Bundesgerichtshof Urteil, 18. Jan. 2001 - I ZR 256/98

bei uns veröffentlicht am18.01.2001

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 256/98 Verkündet am:
18. Januar 2001
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
CMR Art. 17 Abs. 2
Zur Frage der Unvermeidbarkeit eines in der Nähe von Moskau begangenen
Überfalls auf einen Lkw-Transport, bei dem die Ladung (Sanitärausrüstungsgegenstände
) entwendet wurde.
BGH, Urt. v. 18. Januar 2001 - I ZR 256/98 - OLG Naumburg
LG Dessau
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Januar 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Erdmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Starck, Pokrant und
Dr. Büscher

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 11. September 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin, eine Import-Export Handelsgesellschaft, nimmt die Beklagte , die ein Speditions- und Frachtführergewerbe betreibt und in Perm/Rußland eine selbständige Niederlassung unterhält, wegen des Verlustes von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch.
Die Klägerin erteilte dem Geschäftsführer der Beklagten, der auch Leiter der Niederlassung in Perm ist, am 29. April 1996 telefonisch den Auftrag, Sanitärausrüstungsgegenstände per Lkw von Deutschland nach Rußland zu befördern. Die Verladeformalitäten und die Erstellung der für den Transport erforderlichen Papiere erledigte die Beklagte. Der Einsatz des Lkws und des Fahrers B. erfolgte durch die Niederlassung der Beklagten in Perm. Der Fahrer übernahm das Transportgut am 6. und 7. Mai 1996 in Offenburg und Magdeburg /Rottensee. Am 15. Mai 1996 teilte die Niederlassung der Beklagten in Perm der Klägerin per Fax-Schreiben mit, daß die Ladung in der Nähe von Moskau vollständig entwendet worden sei.
In seiner bei der russischen Polizei am 14. Mai 1996 erstatteten Anzeige hat der Fahrer zum Hergang der Entwendung folgendes angegeben: Er sei am 13. Mai 1996 gegen 23.30 Uhr von vier ihm unbekannten Personen, von denen zwei als Milizmitarbeiter uniformiert gewesen seien, angehalten worden. Auf deren Verlangen habe er zunächst seine Papiere vorgezeigt. Anschließend sei er aufgefordert worden, sein Fahrzeug zu verlassen und in einen Pkw einzusteigen , mit dem er dann in einen Wald gebracht worden sei. Dort hätten die Personen ihn an einem Baum festgebunden. Die Nacht habe er in dem Wald
verbringen müssen. Am nächsten Morgen seien die ihm unbekannten Personen weggefahren. Nachdem er sich befreit gehabt habe und aus dem Wald herausgekommen sei, habe er seinen Lkw in der Nähe des Waldes ohne das Ladungsgut vorgefunden.
Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage Ersatz für das in Verlust geratene Gut. Sie hat vorgebracht, die Beklagte mit der Durchführung des streitgegenständlichen Transports beauftragt zu haben. Ferner hat die Klägerin die Auffassung vertreten, die Beklagte hafte für den eingetretenen Schaden gemäß Art. 17 Abs. 1 CMR, weil der von ihr eingesetzte Fahrer nicht die äußerste ihm zumutbare Sorgfalt aufgewendet habe. Er hätte erkennen müssen, daß es sich nicht um eine ordnungsgemäße Polizeikontrolle gehandelt habe, weil von den vier Personen, die ihn angehalten hätten, zwei nicht uniformiert gewesen seien und es sich bei dem von den anhaltenden Personen benutzten Pkw unstreitig nicht um ein Polizeifahrzeug gehandelt habe. Der Fahrer hätte sich deshalb von der Identität der vermeintlichen Polizeibeamten überzeugen müssen, zumal es keinen Anlaß für eine Kontrolle gegeben habe.
Der Nettowert des entwendeten Gutes, das ein Rohgewicht von 7.433 kg gehabt habe, habe 270.170,69 DM betragen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie den Betrag in Deutscher Mark zu bezahlen, der sich aus folgender Rechnung gemäß Art. 23 CMR ergibt: 7.433 kg fehlendes Gewicht x 8,33 Rechnungseinheiten, diese zu berechnen aus dem Sonderziehungsrecht des Internationalen
Währungsfonds am Tag des Urteils, nebst 12,5 % Zinsen hieraus seit dem 2. August 1996. Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat ihre Passivlegitimation in Abrede gestellt und dazu behauptet, es sei mit der Klägerin vereinbart worden , daß ihre Niederlassung in Perm Auftragnehmerin des streitgegenständlichen Transportes habe sein sollen. Ferner hat die Beklagte geltend gemacht, der Verlust des Transportgutes beruhe auf einem unabwendbaren Ereignis, so daß ihre Haftung nach Art. 17 Abs. 2 CMR entfalle. Der Fahrer habe nach den Gesamtumständen davon ausgehen müssen, daß er in eine Polizeikontrolle geraten sei. Folgerichtig habe er sein Fahrzeug angehalten. Es habe für ihn nicht den geringsten Grund gegeben, sich der Polizeikontrolle zu entziehen. Andernfalls wäre er das Risiko eingegangen, daß die eingesetzten Milizionäre von ihrer Schußwaffe Gebrauch gemacht und auf ihn geschossen hätten. Er sei auch verpflichtet gewesen, aus seinem Fahrzeug auszusteigen, weil ihm eine Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit vorgeworfen worden sei. Um sich selbst von der Radarmessung überzeugen zu können, sei er aufgefordert worden, in das von den anhaltenden Personen benutzte Fahrzeug einzusteigen. Entgegen der Behauptung der Klägerin habe das Transportgut, dessen Wert sie mit Nichtwissen bestreite, nur ein Bruttogewicht von 6.177 kg gehabt.
Das Landgericht hat die Beklagte mit Ausnahme eines Teils der geltend gemachten Zinsen antragsgemäß verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen.
Mit der Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat eine Haftung der Beklagten nach Art. 17 Abs. 1, Art. 23 Abs. 1 und 3 CMR verneint, da sie sich auf einen Haftungsausschluß gemäß Art. 17 Abs. 2 CMR berufen könne. Dazu hat es ausgeführt:
Das Landgericht habe die Passivlegitimation der Beklagten mit Recht bejaht, da sie nicht hinreichend dargelegt und bewiesen habe, daß sie den streitgegenständlichen Transportauftrag nicht für sich, sondern für ihre selbständige Niederlassung in Perm angenommen habe. Eine Haftung der Beklagten sei jedoch nach Art. 17 Abs. 2 CMR ausgeschlossen, weil der Fahrer die Umstände, die zum Verlust des Gutes geführt hätten, nicht habe vermeiden und deren Folgen auch nicht habe abwenden können. Insbesondere aus der Anzeige des Fahrers vom 14. Mai 1996 ergebe sich, daß das Transportgut durch einen Raubüberfall auf den fahrenden Lkw abhanden gekommen sei. Die Angaben zum Hergang des Vorfalls würden durch das Protokoll der russischen Ermittlungsbehörden über die am 14. Mai 1996 durchgeführte Tatortbesichtigung gestützt. Die Klägerin habe zwar Zweifel an der Darstellung der Geschehensabläufe geäußert und die gesamten Umstände des angeblichen Überfalls als dubios und nicht nachvollziehbar bezeichnet. Sie habe jedoch nicht ausdrücklich bestritten, daß dem Verlust des Gutes ein Raubüberfall auf den fahrenden Lkw zugrunde gelegen habe. Ein Raubüberfall auf einen fahrenden Lastzug sei im allgemeinen unvermeidbar i.S. von Art. 17 Abs. 2 CMR, sofern die konkreten Umstände des Einzelfalls nicht für ein Außerachtlassen der äußersten , einem besonders gewissenhaften Frachtführer bzw. Fahrer vernünftigerweise noch zumutbaren Sorgfalt sprächen. Im Streitfall sei nichts für die Annahme ersichtlich, der Frachtführer oder der Fahrer hätten die ihnen zumut-
baren Sorgfaltspflichten außer acht gelassen. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei nicht zu erkennen, auf welche Weise der Frachtführer oder der Fahrer den Verlust des Transportgutes hätten vermeiden können. Dem Fahrer sei es angesichts der Anwesenheit von zwei Milizsoldaten insbesondere nicht zumutbar gewesen, die Aufforderung zum Anhalten zu mißachten, da er sich sonst einer nicht unerheblichen Gefahr für Leib oder Leben ausgesetzt hätte.
II. Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Das Berufungsgericht ist in Übereinstimmung mit dem Landgericht davon ausgegangen, daß die Beklagte von der Klägerin mit dem Transport des in Verlust geratenen Gutes von Deutschland nach Rußland beauftragt worden ist.
Die Revisionserwiderung rügt, das Berufungsgericht habe rechtsfehlerhaft unberücksichtigt gelassen, daß sich aus dem für den streitgegenständlichen Transport ausgestellten CMR-Frachtbrief (GA 99) ergebe, daß die selbständige Niederlassung der Beklagten in Perm/Rußland von der Klägerin als Frachtführerin beauftragt worden sei. Denn in Ziffer 16 des Frachtbriefs sei als Frachtführerin die H. Handelsgesellschaft Import-Export Perm, L.straße , Perm/Rußland, angegeben. Gemäß Art. 9 Abs. 1 CMR erbringe der Frachtbrief bis zum Beweis des Gegenteils den Nachweis für den Abschluß und den Inhalt des Beförderungsvertrags. Die Klägerin habe den ihr danach obliegenden Beweis, daß sie die Beklagte mit dem streitgegenständlichen Transport beauftragt habe, nicht erbracht.
Dieses Vorbringen rechtfertigt nicht die von der Revisionserwiderung erstrebte Abweisung der Klage wegen fehlender Passivlegitimation der Beklagten. Ein ordnungsgemäß ausgestellter und unterzeichneter CMR-Frachtbrief erbringt nach Art. 9 Abs. 1 CMR zwar den widerleglichen Beweis für den Abschluß und den Inhalt des Beförderungsvertrags und für die Übernahme des Transportgutes (vgl. BGH, Urt. v. 8.6.1988 - I ZR 149/86, TranspR 1988, 370, 371; Urt. v. 17.4.1997 - I ZR 251/94, TranspR 1998, 21, 23 = VersR 1998, 79; Koller, Transportrecht, 4. Aufl., Art. 9 CMR Rdn. 2; MünchKommHGB/Basedow, Art. 9 CMR Rdn. 3) und führt insoweit zur Beweislastumkehr (vgl. BGH TranspR 1998, 21, 23; Herber/Piper, CMR, Art. 9 Rdn. 1). Im Streitfall entfällt die Beweiswirkung des Art. 9 Abs. 1 CMR jedoch, da nicht ersichtlich ist, daß der Frachtbrief für die selbständige Niederlassung der Beklagten in Perm unterzeichnet worden ist. Der in Feld 23 des maßgeblichen CMR-Frachtbriefs enthaltene Rundstempel nebst Unterschrift reicht für eine derartige Annahme nicht aus, weil er nur die deutsche Firmenbezeichnung der Beklagten "H. Handelsgesellschaft Import - Export m.b.H." und den Zusatz "NL Perm" enthält. Aus der bloßen Angabe "NL Perm" kann - ungeachtet der Empfängerangabe in Feld 16 - nicht mit der erforderlichen Bestimmtheit geschlossen werden, daß die Klägerin eine selbständige Niederlassung der Beklagten mit der Durchführung des streitgegenständlichen Transports beauftragt hat, zumal nicht einmal erkennbar ist, daß die Niederlassung der Beklagten in Perm selbständig ist. Da unter den gegebenen Umständen eine Beweislastumkehr zugunsten der Beklagten nicht in Betracht kommt, ist das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei von deren Passivlegitimation ausgegangen.
2. Die weitere Annahme des Berufungsgerichts, eine CMR-Haftung der Beklagten gemäß Art. 17 Abs. 1, Art. 23 Abs. 1 und 3 i.V. mit Art. 3 CMR schei-
de aus, weil sie nach Art. 17 Abs. 2 CMR von ihrer Haftung befreit sei, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Gemäß Art. 17 Abs. 1 i.V. mit Art. 3 CMR schuldet der Frachtführer grundsätzlich Schadensersatz u.a. für den während seiner Obhutszeit eingetretenen Verlust des Transportgutes. Er ist von dieser Haftung nach Art. 17 Abs. 2 CMR dann befreit, wenn der Schaden durch Umstände verursacht worden ist, die sowohl für ihn selbst als auch für seine Gehilfen (Art. 3 CMR) unvermeidbar waren und deren Folgen keine dieser Personen abwenden konnte. Unvermeidbarkeit i.S. von Art. 17 Abs. 2 CMR ist nur anzunehmen, wenn der Frachtführer darlegt und gegebenenfalls beweist, daß der Schaden auch bei Anwendung der äußersten, dem Frachtführer möglichen und z umutbaren Sorgfalt nicht hätte vermieden werden können (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 8.10.1998 - I ZR 164/96, TranspR 1999, 59, 61 = VersR 1999, 469; Urt. v. 13.4.2000 - I ZR 290/97, TranspR 2000, 407, 408 = VersR 2000, 1437; Urt. v. 13.7.2000 - I ZR 49/98, TranspR 2000, 409, 410 = VersR 2001, 261).

