Bundesgerichtshof Urteil, 04. Juli 2002 - I ZR 313/99

bei uns veröffentlicht am04.07.2002

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 313/99 Verkündet am:
4. Juli 2002
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Hotelvideoanlagen

a) Hängt die Leistungspflicht einer Vertragspartei davon ab, daß der Vertragspartner
zunächst von einem Bestimmungsrecht Gebrauch macht (hier: Auswahl
bestimmter Filme aus einem Gesamtsortiment), liegt schon in der nachdrücklichen
Aufforderung, diese Auswahlentscheidung zu treffen, ein wörtliches
Angebot i.S. von § 295 BGB.

b) Hat eine Vertragspartei eine unbegründete fristlose Kündigung des Vertrags
ausgesprochen und hält sie auch weiterhin daran fest, zur weiteren Vertragserfüllung
nicht verpflichtet zu sein, steht ihr die Einrede des nicht erfüllten Vertrages
nicht mehr zu, wenn sie von der anderen Vertragspartei auf Erfüllung in
Anspruch genommen wird (im Anschluß an BGHZ 50, 175, 177; 88, 91, 96).
BGH, Urt. v. 4. Juli 2002 – I ZR 313/99 – OLG Düsseldorf
LG Kleve
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Juli 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann und die Richter
Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 31. März 1999 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Kleve vom 22. Januar 1998 wird in vollem Umfang zurückgewiesen.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin 35,5 %, die Beklagte 64,5 % zu tragen. Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Klägerin.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Beide Parteien rüsten Hotels mit Fernsehgeräten und Anlagen zur entgeltlichen Wiedergabe von Videofilmen in Hotelzimmern (Pay-TV-Anlagen) aus und
liefern dazu die entsprechenden Spiel- und Erotikfilme, die auf diesen Anlagen ge- zeigt werden. Die Klägerin verwendet dafür Geräte aus der konzerneigenen Produktion ; sie muß die Filme von dritter Seite beziehen. Die Beklagte hat selbst die Videofilme im Programm; sie muß die Anlagen von dritter Seite erwerben.
Die Parteien schlossen am 3. August 1994 einen schriftlichen Vertrag für eine feste Laufzeit von drei Jahren ab dem 1. Oktober 1994. In dem Vertrag verpflichteten sie sich wechselseitig, die Leistungen des Vertragspartners in Anspruch zu nehmen. So sollte die Klägerin von der Beklagten ein näher bezeichnetes Programm an Filmen zum Einsatz in den Hotelvideoanlagen beziehen. Im Gegenzug sagte die Beklagte zu, pro Jahr 1.250 Hotelzimmer mit Anlagen der Klägerin auszurüsten. In § 9 Satz 3 und 4 des Vertrages heißt es sodann:
Falls die Abnahmeverpflichtung nicht eingehalten wird, ist [die Klägerin] berechtigt, den Vertrag fristlos zu kündigen. Bei einer Abnahme von mehr als 2.500 Ausrüstungen pro Jahr gewährt [die Klägerin] einen Bonus von 5 % auf die gesamte Auftragssumme.
In der Zeit bis Juni 1995 belieferte die Beklagte die Klägerin mit Filmprogrammen für über 21.000 Hotelzimmer. Hieraus errechnete die Beklagte eine monatliche Lizenzgebühr von knapp 100.000 DM. Die Filmlizenzrechnungen wurden von der Klägerin bis einschließlich Mai 1995 beglichen. Die Beklagte nahm bei der Klägerin im selben Zeitraum bereits Ausrüstungen in einem Umfang ab, der sie in den Genuß des Bonus von 5 % kommen ließ. Anfang Juni 1995 kam es zwischen den Parteien wegen Zahlungsrückständen der Beklagten zum Streit. Mit Schreiben vom 2. Juni 1995, das bei der Beklagten am 5. Juni einging, schrieb die Klägerin :
Die Außenstände [der Beklagten] betragen bei [der Klägerin] zur Zeit rund 900 TDM. Die mittlere Kreditdauer per April 1995 betrug 89 Tage. Diese Überziehung der gewährten Zahlungsziele (30 Tage) können wir nicht akzeptieren. Da Sie trotz regelmäßiger schriftlicher Mahnungen und fernmündlicher Zahlungsaufforderungen nicht oder
nur schleppend Ihren Verpflichtungen nachkommen, sehen wir uns gezwungen, die bestehende Kooperation zu überdenken. Denkbar ist künftig eine Belieferung nur nach Vorauskasse bzw. Absicherung durch Bankbürgschaften. Da Sie sich hierzu in der Vergangenheit nicht bereit erklärt haben und sich Ihre Finanzlage scheinbar nicht grundsätzlich verbessert hat, erwägt unsere Finanzabteilung, eine Liefersperre gegen [die Beklagte] und mit [der Beklagten] verbundene Unternehmen zu verhängen. Da Sie auch das mit der [Konzernmutter der Klägerin] geschlossene Moratorium nicht fristgerecht bedienen und nicht einmal eine angekündigte gerichtliche Pfändung durch sofortige Zahlung vermeiden, verstärkt sich der Eindruck, daß Sie auch weiterhin nicht an der Erfüllung Ihrer Vertragspflichten interessiert sind. ... Abschließend darf ich Sie darüber informieren, daß wir uns zur Zeit mit P. im Gespräch befinden, wie P. Zahlungen direkt an [die Klägerin] bzw. andere [Konzern -]Gesellschaften vornehmen kann, ohne daß [die Beklagte] zwischengeschaltet wird. Eine erste Abschlagszahlung geht uns in den nächsten Tagen zu. In Erwartung umgehender und konstruktiver Lösungsvorschläge verbleibe ich ...
Nachdem – wie in dem Schreiben bereits angekündigt – ein Schuldner der Beklagten 500.000 DM an die Klägerin mit schuldbefreiender Wirkung zugunsten der Beklagten gezahlt hatte, erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 9. Juni 1995, versandt am 14. Juni 1995, die Kündigung des Filmlieferungsvertrages vom 3. August 1994 „aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung“. Zur Begründung berief sie sich auf die in dem Schreiben vom 2. Juni 1995 angeführten Umstände und wies auf die dort geäußerte, bislang unbeantwortet gebliebene „Erwartung umgehender und konstruktiver Lösungsvorschläge“ hin. Darüber hinaus habe sich die Klägerin genötigt gesehen, erneut die Zwangsvollstreckung wegen einer bereits titulierten Forderung einzuleiten.
Die Beklagte wies die Kündigung zurück und bestand auf der Fortsetzung des bis Ende September 1997 laufenden Vertragsverhältnisses. Sie forderte die Klägerin mit mehreren Schreiben auf, bei ihr Filmtitel anzufordern. Dem kam die Klägerin nicht nach; sie bezog keine weiteren Filme von der Beklagten. Diese stellte der Klägerin daraufhin die vereinbarten Lizenzgebühren in Rechnung.
Die Klägerin hat den Standpunkt vertreten, die von ihr ausgesprochene fristlose Kündigung sei wirksam. Das Recht zur fristlosen Kündigung stehe ihr nach dem Vertrag zu; denn das dort für den Fall der Nichterfüllung der Abnahmeverpflichtung vorgesehene Recht zur fristlosen Kündigung müsse auch für den Fall gelten, daß die Beklagte zwar die Anlagen abnehme, die dafür geschuldete Gegenleistung aber verweigere. Unter den gegebenen Umständen sei es ihr, der Klägerin, nicht mehr zuzumuten gewesen, an dem Vertrag festzuhalten.
