Bundesgerichtshof Urteil, 24. Juni 2010 - I ZR 182/08

bei uns veröffentlicht am24.06.2010
vorgehend
Landgericht Stuttgart, 38 O 105/06, 28.12.2007
Oberlandesgericht Stuttgart, 2 U 25/08, 30.10.2008
Bundesgerichtshof, , 01.02.0252
Bundesgerichtshof, , 01.02.0201

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate
Schreibfehlerberichtigung
vom 6. August 2010
auf der letzten Seite
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 182/08 Verkündet am:
24. Juni 2010
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Brillenversorgung II
UWG § 4 Nr. 1; BOÄ § 3 Abs. 2, § 34 Abs. 5
Es stellt eine unangemessene unsachliche Einflussnahme auf die ärztliche Behandlungstätigkeit
dar, wenn durch das Gewähren oder Inaussichtstellen eines
finanziellen Vorteils darauf hingewirkt wird, dass Ärzte entgegen ihren Pflichten
aus dem Behandlungsvertrag und dem Berufsrecht nicht allein anhand des Patienteninteresses
entscheiden, ob sie einen Patienten an bestimmte Anbieter
gesundheitlicher Leistungen verweisen.
BGH, Urteil vom 24. Juni 2010 - I ZR 182/08 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. Februar 2010 durch die Richter Dr. Bergmann, Prof. Dr. Büscher,
Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Koch

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 30. Oktober 2008 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. Sie wendet sich gegen eine Werbung der Beklagten für den Vertrieb ihrer Brillen durch Augenärzte.
2
Die Beklagte stellt Augenärzten ihr E. -System zur Verfügung, das aus einem E. -Brillensortiment (in der Anfangsphase ca. 100, später ca. 40 Musterbrillengestelle) und einem E. -Computersystem zur individuellen Brillenanpassung besteht. Nach Eingabe der Patientendaten und Auswahl eines bestimmten Brillengestells in der Augenarztpraxis werden diese Informationen an die Beklagte übermittelt. Bestellt der Patient bei der Beklagten eine Brille, erhält der Augenarzt eine Vergütung von 80 €, bei Mehrstärkenbrillen von 160 €.
3
Die Klägerin hält das Verhalten der Beklagten für wettbewerbswidrig, weil es gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 34 Abs. 5 und § 3 Abs. 2 der inhaltlich übereinstimmenden Berufsordnungen der Landesärztekammern (BOÄ) und gegen §§ 3, 4 Nr. 1 UWG verstoße. Sie wendet sich dabei gegen bestimmte Werbemaßnahmen der Beklagten gegenüber Augenärzten. Die Klägerin hat, soweit der Rechtsstreit in die Revisionsinstanz gelangt ist, beantragt, es der Beklagten zu untersagen, im Wettbewerb handelnd
a) im Internet und/oder durch in Deutschland verbreitete Printwerbung gegenüber Augenärzten das E. -Brillensystem und/oder das E. - System, durch welches die Augenärzte in die Lage versetzt werden, in ihrer Augenarztpraxis von der Beklagten hergestellte Fassungen und Gläser anzupassen und zu vertreiben, mit den Angaben zu bewerben, aa) es offeriere die computergestützte Brillenabgabe in der Augenarztpraxis und/oder bb) mit ihm sei eine Brillenwahl beim Augenarzt möglich und/oder cc) dieses optimiere Ihr Angebot für die Brille aus der Augenarztpraxis und/ oder dd) noch nie sei es so einfach gewesen, computergestützt die Brillenwahl in der Augenarztpraxis durchzuführen und/oder ee) dieses System fände in jeder Augenarztpraxis Platz und/oder ff) es sei das Brillenwahl- und Anpassungssystem für die Augenarztpraxis und/oder gg) es könne ohne großen Aufwand als ideale Abrundung in das augenärztliche Leistungsprogramm integriert werden, wie dies in im Einzelnen bezeichneten Werbeunterlagen geschieht;
b) Ärzten das in der Klageschrift abgebildete Faltblatt zur Weitergabe an Patienten zur Verfügung zu stellen, in dem für E. -Brillen und/oder eine Brillenanpassung mit dem E. -Computer geworben wird, und/oder
c) Augenärzten eine Musterkollektion von E. -Brillenfassungen und/ oder des E. -Computers in deren Praxis zur Verfügung zu stellen zur Unterstützung des Verkaufs bzw. Vertriebs von E. -Brillen.
4
Außerdem hat die Klägerin Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 189 € begehrt.
5
Die Anträge zu 1 a und b hat die Klägerin hilfsweise mit dem Zusatz gestellt , dass die angegriffenen Handlungen erfolgen, ohne die Augenärzte zugleich darauf hinzuweisen, dass sie aus standesrechtlichen Gründen an der Brillenabgabe im E. -System nur mitwirken dürfen, wenn sie wegen im Einzelfall vorliegender Besonderheiten notwendiger Bestandteil der ärztlichen Therapie ist bzw. dass das im Antrag zu 1b erwähnte Faltblatt Ärzten nur zur Weitergabe an Patienten zur Verfügung gestellt wird, wenn für eine Empfehlung von E. - Brillen im Einzelfall ein hinreichender Grund besteht.
6
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Beklagte nach den Hauptanträgen verurteilt (OLG Stuttgart GRUR-RR 2008, 429 = WRP 2009, 2209). Dagegen wendet sich die Beklagte mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


7
I. Das Berufungsgericht hat einen Verstoß der Beklagten durch die beanstandeten Werbeschreiben und die Überlassung von Musterbrillen und Computersystem gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 34 Abs. 5 und § 3 Abs. 2 BOÄ sowie gegen §§ 3, 4 Nr. 1 UWG angenommen. Zur Begründung hat es ausgeführt :
8
Die Beklagte stifte mit den streitgegenständlichen Wettbewerbshandlungen die angesprochenen Ärzte zu einem berufswidrigen Verhalten an. Sie fordere die Augenärzte auf, das E. -System auch in Fällen einzusetzen, in denen dies gegen § 3 Abs. 2 BOÄ und § 34 Abs. 5 BOÄ verstoße. Trotz der im Hinblick auf das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) gebotenen engen Auslegung des § 3 Abs. 2 BOÄ verstoße der Arzt in allen Fällen gegen diese Vorschrift, in denen er an der Beschaffung einer Brille mitwirke, ohne dass hierfür ein besonderer Grund vorliege. Die beanstandete Werbung ziele ferner auf ein nach § 34 Abs. 5 BOÄ berufswidriges Verhalten des Augenarztes, da die Anpassung und Beschaffung von Brillen, namentlich Standardbrillen, regelmäßig keinen unmittelbaren medizinischen Zusammenhang aufweise. Um möglichst viele Aufträge zu erlangen, nehme die Beklagte billigend in Kauf, dass der mit ihr zusammenarbeitende Arzt ihr Computersystem auch und sogar überwiegend in Fällen verwende, in denen es hierfür keinen nach § 34 Abs. 5 BOÄ tragenden Grund gebe oder er gegen § 3 Abs. 2 BOÄ verstieße. Dafür spreche schon die als Erfolgshonorar ausgestaltete Vermittlungsgebühr für den Arzt. Auch der Inhalt des beanstandeten Faltblatts zeige, dass es der Beklagten darum gehe, mit ihrem Vertriebssystem gerade in einfach gelagerten Fällen den traditionellen Versorgungsweg über den Optiker zu ersetzen. Das Faltblatt solle die Patienten dazu veranlassen, ihren Augenarzt auf den Bezug einer Brille von der Beklagten anzusprechen. Diese Werbung sei geeignet und ersichtlich dazu bestimmt, Verbraucher zu erreichen, bei denen kein sachlicher Grund für eine Verweisung durch den Arzt an die Beklagte gegeben sei. Die Beklagte wolle den Arzt mit technischen Vorgaben faktisch an sich binden und beeinträchtige so andere Leistungsanbieter.
9
Daneben liege auch eine Anstiftung zu einem nach §§ 3, 4 Nr. 1 UWG unlauteren Verhalten vor. Der Durchschnittspatient sehe sich unangemessenem Druck ausgesetzt, wenn er von seinem Augenarzt im Zusammenhang mit einer Untersuchung oder Behandlung darauf angesprochen werde, dass dieser ihm eine neue Brille mit dem System der Beklagten beschaffen könne. Die Patienten seien etwa bei künftigen Terminvergaben für sich und ihre Familienangehörigen auf das Wohlwollen des Arztes angewiesen oder wüssten sich ihm dankbar verbunden, so dass sie ihn nicht enttäuschen wollten.
10
Die Bereitstellung des E. -Computers und des Musterkoffers binde den Augenarzt bei Brillenbestellungen an die Beklagte und beschränke dadurch seine Entscheidungsfreiheit.
11
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben im Ergebnis keinen Erfolg. Dabei bedarf es keiner Entscheidung, ob der Klägerin die geltend gemachten Unterlassungsansprüche schon deshalb zustehen, weil die Beklagte die von ihrer Werbung angesprochenen Augenärzte zu einem berufsrechtswidrigen Verhalten anstiftet (§ 4 Nr. 11 UWG). Denn die Werbung der Beklagten ist geeignet, die Entscheidungsfreiheit der Augenärzte durch unangemessenen unsachlichen Einfluss zu beeinträchtigen (§§ 3, 4 Nr. 1 UWG).
12
1. Auf den in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch sind die Bestimmungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb in der zum Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Fassung anzuwenden. Der im Streitfall auf Wiederholungsgefahr gestützte Unterlassungsanspruch besteht allerdings nur, wenn das beanstandete Verhalten auch schon zum Zeitpunkt seiner Begehung wettbewerbswidrig war (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 20.1.2005 - I ZR 96/02, GRUR 2005, 442 = WRP 2005, 474 - Direkt ab Werk; Urt. v. 28.6.2007 - I ZR 153/04, GRUR 2008, 186 Tz. 17 = WRP 2008, 220 - Telefonaktion). Das von der Klägerin beanstandete Verhalten der Beklagten fällt in die Zeit nach Inkrafttreten des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 (BGBl. I S. 1414, im Folgenden: UWG 2004). Der Unterlassungsanspruch setzt daher voraus, dass das beanstandete Verhalten auch auf der Grundlage des UWG 2004 wettbewerbswidrig war. Die im Streitfall maßgeblichen Vorschriften der §§ 3, 4 Nr. 1, § 8 Abs. 1, 3 Nr. 2 UWG sind jedoch nicht in für die Entscheidung erheblicher Weise geändert worden.
13
2. Die beanstandeten Werbemaßnahmen stellen sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts allerdings nicht unter dem Gesichtspunkt als unlauter dar, dass die von der Werbung angesprochenen Augenärzte dazu verleitet werden, auf die Entscheidungsfreiheit ihrer Patienten einen unangemessenen unsachlichen Einfluss auszuüben. Die vom Berufungsgericht angeführten möglichen Erwägungen der Patienten, den Arzt nicht enttäuschen oder ihn - etwa für künftige Terminvergaben - wohlwollend stimmen zu wollen, stellen keine Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit der Patienten infolge unangemessener unsachlicher Einflussnahme i.S. des § 4 Nr. 1 UWG dar. Die Grenze zur Unlauterkeit ist nach § 4 Nr. 1 UWG erst dann überschritten, wenn eine geschäftliche Handlung geeignet ist, die Rationalität der Nachfrageentscheidung der angesprochenen Marktteilnehmer vollständig in den Hintergrund treten zu lassen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urt. v. 8.11.2007 - I ZR 60/05, GRUR 2008, 530 Tz. 13 = WRP 2008, 777 - Nachlass bei der Selbstbeteiligung, m.w.N.). Nach geltendem Recht, das im Hinblick auf den in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch zu berücksichtigen ist, liegt eine Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers i.S. des § 4 Nr. 1 UWG zudem nur dann vor, wenn der Handelnde diese Freiheit durch Belästigung oder durch unzulässige Beeinflussung i.S. des Art. 2 lit. j der Richtlinie 2005/29/EG erheblich beeinträchtigt (vgl. BGH, Urt. v. 29.10.2009 - I ZR 180/07, GRUR 2010, 455 Tz. 17 = WRP 2010, 746 - Stumme Verkäufer II, m.w.N.). Die Einwirkung des Arztes auf die Patienten erreicht im Streitfall nicht dieses für einen Verstoß gegen § 4 Nr. 1 UWG erforderliche Maß.
14
3. Die streitgegenständliche Werbung verstößt jedoch deshalb gegen §§ 3, 4 Nr. 1 UWG, weil sie geeignet ist, die Entscheidungsfreiheit der angesprochenen Augenärzte unangemessen unsachlich zu beeinflussen.
15
a) Der Streitfall ist auch insoweit unter dem rechtlichen Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen § 4 Nr. 1 UWG zu prüfen. Die rechtliche Würdigung des vorgetragenen Tatsachenstoffs obliegt allein dem Gericht (vgl. BGH, Urt. v. 2.6.2005 - I ZR 252/02, GRUR 2006, 184 Tz. 17 = WRP 2006, 84 - Aktivierungskosten

II).


16
b) Die beanstandete Werbung der Beklagten für ihr Brillenabgabesystem verstößt gegen § 4 Nr. 1 UWG, weil die Beklagte nach den nicht erfahrungswidrigen Feststellungen des Berufungsgerichts durch das Inaussichtstellen einer zusätzlichen Verdienstmöglichkeit in Höhe von 80 € (bei Mehrstärkenbrillen von 160 €) je vermittelter Brille einen erheblichen Anreiz setzt, dass Augenärzte entgegen ihren Pflichten aus dem Behandlungsvertrag und dem Berufsrecht nicht allein anhand des Patienteninteresses entscheiden, ob sie einen Patienten an bestimmte Anbieter gesundheitlicher Leistungen verweisen (verkürzter Versorgungsweg ). Darin liegt eine unsachliche unangemessene Einflussnahme auf die Behandlungstätigkeit des Arztes.
17
aa) Haben Marktteilnehmer bei ihren geschäftlichen Entscheidungen (auch) die Interessen Dritter zu wahren, so ist eine unangemessene unsachliche Einflussnahme i.S. von § 4 Nr. 1 UWG gegeben, wenn sie durch die Gewährung oder das Inaussichtstellen eines finanziellen Vorteils dazu veranlasst werden können, diese Interessenwahrungspflicht zu verletzen (vgl. BGH, Urt. v.
21.4.2005 - I ZR 201/02, GRUR 1059, 1060 f. = WRP 2005, 1508 - Quersubventionierung von Laborgemeinschaften I; BGH GRUR 2008, 530 Tz. 14 - Nachlass bei der Selbstbeteiligung).
18
bb) Das Berufungsgericht hat durch Bezugnahme auf das landgerichtliche Urteil festgestellt, dass der Augenarzt 80 € (bei Mehrstärkenbrillen 160 €) für jede Brillenbestellung bei der Beklagten erhält. Die Annahme des Berufungsgerichts , eine zusätzliche Verdienstmöglichkeit in dieser Höhe reiche aus, die Augenärzte in ihrem Verhalten gegenüber den Patienten zu beeinflussen, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Jedenfalls unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es aufgrund ständiger Zusammenarbeit zu wiederholten Verweisungen kommen wird, handelt es sich dabei um auch für eine Arztpraxis nicht unerhebliche Beträge. Die Ärzte werden durch diesen Anreiz sowie die Werbung der Beklagten für ihr E. -Konzept dazu veranlasst, ihre Patienten regelmäßig auf den verkürzten Versorgungsweg über die Beklagte hinzuweisen.
19
Die von der Beklagten angebotene Vergütung ist, wovon das Berufungsgericht ebenfalls rechtfehlerfrei ausgegangen ist, für die Augenärzte besonders in einfach gelagerten Fällen attraktiv. Nach der Lebenserfahrung ist daher davon auszugehen, dass die in das Geschäftsmodell der Beklagten einbezogenen Augenärzte auch ohne eine entsprechende vertragliche Verpflichtung ihren Patienten die Brillenlieferung durch die Beklagte zumindest als Alternative zum herkömmlichen Bezug im örtlichen Optikerfachgeschäft anbieten werden. Dafür sprechen neben den mit dem E. -Konzept verbundenen zusätzlichen Verdienstmöglichkeiten des Arztes auch die für den verkürzten Versorgungsweg in der Arztpraxis bereitgehaltenen Einrichtungen, Bestellzettel und Faltblätter , die von der Beklagten zur Verfügung gestellt werden. Die Beklagte bewirbt ausweislich der dem Berufungsurteil als Anlagen 1 und 2 beigefügten Werbung ihr Konzept der computergestützten Brillenwahl beim Augenarzt als "ideale Abrundung des Leistungsprogramms in der Praxis", und zwar - gemäß dem als Anlage 3 dem Berufungsurteil beigefügten Faltblatt ohne jede Einschränkung - ganz allgemein "für Damen, Herren und Kinder", also für alle Patienten. Es ist anzunehmen, dass zumindest ein erheblicher Teil der Augenärzte, die sich zu einer Zusammenarbeit mit der Beklagten entschließen, das E. -System in diesem von der Werbung propagierten weiten Umfang nutzen wird. Abweichendes macht auch die Beklagte nicht geltend. Nach ihrem von der Revision in Bezug genommenen Vortrag wird der Patient bei den mit der Beklagten zusammenarbeitenden Ärzten über den verkürzten Versorgungsweg aufgeklärt. Dass diese Aufklärung nur in bestimmten Fällen erfolgt, hat die Beklagte nicht vorgetragen.
20
cc) Ist naheliegende Folge des E. -Konzepts, dass die Ärzte ihre Patienten regelmäßig auf den verkürzten Versorgungsweg über die Beklagte hinweisen, so sind infolgedessen auch Verstöße gegen das ärztliche Berufsrecht zu erwarten.
21
(1) Nach § 34 Abs. 5 BOÄ dürfen Ärzte ihre Patienten nicht ohne hinreichenden Grund an bestimmte Anbieter gesundheitlicher Leistungen, zu denen auch Optiker gehören, verweisen. Zweck dieser Bestimmung ist es, die unbeeinflusste Wahlfreiheit der Patienten unter den Anbietern gesundheitlicher Leistungen zu gewährleisten. Weist ein Augenarzt seine Patienten regelmäßig - also auch dann, wenn dafür kein besonderer Grund besteht - auf den verkürzten Versorgungsweg hin, verstößt er gegen diese Vorschrift. Auch bei der im Hinblick auf das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) gebotenen weiten Auslegung des "hinreichenden Grundes" i.S. von § 34 Abs. 5 BOÄ ist die generelle Verweisung an einen bestimmten Optiker mit dieser Vorschrift unvereinbar. Vielmehr lässt sie eine solche Verweisung nur im Ausnahmefall zu (BGH, Urt. v.
9.7.2009 - I ZR 13/07, GRUR 2009, 977 Tz. 24 = WRP 2009, 1076 - Brillenversorgung I).
22
(2) Nach der zumindest auch das Patienteninteresse schützenden Vorschrift des § 3 Abs. 2 BOÄ ist es Ärzten untersagt, im Zusammenhang mit der Ausübung ihrer ärztlichen Tätigkeit Waren und andere Gegenstände abzugeben oder unter ihrer Mitwirkung abgeben zu lassen sowie gewerbliche Dienstleistungen zu erbringen oder erbringen zu lassen, soweit nicht die Abgabe des Produkts oder die Dienstleistung wegen ihrer Besonderheiten notwendiger Bestandteil der ärztlichen Therapie sind. Auch gegen diese Vorschrift verstößt ein Augenarzt, wenn er seine Patienten regelmäßig auf die Möglichkeit der Brillenversorgung im verkürzten Versorgungsweg hinweist.
23
Die Brillenanpassung und die Abgabe der Brille gehören regelmäßig nicht ohne weiteres zu den notwendigen Bestandteilen augenärztlicher Therapie. Die Rechtsprechung zur Zulässigkeit des verkürzten Versorgungswegs bei Hörgeräten lässt sich daher nicht auf die Brillenversorgung übertragen (BGH GRUR 2009, 977 Tz. 31 - Brillenversorgung I). Nach den für die Senatsentscheidungen zur Versorgung mit Hörgeräten maßgeblichen Feststellungen war der HNO-Arzt ohnehin in den Prozess der Abgabe und Anpassung der Hörhilfe eingebunden (vgl. BGH, Urt. v. 29.6.2000 - I ZR 59/98, GRUR 2000, 1080, 1081 = WRP 2000, 1121 - Verkürzter Versorgungsweg; Urt. v. 15.11.2001 - I ZR 275/99, GRUR 2002, 271, 272 = WRP 2002, 211 - Hörgeräteversorgung). Eine entsprechende Aufgabe hat der Augenarzt bei der Abgabe und Anpassung von Brillen nicht.
24
Weiterhin ist geklärt, dass die Abgabe und Anpassung einer Brille typische Leistungen des Optikerhandwerks sind, die unabhängig davon gewerbliche Dienstleistungen nach § 3 Abs. 2 BOÄ darstellen, ob der Arzt hierfür vom Optiker eine Vergütung erhält oder nicht (BGH GRUR 2009, 977 Tz. 28 - Brillenversorgung I). Ebenso hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden, dass die Vermeidung erneuter Sehschärfenmessungen durch Optiker weder einen hinreichenden Grund für eine Verweisung gemäß § 34 Abs. 5 BOÄ darstellt noch als notwendiger Bestandteil ärztlicher Therapie betrachtet werden kann (BGH GRUR 2009, 977 Tz. 23 f., 33 - Brillenversorgung I).
25
dd) Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte darauf, dass es in der Entscheidung "Verkürzter Versorgungsweg" (BGH GRUR 2000, 1080) als zulässig angesehen worden ist, Ohrenärzten durch die Zusammenarbeit mit einem Lieferanten von Hörgeräten zusätzliche Verdienstmöglichkeiten zu eröffnen. Dafür war maßgeblich, dass es sich um eine angemessene Vergütung für eine erlaubte ärztliche Tätigkeit handelte. Im Gegensatz dazu setzt die Beklagte im Streitfall einen Anreiz dafür, dass die Augenärzte den Brillenbezug bei ihr auch unter Verletzung berufsrechtlicher Pflichten und unabhängig von bei den Patienten dafür bestehenden Gründen vorschlagen.
26
Es kommt daher nicht darauf an, ob die Vermittlungspauschale als eine der Höhe nach angemessene Entschädigung für den Aufwand angesehen werden kann, der durch die Mitwirkung des Arztes oder seines Personals bei der Aufnahme, Eingabe und Weitergabe der für die Brille erforderlichen Werte oder der Auswahl des Brillengestells entsteht. Auch wenn dies der Fall wäre, änderte sich nichts an der Beurteilung des gegen die Interessenwahrungspflicht des Arztes verstoßenden Verhaltens als unzulässig.
27
ee) Der Klägerin können die geltend gemachten Unterlassungsansprüche auf der Grundlage von § 4 Nr. 1 UWG zugesprochen werden, auch wenn die Anträge nach Rücknahme des Klageantrags zu 1 e nicht mehr ausdrücklich auf die Zahlung einer Vergütung von 80 € (bzw. 160 €) für jede vermittelte Brille Bezug nehmen. Durch diese teilweise Klagerücknahme hat sich der von der Klägerin vorgetragene Lebenssachverhalt, der zur Auslegung ihrer Klageanträge heranzuziehen ist, nicht verändert. Er ist nach wie vor dadurch geprägt, dass den Augenärzten für die erfolgreiche Vermittlung einer Brillenlieferung eine attraktive Vergütung in Aussicht gestellt wird. Die Bezahlung des Arztes gehört zum Kern des von der Beklagten beworbenen Systems.
28
(1) Die im Klageantrag zu 1 a enthaltene Bezugnahme auf "das E. -Brillensystem und/oder das E. -System" umfasst die konkret angebotene Vermittlungsvergütung. Im Zusammenhang mit ihr sind die mit dem Klageantrag zu 1 a beanstandeten Werbeaussagen schon je für sich unlauter, weil sie die Ärzte auch dann dazu veranlassen, Patienten den Brillenbezug bei der Beklagten anzubieten, wenn dies berufsrechtlich unzulässig ist. Es wäre dagegen nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte ihre Werbung so gestaltet, dass sie sich aus Sicht der Ärzte für die Lieferung von Brillen im verkürzten Versorgungsweg eindeutig nur in solchen Fällen anbietet, in denen dafür ein hinreichender Grund nach § 34 Abs. 5 BOÄ besteht und die etwaige Mitwirkung des Arztes bei der Brillenabgabe und -anpassung notwendiger Bestandteil ärztlicher Therapie nach § 3 Abs. 2 BOÄ ist.
29
(2) Entsprechendes gilt für die Klageanträge zu 1 b und c, mit denen sich die Klägerin gegen die Überlassung des zur Weitergabe an Patienten bestimmten Faltblatts (Anlage 5 zum Berufungsurteil) und der Musterkollektion von Brillenfassungen wendet. Auch die Bereitstellung von Faltblatt und Musterkoffer lässt die notwendige Zweckbeschränkung ihrer Verwendung auf Fälle, in denen eine Verweisung an die Beklagte und die vorgesehene Mitwirkung des Arztes berufsrechtlich unbedenklich sind, nicht erkennen. Sie sind jeweils Teil des durch das Angebot der Vermittlungsvergütung geprägten E. -Systems.
30
4. Da der Klägerin die geltend gemachten Unterlassungsansprüche zustehen , kann sie auch ihre Abmahnkosten ersetzt verlangen.
31
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Bergmann Büscher Schaffert
Kirchhoff Koch
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 28.12.2007 - 38 O 105/06 KfH -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 30.10.2008 - 2 U 25/08 -


Schreibfehlerberichtigung


Das Urteil vom 24. Juni 2010 wird wie folgt berichtigt:

- Das Zitat in Tz. 15 a.E. lautet: (vgl. BGH Urt. v. 2.6.2005 - I ZR 252/02,
GRUR 2006, 164 Tz. 17 = WRP 2006, 84 - Aktivierungskosten II)

- Das Zitat in Tz. 17 a.E. lautet: (vgl. BGH, Urt. v. 21.4.2005 - I ZR 201/02,
GRUR 2005, 1059, 1060 f. = WRP 2005, 1508 - Quersubventionierung von
Laborgemeinschaften I; BGH GRUR 2008, 530 Tz. 14 - Nachlass bei der
Selbstbeteiligung).

Karlsruhe, den 6. August 2010

Bundesgerichtshof
Geschäftsstelle des I. Zivilsenats

Führinger, Justizangestellte

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 12


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 8 Beseitigung und Unterlassung


(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwider

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 3 Verbot unlauterer geschäftlicher Handlungen


(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig. (2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtscha

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 4 Mitbewerberschutz


Unlauter handelt, wer 1. die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;2. über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerb

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 96/02 Verkündet am: 20. Januar 2005 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:
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Bundesgerichtshof Urteil, 20. Feb. 2020 - I ZR 5/19

bei uns veröffentlicht am 20.02.2020

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 5/19 Verkündet am: 20. Februar 2020 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Bundesgerichtshof Urteil, 04. Dez. 2013 - IV ZR 215/12

bei uns veröffentlicht am 04.12.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 215/12 Verkündet am: 4. Dezember 2013 Heinekamp Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja VVG §§

Bundesgerichtshof Urteil, 12. Juli 2012 - I ZR 54/11

bei uns veröffentlicht am 12.07.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 54/11 Verkündet am: 12. Juli 2012 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 13. Jan. 2011 - I ZR 111/08

bei uns veröffentlicht am 13.01.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 111/08 Verkündet am: 13. Januar 2011 Bürk Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR

Referenzen

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 96/02 Verkündet am:
20. Januar 2005
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Direkt ab Werk
Die Werbung eines Einzelhändlers mit den Angaben "Direkt ab Werk! Kein Zwischenhandel
! Garantierter Tief-Preis" ist irreführend, wenn sie bei den angesprochenen
Verbrauchern den Eindruck erweckt, die so beworbene Ware werde
zu den Abgabepreisen des Herstellers vertrieben, der Werbende in die von
ihm verlangten Preise jedoch seine Gewinnspanne eingerechnet hat.
BGH, Urt. v. 20. Januar 2005 - I ZR 96/02 - OLG Karlsruhe
LG Mannheim
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. Januar 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
und die Richter Pokrant, Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 13. März 2002 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien sind Fahrradeinzelhändler. Die Beklagte bewarb im Jahr 2000 in einem achtseitigen Werbefaltblatt die Fahrradmodelle "K. " und "C. " mit der Angabe:

Die Beklagte erwirbt die so beworbenen Fahrräder vom Hersteller und veräußert sie in eigenem Namen zu Preisen, in denen ihre Handelsspanne enthalten ist, an Endverbraucher.
Der Kläger hat vorgetragen, die Beklagte erwecke den unzutreffenden Eindruck, sie stelle die Fahrräder selbst her und biete einen Werksverkauf an. Die Angabe "garantierter Tief-Preis" verstärke den sich daran anschließenden Eindruck eines Preisvorteils durch Wegfall jeden Zwischenhandels.
Der Kläger hat beantragt,
der Beklagten unter Androhung im einzelnen bezeichneter Ordnungsmittel zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zum Zwecke des Wettbewerbs die Behauptung aufzustellen, der Verkauf von Fahrrädern, insbesondere unter der Bezeichnung "K. " und "C. ", finde zu "garantierten Tiefpreisen, kein Zwischenhandel, direkt ab Werk" statt, insbesondere wenn dies wie mit der nachstehenden Abbildung erfolge:

Ferner hat er die Verurteilung der Beklagten zur Auskunftserteilung und die Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht begehrt.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat vorgetragen, die Werbung entspreche den tatsächlichen Gegebenheiten. Der Verkehr verstehe sie dahin, daß zwischen dem Hersteller und der Beklagten kein Zwischenhändler eingeschaltet sei.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Dagegen wendet sich diese mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die beanstandete Werbung der Beklagten verstoße gegen § 3 UWG (a.F.). Zur Begründung hat es ausgeführt :
Ein am Erwerb eines Fahrrads interessierter Verbraucher werde dem beanstandeten Text entnehmen, daß der Letztverbraucher die so beworbenen Fahrräder ohne jeden Zwischenhandel vom Hersteller unmittelbar erwerben könne. Er werde dabei nicht vermuten, daß sich die Verkaufsstelle in unmittelbarem örtlichen Zusammenhang mit dem Herstellungsbetrieb befinde, sondern er werde nur annehmen, daß der Kaufvertrag unmittelbar zwischen ihm und dem Hersteller geschlossen werde. Dieses aus den Angaben "Direkt ab Werk!" und "kein Zwischenhandel!" folgende Verständnis werde der Verbraucher dann bei näherem Nachdenken über den Sinn der Angaben durch die Worte "garantierter Tief-Preis" weiter vertiefen können, weil der Tief-Preis ihm als unmittelbare Folge des direkten Verkaufs ab Werk unter Ausschaltung des Zwischenhandels erscheine. Der durchschnittlich verständige Verbraucher werde annehmen, daß der Werbende ihm nur deshalb einen außergewöhnlich günstigen Preis bieten könne, weil bei der Preisbildung nur die Gewinnspanne des Herstellers, nicht aber auch die Handelsspanne eines Zwischenhändlers berücksichtigt worden sei.
Der weitere Inhalt des Werbeprospekts sei nicht geeignet, den durch die beanstandeten Angaben hervorgerufenen falschen Eindruck zu korrigieren. Letztlich würden auch diejenigen Verbraucher irregeführt, welchen die Beklagte bereits als Einzelhändlerin bekannt sei. Denn auch ein überwiegender Teil die-
ses Personenkreises werde aufgrund der beanstandeten Werbung annehmen, daß jedenfalls hinsichtlich der mit dem beanstandeten Slogan herausgehoben beworbenen Fahrradmodelle besondere Vertragsbeziehungen zwischen der Beklagten und dem Hersteller bestünden, die es erlaubten, den Abgabepreis des Herstellers an den Letztverbraucher weiterzugeben. Dieser durch die angegriffene Werbung beim Publikum erweckte Eindruck stimme mit der Wirklichkeit nicht überein. Die so beworbenen Fahrradmodelle könnten bei der Beklagten nicht vom Hersteller und nicht zu dessen Abgabepreisen erworben werden.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg.
1. Auf den in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch sind die Bestimmungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) vom 3. Juli 2004 anzuwenden. Der im Streitfall auf eine Wiederholungsgefahr gestützte Unterlassungsanspruch besteht allerdings nur, wenn das beanstandete Verhalten auch zur Zeit der Begehung wettbewerbswidrig war. Auf diesen Zeitpunkt kommt es auch für den auf Feststellung der Schadensersatzpflicht gerichteten und den diesen vorbereitenden Anspruch auf Auskunftserteilung an.
2. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die beanstandete Werbung der Beklagten mit den Angaben "Direkt ab Werk! kein Zwischenhandel! garantierter Tief-Preis" sei irreführend und deshalb unlauter, hält sowohl nach altem (§ 3 UWG a.F.) als auch nach neuem Unlauterkeitsrecht (§§ 3, 5 Abs. 1 UWG) im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Eine Werbung ist irreführend i.S. von § 5 Abs. 1 UWG3 UWG a.F.), wenn das Verständnis, das sie bei den Verkehrskreisen, an die sie sich richtet,
erweckt, mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 27.4.1995 - I ZR 116/93, GRUR 1995, 612, 614 = WRP 1995, 701 - Sauerstoff-Mehrschritt-Therapie; Urt. v. 17.2.2000 - I ZR 254/97, GRUR 2000, 911, 913 = WRP 2000, 1248 - Computerwerbung, m.w.N.; vgl. ferner Piper in: Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., § 3 UWG Rdn. 106; Baumbach/Hefermehl/ Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., § 5 UWG Rdn. 2.65; Harte/Henning/ Dreyer, UWG, § 5 Rdn. 151). Für die Beurteilung, ob eine Werbung irreführend ist, ist ihr Gesamteindruck maßgeblich (vgl. BGH, Urt. v. 24.10.2002 - I ZR 100/00, GRUR 2003, 361, 362 = WRP 2003, 1224 - Sparvorwahl); es sind alle ihre Bestandteile zu berücksichtigen (§ 5 Abs. 2 UWG).

b) Gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe über die Bezugsart (vgl. dazu Baumbach/Hefermehl/Bornkamm aaO § 5 UWG Rdn. 6.13 ff.) der beworbenen Fahrradmodelle die irreführende Angabe gemacht , der Endverbraucher könne die Fahrräder unmittelbar vom Hersteller erwerben, erhebt die Revision die Rüge, das Berufungsgericht habe nicht hinreichend den Gesamteindruck berücksichtigt, den der Inhalt des Werbeprospekts der Beklagten hervorrufe. Ob die Angriffe der Revision durchgreifen, kann dahinstehen, weil das Berufungsgericht einen Verstoß gegen § 3 UWG a.F. jedenfalls zu Recht darin gesehen hat, daß die Beklagte irreführende Angaben über die Preisbemessung der von ihr beworbenen Fahrradmodelle gemacht hat. Der angesprochene Durchschnittsverbraucher werde irregeführt, weil er aufgrund der beanstandeten Werbeaussagen annehme, bei der Preisbildung sei nur die Gewinnspanne des Herstellers, nicht aber auch die Handelsspanne eines Zwischenhändlers berücksichtigt worden. Dieser durch die angegriffene Werbung beim angesprochenen Publikum erweckte Eindruck stimme mit der Wirklichkeit nicht überein, weil die beworbenen Fahrradmodelle nicht zu den Abgabepreisen des Herstellers erworben werden könnten.


c) Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe den irreführenden Eindruck erweckt, sie gebe die beworbenen Fahrräder "K. " und "C. " zu den Preisen des Herstellers ab, unterliegt keinen rechtlichen Bedenken.
aa) Es ist insoweit ohne Bedeutung, ob die angesprochenen Verkehrskreise die Werbeaussage "Direkt ab Werk! kein Zwischenhandel! garantierter Tief-Preis" dahin verstehen, die so beworbenen Fahrräder könnten unmittelbar vom Hersteller erworben werden, oder ihr, wie die Beklagte geltend gemacht hat, lediglich entnehmen, daß zwischen dem Hersteller und der Beklagten kein Zwischenhändler eingeschaltet ist. Selbst wenn von letzterem Verkehrsverständnis auszugehen wäre, änderte dies nichts daran, daß die angesprochenen Verkehrskreise die Werbung der Beklagten dahin verstehen, sie biete die von ihr so beworbenen Fahrräder zu den Abgabepreisen der Hersteller ohne weitere Aufschläge an. Denn in der beanstandeten Werbeaussage wird nicht nur auf den Bezugsweg ("Direkt ab Werk! kein Zwischenhandel!") hingewiesen, sondern durch die damit in Verbindung stehende Angabe "garantierter Tief-Preis" wird auch ein besonderer Preisvorteil herausgestellt. Die Auffassung des Berufungsgerichts , der "garantierte Tief-Preis" erscheine dem Verbraucher als unmittelbare Folge des Verkaufs ab Werk unter Ausschaltung des Zwischenhandels, trifft auch dann zu, wenn der Verbraucher entgegen der weiteren Annahme des Berufungsgerichts nicht von einem direkten Verkauf durch den Hersteller, sondern von einem Erwerb von der Beklagten ausgeht.
bb) Soweit die Revision dem entgegenhält, der Verbraucher, der die Beklagte als Einzelhändlerin kenne und der deshalb nicht annehme, daß er unmittelbar vom Hersteller erwerbe, werde die beanstandete Werbung dahin verste-
hen, daß die Beklagte die Waren unter Aussparung des Zwischenhändlers direkt beim Hersteller kaufe und somit (nur) die Gewinnspanne eines Zwischenhändlers , nicht aber diejenige der Beklagten als Einzelhändlerin entfalle, berücksichtigt sie nicht hinreichend, daß die Beklagte nicht bloß den Anschein irgendeines Preisvorteils erweckt. Sie wirbt vielmehr unter Bezugnahme auf die Angabe "Direkt ab Werk! kein Zwischenhandel!" mit einem "garantierten TiefPreis". Ein beachtlicher Teil der angesprochenen Verbraucher wird in der Werbung einen Hinweis auch auf das Ausmaß des infolge des Direktbezugs vom Hersteller zu erzielenden Preisvorteils sehen und die Bewerbung eines "garantierten Tief-"Preises dahin verstehen, daß die Beklagte die so beworbenen Waren zu einem Preis im unteren Bereich des durch die Angabe "Direkt ab Werk! kein Zwischenhandel!" umschriebenen Preisniveaus anbietet (zur Werbung mit Tief-Preisen vgl. Baumbach/Hefermehl/Bornkamm aaO § 5 UWG Rdn. 7.134). Bei einem Direktbezug "ab Werk", d.h. vom Hersteller, ist das aber dessen Abgabepreis ohne weitere Zuschläge wie die Gewinnspanne des Wiederverkäufers oder dessen Vertriebs-, Lager- und Werbekosten. Der Umstand, daß die Beklagte lediglich einzelne der in ihrem Werbeprospekt beworbenen Fahrräder mit dem beanstandeten Zusatz angeboten hat, wirkt der Irreführungsgefahr entgegen der Ansicht der Revision nicht entgegen. Denn dadurch wird allenfalls der durch die Angabe "garantierter Tief-Preis" hervorgerufene und durch die blickfangmäßige Herausstellung des "Tief-Preises" bei der konkreten Verletzungsform zusätzlich betonte Eindruck verstärkt, die so beworbenen Waren würden zu einem noch günstigeren Preis als die anderen beworbenen Fahrräder angeboten. Dafür spricht auch der Umstand, daß bei sämtlichen beworbenen Waren dem von der Beklagten verlangten Preis die "unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers" gegenübergestellt wird und der Verkehr die beanstandete Werbeangabe daher als Anpreisung einer über diesen Preisvorteil noch hinausgehenden Vergünstigung ansehen wird.


d) Die Irreführung über die Günstigkeit des Preises der beworbenen Fahrräder ist für die Kaufentscheidung der angesprochenen Verbraucher von maßgeblicher Bedeutung und somit wettbewerbsrechtlich relevant.
3. Die Ansprüche auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten und auf Auskunftserteilung folgen aus §§ 3, 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UWG a.F., § 242 BGB.
III. Danach ist die Revision der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Ullmann Pokrant Büscher
Schaffert Bergmann

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 153/04 Verkündet am:
28. Juni 2007
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Telefonaktion

a) Es ist regelmäßig davon auszugehen, dass die Bagatellgrenze des § 3
UWG überschritten ist, wenn die durch unrichtige Angaben hervorgerufene
Fehlvorstellung des Verkehrs geeignet ist, das Marktverhalten der Gegenseite
zu beeinflussen.

b) § 18 StBerG, der eine auf die Lauterkeit des Wettbewerbs bezogene
Schutzfunktion hat, begründet kein generelles Gebot, bei Werbemaßnahmen
die Bezeichnung "Lohnsteuerhilfeverein" zu führen oder den vollen
Vereinsnamen anzugeben.
BGH, Urt. v. 28. Juni 2007 - I ZR 153/04 - OLG München
LG München I
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Juni 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 26. August 2004 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen insoweit aufgehoben, als die Klage mit dem Antrag zu 1 abgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien sind bundesweit tätige Lohnsteuerhilfevereine.
2
In der Ausgabe der Zeitung "W. " vom 29. Januar 2003 erschien in der Rubrik "Ratgeber Geld" der nachstehend wiedergegebene Zeitungsartikel mit der Ankündigung einer Telefonaktion, bei der drei Mitarbeiter des Beklagten als Ansprechpartner zur Verfügung stehen und Leser Antworten auf steuerliche Fragen erhalten sollten:
3
Der Kläger hat in dem Artikel einen Verstoß des Beklagten gegen das Steuerberatungsgesetz gesehen und diesen als wettbewerbswidrig beanstandet. Er hat geltend gemacht, der Beklagte habe den Zeitungsartikel, bei dem es sich nicht um eine redaktionelle Berichterstattung, sondern um Werbung gehandelt habe, veranlasst. In dem Artikel werde der unrichtige Eindruck hervorgerufen , jedermann könne von dem Beklagten beraten werden. Dem Beklagten sei es aber nur gestattet, seine Mitglieder zu beraten. Es fehle ein Hinweis auf die nur eingeschränkte Beratungsbefugnis des Beklagten nach dem Steuerberatergesetz. Bei der Nennung des Vereinsnamens sei außerdem der Zusatz "Lohnsteuerhilfeverein" erforderlich.
4
Der Kläger hat beantragt, dem Beklagten zu untersagen, 1. im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in Werbeanzeigen in Printmedien mit einer Telefonaktion zur Einkommensteuererklärung zu werben, ohne dabei darauf hinzuweisen, dass die Beratung durch einen Lohnsteuerhilfeverein nur im Rahmen einer Mitgliedschaft erfolgen darf, sowie dass die Hilfeleistung in Steuersachen nur dann erfolgen darf, wenn die Einkünfte die eingeschränkte Beratungsbefugnis der Lohnsteuerhilfevereine nach § 4 Nr. 11 StBerG nicht überschreiten; 2. im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in Werbeanzeigen in Printmedien mit dem Vereinsnamen "Lohnsteuerhilfe B. e.V." zu werben, ohne den erforderlichen Namenszusatz "Lohnsteuerhilfeverein" hinzuzusetzen.
5
Der Beklagte hat sich darauf berufen, der Text des Zeitungsartikels sei von einer Redakteurin der "W. " verfasst worden. Die Telefonaktion sei zwischen der Presseagentur M. und der Zeitung abgesprochen gewesen. Diese Presseagentur vermittele dem Beklagten nur Kontakte zu Zeitungen, ohne beauftragt zu sein, Erklärungen an die Presse zu geben.

Dem Verkehr sei die nur eingeschränkte Beratungsbefugnis eines Lohnsteuerhilfevereins bekannt, weshalb ein ausdrücklicher Hinweis in dem Artikel nicht erforderlich gewesen sei.
6
Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt.
7
Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen.
8
Mit seiner (vom Senat zugelassenen) Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


9
I. Das Berufungsgericht hat die Klage als unbegründet angesehen. Dazu hat es ausgeführt:
10
Der Zulässigkeit der Klage stehe nicht das zwischen den Parteien ergangene rechtskräftige Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 31. Januar 2001 entgegen. Dieses Urteil betreffe keine im Kern gleiche Verletzungshandlung.
11
Dem Kläger stehe jedoch der begehrte Unterlassungsanspruch nicht zu. Der in Rede stehende Zeitungsartikel sei nicht geeignet, den Wettbewerb i.S. von § 3 UWG nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen. Bei dem Zeitungsartikel handele es sich um Werbung, die dem Beklagten zuzurechnen sei. Die dort wiedergegebenen Namen und Fotos könnten nur unmittelbar oder mittelbar über die eingeschaltete Presseagentur vom Beklagten stammen. Der fehlende Hinweis darauf, dass Beratungsleistungen nur im Rahmen einer Mitgliedschaft erbracht werden dürften, stelle jedoch eine nur unerhebliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs i.S. von § 3 UWG dar. Entsprechendes gelte für den fehlenden Hinweis auf die nur eingeschränkte Beratungsbefugnis des Beklagten. Auch hier sei davon auszugehen, dass die Anrufer, soweit sie weitergehende Fragen hätten, in dem Telefonat über die nur beschränkte Beratungsbefugnis eines Lohnsteuerhilfevereins aufgeklärt würden.
12
Der fehlende Zusatz "Lohnsteuerhilfeverein" bei der Angabe der Bezeichnung des Beklagten sei ebenfalls keine erhebliche Wettbewerbsbeeinträchtigung. Der Angabe "Lohnsteuerhilfe B. e.V." im Zeitungsartikel sei ohne Weiteres zu entnehmen, dass es sich um einen Lohnsteuerhilfeverein handele.
13
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben teilweise Erfolg. Sie führen unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels hinsichtlich des Klageantrags zu 1 zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
14
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass auch die Klage mit dem Antrag zu 1 in vollem Umfang zulässig ist. Dem Unterlassungsantrag zu 1 steht nicht der Einwand der Rechtskraft im Hinblick auf das zwischen den Parteien ergangene Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 31. Januar 2001 - - entgegen.

15
Der Umfang der materiellen Rechtskraft ist beschränkt auf den Streitgegenstand , über den im Erstprozess entschieden worden ist (BGHZ 85, 367, 374; 93, 287, 288 f.; BGH, Urt. v. 26.6.2003 - I ZR 269/00, NJW 2003, 3058, 3059). Der Streitgegenstand bestimmt sich auch bei der Unterlassungsklage nach dem Antrag und dem zu seiner Begründung vorgetragenen Lebenssachverhalt. Von einem einheitlichen Lebenssachverhalt ist ungeachtet weiterer Erläuterungen , Berichtigungen und neuen Tatsachenvortrags auszugehen, wenn der Kern des in der Klage angeführten Sachverhalts unverändert bleibt (BGHZ 166, 253 Tz. 26 - Markenparfümverkäufe; BGH, Beschl. v. 11.10.2006 - KZR 45/05, GRUR 2007, 172 Tz. 10 = WRP 2007, 81 - Lesezirkel II; Urt. v. 7.12.2006 - I ZR 166/03, GRUR 2007, 605 Tz. 25 = WRP 2007, 772 - Umsatzzuwachs).
16
Nach diesen Maßstäben liegt dem vorliegenden Rechtsstreit und dem Verfahren vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth nicht derselbe Streitgegenstand zugrunde. Das Verfahren vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth war auf ein Verbot gerichtet, Zeitungsanzeigen zu schalten, in denen nicht darauf hingewiesen wird, dass der Beklagte seine Hilfeleistung in Steuerangelegenheiten ausschließlich im Rahmen einer Mitgliedschaft erbringen darf. Davon unterscheidet sich der Streitfall, in dem der Unterlassungsantrag gegen Werbeanzeigen mit einer Telefonaktion zur Einkommensteuererklärung gerichtet ist. Im Hinblick auf den Unterschied zwischen der Schaltung einer Zeitungsanzeige und der werblichen Ankündigung einer Telefonaktion ist die in Rede stehende Verletzungshandlung nicht mit derjenigen gleichartig, die dem im Vorprozess rechtskräftig ausgesprochenen Verbot zugrunde liegt.
17
2. Der in die Zukunft gerichtete Unterlassungsanspruch, der auf Wiederholungsgefahr gestützt ist, setzt voraus, dass auf der Grundlage der Rechtslage nach dem Inkrafttreten des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 ein solcher Anspruch begründet ist. Zudem muss die Handlung zum Zeitpunkt ihrer Begehung wettbewerbswidrig gewesen sein, weil es anderenfalls an einer Wiederholungsgefahr fehlt (vgl. BGH, Urt. v. 20.1.2005 - I ZR 96/02, GRUR 2005, 442 = WRP 2005, 474 - Direkt ab Werk).
18
3. Das Berufungsgericht hat den mit dem Klageantrag zu 1 verfolgten Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 UWG, den der Kläger auf eine irreführende Werbung nach § 3 UWG a.F., §§ 3, 5 UWG gestützt hat, verneint. Das hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
19
a) Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Beklagte für den vom Kläger mit dem Unterlassungsantrag zu 1 als wettbewerbswidrig beanstandeten Inhalt des Zeitungsartikels (kein Hinweis auf die für eine Beratung erforderliche Mitgliedschaft und auf eine eingeschränkte Beratungsbefugnis ) einzustehen hat. Nach den von der Revision insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Beklagte die für die Beteiligung seiner Mitarbeiter notwendigen Informationen entweder selbst oder unter Einschaltung einer Presseagentur an die Zeitung weitergegeben.
20
aa) Falls der Beklagte die Namen und Fotos der Mitarbeiter an die Zeitung weitergegeben hat, ist er als Verletzer für eine etwaige in der Ankündigung der Telefonaktion liegende unlautere Wettbewerbshandlung i.S. von § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 3 UWG verantwortlich.
21
Die Mitwirkung des Beklagten an der Ankündigung der Telefonaktion in dem Zeitungsartikel war eine Wettbewerbshandlung (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG). Sie war darauf gerichtet, die Erbringung der Dienstleistungen dadurch zu för- dern, dass der Beklagte und seine Tätigkeit in der Öffentlichkeit bekannt gemacht wurden. Aufgrund seiner Mitwirkung an der Ankündigung der Telefonaktion durch die "W. " traf den Beklagten aus vorangegangenem gefährdenden Verhalten eine Pflicht, ein durch seine Beteiligung gefördertes unlauteres Werbeverhalten zu verhindern (vgl. BGH, Urt. v. 6.4.2000 - I ZR 67/98, GRUR 2001, 82, 83 = WRP 2000, 1263 - Neu in Bielefeld I). Abweichendes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Telefonaktion in einem redaktionellen Beitrag der "W. " angekündigt war, dessen Inhalt der Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG unterlag. Dass die Zeitung für ihre Berichterstattung den Grundrechtsschutz der Pressefreiheit für sich in Anspruch nehmen kann, enthebt den Beklagten nicht von der Verantwortung für sein eigenes wettbewerbswidriges Verhalten.
22
bb) Geht die Beteiligung des Beklagten an der Telefonaktion auf die Tätigkeit der von ihm eingeschalteten Presseagentur zurück, haftet er für einen etwaigen Wettbewerbsverstoß gemäß § 13 Abs. 4 UWG a.F., § 8 Abs. 2 UWG. Nach der Vorschrift des § 8 Abs. 2 UWG, die inhaltlich der Bestimmung des § 13 Abs. 4 UWG a.F. entspricht, werden dem Inhaber des Unternehmens Zuwiderhandlungen seiner Angestellten oder Beauftragten wie eigene Handlungen zugerechnet, weil die arbeitsteilige Organisation seines Unternehmens die Verantwortung für das Verhalten im Wettbewerb nicht beseitigen soll. Der Unternehmensinhaber , dem die Wettbewerbshandlungen seiner Angestellten oder Beauftragten zugute kommen, soll sich bei einer wettbewerbsrechtlichen Haftung nicht hinter den von ihm abhängigen Dritten verstecken können (BGH, Urt. v. 19.12.2002 - I ZR 119/00, GRUR 2003, 453, 454 = WRP 2003, 642 - Verwertung von Kundenlisten).

23
Die von dem Beklagten eingeschaltete Presseagentur M. ist Beauftragte i.S. von § 13 Abs. 4 UWG a.F., § 8 Abs. 2 UWG (vgl. BGH, Urt. v. 25.4.1991 - I ZR 134/90, GRUR 1991, 772, 774 - Anzeigenrubrik I; BGHZ 124, 230, 237 - Warnhinweis I). Der Umstand, dass der Beklagte die Agentur nach seinen Angaben nur mit der Vermittlung von Pressekontakten und nicht der Weitergabe von Pressenotizen betraut haben will, entlastet ihn nicht. Dadurch wird der für die Anwendung des § 8 Abs. 2 UWG erforderliche innere Zusammenhang zwischen dem Verhalten der Presseagentur und dem Unternehmen des Beklagten nicht aufgehoben (vgl. BGH, Urt. v. 5.4.1995 - I ZR 133/93, GRUR 1995, 605, 607 - Franchise-Nehmer; Köhler in Hefermehl/Köhler/ Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl., § 8 UWG Rdn. 2.47; Fezer/Büscher, UWG, § 8 Rdn. 179).
24
b) Das Berufungsgericht hat angenommen, der fehlende Hinweis darauf, dass Beratungsleistungen nur im Rahmen einer Mitgliedschaft erbracht würden und eine eingeschränkte Beratungsbefugnis bestehe, sei keine wesentliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs. Es sei davon auszugehen, dass Verbraucher im Rahmen der Telefonaktion nur eine pauschale Beratung erhielten und anschließend entweder eine Mitgliedschaft anstrebten oder sich an einen Steuerberater wendeten. Dagegen würden interessierte Verbraucher durch den Zeitungsartikel nicht veranlasst, eine Geschäftsstelle des Beklagten aufzusuchen. Von einer erheblichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs könne auch wegen des fehlenden Hinweises auf die nur eingeschränkte Beratungsbefugnis des Beklagten nicht ausgegangen werden. Es sei anzunehmen, dass Anrufer über eine etwa fehlende Beratungsbefugnis informiert und über den Irrtum bereits in dem Telefonat aufgeklärt würden, ohne eine Geschäftsstelle des Beklagten aufzusuchen. Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat die Anforderungen überspannt, die an eine nicht nur unerhebliche Beeinträchtigung i.S. von § 3 UWG zu stellen sind.
25
aa) Nach der Begründung zum Regierungsentwurf soll mit dem in § 3 UWG vorgesehenen Erfordernis einer nicht nur unerheblichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs zum Ausdruck kommen, dass die Wettbewerbsmaßnahme von einem gewissen Gewicht für das Wettbewerbsgeschehen und die Interessen des geschützten Personenkreises sein muss. Dadurch soll die Verfolgung von Bagatellfällen ausgeschlossen werden, weshalb die Schwelle nach den Vorstellungen des Gesetzgebers nicht zu hoch anzusetzen ist (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 15/1487, S. 17). Die Frage, ob es sich um einen Bagatellverstoß handelt oder die Grenze überschritten ist, ist unter umfassender Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls, namentlich der Art und Schwere des Verstoßes, anhand der Zielsetzung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb zu beurteilen (vgl. zu § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F. BGH, Urt. v. 5.10.2000 - I ZR 210/98, GRUR 2001, 258, 259 = WRP 2001, 146 - Immobilienpreisangaben).
26
bb) Vorliegend steht eine Zuwiderhandlung gegen das Verbot irreführender Werbung nach §§ 3, 5 UWG in Rede. Unrichtige Angaben verstoßen nur dann gegen das Irreführungsverbot nach § 3 UWG a.F., §§ 3, 5 UWG, wenn sie geeignet sind, das Marktverhalten der Gegenseite zu beeinflussen (BGH, Urt. v. 7.11.2002 - I ZR 276/99, GRUR 2003, 628, 630 = WRP 2003, 747 - Klosterbrauerei ; Urt. v. 26.10.2006 - I ZR 33/04, GRUR 2007, 247 Tz. 33 = WRP 2007, 303 - Regenwaldprojekt I). Ist die durch die unrichtigen Angaben hervorgerufene Fehlvorstellung des Verkehrs wettbewerbsrechtlich relevant, ist regelmäßig auch davon auszugehen, dass die Bagatellgrenze überschritten ist (vgl. Bornkamm in Hefermehl/Köhler/Bornkamm aaO § 5 UWG Rdn. 2.11 und 2.169).

Nicht anders verhält es sich im Streitfall. Verstößt der Zeitungsartikel wegen irreführender Angaben gegen § 5 UWG, weil die fraglichen Hinweise unterblieben sind, ist der Verstoß nach Art und Schwere auch nicht mehr unerheblich.
27
c) Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Beklagte gegen das Irreführungsverbot nach § 3 UWG a.F., §§ 3, 5 UWG verstoßen hat, weil der Zeitungsartikel keinen Hinweis darauf enthielt, dass Nichtmitglieder bei der Telefonaktion nicht beraten wurden und nur eine eingeschränkte Beratungsbefugnis bestand.
28
Der Kläger hat vorgetragen, der Verkehr verstehe die Angaben in dem Zeitungsartikel dahin, dass auch Personen, die an der Telefonaktion teilnähmen und nicht Mitglieder bei dem Beklagten seien, beraten werden könnten und dass keine nur auf bestimmte Einkunftsarten beschränkte Beratungsbefugnis bestehe.
29
Das Berufungsgericht wird insoweit zu prüfen haben, wie der Verkehr die Angaben in dem Zeitungsartikel auffasst. Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangen, dass der Verkehr die Angaben in dem vom Kläger vorgetragenen Sinn versteht, sind sie irreführend. Nach der Vorschrift des § 4 Nr. 11 StBerG sind Lohnsteuerhilfevereine zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen nur gegenüber ihren Mitgliedern und auch nur in den Grenzen des § 4 Nr. 11 lit. a bis c StBerG befugt.
30
Die für ein Verbot gemäß § 3 UWG a.F., §§ 3, 5 UWG erforderliche wettbewerbsrechtliche Relevanz der Irreführung (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 17.6.1999 - I ZR 149/97, GRUR 2000, 239, 241 = WRP 2000, 92 - Last-MinuteReise ; BGH GRUR 2003, 628, 630 - Klosterbrauerei) kann nicht mit dem Hin- weis darauf verneint werden, Teilnehmer an der Telefonaktion würden in dem Telefonanruf über die nur beschränkte Beratungsbefugnis des Beklagten aufgeklärt.
31
Unrichtige Angaben sind wettbewerbsrechtlich relevant, wenn sie geeignet sind, das Marktverhalten der Gegenseite, hier also der Verbraucher, zu beeinflussen. Diese werden, soweit Beratungsbedarf besteht, durch den Zeitungsartikel veranlasst, an der Telefonaktion teilzunehmen. Dadurch kommt es zu einer ersten Kontaktaufnahme mit dem Beklagten, die dieser für eine Mitgliederwerbung nutzen kann und die durch eine spätere Richtigstellung etwaiger unzutreffender Angaben nicht wieder rückgängig gemacht wird.
32
4. Die Revision hat dagegen keinen Erfolg, soweit sie sich dagegen wendet , dass das Berufungsgericht den Klageantrag zu 2 abgewiesen hat. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung des Vereinsnamens des Beklagten in der Werbung ohne den Namenszusatz "Lohnsteuerhilfeverein" nach § 1 UWG a.F., § 8 Abs. 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 18 StBerG nicht zu.
33
a) Nach § 4 Nr. 11 UWG handelt allerdings unlauter i.S. des § 3 UWG, wer einer gesetzlichen Bestimmung zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Zu den Vorschriften , die im Interesse der Verbraucher das Marktverhalten von Unternehmen bestimmen, gehört § 18 StBerG. Die Bestimmung verpflichtet Lohnsteuerhilfevereine , die entsprechende Bezeichnung im Vereinsnamen zu führen. Die Vorschrift regelt die Außendarstellung des Vereins und dient dem Schutz der Öffentlichkeit vor einer Irreführung. Sie hat eine auf die Lauterkeit des Wettbewerbs bezogene Schutzfunktion.

34
Für den Zeitraum vor Inkrafttreten des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 folgt der Unterlassungsanspruch im Falle eines Verstoßes gegen § 18 StBerG aus § 1 UWG a.F.
35
b) Im Streitfall liegt ein Verstoß gegen § 18 StBerG wegen der fehlenden Führung der Bezeichnung "Lohnsteuerhilfeverein" in dem Zeitungsartikel in der "W. " jedoch nicht vor. Die Bestimmung sieht eine Verpflichtung zur Führung der Bezeichnung "Lohnsteuerhilfeverein" im Vereinsnamen vor. Sie begründet aber kein allgemeines Gebot, bei Werbemaßnahmen stets die Bezeichnung "Lohnsteuerhilfeverein" zu führen oder den vollen Vereinsnamen anzugeben (a.A. Nest in Bonner Handbuch der Steuerberatung, § 18 StBerG Rdn. B 3; Gehre/v. Borstel, Steuerberatungsgesetz, 5. Aufl., § 18 Rdn. 2; Charlier/Peter, Steuerberatungsgesetz, 3. Aufl., § 18 Rdn. 1). Der Beklagte konnte deshalb ohne Verstoß gegen § 18 StBerG in dem Zeitungsartikel unter der Bezeichnung "Lohnsteuerhilfe B. e.V." auftreten. Die Grenze zu einem wettbewerbswidrigen Verhalten ist erst überschritten, wenn die Bezeichnung, unter der der Beklagte werbend auftritt, gegen das Irreführungsverbot nach §§ 3, 5 UWG verstößt. Hierfür ist bei der Bezeichnung "Lohnsteuerhilfe B. e.V.", in der sich die Begriffe "Lohnsteuerhilfe" und "e.V." finden, vom Kläger nichts geltend gemacht und auch sonst nichts ersichtlich.
Bornkamm Pokrant Büscher
Kirchhoff Schaffert
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 21.08.2003 - 17 HKO 7047/03 -
OLG München, Entscheidung vom 26.08.2004 - 6 U 4775/03 -

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwiderhandlung gegen § 3 oder § 7 droht.

(2) Werden die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen, so sind der Unterlassungsanspruch und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet.

(3) Die Ansprüche aus Absatz 1 stehen zu:

1.
jedem Mitbewerber, der Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreibt oder nachfragt,
2.
denjenigen rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, die in der Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände nach § 8b eingetragen sind, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, und die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt,
3.
den qualifizierten Einrichtungen, die in der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes eingetragen sind, oder den qualifizierten Einrichtungen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die in dem Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2018/302 (ABl. L 60I vom 2.3.2018, S. 1) geändert worden ist, eingetragen sind,
4.
den Industrie- und Handelskammern, den nach der Handwerksordnung errichteten Organisationen und anderen berufsständischen Körperschaften des öffentlichen Rechts im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben sowie den Gewerkschaften im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben bei der Vertretung selbstständiger beruflicher Interessen.

(4) Stellen nach Absatz 3 Nummer 2 und 3 können die Ansprüche nicht geltend machen, solange ihre Eintragung ruht.

