charakter und ihre Erbringung durch einen Unternehmer kann normalerweise nur gegen eine Vergütung erwartet werden. Dies hat zur Folge, daû die Klägerin jedenfalls die übliche Vergütung verlangen kann (§ 631 Abs. 1, 2, § 632 Abs. 1, 2 BGB in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung - im folgenden: a.F.), wenn sie diese Leistungen jeweils dem Wunsche des Beklagten entsprechend neben der Erfüllung des ursprünglichen Vertrages und damit auf konkludent geschaffener neuer vertraglicher Grundlage erbracht hat.
3. Diese Voraussetzung hat das Berufungsgericht nicht festzustellen vermocht, weil die Klägerin nicht im einzelnen unter Beweisantritt dargetan habe , daû es sich bei den in der Anlage zur Rechnung vom 21. November 1995
im einzelnen bezeichneten Arbeiten um zusätzliche Leistungen gehandelt habe , die über die Erfüllung des ursprünglichen Vertrags, insbesondere die Beseitigung bei der Erfüllung dieses Vertrags aufgetretener Fehler hinausgingen.
Diese Bewertung ist nicht prozeûordnungsgemäû zustande gekommen. Zu Recht rügt die Revision, das Berufungsgericht habe dabei wiederholte Darlegungen der Klägerin übersehen und das angefochtene Urteil enthalte keine Begründung, warum das Berufungsgericht selbst im Hinblick auf die Leistungen einen Zusatzauftrag nicht als dargetan erachtet habe, für die das Landgericht der Klägerin ein zusätzliches Entgelt zugesprochen habe. Jedenfalls für einen Groûteil der Werkleistungen, von denen revisionsrechtlich davon auszugehen ist, daû sie erbracht worden sind, kann dem schriftsätzlichen Vorbringen der Klägerin ohne weiteres eine schlüssige Darstellung entnommen werden, daû die Arbeiten weder im ursprünglichen Vertrag vereinbart waren noch einer im Rahmen dieses Vertrages geschuldeten Mängelgewährleistung dienten. Da das Berufungsgericht im Tatbestand des angefochtenen Urteil festgehalten hat, daû die Klägerin zur Begründung der beanspruchten Vergütung im einzelnen unter Beweisantritt vorgebracht habe, daû sie die betreffenden Mehrleistungen jeweils auf Wunsch und in Erfüllung zusätzlicher Forderungen des Beklagten erbracht habe, kann mithin die Bewertung des Berufungsgericht, das Vorbringen der Klägerin sei unsubstantiiert, keinen Bestand haben.

a) Die Klägerin hat beispielsweise schriftsätzlich geltend gemacht, der erste Installationsversuch sei gescheitert, weil der Beklagte einen anderen Kabeltyp verlegt habe als ursprünglich vorgesehen. Durch Einbau und Tests von neuen Netzwerkkarten sei zusätzlicher Zeitaufwand entstanden. Dies weist Arbeiten, die laut Anlage K 14 am 28. Januar, 25. Februar, 4., 17., 24. und
31. März 1994 erbracht worden sind, dem Bereich der zusätzlich zu vergütenden zu. Denn die Klägerin brauchte ohne entsprechenden Hinweis seitens des Beklagten nicht damit zu rechnen, daû die Verkabelung nicht wie vorgesehen ausgeführt werde. Mehraufwendungen, die durch diese Änderung entstanden sind, waren mithin vom ursprünglichen Vertrag nicht umfaût. Das Landgericht hat der Klägerin die auf die genannten Positionen entfallende Vergütung demgemäû auch zugesprochen. Das Berufungsurteil läût nicht erkennen, weshalb es diese Bewertung für falsch hält.