a) Das Berufungsgericht hat angenommen, der streitgegenständliche Verlust sei für die Beklagte bzw. den mit der Durchführung des Transports betrauten Fahrer, für dessen Verhalten die Beklagte nach Art. 3 CMR einzustehen hat, unvermeidbar i.S. von Art. 17 Abs. 2 CMR gewesen, weil das Gut durch einen Raubüberfall auf den fahrenden Lkw abhanden gekommen sei. Dem Fahrer sei nach den konkreten Umständen keine andere Möglichkeit geblieben , als seinen Lkw anzuhalten und der Aufforderung der ihn stoppenden Personen, von denen zwei Milizuniformen getragen hätten, nachzukommen, seine Papiere vorzuzeigen und auszusteigen. Nach dem Verlassen seines Fahrzeugs habe er sich in der Gewalt von vier Personen befunden, denen er
sich wegen ihrer Übermacht nicht habe widersetzen können. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg.

b) Auf der Grundlage des vom Berufungsgericht zugrunde gelegten und von der Beklagten vorgetragenen Hergangs des streitgegenständlichen Vorfalls kann nicht angenommen werden, daß der Fahrer der Beklagten im Zusammenhang mit dem Raubüberfall die äußerste, ihm nach den Umständen des Falles vernünftigerweise zumutbare Sorgfalt hat walten lassen.
aa) Das Berufungsgericht ist im Tatsächlichen zunächst davon ausgegangen , daß das Transportgut durch einen Raubüberfall abhanden gekommen ist. Es hat angenommen, die Klägerin habe zwar Zweifel an der Darstellung der Geschehensabläufe seitens der Beklagten geäußert und die Auffassung vertreten , es seien Ungereimtheiten vorhanden. Die Klägerin habe jedoch - so hat das Berufungsgericht gemeint - nicht ausdrücklich bestritten, daß dem Verlust des Gutes ein Raubüberfall zugrunde gelegen habe. Diese Beurteilung erweist sich als verfahrensfehlerhaft.
Das Berufungsgericht hat - wie die Revision mit Recht rügt - rechtsfehlerhaft unberücksichtigt gelassen, daß die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 17. Juli 1997 ausdrücklich bestritten hat, daß überhaupt eine Kontrolle des Fahrers durch falsche oder richtige Polizeibeamte erfolgt sei. Darüber hinaus hat die Klägerin an der Darstellung der Geschehensabläufe durch den Fahrer und die Beklagte Zweifel angemeldet und - was das Berufungsgericht an sich auch zutreffend erkannt hat - auf Widersprüche und Ungereimtheiten hingewiesen. Unter diesen Umständen durfte das Berufungsgericht nicht annehmen, die Klägerin habe nicht substantiiert in Abrede gestellt, daß das Gut durch einen Raubüberfall abhanden gekommen sei. Es hätte sich vielmehr mit dem
Vorbringen der Beklagten im Schriftsatz vom 12. Mai 1997 im einzelnen auseinandersetzen müssen, in dem auf das Anlagenkonvolut B 5 Bezug genommen wird, das offenbar eine detaillierte Schilderung des Vorfalls durch den Fahrer anläßlich seiner Zeugenvernehmung im Rahmen eines von der Staatsanwaltschaft Dessau durchgeführten Ermittlungsverfahrens enthält. Das wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren nachzuholen sein. Die Anlage B 5 befindet sich allerdings nicht bei den Akten und es ist nicht ersichtlich, ob sie im Verfahren vorgelegen hat. Die Beklagte hat aber im neu eröffneten Berufungsverfahren Gelegenheit, das Anlagenkonvolut B 5, wie bereits in ihrer Klageerwiderung vom 12. Mai 1997 angekündigt, zum Gegenstand des Rechtsstreits zu machen.
bb) Das Berufungsgericht hat des weiteren angenommen, das Gut sei durch einen Raubüberfall auf den fahrenden Lkw abhanden gekommen. Es hat sich hierbei auf die Schilderung des Tathergangs durch den Fahrer anläßlich der von ihm am 14. Mai 1996 bei der russischen Polizei erstatteten Anzeige und das Protokoll der russischen Ermittlungsbehörden über die Tatortbesichtigung vom 14. Mai 1996 gestützt. Daraus läßt sich die Annahme des Berufungsgerichts jedoch nicht herleiten.
Das Berufungsgericht hat keine näheren Feststellungen zu den Umständen getroffen, die zum Anhalten des Lkw geführt haben. Auf der Grundlage der Sachverhaltsschilderungen der Beklagten und des Fahrers ist davon auszugehen , daß der Fahrer aufgrund einer fingierten Polizeikontrolle zum Anhalten und Aussteigen veranlaßt wurde. Anhaltspunkte dafür, daß ein bewaffneter Überfall auf einen fahrenden Lkw vorgelegen haben könnte, wie es in dem vom Senat mit Urteil vom 13. November 1997 entschiedenen Revisionsverfahren I ZR 157/95 (TranspR 1998, 250) der Fall war, auf das sich das Berufungsge-
richt zur Stützung seiner Ansicht bezogen hat, sind vom Berufungsgericht nicht festgestellt worden und können auch dem Vorbringen der Beklagten nicht entnommen werden.
cc) Zur Beantwortung der Frage, ob der streitgegenständliche Verlust des Transportgutes für die Beklagte unvermeidbar war i.S. von Art. 17 Abs. 2 CMR, bedarf es weiterer tatrichterlicher Feststellungen.
(1) Daß ein Haftungsausschluß gemäß Art. 17 Abs. 2 CMR - wie die Revision geltend macht - im Streitfall schon daran scheitert, daß der Frachtführer den Transport nur mit einem Fahrer hat durchführen lassen (vgl. dazu BGH, Urt. v. 17.4.1997 - I ZR 131/95, TranspR 1998, 25 = VersR 1998, 82; Urt. v. 28.5.1998 - I ZR 73/96, TranspR 1998, 454 = VersR 1998, 1264, jeweils zu Art. 29 Abs. 1 CMR), kann auf der bisherigen Tatsachengrundlage nicht angenommen werden. Da es bislang an konkreten Feststellungen des Berufungsgerichts zu den näheren Umständen fehlt, die zum Anhalten und Verlassen des Lkw durch den Fahrer geführt haben, kann nicht abschließend beurteilt werden , ob der Einsatz eines zweiten Fahrers die Entwendung der Ladung in der konkreten Situation hätte verhindern können.
(2) Entgegen der Auffassung der Revision kann ein Sorgfaltspflichtverstoß des Fahrers nicht darin erblickt werden, daß er die Anhaltesignale der ihn anhaltenden Personen befolgt hat und nicht bis zur nächsten Milizstation weitergefahren ist. Auf der bisherigen Tatsachengrundlage kann schon nicht davon ausgegangen werden, daß der Fahrer erkennen konnte, daß es sich lediglich um eine fingierte Polizeikontrolle gehandelt hat. Denn die Beklagte hat unter Beweisantritt vorgetragen, die Person, die den Fahrer angehalten hat, habe eine Uniformjacke mit Dienstmarke getragen. Es kann nach dem unstrei-
tigen Sachverhalt und den Feststellungen des Berufungsgerichts auch nicht angenommen werden, daß der Fahrer sofort alle vier Täter und das von ihnen benutzte Fahrzeug erkennen konnte. Die Revisionserwiderung verweist darauf, daß der Fahrer bei seiner Vernehmung im von der Staatsanwaltschaft Dessau durchgeführten Ermittlungsverfahren ausgesagt habe, die beiden in Zivil gekleideten Täter habe er erst beim Einsteigen in das von den Tätern benutzte Fahrzeug entdecken können. Diese von der Revisionserwiderung in Bezug genommene Zeugenaussage zum Tathergang kann der Revisionsentscheidung allerdings nicht zugrunde gelegt werden, da sie offenbar in dem bislang nicht zu den Akten gelangten Anlagenkonvolut B 5 enthalten ist.
Nach den bisherigen Feststellungen ist in der Revisionsinstanz sonach davon auszugehen, daß der Fahrer annehmen mußte, er sei in eine "echte" Polizeikontrolle geraten. Bei dieser Sachlage war es ihm aber nicht zumutbar, die Anhaltesignale zu ignorieren und bis zur nächsten Milizstation weiterzufahren.
(3) Ein Sorgfaltspflichtverstoß des Fahrers kann sich jedoch möglicherweise daraus ergeben, daß er der Aufforderung der ihn anhaltenden Person nachgekommen ist, sein Fahrzeug zu verlassen. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 17. Juli 1997 unwidersprochen vorgetragen, es sei im Fernverkehr mit Rußland absolut üblich, daß sich der Fahrer bei einer Kontrolle durch die russische Verkehrspolizei (GAI) oder Miliz den Dienstausweis des kontrollierenden Polizeibeamten geben lasse, bevor er aus dem Fahrerhaus aussteige. Dies sei den kontrollierenden Polizeibeamten auch bekannt. Bei einer "echten" Kontrolle werde dem Verlangen des Fahrers bereitwillig nachgekommen und ein Dienstausweis vorgelegt.
Das Berufungsgericht hat bislang nicht festgestellt, daß der Fahrer sich vor dem Aussteigen einen Dienstausweis hat zeigen lassen. Den Akten kann dies ebenfalls nicht entnommen werden. Die Beklagte hat allerdings vorgetragen , die Person, die den Fahrer angehalten habe, habe eine Uniformjacke und die von der Klägerin angesprochene Dienstmarke getragen. Die Revisionserwiderung verweist zudem darauf, daß der Fahrer bei seiner Vernehmung im Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Dessau bekundet habe, es habe sich in seiner Fahrtrichtung am Straßenrand ein gültiges Verkehrsschild mit der Beschriftung "GAI 500 m" befunden, das für ihn besagt habe, es könnte in einer Entfernung von 500 m eine Verkehrskontrolle stattfinden; etwa 300-400 m nach dem Schild sei er dann auch tatsächlich angehalten worden. Das Berufungsgericht wird diesem Vorbringen nachzugehen und zu prüfen haben, ob der Fahrer unter diesen Umständen mit einer nur fingierten Kontrolle rechnen mußte und deshalb Veranlassung hatte, sich einen Dienstausweis der kontrollierenden Person vorlegen zu lassen.
3. Das Berufungsgericht wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren gegebenenfalls auch zu berücksichtigen haben, daß die Beklagte den Wert und das Gewicht des in Verlust geratenen Gutes in zulässiger Weise bestritten hat und es insoweit bislang an hinreichenden tatrichterlichen Feststellungen fehlt.
Ferner wird das Berufungsgericht - sofern es zu einer Haftung der Beklagten dem Grunde nach gelangt - zu prüfen haben, ob die Klägerin den Verlust des Gutes dadurch i.S. von Art. 17 Abs. 5 CMR mitverursacht hat, daß sie - was allerdings bestritten ist - die Beklagte und den Fahrer in Unkenntnis darüber gelassen habe, daß die Wertdeklaration von ca. 30.000,-- DM nicht richtig gewesen sei, der wahre Wert des Gutes vielmehr - so die bestrittene Behaup-
tung der Klägerin - etwa 270.000,-- DM betragen habe. Denn die Beklagte hat in ihrer Klageerwiderung vom 12. Mai 1997 u.a. vorgebracht, im russischen Verlade- und Frachtführergewerbe bestehe grundsätzlich die Verkehrsübung, daß bei Transportgut, dessen Wert pro Lastzug ca. 100.000,-- DM überschreite , von seiten des Frachtführers die Lastzüge mit zwei Fahrern besetzt würden bzw. der vom Verlader vorgegebene Begleitschutz mitgeführt werde. Für den Transit durch Polen habe im Jahre 1996 zudem eine Anordnung des polnischen Zolls bestanden, daß bei Transportgut ab 100.000,-- DM Warenwert je Lastzug ausschließlich im Konvoi mit anderen Lastzügen unter amtlichem Begleitschutz habe gefahren werden dürfen. Es erscheint nicht von vornherein ausgeschlossen, daß die von der Beklagten angeführten zusätzlichen Sicherungsmaßnahmen den in Rede stehenden Verlust des Transportgutes verhindert hätten.
III. Danach war auf die Revision der Klägerin das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Starck
Pokrant Büscher