Mit der Klage hat die Klägerin einen ausstehenden Betrag in Höhe von 782.513,43 DM zuzüglich Zinsen und 30 DM Mahnkosten geltend gemacht.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat die Klageforderung im wesentlichen nicht bestritten, hat jedoch mit einem Teil der ihr nach ihrer Ansicht zustehenden Lizenzgebühren für die restliche Laufzeit aufgerechnet und sich darauf berufen, daß die fristlose Kündigung unwirksam sei.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung der Beklagten für begründet erachtet, weil der Vertrag nicht wirksam gekündigt worden sei. In der Berufungsinstanz hat die Beklagte im Wege der Widerklage die Zahlung weiterer Lizenzgebühren in Höhe von 1.840.590,21 DM begehrt. Die Widerklage hat sie jedoch nach Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht zurückgenommen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht der Klage in Höhe von 740.244,21 DM zuzüglich Zinsen und 10 DM Mahnkosten stattgegeben.
Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat ebenso wie das Landgericht die fristlose Kündigung als unwirksam angesehen. Gleichwohl hat es die Gegenforderung der Beklagten für unbegründet erachtet. Die Beklagte könne keine Lizenzgebühren für die restliche Laufzeit verlangen, weil die Klägerin sich hinsichtlich der von der Beklagten zu liefernden Filme nicht im Annahmeverzug befunden habe. Nach der von der Klägerin ausgesprochenen fristlosen Kündigung habe die Beklagte der Klägerin keine Filme mehr geliefert. In dieser Situation sei zwar ein wörtliches Angebot ausreichend gewesen, um die Klägerin in Annahmeverzug zu versetzen. Ein solches Angebot habe die Beklagte indessen nicht abgegeben. Die Aufforderung, Titel anzufordern, reiche nicht aus, weil die Beklagte verpflichtet gewesen sei, der Klägerin die Auswahl aus aktualisierten Filmlisten zu ermöglichen. Die eigene Leistungsbereitschaft hätte die Beklagte daher nur durch das Angebot hinreichend zum Ausdruck gebracht, aus solchen aktualisierten Listen auszuwählen. Dies habe die Beklagte versäumt und könne wegen des fixschuldähnlichen Charakters der Verpflichtung auch nicht mehr nachgeholt werden.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Wiederherstellung des die Klage abweisenden landgerichtlichen Urteils.
Die Klageforderung ist in dem Umfang, in dem der Rechtsstreit in die Revisionsinstanz gelangt ist, unstreitig. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht das Bestehen der von der Beklagten zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung verneint. Es hat zwar zu Recht angenommen, daß die von der Klägerin ausgesprochene fristlose Kündigung des Vertragsverhältnisses nicht wirksam war (dazu 1.). Ob die der Beklagten obliegende Leistung unmöglich geworden ist, kann offenbleiben;
denn auch bei Unmöglichkeit ist – entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts – der Anspruch der Beklagten auf die Gegenleistung nicht entfallen (dazu 2.). Die Beklagte konnte auch wirksam mit der Gegenforderung aufrechnen (dazu 3.).
1. Mit Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß die von der Klägerin am 9. Juni 1995 ausgesprochene fristlose Kündigung nicht wirksam ist. Dabei kann offenbleiben, ob sich die Vereinbarung über die Lieferung von Fernsehgeräten und Hotelvideoanlagen im Vertrag vom 3. August 1994 als eine Sukzessivlieferungsabrede darstellt, von der sich die Klägerin im Falle des Zahlungsverzugs der Beklagten nur nach den Vorschriften des § 326 Abs. 1 BGB a.F. durch einen – den nicht abgewickelten Teil des Vertrages erfassenden – Rücktritt hätte lösen können (BGH, Urt. v. 5.11.1980 – VIII ZR 232/79, NJW 1981, 679, 680; Urt. v. 31.10.1984 – VIII ZR 229/83, WM 1985, 61, 62; Urt. v. 25.1.2001 – I ZR 287/98, GRUR 2001, 764, 765 = WRP 2001, 809 – Musikproduktionsvertrag), oder ob es sich um ein Dauerschuldverhältnis handelt, das im Falle von Leistungsstörungen im Wege einer außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund beendet werden kann (vgl. BGH, Urt. v. 6.2.1985 – VIII ZR 15/84, NJW 1986, 124, 125 m.w.N.). Denn der fristlosen Kündigung muß nach anerkannter Rechtsprechung entsprechend dem Gebot der Nachfristsetzung bei Verzug (§ 326 Abs. 1 BGB a.F., § 323 Abs. 1 BGB n.F.) eine Abmahnung vorausgehen, durch die der andere Vertragsteil nachdrücklich auf die Folgen einer weiteren Nichterfüllung des Vertrages hingewiesen wird (vgl. BGH, Urt. v. 10.3.1976 – VIII ZR 268/74, WM 1976, 508, 510; Urt. v. 11.2.1981 – VIII ZR 312/79, NJW 1981, 1264, 1265; Urt. v. 10.5.1984 – I ZR 94/82, GRUR 1984, 754, 756 – Gesamtdarstellung rheumatischer Krankheiten; Urt. v. 9.10.1991 – XII ZR 122/90, NJW 1992, 496, 497).
Zutreffend haben Berufungsgericht und Landgericht dargelegt, daß das Schreiben der Klägerin vom 2. Juni 1995 diesen Anforderungen nicht genügt. Es
enthält weder eine Frist für die Begleichung der Außenstände, noch macht es deutlich, daß die weitere vertragliche Zusammenarbeit auf dem Spiel steht.
2. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, daß der Beklagten keine Gegenforderung zusteht, mit der sie gegenüber der Klageforderung die Aufrechnung erklären kann. Die Beklagte habe – so das Berufungsgericht – ihre vertragliche Verpflichtung, der Klägerin Nutzungsrechte an jeweils wechselnden Filmen für den Betrieb in den Hotelvideoanlagen einzuräumen, nicht erfüllt. Da diese Verpflichtung fixschuldähnlichen Charakter habe, könne die Erfüllung nicht mehr nachgeholt werden. Das Berufungsgericht hat damit offenbar zum Ausdruck bringen wollen, daß die vertragliche Leistung der Beklagten unmöglich geworden und dadurch der Anspruch der Beklagten auf die Gegenleistung entfallen ist.
Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand. Dabei kann offenbleiben, ob die Leistung der Beklagten im Streitfall wirklich unmöglich geworden ist. Dies erscheint keineswegs selbstverständlich. Denn die von der Beklagten zu erbringende Leistung unterscheidet sich von Dauerverpflichtungen, deren Erfüllung mit Zeitablauf unmöglich wird, in einem wesentlichen Punkt: Während bei diesen die geschuldete Leistung – etwa die Gebrauchsüberlassung bei der Raummiete oder die Unterlassung einer bestimmten Tätigkeit bei einem Wettbewerbsverbot – fortlaufend zu erbringen ist, geht es bei der Verpflichtung der Beklagten ähnlich wie bei einem Sukzessivlieferungsvertrag um wiederkehrende Einzelleistungen , die unter Umständen auch noch zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden können (vgl. dazu BGH GRUR 2001, 764, 765 – Musikproduktionsvertrag