b) Die Klägerin hat auûerdem behauptet, der Beklagte habe zusätzliche Hard- und Software bestellt bzw. verlangt, daû die Netzwerkeinbindung von Geräten anders vorgenommen werde als ursprünglich vorgesehen. Das steht in erkennbarer Beziehung zu Leistungen, die laut Anlage K 14 am 8. März, 7. und 18. April, 25. Mai, 6. Juni, 12. Juli sowie 4. August 1994 erbracht worden sind, und läût ebenfalls einen zusätzlichen Vergütungsanspruch als entstanden erscheinen. Wenn der Beklagte nachträglich zusätzliche Geräte oder eine andere Einstellung von Netzwerkparametern begehrte, war auch dies vom ursprünglichen Auftrag nicht umfaût. Das Berufungsgericht durfte sich angesichts dessen nicht damit begnügen, den Vortrag der Klägerin pauschal als unsubstantiiert zu bewerten. Es hätte ihm vielmehr nachgehen, dann aber auch den Einwendungen des Beklagten Rechnung tragen müssen, wonach in einigen Fällen vereinbart gewesen sei, nur das Material ohne Arbeitszeit habe gezahlt werden sollen, der in Rechnung gestellte Aufwand sei zu hoch oder Änderungen seien rechtzeitig abgestimmt worden und hätten deshalb keinen Mehraufwand verursacht.

c) Ein Groûteil des übrigen Aufwandes (Leistungen vom 8. und 11. April, 1., 2., 13., 21., 24., 29. und 30. Juni, 6. und 27. Juli, 2., 12. und 17. August 1994 der Anlage K 14) ist nach Behauptung der Klägerin überdies dadurch entstanden, daû Mitarbeiter der Beklagten eigenmächtig die Netzwerkkonfiguration verändert haben, was zu Fehlern geführt habe. Die Klägerin habe den entsprechenden Zeitaufwand benötigt, um die Fehler aufzufinden und zu beheben. Auch dieser Vortrag macht einen zusätzlichen Vergütungsanspruch schlüssig. Der Beklagte war nicht befugt, die Konfiguration des Netzwerks eigenmächtig zu ändern. Zumindest seine zur Vertragsabwicklung eingesetzten Mitarbeiter waren insoweit seine Erfüllungsgehilfen im Sinne von § 278 Satz 1 BGB. Für aus ihren eigenmächtigen Änderungen resultierende Mängel und deren Behebung hat deshalb im Zweifel der Beklagte einzustehen. Gemäû § 16 Nr. 2 der zwischen den Parteien vereinbarten Besonderen Vertragsbedingungen (BVB-Kauf, veröffentlicht u.a. in GMBl. 1974, 326 ff.), die der Senat als allgemeine Geschäftsbedingungen selbst auslegen kann (vgl. BGHZ 7, 365, 368; BGHZ 105, 24, 27), weil sie als öffentlichen Auftraggebern in Bund und Ländern zur Verwendung vorgegebene Regeln in Bezirken mehrerer Oberlandesgerichte angewendet werden, war der Beklagte als Auftraggeber verpflichtet , Änderungen an der Anlage der Klägerin als Auftragnehmerin rechtzeitig anzuzeigen. Daû dies geschehen sei, ist nicht festgestellt. Nach Abs. 3 der genannten Regel erlosch damit die Gewährleistung für Änderungen, die nicht im Einvernehmen mit dem Auftragnehmer durchgeführt wurden, es sei denn, daû ein Mangel erkennbar nicht auf die Änderung zurückzuführen ist.
Ein Anspruch auf zusätzliche Vergütung entfällt entgegen der Meinung des Berufungsgerichts hingegen nicht schon deshalb, weil die Klägerin durch Mitarbeiter des Beklagten vorgenommene Netzwerkmanipulationen durch un-
zureichenden Paûwortschutz erst ermöglicht hat. Zum einen würde ein derartiges Verhalten der Klägerin die von ihr behauptete Veranlassung von Zusatzarbeiten des Beklagten nicht ohne weiteres ausräumen. Unabhängig davon rügt die Revision zu Recht, daû das Berufungsgericht auch zu diesem Streitpunkt den Vortrag der Klägerin nicht ausreichend gewürdigt hat. Die Klägerin hat in der Berufungsbegründung nämlich dargelegt, sie habe eigens ein Paûwort eingerichtet und dieses nur auf Verlangen des für die Vertragsabwicklung zuständigen Mitarbeiters des Beklagten an diesen bekannt gegeben. Die sog. Supervisor -Rechte, mit deren Hilfe die in Streit stehenden Veränderungen vorgenommen worden seien, habe dann ein Mitarbeiter der Beklagten vergeben.