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Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
CMR Art. 17 Abs. 2
Der Verlust von - erkennbar besonders wertvollem - Transportgut (hier: sechs
PKW) infolge Raubüberfalls im Ausland (hier: Sofia/Bulgarien) ist in der Regel
nicht unvermeidbar, wenn der in der Dunkelheit eintreffende Fahrer deshalb
gezwungen ist, anzuhalten und Dritte nach dem Weg zu fragen, weil er weder
mit einem Stadtplan vom Empfangsort noch zumindest mit einer genauen
Wegbeschreibung zur Empfängeradresse ausgestattet ist.
BGH, Urt. v. 13. April 2000 - I ZR 290/97 - OLG Bremen
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Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
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Dr. Erdmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Starck, Pokrant und
Dr. Büscher

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen - 2. Zivilsenat - vom 6. November 1997 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bremen vom 18. März 1997 wird zurückgewiesen.
Die Beklagten tragen als Gesamtschuldner die Kosten der Rechtsmittel.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin, eine Gesellschaft bulgarischen Rechts mit Sitz in Sofia, nimmt die Beklagten wegen des Verlustes von Transportgut auf Schadensersatz und Erstattung gezahlter Frachtkosten in Anspruch.
Die Klägerin erteilte der Beklagten zu 1, die ein Speditionsunternehmen betreibt und deren Komplementärin die Beklagte zu 2 ist, am 29. November und 1. Dezember 1994 zu festen Kosten den Auftrag, sechs Personenkraftwagen im Gesamtwert von 84.294,-- US-$ von Bremerhaven nach Sofia/Bulgarien zu befördern. Die Durchführung der Beförderung übertrug die Beklagte zu 1 dem polnischen Transportunternehmen L. und S. , dessen Fahrer J. die Fahrzeuge am 12. Dezember 1994 an der Ladestelle der Beklagten zu 1 in Bremerhaven übernahm. Kurz vor Erreichen des Ziels in Sofia wurde der Fahrer des polnischen Frachtführers überfallen und der Autotransporter mit den darauf befindlichen PKWs geraubt. Die Ermittlungen der Polizei blieben erfolglos.
Die Klägerin begehrt mit der Klage Zahlung von 84.294,-- US-$ und Rückzahlung der bereits von ihr geleisteten Frachtkosten in Höhe von 9.800,-- DM. Sie hat die Auffassung vertreten, die Beklagten hafteten für den eingetretenen Schaden gemäß Art. 17 Abs. 1 CMR sowie auf Erstattung der gezahlten Frachtkosten nach Art. 23 Abs. 4 CMR. Die Beklagten hätten nicht hinreichend dargelegt, daß der Verlust durch Umstände eingetreten sei, die der Frachtführer nicht habe vermeiden und deren Folgen er nicht habe voraussehen können. Ihnen sei zumindest vorzuwerfen, daß sie bzw. der polnische
Frachtführer den Fahrer des Autotransporters nicht mit einer überall erhältlichen Straßenkarte von Sofia ausgestattet hätten. Überdies habe der Fahrer nicht einmal die Telefonnummer der Empfängerin gekannt.
Die Beklagten sind dem entgegengetreten und haben geltend gemacht, der Verlust des Transportgutes beruhe auf einem unabwendbaren Ereignis, so daß ihre Haftung nach Art. 17 Abs. 2 CMR entfalle. Dazu haben sie behauptet, der Fahrer habe sich nach seiner Ankunft in Sofia gegen 22.00 Uhr in einem Hotel nach dem Weg zur Klägerin in der A. straße erkundigt. Obwohl in dem Hotel mehrere Personen anwesend gewesen seien, habe er keine Auskunft erhalten. Nachdem er die Fahrt etwa 500 bis 600 m fortgesetzt habe, sei ihm ein rotes Auto aufgefallen, in dem zwei Männer gesessen hätten, die er zuvor in der Hotelhalle gesehen habe. Diese Männer hätten dem Fahrer zugerufen , sie wüßten nunmehr, wo sich die gesuchte Empfängeradresse befinde; er solle ihnen folgen. Nach etwa 2 km seien die Männer von der Schnellstraße abgefahren, hätten angehalten und den Fahrer aufgefordert, ihnen 50,-- US-$ für ihre "Hilfeleistung" zu zahlen. Darauf habe sich der Fahrer nicht eingelassen. Er habe den Männern angeboten, ihnen 25,-- US-$ sofort und weitere 25,-- US-$ nach Ankunft bei der Empfängerin zu geben, womit die Männer sich einverstanden erklärt hätten. Als der Fahrer die Geldscheine aus dem Fenster seines Führerhauses herausgereicht habe, hätten die Männer ihn am Arm festgehalten und versucht, ihn aus dem Führerhaus zu ziehen, was wegen der Verriegelung der Fahrertür aber mißlungen sei. Einem der beiden Täter sei es schließlich gelungen, das Fenster auf der ebenfalls verriegelten Beifahrerseite einzuschlagen, in die Fahrerkabine einzudringen und den Fahrer zu überwältigen. Anschließend sei der Fahrer gefesselt und in den Kofferraum eines zwei-
ten, inzwischen hinzugekommenen PKWs, der ebenfalls mit zwei Personen besetzt gewesen sei, geworfen worden.
Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen.
Mit der Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat eine Haftung der Beklagten nach Art. 17 Abs. 1, Art. 23 Abs. 4 CMR verneint, da sie sich auf einen Haftungsausschluß gemäß Art. 17 Abs. 2 CMR berufen könnten. Dazu hat es ausgeführt:
Ein von vier Tätern verübter Raubüberfall stelle grundsätzlich ein unabwendbares Ereignis i.S. von Art. 17 Abs. 2 CMR dar. Die Beklagten hätten diesen Überfall nicht durch besondere Vorsichtsmaßnahmen vermeiden können. Aus dem Umstand, daß der Transport nur mit einem Fahrer durchgeführt worden sei, ergebe sich kein Verschuldensvorwurf gegenüber den Beklagten bzw. ihrem "Unterfrachtführer", da diese Verfahrensweise auch bei der Beförderung wertvoller Güter grundsätzlich vertretbar sei. Dies gelte jedenfalls dann, wenn der Fahrer die Möglichkeit habe, bewachte Parkplätze aufzusuchen und dem Auftraggeber das erhöhte Diebstahlsrisiko bekannt gewesen sei. Ebensowenig könne den Beklagten vorgeworfen werden, daß der Fahrer nicht mit einem
Stadtplan von Sofia ausgestattet gewesen sei, da sich der Überfall gerade nicht ereignet habe, als er sich nach dem Weg zur Klägerin erkundigt habe; der Überfall habe sich vielmehr erst zugetragen, als sich der Fahrer bereits auf der Weiterfahrt in Richtung Sofia befunden habe.
Für das nachfolgende Geschehen treffe den Fahrer kein Verschulden, da er die gebotene Sorgfalt - insbesondere Verriegeln der Türen des Führerhauses - beachtet habe. Es könne ihm auch nicht vorgeworfen werden, daß er überhaupt angehalten habe, da er zum einen den ihn anhaltenden Personen ein Mindestmaß an Vertrauen habe entgegenbringen dürfen und er zum anderen zunächst habe davon ausgehen können, daß er in seinem verriegelten Fahrzeug zwei Männern ausreichenden Widerstand würde entgegensetzen können.
II. Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Sie führt zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
1. Die Vorinstanzen sind ohne Rechtsverstoß und von der Revisionserwiderung unbeanstandet davon ausgegangen, daß die Beklagte zu 1 zumindest als Fixkostenspediteurin im Sinne des § 413 Abs. 1 HGB (in der bis zum 30. Juni 1998 gültigen Fassung) anzusehen ist und als solche der Haftung nach der CMR unterliegt (vgl. BGH, Urt. v. 13.11.1997 - I ZR 157/95, TranspR 1998, 250 = VersR 1998, 872; Urt. v. 16.7.1998 - I ZR 44/96, TranspR 1999, 19, 20 f. = VersR 1999, 254; Herber/Piper, CMR, Art. 1 Rdn. 28 ff. m.w.N.).
Nach Art. 17 Abs. 1 i.V. mit Art. 3 CMR schuldet der Frachtführer grundsätzlich Schadensersatz für den während seiner Obhutszeit eingetretenen
Verlust des Transportgutes. Der Frachtführer ist von dieser Haftung nach Art. 17 Abs. 2 CMR nur dann befreit, wenn der Schaden durch Umstände verursacht worden ist, die sowohl für ihn selbst als auch für seine Gehilfen (Art. 3 CMR) unvermeidbar waren und deren Folgen keine dieser Personen abwenden konnte. Unvermeidbarkeit i.S. von Art. 17 Abs. 2 CMR ist nur anzunehmen, wenn der Frachtführer darlegt und gegebenenfalls beweist, daß der Schaden auch bei Anwendung der äußersten, dem Frachtführer möglichen und zumutbaren Sorgfalt nicht hätte vermieden werden können (vgl. BGH, Urt. v. 8.10.1998 - I ZR 164/96, TranspR 1999, 59, 61 = VersR 1999, 469).
Welche Sicherheitsvorkehrungen der Transportunternehmer zur Erfüllung seiner vertraglichen Verpflichtung, das ihm anvertraute Transportgut während der Beförderung vor Diebstahl oder Raub zu bewahren, ergreifen muß, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (vgl. BGH, Urt. v. 16.2.1984 - I ZR 197/81, TranspR 1984, 182, 183 = VersR 1984, 551; Urt. v. 28.5.1998 - I ZR 73/96, TranspR 1998, 454, 456 = VersR 1998, 1264). Es kommt entscheidend darauf an, ob die getroffenen Maßnahmen den aktuell erforderlichen äußersten Sorgfaltsanforderungen genügen. Je größer die mit der Güterbeförderung verbundenen Risiken sind, desto höhere Anforderungen sind an die zu treffenden Sicherheitsmaßnahmen zu stellen. Von erheblicher Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, ob das transportierte Gut leicht verwertbar und damit besonders diebstahlsgefährdet ist, welchen Wert es hat, ob dem Frachtführer die besondere Gefahrenlage bekannt sein mußte und welche konkreten Möglichkeiten einer gesicherten Fahrtunterbrechung es gegeben hat, um vorgeschriebene Pausen einzuhalten (vgl. BGH TranspR 1998, 454, 456).
2. Das Berufungsgericht hat angenommen, der streitgegenständliche Verlust sei für die Beklagten bzw. den von der Beklagten zu 1 eingesetzten Frachtführer, für dessen Verhalten die Beklagten nach Art. 3 CMR einzustehen haben, unvermeidbar i.S. von Art. 17 Abs. 2 CMR gewesen, weil gegen die Beklagten bzw. ihren Unterfrachtführer "kein Verschuldensvorwurf" erhoben werden könne. Den Beklagten bzw. ihrem polnischen Transporteur könne weder die Durchführung des Transportes mit nur einem Fahrer vorgeworfen werden noch, daß dieser nicht mit einem Stadtplan von Sofia ausgestattet gewesen sei.
Auch wenn das Berufungsgericht eingangs der Entscheidungsgründe noch zutreffend davon ausgegangen ist, daß der Eintritt der Haftungsbefreiung eine Unvermeidbarkeit bzw. ein unabwendbares Ereignis voraussetze, so hat es diesen rechtlichen Ausgangspunkt bei seinen folgenden Ausführungen ersichtlich aus dem Blick verloren. Denn es stellt maßgebend darauf ab, daß gegen den Frachtführer kein "Verschuldensvorwurf" erhoben werden könne (BU 7 Abs. 2) bzw. daß den Fahrer kein "Verschulden" treffe (BU 7 Abs. 3). Das Berufungsgericht hat dabei nicht hinreichend beachtet, daß es sich bei der Haftung nach Art. 17 Abs. 1 CMR um eine verschuldensunabhängige (Gefährdungs -)Haftung mit der Möglichkeit des Unabwendbarkeitsbeweises handelt (vgl. BGH, Urt. v. 28.2.1975 - I ZR 40/74, VersR 1975, 610, 611; Koller, Transportrecht , 4. Aufl., Art. 17 CMR, Rdn. 21). Dies hat ersichtlich dazu geführt, daß es an die von dem Frachtführer darzulegende und gegebenenfalls zu beweisende Entlastung gemäß Art. 17 Abs. 2 CMR zu geringe Anforderungen gestellt hat.