).


Doch auch wenn der Beklagten die Leistung unmöglich geworden sein sollte, hätte sie ihren Anspruch auf Gegenleistung nicht verloren. Im Falle der Unmöglichkeit hängt die Frage, ob die Gegenleistung noch erbracht werden muß, davon
ab, wer die Unmöglichkeit zu vertreten hat. Ist sie von keiner der beiden Vertragsparteien zu vertreten, entfällt grundsätzlich der Anspruch auf die Gegenleistung (§ 323 Abs. 1 BGB a.F.). Hat der Schuldner (hier die Beklagte) die Unmöglichkeit zu vertreten, entfällt – abgesehen von der Möglichkeit, Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen oder vom Vertrag zurückzutreten – zumindest der Anspruch auf die Gegenleistung (§ 325 Abs. 1 Satz 3 i.V. mit § 323 Abs. 1 BGB a.F.). Nur wenn der Gläubiger (hier die Klägerin) die Unmöglichkeit zu vertreten hat oder wenn er sich – was dem gleichsteht – zum Zeitpunkt des Unmöglichwerdens im Annahmeverzug befindet, behält der Schuldner den Anspruch auf die Gegenleistung (§ 324 Abs. 1 und 2 BGB a.F.); er muß sich dann nur die ersparten Aufwendungen anrechnen lassen (§ 324 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F.). Die Beklagte kann demnach die Gegenleistung nur für den Fall beanspruchen, daß die Unmöglichkeit von der Klägerin zu vertreten ist oder diese sich in Annahmeverzug befunden hat. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor.
Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, daß – nachdem die Klägerin durch die (unberechtigte) fristlose Kündigung zum Ausdruck gebracht hatte, an dem Vertrag nicht festhalten zu wollen – ein wörtliches Angebot der Beklagten ausreichte, um die Klägerin in Annahmeverzug zu versetzen (§ 295 BGB; vgl. BGH, Urt. v. 13.3.1986 – IX ZR 65/85, NJW-RR 1986, 794; Urt. v. 28.10.1996 – II ZR 14/96, NJW-RR 1997, 537). Als ein solches wörtliches Angebot sind – entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts – die der Klägerin unstreitig zugegangenen Schreiben der Beklagten vom 19. Juni und 3. August 1995 anzusehen, in denen die Klägerin gebeten wurde, gemäß § 7 des Vertrages weitere Titel anzufordern (vgl. § 295 Satz 2 BGB). Neben dieser allgemein gehaltenen Aufforderung war – anders als die Revisionserwiderung meint – kein weiteres Angebot der Beklagten veranlaßt. Denn im Hinblick auf die ausgesprochene fristlose Kündigung war nicht damit zu rechnen, daß die Klägerin in der gebotenen Weise durch Ti-
telanforderungen mitwirkt. Kommt der Gläubiger in einer solchen Situation seiner vorrangig zu erfüllenden Mitwirkungsverpflichtung nicht nach, können vom Schuldner keine weiteren Konkretisierungen seines Angebots verlangt werden (vgl. BGH, Urt. v. 28.6.1994 – X ZR 95/92, NJW-RR 1994, 1469, 1470). Sollte Unmöglichkeit eingetreten sein, muß sich die Klägerin demnach so behandeln lassen , als hätte sie die Unmöglichkeit zu vertreten. Für diesen Fall müßte sich die Beklagte zwar die ersparten Aufwendungen anrechnen lassen. Die Klägerin, die insoweit die Darlegungslast trifft (vgl. BGH, Urt. v. 26.6.1990 – X ZR 19/89, NJW 1991, 166, 167), hat hierzu nichts vorgetragen. Im übrigen macht die Beklagte mit der Aufrechnung kaum mehr als ein Viertel der ihr nach ihrer Berechnung zustehenden Gegenforderung geltend.
3. Ist die Klägerin nach wie vor zur Erbringung der Gegenleistung verpflichtet , bleibt zu prüfen, ob die Beklagte berechtigt war, gegenüber der Klageforderung mit ihrem Anspruch auf Zahlung der Filmlizenzgebühren aufzurechnen. Die Revisionserwiderung möchte dies mit der Begründung verneinen, daß die Aufrechnung mit einer einredebelasteten Forderung nicht zulässig sei; gegenüber der Gegenforderung der Beklagten könne die Klägerin die Einrede des nichterfüllten Vertrages erheben (§ 320 Abs. 1 Satz 1 BGB).
Dem kann nicht beigetreten werden. Zwar ist der Beklagten die Aufrechnung mit einer einredebelasteten Forderung verwehrt (§ 390 Satz 1 BGB); dies gilt insbesondere für die Einrede des nichterfüllten Vertrages, und zwar auch dann, wenn diese Einrede noch gar nicht ausdrücklich erhoben worden ist (vgl. BGH, Urt. v. 9.10.2000 – II ZR 75/99, NJW 2001, 287, 288). Auch wenn keine Unmöglichkeit eingetreten sein sollte, steht der Klägerin diese Einrede nicht mehr zu. Sie setzt nach ständiger Rechtsprechung voraus, daß der Vertragsteil, der sich auf sie beruft , seinerseits erfüllungsbereit ist (RGZ 58, 173, 176; 69, 381, 383; BGHZ 50, 175, 177; 88, 240, 247 f.; BGH, Urt. v. 10.6.1970 – VIII ZR 225/68, WM 1970, 958,
960; Urt. v. 16.6.1976 – VIII ZR 223/74, WM 1976, 964, 966; Urt. v. 20.1.1978 – V ZR 171/75, WM 1978, 731, 733; Urt. v. 25.1.1982 – VIII ZR 310/80, NJW 1982, 874, 875; BGHZ 88, 91, 96; BGH, Urt. v. 5.7.1989 – VIII ZR 334/88, NJW 1989, 3222, 3224; differenzierend Staudinger/Otto, BGB [2001], § 320 Rdn. 37; MünchKomm.BGB/Emmerich, 3. Aufl., § 320 Rdn. 50). Die Einrede des § 320 BGB hat danach allein die Funktion, die geschuldete (Gegen-)Leistung zu erzwingen. Sie hat – wie es in BGH NJW 1982, 874, 875 heißt – „nur verzögerlichen Charakter und dient dazu, den anderen Teil zur Erfüllung des mit der Einrede geltend gemachten Anspruchs anzuhalten“. Dagegen kann sich derjenige, der deutlich gemacht hat, daß er an dem Vertrag nicht festzuhalten gedenke, die Einrede nicht zunutze machen.
Da die Klägerin durch die fristlose Kündigung deutlich gemacht hat, daß ihr an einer Erfüllung der weiteren vertraglichen Verpflichtungen nicht gelegen ist, steht ihr die Einrede des § 320 BGB nicht zur Seite. Damit ist die von der Beklagten erklärte Aufrechnung zulässig mit der Folge, daß die geltend gemachte Klageforderung durch Aufrechnung erloschen ist. Ist – was naheliegend erscheint – keine Unmöglichkeit eingetreten, bleibt es der Klägerin unbenommen, ihrerseits noch Erfüllung der von der Beklagten zu erbringenden vertraglichen Leistungen oder gegebenenfalls (§ 326 BGB a.F.) Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen.
III. Danach ist das Berufungsurteil auf die Revision der Beklagten aufzuhe- ben. Die Berufung der Klägerin gegen das die Klage abweisende landgerichtliche Urteil ist in vollem Umfang zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1, § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO.
Erdmann RiBGH Dr. v. Ungern-Sternberg ist Bornkamm infolge Urlaubs an der Unterschriftsleistung verhindert. Erdmann
Pokrant Schaffert

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 04. Juli 2002 - I ZR 313/99

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 04. Juli 2002 - I ZR 313/99

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Urteil, 04. Juli 2002 - I ZR 313/99 zitiert 12 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Zivilprozessordnung - ZPO | § 269 Klagerücknahme


(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden. (2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, a

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 323 Rücktritt wegen nicht oder nicht vertragsgemäß erbrachter Leistung


#BJNR001950896BJNE031602377 (1) Erbringt bei einem gegenseitigen Vertrag der Schuldner eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß, so kann der Gläubiger, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 326 Befreiung von der Gegenleistung und Rücktritt beim Ausschluss der Leistungspflicht


#BJNR001950896BJNE031902377 (1) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung; bei einer Teilleistung findet § 441 Abs. 3 entsprechende Anwendung. Satz 1 gilt nicht, wenn der Schuldner im

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 320 Einrede des nicht erfüllten Vertrags


(1) Wer aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern, es sei denn, dass er vorzuleisten verpflichtet ist. Hat die Leistung an mehrere zu erfolgen, so kann dem einzel

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 295 Wörtliches Angebot


Ein wörtliches Angebot des Schuldners genügt, wenn der Gläubiger ihm erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde, oder wenn zur Bewirkung der Leistung eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist, insbesondere wenn der Gläubiger die gesch

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 2 Eintritt der Volljährigkeit


Die Volljährigkeit tritt mit der Vollendung des 18. Lebensjahres ein.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 390 Keine Aufrechnung mit einredebehafteter Forderung


Eine Forderung, der eine Einrede entgegensteht, kann nicht aufgerechnet werden.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 324 Rücktritt wegen Verletzung einer Pflicht nach § 241 Abs. 2


Verletzt der Schuldner bei einem gegenseitigen Vertrag eine Pflicht nach § 241 Abs. 2, so kann der Gläubiger zurücktreten, wenn ihm ein Festhalten am Vertrag nicht mehr zuzumuten ist.

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Urteil, 04. Juli 2002 - I ZR 313/99 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 04. Juli 2002 - I ZR 313/99 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 25. Jan. 2001 - I ZR 287/98

bei uns veröffentlicht am 25.01.2001

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 287/98 Verkündet am: 25. Januar 2001 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 09. Okt. 2000 - II ZR 75/99

bei uns veröffentlicht am 09.10.2000

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 75/99 Verkündet am: 9. Oktober 2000 Boppel Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGH
3 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 04. Juli 2002 - I ZR 313/99.

Bundesgerichtshof Urteil, 12. Okt. 2011 - VIII ZR 3/11

bei uns veröffentlicht am 12.10.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 3/11 Verkündet am: 12. Oktober 2011 Ermel, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGH

Bundesgerichtshof Urteil, 17. Juli 2013 - VIII ZR 163/12

bei uns veröffentlicht am 17.07.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 163/12 Verkündet am: 17. Juli 2013 Ring Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Mai 2003 - X ZR 128/01

bei uns veröffentlicht am 20.05.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 128/01 Verkündet am: 20. Mai 2003 Wermes Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGB § 390 Eine

Referenzen

Ein wörtliches Angebot des Schuldners genügt, wenn der Gläubiger ihm erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde, oder wenn zur Bewirkung der Leistung eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist, insbesondere wenn der Gläubiger die geschuldete Sache abzuholen hat. Dem Angebot der Leistung steht die Aufforderung an den Gläubiger gleich, die erforderliche Handlung vorzunehmen.

(1) Wer aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern, es sei denn, dass er vorzuleisten verpflichtet ist. Hat die Leistung an mehrere zu erfolgen, so kann dem einzelnen der ihm gebührende Teil bis zur Bewirkung der ganzen Gegenleistung verweigert werden. Die Vorschrift des § 273 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(2) Ist von der einen Seite teilweise geleistet worden, so kann die Gegenleistung insoweit nicht verweigert werden, als die Verweigerung nach den Umständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Teils, gegen Treu und Glauben verstoßen würde.