4. Ob eine Vergütungspflicht auch für weitere der aufgelisteten Arbeiten als schlüssig dargetan anzunehmen ist, kann für die revisionsrechtliche Überprüfung des angefochtenen Urteils dahinstehen. Bereits nach dem bisher Ausgeführten ist revisionsrechtlich davon auszugehen, daû der Klägerin wegen der Arbeiten in der Zeit vom 28. Januar bis 17. August 1994 ein zusätzlicher Vergütungsanspruch entstanden ist. Unter diesen Umständen kann auch die Feststellung des Berufungsgerichts keinen Bestand haben, ein Anspruch der Klägerin sei wegen eines negativen Schuldanerkenntnisses i. S. v. § 397 Abs. 2 BGB ausgeschlossen.
Das Berufungsgericht hat insoweit ausgeführt, in dem nach dem 17. August 1994 an den Beklagten gerichteten Schreiben vom 1. September 1994 habe die Klägerin in Kenntnis, daû ihr wegen der erbrachten Leistungen möglicherweise ein Vergütungsanspruch gegen den Beklagten zustehe, anerkannt , daû insoweit ein Schuldverhältnis nicht bestehe. Denn aus dem Inhalt
des Schreibens gehe klar hervor, daû die Klägerin für die im einzelnen bezeichneten Tätigkeiten eine besondere Vergütung nicht beanspruchen wolle.
Diese Begründung ist nicht tragfähig, wie die Revision zu Recht geltend macht. Ein eindeutig auf einen Verzichtswillen der Klägerin hindeutender Wortlaut ist nicht gegeben. Die Formulierung "bisher auch ohne Kosten", aus der das Berufungsgericht seine Bewertung herzuleiten scheint, besagt zunächst nur, daû für die aufgeführten Tätigkeiten in der Vergangenheit nichts berechnet worden ist. Für die Feststellung, daû die Klägerin auch in Zukunft nichts habe verlangen wollen und dies auch erklärt habe, hätte es deshalb zusätzlicher Anhaltspunkte bedurft. Hiermit hat sich das Berufungsgericht jedoch nicht befaût, obwohl nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gerade bei Erklärungen, die als Verzicht, Erlaû oder in ähnlicher Weise rechtsvernichtend gewertet werden sollen, das Gebot einer interessengerechten Auslegung beachtet werden muû und die der Erklärung zugrundeliegenden Umstände besondere Bedeutung haben (neuerdings wieder BGH, Urt. v. 10.5.2001 - VII ZR 356/00, NJW 2001, 2325). Wenn feststeht oder davon auszugehen ist, daû eine Forderung entstanden ist, verbietet dieser Umstand im allgemeinen die Annahme, der Gläubiger habe sein Recht einfach wieder aufgegeben (Sen.Urt. v. 18.4.1989 - X ZR 85/88, NJW-RR 1989, 1373, 1374; ebenso BGH, Urt. v. 16.11.1993 - XI ZR 70/93, NJW 1994, 379, 380; ähnlich - "strenge Anforderungen" - BGH, Urt. v. 22.6.1995 - VII ZR 118/94, NJW-RR 1996, 237). Das bildet in solchen Fällen die Ausnahme. Selbst bei eindeutig erscheinender Erklärung des Gläubigers darf ein Verzicht deshalb nicht angenommen werden, ohne daû bei der Feststellung zum erklärten Vertragswillen sämtliche Begleitumstände berücksichtigt worden sind.
Zu ihnen gehört im vorliegenden Fall, daû - wie aus dem ersten Satz des Schreibens vom 1. September 1994 hervorgeht - damals eine Begutachtung der von der Klägerin erbrachten Leistungen durch einen Sachverständigen bevorstand. Das konnte - auch für den Beklagten erkennbar - Grund für die Klägerin sein, das Ergebnis dieser Überprüfung erst einmal abzuwarten, bevor sie über die Vergütungsforderung disponierte. Die Erklärung der Klägerin, bisher keine Kosten für die genannten Arbeiten berechnet zu haben, könnte deshalb durchaus in ihrem wörtlichen Sinne und als indirekter Hinweis zu verstehen gewesen sein, daû eine nachträgliche Geltendmachung nicht ausgeschlossen sei, zumindest für den Fall, daû der Beklagte auf die anderweitigen Forderungen , insbesondere diejenige nach dem Abschluû eines entgeltpflichtigen Wartungsvertrags nicht eingehen werde. Diese Deutung würde auch im Einklang mit dem Umstand stehen, daû die Klägerin sich im zweiten Satz des Schreibens vom 1. September 1994 Schadensersatzansprüche vorbehalten hat, insoweit also durchaus auf Wahrung ihrer Rechte bedacht war.