a) Ob im Streitfall ein Haftungsausschluß nach Art. 17 Abs. 2 CMR - wie die Revision geltend macht - schon deshalb nicht in Betracht kommt, weil der Frachtführer den Transport nur mit einem Fahrer hat durchführen lassen (vgl. dazu BGH, Urt. v. 17.4.1997 - I ZR 131/95, TranspR 1998, 25 = VersR 1998, 82, zu Art. 29 Abs. 1 CMR), bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Denn die Anwendung des Art. 17 Abs. 2 CMR scheitert entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts daran, daß der Frachtführer, dem es obliegt, mit der Gewissenhaftigkeit eines ordentlichen Kaufmanns für eine sichere Ankunft der zu transportierenden Güter beim bestimmungsgemäßen Empfänger zu sorgen, weitere naheliegende Sicherheitsvorkehrungen zur Vermeidung eines Raubes oder Diebstahls des Transportgutes nicht ergriffen hat.

b) Nach dem unstreitigen Parteivortrag ist davon auszugehen, daß der Fahrer des Autotransporters bei seiner Ankunft in Sofia die genaue Fahrtroute zur Empfängerin der Personenkraftwagen nicht kannte. Das folgt vor allem aus dem Vorbringen der Beklagten in ihrer Berufungsbegründung, wonach sich der Fahrer in Sofia nicht besonders gut ausgekannt habe; insbesondere sei ihm die im Frachtbrief angegebene Adresse der Empfängerin der Fahrzeuge unbekannt gewesen. Weiterhin steht fest - wie vom Berufungsgericht auch zugrunde gelegt -, daß der Fahrer weder mit einem Stadtplan von Sofia noch mit einer konkreten Beschreibung des Weges zur Empfangsadresse ausgestattet war, die es ihm eventuell ermöglicht hätten, den Weg zur Empfängerin selbst ausfindig zu machen. Das ergibt sich ebenfalls aus dem Beklagtenvortrag. Der Fahrer hat sich deshalb mehrfach nach dem Weg zur Empfängerin erkundigen müssen. Das Berufungsgericht hat gleichwohl eine mangelhafte Organisation der Transportdurchführung seitens des polnischen Frachtführers und der Beklagten zu 1 verneint und angenommen, daß der Verlust des Transportgutes
unvermeidbar im Sinne des Art. 17 Abs. 2 CMR gewesen sei. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
aa) Das Berufungsgericht hat gemeint, den Beklagten bzw. dem polnischen Transporteur könne nicht vorgeworfen werden, daß der Fahrer keinen Stadtplan von Sofia zur Verfügung gehabt habe, da bei Straßentransporten die Möglichkeit eines kurzfristigen Halts immer als "naturgegeben" hingenommen werden müsse, sei es wegen der Verkehrsbedingungen, wegen kurzfristiger Straßensperren oder Umleitungen oder auch wegen natürlicher Bedürfnisse des Fahrers. Das Berufungsgericht hat des weiteren für bedeutsam gehalten, daß sich der Überfall nicht ereignet habe, als sich der Fahrer im Hotel nach dem Weg erkundigt habe, sondern erst, als er sich bereits auf der Weiterfahrt in Richtung Sofia befunden habe. Die Revision beanstandet mit Recht, daß sich damit eine Haftungsbefreiung nicht begründen läßt. Das Berufungsgericht hat maßgebliche Gesichtspunkte unberücksichtigt gelassen und - wie oben dargelegt - zu geringe Anforderungen an die für einen Haftungsausschluß nach Art. 17 Abs. 2 CMR gebotene äußerste Sorgfalt des Frachtführers gestellt.
bb) Die Revision weist zutreffend darauf hin, daß der Fahrer nicht mehrfach nach dem Weg zur Empfängerin hätte fragen müssen, wenn er einen Stadtplan von Sofia (oder zumindest eine genaue Wegbeschreibung) zur Verfügung gehabt hätte. Die fehlende Ortskenntnis des Fahrers und die dadurch bedingte Nachfrage haben das Risiko eines Raubes erhöht. Denn die Täter, die der Fahrer zuvor in einem Hotel vergeblich nach dem Weg gefragt hatte und die ihn dann zum Anhalten bewogen und überfallen haben, wären möglicherweise nicht auf den Transport aufmerksam geworden. Zumindest hätte der
Fahrer keine Veranlassung gehabt, dem PKW der späteren Täter 2 km zu folgen und auf ihr Zeichen von der Schnellstraße abzubiegen und anzuhalten.
Das mit der fehlenden Ortskenntnis des Fahrers verbundene Sicherheitsrisiko für den streitgegenständlichen Transport hätte der Frachtführer bei Anwendung der gebotenen äußersten Sorgfalt auch erkennen können. Denn er hätte berücksichtigen müssen, daß es sich bei dem Transportgut erkennbar um besonders wertvolles Gut gehandelt hat, das damit auch besonders diebstahlsgefährdet war. Ferner hätte einkalkuliert werden müssen, daß der Fahrer möglicherweise erst bei Dunkelheit in Sofia eintreffen würde, was im Falle der fehlenden Ortskenntnis ebenfalls zu einer Erhöhung des Raubrisikos führen kann, da die meisten Raubüberfälle auf Straßen erfahrungsgemäß bei Dunkelheit stattfinden.
Die Erwägung des Berufungsgerichts, der Überfall auf den PKWTransporter habe sich erst zugetragen, als sich der Fahrer bereits auf der Weiterfahrt in Richtung Sofia befunden habe, wirkt sich unter den dargelegten Umständen nicht zugunsten der Beklagten aus. Das Berufungsgericht hat bei seiner Sichtweise unberücksichtigt gelassen, daß es sich bei den Tätern gerade um diejenigen Personen gehandelt hat, die in dem Hotel anwesend waren, in dem der Fahrer nach dem Weg gefragt hat.
cc) Die weitere Erwägung des Berufungsgerichts, den Beklagten könne auch deshalb nicht der Vorwurf einer unzureichenden Ausrüstung des Fahrers gemacht werden, weil dieser ein Mobiltelefon zur Verfügung gehabt habe, durch dessen Einsatz er sich hätte "zum Ziel lotsen" lassen können, rechtfertigt ebenfalls nicht die Annahme eines Haftungsausschlusses nach Art. 17 Abs. 2
CMR. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sprachen der polnische Fahrer und der Empfänger der Fracht verschiedene Sprachen. Sie hätten sich deshalb beide nur notdürftig in Russisch verständigen können. Unter diesen Umständen durfte sich der Frachtführer bei Anwendung der nach Art. 17 Abs. 2 CMR gebotenen äußersten Sorgfalt nicht darauf verlassen, daß der Fahrer ohne geeignetes Kartenmaterial allein durch den Einsatz seines Mobiltelefons den Weg zur Empfangsadresse finden würde.
3. Da sich schon aus dem Vortrag der Beklagten ergibt, daß der Raubüberfall nicht unvermeidbar i.S. von Art. 17 Abs. 2 CMR war und der durch den Verlust des Transportgutes entstandene Schaden unstreitig ist, ist der Senat in der Lage, eine abschließende Sachentscheidung zu treffen (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO).
Die Ersatzpflicht für den Verlust des Transportgutes hat ihre Grundlage in Art. 17 Abs. 1 CMR. Der geltend gemachte Anspruch auf Erstattung der von der Klägerin bereits gezahlten Frachtkosten ergibt sich aus Art. 23 Abs. 4 CMR. Der Zinsanspruch ist nach Art. 27 Abs. 1 CMR gerechtfertigt.
Die Haftung der Beklagten zu 2 beruht auf § 161 Abs. 2 in Verbindung mit § 128 HGB.
III. Danach war auf die Revision der Klägerin das Berufungsurteil aufzuheben und unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten das landgerichtliche Urteil wiederherzustellen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1, § 100 Abs. 4 ZPO.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Starck
Pokrant Büscher