Ein wörtliches Angebot des Schuldners genügt, wenn der Gläubiger ihm erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde, oder wenn zur Bewirkung der Leistung eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist, insbesondere wenn der Gläubiger die geschuldete Sache abzuholen hat. Dem Angebot der Leistung steht die Aufforderung an den Gläubiger gleich, die erforderliche Handlung vorzunehmen.

*

(1) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung; bei einer Teilleistung findet § 441 Abs. 3 entsprechende Anwendung. Satz 1 gilt nicht, wenn der Schuldner im Falle der nicht vertragsgemäßen Leistung die Nacherfüllung nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu erbringen braucht.

(2) Ist der Gläubiger für den Umstand, auf Grund dessen der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten braucht, allein oder weit überwiegend verantwortlich oder tritt dieser vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit ein, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist, so behält der Schuldner den Anspruch auf die Gegenleistung. Er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Befreiung von der Leistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.

(3) Verlangt der Gläubiger nach § 285 Herausgabe des für den geschuldeten Gegenstand erlangten Ersatzes oder Abtretung des Ersatzanspruchs, so bleibt er zur Gegenleistung verpflichtet. Diese mindert sich jedoch nach Maßgabe des § 441 Abs. 3 insoweit, als der Wert des Ersatzes oder des Ersatzanspruchs hinter dem Wert der geschuldeten Leistung zurückbleibt.

(4) Soweit die nach dieser Vorschrift nicht geschuldete Gegenleistung bewirkt ist, kann das Geleistete nach den §§ 346 bis 348 zurückgefordert werden.

(5) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, kann der Gläubiger zurücktreten; auf den Rücktritt findet § 323 mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass die Fristsetzung entbehrlich ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 287/98 Verkündet am:
25. Januar 2001
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Musikproduktionsvertrag

a) Ein Musikproduktionsvertrag, durch den sich der Produzent verpflichtet, in
jedem Jahr der Vertragslaufzeit eine bestimmte Zahl von Titeln zu produzieren
, stellt kein absolutes Fixgeschäft dar.

b) Verpflichtet sich ein Musikproduzent, in jedem Kalenderjahr der Vertragslaufzeit
eine bestimmte Zahl von Titeln zu produzieren, ist für die Leistung
eine Zeit nach dem Kalender bestimmt.

c) Kann die Produktionsverpflichtung nicht mehr während der Laufzeit des
Musikproduktionsvertrags erfüllt werden, ist für den Künstler, der inzwischen
gegenüber einem anderen Produzenten eine Ausschließlichkeitsbindung
eingegangen ist, das Interesse an der Erfüllung entfallen. Der Künstler
kann in diesem Fall mit Eintritt des Verzuges Schadensersatz wegen
Nichterfüllung verlangen, ohne daß es einer Nachfristsetzung mit Ablehnungsandrohung
bedarf.
BGH, Urteil v. 25. Januar 2001 – I ZR 287/98 – Kammergericht
LG Berlin
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. Januar 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann und die
Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Kammergerichts vom 26. Mai 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist Sänger, der Beklagte ist Musikproduzent. Die Parteien waren für die Jahre 1991 bis 1995 durch einen 1990 geschlossenen Musikproduktionsvertrag verbunden. Dieser Vertrag war zunächst auf drei Jahre (1991 bis 1993) geschlossen worden. Der Beklagte hatte jedoch die ihm eingeräumte Option ausgeübt , den Vertrag zweimal um jeweils ein Jahr zu verlängern. Der Vertrag verpflichtete den Kläger, in seiner Eigenschaft als Solosänger oder Mitglied eines Ensembles während der Vertragslaufzeit ausschließlich dem Beklagten zur Her-
stellung von Ton- oder Bildtonaufnahmen zur Verfügung zu stehen (“... the artist warrants to be exclusively at the company’s and not at any third party’s disposal, neither as solo-artist nor as member of a group ...”). Dem Beklagten waren hinsichtlich der Auswertung dieser Aufnahmen ausschließliche Nutzungsrechte eingeräumt. Im Gegenzug hatte sich der Beklagte verpflichtet, Titel mit Darbietungen des Klägers aufzunehmen und zu veröffentlichen, wobei in jedem Kalenderjahr eine ausreichende Zahl von Titeln für mindestens eine Langspielplatte produziert werden sollte (“The company commits to record or to have recorded and to release or to have released titles with performances of the artist, precisely: During the period of each calendar year a sufficient number of tracks for at least one album” ). Über die Auswahl der aufzunehmenden Titel sollte der Beklagte entscheiden , wobei dem Kläger ein Vorschlagsrecht zustand (“The company decides which titles will be recorded. While selecting the titles to be recorded, the artist is entitled to make proposals”). Für den Vertrag sollte deutsches Recht gelten. Als Gerichtsstand wurde der Sitz des Beklagten vereinbart.
In den ersten vier Jahren der Vertragslaufzeit, also in den Jahren 1991 bis 1994, produzierte der Beklagte mit dem Kläger vier Langspielplatten, die dem Kläger Einnahmen von über 600.000 DM einbrachten. Nachdem es zwischen den Parteien im Laufe des Jahres 1995 wiederholt zu Streitigkeiten gekommen war – u.a. über die Kosten einer Flugreise von Japan nach Deutschland und über die Abrechnung von Lizenzgebühren –, produzierte der Beklagte 1995 keine Titel mit dem Kläger. Der Kläger forderte den Beklagten deswegen im Februar 1996 zur Zahlung von Schadensersatz auf. Das Angebot des Beklagten, das Versäumte nachzuholen, lehnte der Kläger unter Hinweis auf die von ihm inzwischen eingegangene Exklusivverpflichtung gegenüber einem anderen Produzenten ab.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dem Beklagten sei die Produktionsleistung , zu der er nach dem Vertrag verpflichtet gewesen sei, mit Ablauf des Jahres 1995 in von ihm zu vertretender Weise unmöglich geworden. Er hat behauptet, dadurch, daß 1995 kein Album auf den Markt gekommen sei, seien ihm Lizenzund GVL-Einnahmen in Höhe von 218.750 DM entgangen. Diesen Betrag (zuzüglich Zinsen) hat er mit der vorliegenden Klage geltend gemacht. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Kammergericht die Klage abgewiesen (KG AfP 1999, 485 = ZUM-RD 1999, 98 = KG-Rep 1999, 117).
Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers, mit der er seinen Klageantrag weiterverfolgt. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat angenommen, dem Kläger stehe schon nach seinem eigenen Vorbringen kein Schadensersatz zu. Zur Begründung hat es ausgeführt :
Ein Schadensersatzanspruch des Klägers ergebe sich nicht aus § 325 BGB. Zwar handele es sich bei der vom Beklagten übernommenen Verpflichtung, jedes Jahr die für eine Langspielplatte erforderliche Zahl von Titeln zu produzieren, um eine vertragliche Hauptpflicht. Entgegen der Ansicht des Landgerichts sei aber dem Beklagten die Erfüllung dieser Verpflichtung nicht mit Ablauf des Jahres 1995 unmöglich geworden. Aus dem Parteivorbringen ergäben sich weder rechtli-
che noch tatsächliche Gründe, die den Kläger daran gehindert hätten, das für 1995 vorgesehene Album noch im Jahre 1996 zu produzieren. Allein die nach seinem Vorbringen eingegangene neue Exklusivbindung könne dem Vertragsverhältnis der Parteien nicht den Charakter eines absoluten Fixgeschäftes vermitteln. Denn dieser Hinderungsgrund beruhe nicht auf den Vertragsabsprachen der Parteien, sondern auf dem Entschluß des Klägers, unmittelbar im Anschluß an den Vertrag mit dem Beklagten eine neue Exklusivbindung einzugehen, ohne sich für die nachträgliche Produktion eines Albums durch den Beklagten eine Ausnahme vorzubehalten.
Ein Schadensersatzanspruch stehe dem Kläger auch aus § 326 BGB nicht zu. Denn der Kläger habe dem Beklagten – selbst wenn dieser mit Ablauf des Jahres 1995 in Verzug geraten sein sollte – keine Frist mit Ablehnungsandrohung gesetzt. Eine solche Nachfristsetzung sei nicht deswegen entbehrlich, weil beim Kläger das Interesse an der Vertragserfüllung im Jahre 1996 entfallen sei. Denn dies beruhe nicht auf dem Verzug des Beklagten, sondern allein darauf, daß der Kläger sich – nach seinem Vorbringen – bereits mit dem Beginn des Jahres 1996 exklusiv an einen anderen Vertragspartner gebunden habe. Für den Kläger habe im übrigen die Möglichkeit bestanden, ausnahmsweise schon vor Verzugseintritt eine Frist mit Ablehnungsandrohung zu setzen.
II. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision nicht stand. Sie führen zur Aufhebung und Zurückverweisung.
1. Mit Recht hat allerdings das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch des Klägers aus § 325 Abs. 1 Satz 1 BGB verneint. Die Musikproduktion, zu der sich der Beklagte verpflichtet hatte – also die Aufnahme und Veröffentlichung einer für eine Langspielplatte ausreichenden Zahl von Titeln in jedem Ka-
lenderjahr –, stellt keine Leistung dar, die dem Vertrag hinsichtlich dieser Verpflichtung den Charakter eines absoluten Fixgeschäftes gibt.
Absolute Fixgeschäfte sind Verträge, bei denen – über die Rechtswirkungen des § 361 BGB hinaus – die Leistungszeit so wesentlich ist, daß die Leistung nur zu einer bestimmten Zeit erbracht werden kann, die Verfehlung dieses Zeitpunktes die Leistung also dauernd unmöglich macht (BGHZ 60, 14, 16). Dabei erfordert ein Fixgeschäft nicht nur die Festlegung einer genauen Leistungszeit, sondern darüber hinaus Einigkeit der Parteien darüber, daß der Vertrag mit der Einhaltung oder Nichteinhaltung der Leistungszeit stehen oder fallen solle. Ob die Parteien der vereinbarten Leistungszeit eine so weitgehende Bedeutung beimessen wollten, ist – wenn der Vertragstext eine ausdrückliche Regelung nicht enthält – unter Berücksichtigung aller Umstände durch Auslegung zu ermitteln, wobei sich jeder Zweifel gegen die Annahme eines Fixgeschäftes auswirkt (vgl. BGH, Urt. v. 27.10.1982 – VIII ZR 190/81, WM 1982, 1384; Urt. v. 14.3.1984 – VIII ZR 287/82, WM 1984, 639, 641; Urt. v 18.4.1989 – X ZR 85/88, NJW-RR 1989, 1373, jeweils zu § 376 Abs. 1 HGB). Unter diesen Umständen ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht dem Vertragsverhältnis der Parteien keine solche Fixabrede entnommen hat. Denn es läßt sich nicht feststellen, daß die Parteien die jährlich zu erbringende Produktionsleistung des Beklagten derart streng an das jeweilige Kalenderjahr binden wollten, daß bereits eine geringfügig verzögerte Produktion den Leistungszweck unter keinen Umständen mehr hätte verwirklichen können.
Die Revision verweist demgegenüber darauf, daß es sich bei dem Musikproduktionsvertrag der Parteien um ein Dauerschuldverhältnis handele und Dauerverpflichtungen in der Regel Fixcharakter hätten, weil bei ihnen die einmal verzögerte Leistung nicht mehr nachgeholt werden könne (vgl. BGHZ 99, 182, 189;
BGH, Urt. v. 14.11.1990 – VIII ZR 13/90, NJW-RR 1991, 267, 268, jeweils für die Raummiete; BAG NJW 1986, 1831, 1832; NJW 1996, 1771, 1772, jeweils für Leistungspflichten im Rahmen eines Arbeitsvertrages; MünchKomm/Emmerich, 3. Aufl., § 275 BGB Rdn. 45 m.w.N.). Die vom Beklagten zu erbringende Produktionsleistung unterscheidet sich indessen von den insofern angesprochenen Dauerverpflichtungen in einem wesentlichen Punkt: Während bei diesen die geschuldete Leistung, etwa die Gebrauchsüberlassung bei der Raummiete oder die Unterlassung einer bestimmten Tätigkeit bei einem Wettbewerbsverbot, fortlaufend zu erbringen ist, geht es bei der Verpflichtung des Beklagten – ähnlich wie bei einem Sukzessivlieferungsvertrag – um wiederkehrende Einzelleistungen. Auch wenn für die jeweils zu erbringende Einzelleistung ein Termin nach dem Kalender bestimmt ist, ist hier ein Nachholen einer versäumten Leistung nicht von vornherein ausgeschlossen. Die in diesem Zusammenhang von der Revision angeführten Gesichtspunkte, die aus der Sicht des Klägers gegen ein Nachholen der 1995 versäumten Produktion sprechen, mögen dazu führen, daß das Interesse des Klägers an einer verspäteten Leistung entfallen ist (vgl. § 326 Abs. 2 BGB; dazu unten unter II.2.b). Eine mit Ablauf der vereinbarten Leistungszeit eintretende Unmöglichkeit können sie jedoch nicht begründen.
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger jedoch nach dem – im Revisionsverfahren zugrundezulegenden – Klagevorbringen ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung nach § 326 BGB zu.