5. Das angefochtene Urteil erweist sich im Umfang der Annahme auch nicht aus einem anderen Grund als richtig. Die von dem Beklagten erhobene Verjährungseinrede greift gegenüber dem geltend gemachten zusätzlichen Vergütungsanspruch nicht.
Gemäû § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB a.F. unterliegt diese Forderung einer Verjährungsfrist von zwei Jahren, die gemäû §§ 201, 198 BGB a.F. am Schluû des Jahres beginnt, in dem der Anspruch zur Entstehung gelangte, worunter bei unbedingten Forderungen Fälligkeit zu verstehen ist (z.B. BGHZ 113, 193). Fällig konnte die zusätzliche Vergütung aber nicht werden, bevor die Klägerin sie mit Schreiben vom 21. November 1995 dem Beklagten in Rechnung stellte.
Dies folgt aus § 4 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 BVB-Kauf. Diese Regelung sieht vor, daû der Auftraggeber alle Rechnungen unverzüglich nach Eingang prüft, feststellt und den Betrag erst dann zahlt. Daraus ergibt sich, daû die Klägerin wegen der zusätzlichen Vergütung Zahlungsklage frühestens im Jahre 1995 hätte erheben können. Die hiernach bis zum 31. Dezember 1997 laufende Verjährung ist durch Klageerhebung am 23. September 1997 unterbrochen (§ 209 Abs. 1 BGB a.F.).
6. Die Sache ist deshalb zu weiterer Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, dem auch die Entscheidung über die im Revisionsverfahren entstandenen Kosten zu übertragen ist.
Melullis Jestaedt Scharen
Keukenschrijver Asendorf
10
Hierfür ist jedoch erforderlich, dass über die bloße Kostenabrechnung hinaus mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck kommt, es solle eine materiellrechtlich wirkende Erklärung abgegeben werden. Insoweit kommt es auf die konkreten Umstände des Einzelfalles an. Das Angebot auf Abschluß eines Erlassvertrages muss unmissverständlich erklärt werden (BGH, Urteil vom 10. Mai 2001 - VII ZR 356/00 - NJW 2001, 2325 f.). An die Feststellung eines Verzichtswillens sind strenge Anforderungen zu stellen, er darf nicht vermutet werden (vgl. Senatsurteile vom 20. Dezember 1983 - VI ZR 19/82 - NJW 1984, 1346 f. = VersR 1984, 382 f.; vom 15. Juli 1997 - VI ZR 142/95 - NJW 1997, 3019, 3021 = VersR 1998, 122, 123). Selbst bei einer eindeutig erscheinenden Erklärung des Gläubigers darf ein Verzicht nicht angenommen werden, ohne dass bei der Feststellung zum erklärten Vertragswillen sämtliche Begleitumstände berücksichtigt worden sind (BGH, Urteil vom 15. Januar 2002 - X ZR 91/00 - NJW 2002, 1044, 1046). Darüber hinaus gilt der Grundsatz, dass empfangsbedürftige Willenserklärungen möglichst nach beiden Seiten hin interessengerecht auszulegen sind (BGHZ 131, 136, 138; 146, 280, 284).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 218/00 Verkündet am:
27. November 2000
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 133 (B), 157 (Ga), § 242 (A); HGB § 237; Fassung: 19. Dezember 1985
AGBG § 23 Abs. 1

a) Die von einem Unternehmen für eine Vielzahl von Gesellschaftsverträgen mit
stillen Gesellschaftern vorformulierten Vertragsbedingungen unterliegen
- unabhängig von der Bereichsausnahme des § 23 Abs. 1 AGBG - gem. §§ 157,
242 BGB einer ähnlichen objektiven Auslegung und Inhaltskontrolle wie Allgemeine
Geschäftsbedingungen (vgl. Senat BGHZ 64, 238) und können vom Revisionsgericht
frei ausgelegt werden, soweit sie über den Bezirk eines Oberlandesgerichts
hinaus verwendet wurden. Beides gilt auch für Vertragsbestimmungen
in einem Emissionsprospekt, soweit dessen Inhalt in die (vorformulierten)
Einzelverträge einbezogen ist.