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 49/98 Verkündet am:
13. Juli 2000
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Wird im Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils ein Tatsachenvortrag der
Parteien als unstreitig bezeichnet, so hat das Berufungsgericht davon auszugehen
, daß das entsprechende Vorbringen in erster Instanz nicht bestritten
wurde. Es ist dadurch aber nicht gehindert, neues, davon abweichendes Tatsachenvorbringen
der Parteien zu berücksichtigen und z u prüfen, da der
Rechtsstreit gemäß § 525 ZPO vor dem Berufungsgericht in den durch die Anträge
bestimmten Grenzen neu verhandelt wird.
CMR Art. 17 Abs. 2 und 5
Hält der Frachtführer, der im allgemeinen für eine ordnungsgemäße Ablieferung
des Gutes bei dem bestimmungsgemäßen Empfänger verantwortlich ist,
eine Mitwirkung des Versenders bei der Erfüllung seiner Verpflichtung durch
Vornahme bestimmter Sicherheitsmaßnahmen für erforderlich, so muß er dies
zum Gegenstand des Beförderungsvertrages machen. Die Nichtbefolgung eines
einseitigen Verlangens des Frachtführers begründet in der Regel weder
ein Verschulden des Versenders i.S. von Art. 17 Abs. 2 CMR noch eine Obliegenheitsverletzung
, die grundsätzlich zu einer Mithaftung nach Art. 17 Abs. 5
CMR führen kann.
BGH, Urt. v. 13. Juli 2000 - I ZR 49/98 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Juli 2000 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Starck, Pokrant und Dr. Büscher