(5) § 13 des Unterlassungsklagengesetzes ist entsprechend anzuwenden; in § 13 Absatz 1 und 3 Satz 2 des Unterlassungsklagengesetzes treten an die Stelle der dort aufgeführten Ansprüche nach dem Unterlassungsklagengesetz die Ansprüche nach dieser Vorschrift. Im Übrigen findet das Unterlassungsklagengesetz keine Anwendung, es sei denn, es liegt ein Fall des § 4e des Unterlassungsklagengesetzes vor.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 60/05 Verkündet am:
8. November 2007
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Nachlass bei der Selbstbeteiligung
Der Rechtsbruchtatbestand des § 4 Nr. 11 UWG setzt die Erfüllung aller Merkmale
des Tatbestandes der das Marktverhalten regelnden gesetzlichen Vorschrift
voraus.
Soweit ein Versicherungsnehmer die Interessen des Versicherers wahrzunehmen
hat, kann das Versprechen eines Vorteils zu seinen Gunsten eine unangemessene
unsachliche Beeinflussung i.S. des § 4 Nr. 1 UWG darstellen, wenn
der Versicherungsnehmer dadurch veranlasst werden kann, auf das Angebot
einzugehen, ohne den Vorteil an den Versicherer weiterzugeben.
BGH, Urt. v. 8. November 2007 - I ZR 60/05 - OLG Hamm
LG Essen
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. November 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Dr. Schaffert, Dr. Bergmann und Dr. Koch

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 1. März 2005 wird auf Kosten des Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Kosten der ersten Instanz unter Abänderung der Kostenentscheidung im Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Essen vom 22. September 2004 der Klägerin zu 26% und dem Beklagten zu 74% auferlegt werden.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Beklagte betreibt einen Reparaturservice für Schäden an Autoglasscheiben. Er warb im März 2004 mit dem nachstehend verkleinert wiedergegebenen Gutschein:
2
Die Klägerin, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, hält diese Werbung für wettbewerbswidrig. Der Rabatt in Höhe von 50% der Selbstbeteiligung locke die Kunden übertrieben an. Zudem werde zum Vertragsbruch verleitet, da der versprochene Nachlass zu Lasten des Versicherers gehe. Selbst wenn der Beklagte mit einigen Versicherern Abmachungen über die Zulässigkeit des beworbenen Preisnachlasses getroffen habe, sei die beanstandete Werbung jedenfalls gegenüber denjenigen Kunden irreführend, mit deren Versicherern keine solche Vereinbarung bestehe.
3
Die Klägerin hat - soweit für die Revisionsinstanz noch von Bedeutung - beantragt, den Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken in der an Letztverbraucher gerichteten Werbung mit dem Hinweis "Bei Windschutzscheiben- und Heckscheiben-Austausch 50% Nachlass der Selbstbeteiligung (bei 150 Euro)" zu werben, insbesondere wenn diese Ankündigung wie ein Gutschein aufgemacht ist, es sei denn, der Beklagte hat zuvor eine Zustimmung der jeweiligen Versicherungsgesellschaft zu der Reduzierung der Selbstbeteiligung eingeholt , und/oder entsprechend der Ankündigung zu verfahren.
4
Der Beklagte hat behauptet, er habe sich in Rahmenverträgen mit verschiedenen Versicherern dazu verpflichtet, nur bestimmte Preise in Rechnung zu stellen. Im Gegenzug hätten die Versicherer sich damit einverstanden erklärt , dass er den Kunden deren Selbstbehalt zur Hälfte erstatte. Die Gutscheine seien ausschließlich in Agenturen von Versicherern hinterlegt worden, mit denen entsprechende Vereinbarungen bestanden hätten. Sie seien so gestaltet, dass sie im Falle ihres Abhandenkommens nicht von Kunden anderer Versicherer verwendet werden könnten. Die Wettbewerbswidrigkeit folge auch nicht daraus , dass die Gutscheine in einem Fall bei einer Agentur der H. , mit der keine entsprechende Vereinbarung bestanden habe, ausgelegen hätten. Die betreffenden Gutscheine seien von der -Autoglas E. in Verkehr gebracht worden; an ihr sei der Beklagte nicht beteiligt.
5
Das Landgericht hat der Klage mit dem vorstehend wiedergegebenen Unterlassungsantrag stattgegeben (LG Essen WRP 2005, 523). Die Berufung des Beklagten ist ohne Erfolg geblieben (OLG Hamm Schaden-Praxis 2006, 439).
6
Mit seiner (vom Berufungsgericht zugelassenen) Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


7
I. Das Berufungsgericht hat den von der Klägerin geltend gemachten Unterlassungsanspruch für gemäß §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 263 StGB, § 8 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 2 UWG, § 1 UWG a.F. begründet erachtet und hierzu ausgeführt:
8
Die Vorschrift des § 263 StGB sei eine Marktverhaltensregelung i.S. des § 4 Nr. 11 UWG. Ein Wettbewerber, der auf das Wettbewerbsgeschehen betrügerisch einwirke, begehe daher zugleich einen Wettbewerbsverstoß. Dies sei bei dem in Aussicht gestellten fünfzigprozentigen Nachlass auf die Selbstbeteiligung der Fall. Der Versicherer reguliere den Schaden abzüglich des Selbstbehalts. Das Verschweigen des Rabatts stelle daher einen Betrug zu Lasten des Versicherers dar. Dieser sei ein geschützter Marktteilnehmer, weil er wegen der Besonderheiten der Kaskoversicherung hinsichtlich der Preisgestaltung in die Rolle des Kunden rücke.
9
Der Beklagte sei anspruchsverpflichtet, weil er sich durch das Inverkehrbringen des Gutscheins an dem Betrug beteiligt habe. Die Gestaltung des Gutscheins stelle nicht sicher, dass dieser nur bei solchen Schadensfällen verwendet werde, in denen zwischen dem Versicherer des Kunden und dem Beklagten eine entsprechende Absprache bestehe. Das beanstandete Verhalten sei auch schon nach dem früheren Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb wettbewerbswidrig gewesen.
10
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben im Ergebnis keinen Erfolg. Der Klägerin steht der streitgegenständliche Unterlassungsanspruch zwar nicht wegen eines vom Beklagten zu verantwortenden Rechtsbruchs i.S. des § 4 Nr. 11 UWG zu. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich aber jedenfalls im Ergebnis als richtig dar (§ 561 ZPO). Denn die von der Klägerin beanstandete Werbung ist geeignet, die Entscheidungsfreiheit der mit ihr angesprochenen Marktteilnehmer durch unangemessenen unsachlichen Einfluss zu beeinträchtigen (§§ 3, 4 Nr. 1, § 8 Abs. 1 Satz 1 2. Altern., Abs. 3 Nr. 2 UWG; §§ 1, 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F.).
11
1. Die streitgegenständliche Werbung verstößt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 263 StGB. Sie stellt allenfalls eine versuchte Anstiftung zum Betrug dar, die als solche nicht strafbar ist. Der Rechtsbruchtatbestand setzt demgegenüber die Erfüllung aller Merkmale des Tatbestandes der das Marktverhalten regelnden gesetzlichen Vorschrift voraus (vgl. Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht , 25. Aufl., § 4 UWG Rdn. 11.50; MünchKomm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rdn. 81).
12
2. Die streitgegenständliche Werbung verstößt aber gegen §§ 3, 4 Nr. 1 UWG, da sie geeignet ist, die Entscheidungsfreiheit der angesprochenen Markteilnehmer unangemessen unsachlich zu beeinflussen (vgl. auch Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm aaO § 4 UWG Rdn. 1.39a).
13
a) Das Werben mit Preisnachlässen ist nach der Aufhebung des Rabattgesetzes allerdings wettbewerbsrechtlich grundsätzlich zulässig. Entsprechen- de Angebote unterliegen seither nur einer Missbrauchskontrolle. Ein Preisnachlass ist danach u.a. dann wettbewerbswidrig, wenn von der Vergünstigung eine derart starke Anziehungskraft ausgeht, dass die Rationalität der Nachfrageentscheidung auch bei einem verständigen Verbraucher vollständig in den Hintergrund tritt (vgl. BGH, Urt. v. 22.5.2003 - I ZR 8/01, GRUR 2003, 1057 = WRP 2003, 1428 - Einkaufsgutschein; Urt. v. 9.6.2004 - I ZR 187/02, GRUR 2004, 960 = WRP 2004, 1359 - 500 DM-Gutschein für Autokauf). Da die Anlockwirkung , die von einer besonders günstigen Preisgestaltung ausgeht, gewollte Folge des Wettbewerbs ist (BGH GRUR 2003, 1057 - Einkaufsgutschein; GRUR 2004, 960 - 500 DM-Gutschein für Autokauf; BGH, Urt. v. 22.9.2005 - I ZR 28/03, GRUR 2006, 161 Tz. 17 = WRP 2006, 69 - Zeitschrift mit Sonnenbrille ), kann der Umstand allein, dass mit einem Rabatt geworben wird, die Unlauterkeit nicht begründen.
14
b) Eine unangemessene unsachliche Beeinflussung kommt aber dann in Betracht, wenn der angesprochene Verkehr bei Entscheidungen, die er zu treffen hat, auch die Interessen dritter Personen zu wahren hat. Soweit ein Versicherungsnehmer die Interessen des Versicherers wahrzunehmen hat, kann das Versprechen eines Vorteils zu seinen Gunsten gegen § 4 Nr. 1 UWG verstoßen , wenn der Versicherungsnehmer dadurch veranlasst werden kann, auf das Angebot einzugehen, ohne den Vorteil an den Versicherer weiterzuleiten. Der Streitfall ist insoweit mit den den Senatsentscheidungen "Kleidersack" (Urt. v. 30.1.2003 - I ZR 142/00, GRUR 2003, 624, 626 = WRP 2003, 886) und "Quersubventionierung von Laborgemeinschaften" (Urt. v. 21.4.2005 - I ZR 201/02, GRUR 2005, 1059, 1060 = WRP 2005, 1508) zugrunde liegenden Sachverhalten vergleichbar (vgl. auch Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm aaO § 4 UWG Rdn. 1.84; Seichter in Ullmann jurisPK-UWG § 4 Nr. 1 Rdn. 71; MünchKomm.UWG /Heermann, § 4 Nr. 1 Rdn. 197 ff.).
15
aa) Die beanstandete Werbung spricht nach den getroffenen Feststellungen die Halter von Kraftfahrzeugen an, für die eine Kaskoversicherung besteht. Diese erhalten den Rabatt für den Abschluss eines Vertrags, für dessen Kosten sie selbst nur in Höhe des Selbstbehalts und im Übrigen die Versicherer aufkommen müssen. Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 AKB sind sie gehalten, alles zu tun, was der Minderung des Schadens dienen kann. Dies schließt neben der Verpflichtung , die Kosten für die Reparatur niedrig zu halten (vgl. Stiefel/Hofmann, Kraftfahrtversicherung, 17. Aufl., § 13 AKB Rdn. 51; Jacobsen in Feyock/Jacobsen /Lemor, Kraftfahrtversicherung, 2. Aufl., § 13 AKB Rdn. 33), auch ein, dass dem Versicherer gegenüber zutreffende Angaben zu den Kosten der Reparatur gemacht werden. Die nach dem Versicherungsvertrag gebotene objektive Entscheidung wird durch die vom Beklagten versprochene Barvergütung eines Teils des Selbstbehalts beeinträchtigt. Der Kunde hat in der Regel durch die Beauftragung einer günstigeren Werkstatt keine wirtschaftlichen Vorteile. Demgegenüber profitiert er von dem vom Beklagten versprochenen Rabatt unmittelbar , wenn er bereit ist, diesen seinem Versicherer zu verschweigen.
16
bb) Das Angebot des Beklagten kann den angesprochenen Verbraucher somit veranlassen, den Beklagten unter Verletzung seiner Verpflichtung aus dem Versicherungsvertrag und gegebenenfalls insbesondere unter Ausschlagung eines gleichwertigen oder günstigeren Angebots eines Mitbewerbers allein deshalb zu beauftragen, weil er den vom Beklagten versprochenen Vorteil erlangen möchte. Von der zugesagten Einsparung in Höhe von 75 € geht, da es sich dabei um einen nicht ganz unerheblichen Betrag handelt, ein hinreichendes Maß an Einflussnahme aus. Zwar wird ein Teil der Marktteilnehmer bei der Schadensabwicklung seine vertraglichen Verpflichtungen aus dem Versicherungsvertrag beachten und daher den ihm in Aussicht gestellten Vorteil an den Versicherer weiterleiten. Nach der Lebenserfahrung besteht jedoch bei einem nicht unerheblichen Teil der Bevölkerung die Bereitschaft, die Interessen der Versicherer im Blick auf den eigenen Vorteil nicht hinreichend zu wahren.
17
cc) Die Revision weist im rechtlichen Ansatz allerdings zutreffend darauf hin, dass es an einer unangemessenen unsachlichen Beeinflussung fehlte, wenn der Beklagte ausschließlich an Kunden von Versicherern heranträte, die über die Art der Abrechnung unterrichtet und mit ihr einverstanden wären. Der Kunde würde in diesen Fällen nicht unsachlich in seiner Entscheidung beeinflusst , da er aufgrund des Einverständnisses den Interessen seines Versicherers nicht zuwiderhandelte (vgl. auch BGH, Urt. v. 8.11.2007 - I ZR 121/06, Ziffer II 2 b der Entscheidungsgründe). Dieser Vortrag verhilft der Revision jedoch im Ergebnis nicht zum Erfolg.
18
(1) Da das Berufungsgericht keine gegenteiligen Feststellungen getroffen hat, ist im Revisionsverfahren zugunsten des Beklagten von seinem Vortrag auszugehen, er habe mit bestimmten Versicherern entsprechende Vereinbarungen getroffen und seine Gutscheine auch nur bei Agenturen dieser Versicherer hinterlegt. Des Weiteren ist zu unterstellen, dass der Beklagte nicht bereit ist, den Rabatt anderen Kunden zu gewähren. Beides ändert jedoch nichts daran, dass sein Verhalten gegen § 4 Nr. 1 UWG verstößt.
19
(2) Das Berufungsgericht hat - insoweit von der Revision unangegriffen - festgestellt, dass die Gutscheine auch Personen zugänglich waren, die ihr Fahrzeug bei anderen Versicherern versichert hatten. Frei von Rechtsfehlern ist auch seine Annahme, die Gestaltung der Gutscheine habe nicht erkennen lassen , dass der Vorteil nur dann gewährt werde, wenn für das Fahrzeug eine Kaskoversicherung bei einem Unternehmen bestehe, das mit dem Beklagten eine entsprechende Vereinbarung getroffen habe. Der Umstand, dass in die Gutscheine auch die Versicherungsagentur einzutragen war, steht dem nicht entgegen, da die entsprechende Angabe auch vom Versicherungsnehmer gemacht werden konnte. Die Gutscheine waren damit geeignet, auch solche Kunden anzulocken, die ihr Fahrzeug bei einem Unternehmen versichert hatten, mit dem der Beklagte keine Vereinbarung geschlossen hatte. Da es für die Beurteilung , ob ein Verstoß gegen § 4 Nr. 1 UWG vorliegt, auf die Anlockwirkung ankommt , ist es im Übrigen unerheblich, inwieweit der Beklagte bereit war, diesen Kunden den in Aussicht gestellten Vorteil gleichwohl zu gewähren.
20
3. Das Berufungsgericht hat ferner zu Recht angenommen, dass der Beklagte für die beanstandete Werbung wettbewerbsrechtlich verantwortlich ist.
21
Die Haftung als Täter einer i.S. des § 3 UWG unzulässigen Wettbewerbshandlung setzt voraus, dass der in Anspruch Genommene durch sein Verhalten den objektiven Tatbestand einer Zuwiderhandlung im Sinne dieser Bestimmung adäquat kausal verwirklicht (vgl. Köhler in Hefermehl/Köhler/ Bornkamm aaO § 8 UWG Rdn. 2.5). So verhält es sich im Streitfall. Der Beklagte hat die streitgegenständlichen Gutscheine mit in den Verkehr gebracht. Zwar wäre sein Vorgehen nicht wettbewerbswidrig, wenn die Werbung sich auf Personen beschränkt hätte, die ihr Fahrzeug bei Versicherungsunternehmen versichert hatten, die mit dem Geschäftsmodell des Beklagten einverstanden waren. Der Beklagte hat aber eine Gefahrenlage geschaffen, da es - wie das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler angenommen hat - nahelag, dass die Gutscheine auch Kunden von Versicherern, mit denen keine entsprechenden Abkommen geschlossen waren, zugänglich wurden und auf diese Weise eine unlautere Anlockwirkung entfalteten. Eine solche Verhaltensweise rechtfertigt die Bejahung einer wettbewerbsrechtlichen Verantwortung, wenn der Gefährdung nicht entgegengewirkt wird (vgl. BGH, Urt. v. 18.2.1993 - I ZR 14/91, GRUR 1993, 561, 562 = WRP 1993, 476 - Produktinformation I; Urt. v. 19.9.1996 - I ZR 130/94, GRUR 1997, 139, 140 = WRP 1997, 24 - Orangenhaut). Auch der Beklagte hat hier keine ausreichenden Vorkehrungen dagegen getroffen, dass die Gutscheine nicht in die Hände Unbefugter gelangten. Wie bereits oben unter II 2 b cc (2) dargelegt, ergab sich aus den Gutscheinen nicht, dass der Preisnachlass nur dann gewährt werden sollte, wenn eine Fahrzeugversicherung bei einem Unternehmen bestand, das mit dem Beklagten eine entsprechende Vereinbarung getroffen hatte.
22
4. Ohne Erfolg beruft sich der Beklagte darauf, sein Verhalten sei als berechtigte wettbewerbliche Abwehr zu beurteilen, da einzelne Versicherer den Erlass einer Selbstbeteiligung anböten, wenn die Reparatur in einer von ihnen empfohlenen Werkstatt durchgeführt werde. Soweit der Beklagte hierin einen Verstoß gegen das Kartellrecht erblickt, kann er gegen ihn gemäß § 33 GWB vorgehen. Außerdem darf durch eine Abwehrmaßnahme grundsätzlich nicht in die Rechte oder berechtigten Interessen Dritter eingegriffen werden (vgl. BGHZ 111, 188, 191 - Anzeigenpreis I; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 9. Aufl., § 18 Rdn. 8, jeweils m.w.N.).
23
5. Entgegen der Auffassung der Revision reicht die ausgesprochene Verurteilung auch nicht zu weit. Es ist anerkannt, dass bei einem wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsantrag und entsprechend bei einer Verurteilung im Interesse eines hinreichenden Rechtsschutzes gewisse Verallgemeinerungen zulässig sind, sofern das Charakteristische der konkreten Verletzungsform auch in dieser Form zum Ausdruck kommt (BGHZ 126, 287, 295 f. - Rotes Kreuz; BGH, Urt. v. 10.12.1998 - I ZR 141/96, GRUR 1999, 509, 511 = WRP 1999, 421 - Vorratslücken; Urt. v. 15.7.1999 - I ZR 204/96, GRUR 1999, 1017, 1018 = WRP 1999, 1035 - Kontrollnummerbeseitigung I). Das Charakteristische der im Streitfall zu beurteilenden konkreten Verletzungsform besteht darin, dass die Übernahme eines Teils der Selbstbeteiligung gegenüber Versicherungsnehmern angeboten wird, mit deren Versicherern keine Absprachen über die Zu- lässigkeit entsprechender Rabatte bestehen. Insoweit kommt es daher nicht maßgeblich darauf an, ob für ein solches Geschäftsmodell mittels eines Gutscheins oder in anderer Form geworben wird.
24
6. Die streitgegenständliche Werbung war auch schon im März 2004 wettbewerbswidrig. Der Verstoß ergab sich seinerzeit aus § 1 UWG a.F. Eine Änderung der Rechtslage ist daher insoweit durch das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 nicht eingetreten (vgl. auch BGH GRUR 2003, 624, 626 - Kleidersack).
25
III. Danach hat die Revision des Beklagten in der Sache keinen Erfolg.
26
Das Landgericht hat dem Beklagten allerdings zu Unrecht die gesamten Kosten des Rechtsstreits erster Instanz auferlegt. Es hat dabei nicht berücksichtigt , dass es die Fälle, in denen eine Zustimmung der Versicherer vorlag, vom Unterlassungsgebot ausgenommen hat. Die Kosten der ersten Instanz sind daher gemäß § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO entsprechend dem Verhältnis des jeweiligen Obsiegens und Unterliegens zu teilen.
27
Die Kostenentscheidung für die Rechtsmittelinstanzen folgt aus § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 2 ZPO.
Bornkamm Pokrant Schaffert
Bergmann Koch
Vorinstanzen:
LG Essen, Entscheidung vom 22.09.2004 - 41 O 93/04 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 01.03.2005 - 4 U 174/04 -

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 180/07 Verkündet am:
29. Oktober 2009
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Stumme Verkäufer II
Der Absatz von Tageszeitungen über ungesicherte Verkaufshilfen ("stumme
Verkäufer") ist selbst bei erheblichem Schwund weder unter dem Gesichtspunkt
einer unzulässigen Beeinträchtigung der Kaufinteressenten noch unter dem
Gesichtspunkt einer allgemeinen Marktbehinderung wettbewerbswidrig (Aufgabe
von BGH GRUR 1996, 778 - Stumme Verkäufer I).
BGH, Urteil vom 29. Oktober 2009 - I ZR 180/07 - KG Berlin
LG Berlin
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Oktober 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Koch

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Kammergerichts vom 21. September 2007 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Berliner Zeitungsmarkt, unter anderem auf dem Gebiet der entgeltlichen meinungsbildenden Tageszeitungen. Die Klägerin verlegt die "B. Z. " und den "BE. K. ". Zu den von der Beklagten herausgegebenen Zeitungen gehört seit Mai 2004 die Tageszeitung "W. KO. ", die für 70 Cent im Einzelverkauf oder im Abonnement erhältlich ist. Der Marktanteil aller von der Beklagten verlegten Zeitungen auf dem Berliner Zeitungsmarkt beträgt - bezogen auf die verkauften Exemplare - 50%.
2
Die Beklagte plant, die "W. KO. " auch über ungesicherte Verkaufshilfen , sogenannte "stumme Verkäufer", abzusetzen. In einer ersten Testphase stellte sie solche Verkaufshilfen im Juli und August 2005 vor den Schwimmbädern der Berliner Bäderbetriebe auf.
3
Nach Ansicht der Klägerin ist der Einsatz ungesicherter Verkaufshilfen für den Vertrieb entgeltlicher Tageszeitungen wettbewerbswidrig. Wegen der zu erwartenden Schwundquote laufe diese Vertriebsart auf eine Gratisabgabe hinaus. Darin liege ein übertriebenes Anlocken. Auch führe diese Praxis zu einer allgemeinen Marktbehinderung.
4
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen , im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs die Kaufzeitung "W. KO. " auf dem Berliner Zeitungsmarkt über mechanische Verkaufshilfen (sogenannte "stumme Verkäufer") anzubieten bzw. anbieten zu lassen und/oder zu vertreiben bzw. vertreiben zu lassen, soweit diese Verkaufshilfen nicht gegen kostenlose Entnahme der in ihnen enthaltenen Zeitungsexemplare gesichert sind.
5
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Die "W. KO. " spreche andere Leserschichten an als herkömmliche Zeitungsangebote. Der Leser sei mittlerweile auch an kostenlose Informationsangebote zum Beispiel im Internet gewöhnt und werde deshalb durch stumme Verkaufshilfen nicht unsachlich in seiner Kaufentscheidung beeinflusst. Eine konkrete Störung des Berliner Pressemarktes sei nicht ersichtlich.
6
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.
7
In der Berufungsverhandlung hat sich die Beklagte unter Versprechen einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung an die Klägerin zu zahlenden Vertragsstrafe in Höhe von 8.000 € verpflichtet, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken ungesicherte Verkaufshilfen für den Vertrieb der "W. KO. " in Berlin zu verwenden, ohne dass auf jedem Automaten ein deutlich sichtbarer Hinweis über den Kaufpreis sowie die Angabe "Diebstahl wird verfolgt, Kontrolleure im Einsatz" erfolgt und durch eine Vereinbarung mit dem für die Bestückung der Automaten zuständigen Dienstleister sichergestellt wird, dass durch regelmäßige stichprobenartige Kontrollen der Automaten gewährleistet wird, dass Zeitungen nur gegen Bezahlung entnommen werden.
8
Die Berufung der Beklagten hat zur Abweisung der Klage geführt (KG GRUR-RR 2008, 171).
9
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


10
I. Das Berufungsgericht hat den geltend gemachten Unterlassungsanspruch für nicht begründet erachtet und hierzu im Wesentlichen ausgeführt:
11
Ein Unterlassungsanspruch bestehe nicht unter dem Gesichtspunkt einer allgemeinen Marktbehinderung. Voraussetzung hierfür sei eine konkrete Gefahr , Mitbewerber vom Markt zu drängen. Eine abstrakte Gefährdung des Wettbewerbs reiche nicht aus. Dies gelte nicht nur bei Gratiszeitungen, sondern auch bei Kaufzeitungen. Eine konkrete Gefährdung des Berliner Pressemarktes sei selbst dann nicht anzunehmen, wenn von 3.000 geplanten Verkaufshilfen mit je 25 Exemplaren sowie von einem Schwund von 60% und damit von einem Anteil von 10% der in Berlin verkauften Zeitungen ausgegangen werde. Ob sich die Gefahr einer Marktbehinderung in Zukunft durch Nachahmungshandlungen der Mitbewerber ergeben könne, lasse sich noch nicht hinreichend sicher vorhersehen.
12
Ein Unterlassungsanspruch bestehe auch nicht unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Wertreklame und des übertriebenen Anlockens nach § 4 Nr. 1 UWG. Zwar seien die Verkaufshilfen der Beklagten bislang so geplant und gestaltet gewesen, dass sie nicht unerhebliche Teile des angesprochenen Verkehrs dazu verleiteten, Zeitungen ohne Bezahlung zu entnehmen. Die Verbraucher würden so in ihrer Kaufentscheidung irrational beeinflusst. Die von der Beklagten abgegebene Unterlassungserklärung gewährleiste aber, dass beim Einsatz der Verkaufshilfen ein ausreichender Überwachungsdruck ausgeübt werde, um die Verkehrskreise von der unentgeltlichen Entnahme abzuhalten.
13
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat den geltend gemachten Unterlassungsanspruch zu Recht verneint. Die beanstandete Verhaltensweise der Beklagten ist nicht geeignet, die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher durch unangemessenen unsachlichen Einfluss i.S. des § 4 Nr. 1 UWG zu beeinträchtigen (dazu II 1); auch unter dem Gesichtspunkt einer allgemeinen Marktbehinderung ist sie nicht als wettbewerbswidrig zu beurteilen (dazu II 2).
14
1. Der Klägerin steht der unter dem Gesichtspunkt einer unzulässigen Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit der Kaufinteressenten (§§ 3, 4 Nr. 1 UWG) geltend gemachte Anspruch weder als Verletzungsunterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 UWG noch als vorbeugender Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 UWG zu.
15
a) Nach der noch zu § 1 UWG a.F. ergangenen Senatsentscheidung "Stumme Verkäufer I" (BGH, Urt. v. 15.2.1996 - I ZR 1/94, GRUR 1996, 778 = WRP 1996, 889) kann die kostenlose Abgabe einer entgeltlichen Zeitung - sofern sie in großem Umfang und über einen langen Zeitraum erfolgt - einen unsachlichen Gewöhnungseffekt erzeugen, so dass die Leser dauerhaft der ihnen durch die kostenlose Abgabe bekannt gewordenen Zeitung den Vorzug geben, auch wenn diese später nicht mehr kostenlos abgegeben wird. Der kostenlosen Abgabe stehe eine Vertriebsmethode gleich, bei der - wie beim Vertrieb von Zeitungen über "stumme Verkäufer", die zu einer Schwundquote von 60% führten - von vornherein mit einer so hohen Diebstahls- oder Schwundquote zu rechnen sei, dass sie im Ergebnis auf eine kostenlose Abgabe hinauslaufe (BGH GRUR 1996, 778, 780 - Stumme Verkäufer).
16
Diese Voraussetzungen sind im Streitfall schon deshalb nicht erfüllt, weil die Beklagte bis zum Zeitpunkt der Berufungsverhandlung am 21. September 2007, der für die Beurteilung der Wiederholungsgefahr als materiell-rechtliche Voraussetzung des Verletzungsunterlassungsanspruchs maßgeblich ist (BGH, Urt. v. 25.10.2001 - I ZR 29/99, GRUR 2002, 717, 719 = WRP 2002, 679 - Vertretung der Anwalts-GmbH), lediglich im Juli und August 2005 probeweise vor den Schwimmbädern der Berliner Bäderbetriebe elf Verkaufshilfen aufgestellt hatte. Eine solche zeitlich und räumlich begrenzte Abgabe zu Testzwecken war nach der Lebenserfahrung nicht geeignet, einen unsachlichen Gewöhnungseffekt in dem vorstehend beschriebenen Sinn zu erzeugen.
17
b) Ein auf §§ 3, 4 Nr. 1 UWG gestützter vorbeugender Unterlassungsanspruch scheitert hier jedenfalls daran, dass es insoweit an einer unangemessenen unsachlichen Einflussnahme auf die Personen fehlt, die sich durch die beanstandete Geschäftsmethode der Beklagten dazu verleiten lassen, die in deren Verkaufshilfen angebotenen Zeitungen ohne Bezahlung zu entnehmen. Die Grenze zur Unlauterkeit ist nach § 4 Nr. 1 UWG erst dann überschritten, wenn eine geschäftliche Handlung geeignet ist, die Rationalität der Nachfrageentscheidung der angesprochenen Marktteilnehmer vollständig in den Hintergrund treten zu lassen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urt. v. 8.11.2007 - I ZR 60/05, GRUR 2008, 530 Tz. 13 = WRP 2008, 777 - Nachlass bei der Selbstbeteiligung, m.w.N.). Unter dem geltenden, die Vorgaben der Richtiline 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken berücksichtigenden Recht kann zudem darauf abgestellt werden, dass eine Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers i.S. des § 4 Nr. 1 UWG nur dann gegeben ist, wenn der Handelnde diese Freiheit durch Belästigung oder durch unzulässige Beeinflussung i.S.
des Art. 2 lit. j der Richtlinie erheblich beeinträchtigt (Köhler in Köhler/ Bornkamm, UWG, 28. Aufl., § 4 Rdn. 1.7b). Dies ist im Hinblick darauf, dass der geltend gemachte Unterlassungsanspruch in die Zukunft gerichtet ist, auch im Streitfall zu berücksichtigen.
18
Nach diesen Grundsätzen kann nicht von einer unzulässigen Einflussnahme auf die Entscheidungsfreiheit der Kunden - gleichgültig, ob sie die entnommene Zeitung ordnungsgemäß bezahlen oder ohne Zahlung mitnehmen - ausgegangen werden. Nach der Lebenserfahrung liegt es fern, dass die Kunden durch die ihnen eröffnete und von ihnen zum Teil auch wahrgenommene Möglichkeit der weithin gefahrlosen Entwendung von Zeitungen nachhaltig beeinflusst werden und in Zukunft beim entgeltlichen Erwerb von Zeitungen nicht mehr rational entscheiden können, welchem Angebot sie den Vorzug geben. Im Übrigen verdient die geschäftliche Entscheidungsfreiheit von Verbrauchern, die sich selbst nicht marktkonform verhalten, keinen Schutz nach § 4 Nr. 1 UWG.
19
2. Der Klägerin steht der von ihr unter dem Gesichtspunkt einer allgemeinen Marktbehinderung (§ 3 UWG 2004, § 3 Abs. 1 UWG 2008) geltend gemachte Anspruch aus den oben unter II 1 a genannten und hier entsprechend geltenden Gründen nicht als Verletzungsunterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 UWG zu. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, insoweit bestehe auch kein vorbeugender Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 UWG, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung ebenfalls stand.
20
a) Die unter der Geltung des § 1 UWG a.F. anerkannte Fallgruppe der allgemeinen Marktbehinderung (Marktstörung) ist zwar nicht im Beispielstatbestandskatalog des § 4 UWG 2004 aufgeführt, der seit 30. Dezember 2008 in dem durch das Erste Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 22. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2949) nur geringfügig geän- derten § 4 UWG 2008 fortgilt; sie soll aber nach der Ansicht des Gesetzgebers - entsprechend dem nicht abschließenden Charakter der Beispielstatbestände - gleichwohl unter die Generalklausel des § 3 UWG 20043 Abs. 1 UWG 2008) fallen können (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs zu § 4 Nr. 10 UWG 2004, BT-Drucks. 15/1487 S. 19). In Übereinstimmung damit ist auch der Senat in seiner Rechtsprechung zum UWG 2004 davon ausgegangen, dass die zu dieser Fallgruppe entwickelten Grundsätze weiter fortgelten (vgl. BGH, Urt. v. 30.3.2006 - I ZR 144/03, GRUR 2006, 596 Tz. 13 ff. = WRP 2006, 888 - 10% billiger; Urt. v. 2.10.2008 - I ZR 48/06, GRUR 2009, 416 Tz. 24 f. = WRP 2009, 432 - Küchentiefstpreis-Garantie). Dieser Ausgangspunkt entspricht auch der überwiegenden Ansicht im Schrifttum (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rdn. 12.1; MünchKomm.UWG/Heermann, Anh. §§ 1-7 B Rdn. 1 f.; Harte/Henning /Omsels, UWG, 2. Aufl., § 4 Nr. 10 Rdn. 248; Fezer/Osterrieth, UWG, 2. Aufl., § 4-S1 Rdn. 11; Lux, Der Tatbestand der allgemeinen Marktbehinderung , 2006, S. 346; zweifelnd Ullmann in Ullmann, jurisPK-UWG, 2. Aufl., § 3 Rdn. 28; Müller-Bidinger/Seichter in Ullmann, jurisPK-UWG aaO § 4 Nr. 10 Rdn. 346; für die Aufgabe der Fallgruppe der allgemeinen Marktstörung Ohly in Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Aufl., § 4 Rdn. 10/97). Da die Fallgruppe der allgemeinen Marktbehinderung zudem außerhalb des Regelungsanspruchs der Richtlinie 2005/89/EG über unlautere Geschäftspraktiken liegt (Köhler, GRUR 2005, 793, 799), ist auch unter der Geltung des § 3 Abs. 1 UWG 2008 davon auszugehen, dass eine danach unter dem Gesichtspunkt einer allgemeinen Marktbehinderung unzulässige geschäftliche Handlung gemäß den hierzu bereits unter der Geltung des § 1 UWG a.F. entwickelten Grundsätzen (vgl. BGHZ 114, 82, 84 - Motorboot-Fachzeitschrift; BGH, Urt. v. 29.6.2000 - I ZR 128/98, GRUR 2001, 80, 81 = WRP 2000, 1394 - ad-hoc-Meldung; BGHZ 157, 55, 61 - 20 Minuten Köln) dann vorliegt, wenn ein für sich genommen zwar nicht unlauteres , aber immerhin bedenkliches Wettbewerbsverhalten allein oder in Verbindung mit gleichartigen Maßnahmen von Mitbewerbern die ernstliche Gefahr begründet, dass der auf der unternehmerischen Leistung beruhende Wettbewerb in erheblichem Maß eingeschränkt wird.
21
b) In den Entscheidungen "20 Minuten Köln" (BGHZ 157, 55) und "Zeitung zum Sonntag" (Urt. v. 20.11.2003 - I ZR 120/00, WRP 2004, 746) hatte der Senat den kostenlosen Vertrieb von zwei Zeitungen zu beurteilen: einer an Haltestellen ausgelegten und an belebten Stellen im Stadtgebiet verteilten Zeitung mit einem redaktionellen Teil, der etwa zwei Drittel ihres Inhalts ausmachte und neben lokalen Nachrichten Berichte insbesondere aus Politik, Kultur und Sport enthielt ("20 Minuten Köln"), sowie einer Sonntagszeitung, die ihrem Erscheinungsbild nach eine Leserzeitung war und redaktionelle Beiträge zu regionalen und überregionalen Themen, eine umfassende Sportberichterstattung und einen ausführlichen Veranstaltungskalender enthielt ("Zeitung zum Sonntag"). Weil diese Zeitungen im vollen Umfang durch Anzeigen finanziert wurden, lag kein Verschenken geldwerter Leistungen vor; die Rechtsprechung zur massenweisen unentgeltlichen Abgabe von Originalware war deshalb nicht anwendbar (BGH WRP 2004, 746, 747 - Zeitung zum Sonntag; vgl. auch BGHZ 157, 55, 60 - 20 Minuten Köln). Da die Garantie der Pressefreiheit nicht danach unterscheidet , ob sich eine Zeitung mit redaktionellem Textteil allein durch Anzeigen oder daneben auch durch ein vom Leser für den Erwerb zu zahlendes Entgelt finanziert , können entgeltlich vertriebene Zeitungen im Rahmen der wettbewerblichen Beurteilung nicht auf eine höhere Stufe gestellt werden als anzeigenfinanzierte (BGHZ 157, 55, 62 f. - 20 Minuten Köln; BGH WRP 2004, 746, 748 - Zeitung zum Sonntag). Der Umstand, dass bei gratis verteilten Zeitungen eine größere Gefahr der Einflussnahme der Werbetreibenden auf die Arbeit, Ausrichtung und personelle Besetzung der Redaktion bestehen mag, rechtfertigt es ebenfalls nicht, der durch die Leserschaft (mit-)finanzierten Tageszeitung von vornherein einen höheren Schutz vor einer Marktstörung zuzubilligen (BGHZ 157, 55, 63 - 20 Minuten Köln; BGH WRP 2004, 746, 748 - Zeitung zum Sonn- tag). Damit kann weder entgeltlich vertriebenen Zeitungen ein präventiver Schutz zugesprochen noch das unentgeltliche Verteilen von Tageszeitungen unabhängig vom Vorliegen einer konkreten Gefährdung des Wettbewerbsbestands als wettbewerbswidrig angesehen werden (BGHZ 157, 55, 63 f. - 20 Minuten Köln; BGH WRP 2004, 746, 748 - Zeitung zum Sonntag). Da das Wettbewerbsrecht gerade dem freien Spiel der Kräfte des Markts im Rahmen der gesetzten Rechtsordnung Raum gewähren soll, können die konkurrierenden Zeitungen keine Sicherung ihres Bestands beanspruchen. Mögliche Absatzrückgänge bei Kaufzeitungen führen auch nicht dazu, dass die Gratisverteilung wettbewerbsrechtlich zu beanstanden wäre (BGHZ 157, 55, 64 f. - 20 Minuten Köln; BGH WRP 2004, 746, 748 f. - Zeitung zum Sonntag). Wegen der verfestigten Strukturen und der damit extrem hohen Marktzutrittsschranken auf den Pressemärkten können sich neue Anbieter kaum anders als über ausschließlich anzeigenfinanzierte Zeitungen etabliere. Daher führt auch eine Berücksichtigung der Interessen der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb zu keiner anderen Beurteilung (BGHZ 157, 55, 65 - 20 Minuten Köln; BGH WRP 2004, 746, 749 - Zeitung zum Sonntag).
22
c) Diese Erwägungen haben auch für die Beurteilung der im Streitfall gegebenen Abgabe von entgeltlichen Tageszeitungen über ungesicherte Verkaufshilfen zu gelten, die es mit sich bringt, dass ein erheblicher Teil der Zeitungen entwendet und damit - jedenfalls aus der Sicht der Mitbewerber und des Marktes - unentgeltlich abgegeben wird (Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rdn. 12.24; MünchKomm.UWG/Heermann, Anh. §§ 1-7 B Rdn. 41 und 51; Müller -Bidinger/Seichter in Ullmann, jurisPK-UWG aaO § 4 Nr. 10 Rdn. 357; Köhler , WRP 2005, 645, 652; Lux aaO S. 167 und 429; Fezer/Osterrieth aaO § 4-S1 Rdn. 222). Dafür spricht insbesondere der Umstand, dass diejenigen Gesichtspunkte, die nach der Senatsrechtsprechung für die grundsätzliche Zulässigkeit der unentgeltlichen Abgabe rein anzeigenfinanzierter Zeitungen spre- chen (vgl. oben unter II 2 b), sämtlich in gleicher oder immerhin vergleichbarer Weise bei der wegen häufiger Entwendungen faktisch teilweise unentgeltlichen Abgabe an sich entgeltlicher Zeitungen vorliegen. Vor allem handelt es sich in beiden Fällen nur bei vordergründiger Betrachtung um eine ganz oder - im Fall der Abgabe über stumme Verkäufer - teilweise unentgeltliche Abgabe; denn tatsächlich erfolgt die Finanzierung im einen Fall ganz über Anzeigen und im anderen Fall teilweise auf diese Weise und im Übrigen über die Zahlungen derjenigen Kunden, die das an den Verkaufshilfen verlangte Entgelt ordnungsgemäß entrichten. Lauterkeitsrechtlich bedenklich werden beide Vertriebssysteme erst dann, wenn sie zu einer dauerhaften Abgabe unter Selbstkosten führen und auf diese Weise den Bestand des Wettbewerbs gefährden (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rdn. 12.24). Soweit sich aus der Senatsentscheidung "Stumme Verkäufer I" Gegenteiliges ergibt, hält der Senat hieran nicht fest.
23
d) Das Berufungsgericht hat das Vorliegen einer Begehungsgefahr für eine allgemeine Marktbehinderung ohne Rechtsfehler verneint.
24
aa) Die für einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch erforderliche Begehungsgefahr stellt eine materielle Anspruchsvoraussetzung dar (BGH, Urt. v. 28.9.2000 - I ZR 141/98, GRUR 2001, 255 = WRP 2001, 151 - Augenarztanschreiben; Bornkamm in Köhler/Bornkamm aaO § 8 Rdn. 1.10 m.w.N.). Da es sich um eine anspruchsbegründende Tatsache handelt (BGHZ 173, 188 Tz. 54 - Jugendgefährdende Medien bei eBay; Bornkamm in Köhler/ Bornkamm aaO § 8 Rdn. 1.11 m.w.N.), liegt die Beweislast hierfür beim Anspruchsteller (MünchKomm.UWG/Ehricke, Vor § 12 Rdn. 110; Fezer/Büscher aaO § 8 Rdn. 99).
25
bb) Das Drohen einer Rechtsverletzung i.S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 UWG setzt, soweit eine allgemeine Marktbehinderung in Rede steht, voraus, dass das Wettbewerbsverhalten allein oder in Verbindung mit zu erwartenden gleichartigen Maßnahmen von Mitbewerbern die ernstliche Gefahr begründet, der auf unternehmerischer Leistung beruhende Wettbewerb werde in erheblichem Maß eingeschränkt (st. Rspr.; vgl. BGHZ 157, 55, 61 - 20 Minuten Köln, m.w.N.). Von einer solchen Gefahr ist nur dann auszugehen, wenn greifbare Anhaltspunkte für eine wettbewerbsbeschränkende Entwicklung vorliegen (vgl. BGH, Urt. v. 24.6.2004 - I ZR 26/02, GRUR 2004, 877, 880 = WRP 2004, 1272 - Werbeblocker ; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rdn. 12.7; Müller-Bidinger/ Seichter in Ullmann, jurisPK-UWG aaO § 4 Nr. 10 Rdn. 350; Fezer/Büscher aaO § 8 Rdn. 99). Soweit in diesem Zusammenhang eine Nachahmungsgefahr mit berücksichtigt werden soll, müssen zudem auch greifbare Anhaltspunkte für ein entsprechendes Verhalten der Mitbewerber sprechen (Köhler in Köhler/ Bornkamm aaO § 4 Rdn. 12.11 m.w.N.).
26
cc) Die durch das erstmalige Drohen begründete Erstbegehungsgefahr kann - anders als die durch einen bereits begangenen Wettbewerbsverstoß begründete Wiederholungsgefahr, für deren Bestehen eine tatsächliche Vermutung streitet (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 14.11.2002 - I ZR 137/00, GRUR 2004, 446, 447 = WRP 2003, 509 - Preisempfehlung für Sondermodelle; Bornkamm in Köhler/Bornkamm aaO § 8 Rdn. 1.33 m.w.N.) - im Allgemeinen bereits durch ein entgegengesetztes Verhalten und daher, wenn sie - wie im Streitfall - auf Äußerungen beruht, auch schon durch deren Widerruf oder die Erklärung des Unterlassungswillens ausgeräumt werden, sofern mit dieser Äußerung von dem ursprünglichen Vorhaben unmissverständlich und ernstlich Abstand genommen wird (vgl. BGH, Urt. v. 31.5.2001 - I ZR 106/99, GRUR 2001, 1174, 1176 = WRP 2001, 1076 - Berühmungsaufgabe). Das Berufungsgericht hat bei der Beurteilung der Frage, ob eine von der Klägerin nicht hinzunehmende allgemei- ne Marktbehinderung droht, daher mit Recht zugunsten der Beklagten berücksichtigt , dass diese ihre über die aufzustellenden Verkaufshilfen vertriebenen Zeitungen in der Weise gegen Entwendungen schützen will, wie sie es in der von ihr in der Berufungsverhandlung abgegebenen strafbewehrten Unterlassungserklärung beschrieben hat.
27
dd) Die vom Berufungsgericht in tatrichterlicher Würdigung des Sachverhalts vorgenommene Beurteilung, dass danach kein hinreichender Grad der Gefährdung des Wettbewerbsbestandes gegeben ist, lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
28
Das Berufungsgericht hat zugunsten der Klägerin unterstellt, dass die Beklagte 3.000 Verkaufshilfen aufzustellen beabsichtigt und danach bei einer angenommenen Diebstahlsquote von 60% ein Schwund von 45.000 Zeitungen zu erwarten wäre, wobei dieser Schwund in absoluten Zahlen gesehen dreimal so hoch wäre wie in dem der Senatsentscheidung "Stumme Verkäufer I" zugrunde liegenden Fall und 10% der in Berlin insgesamt verkauften Tageszeitungen ausmachen würde. Eine konkrete Gefährdung des Wettbewerbsbestandes wäre damit indessen nicht dargetan. Inwieweit eine solche - unterstellte - Absatzsteigerung der Beklagten zu einem entsprechenden Rückgang des Absatzes anderer Zeitungen führen würde, ist völlig offen. Denn unter denjenigen, die die Möglichkeit zur weithin gefahrlosen Entwendung einer Tageszeitung nutzen, werden nach der Lebenserfahrung nicht wenige sein, die andernfalls entweder gar keine oder eben die Tageszeitung der Beklagten gekauft hätten würden. Im Übrigen könnte auch bei einem Absatzrückgang in der Größenordnung von 10% noch nicht von einer konkreten Bestandsgefährdung ausgegangen werden (vgl. BGHZ 157, 55, 64 f. - 20 Minuten Köln).
29
Unter diesen Umständen stellt sich die vom Senat in der Entscheidung "Stumme Verkäufer I" (BGH GRUR 1996, 778, 780) aufgeworfene Frage nicht, ob sich die Abgabe der Zeitungen über die Verkaufshilfen ausnahmsweise als wettbewerbsrechtlich unbedenklich darstellt. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die von der Beklagten zugesagten Sicherungsmaßnahmen die nach den bisherigen Erfahrungen anzunehmende Entwendungsquote von 60% zu senken vermögen.
30
III. Nach allem ist die Revision der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Bornkamm Pokrant Büscher
Schaffert Koch
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 21.11.2006 - 102 O 67/06 -
KG Berlin, Entscheidung vom 21.09.2007 - 5 U 199/06 -