b) Das einem stillen Gesellschafter vertraglich eingeräumte Kündigungsrecht kann
auch ohne ausdrückliche Berufung hierauf ausgeübt werden und schließt die Insolvenzanfechtung
einer Einlagenrückgewähr gemäß § 237 a.F. HGB (jetzt:
§ 136 InsO) auch dann aus, wenn es nach der Kündigung zu einer Auflösungsvereinbarung
kommt, die lediglich das konkretisiert, was der Stille auch ohne sie
aufgrund der Kündigungsregelung im ursprünglichen Vertrag hätte verlangen
können.
BGH, Urteil vom 27. November 2000 - II ZR 218/00 - OLG Schleswig
LG Itzehoe
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. November 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und
die Richter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Henze, Kraemer und die Richterin
Münke

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des SchleswigHolsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 18. Februar 2000 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist Verwalter im Konkurs über das Vermögen der H. Aktiengesellschaft E. , an der sich bis zur Konkurseröffnung am 24. Juli 1997 ca. 38.500 Anleger, darunter der Beklagte, als "stille Gesellschafter" beteiligt hatten. Der Beklagte zeichnete am 28. November 1994 unter Verwendung von Vertragsformularen der Gemeinschuldnerin je eine Beteiligung des Typs A mit einer Einlage von 10.000,-- DM sowie des Typs KAP mit einer in 72 Monatsraten zu zahlenden Einlage von 21.600,-- DM, jeweils zuzüglich 5 % Agio. Nach Zahlung von 10.500,-- DM auf die Beteiligung Typ A und Ratenzahlungen von insgesamt 4.905,-- DM auf die Beteiligung Typ KAP
erklärte er mit Schreiben vom 29. Juli 1996 die Kündigung seiner Beteiligungen , weil er in finanziellen Schwierigkeiten sei. Die Gemeinschuldnerin schloß daraufhin mit dem Beklagten im August/September 1996 je einen schriftlichen "Vertrag zur vorfristigen Auflösung der Beteiligungen" und zahlte dem Beklagten dessen Einlagen mit bestimmten, vereinbarten Abzügen zurück. Er erhielt 9.382,19 DM auf den Typ A sowie 1.649,77 DM auf den Typ KAP. Am 12. Mai 1997 ordnete das Bundesamt für das Kreditwesen gegenüber der Gemeinschuldnerin die unverzügliche Rückzahlung sämtlicher Einlagen des Typs A und KAP an, weil die zugrundeliegenden Verträge als unerlaubte Bankgeschäfte (§§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 32 Abs. 1 Satz 1 KWG) zu qualifizieren seien. Kurz darauf stellte die Gemeinschuldnerin Konkursantrag.
Mit seiner Klage verlangt der Kläger von dem Beklagten im Wege der Konkursanfechtung gemäß § 237 a.F. HGB die Erstattung der an ihn ausbezahlten Beträge mit dem Vortrag, es habe sich nicht um Darlehen, sondern um Einlagen eines stillen Gesellschafters gehandelt, bei deren Rückzahlung der Grund für den späteren Konkurs der Gemeinschuldnerin bereits gelegt gewesen sei. Der Beklagte beruft sich u.a. darauf, daß sich aus dem Emissionsprospekt der Gemeinschuldnerin ein jederzeitiges Kündigungsrecht ergebe. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben; das Oberlandesgericht hat sie auf die Berufung des Beklagten abgewiesen. Dagegen richtet sich die - zugelassene - Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe:


Die Revision bleibt im Ergebnis erfolglos.

I. Das Berufungsgericht hat gemeint, ein Rückforderungsanspruch des Klägers gemäß § 237 Abs. 1 Satz 1 a.F. HGB bestehe deshalb nicht, weil die zwischen dem Beklagten und der Gemeinschuldnerin abgeschlossenen Verträge der Typen A und KAP keine stillen Beteiligungen, sondern Darlehen zum Gegenstand gehabt hätten. Denn § 13 Abs. 3 Satz 1 der Vertragsbedingungen garantiere den betreffenden Anlegern unabhängig von dem Gewinn und Verlust der Geschäftsinhaberin eine Ausschüttung oder Einlagenerhöhung von 9 % pro Jahr. Diese (vermeintlich) sichere Rendite und nicht die Förderung der unternehmerischen Ziele der Gemeinschuldnerin sei für die Anleger bestimmend gewesen, während es der Gemeinschuldnerin nur um Liquiditätszuflüsse gegangen sei. Eine analoge Anwendung des § 237 a.F. HGB auf Darlehensverträge sei abzulehnen.