a) Der Beklagte ist mit Ablauf des Jahres 1995 in Verzug geraten, da für seine Leistung zumindest mittelbar eine Zeit nach dem Kalender bestimmt war (§ 284 Abs. 2 BGB). Im Vertrag ist festgehalten, daß der Beklagte während jedes Kalenderjahres (“during the period of each calendar year”) die notwendige Zahl von Titeln produziert. Nach dem Kalender ist die Leistungszeit auch dann be-
stimmt, wenn die Leistung innerhalb eines bestimmten Kalenderabschnitts vereinbart wird (vgl. BGH, Urt. v. 19.9.1983 – VIII ZR 84/82, NJW 1984, 48, 49). Um welche Kalenderjahre es sich dabei handelte, ergibt sich mittelbar daraus, daß der Vertrag für die Jahre 1991 bis 1993 mit einer (ausgeübten) Option für die Jahre 1994 und 1995 geschlossen wurde. Dies reicht für die Annahme einer kalendermäßigen Bestimmung der Leistungszeit aus (vgl. BGH, Urt. v. 19.11.1991 – X ZR 28/90, NJW 1992, 1628, 1629).

b) Allerdings hat der Kläger dem Beklagten – wie es § 326 Abs. 1 Satz 1 BGB an sich voraussetzt – keine Frist mit Ablehnungsandrohung gesetzt. Eine solche Fristsetzung war jedoch im Streitfall entbehrlich, weil das Interesse des Klägers an der Vertragserfüllung infolge des eingetretenen Verzuges entfallen war (§ 326 Abs. 2 BGB).
aa) Für die Prüfung im Revisionsverfahren ist von dem Vorbringen des Klägers auszugehen, wonach er für die Zeit ab 1. Januar 1996 exklusiv bei einem anderen Produzenten, der I. GmbH, unter Vertrag stand; aufgrund dessen sei er gehindert gewesen, die 1995 versäumte Produktion noch im Jahre 1996 nachzuholen.
bb) Zu Unrecht meint das Berufungsgericht, das Interesse des Klägers an der Vertragserfüllung sei nicht infolge des Verzugs, sondern aufgrund der neu eingegangenen Ausschließlichkeitsbindung entfallen.
Das Berufungsgericht hat nicht hinreichend berücksichtigt, daß der Verzug nicht die alleinige Ursache des Interessewegfalls sein muß, wenn der vertragstreue Teil für die anderen Ursachen nicht verantwortlich ist (Staudinger/Otto, Bearb. 1995, § 326 BGB Rdn. 125; MünchKomm/Emmerich aaO § 326 BGB
Rdn. 114 m.w.N.). Im Streitfall war der Verzug des Beklagten jedenfalls mitursächlich für den Wegfall des Interesses des Klägers; denn hätte der Beklagte die ihm obliegende Leistung erbracht, wäre das Interesse des Klägers an der Vertragserfüllung nicht entfallen. Der Umstand, daß das Nachholen der versäumten Leistung durch den neuen Exklusivvertrag unmöglich gemacht wurde, ist dem Kläger nicht anzulasten. Mit Recht weist die Revision darauf hin, daß der Kläger darauf angewiesen war, für die Zeit nach dem Auslaufen des Vertrages mit dem Beklagten einen neuen Produzenten zu finden. Ihm war es nicht zuzumuten, einen solchen anstehenden Vertragsschluß nur deswegen aufzuschieben, weil der Beklagte die ihm obliegende Produktion von Titeln im Jahre 1995 noch nicht erfüllt hatte. Ebenfalls geht es nicht zu Lasten des Klägers, daß er in dem Vertrag mit I. keinen Vorbehalt für die nachzuholende Produktion aus dem Jahre 1995 gemacht hat. Zum einen läßt sich den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht entnehmen , daß der Vertrag mit I. erst zu einem Zeitpunkt abgeschlossen worden ist, als für den Kläger bereits deutlich war, daß der Beklagte seiner Produktionsverpflichtung für 1995 nicht nachkommen würde. Zum anderen – und dies ist der entscheidende Gesichtspunkt – hätte das Bestehen auf einem derartigen Vorbehalt die Verhandlungsposition des Klägers gegenüber dem neuen Produzenten erheblich geschwächt, wenn überhaupt eine Bereitschaft bestanden hätte, den Kläger unter solchen Voraussetzungen unter Vertrag zu nehmen. Denn es konnte nicht im Interesse des neuen Produzenten liegen, daß 1996 neben den von ihm geplanten Titeln noch die an sich für 1995 geplante CD des Beklagten erscheint und die verschiedenen Neuerscheinungen sich im Absatz behindern.
cc) Auch das Berufungsgericht hat nicht verkannt, daß es dem Kläger nicht zuzumuten war, sich die Möglichkeit eines neuen Exklusivvertrages mit einem anderen Produzenten wegen der noch ausstehenden Vertragserfüllung durch den
Beklagten zu verstellen. Es meint jedoch, der Kläger hätte dem Beklagten in entsprechender Anwendung von § 326 Abs. 1 Satz 1 BGB schon vor Eintritt des Verzuges , also irgendwann im Jahre 1995, eine Frist mit Ablehnungsandrohung setzen können. Richtig ist zwar, daß ausnahmsweise schon vor Fälligkeit eine solche Frist gesetzt werden kann, wenn bereits frühzeitig ernsthafte Zweifel an der Leistungsfähigkeit oder -bereitschaft des Schuldners bestehen (vgl. BGH, Urt. v. 21.10.1982 – VII ZR 51/82, NJW 1983, 989, 990; MünchKomm/Emmerich aaO § 326 BGB Rdn. 64 m.w.N.). Eine Verpflichtung zu einer solchen frühzeitigen Nachfristsetzung besteht indessen nicht. Vielmehr steht es dem Gläubiger frei, zunächst Fälligkeit und Verzugseintritt abzuwarten, um nunmehr – wenn inzwischen sein Interesse an der Erfüllung infolge des Verzugs entfallen ist – Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu beanspruchen oder vom Vertrag zurückzutreten.
dd) Fehl geht schließlich der Hinweis des Berufungsgerichts auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 11. Februar 1971 (VII ZR 170/69, WM 1971, 615, 617). Dort ist ausgesprochen, daß sich ein Gläubiger nicht auf § 326 Abs. 2 BGB berufen kann, wenn der Wegfall des Interesses an einer Erfüllung darauf beruht, daß er bereits vorzeitig ein Deckungsgeschäft abgeschlossen hat, ohne das Ergebnis der Nachfristsetzung abzuwarten (vgl. auch RGZ 96, 126, 129). Der Streitfall ist mit einer solchen Fallkonstellation nicht vergleichbar. Denn der Vertrag, den der Kläger mit dem neuen Produzenten abgeschlossen hat, betrifft nicht die Laufzeit des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages und stellt daher eindeutig nicht das Deckungsgeschäft für die vom Beklagten im Jahre 1995 versäumte Produktion dar.
III. Danach ist das angefochtene Urteil auf die Revision des Klägers aufzuheben. Die Sache ist zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Beru-
fungsgericht zurückzuverweisen. Das Berufungsgericht wird nunmehr zu klären haben, ob der Kläger – wie von ihm vorgetragen – tatsächlich im Februar 1996 bereits exklusiv bei einem anderen Produzenten unter Vertrag stand und deshalb gehindert war, die 1995 versäumte Produktion Anfang des Jahres 1996 noch nachzuholen.
Gelangt das Berufungsgericht dabei zu dem Ergebnis, daß dem Kläger dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch aus § 326 BGB zusteht, wird es die Frage eines Mitverschuldens des Klägers zu prüfen haben (vgl. zur Anwendung des § 254 im Rahmen des § 326 BGB MünchKomm/Emmerich aaO § 326 BGB Rdn. 129). Der Beklagte hat insofern vorgetragen, für das Jahr 1995 sei eine geänderte Vorgehensweise ins Auge gefaßt worden, wonach zunächst der Kläger geeignete Titel habe vorschlagen sollen. Dies sei nicht geschehen, weshalb er, der Beklagte, angenommen habe, daß auf seiten des Klägers kein Interesse an einer weiteren Produktion bestanden habe. Zwar könnte ein solcher Sachverhalt, wenn er sich bestätigen sollte, nichts daran ändern, daß die Produktion der Titel dem Beklagten oblag und er daher – ungeachtet der Mitwirkungspflichten des Klägers – die Initiative hätte ergreifen müssen. Den Kläger könnte aber in diesem Fall ein Mitverschulden an der Versäumung der Produktion treffen.
Unabhängig davon wird das Berufungsgericht der Frage nachzugehen haben , ob ein Mitverschulden des Klägers auch darin liegen kann, daß er im Laufe des Jahres 1995 gegenüber dem Beklagten niemals zum Ausdruck gebracht hat, daß er trotz der entstandenen Differenzen auf einer Vertragserfüllung durch den Beklagten besteht.
Schließlich wird das Berufungsgericht gegebenenfalls zu prüfen haben, ob für eine Schadensschätzung mit dem Landgericht auf den Durchschnitt der Einnahmen aus den Jahren 1991 bis 1994 abgestellt werden kann oder ob die rückläufige Tendenz der Einnahmen während dieser Zeit in die Schadensschätzung einfließen muß. Dem Kläger wäre es dann unbenommen, zu seinen Einnahmen aus den Produktionen der Folgejahre vorzutragen, um auf diese Weise darzulegen , daß keine Anhaltspunkte für generell rückläufige Einnahmen bestanden hätten.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Schaffert

*

(1) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung; bei einer Teilleistung findet § 441 Abs. 3 entsprechende Anwendung. Satz 1 gilt nicht, wenn der Schuldner im Falle der nicht vertragsgemäßen Leistung die Nacherfüllung nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu erbringen braucht.

(2) Ist der Gläubiger für den Umstand, auf Grund dessen der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten braucht, allein oder weit überwiegend verantwortlich oder tritt dieser vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit ein, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist, so behält der Schuldner den Anspruch auf die Gegenleistung. Er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Befreiung von der Leistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.

(3) Verlangt der Gläubiger nach § 285 Herausgabe des für den geschuldeten Gegenstand erlangten Ersatzes oder Abtretung des Ersatzanspruchs, so bleibt er zur Gegenleistung verpflichtet. Diese mindert sich jedoch nach Maßgabe des § 441 Abs. 3 insoweit, als der Wert des Ersatzes oder des Ersatzanspruchs hinter dem Wert der geschuldeten Leistung zurückbleibt.

(4) Soweit die nach dieser Vorschrift nicht geschuldete Gegenleistung bewirkt ist, kann das Geleistete nach den §§ 346 bis 348 zurückgefordert werden.

(5) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, kann der Gläubiger zurücktreten; auf den Rücktritt findet § 323 mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass die Fristsetzung entbehrlich ist.

*

(1) Erbringt bei einem gegenseitigen Vertrag der Schuldner eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß, so kann der Gläubiger, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat, vom Vertrag zurücktreten.

(2) Die Fristsetzung ist entbehrlich, wenn

1.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
2.
der Schuldner die Leistung bis zu einem im Vertrag bestimmten Termin oder innerhalb einer im Vertrag bestimmten Frist nicht bewirkt, obwohl die termin- oder fristgerechte Leistung nach einer Mitteilung des Gläubigers an den Schuldner vor Vertragsschluss oder auf Grund anderer den Vertragsabschluss begleitenden Umstände für den Gläubiger wesentlich ist, oder
3.
im Falle einer nicht vertragsgemäß erbrachten Leistung besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen.

(3) Kommt nach der Art der Pflichtverletzung eine Fristsetzung nicht in Betracht, so tritt an deren Stelle eine Abmahnung.

(4) Der Gläubiger kann bereits vor dem Eintritt der Fälligkeit der Leistung zurücktreten, wenn offensichtlich ist, dass die Voraussetzungen des Rücktritts eintreten werden.

(5) Hat der Schuldner eine Teilleistung bewirkt, so kann der Gläubiger vom ganzen Vertrag nur zurücktreten, wenn er an der Teilleistung kein Interesse hat. Hat der Schuldner die Leistung nicht vertragsgemäß bewirkt, so kann der Gläubiger vom Vertrag nicht zurücktreten, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist.

(6) Der Rücktritt ist ausgeschlossen, wenn der Gläubiger für den Umstand, der ihn zum Rücktritt berechtigen würde, allein oder weit überwiegend verantwortlich ist oder wenn der vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit eintritt, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist.

Verletzt der Schuldner bei einem gegenseitigen Vertrag eine Pflicht nach § 241 Abs. 2, so kann der Gläubiger zurücktreten, wenn ihm ein Festhalten am Vertrag nicht mehr zuzumuten ist.

Die Volljährigkeit tritt mit der Vollendung des 18. Lebensjahres ein.

Verletzt der Schuldner bei einem gegenseitigen Vertrag eine Pflicht nach § 241 Abs. 2, so kann der Gläubiger zurücktreten, wenn ihm ein Festhalten am Vertrag nicht mehr zuzumuten ist.