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 252/02 Verkündet am:
2. Juni 2005
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Aktivierungskosten II
Wird für einen Bestandteil eines Kopplungsangebots mit einem besonders
günstigen Preis geworben, muss der Preis für die anderen Bestandteile des
Angebots in der Werbung deutlich kenntlich gemacht werden (im Anschluss an
BGHZ 139, 368 – Handy für 0,00 DM). Im Rahmen eines Angebots für ein Mobiltelefon
und einen Netzkartenvertrag dürfen für die Freischaltung des Kartenvertrags
anfallende Aktivierungskosten nicht zwischen untergeordneten Informationen
versteckt sein.
BGH, Urt. v. 2. Juni 2005 – I ZR 252/02 – OLG München
LG Kempten
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. Juni 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant, Prof. Dr. Meier-Beck und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 25. Juli 2002 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) – Kammer für Handelssachen – vom 5. September 1996 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten der Rechtsmittel zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet der Unterhaltungselektronik einschließlich des Vertriebs von Mobiltelefonen mit entsprechenden Netzkartenverträgen.
2
Am 30. November 1995 warb die Beklagte in der Allgäuer Zeitung für ein Mobiltelefon der Marke Bosch zu einem Preis von 1 DM bei gleichzeitigem Abschluss eines Netzkartenvertrages. Bei der Preisangabe findet sich ein Sternchen , das auf ein Kästchen mit weißer Schrift auf schwarzem Grund verweist. Dort wird darauf hingewiesen, dass „dieser Preis” nur in Verbindung mit dem Abschluss eines Netzkartenvertrages gelte. Es folgt dann eine Übersicht über die Tarife (Grundpreise, Minutenpreise, monatlicher Mindestgesprächsumsatz), wobei sich hinter den Angaben zum Geschäfts- und zum Freizeittarif ein weiteres Sternchen befindet. Am unteren Ende des Kastens findet sich eine mit einem Stern eingeleitete Fußnote, in der es in noch einmal kleinerer Schriftgröße heißt: Geschäftstarif in der Zeit Mo-Fr 7.00-20.00 Uhr; Freizeittarif in der übrigen Zeit sowie an bundesweiten Feiertagen. Alle Preise in DM inkl. Mehrwertsteuer. Einmalige Aktivierungskosten 12 Monatsvertrag DM 49.- für alle Tarife.
3
Nachstehend ist ein Ausschnitt aus der fraglichen Anzeige (in schwarzweiß ) wiedergegeben:
4
Die Klägerin hat diese Werbung unter dem Gesichtspunkt eines übertriebenen Anlockens nach § 1 UWG a.F. als wettbewerbswidrig beanstandet. Ferner hat sie sich auf einen Verstoß gegen die Zugabeverordnung berufen und die Darstellung der Bedingungen des Kartenvertrages als irreführend gerügt.
5
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in Werbeanzeigen , Zeitungsinseraten und ähnlichem für den Verkauf von Handys zu werben, die zu dem beworbenen Preis nur bei Freischaltung eines Netzkartenvertrages abgegeben werden – wie geschehen in der Allgäuer Zeitung vom 30. November 1995 –, wenn für das Handy ein Preis von 1 DM gefordert wird.
6
Das Landgericht hat der Klage mit der Begründung stattgegeben, in der beanstandeten Werbung liege ein Verstoß gegen die Zugabeverordnung und gegen das Irreführungsverbot des § 3 UWG a.F. Das Berufungsgericht hat einen Verstoß gegen die Zugabeverordnung verneint, die Verurteilung jedoch mit der Begründung bestätigt, die Werbung verstoße unter dem Gesichtspunkt eines übertriebenen Anlockens gegen § 1 UWG a.F. Im ersten Revisionsverfahren hat der Bundesgerichtshof dieses Urteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, zurückverwiesen (BGH, Urt. v. 7.6.2001 – I ZR 210/97). Einen Wettbewerbsverstoß nach § 1 UWG a.F. unter dem Gesichtspunkt des übertriebenen Anlockens hat der Bundesgerichtshof verneint; die Zurückverweisung war erforderlich, weil keine Feststellungen zur konkreten Werbeanzeige getroffen worden waren – die beanstandete Anzeige war nur in einer stark verkleinerten, in Teilen unleserlichen Kopie vorgelegt worden – und sich deshalb in der Revisionsinstanz nicht klären ließ, ob in der beanstandeten Anzeige hinreichend auf die Konditionen des Netzkartenvertrags hingewiesen worden war.
7
Im wiedereröffneten Berufungsverfahren, in dem eine (gut lesbare) Kopie der beanstandeten Anzeige vorgelegt und auf die im ersten Revisionsverfahren vorgelegte Originalwerbung Bezug genommen worden ist, hat die Klägerin an ihrem Klageantrag festgehalten. Mit dem zweiten Berufungsurteil hat das Berufungsgericht das Urteil des Landgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die (vom Senat zugelassene) Revision der Klägerin, mit der sie ihren Klageantrag weiterverfolgt. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


8
I. Das Berufungsgericht hat einen Anspruch der Klägerin aus § 3 UWG a.F. und aus § 1 UWG a.F. i.V. mit § 1 Abs. 1, 2 und 6 PAngV verneint. Zur Begründung hat es ausgeführt:
9
Zwar sei der Bundesgerichtshof in dem ersten Revisionsurteil davon ausgegangen , dass die Klägerin die konkret bezeichnete Anzeige als irreführend und als Verstoß gegen die Gebote der Preisangabenverordnung beanstandet habe. Hieran bestünden indessen erhebliche Zweifel. Denn die Klägerin habe in der Klageschrift ausdrücklich nur auf einen Verstoß nach § 1 UWG (a.F.) und nach § 1 ZugabeVO Bezug genommen und zudem als Gegenstand des Verfahrens allein die unlautere Verknüpfung von Mobiltelefon und Kartenvertrag wie in der beanstandeten Anzeige bezeichnet. Dass es der Klägerin allein um die Verknüpfung von Mobiltelefon und Kartenvertrag gegangen sei, ergebe sich auch aus dem Klageantrag, der nach seiner Formulierung einen Verstoß gegen § 3 UWG (a.F.) oder gegen die Preisangabenverordnung nicht erfasse. Erfolge gleichwohl eine Verurteilung nach diesem Antrag, werde der Beklagten ein Verhalten untersagt, dass der Bundesgerichtshof im ersten Revisionsurteil ausdrücklich für zulässig erachtet habe. An diese Rechtsauffassung sei das Berufungsgericht gebunden. Da die Klägerin – im Hinblick auf die erhobene Verjährungseinrede – keinen auf den Vorwurf der Irreführung und des Verstoßes gegen die Preisangabenverordnung gerichteten Antrag gestellt, vielmehr an dem ursprünglichen Antrag festgehalten habe, bestehe keine Möglichkeit, den Antrag in dem Sinne zu interpretieren, dass eine Irreführung oder ein Verstoß gegen die Preisangabenverordnung untersagt werden solle.
10
Falls der Bundesgerichtshof sich durch den Vortrag in der Berufungserwiderung dazu veranlasst gesehen habe, eine unzureichende Preisangabe als Streitgegenstand zu betrachten, stehe dem die von der Beklagten erhobene Verjährungseinrede entgegen. Zwar könne die Klageerhebung die Verjährung nach § 209 BGB a.F. auch hinsichtlich kerngleicher Verletzungsformen unterbrechen ; konkrete Verletzungsform sei hier aber die Kombination aus Kartenvertrag und Kauf eines Mobiltelefons. Der davon zu unterscheidende Streitgegenstand einer Irreführung und eines Verstoßes gegen die Preisangabenverordnung sei erst nach Erlass des ersten Revisionsurteils in das Verfahren eingeführt worden.
11
Schließlich fehle es im Streitfall aber auch an einer Irreführung und an einem Verstoß gegen die Preisangabenverordnung. Der Durchschnittsverbraucher nehme den Inhalt des Kastens zur Kenntnis und werde daher auch auf die Preise aufmerksam gemacht.
12
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückweisung der Berufung.
13
1. Die Revision rügt mit Erfolg, dass das Berufungsgericht den Streitgegenstand unzutreffend bestimmt hat. Bereits der Antragswortlaut deutet darauf hin, dass Gegenstand des Unterlassungsantrags die konkrete, von der Klägerin beanstandete Werbeanzeige war (dazu a). Der Lebenssachverhalt, den die Klägerin in der Klageschrift zur Begründung ihres Antrags vorgetragen hat, lässt keinen Zweifel daran, dass Gegenstand des Streits auch der Vorwurf war, die Beklagte habe nicht hinreichend deutlich auf die den Verbraucher belastenden Preisbestandteile hingewiesen (dazu b). Deren rechtliche Beurteilung obliegt nicht den Parteien, sondern allein dem Gericht (dazu c).
14
a) Der Senat hat bereits im ersten Revisionsurteil (BGH, Urt. v. 7.6.2001 – I ZR 210/97, Umdruck S. 4/5) deutlich gemacht, dass Gegenstand des mit der Klage geltend gemachten Unterlassungsantrags die konkrete Verletzungsform ist. Der Klageantrag enthält zwar eine abstrakte Umschreibung (Angebot eines Mobiltelefons für 1 DM, das an den gleichzeitigen Abschluss eines Netzkartenvertrags gekoppelt ist), die – für sich genommen – noch offen ließe, ob Anzeigen , die diese Merkmale aufweisen, stets untersagt werden sollen. Der Antrag wird aber im Streitfall durch den konkretisierenden Hinweis „... wie geschehen in der Allgäuer Zeitung vom 30.11.1995 ...” näher bestimmt; dies deutet darauf hin, dass eine Werbeanzeige untersagt werden soll, die neben den abstrakt umschriebenen Merkmalen noch eine Reihe weiterer Eigenschaften aufweist (vgl. BGH, Urt. v. 7.6.2001 – I ZR 115/99, GRUR 2002, 177, 178 = WRP 2001, 1182 – Jubiläumsschnäppchen). Anders als Antragsfassungen, die die konkrete Verletzungsform – etwa eingeleitet durch die Wörter „insbesondere wie“ – nur als Beispiel heranziehen (dazu BGH, Urt. v. 8.10.1998 – I ZR 94/97, WRP 1999, 509, 511 – Kaufpreis je nur 1 DM; Urt. v. 8.10.1998 – I ZR 107/97, WRP 1999, 512, 515 – Aktivierungskosten), wird durch die unmittelbare Bezugnahme auf die konkrete Werbeanzeige mit dem Vergleichspartikel „wie“ in der Regel deutlich gemacht, dass Gegenstand des Antrags allein die konkrete Werbeanzeige sein soll, wobei die abstrakt formulierten Merkmale die Funktion haben mögen, den Kreis der Varianten näher zu bestimmen, die von dem Verbot als kerngleiche Verletzungsformen erfasst sein sollen. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts entspricht die Antragsfassung in diesem Punkt der Antragstellung , über die der Senat in der Entscheidung „Handy für 0,00 DM“ (BGHZ 139, 368, 370) zu befinden hatte.
15
b) Allerdings bestimmt sich der Streitgegenstand nicht allein durch den Antrag, sondern auch durch den zur Begründung vorgetragenen Lebenssachverhalt (vgl. BGH, Urt. v. 8.6.2000 – I ZR 269/97, GRUR 2001, 181, 182 = WRP 2001, 28 – dentalästhetika, m.w.N.). Mit Recht rügt die Revision, dass das Berufungsgericht das Klagevorbringen nicht erschöpfend gewürdigt und nicht hinreichend beachtet hat, dass die Klägerin bereits in der Klageschrift auch und gerade die unzureichende Information über die belastenden Preisbestandteile beanstandet und zum Gegenstand ihrer Klage gemacht hat. Dieses Vorbringen hat bereits dem Landgericht Anlass gegeben, das ausgesprochene Verbot (auch) auf eine irreführende Werbung nach § 3 UWG a.F. zu stützen.
16
Die Klägerin hat im vorliegenden Rechtsstreit von Anfang an unmissverständlich vorgetragen, dass die Verbraucher durch die Preiswerbung der Beklagten irregeführt werden. So heißt es in der Klageschrift, dass die Werbung für das Mobiltelefon mit dem groß herausgestellten Preis von 1 DM als Lockmittel diene, „um von den Folgekosten für den Kartenvertrag abzulenken bzw. diese herunterzuspielen“. Das Wettbewerbswidrige liege dabei darin, „dass die so gut wie unentgeltliche Abgabe des Handys in der Werbung in den Vordergrund gestellt wird und dadurch die angesprochenen Verbraucher von den damit verbundenen erheblichen Folgekosten abgelenkt werden“. Der Verbraucher gehe beim Abschluss eines Kartenvertrages „eine vielfach höhere Verpflichtung ein, als dies der isolierte Preis für das Handy … erahnen lässt“. Es gehe im vorliegenden Verfahren „nicht darum, die Vertriebsform ‚Abgabe von Mobiltelefonen bei gleichzeitiger Freischaltung eines Kartenvertrages’ grundsätzlich zu beschränken“. Gegenstand des Verfahrens sei „allein die unlautere Verknüpfung von Handy und Kartenvertrag, wie sie von der Beklagten in den streitgegenständlichen Werbungen vorgenommen worden ist“. „Durch die Hervorhebung des Handys und dessen Scheinpreis ohne gleichzeitig entsprechend deutlich auf die notwendigerweise anfallenden Kartenvertragskosten hinzuweisen“, schaffe die Beklagte einen übergroßen Kaufanreiz. Die Höhe der anfallenden Kosten werde vertuscht; die Hauptkosten für den Kartenvertrag blieben im Dunkeln ; sie würden zielgerichtet verschleiert. Nur der Scheinpreis für die Zugabe werde blickfangmäßig hervorgehoben; gerade darin liege die wettbewerbswidrige Lockvogelwirkung der Werbung. Der Hinweis auf den Kartenvertrag und seine Kosten befinde sich „in winziger Schrift in einem separaten Kasten, auf welchen … lediglich mit einem klein gehaltenen sog. Sternchen (*) hingewiesen wird“. Eine hinreichend deutliche Bezugnahme auf den Kartenvertrag und dessen Bedingungen könne darin nicht gesehen werden. Es gehe nicht darum, einen Mindestpreis für Mobiltelefone festzulegen. Das Mobiltelefon könne sehr wohl als Zugabe abgegeben werden, „wenn in der Werbung die Kartenvertragsbedingungen zutreffend und hinreichend dargestellt werden“.
17
c) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist es ohne Bedeutung, dass die Klägerin in ihrem Klagevorbringen weder § 3 UWG a.F. noch die hier ebenfalls einschlägigen Vorschriften der Preisangabenverordnung angeführt hat und dass sie die oben zitierten Ausführungen zu einer Preisverschleierung in den rechtlichen Zusammenhang eines übertriebenen Anlockens nach § 1 UWG a.F. und eines Verstoßes gegen die Zugabeverordnung gestellt hat. Die rechtliche Würdigung eines vorgetragenen Sachverhalts obliegt allein dem Gericht. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die meisten wettbewerbsrechtlichen Tatbestände die Darstellung eines entsprechenden Lebenssachverhalts voraussetzen. So setzt die Annahme einer Irreführung voraus, dass eine entsprechende Fehlvorstellung der angesprochenen Verkehrskreise vorgetragen worden ist (vgl. BGH GRUR 2001, 181, 182 f. – dentalästhetika). Für einen Verstoß gegen die Preisangabenverordnung muss als Lebenssachverhalt eine unzureichende Preisinformation der Verbraucher vorgetragen worden sein. Diese Voraussetzungen sind indessen im Streitfall – wie dargelegt – erfüllt.
18
2. Hinsichtlich der beanstandeten Anzeige steht der Klägerin als betroffener Mitbewerberin entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ein Unterlassungsanspruch zu, weil die beanstandete Werbung nicht hinreichend deutlich darauf hinweist, dass mit dem Erwerb des Mobiltelefons, das nahezu unentgeltlich abgegeben werden soll, nicht nur der Abschluss eines Netzkartenvertrags, sondern auch einmalige Aktivierungskosten verbunden sind. Dieser Anspruch ergibt sich nach neuem Recht aus § 8 Abs. 1 Satz 1, §§ 3, 4 Nr. 1, § 5 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 1 Abs. 2 und 6 PAngV.
19
a) Nachdem das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 (BGBl. I S. 1414) am 8. Juli 2004 in Kraft getreten ist, ist der in die Zukunft gerichtete Unterlassungsantrag auch nach neuem Recht zu beurteilen, wobei die neue gesetzliche Grundlage nicht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung des Streitfalls führt als vor dem Inkrafttreten des Gesetzes.
20
b) Das Berufungsgericht hat bei seiner Annahme, der Durchschnittsverbraucher werde die Preisangaben in dem schwarzen Kasten sorgfältig lesen, so dass eine Irreführung ausgeschlossen sei, nicht hinreichend berücksichtigt, dass die Anforderungen, die im Hinblick auf das Irreführungsverbot sowie auf das Gebot der Preisklarheit und Preiswahrheit (§ 1 Abs. 6 PAngV) an die Transparenz von Preisangaben zu stellen sind, nicht einheitlich bestimmt werden können. Bei dem Angebot der Beklagten handelt es sich um ein Kopplungsangebot , das hinsichtlich der Preisangaben einer besonderen Missbrauchskontrolle unterliegt. Denn von solchen Angeboten geht häufig die Gefahr aus, dass über den tatsächlichen Wert des Angebots getäuscht oder doch unzureichend informiert wird. Eine solche Gefahr besteht namentlich dann, wenn ein Teil des gekoppelten Angebots in der Werbung blickfangmäßig als besonders günstig herausgestellt wird (vgl. BGHZ 139, 368, 376 f. – Handy für 0,00 DM; 151, 84, 89 – Kopplungsangebot I; BGH, Urt. v. 13.6.2002 – I ZR 71/01, GRUR 2002, 979, 981 = WRP 2002, 1259 – Kopplungsangebot II; Urt. v. 7.6.2001 – I ZR 157/98, GRUR 2002, 287, 288 = WRP 2002, 94 – Widerruf der Erledigungserklärung; Köhler in Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht , 23. Aufl., § 4 UWG Rdn. 1.65; Bornkamm in Baumbach/Hefermehl aaO § 5 UWG Rdn. 7.33; Dreyer in Harte/Henning, UWG, § 5 Rdn. 204). Insbesondere ist es wettbewerbswidrig, wenn in einem derartigen Fall Hinweise auf Belastungen , die den herausgestellten günstigen Preis unmittelbar relativieren, weder am Blickfang teilnehmen noch sonst hervorgehoben dargestellt sind.
21
Die Beklagte stellt in ihrer Werbung blickfangmäßig heraus, dass ein Teil des einheitlichen, aus Mobiltelefon und Netzzugang bestehenden Angebots nahezu unentgeltlich (für 1 DM) abgegeben wird. Eine solche Angabe ist jedoch unvollständig, wenn nicht gleichzeitig die Preisbestandteile, die auf den Netzkartenvertrag entfallen, in der Werbung so dargestellt werden, dass sie dem blickfangmäßig herausgestellten Preis für das Mobiltelefon eindeutig zugeordnet sowie leicht erkennbar und deutlich lesbar sind (BGHZ 139, 368, 376 – Handy für 0,00 DM; BGH WRP 1999, 512, 516 – Aktivierungskosten; vgl. auch BGH, Urt. v. 8.7.2004 – I ZR 142/02, GRUR 2004, 961, 963 = WRP 2004, 1479 – Grundeintrag Online). Aus der Sicht des Verbrauchers gliedern sich die Preisbestandteile in sofort zu zahlende Entgelte, in verbrauchsunabhängige, monatlich zu zahlende Entgelte und in verbrauchsabhängige Entgelte. Kosten für die Aktivierung des Kartenvertrags stehen im Rahmen des Kopplungsangebots auf derselben Ebene wie der Preis für das Telefon, weil sie sofort zu zahlen sind. Wirtschaftlich macht es keinen Unterschied, ob ein Telefon für 1 DM abgegeben und für die Aktivierung des Netzkartenvertrags 49 DM berechnet werden oder ob für das Telefon 50 DM berechnet und keine Aktivierungskosten verlangt werden.
22
Die Beklagte hätte daher – wenn nicht im Blickfang – zumindest in hervorgehobener Weise in dem schwarzen Kasten auf die Aktivierungskosten hinweisen müssen. Dies ist nicht geschehen. Vielmehr findet sich der Hinweis auf diese Kosten versteckt in einer Fußnote, in der definiert ist, was unter dem Geschäfts - und dem Freizeittarif zu verstehen ist, und in der klargestellt wird, dass die angegebenen Preise die Mehrwertsteuer enthalten.
23
III. Danach ist das angefochtene Urteil aufzuheben. Die Berufung der Beklagten gegen die antragsgemäße Verurteilung ist zurückzuweisen. Nunmehr liegt die Originalanzeige vor und hat Eingang in den Tatbestand dieses Urteils gefunden. Daraus sowie aus den Entscheidungsgründen dieses Urteils wird hinreichend deutlich, worauf sich das Unterlassungsgebot stützt.
24
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann Bornkamm Pokrant
Meier-Beck Schaffert
Vorinstanzen:
LG Kempten, Entscheidung vom 05.09.1996 - 1 HKO 1169/96 -
OLG München, Entscheidung vom 25.07.2002 - 6 U 5731/96 -