II. Es kann dahinstehen, ob diese Begründung zutrifft, die u.a. auch vom Oberlandesgericht Dresden in einem Urteil vom 8. September 1999 (19 U 101/99) in einer der zahlreichen, bei dem Senat anhängigen Parallelsachen (II ZR 292/99) herangezogen wurde (anders z.B. OLG Stuttgart, Urt. v. 16. Juni 1999 - 20 U 5/99, Revision II ZR 211/99) und im Ergebnis der Auffassung des Bundesamtes für das Kreditwesen zum Darlehenscharakter der angeblichen stillen Einlagen gemäß dem Bescheid vom 12. Mai 1997 entspricht. Jedenfalls war der Beklagte aufgrund der Kündigungsregelung im Emissionsprospekt der Gemeinschuldnerin, der gemäß dem formularmäßigen Beteiligungsvertrag dessen Bestandteil war, zu seiner Kündigung vom 29. Juli 1996 und Zurückforderung seiner Leistungen mit den bereits im Emissionsprospekt vorgesehenen Abzügen berechtigt, was die vom Kläger geltend gemachte Anfechtung der Rückzahlung in direkter oder analoger Anwendung des
§ 237 a.F. HGB ausschließt. Im gleichen Sinne haben etliche Oberlandesgerichte in bei dem Senat anhängigen oder aktenkundigen Anfechtungsprozessen des Klägers mit anderen Anlegern entschieden (vgl. z.B. OLG Celle, Urt. v. 22. September 1999 - 9 U 1/99, Revision II ZR 297/99; OLG Dresden, Urt. v. 20. Mai 1999 - 4 U 3339/98; OLG Frankfurt, Urt. v. 3. Dezember 1999 - 10 U 256/98, Revision II ZR 9/00; OLG Köln, Urt. v. 8. Juni 1999 - 22 U 3/99; OLG Oldenburg, Urt. v. 20. Mai 1999 - 1 U 24/99, Revision II ZR 193/99; OLG Stuttgart, Urt. v. 16. Juni 1999 - 20 U 5/99, Revision II ZR 211/99). Das Urteil des Oberlandesgerichts Oldenburg (aaO) hat der Senat bereits durch Nichtannahmebeschluß vom 17. Juli 2000 (II ZR 193/99) bestätigt.
1. Der Senat kann die im Tatbestand des angefochtenen Urteils in Bezug genommenen und im Rechtsstreit vorgelegten Formularverträge samt den dazugehörigen Vertragsbedingungen im Emissionsprospekt und im "Angebot zum Abschluß eines Gesellschaftsvertrages als stiller Gesellschafter" selbst frei auslegen, weil sie von der Gemeinschuldnerin bundesweit gegenüber zahlreichen Anlegern, mithin über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus, verwendet wurden (vgl. Zöller/Gummer, ZPO 21. Aufl. § 549 Rdn. 8, § 550 Rdn. 5 m.N.). Das gilt nach Sinn und Zweck dieser revisionsgerichtlichen Auslegungskompetenz unabhängig davon, ob es sich hier um Allgemeine Geschäftsbedingungen (für Darlehensverträge) im Sinne des AGB-Gesetzes (vgl. BGHZ 122, 256, 260 m.N.; Musielak/Ball, ZPO 2. Aufl. § 550 Rdn. 5) oder um gesellschaftsvertragliche Regelungen für eine Vielzahl von - entsprechend § 4 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages mit jedem einzelnen Anleger zustande gekommenen - stillen Gesellschaften handelt, die zwar unter die Bereichsausnahme des § 23 Abs. 1 AGBG fallen mögen (vgl. Senat BGHZ 127, 176, 183; s. aber auch Palandt/Heinrichs, BGB 59. Aufl. § 23 AGBG Rdn. 3 m.w.N.), jedoch - entspre-
chend der Rechtsprechung des Senates zu Gesellschaftsverträgen von Publikumsgesellschaften (vgl. BGHZ 64, 238) - einer ähnlichen Auslegung und Inhaltskontrolle (gemäß § 242 BGB) wie Allgemeine Geschäftsbedingungen unterliegen.