Ein wörtliches Angebot des Schuldners genügt, wenn der Gläubiger ihm erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde, oder wenn zur Bewirkung der Leistung eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist, insbesondere wenn der Gläubiger die geschuldete Sache abzuholen hat. Dem Angebot der Leistung steht die Aufforderung an den Gläubiger gleich, die erforderliche Handlung vorzunehmen.

(1) Wer aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern, es sei denn, dass er vorzuleisten verpflichtet ist. Hat die Leistung an mehrere zu erfolgen, so kann dem einzelnen der ihm gebührende Teil bis zur Bewirkung der ganzen Gegenleistung verweigert werden. Die Vorschrift des § 273 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(2) Ist von der einen Seite teilweise geleistet worden, so kann die Gegenleistung insoweit nicht verweigert werden, als die Verweigerung nach den Umständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Teils, gegen Treu und Glauben verstoßen würde.

Eine Forderung, der eine Einrede entgegensteht, kann nicht aufgerechnet werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 75/99 Verkündet am:
9. Oktober 2000
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Hat eine GmbH die Bestellung ihres Geschäftsführers wirksam widerrufen und an
seiner Stelle einen anderen Geschäftsführer bestellt, läßt die Gesellschaft in der
Regel erkennen, daß sie unter keinen Umständen zur weiteren Beschäftigung
des abberufenen Geschäftsführers bereit ist. Dieser kann unter den gegebenen
Umständen die Weiterzahlung seines Gehaltes fordern, ohne seine Dienste der
Gesellschaft zumindest wörtlich angeboten zu haben.

b) Hat der Gläubiger einer GmbH deren Anspruch auf Darlehensrückzahlung gegen
einen abberufenen Geschäftsführer gepfändet und sich zur Einziehung überweisen
lassen, kann dieser mit einem ihm gegen die Gesellschaft zustehenden Gehaltsanspruch
auch gegenüber dem Pfändungspfandgläubiger aufrechnen. Die
Aufrechnung ist jedoch ausgeschlossen, wenn an dem Anspruch, mit dem aufgerechnet
wird, ein Leistungsverweigerungsrecht besteht.
BGH, Urteil vom 9. Oktober 2000 - II ZR 75/99 - Kammergericht
LG Berlin
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Oktober 2000 durch die Richter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Henze,
Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und die Richterin Münke