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 201/02 Verkündet am:
21. April 2005
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Quersubventionierung von Laborgemeinschaften
UWG §§ 3, 4 Nr. 1; MBO-Ä 1997 Kap. B § 31
Ein Laborarzt handelt unlauter i.S. von §§ 3, 4 Nr. 1 UWG, wenn er niedergelassenen
Ärzten die Durchführung von Laboruntersuchungen, di e diese selbst gegenüber
der Kasse abrechnen können, unter Selbstkosten in der Erwartung anbietet
, dass die niedergelassenen Ärzte ihm im Gegenzug Pati enten für Untersuchungen
überweisen, die nur von einem Laborarzt vorgenommen werden können.
Einem solchem Angebot unter Selbstkosten steht es gleich, wenn die günstigen
Preise für die von den niedergelassenen Ärzten abzurechnen den Laboruntersuchungen
dadurch ermöglicht werden, dass der Laborarzt einer von ihm betreuten
Laborgemeinschaft der niedergelassenen Ärzte freie Kapa zitäten seines Labors
unentgeltlich oder verbilligt zur Verfügung stellt (im Anschluss an BGH GRUR
1989, 758 = WRP 1990, 319 – Gruppenprofil).
BGH, Urt. v. 21. April 2005 – I ZR 201/02 – OLG Celle
LG Lüneburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. April 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die
Richter Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 18. Juli 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien sind Ärzte für Laboratoriumsmedizin (i m Folgenden: Laborärzte ). Die Kläger betreiben in Hamburg, die Beklagten in Bremerhaven jeweils eine entsprechende Gemeinschaftspraxis. Die Kläger wenden sich dagegen, dass sich die Beklagten mit einem Schreiben vom 13. April 2000 an niedergelassene Ärzte in Uelzen gewandt und Leistungen einer Arbeitsgemeinschaft Labor und Diagnostik zu Preisen angeboten haben, die unter den Sätzen des von den gesetzlichen Krankenkassen zugrunde gelegten einheitlichen Bewertungsmaßstabs und nach Darstellung der Kläger auch unter den Selbstkosten der Beklagten lagen.
Ärztliche Laborleistungen werden in der gesetzlichen Kra nkenversicherung – wie andere ärztliche Leistungen auch – nach einem einheitlichen Bewertungs-
maßstab (EBM) honoriert, den die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen durch Bewertungsausschüsse vereinbaren (§ 87 SGB V). Abschnitt O dieses einheitlichen Bewertungsmaßstabs regelt die Laboratoriumsuntersuchungen, und zwar unter I. und II. die allgemeinen und unter III. die speziellen Untersuchungen. Entsprechend wird allgemein nach O-I-, O-IIund O-III-Leistungen unterschieden: O-I- und O-II-Leistungen können auch niedergelassene Ärzte, die nicht Laborärzte sind (im Folgen den: niedergelassene Ärzte), selbst erbringen und gegenüber der Krankenkasse ab rechnen; O-III-Leistungen sind Laborärzten vorbehalten und können nur von diesen abgerechnet werden. Soweit niedergelassene Ärzte eigene Laborleistu ngen erbringen, tun sie dies in der Regel nicht in der eigenen Praxis. Vielmehr schließen sie sich zu Laborgemeinschaften zusammen. Diese Laborgemeinschaften sind häufig bei einer Laborarztpraxis angesiedelt, die für die ihr angeschlossenen niedergelassenen Ärzte die O-I- und O-II-Leistungen zu Selbstkosten erbr ingt. Soweit Untersuchungen der Kategorie O III erforderlich sind, müssen die niedergelassenen Ärzte die Patienten an einen Laborarzt überweisen. Ist bei dieser Laborarztpraxis eine Laborgemeinschaft angesiedelt, wird der Laborarzt in zwei Funktionen tätig: Zum einen erbringt er O-III-Leistungen aufgrund von Überweisungen von niedergelassenen Ärzten; zum zweiten betreibt er für die Laborgeme inschaft niedergelassener Ärzte das Labor, in dem die O-I- und O-II-Leistungen e rbracht werden. Auch bei der Gemeinschaftspraxis der Beklagten ist eine solche Laborgemeinschaft, die oben genannte Arbeitsgemeinschaft Labor und Diagnostik, angesiedelt. Die Beklagten sind – wie die ihr angehörenden niedergelassenen Ärzte – Gesellschafter dieser Gesellschaft bürgerlichen Rechts; in der Zeit, als das beanstandete Schreiben versandt wurde, waren sie auch deren Geschäftsführer.
Zwischen Laborärzten herrscht hinsichtlich der O-III-Leistungen ein reger Wettbewerb, der nicht zuletzt dadurch gefördert wird, dass viele Laborärzte ihre Leistungen nicht nur lokal, sondern regional oder gar überregional anbieten. Üblich ist, dass die Laborärzte die zu untersuchenden Proben bei den niedergelassenen Ärzten abholen lassen, ohne hierfür Kosten in Rechn ung zu stellen.
Die Kläger haben in der Versendung des Schreibens vom 13. April 2000 durch die Beklagten einen Wettbewerbsverstoß gesehen, und zwar unter dem Gesichtspunkt des übertriebenen Anlockens, der allgemeinen Marktstörung und des Rechtsbruchs. Bei dem Vorwurf des Rechtsbruchs geht es um das in allen ärztlichen Berufsordnungen enthaltene Provisionsverbot; danach dürfen Ärzte für die Zuweisung von Patienten oder Untersuchungsmaterial weder eine Gegenleistung gewähren noch sich selbst eine solche Gegenleistung gewähren lassen (vgl. die gleich lautenden Bestimmungen in § 31 der Berufsordnung der Ärztekammer Niedersachsen, in § 31 der Berufsordnung für Ärztinnen u nd Ärzte im Lande Bremen und in § 31 der Musterberufsordnung für die deutschen Ärztinnen und Ärzte in der Fassung der Beschlüsse des 100. Deutschen Ärztetages 1 997 in Eisenach – MBO-Ä 1997 –).
Die Kläger haben behauptet, die von den Beklagten angebotenen, die Sätze des einheitlichen Bewertungsmaßstabs unterschreitenden Preise für O-I- und O-IIUntersuchungen lägen unter den Selbstkosten. Der den niedergelassenen Ärzten hierdurch entstehende Gewinn – die der Laborgemeinschaft angeschlossenen niedergelassenen Ärzte werden für diese Leistungen von de n Krankenkassen nach dem einheitlichen Bewertungsmaßstab honoriert – werde den niedergelassenen Ärzten als verdeckter Vorteil zugewendet, um sie dazu zu bewegen, ihnen Patienten für O-III-Untersuchungen zu überweisen.
Soweit in der Revisionsinstanz noch von Bedeutung, haben die Kläger beantragt , es der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verbieten,
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs niedergelassenen Ärzten entweder selbst oder unter der Bezeichnung „Arbeitsgemeinschaft Labor und Diagnostik“ Laboruntersuchungen der Bereiche O I und O II zu Preisen anzubieten, die unterhalb der Honorarsätze für technische Laborleistungen der EBM liegen, und/oder für derartige Laboruntersuchungen Preise zu berechnen, die unterhalb der vorbezeichneten Honorarsätze liegen.
Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Beklagten dagegen antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt (OLG Celle GRUR-RR 2002, 336). Hiergegen richtet sich die (vom Senat zugelassene) Revision der Beklagten, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgen. Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat in dem Verhalten der beklagten Laborärzte ein übertriebenes Anlocken nach § 1 UWG (a.F.) gesehen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Das Angebot einzelner Waren oder Leistungen unter Einstandspreis sei zwar grundsätzlich nicht zu beanstanden. Sittenwidrig sei ein solches Verhalten erst, wenn besondere Umstände hinzuträten. Mit den Regeln des lauteren Wettbewerbs unvereinbar sei es, Nachfrager mit leistungsfremden Mitteln unzulässig zu beeinflussen. Wer Kunden durch übermäßige Kaufanreize anlocke und sie auf diese Weise davon abhalte, das gesamte Angebot sachgerecht und kritisch zu prüfen, handele wettbewerbswidrig. Dieser Tatbestand sei im Streitfall erfüllt. Der Kern des beanstandeten Verhaltens sei nicht die Preisunterbietung an sich, sondern das Unterbieten mit Hilfe von Quersubventionen, durch die die Nachfrage nach O-III-Leistungen angeregt werden solle. In den die Sätze des einheitlichen Bewertungsmaßstabes erheblich unterschreitenden Preisen der Beklagten liege ein starker Anreiz für die niedergelassenen Ärzte, Labo rleistungen der Kategorien O I und O II von der bei den Beklagten angesiedelten Arbeitsgemeinschaft ausführen zu lassen. Es liege nahe, dass viele Ärzte dann auch g leich Untersuchungen der Kategorie O III durch die in denselben Räumen beheimatete Gemeinschaftspraxis der Beklagten ausführen ließen, ohne weitere Angebote für solche Leistungen zu prüfen. Das gelte umso mehr, als Arbeitsgemeinschaft und Gemein-
schaftspraxis das Untersuchungsmaterial durch denselben für die Ärzte kostenlosen Fahrdienst abholen ließen.
Dass die von den Beklagten für O-I- und O-II-Leistungen verlangten Preise nicht leistungsgerecht seien, ergebe sich aus dem Vortrag der Kläger. Danach sei die Arbeitsgemeinschaft nur deswegen in der Lage, die – auf Selbstkostenbasis kalkulierten – Sätze des einheitlichen Bemessungsmaßstabs zu unterschreiten, weil sie von den Beklagten subventioniert werde. Dieses Vorbringen sei von den Beklagten nicht hinreichend substantiiert bestritten worden. Das von ihnen vorgelegte , ein ausgeglichenes Ergebnis bescheinigende Wirtschaftsprüfertestat sei unzureichend, weil das zugrunde liegende Zahlenwerk nicht im Einzelnen offen gelegt sei. Der Aufforderung, das Zahlenwerk darzustellen, seien die Beklagten in der hierfür gesetzten Frist nicht nachgekommen. In der anschließenden mündlichen Verhandlung hätten sie sich darauf berufen, es sei ihnen nicht zuzumuten, ihre Kalkulationsgrundlagen gegenüber den mit ihnen im Wettbewerb stehenden Klägern zu offenbaren; deshalb komme nur die Offenlegung gegenüber einem zur Verschwiegenheit verpflichteten Sachverständigen in Betracht. Das Zahlenwerk hätten sie aber im Termin nicht bereitgehalten. Unter diesen Umständen sei eine Vertagung nicht in Betracht gekommen. Auch wenn die Beklagten schon in erster Instanz darauf hingewiesen hätten, dass sie das entsprechende Zahlenwerk nur gegenüber einem vom Gericht bestimmten Sachverständigen offenbaren könnten, sei es nicht Sache des Gerichts gewesen, entsprechende Maßnahmen anzuordnen ; vielmehr hätten die Beklagten rechtzeitig entsprechende Maßnahmen zur Geheimhaltung des Zahlenwerks beantragen müssen.
Die Beklagten seien auch passivlegitimiert, weil sie als geschäftsführende Gesellschafter der Arbeitsgemeinschaft Labor und Diagnostik deren Preisgestaltung maßgeblich beeinflusst hätten. Durch ihre Abberufung als Geschäftsführer sei die Wiederholungsgefahr nicht entfallen.
II. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision nicht stand. Sie führen zur Aufhebung und Zurückverweisung.
1. Die Beurteilung des mit der Klage geltend gemachten Unterlassungsanspruchs richtet sich nach dem im Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Recht (vgl. BGHZ 158, 236, 245 – Internet-Versteigerung; BGH, Urt. v. 11.11.2004 – I ZR 213/01, GRUR 2005, 353, 354 – Testamentsvollstreckung durch Banken). Es sind daher die Bestimmungen des am 8. Juli 2004 in Kraft getretenen Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) vom 3. Juli 2004 (BGBl. I S. 1414) anzuwenden. Allerdings kann ein auf Wiederholungsgefahr gestützter Unterlassungsanspruch nur bestehen, wenn das beanstandete Verhalten auch zur Zeit der Begehung wettbewerbswidrig war.
2. Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Beklagten auf Unterlassung in Anspruch genommen werden können, wenn sich das beanstandete Verhalten als wettbewerbswidrig erweist. Für die Bejahung der Passivlegitimation bedarf es freilich nicht des Rückgriffs auf die Störerhaftung. Denn das beanstandete Schreiben ist von den Beklagten als den Geschäftsführern der Arbeitsgemeinschaft veranlasst worden. Daher steht ihre täterschaftliche Haftung in Rede.
3. Der Vorwurf, den die Kläger gegen die Beklagten erheben, richtet sich im Kern dagegen, dass die Beklagten den niedergelassenen Ä rzten für die Überweisung von Patienten für O-III-Untersuchungen eine Zuwendung gewähren, die darin liegt, dass den niedergelassenen Ärzten durch die vo n den Beklagten betreute Laborgemeinschaft (Arbeitsgemeinschaft Labor und Diagnostik) O-I- und OII -Untersuchungen zu Preisen angeboten werden, die unter den Selbstkosten liegen. Allerdings kommt dieser Vorwurf, insbesondere der Bezug zu der Überweisung von Patienten für O-III-Untersuchungen, in dem Unterlassungsantrag nur unvollkommen zum Ausdruck. Dem ergänzend zur Auslegung des Klageantrags
heranzuziehenden Klagevorbringen lässt sich indessen das mit der Klage verfolgte Begehren unzweifelhaft entnehmen.
4. Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass das beanstandete Verhalten wettbewerbswidrig ist, wenn die Beklagten die O-I- und O-IILeistungen der Arbeitsgemeinschaft unter Selbstkosten – etwa durch Quersubventionierung der Laborgemeinschaft – angeboten und dadurch die niedergelassenen Ärzte veranlasst haben, ihnen Patienten für O-III-Unter suchungen zu überweisen (dazu a). Die Feststellung, dass die angebotenen Preise unter den Selbstkosten liegen, hat das Berufungsgericht jedoch – wie die Revision mit Erfolg rügt – verfahrensfehlerhaft getroffen (dazu b). Im Übrigen enthält das Berufungsurteil keine hinreichenden Feststellungen dazu, dass sich niedergelassene Ärzte durch die günstigen Preise für O-I- und O-II-Leistungen dazu verleiten lassen, den Beklagten in ihrer Eigenschaft als Laborfachärzten Patienten für O-III-Untersuchungen zu überweisen (dazu c).

a) Unter der Voraussetzung eines Angebots von Preisen, die unter den Selbstkosten liegen, und unter der weiteren Voraussetzung eines dadurch bewirkten Einflusses auf das Überweisungsverhalten der niedergelassenen Ärzte hinsichtlich von O-III-Untersuchungen verstößt das beanstandete Verhalten gegen das Verbot der Ausübung eines unangemessenen unsachlichen Einflusses auf das Nachfrageverhalten anderer Marktteilnehmer (§ 4 Nr. 1 UWG).
aa) Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass eine unsachliche Beeinflussung der niedergelassenen Ärzte durch beso nders günstige Sätze für O-I- und O-II-Untersuchungen nur insoweit in Betracht zu ziehen ist, als es um die Überweisung von Patienten für O-III-Untersuchungen geht. Dagegen scheidet eine unsachliche Beeinflussung der Nachfrageentscheidung der niedergelassenen Ärzten nach O-I- und O-II-Leistungen schon desh alb aus, weil die Anlockwirkung, die von einem besonders günstigen Angebot ausgeht, niemals wettbewerbswidrig, sondern gewollte Folge des Leistungswettbewerbs ist (vgl.
BGHZ 151, 84, 87 – Kopplungsangebot I). Das besonders günstige Angebot einer Ware oder Leistung kann lediglich ausnahmsweise eine unsachliche Beeinflussung begründen, wenn die Abgabe der besonders günstigen Ware oder Leistung rechtlich oder faktisch an die Abnahme eines anderen Produkts gekoppelt ist.
bb) Ebenfalls mit Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass ein Angebot von Waren oder Leistungen unter den Selbstkosten für sich genommen nicht wettbewerbswidrig ist. Auch der Einsatz von Preisen unter den Selbstkosten zur Förderung des Absatzes anderer, auskömmlich kalkulierter Produkte ist wettbewerbsrechtlich nicht generell untersagt. Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, dass der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher durch das Angebot einzelner Waren oder Leistungen zu einem besonders günstigen Preis dazu verleitet wird, auf andere Angebote desselben Anbieters ungeprüft einzugehen (dazu Köhler in Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht , 23. Aufl., § 4 Rdn. 1.36 m.w.N.).
cc) Im Streitfall werden von der beanstandeten Werbung niedergelassene Ärzte angesprochen, bei denen die Gefahr einer irratio nalen, nicht von sachlichen Kriterien getragenen Nachfrageentscheidung noch weniger wahrscheinlich ist. Allerdings sind Ärzte gehalten, die Entscheidung darüb er, an wen sie einen Patienten verweisen oder wem sie Untersuchungsmaterial zur Laboruntersuchung überlassen, allein nach ärztlichen Gesichtspunkten zu treffen. Ihre Nachfrageentscheidung darf nicht nach den eigenen Interessen des Arztes als Nachfrager oder Nachfragedisponent des Patienten getroffen werden, insbesondere darf der Arzt die Entscheidung, an welchen Facharzt er einen Patienten überweist, nicht davon abhängig machen, ob ihm für die Überweisung eine Gegenleistung zufließt oder nicht. Dieser Gesichtspunkt kommt in dem für Ärzte gelte nden berufsrechtlichen Verbot zum Ausdruck, sich für die Zuweisung von Patienten oder für die Zuweisung von Untersuchungsmaterial eine Gegenleistung gewähren zu lassen oder selbst eine solche Gegenleistung zu gewähren (vgl. § 31 der Berufsordnung der Ärztekammer Niedersachsen, § 31 der Berufsordnung für Är ztinnen und Ärzte im
Lande Bremen und § 31 der Musterberufsordnung für die deutschen Ärztinnen und Ärzte; ferner BGH, Urt. v. 22.6.1989 – I ZR 120/8 7, GRUR 1989, 758, 760 = WRP 1990, 319 – Gruppenprofil). Ein ähnlicher Zweck liegt dem heilmittelwerberechtlichen Zugabeverbot zugrunde, das auch nach dem Wegfall der Zugabeverordnung das Gewähren oder Annehmen von Zugaben untersagt, weil Ärzte und Apotheker die Entscheidung darüber, welches Medikament sie verschreiben oder empfehlen, allein im Interesse des Patienten treffen sollen und sich dabei nicht davon leiten lassen sollen, ob ihnen bei der Empfehlung oder Verschreibung eines bestimmten Präparats ein persönlicher Vorteil zufließt (vgl. BGH, Urt. v. 30.1.2003 – I ZR 142/00, GRUR 2003, 624, 626 = WRP 2003, 886 – Kleidersack; Köhler in Baumbach/Hefermehl aaO § 4 Rdn. 1.84).
Ob der Verbotstatbestand des § 31 der ärztlichen Berufsordnung im Streitfall eingreift, ist allerdings nicht nur wegen der Frage, ob wirklich unter Selbstkosten angeboten worden ist, sondern auch deswegen zweifelhaft, weil die Beklagten die Gewährung der günstigen Preise für O-I- und O-II-Leistungen nicht von der Zuwendung von Patienten oder von Untersuchungsmaterial abhängig gemacht haben. Jedenfalls im Rahmen des § 4 Nr. 1 UWG kommt es auf eine rechtliche Kopplung nicht an. Ein unangemessener unsachlicher Einfluss kann vielmehr schon dann zu bejahen sein, wenn die niedergelassenen Ärzt e, die sich im Hinblick auf die günstigen, unter dem einheitlichen Bewertungsmaßstab liegenden Preise für O-I- und O-II-Leistungen der bei der Laborarztpraxis der Beklagten angesiedelten Laborgemeinschaft anschließen, sich auch ohne rechtliche Kopplung veranlasst sehen, dieser Laborarztpraxis die Patienten zu überweisen, für die O-III-Leistungen zu erbringen sind.

b) Die Feststellung, dass die von den Beklagten angebotenen Preise unter den Selbstkosten liegen, hat das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft getroffen. Für das Merkmal eines Angebots unter den Selbstkosten sind im Streitfall grundsätzlich die Kläger darlegungs- und beweispflichtig. Sie sind ihrer Darlegungslast – wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat – dadurch nachgekom-
men, dass sie sich auf Untersuchungen einer Unternehmensberatung berufen haben, wonach die Sätze des einheitlichen Bemessungsmaßstabs auf Selbstkostenbasis berechnet worden seien. Dieses Vorbringen ist ausreichend, weil die Kläger nähere Angaben zur Kalkulation der bei der Praxis der Beklagten angesiedelten Arbeitsgemeinschaft naturgemäß nicht machen können. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht jedoch angenommen, die Beklagten könnten die Behauptung der Kläger nur durch Vorlage ihrer Kalkulationsgrundlagen substantiiert bestreiten. An diesen Unterlagen besteht – was keiner näheren Ausführung bedarf – ein erhebliches Geheimhaltungsinteresse der Beklagten. Dieses schützenswerte Interesse führt dazu, dass die Beklagten den Klägervortrag auch ohne detaillierte Angaben zu den Kalkulationsgrundlagen bestreiten konnten. Ohne Beweisaufnahme hätte das Berufungsgericht daher nicht von einem Angebot unter Selbstkosten ausgehen dürfen.
Im Rahmen einer Beweisaufnahme hätte das Berufungsgericht den Beklagten aufgeben können, einem zu bestimmenden Sachverständigen die Kalkulationsgrundlagen vorzulegen (§ 144 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Den berechtigten Geheimhaltungsinteressen der Beklagten hätte dabei in der Weise Rechnung getragen werden können, dass der Sachverständige sich auf die Beantwortung der Frage beschränkt, ob eine Quersubventionierung der Laborgemeinschaft durch die Beklagten – sei es in der Form direkter Zahlungen oder sei es in der Form der Überlassung vorhandener freier Kapazitäten (Personal, Laborräume, Laboreinrichtung) – stattgefunden hat.

c) Wie bereits dargelegt, stellt es ein unlauteres Wettbewerbsverhalten nach §§ 3, 4 Nr. 1 UWG dar, wenn die Beklagten niedergelassene Ärzte dadurch zu einer Überweisung von Patienten für O-III-Untersuchungen veranlassen, dass sie ihnen – über die Arbeitsgemeinschaft Labor und Diagnostik – O-I- und O-IILeistungen unter Selbstkosten anbieten. Im Streitfall kann eine Verbindung der beiden Vorgänge nicht geleugnet werden, wenn die niedergelassenen Ärzte üblicherweise die Patienten für O-III-Untersuchungen stets an diejenigen Laborärzte
überweisen, bei denen sie für O-I- und O-II-Leistungen eine Laborgemeinschaft unterhalten. Dies mag – wie das Berufungsgericht angenommen hat – nahe liegen. Hierin liegt jedoch zunächst nicht mehr als eine Vermutung. Ebenfalls denkbar , wenn auch weniger wahrscheinlich erscheint es, dass die niedergelassenen Ärzte die Entscheidung über die Überweisung von Patient en für O-III-Untersuchungen unabhängig davon treffen, mit welchem Laborarzt sie in einer Laborgemeinschaft zusammenarbeiten. Auch in diesem Punkt bedarf es daher noch zusätzlicher Feststellungen.
III. Das angefochtene Urteil ist danach aufzuheben. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Im wiedereröffneten Berufungsverfahren kann der streitige Sachverhalt gegebenenfalls durch das Gutachten eines Sachverständigen geklärt werden, dem die Kalkulationsunterlagen der Beklagten zur Verfügung gestellt werden, wobei berechtigte Geheimhaltungsinteressen der Beklagten gewahrt bleiben müssen. Zur Frage der Verbindung der beiden Vorgänge – O-I- und O-II-Leistungen einerseits und O-III-Leistungen andererseits – können die Parteien ergänzend vortragen.
Ullmann Bornkamm Herr RiBGH Pokrant ist in Kur und verhindert zu unterschreiben. Ullmann Büscher Bergmann

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 13/07 Verkündet am:
9. Juli 2009
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Brillenversorgung
UWG § 4 Nr. 11; Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken Art. 3 Abs. 8;
MBO-Ä 1997 Kap. B § 3 Abs. 2, § 34 Abs. 5
Allein der Wunsch des Patienten, sämtliche Leistungen aus einer Hand zu erhalten
, reicht nicht aus, um eine Verweisung an einen bestimmten Optiker sowie
eine Abgabe und Anpassung der Brille durch den Augenarzt zu rechtfertigen.
BGH, Urteil vom 9. Juli 2009 – I ZR 13/07 – OLG Celle
LG Hannover
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Mai 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Bergmann und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 21. Dezember 2006 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als auch die Hilfsanträge abgewiesen worden sind.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand:


1
Der Beklagte ist als Augenarzt in L. bei Hannover niedergelassen. Patienten, die nach seinem Untersuchungsbefund eine Brille benötigen, bietet er an, sich in seiner Praxis unter ca. 60 Musterbrillen der D. Optik GbR (nachfolgend: D. Optik), die ein Optikergeschäft in R. bei Düsseldorf betreibt, eine Fassung auszusuchen. Nach Auswahl der Fassung misst der Beklagte oder eine seiner Arzthelferinnen den Abstand zwischen Brillenscharnier und Ohrmuschel. Das Ergebnis dieser Messung teilt der Beklagte zusammen mit der augenärztlichen Verordnung sowie den von ihm ermittelten Werten der Pupillendistanz und des Hornhaut-Scheitel-Abstands der D. Optik mit. Diese wählt die Brillengläser aus, fertigt die Brille an und schickt die Brille entweder direkt an den Patienten oder auf dessen Wunsch an die Praxis des Beklagten, wo der Sitz der Brille kontrolliert und gegebenenfalls korrigiert wird.
2
Die Klägerin ist die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. Sie hält das Verhalten des Beklagten für wettbewerbswidrig, weil es gegen § 34 Abs. 5 und § 3 Abs. 2 der Berufsordnung der Ärztekammer Niedersachsen vom 22. März 2005 (NdsBOÄ) sowie gegen § 1 HandwO verstoße. Die Klägerin hat, soweit dies Gegenstand des Revisionsverfahrens ist, in erster Instanz beantragt , es dem Beklagten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Patienten im Zusammenhang mit einer von ihm durchgeführten Refraktion den Abschluss eines Liefervertrags über eine Brille der D. Optik GbR zu vermitteln und/oder die Brillenanpassung selbst oder durch eine seiner Arzthelferinnen durchzuführen und die von der D. Optik GbR angefertigte Brille an den Patienten abzugeben.
3
Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt.
4
In der Berufungsinstanz hat die Klägerin hilfsweise beantragt, dem ersten Teil des Unterlassungsantrags mit dem Zusatz „ohne hinreichenden Grund“ stattzugeben und dem zweiten Teil des Unterlassungsantrags mit der Einschränkung „soweit nicht die Abgabe des Produkts oder die Dienstleistung wegen ihrer Besonderheiten notwendiger Bestandteil der ärztlichen Therapie sind“.
5
Das Berufungsgericht hat die Klage – soweit in der Revisionsinstanz von Bedeutung – abgewiesen (OLG Celle WRP 2007, 198 = GRUR-RR 2007, 109). Dagegen wendet sich die Klägerin mit der vom Senat zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:


6
I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
7
Der auf das allgemeine Verbot der Vermittlung von Brillenlieferungen gerichtete Hauptantrag sei nur begründet, wenn es für die Vermittlung keinen hinreichenden Grund i.S. des § 34 Abs. 5 NdsBOÄ geben könne oder wenn die Vermittlung eine gewerbliche Dienstleistung sei, die unter keinen Umständen notwendiger Bestandteil ärztlicher Therapie sei. Beides sei nicht der Fall. Entsprechendes gelte für den zweiten, auf ein Verbot der Brillenanpassung zielenden Hauptantrag, der auch nicht nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 1 HandwO begründet sei. Die im Zusammenhang mit der Brillenanpassung vom Beklagten durchgeführten Tätigkeiten gehörten nicht nur zum Berufsbild des Augenoptikers , sondern auch zu demjenigen des Augenarztes.
8
Mit den Hilfsanträgen habe die Klägerin ebenfalls keinen Erfolg. Ein Verstoß des Beklagten gegen § 34 Abs. 5 NdsBOÄ liege nicht vor, weil die vom Beklagten angebotene Versorgungsmöglichkeit gewährleiste, dass mit großer Sicherheit die vom Augenarzt vorgenommene Sehschärfenbestimmung bei der Anfertigung der Brille zugrunde gelegt werde. Darin liege ein hinreichender Grund i.S. des § 34 Abs. 5 NdsBOÄ, da Optiker vielfach von sich aus anböten, die Sehschärfenbestimmung des Augenarztes zu wiederholen und deshalb die Gefahr bestehe, dass sie ein Brillenglas auswählten, das die Fehlsichtigkeit des Patienten nicht optimal behandele. Keines Beweises bedürfe, ob die vom Beklagten vorgelegten Bescheinigungen der Patienten über die Gründe ihrer Entscheidung für den vom Beklagten angebotenen Versorgungsweg (Unzufriedenheit mit dem Optiker, Bequemlichkeit der Versorgung „aus einer Hand“, kompetentere Beratung, medizinische Besonderheiten) zuträfen, was die Klägerin bestreite. Dafür, dass dem Beklagten ein sachlicher Grund für die Brillenlieferungen fehle, sei die Klägerin darlegungs- und beweispflichtig.
9
Auch ein Verstoß gegen § 3 Abs. 2 NdsBOÄ liege nicht vor. Der Beklagte wolle zur besseren Versorgung seiner Patienten, insbesondere wenn bereits Beschwerden bei der Brillenbenutzung aufgetreten seien, eine größere Kontrolle hinsichtlich der Übereinstimmung der Brillengläser mit der Brillenverordnung erreichen. Dies liege im Rahmen der Kompetenz des Beklagten zur umfassenden medizinischen Versorgung der Patienten und sei deshalb notwendiger Bestandteil seiner ärztlichen Therapie.
10
II. Die Revision hat nur hinsichtlich der Hilfsanträge Erfolg. Insoweit kann ein Unterlassungsanspruch der Klägerin aus § 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 34 Abs. 5, § 3 Abs. 2 NdsBOÄ auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts nicht verneint werden, so dass die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist. Im Übrigen hält das Revisionsurteil revisionsgerichtlicher Nachprüfung stand.
11
1. Auf den in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch sind die Bestimmungen des am 30. Dezember 2008 in Kraft getretenen Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 22. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2949) anzuwenden, mit dem die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken umgesetzt worden ist. Der im Streitfall auf Wiederholungsgefahr gestützte Unterlassungsanspruch besteht allerdings nur, wenn das beanstandete Verhalten auch schon zum Zeitpunkt seiner Begehung wettbewerbswidrig war (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 20.1.2005 – I ZR 96/02, GRUR 2005, 442 = WRP 2005, 474 – Direkt ab Werk; Urt. v. 28.6.2007 – I ZR 153/04, GRUR 2008, 186 Tz. 17 = WRP 2008, 220 – Telefonaktion). Das von der Klägerin beanstandete Verhalten des Beklagten fällt in die Zeit nach Inkrafttreten des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 (BGBl. I S. 1414). Der Unterlassungsanspruch setzt daher voraus, dass das beanstandete Verhalten auch auf der Grundlage des UWG 2004 wettbewerbswidrig war.
12
Die für die Entscheidung des Streitfalls maßgeblichen Vorschriften der § 3 Abs. 2, § 34 Abs. 5 NdsBOÄ sind Marktverhaltensregelungen i.S. von § 4 Nr. 11 UWG; diese Bestimmung hat durch die Umsetzung der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken keine Änderung erfahren. Der Anwendung des § 4 Nr. 11 UWG steht nicht entgegen, dass diese Richtlinie, die die vollständige Harmonisierung der verbraucherschützenden Vorschriften der Mitgliedstaaten über unlautere Geschäftspraktiken bezweckt, keinen vergleichbaren Unlauterkeitstatbestand kennt. Denn sie lässt alle spezifischen Regeln für reglementierte Berufe unberührt (Art. 3 Abs. 8 Richtlinie 2005/29/EG). Dementsprechend ist die Anwendung des § 4 Nr. 11 UWG auf berufsrechtliche Bestimmungen , die – wie die Regelungen in § 3 Abs. 2, § 34 Abs. 5 NdsBOÄ – das Marktverhalten in gemeinschaftsrechtskonformer Weise regeln, auch nach der Richtlinie zulässig (vgl. Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 27. Aufl., § 4 Rdn. 11.6a).
13
2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Abweisung der Klage mit dem ersten Teil des Hauptantrags, mit dem dem Beklagten generell untersagt werden soll, Patienten im Zusammenhang mit einer durchgeführten Refraktion zum Zwecke des Erwerbs einer Brille an D. Optik zu vermitteln.
14
a) Zutreffend hat das Berufungsgericht diesen Antrag schon deshalb als unbegründet angesehen, weil eine solche Vermittlung – das Gesetz spricht vom Verweisen der Patienten an bestimmte Anbieter – gemäß § 34 Abs. 5 NdsBOÄ nur dann unzulässig ist, wenn für sie kein hinreichender Grund vorliegt (vgl. BGH, Urt. v. 29.6.2000 – I ZR 59/98, GRUR 2000, 1080, 1082 = WRP 2000, 1121 – Verkürzter Versorgungsweg). Dass ein solcher Grund bei der Verweisungstätigkeit des Beklagten stets fehlen würde, kann nicht angenommen werden. Wie der Senat bereits für eine Zusammenarbeit zwischen einem HalsNasen -Ohren-Arzt und einem Hörgeräteakustiker entschieden hat, kommen als sachlicher Grund für eine Verweisung beispielsweise die Vermeidung von Wegen bei gehbehinderten Patienten oder in der Vergangenheit gemachte schlechte Erfahrungen mit ortsansässigen Hilfsmittellieferanten in Betracht (BGH GRUR 2000, 1080, 1082 – Verkürzter Versorgungsweg).
15
b) § 3 Abs. 2 NdsBOÄ untersagt dem Arzt unter anderem, im Zusammenhang mit der Ausübung seiner ärztlichen Tätigkeit gewerbliche Dienstleistungen zu erbringen, soweit die Dienstleistung nicht wegen ihrer Besonderheiten notwendiger Bestandteil der ärztlichen Therapie ist. Diese Bestimmung kann auf die in Rede stehenden Verweisungen an bestimmte Anbieter, hier an D. Optik, nicht angewendet werden. Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass der Beklagte die Verweisung als gewerbliche Dienstleistung erbringt. Es handelt sich dabei auch um keine typischerweise im Rahmen eines Gewerbes ausgeübte Tätigkeit. Die Revision erhebt insoweit zu Recht keine Rüge.
16
3. Ebenfalls unbegründet ist der zweite Teil des Hauptantrags, mit dem dem Beklagten generell untersagt werden soll, die Brillenanpassung selbst oder durch eine seiner Arzthelferinnen durchzuführen und die von D. Optik angefertigte Brille an den Patienten abzugeben.
17
a) § 3 Abs. 2 NdsBOÄ steht der Anpassung und Abgabe einer Brille durch einen Augenarzt im Zusammenhang mit der Behandlung eines Patienten nur entgegen, soweit sie nicht wegen ihrer Besonderheiten notwendiger Bestandteil der ärztlichen Therapie sind. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass die Anpassung und Abgabe einer Brille durch den Beklagten unter keinen Umständen ein solcher notwendiger Therapiebestandteil sein können. Das erscheint vielmehr jedenfalls bei Patienten denkbar, bei denen ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Sehbeschwerden und bisheriger Brillenversorgung naheliegt.
18
b) Der Beklagte verstößt auch nicht gegen § 1 HandwO, wenn er die Brillenanpassung vornimmt. Zwar gehören Tätigkeiten wie die Brillenglasberatung, die Korrektur des Brillensitzes und die Messung des Abstands zwischen Brillenscharnier und Ohrmuschel, die der Beklagte bei der Brillenanpassung ausübt, zum Handwerk des Augenoptikers. Wie das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler angenommen hat, sind sie jedoch ebenso Teil der Tätigkeit eines Augenarztes oder stehen mit dessen Tätigkeit jedenfalls in engem Zusammenhang. Damit scheidet ein Verstoß gegen § 1 HandwO aus (vgl. BGH GRUR 2000, 1080, 1081 – Verkürzter Versorgungsweg). Entgegen der Ansicht der Revision ist Voraussetzung für die Ausübung von Tätigkeiten eines Augenoptikers durch einen Augenarzt nicht, dass diese Leistungen nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) oder dem einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) abrechenbar sind. In der genannten Entscheidung hat der Senat diesem Umstand lediglich eine indizielle Bedeutung für die Bejahung einer ärztlichen Tätigkeit beigemessen.
19
4. Die Revision der Klägerin hat jedoch Erfolg, soweit sie sich auf den Hilfsantrag zum ersten Teil des Hauptantrags bezieht. Mit diesem Antrag soll dem Beklagten untersagt werden, Patienten im Zusammenhang mit einer von ihm durchgeführten Refraktion ohne hinreichenden Grund den Abschluss eines Liefervertrags über eine Brille der D. Optik GbR zu vermitteln.
20
a) Der erste Hilfsantrag genügt trotz der den Wortlaut des § 3 Abs. 2 NdsBOÄ wiederholenden Wörter „ohne hinreichenden Grund“ den Bestimmtheitsanforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
21
Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Verbotsantrag nicht derart undeutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 ZPO) nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich der Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und letztlich die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen bliebe (st. Rspr.; vgl. BGHZ 156, 1, 8 f. – Paperboy; BGH, Urt. v. 24.2.2005 – I ZR 128/02, GRUR 2005, 304, 305 = WRP 2005, 739 – Fördermittelberatung , jeweils m.w.N.; Urt. v. 16.11.2006 – I ZR 191/03, GRUR 2007, 607 Tz. 16 = WRP 2007, 775 – Telefonwerbung für „Individualverträge“). Aus diesem Grund sind insbesondere Unterlassungsanträge, die lediglich den Wortlaut eines Gesetzes wiederholen, grundsätzlich als zu unbestimmt und damit unzulässig anzusehen (vgl. BGH, Urt. v. 24.11.1999 – I ZR 189/97, GRUR 2000, 438, 440 = WRP 2000, 389 – Gesetzeswiederholende Unterlassungsanträge; Urt. v. 12.7.2001 – I ZR 261/98, GRUR 2002, 77, 78 = WRP 2002, 85 – Rechenzentrum; GRUR 2007, 607 Tz. 16 – Telefonwerbung für „Individualverträge“

).