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 16. Januar 1998 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin, Transportversicherer der L. S. GmbH in Köln (im folgenden: Versicherungsnehmerin), nimmt die Beklagte aus abgetretenem Recht wegen des Verlustes von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch.
Die Versicherungsnehmerin verkaufte im August 1995 an die E. A. Trading Inc. eine Partie Schokoladenware zum Preis von 61.588,80 DM, welche die Käuferin an die Et. Ltd. (Empfängerin) in Moskau weiterveräußerte. Sie beauftragte die Beklagte zu festen Kosten mit der Beförderung der Ware von Saarwellingen nach Moskau. Die Beklagte übertrug die Durchführung des Transportes einem in Tallin/Estland ansässigen
Unternehmen, das seinerseits die Firma S. in Riga einschaltete; letztere betraute schließlich die M. MG in Riga mit der Transportdurchführung.
Der Fahrer der M. MG holte das Frachtgut am 10. August 1995 bei der Versicherungsnehmerin ab und brachte es am 16. August 1995 zu einem Zentrallager in Moskau, dessen Anschrift im Frachtbrief angegeben war. Von dort transportierte er das Gut am folgenden Tag auf Weisung eines Mannes, der sich ihm als "Nicolaj" und Vertreter der Empfängerin vorgestellt hatte, zu einer in einem anderen Stadtteil von Moskau gelegenen Entladestelle, wo "Nicolaj" die Ware auf einen anderen Lkw umladen ließ.
Die Klägerin hat behauptet, "Nicolaj" sei im Verhältnis zur rechtmäßigen Empfängerin nicht zur Entgegennahme der Ware berechtigt gewesen. Die Lieferung sei bei der Empfängerin niemals angekommen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zur Zahlung von 61.588,80 DM nebst Zinsen zu verurteilen.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat hauptsächlich geltend gemacht, der Fahrer habe "Nicolaj" als berechtigten Vertreter der Empfängerin ansehen dürfen. Für ihn sei der Verlust des Gutes unvermeidbar gewesen, so daß eine Haftung nach Art. 17 Abs. 2 CMR entfalle.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Ihre Berufung ist erfolglos geblieben.
Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat in Übereinstimmung mit dem Landgericht eine Haftung der Beklagten gemäß Art. 17 Abs. 1 i.V. mit Art. 3 CMR angenommen. Die Voraussetzungen für einen Haftungsausschluß nach Art. 17 Abs. 2 CMR hat es verneint. Dazu hat das Berufungsgericht ausgeführt:
Der Fahrer habe die Ware in Moskau unstreitig an "Nicolaj" abgeliefert. Die für die ordnungsgemäße Ablieferung des Gutes darlegungs- und beweispflichtige Beklagte habe nicht dargetan und unter Beweis gestellt, daß "Nicolaj" im Verhältnis zur rechtmäßigen Empfängerin zur Entgegennahme der Ware legitimiert gewesen sei. Demzufolge habe es sich bei der Übergabe der Ware an "Nicolaj" nicht um eine ordnungsgemäße Ablieferung i.S. von Art. 17 Abs. 1 CMR gehandelt; vielmehr liege ein Verlust des Gutes im Sinne der genannten Bestimmung vor.
Ein Haftungsausschluß nach Art. 17 Abs. 2 CMR, für dessen Voraussetzungen die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast trage, sei nicht gegeben. Ein Verschulden der Versicherungsnehmerin könne allenfalls angenommen werden, wenn der Vortrag der Beklagten zuträfe, sie habe die Versicherungsnehmerin "seit Jahren immer wieder dringend aufgefordert", bei Transporten der in Rede stehenden Art dem Empfänger vorab eine Frachtbriefkopie zu
übersenden und in den Frachtbrief die an den Frachtführer gerichtete Weisung aufzunehmen, daß das Frachtgut nur gegen Aushändigung der vorab übersandten Frachtbriefkopie seitens des Empfängers an diesen ausgeliefert werden dürfe. Für diese von der Klägerin bestrittene Behauptung habe die Beklagte jedoch keinen Beweis angetreten. Ein Haftungsausschluß wegen Unvermeidbarkeit des Verlustes, der nur angenommen werden könne, wenn auch ein besonders gewissenhafter Fahrer die Falschauslieferung bei Anwendung der äußersten ihm zumutbaren Sorgfalt nicht hätte vermeiden können, komme ebenfalls nicht in Betracht, da eine derartige Fallgestaltung nicht gegeben sei.
Schließlich sei die Schadensersatzverpflichtung der Beklagten auch nicht gemäß Art. 17 Abs. 5 CMR durch ein schadensursächliches Mitverschulden der Verfügungsberechtigten ausgeschlossen oder gemindert.
II. Die Revision hat keinen Erfolg.
1. Die Vorinstanzen sind ohne Rechtsverstoß und von der Revision unbeanstandet davon ausgegangen, daß die Beklagte zumindest als Fixkostenspediteurin i.S. des § 413 Abs. 1 HGB (in der bis zum 30.6.1998 gültigen Fassung ) anzusehen ist und als solche der Haftung nach der CMR unterliegt (vgl. BGH, Urt. v. 13.11.1997 - I ZR 157/95, TranspR 1998, 250 = VersR 1998, 872; Urt. v. 16.7.1998 - I ZR 44/96, TranspR 1999, 19, 20 f. = VersR 1999, 254; Herber/Piper, CMR, Art. 1 Rdn. 28 ff., m.w.N.).
Nach Art. 17 Abs. 1 i.V. mit Art. 3 CMR schuldet der Frachtführer grundsätzlich Schadensersatz u.a. für den während seiner Obhutszeit eingetretenen Verlust des Transportgutes. Der Frachtführer ist von dieser Haftung nach Art. 17 Abs. 2 CMR dann befreit, wenn der Schaden durch ein Verschulden des
Verfügungsberechtigten, durch eine nicht vom Frachtführer verschuldete Weisung des Verfügungsberechtigten oder durch Umstände verursacht worden ist, die sowohl für ihn selbst als auch für seine Gehilfen (Art. 3 CMR) unvermeidbar waren und deren Folgen keine dieser Personen abwenden konnte. Unvermeidbarkeit i.S. von Art. 17 Abs. 2 CMR ist nur anzunehmen, wenn der Frachtführer darlegt und gegebenenfalls beweist, daß der Schaden auch bei Anwendung der äußersten, dem Frachtführer möglichen und zumutbaren Sorgfalt nicht hätte vermieden werden können (vgl. BGH, Urt. v. 8.10.1998 - I ZR 164/96, TranspR 1999, 59, 61 = VersR 1999, 469).
2. Das Berufungsgericht hat eine Haftung der Beklagten nach Art. 17 Abs. 1 CMR bejaht, weil sie nicht bewiesen habe, daß das von der Unterfrachtführerin (unstreitig) bei der Absenderin in Saarwellingen übernommene Gut bei der bestimmungsgemäßen Empfängerin in Moskau abgeliefert worden sei. Es hat angenommen, daß "Nicolaj", der den Fahrer - ebenfalls unstreitig - zur Ablieferung der Ware veranlaßt habe, im Verhältnis zur rechtmäßigen Empfängerin des Gutes nicht zur Entgegennahme der Lieferung berechtigt gewesen sei mit der Folge, daß eine ordnungsgemäße Ablieferung an die Empfängerin nicht stattgefunden habe. Stempel und Unterschrift in Feld 24 des streitgegenständlichen Frachtbriefes seien zum Nachweis der Ablieferung ungeeignet , weil in erster Instanz - wie das Landgericht ausdrücklich festgestellt habe - unstreitig gewesen sei, daß es sich dabei um Fälschungen handele. In ihrer Berufungsbegründung vom 29. August 1997 habe die Beklagte nicht dargetan und unter Beweis gestellt, daß "Nicolaj" im Verhältnis zu der Empfängerin zur Entgegennahme der Ware legitimiert gewesen sei. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