a) Gemäß den von der Gemeinschuldnerin vorformulierten Beteiligungserklärungen , die auch im vorliegenden Fall verwendet wurden, beteiligt sich der Anleger nach Maßgabe des im Anhang des Emissionsprospektes abgedruckten Gesellschaftsvertrages als typisch stiller Gesellschafter; er bestätigt, den Emissionsprospekt einschließlich Gesellschaftsvertrag erhalten zu haben und beide als verbindlich anzuerkennen. Dies bedeutet aus der Sicht des Anlegers, daß mit der auf dem Formular vorgesehenen Annahme der Beteiligungserklärung durch die H. AG der Emissionsprospekt ebenso Vertragsbestandteil wird wie der vorgedruckte Gesellschaftsvertrag.

b) Zwar räumt § 16 Nr. 2 des Gesellschaftsvertrages dem Gesellschafter ein ordentliches Kündigungsrecht erstmals zum Ende des sechsten vollen Geschäftsjahres seit Beteiligungsbeginn ein, dessen Abwicklungsfolgen in § 17 Abs. 1 in teilweiser Abweichung von § 235 HGB geregelt sind. Auch im Emissionsprospekt ist unter der Überschrift "Kündigungsfrist und vorzeitige Kündigung" zunächst die Kündigungsregelung des § 16 Nr. 2 wiedergegeben. Anschließend heißt es aber:
"Wird der Vertrag vorzeitig gekündigt, so schuldet der Gesellschafter gleichwohl die im Mittelverwendungsplan unter Kapitalbeschaffungs - sowie Beratungs- und Treuhänderkosten ausgewiesenen Beträge (insgesamt 19,5 %, nämlich 14,5 % der Vertragssumme und das Agio). Die H. AG ist in diesem Fall berechtigt,
das Guthaben des Gesellschafters um den geschuldeten Betrag zu kürzen."
Abschließend heißt es in diesem Abschnitt:
"Mit der Kündigungsregelung wird Ausgewogenheit hergestellt zwischen den jetzigen Gesellschaftern, die den bisherigen Aufbau getragen haben, und dem Kündigenden, sowie den Belangen der Energiewerke mit regionalen Versorgungsaufgaben."
Aus dieser Regelung durfte ein Anleger - unabhängig von der fraglichen Anwendbarkeit des § 5 AGBG - schon nach §§ 133, 157 BGB entnehmen, daß er den Vertrag auch vorzeitig unter Inkaufnahme der vorbestimmten Nachteile sollte kündigen können. Insoweit enthält die Regelung nicht einen Widerspruch , sondern eine Ergänzung zu der im Gesellschaftsvertrag (und im vorherigen Satz des Emissionsprospektes) getroffenen Kündigungsregelung nach Ablauf von sechs Jahren mit anderen Rechtsfolgen. Entgegen der vom Kläger auch in Parallelsachen (z.B. II ZR 193/99) geäußerten Ansicht regelt der Prospekt nicht nur die Rechtsfolgen einer vorzeitigen Kündigung, welche die Geschäftsherrin beliebig zurückweisen könnte, sondern läßt eine vorzeitige Kündigung zu und überläßt es dem Anleger, ob er die für diesen Fall vereinbarten wirtschaftlichen Nachteile in Kauf nehmen will. Eine solche Regelung nur für den Fall einer Kündigung des Anlegers aus gegebenem wichtigem Grund wäre gemäß § 234 Abs. 1 Satz 2 HGB i.V.m. § 723 Abs. 1, 3 BGB unwirksam; sie kann sich daher nach redlichem Verständnis (§ 157 BGB) nicht (nur) auf diesen Fall beziehen; erst recht nicht auf die Fälle einer Kündigung oder eines Rücktritts der Geschäftsinhaberin aus wichtigem Grund bzw. wegen Nichter-
bringung der Einlage des Stillen gemäß §§ 16 Nr. 1, 17 Nr. 3, 5 Nr. 5 des Gesellschaftsvertrages , weil deren Rechtsfolgen in § 5 Nr. 5 anders als im Prospekt geregelt sind und dieser sich an der zitierten Stelle ersichtlich nur mit Kündigungen des Anlegers nach und vor Ablauf einer sechsjährigen Vertragszeit befaßt.