22
Die Klägerin hat sich bemüht, mit ihrem ersten Hilfsantrag auf die konkrete Verletzungsform Bezug zu nehmen (Vermittlung von Patienten an die D. Optik im Zusammenhang mit einer Refraktion). Der Antrag stellt dabei klar, dass das begehrte Verbot nicht gelten soll, wenn „hinreichende Gründe“ für die Vermittlung der Brillenlieferung vorliegen. Dabei ist der Begriff „hinrei- chende Gründe“ auslegungsbedürftig. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müssen sich hinreichende Gründe i.S. des § 34 Abs. 5 NdsBOÄ nicht unmittelbar aus dem Bereich der Medizin ergeben (vgl. BGH GRUR 2000, 1080, 1082 – Verkürzter Versorgungsweg; BGH, Urt. v. 28.9.2000 – I ZR 141/98, GRUR 2001, 255, 256 = WRP 2001, 151 – Augenarztanschreiben ), sondern können auch mit der Qualität der Versorgung, mit der Vermeidung von Wegen bei gehbehinderten Patienten und mit schlechten Erfahrungen mit anderen Anbietern begründet werden (BGH GRUR 2000, 1080, 1082 – Verkürzter Versorgungsweg). Eine weitere Konkretisierung dessen, was im konkreten Fall hinreichende Gründe sein können, ist im Rahmen eines Unterlassungsantrags nicht möglich und kann von der Klägerin auch nicht verlangt werden. Zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes ist die verbleibende Auslegungsbedürftigkeit der Antragsformulierung daher hinzunehmen (vgl. BGH, Urt. v. 4.7.2002 – I ZR 38/00, GRUR 2002, 1088, 1089 = WRP 2002, 1269 – Zugabenbündel ; BGHZ 158, 174, 186 – Direktansprache am Arbeitsplatz I; BGH GRUR 2005, 604, 605 – Fördermittelberatung).
23
b) Das Berufungsgericht hat bereits darin einen hinreichenden Grund für die Verweisung der Patienten an einen bestimmten Anbieter im Sinne von § 34 Abs. 5 NdsBOÄ gesehen, dass Augenoptiker in vielen Fällen die Sehschärfenbestimmung des Augenarztes wiederholen und im Falle einer Abweichung das nach ihrer Ansicht richtige Brillenglas auswählen, das hinter der für den Patienten aus ärztlicher Sicht optimalen Therapie der Fehlsichtigkeit zurückbleibt. Mit der Verweisung des Patienten an die D. Optik wirke der Beklagte dieser Gefahr entgegen. Damit hat das Berufungsgericht zu geringe Anforderungen an das Merkmal des hinreichenden Grundes im Sinne des § 34 Abs. 5 NdsBOÄ gestellt.
24
Träfe die Auffassung des Berufungsgerichts zu, wäre es Augenärzten unbeschränkt gestattet, Patienten an bestimmte Optiker zu verweisen. Denn die Gefahr, dass vom Patienten aufgesuchte Augenoptiker die Sehschärfenbestimmung des Augenarztes wiederholen und zu abweichenden Ergebnissen kommen, besteht bei jeder Brillenverordnung. Eine generelle Zulässigkeit der Verweisung an einen bestimmten Optiker ist aber mit § 34 Abs. 5 NdsBOÄ unvereinbar. Diese Bestimmung lässt die Verweisung an einen bestimmten Anbieter nur im Ausnahmefall zu. Im Regelfall soll dagegen die unbeeinflusste Wahlfreiheit des Patienten unter den Anbietern gesundheitlicher Hilfsmittel gewährleistet sein. Es ist – worauf die Revision mit Recht hinweist – nicht ersichtlich, warum der Beklagte die Gefahr der Auswahl eines von der ärztlichen Verordnung abweichenden Brillenglases nicht auf andere Weise – etwa durch einen entsprechenden Hinweis auf der Verordnung – ausschließen kann.
25
c) Die Abweisung des auf den ersten Teil des Unterlassungsantrags bezogenen Hilfsantrags erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig. Zwar kann den bislang getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts kein Verstoß gegen § 34 Abs. 5 NdsBOÄ entnommen werden. Die Revision rügt aber mit Erfolg, dass sich die – insofern grundsätzlich darlegungs- und beweispflichtige (vgl. BGH, Urt. v. 15.11.2001 – I ZR 275/99, GRUR 2002, 271, 273 = WRP 2002, 211 – Hörgeräteversorgung) – Klägerin auch auf die elf Patientenerklärungen berufen hat, die der Beklagte – im Rahmen der ihn treffenden sekundären Darlegungslast – in den Prozess eingeführt hat. Die Klägerin hat geltend gemacht, dass sich bereits aufgrund dieser Erklärungen ein berufs- und damit wettbewerbswidriges Verhalten des Beklagten ergebe. Dem ist insofern zuzustimmen, als sich den fraglichen Patientenerklärungen keine hinreichenden Gründe für eine Verweisung an einen bestimmten Optiker entnehmen lassen. Die meisten Patienten geben lediglich Gründe der Bequemlichkeit an, die es für sie als vorteilhaft erscheinen lassen, dass alle Leistungen „aus einer Hand“ er- bracht werden. Auch dort, wo sich einzelne Patienten auf schlechte Erfahrungen mit einem örtlichen Optiker berufen, wird nicht deutlich, weshalb nicht auf andere örtliche Optiker zurückgegriffen werden konnte. Zu diesem Vorbringen des Beklagten, das sich die Klägerin zumindest hilfsweise zu eigen gemacht hat, hat das Berufungsgericht bislang noch keine Feststellungen getroffen.
26
5. Die Klägerin wendet sich auch mit Erfolg gegen die Abweisung ihres auf den zweiten Teil des Hauptantrags bezogenen Hilfsantrags. Damit begehrt sie, es dem Beklagten zu untersagen, die Brillenanpassung selbst oder durch eine seiner Arzthelferinnen durchzuführen und die von der D. Optik GbR angefertigte Brille abzugeben, soweit nicht die Abgabe des Produkts oder die Dienstleistung wegen ihrer Besonderheiten notwendiger Bestandteil ärztlicher Therapie sind.
27
a) Gegen die Bestimmtheit des zweiten Hilfsantrags bestehen auch insoweit keine Bedenken, als dort der Wortlaut des § 34 Abs. 5 NdsBOÄ wiedergegeben ist. Die Klägerin hat sich auch bei der Fassung des zweiten Hilfsantrags bemüht, die konkrete Verletzungsform zu erfassen (Durchführung der Brillenanpassung und Abgabe einer von der D. Optik angefertigten Brille). Sie hat deutlich gemacht, welche Dienstleistungen sie beanstandet und gegen die Abgabe welchen Produkts sie sich wendet. Der Antrag stellt ferner klar, dass das begehrte Verbot nicht gelten soll, wenn Abgabe oder Anpassung der Brille wegen Besonderheiten im konkreten Behandlungsfall notwendiger Bestandteil der ärztlichen Therapie sind. Dabei bedarf der Begriff „notwendiger Bestandteil ärztlicher Therapie“ zwar ebenfalls der Auslegung. Dabei steht aber außer Zweifel, dass andere als medizinische Gründe – etwa die Unzufriedenheit des Patienten mit seinem bisherigen Optiker, die Bequemlichkeit der Versorgung des Patienten oder wirtschaftliche Interessen des Beklagten – nicht zur Rechtfertigung herangezogen werden können. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist weiter geklärt, dass unter Berücksichtigung des Grundrechts der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) grundsätzlich eine enge Auslegung des in § 3 Abs. 2 NdsBOÄ enthaltenen Verbotstatbestands und dementsprechend eine weite Auslegung des Begriffs der Produkte oder Dienstleistungen geboten ist, die notwendiger Bestandteil ärztlicher Therapie sind (BGH, Urt. v. 2.6.2005 – I ZR 215/02, GRUR 2005, 875 = WRP 2005, 1240 – Diabetesteststreifen; Urt. v. 29.5.2008 – I ZR 75/05, GRUR 2008, 816 = WRP 2008, 1178 Tz. 19 – Ernährungsberatung ). Eine weitere Konkretisierung dessen, was im konkreten Fall notwendiger Bestandteil ärztlicher Therapie sein kann, ist der Klägerin nicht möglich. Zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes ist die verbleibende Auslegungsbedürftigkeit der Antragsformulierung daher hinzunehmen (vgl. BGH, Urt. v. 4.7.2002 – I ZR 38/00, GRUR 2002, 1088, 1089 = WRP 2002, 1269 – Zugabenbündel; BGHZ 158, 174, 186 – Direktansprache am Arbeitsplatz I; BGH GRUR 2005, 604, 605 – Fördermittelberatung).
28
b) Mit Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Beklagte mit der Abgabe und Anpassung der von D. Optik an ihn geschickten Brillen eine Tätigkeit nach § 3 Abs. 2 NdsBOÄ ausübt, die nur zulässsig ist, wenn sie notwendiger Bestandteil der ärztlichen Therapie ist. Dies gilt nicht nur für die Abgabe, sondern auch für die Anpassung der Brille. Hierbei handelt es sich um eine typische Leistung des Optikerhandwerks, die unabhängig davon eine gewerbliche Dienstleistung darstellt, ob der Beklagte hierfür vom Optiker eine Vergütung erhält oder nicht.
29
c) Aufgrund der bislang getroffenen Feststellungen kann nicht angenommen werden, dass der Beklagte nur dann Brillen abgegeben und angepasst hat, wenn diese Maßnahme als notwendiger Bestandteil der ärztlichen Therapie angesehen werden konnte.
30
aa) Im Gegensatz zur Bestimmung des § 34 Abs. 5 NdsBOÄ, die eine Verweisung an einen bestimmten Anbieter gesundheitlicher Leistungen auch aus Gründen gestattet, die nicht unmittelbar auf medizinischem Gebiet liegen (vgl. BGH GRUR 2001, 255, 256 – Augenarztanschreiben), lässt § 3 Abs. 2 NdsBOÄ die Abgabe von Produkten und die Erbringung gewerblicher Dienstleistungen nur aus medizinischen Gründen zu (vgl. BGH GRUR 2005, 875, 876 – Diabetesteststreifen, zur dort anwendbaren landesrechtlichen Bestimmung gleichen Inhalts).
31
bb) Trotz der gebotenen weiten Auslegung der medizinischen Gründe gehören die Brillenanpassung und die Abgabe der Brille durch den Beklagten regelmäßig nicht ohne weiteres zu den notwendigen Bestandteilen ärztlicher Therapie. Soweit der Senat die Mitwirkung von HNO-Ärzten bei der Versorgung von Patienten mit Hörgeräten für medizinisch notwendig gehalten hat (BGH GRUR 2000, 1080, 1081 – Verkürzter Versorgungsweg; GRUR 2002, 271, 272 – Hörgeräteversorgung; GRUR 2005, 875, 876 – Diabetesteststreifen), lässt sich dies nicht auf den Streitfall übertragen. Denn der HNO-Arzt ist dort in den Prozess der Abgabe und Anpassung der Hörhilfe ohnehin eingebunden. Auch wenn der Patient das Hörgerät von einem örtlichen Hörgeräteakustiker erhalten hat, muss der HNO-Arzt erneut aufgesucht werden und gegenüber der Krankenkasse die ordnungsgemäße Versorgung bestätigen (BGH GRUR 2000, 1080, 1082 – Verkürzter Versorgungsweg).
32
cc) Das Berufungsgericht hat einen Verstoß gegen § 3 Abs. 2 NdsBOÄ verneint, weil das beanstandete Verhalten notwendiger Bestandteil der ärztlichen Therapie gewesen sei. Der Beklagte habe auf diese Weise verhindern wollen, dass ein Optiker die in der ärztlichen Verordnung angegebenen Werte nach erneuter, von ihm selbst durchgeführter Bestimmung der subjektiven Refraktion verändere und an den Patienten eine Brille mit einer anderen als der verschriebenen Stärke abgebe. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts lässt sich mit dieser Begründung keine Ausnahme vom Verbot des § 3 Abs. 2 NdsBOÄ rechtfertigen.
33
Die Vermeidung erneuter Sehschärfenmessungen durch Optiker stellt – wie dargelegt – keinen hinreichenden Grund für eine Verweisung gemäß § 34 Abs. 5 NdsBOÄ dar. Die entsprechende Maßnahme kann erst recht nicht als notwendiger Bestandteil ärztlicher Therapie betrachtet werden. Auch wenn dem Arzt bei der medizinischen Behandlung ein erhebliches therapeutisches Ermessen zusteht, erfordert die nach § 3 Abs. 2 NdsBOÄ gebotene Trennung merkantiler Gesichtspunkte vom Heilauftrag des Arztes eine Auslegung des Begriffs der Notwendigkeit, die das Verbot des § 3 Abs. 2 NdsBOÄ nicht leerlaufen lässt. Dementsprechend ist die medizinische Notwendigkeit der Abgabe eines Produkts oder der Erbringung einer gewerblichen Dienstleistung durch den Arzt jedenfalls dann, wenn sie im Ergebnis entgegen dem Zweck des § 3 Abs. 2 NdsBOÄ zu einer unbeschränkten Zulässigkeit der Zusammenarbeit zwischen dem Arzt und einem bestimmten Anbieter von Hilfsmitteln führen würde, nur dann zu bejahen, wenn das aus medizinischen Gründen verfolgte Ziel nicht auf andere zumutbare Weise erreicht werden kann. Wie bereits dargelegt, kommt in Betracht, eine eigene Sehschärfenbestimmung durch den Optiker mit einem entsprechenden Vermerk auf der Brillenverordnung ausdrücklich auszuschließen. Die stets bestehende Möglichkeit der Refraktion durch den Optiker kann deshalb die Notwendigkeit der Brillenanpassung und -abgabe durch den Beklagten gemäß § 3 Abs. 2 NdsBOÄ nicht begründen.
34
dd) Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen lassen auch sonst keine Umstände erkennen, die im Streitfall eine Ausnahme vom Verbot des § 3 Abs. 2 NdsBOÄ rechtfertigen könnten. Auch insofern verweist die Revision mit Erfolg auf die vom Beklagten vorgelegten elf Patientenbescheinigun- gen, denen nicht entnommen werden kann, dass die Abgabe sowie die Anpassung der Brillen durch den Beklagten notwendiger Bestandteil der ärztlichen Therapie waren. Der Umstand, dass es einzelne Patienten aus Bequemlichkeitsgründen vorziehen, alle Leistungen aus einer Hand zu erhalten, machen Anpassung und Abgabe der Brille noch nicht zum Bestandteil der ärztlichen Therapie.
35
6. Eine abschließende Sachentscheidung ist dem Senat verwehrt. Das Berufungsgericht hat es bislang bei der Prüfung der berufsrechtlichen Bestimmungen (§ 31 Abs. 5 und § 3 Abs. 2 NdsBOÄ) für ausreichend erachtet, dass der Beklagte einer Versorgung seiner Patienten mit Brillengläsern entgegenwirken wollte, die von der ärztlichen Verordnung abweichen. Aus seiner Sicht folgerichtig hat es zu dem Vorbringen des Beklagten, insbesondere zu den Patientenbescheinigungen , deren Inhalt sich die Klägerin jedenfalls hilfsweise zu eigen gemacht hat, noch keine Feststellungen getroffen. Dies wird nachzuholen sein.
Bornkamm Pokrant Büscher
Bergmann Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 16.05.2006 - 26 O 130/05 -
OLG Celle, Entscheidung vom 21.12.2006 - 13 U 118/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 59/98 Verkündet am:
29. Juni 2000
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Verkürzter Versorgungsweg
UWG § 1; BayArztBerufsO Kap. B § 34 Abs. 1 und 5 Fassung: 12. Oktober
Ein HNO-Arzt handelt grundsätzlich nicht wettbewerbsrechtlich unlauter, wenn
er im Einzelfall entsprechend der Entscheidung des Patienten ärztliche Leistungen
gegen eine von der Krankenkasse zu zahlende angemessene Vergütung
erbringt, die es ermöglichen, den Patienten im sog. verkürzten Versorgungsweg
mit einem Hörgerät zu versorgen. Ein solches Verhalten ist weder
durch § 1 HandwO verboten noch verstößt es gegen ärztliches Berufsrecht
oder Vorschriften über die gesetzliche Krankenversicherung (SGB V). Die Mitarbeit
bei der Versorgung des Patienten auf dem verkürzten Versorgungsweg
ist auch nicht deshalb wettbewerbsrechtlich unlauter, weil der HNO-Arzt dabei
für zusätzliche ärztliche Leistungen eine gesonderte Vergütung erzielen kann.
BGH, Urt. v. 29. Juni 2000 - I ZR 59/98 - OLG Hamm
LG Dortmund
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Juni 2000 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Pokrant, Dr. Büscher und Raebel

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 20. Januar 1998 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als es zum Nachteil der Beklagten erkannt hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Dortmund vom 4. Juni 1997 zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittel werden der Klägerin auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte stellt digital programmierbare Hörgeräte her und vertreibt diese. Mit einem Rundschreiben vom 6. September 1996 wandte sie sich an Hals-Nasen-Ohren-Ä rzte (im folgenden: HNO-Ä rzte), um für ihr neuartiges
Konzept der Versorgung von Patienten mit Hörgeräten zu werben. Das Schreiben hat folgenden Wortlaut:
"Sehr geehrter Herr Dr. med. die Ertragssituation der HNO-Fachärzte ist eher rückläufig als angemessen , insbesondere im Vergleich zu berufsverwandten Zweigen. Tendenziell wird sich daran auch nichts ändern. Wir haben für den HNO-Facharzt ein neues Hörgeräte-Versorgungskonzept über Online Telekommunikation entwickelt, das dem Qualitätsanspruch einer herkömmlichen Hörgeräteversorgung gerecht wird. Und mehr: die Verfahrensweise macht Sie zur alleinigen Bezugsperson Ihres Patienten, Ihr regelmäßiger Kontakt ermöglicht Ihnen, präventiv auf den Gesundheitszustand des Hörgeräteträgers einzuwirken. Sie können Ihren Patienten sogar zuzahlungsfreie, digital -programmierbare Hörgeräte und eine Versorgung mit günstigen Qualitätsbatterien (Zink-Luft) anbieten. Und bei allem steht Ihnen das a. -Nachsorge-System unterstützend zur Seite. Neben diesen Vorteilen erhalten Sie über uns ein interessantes angemessenes Honorar außerhalb des gedeckelten KV-Budgets. Die Ausstattung (PC mit installierter Software, ISDN-Anschluß, Ausrüstung zur Ohrabdrucknahme) stellt a. zur Verfügung. Alle rechtlichen Aspekte wurden bereits im Vorfeld von Herrn Rechtsanwalt Dr. W. aus der Sozietät Prof. Dr. H. & Partner/B. , der sich seit vielen Jahren mit der hier maßgeblichen Materie aus juristischer Sicht beschäftigt, geprüft. Ihre Neugier ist geweckt? Mit der beigefügten Anlage ist die Verfahrensweise ausführlich beschrieben." Bei einer herkömmlichen Hörgeräteversorgung sucht der Patient nach der Verordnung eines Hörgeräts durch den HNO-Arzt einen Hörgeräteakustiker auf. Dieser nimmt eine erweiterte audiometrische Messung vor, fertigt einen Ohrabdruck und wählt ein geeignetes Hörgerät aus. Danach stellt er ein Ohr-
paßstück her, in das später das Hörgerät eingefügt wird. Anschließend paßt der Hörgeräteakustiker das Hörgerät dem Patienten an und weist ihn in die Benutzung des Geräts ein. Darauf begibt sich der Patient erneut zum HNO-Arzt. Dieser überprüft, ob durch das Gerät eine ausreichende Hörverbesserung erreicht wird, und bestätigt für die Abrechnung mit der Krankenversicherung die Ordnungsmäßigkeit der Versorgung.
Nach dem Konzept der Beklagten, bei dem das Hörgerät im sogenannten verkürzten Versorgungsweg abgegeben wird, führt der HNO-Arzt die erweiterte audiometrische Messung selbst durch und nimmt auch selbst den Ohrabdruck ab. Die Meßergebnisse und den Ohrabdruck übermittelt er der Beklagten. Diese wählt ein Hörgerät aus, programmiert es digital und fertigt das Ohrpaßstück an. Das Hörgerät wird dann der Arztpraxis übersandt. Dort wird es individuell angepaßt und gegebenenfalls mit Hilfe eines von der Beklagten gestellten Computers - in telefonischer Sprechverbindung mit dem Hörgeräteakustiker der Beklagten - umprogrammiert. Die Beklagte stellt dem Arzt Ersatzgeräte und ein zusätzliches Ohrpaßstück zur Verfügung, die an den Patienten weitergegeben werden können, falls ein Mangel an dem Hörgerät auftritt und dieses zur Reparatur an die Beklagte eingesandt werden muß. Schwierige Versorgungsfälle soll ein Hörgeräteakustiker der Beklagten in der Arztpraxis betreuen.
Die Beklagte hat am 18. Dezember 1996 mit dem Landesverband der Betriebskrankenkassen Nordrhein-Westfalen einen Vertrag über die Versorgung der Versicherten dieser Kassen mit Hörgeräten auf dem von ihr entwikkelten Vertriebsweg geschlossen. In diesem Vertrag ist vorgesehen, daß die Krankenkasse für die ärztlichen Leistungen bei der Abnahme des Ohrabdrucks
und der Anpassung des Hörgeräts ein Honorar von 250,-- DM für jedes zu versorgende Ohr bezahlt. Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung soll das Honorar an die Beklagte ausgezahlt werden, die es an die HNO-Ä rzte weiterzuleiten hat.
Die klagende Bundesinnung der Hörgeräteakustiker ist der Ansicht, daß das von der Beklagten beworbene Versorgungssystem gegen Bestimmungen des ärztlichen Berufsrechts und des Handwerksrechts sowie gegen s ozialrechtliche Vorschriften verstoße und deshalb wettbewerbswidrig sei.
Sie hat - soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung - beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, Ä rzte, insbesondere Hals-Nasen-Ohren-Ä rzte, aufzufordern, die nachfolgenden Leistungen gegenüber Patienten zu erbringen: - Vornahme audiometrischer Messungen zur Anpassung eines Hörgerätes, - Erstellen von Ohrabdrücken zur Anpassung eines Hörgerätes , - Anpassung (Feinanpassung) eines von der Beklagten gelieferten Hörgerätes, - Übergabe und Einweisung des Patienten in den Gebrauch eines von der Beklagten gelieferten Hörgerätes und - Abgabe von Batterien und Hörgeräten für die Beklagte, 2. die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, Fachärzten, insbesondere Hals-Nasen-Ohren-Ä rzten, für die Erbringung der im Antrag zu 1 genannten Leistungen ein Honorar zuzusagen oder anzukündigen, daß von den jeweiligen Krankenkassen eine Vergütung gezahlt wird.
3. ... 4. ... Hilfsweise zum Antrag zu 1: die Beklagte zu verurteilen, Aufforderungen und Angebote im Sinne des Antrages zu 1 an Ä rzte, insbesondere Hals-Nasen-OhrenÄ rzte, zu richten, ohne diese darauf hinzuweisen, daß gegenüber den Patienten eine Aufklärung zu erfolgen hat, daß dieselbe Versorgungsleistung auch durch alle Hörgeräteakustiker erbracht werden kann. Weiter hilfsweise: die Beklagte zu verurteilen, die Behauptung wörtlich oder sinngemäß zu unterlassen, es seien "alle rechtlichen Aspekte" der von ihr angebotenen Hörgeräte-Versorgung "online" juristisch geprüft. Die Beklagte hat ihr Versorgungskonzept als rechtmäßig und s achgemäß verteidigt.
Das Landgericht (LG Dortmund MedR 1998, 36) hat die Klage abgewiesen.
Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht (OLG Hamm NJW 1998, 2749) unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels den Klageanträgen zu 1 und zu 2 - allerdings beschränkt auf Handlungen gegenüber HNO-Ä rzten - stattgegeben. Als redaktionelle Ä nderung hat es in der Verurteilung gemäß dem Klageantrag zu 1 das Wort "aufzufordern" durch das Wort "vorzuschlagen" ersetzt. Zudem hat es in dieser Verurteilung vor dem Wort "vorzuschlagen" die Wendung eingefügt "wie im Rundschreiben der Beklagten vom 6. September 1996".

Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, begehrt die Beklagte, das Berufungsurteil aufzuheben, soweit es sie beschwert, und insoweit das landgerichtliche Urteil wiederherzustellen.

Entscheidungsgründe:


Die Revision der Beklagten hat Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hat die Klageanträge zu 1 und 2 im wesentlichen als begründet angesehen, weil die mit diesen Anträgen bezeichneten Handlungen wettbewerbswidrig seien. Mit ihrem Rundschreiben vom 6. September 1996 habe die Beklagte die angesprochenen HNO-Ä rzte zu einem Verhalten aufgefordert, das gegen berufsrechtliche Vorschriften der (Muster -)Berufsordnung für die deutschen Ä rzte (im folgenden: MBO a.F.) verstoße.
In Betracht zu ziehen sei bereits ein Verstoß gegen § 30 Abs. 1 MBO a.F. (abgedruckt Deutsches Ä rzteblatt 93, Heft 7, vom 16.2.1996, C-295), der den Ä rzten verbiete, für die Verordnung von Hilfsmitteln von dem Hersteller oder Händler eine Vergütung oder sonstige wirtschaftliche Vergünstigungen anzunehmen. Das dem HNO-Arzt hier zufließende Honorar werde allerdings letztlich von der Krankenkasse für die zusätzlichen Tätigkeiten gezahlt, die der HNO-Arzt statt - wie herkömmlich - der Hörgeräteakustiker vornehmen solle. Die Beklagte stelle aber dem Arzt eine besondere Ausstattung, nämlich einen
PC mit ISDN-Anschluß, zur Verfügung. Zudem biete sie den Ä rzten mit ihrem Versorgungskonzept die Möglichkeit, ein zusätzliches Einkommen außerhalb des Krankenversicherungsbudgets zu erzielen. Es liege nicht fern, darin eine wirtschaftliche Vergünstigung im Sinne des § 30 Abs. 1 MBO a.F. zu sehen. Dies könne aber offenbleiben, weil jedenfalls ein Verstoß gegen § 30 Abs. 4 MBO a.F. gegeben sei.
Nach dieser Vorschrift sei es Ä rzten nicht gestattet, Patienten ohne hinreichenden Grund an bestimmte Geschäfte zu verweisen oder die Erzeugnisse bestimmter Hersteller zu nennen. Gerade dies schlage die Beklagte aber den Ä rzten in ihrem Rundschreiben vor. Die Einrichtung einer Online-Telekommunikationsverbindung mit dem zugehörigen PC sei nur sinnvoll, wenn sie regelmäßig genutzt werden solle. Der Vorschlag, sich für das System der Beklagten zu entscheiden, beinhalte deshalb das Ansinnen, die Patienten regelmäßig über die Beklagte mit Hörgeräten zu versorgen. Ein solches Verfahren werde aber von § 30 Abs. 4 MBO a.F. untersagt.
Nach der Lebenserfahrung sei weiter anzunehmen, daß ein Arzt, der mit der Beklagten zusammenarbeite, seinen Patienten nicht die freie Wahl anderer Hörgeräteakustiker lassen, sondern ihnen das Versorgungssystem der Beklagten zumindest nahelegen werde, das ohne den Hinweis des Arztes kaum einem Patienten bekannt sein werde. Wenn aber ein Arzt erwähne, daß er diese Versorgungsmöglichkeit bieten könne, werde jedenfalls ein ganz wesentlicher Teil der Patienten ihm als dem Arzt ihres Vertrauens bei der Wahl des Versorgungssystems folgen. Im übrigen bestehe die Gefahr einer unsachgemäßen Beeinflussung, weil der Arzt die ihm gebotene zusätzliche Einkommensmöglichkeit nur bei der Einschaltung der Beklagten nutzen könne. Die
Einrichtung der Online-Verbindung mit der Beklagten über den für die Praxis zur Verfügung gestellten PC vergrößere noch die Gefahr, daß der Arzt regelmäßig mit der Beklagten zusammenarbeiten werde.
Die Verweisung der Patienten auf die Hörgeräteversorgung über die Beklagte sei nicht durch einen hinreichenden Grund im Sinne des § 30 Abs. 4 MBO a.F., d.h. durch eine sachliche ärztliche Erwägung im Gegensatz zu wirtschaftlichen Gründen, gerechtfertigt. Die Beklagte vertreibe nur handelsübliche Hörgeräte, wie sie auch von den jeweils am Ort niedergelassenen Hörgeräteakustikern angeboten würden. Es sei nicht ersichtlich, daß die OnlineEinstellung des Hörgeräts der herkömmlichen Anpassung im Geschäft eines Hörgeräteakustikers überlegen sei.
Wegen des Verstoßes gegen § 30 Abs. 4 MBO a.F. sei das Verhalten der Beklagten auch wettbewerbswidrig im Sinne des § 1 UWG. Die Verurteilung zur Unterlassung sei allerdings auf ein Verhalten gegenüber HNO-Ä rzten zu beschränken, weil nichts dafür ersichtlich sei, daß die Beklagte auch bei anderen Ä rzten für ihr Versorgungskonzept werben wolle.
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
II. 1. Mit ihrem Klageantrag zu 1 wendet sich die Klägerin dagegen, daß die Beklagte HNO-Ä rzte wie in ihrem Rundschreiben vom 6. September 1996 auffordert, sich an ihrem Vertriebssystem für Hörgeräte mit den in dem Antrag näher bezeichneten Leistungen gegenüber Patienten zu beteiligen. Von diesem Verständnis ist auch das Berufungsgericht zutreffend - wenn auch ohne Begründung - ausgegangen. Es hat dies dadurch zum Ausdruck gebracht, daß
es in die Verurteilung nach dem Klageantrag zu 1 die Worte "wie im Rundschreiben der Beklagten vom 6. September 1996" aufgenommen hat. Der Klageantrag zu 1 bezieht sich zwar nach seinem Wortlaut nicht ausdrücklich auf das Rundschreiben vom 6. September 1996, das der Klage zugrunde liegt; aus dem Klagevorbringen ergibt sich aber, daß dieser die Beteiligung der HNOÄ rzte an dem Vertriebssystem der Beklagten zum Gegenstand hat, wenn diese gerade unter den in dem Rundschreiben genannten Bedingungen stattfindet.
2. Das mit dem Klageantrag zu 1 angegriffene Verhalten verstößt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht gegen § 1 UWG, weil die Art und Weise der Zusammenarbeit mit der Beklagten, die den HNO-Ä rzten in dem Rundschreiben vom 6. September 1996 vorgeschlagen wird, nicht wettbewerbsrechtlich unlauter ist.

a) Den HNO-Ä rzten ist es nicht verboten, Leistungen, wie sie in dem Klageantrag zu 1 genannt sind, gegenüber Patienten zu erbringen. Sie üben damit nicht das Handwerk eines Hörgeräteakustikers aus (vgl. dazu auch die Anlage A Nr. 54 zur HandwO sowie die Hörgeräteakustikermeisterverordnung - HörgAkMstrV - vom 26.4.1994, BGBl. I S. 895). Ein Verstoß gegen § 1 HandwO ist schon deshalb nicht gegeben, weil es sich hier nur um einzelne Leistungen im Rahmen der ärztlichen Praxis handelt, die zu dem beruflichen Bereich eines HNO-Arztes gehören oder mit diesem zumindest in sehr engem Zusammenhang stehen. Für audiometrische Messungen wird dies auch von der Klägerin nicht in Zweifel gezogen (vgl. dazu auch - für Kassenpatienten - Nr. 1591 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs [EBM] sowie - für Privatpatienten - die Nrn. 1403 und 1404 der Gebührenordnung für Ä rzte [GOÄ ]). Das Erstellen eines Ohrabdrucks zur Anpassung eines Hörgeräts ist zwar in dem
EBM und der GOÄ nicht ausdrücklich berücksichtigt. Diese Leistung, die im übrigen auch nach dem Vorbringen beider Parteien jedenfalls für einen HNOArzt nicht besonders schwierig ist, gehört jedoch ohne weiteres in den Tätigkeitsbereich eines HNO-Arztes. Dies ergibt sich auch daraus, daß für Leistungen , die mit der Fertigung eines Ohrabdrucks in Zusammenhang stehen, nach den Nrn. 1565, 1569 und 1570 GOÄ V ergütungen vorgesehen sind. Die Feineinstellung des Hörgeräts ist nach dem mit dem Klageantrag zu 1 angegriffenen Versorgungssystem der Beklagten nicht Sache des behandelnden HNOArztes , sondern wird von einem Hörgeräteakustiker bei der Beklagten, der dabei online mit dem Patienten und dem Arzt verbunden ist, vorgenommen. Etwas anderes läßt sich jedenfalls dem beanstandeten Rundschreiben der Beklagten, auf das bei der Beurteilung abzustellen ist, nicht entnehmen. Die Überprüfung des Ergebnisses der Tätigkeit des Hörgeräteakustikers und damit auch der individuellen Anpassung gehört ohne weiteres zu den Aufgaben des HNOArztes. Ebensowenig kann in Zweifel gezogen werden, daß die Einweisung eines Patienten in den Gebrauch eines Hörgeräts auch von einem HNO-Arzt vorgenommen werden darf (vgl. dazu auch Nr. 1653 EBM) oder daß es einem HNO-Arzt nicht verboten sein kann, Hörgeräte und Batterien, die von der Beklagten an einen Patienten geliefert werden, an diesen auszuhändigen.