Die Revision rügt vorab, das Berufungsgericht habe verkannt, daß zunächst die Klägerin den Verlust des Gutes i.S. des Art. 17 Abs. 1 CMR darzulegen und zu beweisen habe. Mit dieser Rüge hat die Revision keinen Erfolg. Richtig ist allerdings, daß die Darlegungs- und Beweislast für den Verlust grundsätzlich beim Ersatzberechtigten liegt (vgl. Herber/Piper aaO Art. 17 Rdn. 167 m.w.N.). Dabei kann auch die Auslieferung an einen Nichtberechtigten den Verlust des Gutes begründen, sofern das Gut nicht alsbald zurückerlangt werden kann (vgl. BGH, Urt. v. 27.10.1978 - I ZR 30/77, VersR 1979, 276, 277; Thume/Seltmann in: Thume, CMR-Kommentar, Art. 17 Rdn. 68). Berechtigter ist dabei regelmäßig der im Frachtbrief bestimmte Empfänger des Gutes (BGH, Urt. v. 13.7.1979 - I ZR 108/77, VersR 1979, 1154). Die Ablieferung an einen Dritten genügt nur dann, wenn dieser vom verfügungsberechtigten Empfänger bevollmächtigt oder ermächtigt war (vgl. Herber/Piper aaO Art. 17 Rdn. 29; Koller, Transportrecht, 4. Aufl., Art. 17 CMR Rdn. 6 f.; Thume/ Seltmann in: Thume aaO Art. 17 Rdn. 27).
Im Streitfall ist die Klägerin ihrer Darlegungs- und Beweislast durch den Hinweis auf den unstreitigen Umstand (vgl. BU 3 Abs. 1 und BU 5 Abs. 3) nachgekommen, daß das Gut nicht direkt bei der frachtbriefmäßigen Empfängerin abgeliefert, sondern einem Dritten übergeben worden ist, der sich dem Fahrer gegenüber als "Nicolaj" vorstellte. Mehr brauchte die Klägerin nicht vorzutragen. Es ist Sache des Frachtführers, die ordnungsgemäße Ablieferung des Gutes darzulegen und zu beweisen (vgl. OLG Düsseldorf TranspR 1996, 152, 153; OLG Hamburg TranspR 1996, 280, 282; Herber/Piper aaO Art. 17 Rdn. 168; Koller aaO Art. 17 CMR Rdn. 12; Thume/Seltmann in: Thume aaO Art. 18 Rdn. 18). Dem ist die Beklagte nicht nachgekommen.
Die Revision rügt ferner, das Berufungsgericht sei auch zu Unrecht davon ausgegangen, "Nicolaj" sei im Verhältnis zur rechtmäßigen Empfängerin des Gutes ein unberechtigter Dritter gewesen, an den der Fahrer die Ware nicht habe abliefern dürfen. Unzutreffend sei insbesondere die Annahme des Berufungsgerichts, in erster Instanz sei unstreitig gewesen, daß Stempel und Unterschrift in Feld 24 des in Rede stehenden Frachtbriefes gefälscht seien. Hiermit vermag die Revision nicht durchzudringen.
Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung u.a. ausgeführt : "Der Verlust der Ware ist unstreitig; Stempel und Unterschrift auf Feld 24 des Frachtbriefs sind unstreitig gefälscht; eine Ablieferung der Ware beim Empfänger ist nicht erfolgt". Bei diesen Feststellungen des erstinstanzlichen Gerichts handelt es sich ungeachtet dessen, daß sie sich in den Entscheidungsgründen befinden, um Tatbestandsangaben, deren Unrichtigkeit grundsätzlich nur im Berichtigungsverfahren nach § 320 ZPO geltend gemacht werden kann (vgl. BGH, Urt. v. 29.4.1993 - IX ZR 215/92, NJW 1993, 1851, 1852; Urt. v. 7.12.1993 - VI ZR 74/93, NJW 1994, 517, 519), das im Streitfall jedoch nicht durchgeführt worden ist. Wird im Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils ein Tatsachenvortrag der Parteien als unstreitig bezeichnet, so hat das Berufungsgericht davon auszugehen, daß das entsprechende Vorbringen in erster Instanz nicht bestritten wurde. Es ist dadurch aber nicht gehindert, neues, davon abweichendes Tatsachenvorbringen der Parteien zu berücksichtigen und zu prüfen; denn vor dem Berufungsgericht wird der Rechtsstreit gemäß § 525 ZPO in den durch die Anträge bestimmten Grenzen neu verhandelt (vgl. Musielak , ZPO, § 314 Rdn. 4). Dies hat das Berufungsgericht nicht verkannt, da es sich mit dem zweitinstanzlichen Vortrag der Beklagten zur Empfangsberechtigung des "Nicolaj" befaßt hat, wie seine Ausführungen (BU 5 f.) belegen.
Die Revision wendet sich auch ohne Erfolg gegen die weitere Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe in der Berufungsinstanz nicht dargetan und unter Beweis gestellt, daß "Nicolaj" im Verhältnis zur rechtmäßigen Empfängerin zur Entgegennahme der Ware legitimiert gewesen sei. Sie macht geltend, die Beklagte habe sich mit dem (zusammenfassenden) Hinweis in ihrer Berufungsbegründung begnügen dürfen, es stehe noch nicht einmal fest, daß der Transport den EmpfängerEt. tatsächlich nicht erreicht habe, weil sie mit der Vorlegung der Empfangsquittung (gemeint ist der CMR-Frachtbrief, der in Feld 24 eine Empfangsbestätigung enthält) einen Urkundenbeweis gemäß § 416 ZPO für die richtige Ablieferung der Ware geführt habe. Dieser Beurteilung ist ebenfalls nicht beizutreten.
Die Revision geht im rechtlichen Ansatz zwar zutreffend davon aus, daß eine Privaturkunde vollen Beweis dafür erbringt, daß die darin enthaltene Erklärung von dem Aussteller abgegeben worden ist. Sie berücksichtigt bei ihrer Betrachtung jedoch nicht die Vorschrift des § 440 Abs. 1 ZPO. Danach ist die Echtheit der Urkunde von dem Beweisführer zu beweisen, wenn hierüber Streit besteht. Nachdem die Klägerin bestritten hatte (§ 439 Abs. 2 ZPO), daß die Unterschrift in Feld 24 des streitgegenständlichen Frachtbriefes von dem EmpfängerEt. bzw. einem Bevollmächtigten des Empfängers stammt, war die Echtheit der Urkunde von der Beklagten zu beweisen, die für die ordnungsgemäße Ablieferung des Gutes beweisbelastet ist und sich zum Beweis hierfür gerade auf die Eintragungen im Frachtbrief berufen hatte (vgl. BGH, Urt. v. 22.3.1995 - VIII ZR 191/93, NJW 1995, 1683). Das hat das Berufungsgericht ebenfalls nicht verkannt. Entscheidungserheblich ist nicht, ob die Unterschriftsfälschung , sondern umgekehrt, ob die Echtheit der Urkunde festgestellt werden kann. Da für die Echtheit der Unterschrift keine gesetzliche Vermutung existiert, ist insoweit der Vollbeweis erforderlich. Die Beklagte hat indes für die
von ihr behauptete Echtheit der Unterschrift keinen Beweis angetreten. Die Beweiskraft einer Privaturkunde (§ 416 ZPO) erfordert aber gerade die Echtheit der Unterschrift (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 21. Aufl., § 414 Rdn. 1). Da die Beklagte diesen Beweis nicht erbracht hat, kann sie die von ihr behauptete Ablieferung der Ware an den berechtigten Empfänger nicht allein durch Vorlage des CMR-Frachtbriefes beweisen, da dessen widerlegbare Beweiswirkung sich nach Art. 9 Abs. 1 CMR grundsätzlich nur auf Abschluß und Inhalt des Beförderungsvertrages sowie die Übernahme des Gutes durch den Frachtführer, nicht aber auf die ordnungsgemäße Ablieferung erstreckt. Das Berufungsgericht hat die Darlegungs- und Beweislast daher nicht zu Ungunsten der Beklagten verkannt.
3. Die Revision wendet sich im Ergebnis auch ohne Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, es könne nicht festgestellt werden, daß die Haftung der Beklagten gemäß Art. 17 Abs. 2 CMR ausgeschlossen sei.