Der Annahme eines vorzeitigen Kündigungsrechts aus der (maßgebenden ) Sicht des durchschnittlichen Anlegers läßt sich auch nicht entgegenhalten , daß dies für ihn erkennbar den Unternehmensinteressen zuwiderliefe. Denn zum einen war das Kündigungsrecht nicht völlig frei, sondern mit nicht unerheblichen wirtschaftlichen Nachteilen für den Anleger verbunden. Zum anderen hat die Gemeinschuldnerin selbst im Prospekt die Kündigungsregelung auch unter Berücksichtigung ihrer Belange als "ausgewogen" bezeichnet und damit zum Ausdruck gebracht, sich diese - ebenso wie gewisse soziale Regelungen bei KAP-Sparern - leisten zu können.
Unabhängig davon, ob es auf das subjektive Verständnis der Gemeinschuldnerin von dem objektiven Regelungsgehalt des Prospektes überhaupt ankommt, hat sie diesen ersichtlich selbst in dem dargelegten Sinne verstanden. Denn sie hat nicht nur im vorliegenden, sondern in zahlreichen Parallelfällen vorzeitige Kündigungen der Anleger unter Abschluß von Auflösungsverträgen akzeptiert und darin exakt nach den im Prospekt vorgesehenen Bedingungen abgerechnet. Die Verwertung dieser gerichtsbekannten Fakten (§ 291 ZPO) aus anderen bei ihm anhängigen Verfahren ist dem Senat - nach entsprechendem Hinweis in der mündlichen Verhandlung (vgl. BGH, Urt. v. 6. Mai 1993 - I ZR 84/91, NJW-RR 1993, 1122 f.) - auch als Revisionsgericht
nicht verwehrt (vgl. BGH, Urt. v. 2. April 1998 - I ZR 1/96, NJW 1998, 3498 zu II 2).
2. Da der Beklagte sonach aufgrund des ihm vertraglich eingeräumten Kündigungsrechtes zu seiner Kündigung vom 29. Juli 1996 berechtigt war, ist die (teilweise) Rückgewähr seiner Einlage nicht gemäß § 237 a.F. HGB anfechtbar (vgl. Senat BGHZ 55, 5, 10; vollständiger Entscheidungsabdruck in NJW 1971, 375).

a) Daß er sich in seiner Kündigungserklärung nicht ausdrücklich auf sein Kündigungsrecht gemäß dem Prospekt, sondern - wie andere Anleger in den Parallelsachen - auf persönliche bzw. wirtschaftliche Gründe berufen hat, ändert am Bestehen seines Kündigungsrechtes nichts und ist jedenfalls bei einem vertraglichen Kündigungsrecht, das dem Gegner bekannt sein muß und auch in anderen Rechtsbereichen nicht selten mit gewissen Begründungen ausgeübt wird, unerheblich. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem Senatsurteil BGHZ 55, 5, 10, wonach im Fall eines gesetzlichen Kündigungsrechtes aus wichtigem Grund dessen "Ausübung" verlangt wird, um eine freiwillige, gemäß § 237 a.F. HGB anfechtbare Einlagenrückgewähr auszuschließen.

b) Die nach der (wirksamen) Kündigung des Beklagten abgeschlossenen Verträge "zur vorfristigen Auflösung" seiner Beteiligungen sind für § 237 Abs. 1 a.F. HGB ohne Belang. Denn damit wurde - ebenso wie durch gleichförmige Verträge in Parallelsachen - lediglich klarstellend konkretisiert, was der Beklagte aufgrund der bereits im Prospekt getroffenen Kündigungsregelung ohnehin - auch ohne diese Verträge - hätte verlangen können. Die Einlagenrückge -
währ erfolgte daher nicht "aufgrund" dieser (nachträglichen) Vereinbarung und ist deshalb nicht gemäß § 237 Abs. 1 Satz 1 a.F. HGB anfechtbar.

Röhricht Hesselberger Henze
Kraemer Münke