b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts fordert die Beklagte die HNO-Ä rzte auch nicht zu einem berufsordnungswidrigen Verhalten auf, wenn sie ihnen wie im Rundschreiben vom 6. September 1996 vorschlägt, die im Klageantrag zu 1 aufgeführten Tätigkeiten in Zusammenarbeit mit ihr zu erbringen. Grundlage für die Beurteilung sind insoweit die Berufsordnungen der einzelnen Ä rztekammern, nicht die im Jahr 1997 neu gefaßte (Muster )Berufsordnung für die deutschen Ä rztinnen und Ä rzte (MBO-Ä 1997, abge-
druckt NJW 1997, 3076), die keine Rechtsqualität besitzt. Die Berufsordnungen der einzelnen Ä rztekammern stimmen aber inhaltlich mit den hier maßgeblichen Regelungen der MBO-Ä 1997 überein (vgl. z.B. die Berufsordnung für die Ä rzte Bayerns vom 12.10.1997, Bayerisches Ä rzteblatt 1997 Nr. 11 S. 1; im folgenden: BOÄ B ayern 1998), so daß von den Formulierungen der MBO-Ä 1997 ausgegangen werden kann.
(1) Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob die Beklagte die HNOÄ rzte mit ihrem Rundschreiben dazu auffordert, für die Verordnung von Hörgeräten ein Entgelt von ihr als Händlerin anzunehmen (vgl. Kap. B § 34 Abs. 1 MBO-Ä 1997; Kap. B § 34 BOÄ B ayern 1998). Diese Frage ist jedoch zu verneinen.
In Kap. B § 34 Abs. 1 MBO-Ä 1997 ist (wortgleich mit § 30 MBO-Ä a.F. und Kap. B § 34 Abs. 1 BOÄ B ayern 1998) bestimmt:
"Dem Arzt ist es nicht gestattet, für die Verordnung von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln von dem Hersteller oder Händler eine Vergütung oder sonstige wirtschaftliche Vergünstigungen zu fordern oder anzunehmen." Gegen diese Vorschrift verstößt ein Arzt, der mit der Beklagten zusammenarbeitet , nicht schon durch die Annahme des Pauschalhonorars von 250,-- DM, weil dieses nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht von der Beklagten gezahlt wird, sondern letztlich von der Krankenkasse. Die dagegen gerichteten Angriffe der Revisionserwiderung hat der Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet (§ 565a ZPO). Die Vergütung wird nicht als Provision für die Verordnung des Hörgeräts entrichtet, sondern als Pauschalbetrag für alle zusätzlichen Leistungen, die der HNO-Arzt bei einer Zusam-
menarbeit mit der Beklagten statt - wie herkömmlich - der Hörgeräteakustiker für den Patienten erbringt. Es ist weder festgestellt noch von der Revisionserwiderung mit Verfahrensrügen geltend gemacht, daß das vorgesehene Honorar unangemessen hoch sei.
Ebensowenig ist die Überlassung eines PC, der eine Online-Verbindung zur Beklagten ermöglicht, eine berufsordnungswidrige Vergünstigung für die Verordnung von Hilfsmitteln. Mit dieser Ausrüstung des HNO-Arztes schafft die Beklagte lediglich die Voraussetzung, um mit diesem im Einzelfall überhaupt zusammenarbeiten zu können und auf dem von ihr vorgeschlagenen Versorgungsweg Hörgeräte als Hilfsmittel zu liefern. Eine Vergütung für spätere Verordnungen von Hörgeräten liegt darin nicht; der Arzt übernimmt auch keine Verpflichtung, gerade Hörgeräte der Beklagten zu verordnen. Im übrigen könnte es den Ä rzten nicht deshalb zeitlich unbegrenzt verboten werden, die mit dem Klageantrag zu 1 bezeichneten Leistungen zu erbringen, weil sie ursprünglich die erforderliche technische Grundausstattung unentgeltlich erhalten haben.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist es auch unbedenklich, daß die Ä rzte durch die Zusammenarbeit mit der Beklagten eine zusätzliche Verdienstmöglichkeit erhalten. In der Möglichkeit, aus erlaubter eigener ärztlicher Tätigkeit ein angemessenes Entgelt zu erzielen, liegt keine berufsordnungswidrige Vergünstigung. Allein mit der Begründung, ein bestimmter Weg zur Versorgung von Patienten mit Hörgeräten sei geeignet, das Tätigkeitsfeld eines HNO-Arztes zu erweitern und ihm damit eine neue Einkommensquelle zu erschließen, kann die Freiheit der Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG) der Ä rzte nicht beschränkt werden.

(2) Das Rundschreiben vom 6. September 1996 fordert die HNO-Ä rzte entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch nicht zu einem Verstoß gegen das berufsrechtliche Verbot auf, Patienten ohne hinreichenden Grund an bestimmte Geschäfte oder Anbieter von gesundheitlichen Leistungen zu verweisen (vgl. Kap. B § 34 Abs. 5 MBO-Ä 1997; Kap. B § 34 Abs. 5 BOÄ B ayern 1998; vgl. auch § 30 Abs. 4 MBO-Ä a.F.). Es ist allerdings anzunehmen, daß die Beklagte mit ihrem Rundschreiben und dem Angebot, die technische Grundausrüstung für eine Zusammenarbeit mit dem Arzt zu stellen, den Wunsch verbunden hat, die Patienten der angesprochenen HNO-Ä rzte zukünftig regelmäßig mit Hörgeräten zu versorgen. Diesem naheliegenden Wunsch entspricht aber keine Bindung des Arztes. Dieser ist frei, ob er für den Patienten mit dessen Einwilligung die im Klageantrag zu 1 genannten Leistungen erbringen will und - wenn dies geschieht - ob er dies tun will, um den Patienten gerade von der Beklagten mit einem Hörgerät versorgen zu lassen. Die Verweisung des Patienten an bestimmte Geschäfte oder Leistungserbringer ist zudem nur untersagt, wenn dafür ein hinreichender Grund fehlt. Nach dem Klageantrag zu 1 soll der Beklagten jedoch allgemein verboten werden, Ä rzten vorzuschlagen, die näher bezeichneten Leistungen für Patienten im Rahmen einer Zusammenarbeit mit der Beklagten zu erbringen, ohne daß es weiter darauf ankommen soll, ob es im Einzelfall für die Einschaltung der Beklagten einen hinreichenden Grund gibt. Dadurch würde aber der Arzt an der Verweisung des Patienten an die Beklagte auch dann gehindert, wenn sachliche Gründe ganz überwiegend für eine Verweisung an sie sprechen würden (z.B. die Qualität der Versorgung, die Vermeidung von Wegen bei gehbehinderten Patienten, schlechte Erfahrungen mit den ortsansässigen Hörgeräteakustikern ), und sogar auch dann, wenn er von dem Patienten ausdrücklich um die
Versorgung durch ihn selbst und die Beklagte gebeten wird. Gerade dann, wenn nach den gegebenen Verhältnissen nur einer oder wenige ortsansässige Hörgeräteakustiker für die Versorgung eines bestimmten Patienten in Betracht kommen sollten, hätte ein Erfolg des Klageantrags zu 1 die Wirkung, daß der Arzt durch gerichtliches Verbot entscheidend in der Freiheit, dem Patienten mehrere Versorgungsmöglichkeiten aufzuzeigen, beschränkt würde.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist der Arzt zudem nicht gehindert, sondern sogar verpflichtet, bei seiner Abwägung auch die Wirtschaftlichkeit der Versorgung mit zu berücksichtigen (vgl. - für Kassenpatienten - § 12 Abs. 1, § 70 Abs. 1 SGB V). Aus der vom Berufungsgericht zur Begründung seiner Ansicht herangezogenen Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 28. April 1981 (VI ZR 80/79, NJW 1981, 2007, 2008) ergibt sich nichts anderes.
Es mag allerdings sein, daß die Entscheidung für den verkürzten Versorgungsweg gegenwärtig mangels einer ausreichenden Zahl in gleicher Weise arbeitender Wettbewerber praktisch bedeutet, daß im Einzelfall nur die Beklagte als Hilfsmittelerbringer in Betracht kommt. Der Klageantrag zu 1 stellt auf diesen Umstand jedoch nicht ab. Mit ihm wird ein Verbot begehrt, das auch dann gelten soll, wenn ausreichender Wettbewerb zwischen Anbietern auf dem verkürzten Versorgungsweg besteht, so daß ein HNO-Arzt dem Patienten diese Versorgungsmöglichkeit zur Wahl stellen kann, ohne daß die Entscheidung dafür bereits mit einer Entscheidung für die Beklagte als Hilfsmittelerbringer verbunden wäre. Das Fehlen eines ausreichenden Wettbewerbs unter den Anbietern auf dem verkürzten Versorgungsweg könnte auch nicht zur Folge haben , daß den Ä rzten aus diesem Grund die Verweisung an die Beklagte allge-
mein untersagt wird. Die Entstehung von Wettbewerb in diesem Bereich ist vielmehr dem Markt zu überlassen; es ist nicht Aufgabe des wettbewerbsrechtlichen Lauterkeitsrechts, das Aufkommen neuartiger Angebotsformen, die als solche nicht wettbewerbswidrig sind, bereits im Ansatz zu verhindern. Es kann auch nicht übersehen werden, daß die Beschränkung des Angebots auf wenige für den Patienten erreichbare Hörgeräteakustiker am Ort oder sogar nur einen einzigen ihrerseits Gefahren für die Freiheit und die Lauterkeit des Wettbewerbs mit sich bringt.

c) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung verstößt ein HNOArzt , der mit der Beklagten wie in dem Rundschreiben vorgeschlagen zusammenarbeitet , auch bei der Behandlung von Kassenpatienten nicht gegen Vorschriften über die gesetzliche Krankenversicherung (SGB V). Ein Verstoß gegen die Regelung des § 126 Abs. 1 Satz 1 SGB V, nach der Hilfsmittel an Versicherte nur von zugelassenen Leistungserbringern abgegeben werden dürfen, ist schon deshalb nicht gegeben, weil die HNO-Ä rzte die Hörgeräte nicht selbst abgeben sollen. Der HNO-Arzt verordnet lediglich ein Hörgerät und erbringt im übrigen in eigener Verantwortung zusätzliche ärztliche Leistungen; Hilfsmittelerbringer ist nur die Beklagte, die dazu auch unbestritten zugelassen ist.
Diejenigen Leistungen, die dem HNO-Arzt nach dem Rundschreiben der Beklagten vorgeschlagen werden, sind ihm nach den sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften nicht verboten. Welche Zusatzleistungen ein Arzt neben den Leistungen als Kassenarzt erbringen darf, ist im SGB V nicht geregelt. Die Frage, ob er Anspruch auf Vergütung für diese Leistungen hat, ist seinen vertraglichen Beziehungen zu den Krankenkassen überlassen.
Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung schließt die Regelung der gesetzlichen Krankenversicherung im SGB V auch nicht den Wettbewerb zwischen verschiedenen Gruppen von Leistungserbringern aus. Die gegenteilige Ansicht der Revisionserwiderung findet im Gesetz keine Stütze. Die Wahl zwischen verschiedenen Leistungserbringern ist grundsätzlich dem Versicherten überlassen. Die Vorschrift des § 127 Abs. 3 SGB V über die Zulässigkeit von Preisvergleichen bei den Leistungserbringern von Hilfsmitteln und die Information der Versicherten und der Ä rzte über deren Ergebnis besagt dazu - entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung - nichts. Die Zulassung von Hörgeräteakustikern nach § 126 SGB V zur Abgabe von Hilfsmitteln gibt keinen Schutz gegen Wettbewerb durch mehrere Hilfsmittelerbringer, selbst wenn diese einer anderen Berufsgruppe angehören sollten (vgl. Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urt. v. 12.12.1996 - L 5 K 56/95 [Bericht ArztuR 1997, Nr. 1, S. 14] und nachfolgend BSG, Beschl. v. 28.8.1997 - 3 BK 3/97, jeweils zitiert nach juris). Noch weniger schützt sie die Hörgeräteakustiker davor, daß HNOÄ rzte, die selbst keine Hörgeräte als Hilfsmittelerbringer abgeben, im Zusammenhang mit der Abgabe von Hörgeräten ärztliche Leistungen erbringen, selbst wenn diese Leistungen ganz oder teilweise auch von einem Hörgeräteakustiker erbracht werden dürften.

d) Das mit dem Klageantrag zu 1 angegriffene Verhalten ist auch nicht aus anderen Gründen wettbewerbswidrig. Eine generelle Beschränkung der Freiheit des Wettbewerbs, wie sie die Klägerin mit ihrem Klageantrag zu 1 erreichen will, bedarf einer besonderen Begründung. Eine solche fehlt.
Die Zusammenarbeit mit der Beklagten, die im Rundschreiben vom 6. September 1996 vorgeschlagen wird, ist nicht schon deshalb unlauter, weil
sie dem Arzt die Möglichkeit bietet, für zusätzliche von ihm zu erbringende Leistungen ein angemessenes Honorar zu erhalten. Auf das Vorliegen anderer Umstände, aus denen sich die wettbewerbsrechtliche Unlauterkeit des beanstandeten Verhaltens ergeben könnte, stellt der Klageantrag zu 1 jedoch nicht ab. Eine vertragliche Bindung des angesprochenen HNO-Arztes an die Zusammenarbeit mit der Beklagten wird mit dem Rundschreiben nicht angestrebt. Nach den getroffenen Feststellungen kann auch nicht davon ausgegangen werden, daß das von der Beklagten vorgeschlagene Versorgungskonzept nur dann sinnvoll ist, wenn der Arzt ausschließlich oder auch nur regelmäßig mit der Beklagten zusammenarbeitet und nicht lediglich die Möglichkeiten, die Patienten ihrer besonderen Situation angepaßt zu versorgen, vermehrt. Eine Verweisung an andere Anbieter, sowohl solche am Ort als auch solche im verkürzten Versorgungsweg, ist nicht ausgeschlossen.
Bei der Beurteilung des Rundschreibens kann auch nicht mit dem Berufungsgericht von der Sachlage ausgegangen werden, daß das Konzept der Beklagten den Patienten nicht bekannt ist. Der Klageantrag zu 1 und seine Begründung stellen darauf nicht ab. Er berücksichtigt auch nicht die Möglichkeit, daß die Wahl der Versorgung über die Beklagte nach einer erfolgreichen Durchsetzung ihres Versorgungskonzepts auf dem Markt vielfach auf die Patienten selbst zurückgehen könnte. Damit wäre vor allem dann zu rechnen, wenn die von Kassenpatienten zu leistenden Zuzahlungen bei einer Versorgung durch die Beklagte entfallen sollten oder wesentlich niedriger als bei einer Versorgung durch einen örtlichen Hörgeräteakustiker sein sollten. Der Beklagten kann es jedoch nicht verboten werden, bei HNO-Ä rzten anzuregen, Vorsorge dafür zu treffen, daß sie Patientenwünschen nach einem verkürzten Versorgungsweg entsprechen können, wenn dies sachlich begründet erscheint.
Auch der Umstand, daß die Verbindung mit der Beklagten im Einzelfall bequem hergestellt werden kann und eine sofortige Veränderung der Einstellung des Hörgeräts ermöglicht, spricht - anders als dies das Berufungsgericht gemeint hat - nicht gegen, sondern für den von der Beklagten vorgeschlagenen Versorgungsweg.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist danach das Versorgungskonzept der Beklagten nicht schon als solches mit der Gefahr verbunden, daß die Patienten der angesprochenen HNO-Ä rzte aus unsachlichen Gründen veranlaßt werden können, die Beklagte als Leistungserbringerin zu wählen. Diese Gefahr würde sich zudem weiter verringern, wenn die HNO-Ä rzte für die zusätzlichen Leistungen, die sie bei einer Versorgung der Patienten im verkürzten Versorgungsweg erbringen, von den Kassen auch dann ein angemessenes Honorar erhalten würden, wenn sie einen anderen Anbieter, der im verkürzten Versorgungsweg arbeitet, empfehlen. Bei der Behandlung von Patienten ergibt sich zudem nicht selten die Situation, daß die Wahl eines bestimmten Therapiewegs dem Arzt ermöglicht, zusätzliche Leistungen zu erbringen, für die er dann auch eine zusätzliche Vergütung erhält. Die nicht ausschließbare Gefahr, daß dies Einfluß auf die ärztliche Behandlung des Patienten hat, kann jedoch kein Grund sein, Therapiemöglichkeiten oder Versorgungswege als solche zu unterbinden. Es kommt hinzu, daß ein Patient, dem der Arzt den verkürzten Versorgungsweg empfiehlt, nicht im Unklaren darüber sein kann, daß der Arzt aufgrund dieser Wahl zusätzliche Leistungen (wie den Ohrabdruck , erweiterte audiometrische Messung usw.) zu erbringen hat, die ihm dann - wie allgemein bekannt - auch gesondert zu vergüten sind. Ein mögliches Eigeninteresse des Arztes bleibt dem Patienten daher nicht verborgen.
Die vom Berufungsgericht angenommene Gefahr der unsachgemäßen Beeinflussung wird im übrigen offenbar von den zuständigen Fachbehörden nicht in gleicher Weise gesehen. Die Diskussion um die Zulässigkeit des verkürzten Versorgungsweges hält nun schon seit Jahren an (vgl. v. Maydell/ Kötter, Zur Aufgabenverteilung zwischen Hilfsmittelerbringern und Ä rzten bei der Versorgung mit Hörgeräten, 1994; Schwannecke/Webers, NJW 1998, 2697; Westenberg, WRP 1998, 1155; Kern, NJW 2000, 833). Bereits mit Urteil vom 10. Oktober 1991 (WRP 1992, 186) hat das Oberlandesgericht Hamburg einen Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung gegen einen Wettbewerber der Beklagten zurückgewiesen. Seine Beurteilung des verkürzten Versorgungsweges für Hörgeräte hat das Oberlandesgericht in seinem Urteil vom 12. März 1992 (3 U 126/91) bestätigt. Die gegen dieses Urteil eingelegte Revision hat der Senat durch Beschluß vom 3. Dezember 1992 nicht angenommen (I ZR 89/92). Auch andere Oberlandesgerichte haben schon vor einigen Jahren die Versorgung von Patienten mit Hörgeräten im verkürzten Versorgungsweg nicht als wettbewerbswidrig angesehen (vgl. die - noch nicht rechtskräftigen - Urteile OLG Nürnberg WRP 1997, 1212; OLG Stuttgart, Urt. v. 23.1.1998 - 2 U 12/97; OLG Celle, Urt. v. 11.3.1998 - 13 U 116/97). Die zuständigen Behörden haben jedoch - soweit ersichtlich - keinen Anlaß gesehen, ihrerseits regelnd einzugreifen.

e) Durch die Entscheidung über die grundsätzliche Zulässigkeit des verkürzten Versorgungswegs werden die Hörgeräteakustiker in der Freiheit der Berufsausübung nicht beschränkt. Ein Recht auf Schutz gegen Wettbewerb kann aus Art. 12 Abs. 1 GG nicht abgeleitet werden (vgl. BVerfGE 7, 377, 408 = NJW 1958, 1035, 1038; Scholz in Maunz/Dürig, GG, Art. 12 Rdn. 40 m.w.N.). Den Hörgeräteakustikern wird auch nicht ihre wirtschaftliche Existenz genom-
men. Es steht ihnen frei, Hörgeräte ebenfalls - sei es allein oder neben dem herkömmlichen Vertriebsweg - im verkürzten Versorgungsweg abzugeben.
III. Aus den vorstehend dargelegten Gründen ist auch der Klageantrag zu 2 abzuweisen. Das Berufungsgericht hat zudem unangegriffen festgestellt, daß die Beklagte den HNO-Ä rzten mit ihrem Rundschreiben nicht angekündigt oder zugesagt hat, für die im Klageantrag zu 1 bezeichneten Leistungen selbst eine Vergütung zu zahlen.
IV. Mit dem Hilfsantrag zu 1 beantragt die Klägerin, die Beklagte zu verurteilen , Aufforderungen und Angebote wie in ihrem Rundschreiben vom 6. September 1996 an HNO-Ä rzte zu richten, ohne diese darauf hinzuweisen, daß gegenüber den Patienten eine Aufklärung zu erfolgen hat, daß dieselbe Versorgungsleistung auch durch alle Hörgeräteakustiker erbracht werden kann. Dieser Antrag ist schon deshalb unbegründet, weil die Beklagte nicht verpflichtet ist, ohne besonderen Anlaß die von ihr angesprochenen HNO-Ä rzte an ihre berufsrechtlichen Pflichten gegenüber den Patienten zu erinnern.
V. Mit ihrem Hilfsantrag zu 2 begehrt die Klägerin, die Beklagte zu verurteilen , die Behauptung zu unterlassen, es seien "alle rechtlichen Aspekte" der von ihr angebotenen Hörgeräte-Versorgung im verkürzten Versorgungsweg juristisch geprüft. Auch mit diesem Antrag kann die Klägerin nicht durchdringen. Es bedarf keiner Feststellung, ob vor dem Rundschreiben vom 6. September 1996 tatsächlich alle rechtlichen Gesichtspunkte des Angebots an die HNO-Ä rzte überprüft worden sind. Da der mit dem Rundschreiben angebotene Versorgungsweg - wie dargelegt - rechtlich nicht zu beanstanden ist, gibt es
keine Rechtsgrundlage für den in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch , der mit dem Hilfsantrag zu 2 geltend gemacht wird.
VI. Auf die Revision der Beklagten war danach das Berufungsurteil im Kostenpunkt und insoweit aufzuheben, als dieses zu ihrem Nachteil erkannt hat. Unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin war das landgerichtliche Urteil wiederherzustellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Pokrant
Büscher Raebel

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 275/99 Verkündet am:
15. November 2001
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Hörgeräteversorgung
Es ist ohne Hinzutreten besonderer Umstände nicht wettbewerbsrechtlich unlauter
, wenn ein HNO-Arzt seinen Patienten im Beratungsgespräch darauf hinweist
, daß dessen Versorgung mit einem Hörgerät nicht nur durch einen örtlichen
Hörgeräteakustiker durchgeführt werden kann, sondern auch - im sog.
verkürzten Versorgungsweg - durch einen auswärtigen Hörgeräteakustiker.
Dies gilt auch dann, wenn der Arzt für die ärztlichen Leistungen, die er im
Rahmen seiner Mitwirkung an der Versorgung im verkürzten Versorgungsweg
erbringt, eine gesonderte Vergütung erhält.
BGH, Urt. v. 15. November 2001 - I ZR 275/99 - OLG Frankfurt am Main in Kassel
LG Kassel
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. November 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Erdmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Pokrant, Dr. Büscher
und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 25. Zivilsenats in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 29. Oktober 1999 aufgehoben.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Kassel vom 17. November 1998 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger übt in mehreren Geschäften in K. und Umgebung das Handwerk eines Hörgeräteakustikers aus.
Die Beklagte ist HNO-Ärztin. Bis zum Jahr 1996 wurden ihre Patienten durchweg auf dem herkömmlichen Weg mit Hörgeräten versorgt. Nach der Feststellung des Grades der Hörschädigung, insbesondere mittels eines Audiogramms , verordnete die Beklagte ein Hörgerät. Mit dem Rezept suchte der Patient das Geschäft eines ortsansässigen Hörgeräteakustikers auf. Dies war häufig ein Geschäft des Klägers, das sich in demselben Gebäudekomplex wie die Praxis der Beklagten befindet. Der Hörgeräteakustiker nahm nach erneuten audiometrischen Messungen und der Auswahl eines Hörgeräts einen Ohrabdruck ab. Danach wurde ein Ohrpaßstück gefertigt, mit dem Hörgerät verbunden und dem Patienten angepaßt. Nach Feineinstellung des Gerätes begab sich der Patient erneut in die Praxis der Beklagten. Diese überprüfte die Funktionstüchtigkeit der Hörhilfe und erteilte die Freizeichnung. Bei Patienten mit gesetzlicher Krankenversicherung rechnete der Hörgeräteakustiker aufgrund der Freizeichnung die Hörhilfe mit der Krankenkasse ab; der Patient hatte gegebenenfalls eine Zuzahlung zu leisten.
Ein Teil der Patienten der Beklagten wird nunmehr unter ihrer Mitwirkung auf dem sog. verkürzten Versorgungsweg von der a. GmbH & Co. KG (im folgenden: a. ) versorgt. Diese hat dazu der Beklagten - wie auch den anderen an ihrem Versorgungssystem beteiligten HNO-Ärzten - einen Computer, der mit ihrem Betrieb verbunden werden kann, samt der erforderlichen Software zur Verfügung gestellt. Wenn die Beklagte festgestellt hat, daß
ein Patient eine Hörhilfe benötigt, erläutert sie ihm, daû er das Hörgerät bei einem ortsansässigen Hörgeräteakustiker oder - mit ihrer Mitwirkung - bei der a. beziehen könne. Entscheidet sich der Patient für eine Versorgung durch a. , nimmt die Beklagte den Ohrabdruck ab und übersendet diesen an a. . In deren Betrieb wird anhand des Ohrabdrucks das Ohrpaûstück gefertigt und - mit dem eingefügten Hörgerät - an die Beklagte zurückgesandt. Unter Mitwirkung eines - online zugeschalteten - Hörgeräteakustikers von a. nimmt die Beklagte nunmehr die Anpassung und Feinabstimmung des Hörgeräts mit Hilfe des Computers vor.
Für ihre Mitwirkung bei der Anpassung der Hörhilfe überweist a. der Beklagten für jedes versorgte Ohr 250 DM. Dabei handelt es sich um einen Teil des von den Krankenkassen an a. für jede Hörhilfe gezahlten Festbetrages.
Der Kläger ist der Ansicht, daû sich die Beklagte durch diese Art der Zusammenarbeit mit a. standeswidrig und deshalb wettbewerbswidrig verhält.
Der Kläger hat beantragt, 1. die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen , es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken folgende Handlungen vorzunehmen: - Vornahme audiometrischer Messungen zur Anpassung und Lieferung eines Hörgerätes, - Erstellen von Ohrabdrucken zur Anpassung und Lieferung eines Hörgerätes, - Anpassung (Feinanpassung) eines von der Firma a. GmbH & Co. KG, R. , gelieferten Hörgerätes,
- Übergabe und Einweisung von Patienten in den Gebrauch eines von der Firma a. GmbH & Co. KG, R. , gelieferten Hörgerätes und - Abgabe von Batterien, Hörgeräten sowie Auslage und Verteilung von Prospekten für die Firma a. GmbH & Co. KG, R. , - für die Erbringung der genannten Leistungen ein Honorar oder eine sog. Vergütung, insbesondere in Höhe von mindestens 250 DM, von Krankenkassen und/oder der Firma a. GmbH & Co. KG entgegenzunehmen; 2. festzustellen, daû die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den schon entstandenen und noch entstehenden Schaden durch die zu Ziffer 1 bezeichneten Handlungen zu ersetzen; 3. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen zu den unter Ziffer 1 bezeichneten Handlungen , und zwar insbesondere unter Angabe der Stückzahl und Herkunft der im eigenen oder fremden Namen verkauften bzw. angepaûten Hörgeräte, Hörgeräte-Batterien und sonstigem Zubehör , insbesondere der Firma a. GmbH & Co. KG, R. , der dabei erzielten Umsätze/Aufwandsentschädigungen sowie der betriebenen Werbung, insbesondere unter Angabe der ausgelegten Werbebroschüren der Firma a. GmbH & Co. KG, R. . Die Beklagte hat ihr Vorgehen bei der Versorgung ihrer Patienten mit Hörgeräten als rechtmäûig und sachgerecht verteidigt.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.
Das Berufungsgericht (OLG Frankfurt a.M. WRP 2000, 220) hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen; dabei hat es den Tenor des landgerichtlichen Urteils zum Zweck der Klarstellung wie folgt neu gefaût:
Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken in Zusammenarbeit mit der Firma a. GmbH & Co. KG, R. , folgende den Vertrieb der von dieser Firma hergestellten Hörhilfen fördernde Handlungen vorzunehmen: - Audiometrische Messungen zur Anpassung und Lieferung eines Hörgerätes, - Erstellen von Ohrabdrucken zum Anpassen und zur Lieferung eines Hörgerätes, - Anpassung (Feinanpassung) eines Hörgerätes, - Übergabe einer Einweisung der Patienten in den Gebrauch eines Hörgerätes und - Abgabe von Batterien, Hörgeräten sowie Auslage und Verteilung von Prospekten der Firma a. GmbH & Co. KG, R. , sowie - für die Erbringung der genannten Leistungen ein Honorar oder eine angemessene Vergütung, insbesondere in Höhe von mindestens 250 DM, von Krankenkassen und/oder der Firma a. GmbH & Co. KG entgegenzunehmen. Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat die mit der Klage beanstandete Zusammenarbeit der Beklagten mit der a. als wettbewerbswidrig im Sinne des § 1 UWG angesehen, weil die Beklagte ihr Vertrauensverhältnis zu den Patienten und ihre fachärztliche Autorität ausnutze, um den Vertrieb der von a. hergestellten Hörhilfen zu fördern und ihre eigenen Einnahmen zu steigern. Es bestehe kein Zweifel, daû sich Patienten der Beklagten auf deren Hinweis, sie könnten in
ihrer Praxis mit Hörhilfen von a. versorgt werden, für den verkürzten Versorgungsweg entschieden, weil sie aufgrund ihres Vertrauens zu der Beklagten als ihrer Ärztin glaubten, daû das dazu angebotene Hörgerät zu ihrer Versorgung besonders geeignet sei. Das Vorbringen der Beklagten, sie unterrichte die Patienten über die verschiedenen Versorgungsmöglichkeiten und empfehle nicht die Versorgung mit Hörhilfen von a. , stehe der Annahme einer wettbewerbswidrigen Ausnutzung ihrer Vertrauens- und Autoritätsstellung nicht entgegen. Es könne nämlich nicht davon ausgegangen werden, daû die Patienten unter den dargestellten Möglichkeiten unbeeinfluût wählten. Selbst wenn ihnen gesagt werden sollte, daû ortsansässige Hörgeräteakustiker Hörhilfen von gleicher Qualität herstellen könnten wie a. , wähle ein nicht unerheblicher Teil - bei der Beklagten jährlich mehr als 50 Patienten - die Versorgung mit Hörhilfen von a. , weil die Beklagte daran mitwirke. Für die in aller Regel älteren Patienten könne dabei der Wegfall von Laufereien mitbestimmend sein.
Durch die Mitwirkung der Beklagten an ihrem Versorgungssystem erlange a. einen wettbewerbswidrigen Vorsprung vor den ortsansässigen Hörgeräteakustikern. Die Patienten würden sich in nicht unerheblicher Zahl wegen des Vertrauensverhältnisses zur Beklagten und wegen der Bequemlichkeit des "kurzen Weges" für die Versorgung mit Hörgeräten von a. entscheiden. Diese erspare sich die Unterhaltung eines örtlichen Geschäftslokals und entsprechende Personalkosten, weil sie ihre Tätigkeit in ihrem Betrieb konzentrieren könne. Sie sei so eher in der Lage, Hörhilfen ohne oder mit geringer Zuzahlung an Kassenpatienten oder zu günstigeren Preisen an Patienten mit privater Krankenversicherung abzugeben.
Die Beklagte erlange auch selbst einen wirtschaftlichen Vorteil. Entgegen ihrem Vorbringen zahle ihr a. , nicht die jeweilige Krankenkasse den Be-
trag von 250 DM für jedes mit einer Hörhilfe versorgte Ohr. Dies ergebe sich schon daraus, daû dieser Betrag aus dem Festbetrag bezahlt werde, dena. von der gesetzlichen Krankenkasse als Entgelt für die Hörhilfe erhalte (z.B. aufgrund ihres Vertrages vom 18. Dezember 1996 mit den Betriebskrankenkassen Nordrhein-Westfalen). Die zusätzlichen Leistungen der Beklagten bei einer Versorgung im verkürzten Versorgungsweg seien Arbeiten eines Hörgeräteakustikers , keine ärztlichen Leistungen, die nach ärztlichem Gebührenrecht abgerechnet werden könnten.
Die Mitwirkung der Beklagten an der Versorgung durch a. sei auch nicht durch geringere finanzielle Belastungen der Krankenkassen oder der Patienten gerechtfertigt. Die Beklagte, die insofern als Ärztin darlegungspflichtig sei, habe auch keine sonstigen Umstände vorbringen können, die ausnahmsweise die Empfehlung eines bestimmten Hilfsmittels rechtfertigen könnten.
Die Beklagte sei verpflichtet, dem Kläger den Schaden zu ersetzen, der durch ihre wettbewerbswidrigen Handlungen entstanden sei. Zur Vorbereitung des Schadensersatzanspruchs habe die Beklagte die verlangte Auskunft zu erteilen.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Revisionsangriffe haben Erfolg.
1. Das Berufungsgericht hat den Unterlassungsantrag dahin ausgelegt, daû der Kläger nicht ein unbedingtes Verbot der einzelnen in seinem Antrag aufgeführten Handlungen begehrt, sondern nur für den Fall, daû diese dazu dienen, den Vertrieb der Hörhilfen von a. im verkürzten Versorgungsweg zu
fördern, und von den Krankenkassen und/oder a. vergütet werden. Diese Auslegung ist, wie sich aus der Klagebegründung ergibt, zutreffend.
Dagegen hat das Berufungsgericht in seinem Urteilsausspruch zu 1 zu Unrecht die im Unterlassungsantrag des Klägers benutzte Wendung "eine sogenannte Vergütung" durch die unbestimmte Wendung "eine angemessene Vergütung" ersetzt.
2. Das mit dem Klageantrag zu 1 angegriffene Verhalten verstöût entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht gegen § 1 UWG, weil die beanstandete Art und Weise der Zusammenarbeit der beklagten HNO-Ärztin mit a. nicht wettbewerbsrechtlich unlauter ist.