a) Das Berufungsgericht hat erwogen, ob die Haftung der Beklagten nach Art. 17 Abs. 2 CMR wegen eines Verschuldens der Versicherungsnehmerin am Verlust des Gutes ausgeschlossen sein könnte. Es hat einen Haftungsausschluß für möglich gehalten, wenn der Vortrag der Beklagten zuträfe, sie habe die Versicherungsnehmerin "seit Jahren immer wieder dringend aufgefordert" , bei Transporten der in Rede stehenden Art dem Empfänger vorab eine Frachtbriefkopie zu übersenden und in den Frachtbrief die an den Frachtführer gerichtete Weisung aufzunehmen, daß das Frachtgut nur gegen Aushändigung der vorab übersandten Frachtbriefkopie seitens des Empfängers an diesen ausgeliefert werden dürfe. Das Berufungsgericht hat diese von der Klägerin bestrittene Behauptung der Beklagten unberücksichtigt gelassen, weil sie hierfür keinen Beweis angetreten habe.

Die Revision macht zwar mit Recht geltend, daß die Beklagte für die in Rede stehende Behauptung bereits in der Klageerwiderung durch Zeugnis ihres Mitarbeiters K. Beweis angetreten und daß sie diesen Beweisantritt in der Berufungsinstanz auch wiederholt hat. Das verhilft ihr jedoch nicht zum Erfolg, weil das vom Berufungsgericht nicht berücksichtigte Vorbringen der Beklagten die Annahme eines Verschuldens der Versicherungsnehmerin i.S. von Art. 17 Abs. 2 CMR oder auch einer Mithaftung nach Art. 17 Abs. 5 CMR nicht rechtfertigt.
Der Frachtführer hat im allgemeinen dafür zu sorgen, daß das Gut sicher bei dem bestimmungsgemäßen Empfänger ankommt und dort ordnungsgemäß abgeliefert wird. Welche Sicherheitsvorkehrungen er zur Erfüllung seiner Verpflichtung ergreift, ist ihm überlassen. Hält der Frachtführer die Mitwirkung des Absenders in einer bestimmten Art und Weise für erforderlich, muß er dies mit ihm grundsätzlich vertraglich vereinbaren. Denn die Vorschriften der CMR enthalten keine Verpflichtung des verfügungsberechtigten Absenders, einem einseitigen Verlangen des Frachtführers nach bestimmten Sicherheitsmaßnahmen nachzukommen. Demzufolge begründet die Nichtbefolgung eines einseitigen Verlangens des Frachtführers weder ein Verschulden des Versenders i.S. von Art. 17 Abs. 2 CMR noch eine Obliegenheitsverletzung, die grundsätzlich zu einer Mithaftung nach Art. 17 Abs. 5 CMR führen kann. Lehnt der Versender es ab, von ihm verlangte Sicherheitsvorkehrungen zu ergreifen, hat der Frachtführer die Möglichkeit, den Abschluß eines Beförderungsvertrages durch Nichtannahme des Auftrages des Versenders zu verhindern.
Im Streitfall ist nichts dafür ersichtlich, daß das in Rede stehende Verlangen der Beklagten zum Inhalt des mit der Versicherungsnehmerin abge-
schlossenen Beförderungsvertrages gemacht worden ist. Die Annahme eines Verschuldens oder einer Obliegenheitsverletzung der Versicherungsnehmerin kommt daher nicht in Betracht, zumal der Beklagten nach ihrem eigenen Vortrag aufgrund des vorangegangenen Verhaltens der Versicherungsnehmerin vor Abschluß des streitgegenständlichen Beförderungsvertrages bekannt sein mußte, daß ihr Verlangen voraussichtlich nicht befolgt werden würde.

b) Das Berufungsgericht hat weiterhin angenommen, die Beklagte habe den ihr obliegenden Beweis nicht erbracht, daß auch ein besonders gewissenhafter Fahrer bei Anwendung der äußersten ihm zumutbaren Sorgfalt die Falschablieferung nicht hätte vermeiden können. Die Revision stellt in diesem Zusammenhang lediglich zur Überprüfung, ob die Beurteilung des Berufungsgerichts nicht der Lebenserfahrung widerspreche. Das ist jedoch zu verneinen, da das Berufungsgericht seine Annahme zumindest nachvollziehbar und vertretbar begründet hat.

c) Ohne Erfolg bleibt schließlich auch die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe zu Unrecht angenommen, die Schadensersatzverpflichtung der Beklagten sei nicht durch ein schadensursächliches Mitverschulden der Verfügungsberechtigten (Art. 17 Abs. 5 CMR) ausgeschlossen oder gemindert.
Der Einwand, die Empfängerin der Ware habe es unterlassen, rechtzeitig die Miliz einzuschalten, ist nicht geeignet, eine Mithaftung i.S. von Art. 17 Abs. 5 CMR zu begründen, weil es keinen Erfahrungssatz gibt, daß die sofortige Anzeige des Abhandenkommens der Sendung bei der Miliz zur Sicherstellung des Frachtgutes geführt hätte. Die Beweislast für den Mithaftungseinwand nach Art. 17 Abs. 5 CMR liegt beim Frachtführer (vgl. Thume in: Thume, CMR, Art. 18 Rdn. 89 ff.). Daher geht die Unaufklärbarkeit des Umstandes, ob eine
sofortige Anzeige bei der Miliz zur Sicherstellung des Frachtguts geführt hätte, entgegen der Auffassung der Revision zu Lasten der Beklagten.
III. Danach war die Revision der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Starck
Pokrant Büscher