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 27. Zivilsenats des Kammergerichts vom 14. Januar 1999 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Dem Kläger steht gegen dieG. GmbH aufgrund von zwei rechtskräftigen Versäumnisurteilen des Landgerichts B. v om 14. September und 7. November 1995 eine Forderung aus Werkvertrag in Höhe von 237.223,41 DM sowie aus einem Kostenfestsetzungsbeschluß dieses Gerichts vom 18. Dezember 1995 eine Kostenforderung von 10.556,50 DM zu. Die G. GmbH hat gegen den Beklagten, ihren früheren Geschäftsführer, aus Darlehen einen restlichen Rückzahlungsanspruch in Höhe von 80.000,-- DM. Da der Kläger seinen Anspruch gegen die Gesellschaft nicht durchsetzen konnte - ihr Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über ihr Vermögen ist
mit Beschluß des Amtsgerichts C. v om 27. September 1995 mangels Masse abgewiesen worden -, ließ er den Darlehensrückzahlungsanspruch durch Beschluß des Amtsgerichts S. vom 1. August 1996 pfänden und sich zur Einziehung überweisen. Aus diesem Recht geht er im vorliegenden Verfahren gegen den Beklagten vor.
Der Beklagte hat einen Betrag von 86.130,28 DM zur Aufrechnung gestellt. Er setzt sich aus Vergütungsforderungen aus dem Geschäftsführerverhältnis für die Monate Oktober bis Dezember 1995 in Höhe von monatlich 23.658,60 DM, einer anteiligen Vergütungsforderung für die Zeit vom 27. September bis 30. September 1995 von 3.154,48 DM sowie einem Anspruch auf betriebliche Sonderzahlung von 12.000,-- DM per 30. November 1995 zusammen. Die Parteien streiten darüber, ob dem Beklagten diese Beträge aus Geschäftsführervertrag zustehen. Der Kläger macht geltend, dem Beklagten stünden gegen die G. GmbH keinerlei Ansprüche mehr zu. Nach Widerruf seiner Geschäftsführerbestellung am 7. Juni 1995 habe der Beklagte seine Dienste der G. GmbH nicht mehr angeboten, so daß diese nicht in Annahmeverzug geraten sei und ihm somit kein Geschäftsführerentgelt zustehe. Zudem müsse er sich sein Einkommen aus einer anderweitigen Tätigkeit anrechnen lassen. Auch hätten die Gesellschaft und der Beklagte am 15. August 1995 den Anstellungsvertrag aufgehoben. Ferner stehe dem Beklagten für den Monat Dezember 1995 kein Tantiemeanspruch zu.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seinen Zahlungsanspruch weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision des Klägers führt zur Zurückverweisung. Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kann nicht ausgeschlossen werden , daß die von dem Beklagten erklärte Aufrechnung ganz oder teilweise keinen Erfolg hat. Unter diesen Umständen wäre der Klage ganz oder teilweise stattzugeben.
1. Allerdings rügt die Revision zu Unrecht, dem Beklagten stehe schon deswegen keine Forderung aus dem Geschäftsführervertrag zu, weil sich die G. GmbH mit der Annahme der Dienstleistungen des Beklagten nicht in Verzug befunden habe (§ 615 Satz 1 BGB). Es kann dahingestellt bleiben, ob der Geschäftsführer, dessen Organbestellung widerrufen worden ist, dessen Anstellungsvertrag jedoch fortbesteht, der Gesellschaft die Leistung seiner Dienste zumindest wörtlich anbieten und damit die Voraussetzungen des Annahmeverzuges (§§ 295, 615 Satz 1 BGB) herbeiführen muß, um die vereinbarte Vergütung weiterhin verlangen zu können. Ein solches Angebot ist dann nicht erforderlich, wenn die verpflichtete Gesellschaft erkennen läßt, daß sie unter keinen Umständen bereit ist, den Geschäftsführer weiter zu beschäftigen. Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Falle gegeben; denn die G. GmbH hat durch die Abberufung des Beklagten und die anschließende Berufung des Zeugen Z. an dessen Stelle zum Geschäftsführer zum Ausdruck gebracht, daß für sie eine Geschäftsführertätigkeit des Beklagten endgültig nicht mehr in Frage kam. Davon abgesehen hat der Beklagte der G. GmbH seine Dienste wörtlich konkludent dadurch angeboten, daß er mit Schreiben vom 4. August 1995 Entgeltansprüche aus dem Geschäftsfüh-
rervertrag für die Zeit von Juli bis einschließlich Dezember 1995 geltend gemacht hat.
2. Unbegründet ist auch die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe das Vorbringen des Klägers nicht berücksichtigt, dieG. GmbH und der Beklagte hätten mit Wirkung zum 15. August 1995 den Geschäftsführervertrag einverständlich aufgehoben. Dieses Vorbringen stellt eine Schlußfolgerung aus dem Inhalt des Schreibens vom 4. August 1995 dar, mit dem der Beklagte gegenüber der G. GmbH Entgeltansprüche für die Zeit vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 1995 geltend gemacht hat. Selbst wenn man der Ansicht des Klägers folgt, daraus ergebe sich eine Aufhebungsvereinbarung, ist der weitere Schluß, jegliche Entgeltansprüche des Beklagten seien mit der Aufhebung weggefallen, nicht gerechtfertigt. Vielmehr ergibt sich aus dem Schreiben, daß die Erfüllung der von dem Beklagten aufgelisteten Ansprüche Voraussetzung für sein widerspruchsloses Ausscheiden aus der Geschäftsführerstellung ist. Der Antrag auf Vernehmung des Zeugen Z. ist daher nach dem Vorbringen des Klägers nicht schlüssig. Das Berufungsgericht hat somit diesen Beweis zu Recht nicht erhoben.
3. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht jedoch eine Anrechnung der Einkünfte des Beklagten nach § 615 Satz 2 BGB abgelehnt, die er in der Zeit von September bis Dezember 1995 durch Ausübung einer anderweitigen beruflichen Tätigkeit erzielt hat.
Der Hinweis des Berufungsgerichts auf das Recht des Beklagten, nach § 6 des Geschäftsführervertrages mit Zustimmung der G. GmbH einer Nebentätigkeit nachgehen zu dürfen, hindert die Anrechnungspflicht nicht. Denn
der Beklagte hat nicht eine Nebentätigkeit im Sinne dieser Vereinbarung ausgeübt , sondern anstelle seiner hauptberuflichen Tätigkeit bei der G. GmbH eine solche Tätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber aufgenommen. Das erfüllt die Voraussetzungen der Anrechnungspflicht nach § 615 Satz 2 BGB.
Zu Unrecht hat das Berufungsgericht auch den Vortrag des Klägers zu dem neuen Dienstverhältnis des Beklagten als nicht hinreichend substantiiert angesehen. Der Kläger brauchte nur zu behaupten, daß der Beklagte ein neues Anstellungsverhältnis eingegangen ist. Daß er das getan hat, hat er auch nicht bestritten, sondern sogar bestätigt. Über die Höhe der von dem Beklagten bezogenen Vergütung konnte der Kläger nichts aussagen. Da der Beklagte Einzelheiten dazu aus eigener Kenntnis ohne weiteres darlegen kann, trifft ihn die Verpflichtung, die Dauer des Dienstverhältnisses und die Höhe der Bezüge daraus darzulegen (BGH, Urt. v. 11. Juni 1990 - II ZR 159/89, NJW 1990, 3151, 3152).
Die Revisionserwiderung meint, die G. GmbH habe für den Beklagten keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr gehabt, so daß sie auf seine weitere Tätigkeit keinen Wert mehr habe legen können. Darin liege der stillschweigende Ausschluß einer Anrechnung anderweitigen Verdienstes. Dem kann nicht gefolgt werden. Ein Verzicht auf die Anrechnung eines anderweit erzielten Verdienstes kommt nur dann in Betracht, wenn der Arbeitgeber durch sein gesamtes Verhalten zu erkennen gibt, daß ihn das Verhalten des Arbeitnehmers bis zum Ablauf des Vertrages in keiner Weise mehr interessiert. Davon kann aber nur dann ausgegangen werden, wenn die Parteien über Zeitpunkt und Anlaß der Vertragsbeendigung im Einvernehmen auseinandergehen
(Staudinger/ Richardi, BGB 13. Aufl. § 615 Rdn. 136). Derartige Voraussetzungen sind im vorliegenden Falle nicht gegeben. Es ist zwar richtig, daß die G. GmbH eine weitere Tätigkeit des Beklagten nicht mehr wünschte. Daraus kann jedoch nicht der Schluß gezogen werden, die Frage einer weiteren Entgeltzahlung sei für sie ohne Bedeutung gewesen. Aus den zwischen ihr und dem Beklagten geführten Verhandlungen, wie sie sich in dem Schreiben vom 4. August 1995 niedergeschlagen haben, ergibt sich gerade, daß über die Frage der Vergütung kein Einvernehmen bestand. Infolgedessen kann der G. GmbH auch nicht unterstellt werden, sie habe auf eine Anrechnung anderweitigen Verdienstes des Beklagten auf die von ihr noch zu erfüllenden Gehaltsansprüche keinen Wert gelegt.
Die Revisionserwiderung vertritt weiter die Ansicht, der Kläger könne die Einrede aus § 615 Satz 2 BGB nicht erheben. Er habe sich lediglich den Darlehensrückzahlungsanspruch pfänden und zur Einziehung überweisen lassen; damit habe er jedoch keinerlei Rechte aus dem Dienstverhältnis erlangt, das zwischen der G. GmbH und dem Beklagten bestanden habe. Diese Ansicht der Revisionserwiderung ist unrichtig.
Durch den Pfändungs- und Überweisungsbeschluß des Amtsgerichts S. i.S. der §§ 829, 835 ZPO hat der Kläger die Stellung eines Pfandgläubigers i.S. des § 1275 BGB erlangt (vgl. MüKo zur ZPO/Smid 1992, § 829 Rdn. 2; § 835 Rdn. 2). Nach dieser Vorschrift finden auf das Rechtsverhältnis zwischen Pfandgläubiger und dem Verpflichteten die für die Übertragung des Rechtes maßgebenden Vorschriften des Bürgerlichen Rechtes, also die §§ 398 ff. BGB Anwendung. Nach § 406 BGB kann ein Schuldner mit Forde-
rungen, die ihm gegen den bisherigen Gläubiger bereits vor der Abtretung zugestanden haben, auch gegenüber dem neuen Gläubiger aufrechnen. Das setzt aber voraus, daß seine Forderung aufrechnungsfähig ist (Staudinger /Busche, BGB 13. Aufl. § 406 Rdn. 13). Nach § 390 BGB kann eine Forderung , der eine Einrede entgegensteht, nicht aufgerechnet werden. Dazu ist nicht erforderlich, daß die Einrede bereits erhoben worden ist; es genügt ihre bloße Existenz (Staudinger/Gursky, BGB Neuauflage 2000 § 390 Rdn. 26). Als Einrede kommen sämtliche Leistungsverweigerungsrechte des Bürgerlichen Rechtes, also auch das des § 615 Satz 2 BGB in Betracht (vgl. Staudinger /Gursky, BGB aaO § 390 Rdn. 3).
Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung kann der Kläger der Aufrechnung des Beklagten daher mit der Berufung auf das Leistungsverweigerungsrecht nach § 615 Satz 2 BGB begegnen.
4. Zu Recht rügt die Revision auch, daß das Berufungsgericht einen anteiligen Tantiemebetrag von 10.500,-- DM für den Monat Dezember 1995 als Aufrechnungsforderung berücksichtigt hat. Denn das Schreiben der G. GmbH vom 8. Juli 1994 zur Gewährung eines derartigen Anspruches ist widersprüchlich. Es heißt dort einmal, für das Wirtschaftsjahr 1996 werde der Tantiemebetrag unabhängig von irgendwelchen Voraussetzungen auf 126.000,-- DM jährlich erhöht. Andererseits wird ausgeführt, vom Wirtschaftsjahr 1996 an werde sich der Gewinnanteil der Bezüge nach den Vereinbarungen des bestehenden Dienstvertrages berechnen. In diesem Vertrag heißt es dazu, die Höhe der Tantieme betrage bei einem Deckungsbeitrag von über 125 % jährlich 126.000,-- DM. Ein solcher Betrag kann aber im Wirtschaftsjahr 1996 allein deswegen nicht erreicht worden sein, weil die G. GmbH be-
reits damals notleidend war. Denn am 17. August 1995 ist über ihr Vermögen die Sequestration angeordnet und am 27. September 1995 der Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens mangels Masse zurückgewiesen worden. Diesem Widerspruch hätte das Berufungsgericht - erforderlichenfalls unter Erteilung entsprechender Hinweise nach § 139 ZPO - nachgehen müssen.
5. Das Berufungsurteil war somit aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuverweisen, damit die weiterhin erforderlichen Feststellungen - gegebenenfalls nach ergänzendem Sachvortrag durch die Parteien - getroffen werden. Dabei wird das Berufungsgericht auch Gelegenheit haben, weitere Revisionsrügen, deren Behandlung durch den Senat nicht erforderlich war, zu berücksichtigen.
Hesselberger Henze Goette
Kurzwelly Münke

(1) Wer aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern, es sei denn, dass er vorzuleisten verpflichtet ist. Hat die Leistung an mehrere zu erfolgen, so kann dem einzelnen der ihm gebührende Teil bis zur Bewirkung der ganzen Gegenleistung verweigert werden. Die Vorschrift des § 273 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(2) Ist von der einen Seite teilweise geleistet worden, so kann die Gegenleistung insoweit nicht verweigert werden, als die Verweigerung nach den Umständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Teils, gegen Treu und Glauben verstoßen würde.

*

(1) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung; bei einer Teilleistung findet § 441 Abs. 3 entsprechende Anwendung. Satz 1 gilt nicht, wenn der Schuldner im Falle der nicht vertragsgemäßen Leistung die Nacherfüllung nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu erbringen braucht.

(2) Ist der Gläubiger für den Umstand, auf Grund dessen der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten braucht, allein oder weit überwiegend verantwortlich oder tritt dieser vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit ein, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist, so behält der Schuldner den Anspruch auf die Gegenleistung. Er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Befreiung von der Leistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.

(3) Verlangt der Gläubiger nach § 285 Herausgabe des für den geschuldeten Gegenstand erlangten Ersatzes oder Abtretung des Ersatzanspruchs, so bleibt er zur Gegenleistung verpflichtet. Diese mindert sich jedoch nach Maßgabe des § 441 Abs. 3 insoweit, als der Wert des Ersatzes oder des Ersatzanspruchs hinter dem Wert der geschuldeten Leistung zurückbleibt.

(4) Soweit die nach dieser Vorschrift nicht geschuldete Gegenleistung bewirkt ist, kann das Geleistete nach den §§ 346 bis 348 zurückgefordert werden.

(5) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, kann der Gläubiger zurücktreten; auf den Rücktritt findet § 323 mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass die Fristsetzung entbehrlich ist.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.

(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.

(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.

(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.