a) Den HNO-Ärzten ist es nicht verboten, Leistungen, wie sie in dem Klageantrag zu 1 genannt sind, als solche gegenüber Patienten zu erbringen. Dies hat der Senat bereits in seinem Urteil "Verkürzter Versorgungsweg" (Urt. v. 29.6.2000 - I ZR 59/98, GRUR 2000, 1080, 1081 = WRP 2000, 1121), das beiden Parteien bekannt ist, dargelegt.

b) Entgegen der Beurteilung des Berufungsgerichts nutzt die Beklagte nicht bereits dadurch, daû sie mit a. zusammenarbeitet, ihr Vertrauensverhältnis zu ihren Patienten und ihre fachärztliche Autorität aus, auch wenn sie dadurch den Umsatz von a. mit Hörgeräten fördert und ihre eigenen Einnahmen vermehrt.
(1) Weder den Feststellungen des Berufungsgerichts noch dem unstreitigen Sachverhalt ist zu entnehmen, daû die Beklagte ihren Patienten ausdrücklich die Versorgung mit Hörgeräten von a. unter ihrer Mitwirkung emp-
fiehlt. Es kommt hier deshalb nicht darauf an, daû auch ein solches Vorgehen nicht allgemein wettbewerbswidrig wäre (vgl. dazu auch BGH GRUR 2000, 1080, 1083 - Verkürzter Versorgungsweg). Nach dem Tatbestand des Berufungsurteils ist es unstreitig, daû die Beklagte Patienten, bei denen sie die Notwendigkeit der Versorgung mit einer Hörhilfe festgestellt hat, lediglich erläutert , daû die Hörhilfe bei einem ortsansässigen Hörgeräteakustiker oder mit ihrer Mitwirkung von a. bezogen werden könne. Die Annahme des Berufungsgerichts , bereits darin liege eine Ausnutzung des Vertrauens der Patienten in ihre fachärztliche Befähigung und Objektivität, die ein allgemeines Verbot der Zusammenarbeit mit a. rechtfertige, ist unbegründet.
Ein Vertrauensmiûbrauch scheidet bei einem solchen Vorgehen von vornherein stets aus, wenn sich ein Patient unbeeinfluût von der Beklagten dafür entscheidet, sich mit einem Hörgerät von a. versorgen zu lassen. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist aber ohne Hinzutreten besonderer Umstände auch dann kein Vertrauensmiûbrauch gegeben, wenn sich Patienten nach dem Beratungsgespräch für eine Hörhilfe von a. entscheiden und dies tun, weil sie der Beklagten vertrauen und glauben, besonders gut versorgt zu werden, wenn die Beklagte an der Hörgeräteversorgung mitwirkt.
Das Berufungsgericht berücksichtigt bei seiner anderen Beurteilung auch nicht, daû es nicht nur gerechtfertigt, sondern sogar dringend geboten sein kann, daû die Beklagte Patienten die Möglichkeit aufzeigt, sich durch sie selbst in Zusammenarbeit mit einem nicht ortsansässigen Hörgeräteakustiker versorgen zu lassen. Dies kann etwa der Fall sein bei einer besonderen Gehbehinderung des Patienten oder bei einem fachlich oder wirtschaftlich besseren Angebot des nicht ortsansässigen Hörgeräteakustikers (z.B. bei besserer Eignung des Hörgeräts oder günstigerem Preis). In diesem Sinn können auch
die Angebote von a. allgemein oder im Einzelfall den Angeboten ortsansässiger Hörgeräteakustiker vorzuziehen sein. Die Vorteile des verkürzten Versorgungsweges gegenüber der herkömmlichen Art und Weise der Versorgung (z.B. Wegfall der Wege zu einem ortsansässigen Hörgeräteakustiker, Einsparung der Kosten des Hörgeräteakustikers für einen Betrieb am Ort), sprechen zudem - anders als das Berufungsgericht gemeint hat - nicht gegen, sondern für die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit eines Hinweises auf diese Möglichkeit. Es ist nicht Aufgabe des Wettbewerbsrechts zu verhindern, daû Vorteile, die sich aus einer gröûeren Bequemlichkeit eines bestimmten Versorgungsweges oder aus Kostenvorteilen eines Anbieters ergeben, im Wettbewerb eingesetzt werden können. Ein Wettbewerbsvorsprung, der sich aus solchen Vorteilen ergibt, ist nicht nur wettbewerbsrechtlich unbedenklich, sondern vielmehr im Interesse der Entwicklung zu einer insgesamt besseren Versorgung der Patienten erwünscht.
(2) Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts miûbraucht die Beklagte auch nicht deshalb das Vertrauen ihrer Patienten, weil sie für ihre Mitwirkung bei der Hörgeräteversorgung 250 DM für jedes versorgte Ohr erhält.
Einem Arzt ist es allerdings nicht gestattet, sich für die Zuweisung von Patienten ein Entgelt versprechen oder gewähren zu lassen (vgl. § 31 der Berufsordnung der Ärztinnen und Ärzte in Hessen, HÄBl. 1998, Nr. 10 S. I). Ein solcher Fall ist hier jedoch nicht gegeben. Die Beklagte erhält die Vergütung für ihre zusätzlichen ärztlichen Tätigkeiten. Nach dem unstreitigen Tatbestand des Berufungsurteils überweist a. den Betrag von 250 DM für jedes versorgte Ohr für die Mitwirkung der Beklagten bei der Anpassung der Hörhilfe. Ohne die ärztlichen Tätigkeiten der Beklagten könnte a. Patienten im verkürzten Versorgungsweg auch nicht versorgen. Es ist weder festgestellt noch von der Re-
visionserwiderung mit Verfahrensrügen geltend gemacht, daû die Vergütung unangemessen sei. Unter diesen Umständen kommt es auf die Frage, ob die von a. ausgezahlte Vergütung wirtschaftlich von diesem Unternehmen getragen wird oder von den Krankenkassen, letztlich nicht an. Ebenso ist es für die Entscheidung unerheblich, ob die Beklagte bei der Erbringung ihrer ärztlichen Leistungen Vertragspartnerin von a. oder der Krankenkassen ist. In jedem Fall wird die Zahlung nicht als eine verdeckte Provision für die Beauftragung von a. geleistet, sondern als Entgelt für ärztliche Tätigkeiten.
Die Annahme des Berufungsgerichts, daû die Zahlung von 250 DM für jedes versorgte Ohr wirtschaftlich von a. geleistet werde, ist zudem nicht rechtsfehlerfrei begründet. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts spricht der Vertrag des Landesverbandes der Betriebskrankenkassen NordrheinWestfalen vom 18. Dezember 1996 dafür, daû die Vergütung der HNO-Ärzte, die mit a. zusammenarbeiten, letztlich von den Krankenkassen getragen wird. In § 12 Abs. 2 und 3 dieses Vertrages ist geregelt, daû sich a. als Leistungserbringer bei der medizinischen Ohrabdrucknahme und der Eingliederung des angepaûten Hörgerätes eines HNO-Arztes bedient. In einem solchen Fall wird nach dem Vertrag von der Krankenkasse ein Honorar für ärztlichen Aufwand in Höhe von grundsätzlich 250 DM für jedes versorgte Ohr gezahlt, das aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung über a. auszuzahlen ist. Nach § 12 Abs. 4 des Vertrages ist a. weiterhin verpflichtet, den HNO-Ärzten ihrerseits keine Vergütungen oder sonstigen geldwerten Vorteile zukommen zu lassen.
Ein Patient, dem die Beklagte im Beratungsgespräch die Möglichkeit einer Versorgung im verkürzten Versorgungsweg unter ihrer Mitwirkung darstellt, kann auch nicht im Unklaren darüber sein, daû die Beklagte aufgrund dieser Wahl zusätzliche Leistungen (wie die Abnahme des Ohrabdrucks und erwei-
terte audiometrische Messungen) zu erbringen hat, die ihr dann - wie allgemein bekannt - auch gesondert zu vergüten sind. Ein mögliches Eigeninteresse der Beklagten bleibt dem Patienten daher nicht verborgen (vgl. BGH GRUR 2000, 1080, 1083 - Verkürzter Versorgungsweg).

c) Anderweitige Umstände, aus denen sich ergeben könnte, daû die Zusammenarbeit der Beklagten mit a. grundsätzlich wettbewerbswidrig ist, sind nicht festgestellt. Der Unterlassungsantrag stellt auf solche Umstände auch nicht ab. Es wäre zudem mit der Freiheit der Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG) unvereinbar, der Beklagten uneingeschränkt zu verbieten, mit a. bei der Versorgung von Patienten im verkürzten Versorgungsweg zusammenzuarbeiten - und dies selbst für Fälle, in denen Patienten eine solche Versorgung ausdrücklich wünschen. Die bloûe Möglichkeit, daû die Beklagte Patienten im Beratungsgespräch in wettbewerbswidriger Weise zugunsten von a. beeinfluût, rechtfertigt ein allgemeines Verbot ebensowenig wie der Umstand, daû die Beklagte bei Einschaltung von a. eine sonst nicht gegebene Verdienstmöglichkeit hat (vgl. dazu auch BGH GRUR 2000, 1080, 1082 - Verkürzter Versorgungsweg).
Abweichend von der Ansicht des Berufungsgerichts ist es auch nicht Sache des Arztes, dem eine wettbewerbswidrige Empfehlung eines Hilfsmittelerbringers vorgeworfen wird, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, daû seine Empfehlung sachlich begründet war. Das gilt selbst dann, wenn der Arzt ein wirtschaftliches Eigeninteresse hat. Auch in einem solchen Fall liegt die Darlegungs- und Beweislast bei demjenigen, der wettbewerbsrechtliche Ansprüche geltend macht.
3. Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, daû nicht nur der geltend gemachte Unterlassungsantrag, sondern auch die Anträge auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten und auf ihre Verurteilung zur Auskunftserteilung unbegründet sind.
III. Auf die Revision der Beklagten war danach das Berufungsurteil aufzuheben und das landgerichtliche Urteil abzuändern. Die Klage war abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Pokrant
Büscher Schaffert

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 252/02 Verkündet am:
2. Juni 2005
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Aktivierungskosten II
Wird für einen Bestandteil eines Kopplungsangebots mit einem besonders
günstigen Preis geworben, muss der Preis für die anderen Bestandteile des
Angebots in der Werbung deutlich kenntlich gemacht werden (im Anschluss an
BGHZ 139, 368 – Handy für 0,00 DM). Im Rahmen eines Angebots für ein Mobiltelefon
und einen Netzkartenvertrag dürfen für die Freischaltung des Kartenvertrags
anfallende Aktivierungskosten nicht zwischen untergeordneten Informationen
versteckt sein.
BGH, Urt. v. 2. Juni 2005 – I ZR 252/02 – OLG München
LG Kempten
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. Juni 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant, Prof. Dr. Meier-Beck und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 25. Juli 2002 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) – Kammer für Handelssachen – vom 5. September 1996 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten der Rechtsmittel zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet der Unterhaltungselektronik einschließlich des Vertriebs von Mobiltelefonen mit entsprechenden Netzkartenverträgen.
2
Am 30. November 1995 warb die Beklagte in der Allgäuer Zeitung für ein Mobiltelefon der Marke Bosch zu einem Preis von 1 DM bei gleichzeitigem Abschluss eines Netzkartenvertrages. Bei der Preisangabe findet sich ein Sternchen , das auf ein Kästchen mit weißer Schrift auf schwarzem Grund verweist. Dort wird darauf hingewiesen, dass „dieser Preis” nur in Verbindung mit dem Abschluss eines Netzkartenvertrages gelte. Es folgt dann eine Übersicht über die Tarife (Grundpreise, Minutenpreise, monatlicher Mindestgesprächsumsatz), wobei sich hinter den Angaben zum Geschäfts- und zum Freizeittarif ein weiteres Sternchen befindet. Am unteren Ende des Kastens findet sich eine mit einem Stern eingeleitete Fußnote, in der es in noch einmal kleinerer Schriftgröße heißt: Geschäftstarif in der Zeit Mo-Fr 7.00-20.00 Uhr; Freizeittarif in der übrigen Zeit sowie an bundesweiten Feiertagen. Alle Preise in DM inkl. Mehrwertsteuer. Einmalige Aktivierungskosten 12 Monatsvertrag DM 49.- für alle Tarife.
3
Nachstehend ist ein Ausschnitt aus der fraglichen Anzeige (in schwarzweiß ) wiedergegeben:
4
Die Klägerin hat diese Werbung unter dem Gesichtspunkt eines übertriebenen Anlockens nach § 1 UWG a.F. als wettbewerbswidrig beanstandet. Ferner hat sie sich auf einen Verstoß gegen die Zugabeverordnung berufen und die Darstellung der Bedingungen des Kartenvertrages als irreführend gerügt.
5
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in Werbeanzeigen , Zeitungsinseraten und ähnlichem für den Verkauf von Handys zu werben, die zu dem beworbenen Preis nur bei Freischaltung eines Netzkartenvertrages abgegeben werden – wie geschehen in der Allgäuer Zeitung vom 30. November 1995 –, wenn für das Handy ein Preis von 1 DM gefordert wird.
6
Das Landgericht hat der Klage mit der Begründung stattgegeben, in der beanstandeten Werbung liege ein Verstoß gegen die Zugabeverordnung und gegen das Irreführungsverbot des § 3 UWG a.F. Das Berufungsgericht hat einen Verstoß gegen die Zugabeverordnung verneint, die Verurteilung jedoch mit der Begründung bestätigt, die Werbung verstoße unter dem Gesichtspunkt eines übertriebenen Anlockens gegen § 1 UWG a.F. Im ersten Revisionsverfahren hat der Bundesgerichtshof dieses Urteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, zurückverwiesen (BGH, Urt. v. 7.6.2001 – I ZR 210/97). Einen Wettbewerbsverstoß nach § 1 UWG a.F. unter dem Gesichtspunkt des übertriebenen Anlockens hat der Bundesgerichtshof verneint; die Zurückverweisung war erforderlich, weil keine Feststellungen zur konkreten Werbeanzeige getroffen worden waren – die beanstandete Anzeige war nur in einer stark verkleinerten, in Teilen unleserlichen Kopie vorgelegt worden – und sich deshalb in der Revisionsinstanz nicht klären ließ, ob in der beanstandeten Anzeige hinreichend auf die Konditionen des Netzkartenvertrags hingewiesen worden war.
7
Im wiedereröffneten Berufungsverfahren, in dem eine (gut lesbare) Kopie der beanstandeten Anzeige vorgelegt und auf die im ersten Revisionsverfahren vorgelegte Originalwerbung Bezug genommen worden ist, hat die Klägerin an ihrem Klageantrag festgehalten. Mit dem zweiten Berufungsurteil hat das Berufungsgericht das Urteil des Landgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die (vom Senat zugelassene) Revision der Klägerin, mit der sie ihren Klageantrag weiterverfolgt. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


8
I. Das Berufungsgericht hat einen Anspruch der Klägerin aus § 3 UWG a.F. und aus § 1 UWG a.F. i.V. mit § 1 Abs. 1, 2 und 6 PAngV verneint. Zur Begründung hat es ausgeführt:
9
Zwar sei der Bundesgerichtshof in dem ersten Revisionsurteil davon ausgegangen , dass die Klägerin die konkret bezeichnete Anzeige als irreführend und als Verstoß gegen die Gebote der Preisangabenverordnung beanstandet habe. Hieran bestünden indessen erhebliche Zweifel. Denn die Klägerin habe in der Klageschrift ausdrücklich nur auf einen Verstoß nach § 1 UWG (a.F.) und nach § 1 ZugabeVO Bezug genommen und zudem als Gegenstand des Verfahrens allein die unlautere Verknüpfung von Mobiltelefon und Kartenvertrag wie in der beanstandeten Anzeige bezeichnet. Dass es der Klägerin allein um die Verknüpfung von Mobiltelefon und Kartenvertrag gegangen sei, ergebe sich auch aus dem Klageantrag, der nach seiner Formulierung einen Verstoß gegen § 3 UWG (a.F.) oder gegen die Preisangabenverordnung nicht erfasse. Erfolge gleichwohl eine Verurteilung nach diesem Antrag, werde der Beklagten ein Verhalten untersagt, dass der Bundesgerichtshof im ersten Revisionsurteil ausdrücklich für zulässig erachtet habe. An diese Rechtsauffassung sei das Berufungsgericht gebunden. Da die Klägerin – im Hinblick auf die erhobene Verjährungseinrede – keinen auf den Vorwurf der Irreführung und des Verstoßes gegen die Preisangabenverordnung gerichteten Antrag gestellt, vielmehr an dem ursprünglichen Antrag festgehalten habe, bestehe keine Möglichkeit, den Antrag in dem Sinne zu interpretieren, dass eine Irreführung oder ein Verstoß gegen die Preisangabenverordnung untersagt werden solle.
10
Falls der Bundesgerichtshof sich durch den Vortrag in der Berufungserwiderung dazu veranlasst gesehen habe, eine unzureichende Preisangabe als Streitgegenstand zu betrachten, stehe dem die von der Beklagten erhobene Verjährungseinrede entgegen. Zwar könne die Klageerhebung die Verjährung nach § 209 BGB a.F. auch hinsichtlich kerngleicher Verletzungsformen unterbrechen ; konkrete Verletzungsform sei hier aber die Kombination aus Kartenvertrag und Kauf eines Mobiltelefons. Der davon zu unterscheidende Streitgegenstand einer Irreführung und eines Verstoßes gegen die Preisangabenverordnung sei erst nach Erlass des ersten Revisionsurteils in das Verfahren eingeführt worden.
11
Schließlich fehle es im Streitfall aber auch an einer Irreführung und an einem Verstoß gegen die Preisangabenverordnung. Der Durchschnittsverbraucher nehme den Inhalt des Kastens zur Kenntnis und werde daher auch auf die Preise aufmerksam gemacht.
12
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückweisung der Berufung.
13
1. Die Revision rügt mit Erfolg, dass das Berufungsgericht den Streitgegenstand unzutreffend bestimmt hat. Bereits der Antragswortlaut deutet darauf hin, dass Gegenstand des Unterlassungsantrags die konkrete, von der Klägerin beanstandete Werbeanzeige war (dazu a). Der Lebenssachverhalt, den die Klägerin in der Klageschrift zur Begründung ihres Antrags vorgetragen hat, lässt keinen Zweifel daran, dass Gegenstand des Streits auch der Vorwurf war, die Beklagte habe nicht hinreichend deutlich auf die den Verbraucher belastenden Preisbestandteile hingewiesen (dazu b). Deren rechtliche Beurteilung obliegt nicht den Parteien, sondern allein dem Gericht (dazu c).
14
a) Der Senat hat bereits im ersten Revisionsurteil (BGH, Urt. v. 7.6.2001 – I ZR 210/97, Umdruck S. 4/5) deutlich gemacht, dass Gegenstand des mit der Klage geltend gemachten Unterlassungsantrags die konkrete Verletzungsform ist. Der Klageantrag enthält zwar eine abstrakte Umschreibung (Angebot eines Mobiltelefons für 1 DM, das an den gleichzeitigen Abschluss eines Netzkartenvertrags gekoppelt ist), die – für sich genommen – noch offen ließe, ob Anzeigen , die diese Merkmale aufweisen, stets untersagt werden sollen. Der Antrag wird aber im Streitfall durch den konkretisierenden Hinweis „... wie geschehen in der Allgäuer Zeitung vom 30.11.1995 ...” näher bestimmt; dies deutet darauf hin, dass eine Werbeanzeige untersagt werden soll, die neben den abstrakt umschriebenen Merkmalen noch eine Reihe weiterer Eigenschaften aufweist (vgl. BGH, Urt. v. 7.6.2001 – I ZR 115/99, GRUR 2002, 177, 178 = WRP 2001, 1182 – Jubiläumsschnäppchen). Anders als Antragsfassungen, die die konkrete Verletzungsform – etwa eingeleitet durch die Wörter „insbesondere wie“ – nur als Beispiel heranziehen (dazu BGH, Urt. v. 8.10.1998 – I ZR 94/97, WRP 1999, 509, 511 – Kaufpreis je nur 1 DM; Urt. v. 8.10.1998 – I ZR 107/97, WRP 1999, 512, 515 – Aktivierungskosten), wird durch die unmittelbare Bezugnahme auf die konkrete Werbeanzeige mit dem Vergleichspartikel „wie“ in der Regel deutlich gemacht, dass Gegenstand des Antrags allein die konkrete Werbeanzeige sein soll, wobei die abstrakt formulierten Merkmale die Funktion haben mögen, den Kreis der Varianten näher zu bestimmen, die von dem Verbot als kerngleiche Verletzungsformen erfasst sein sollen. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts entspricht die Antragsfassung in diesem Punkt der Antragstellung , über die der Senat in der Entscheidung „Handy für 0,00 DM“ (BGHZ 139, 368, 370) zu befinden hatte.
15
b) Allerdings bestimmt sich der Streitgegenstand nicht allein durch den Antrag, sondern auch durch den zur Begründung vorgetragenen Lebenssachverhalt (vgl. BGH, Urt. v. 8.6.2000 – I ZR 269/97, GRUR 2001, 181, 182 = WRP 2001, 28 – dentalästhetika, m.w.N.). Mit Recht rügt die Revision, dass das Berufungsgericht das Klagevorbringen nicht erschöpfend gewürdigt und nicht hinreichend beachtet hat, dass die Klägerin bereits in der Klageschrift auch und gerade die unzureichende Information über die belastenden Preisbestandteile beanstandet und zum Gegenstand ihrer Klage gemacht hat. Dieses Vorbringen hat bereits dem Landgericht Anlass gegeben, das ausgesprochene Verbot (auch) auf eine irreführende Werbung nach § 3 UWG a.F. zu stützen.
16
Die Klägerin hat im vorliegenden Rechtsstreit von Anfang an unmissverständlich vorgetragen, dass die Verbraucher durch die Preiswerbung der Beklagten irregeführt werden. So heißt es in der Klageschrift, dass die Werbung für das Mobiltelefon mit dem groß herausgestellten Preis von 1 DM als Lockmittel diene, „um von den Folgekosten für den Kartenvertrag abzulenken bzw. diese herunterzuspielen“. Das Wettbewerbswidrige liege dabei darin, „dass die so gut wie unentgeltliche Abgabe des Handys in der Werbung in den Vordergrund gestellt wird und dadurch die angesprochenen Verbraucher von den damit verbundenen erheblichen Folgekosten abgelenkt werden“. Der Verbraucher gehe beim Abschluss eines Kartenvertrages „eine vielfach höhere Verpflichtung ein, als dies der isolierte Preis für das Handy … erahnen lässt“. Es gehe im vorliegenden Verfahren „nicht darum, die Vertriebsform ‚Abgabe von Mobiltelefonen bei gleichzeitiger Freischaltung eines Kartenvertrages’ grundsätzlich zu beschränken“. Gegenstand des Verfahrens sei „allein die unlautere Verknüpfung von Handy und Kartenvertrag, wie sie von der Beklagten in den streitgegenständlichen Werbungen vorgenommen worden ist“. „Durch die Hervorhebung des Handys und dessen Scheinpreis ohne gleichzeitig entsprechend deutlich auf die notwendigerweise anfallenden Kartenvertragskosten hinzuweisen“, schaffe die Beklagte einen übergroßen Kaufanreiz. Die Höhe der anfallenden Kosten werde vertuscht; die Hauptkosten für den Kartenvertrag blieben im Dunkeln ; sie würden zielgerichtet verschleiert. Nur der Scheinpreis für die Zugabe werde blickfangmäßig hervorgehoben; gerade darin liege die wettbewerbswidrige Lockvogelwirkung der Werbung. Der Hinweis auf den Kartenvertrag und seine Kosten befinde sich „in winziger Schrift in einem separaten Kasten, auf welchen … lediglich mit einem klein gehaltenen sog. Sternchen (*) hingewiesen wird“. Eine hinreichend deutliche Bezugnahme auf den Kartenvertrag und dessen Bedingungen könne darin nicht gesehen werden. Es gehe nicht darum, einen Mindestpreis für Mobiltelefone festzulegen. Das Mobiltelefon könne sehr wohl als Zugabe abgegeben werden, „wenn in der Werbung die Kartenvertragsbedingungen zutreffend und hinreichend dargestellt werden“.
17
c) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist es ohne Bedeutung, dass die Klägerin in ihrem Klagevorbringen weder § 3 UWG a.F. noch die hier ebenfalls einschlägigen Vorschriften der Preisangabenverordnung angeführt hat und dass sie die oben zitierten Ausführungen zu einer Preisverschleierung in den rechtlichen Zusammenhang eines übertriebenen Anlockens nach § 1 UWG a.F. und eines Verstoßes gegen die Zugabeverordnung gestellt hat. Die rechtliche Würdigung eines vorgetragenen Sachverhalts obliegt allein dem Gericht. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die meisten wettbewerbsrechtlichen Tatbestände die Darstellung eines entsprechenden Lebenssachverhalts voraussetzen. So setzt die Annahme einer Irreführung voraus, dass eine entsprechende Fehlvorstellung der angesprochenen Verkehrskreise vorgetragen worden ist (vgl. BGH GRUR 2001, 181, 182 f. – dentalästhetika). Für einen Verstoß gegen die Preisangabenverordnung muss als Lebenssachverhalt eine unzureichende Preisinformation der Verbraucher vorgetragen worden sein. Diese Voraussetzungen sind indessen im Streitfall – wie dargelegt – erfüllt.
18
2. Hinsichtlich der beanstandeten Anzeige steht der Klägerin als betroffener Mitbewerberin entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ein Unterlassungsanspruch zu, weil die beanstandete Werbung nicht hinreichend deutlich darauf hinweist, dass mit dem Erwerb des Mobiltelefons, das nahezu unentgeltlich abgegeben werden soll, nicht nur der Abschluss eines Netzkartenvertrags, sondern auch einmalige Aktivierungskosten verbunden sind. Dieser Anspruch ergibt sich nach neuem Recht aus § 8 Abs. 1 Satz 1, §§ 3, 4 Nr. 1, § 5 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 1 Abs. 2 und 6 PAngV.
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a) Nachdem das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 (BGBl. I S. 1414) am 8. Juli 2004 in Kraft getreten ist, ist der in die Zukunft gerichtete Unterlassungsantrag auch nach neuem Recht zu beurteilen, wobei die neue gesetzliche Grundlage nicht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung des Streitfalls führt als vor dem Inkrafttreten des Gesetzes.
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b) Das Berufungsgericht hat bei seiner Annahme, der Durchschnittsverbraucher werde die Preisangaben in dem schwarzen Kasten sorgfältig lesen, so dass eine Irreführung ausgeschlossen sei, nicht hinreichend berücksichtigt, dass die Anforderungen, die im Hinblick auf das Irreführungsverbot sowie auf das Gebot der Preisklarheit und Preiswahrheit (§ 1 Abs. 6 PAngV) an die Transparenz von Preisangaben zu stellen sind, nicht einheitlich bestimmt werden können. Bei dem Angebot der Beklagten handelt es sich um ein Kopplungsangebot , das hinsichtlich der Preisangaben einer besonderen Missbrauchskontrolle unterliegt. Denn von solchen Angeboten geht häufig die Gefahr aus, dass über den tatsächlichen Wert des Angebots getäuscht oder doch unzureichend informiert wird. Eine solche Gefahr besteht namentlich dann, wenn ein Teil des gekoppelten Angebots in der Werbung blickfangmäßig als besonders günstig herausgestellt wird (vgl. BGHZ 139, 368, 376 f. – Handy für 0,00 DM; 151, 84, 89 – Kopplungsangebot I; BGH, Urt. v. 13.6.2002 – I ZR 71/01, GRUR 2002, 979, 981 = WRP 2002, 1259 – Kopplungsangebot II; Urt. v. 7.6.2001 – I ZR 157/98, GRUR 2002, 287, 288 = WRP 2002, 94 – Widerruf der Erledigungserklärung; Köhler in Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht , 23. Aufl., § 4 UWG Rdn. 1.65; Bornkamm in Baumbach/Hefermehl aaO § 5 UWG Rdn. 7.33; Dreyer in Harte/Henning, UWG, § 5 Rdn. 204). Insbesondere ist es wettbewerbswidrig, wenn in einem derartigen Fall Hinweise auf Belastungen , die den herausgestellten günstigen Preis unmittelbar relativieren, weder am Blickfang teilnehmen noch sonst hervorgehoben dargestellt sind.
21
Die Beklagte stellt in ihrer Werbung blickfangmäßig heraus, dass ein Teil des einheitlichen, aus Mobiltelefon und Netzzugang bestehenden Angebots nahezu unentgeltlich (für 1 DM) abgegeben wird. Eine solche Angabe ist jedoch unvollständig, wenn nicht gleichzeitig die Preisbestandteile, die auf den Netzkartenvertrag entfallen, in der Werbung so dargestellt werden, dass sie dem blickfangmäßig herausgestellten Preis für das Mobiltelefon eindeutig zugeordnet sowie leicht erkennbar und deutlich lesbar sind (BGHZ 139, 368, 376 – Handy für 0,00 DM; BGH WRP 1999, 512, 516 – Aktivierungskosten; vgl. auch BGH, Urt. v. 8.7.2004 – I ZR 142/02, GRUR 2004, 961, 963 = WRP 2004, 1479 – Grundeintrag Online). Aus der Sicht des Verbrauchers gliedern sich die Preisbestandteile in sofort zu zahlende Entgelte, in verbrauchsunabhängige, monatlich zu zahlende Entgelte und in verbrauchsabhängige Entgelte. Kosten für die Aktivierung des Kartenvertrags stehen im Rahmen des Kopplungsangebots auf derselben Ebene wie der Preis für das Telefon, weil sie sofort zu zahlen sind. Wirtschaftlich macht es keinen Unterschied, ob ein Telefon für 1 DM abgegeben und für die Aktivierung des Netzkartenvertrags 49 DM berechnet werden oder ob für das Telefon 50 DM berechnet und keine Aktivierungskosten verlangt werden.
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Die Beklagte hätte daher – wenn nicht im Blickfang – zumindest in hervorgehobener Weise in dem schwarzen Kasten auf die Aktivierungskosten hinweisen müssen. Dies ist nicht geschehen. Vielmehr findet sich der Hinweis auf diese Kosten versteckt in einer Fußnote, in der definiert ist, was unter dem Geschäfts - und dem Freizeittarif zu verstehen ist, und in der klargestellt wird, dass die angegebenen Preise die Mehrwertsteuer enthalten.
23
III. Danach ist das angefochtene Urteil aufzuheben. Die Berufung der Beklagten gegen die antragsgemäße Verurteilung ist zurückzuweisen. Nunmehr liegt die Originalanzeige vor und hat Eingang in den Tatbestand dieses Urteils gefunden. Daraus sowie aus den Entscheidungsgründen dieses Urteils wird hinreichend deutlich, worauf sich das Unterlassungsgebot stützt.
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann Bornkamm Pokrant
Meier-Beck Schaffert
Vorinstanzen:
LG Kempten, Entscheidung vom 05.09.1996 - 1 HKO 1169/96 -
OLG München, Entscheidung vom 25.07.2002 - 6 U 5731/96 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 201/02 Verkündet am:
21. April 2005
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Quersubventionierung von Laborgemeinschaften
UWG §§ 3, 4 Nr. 1; MBO-Ä 1997 Kap. B § 31
Ein Laborarzt handelt unlauter i.S. von §§ 3, 4 Nr. 1 UWG, wenn er niedergelassenen
Ärzten die Durchführung von Laboruntersuchungen, di e diese selbst gegenüber
der Kasse abrechnen können, unter Selbstkosten in der Erwartung anbietet
, dass die niedergelassenen Ärzte ihm im Gegenzug Pati enten für Untersuchungen
überweisen, die nur von einem Laborarzt vorgenommen werden können.
Einem solchem Angebot unter Selbstkosten steht es gleich, wenn die günstigen
Preise für die von den niedergelassenen Ärzten abzurechnen den Laboruntersuchungen
dadurch ermöglicht werden, dass der Laborarzt einer von ihm betreuten
Laborgemeinschaft der niedergelassenen Ärzte freie Kapa zitäten seines Labors
unentgeltlich oder verbilligt zur Verfügung stellt (im Anschluss an BGH GRUR
1989, 758 = WRP 1990, 319 – Gruppenprofil).
BGH, Urt. v. 21. April 2005 – I ZR 201/02 – OLG Celle
LG Lüneburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. April 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die
Richter Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 18. Juli 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien sind Ärzte für Laboratoriumsmedizin (i m Folgenden: Laborärzte ). Die Kläger betreiben in Hamburg, die Beklagten in Bremerhaven jeweils eine entsprechende Gemeinschaftspraxis. Die Kläger wenden sich dagegen, dass sich die Beklagten mit einem Schreiben vom 13. April 2000 an niedergelassene Ärzte in Uelzen gewandt und Leistungen einer Arbeitsgemeinschaft Labor und Diagnostik zu Preisen angeboten haben, die unter den Sätzen des von den gesetzlichen Krankenkassen zugrunde gelegten einheitlichen Bewertungsmaßstabs und nach Darstellung der Kläger auch unter den Selbstkosten der Beklagten lagen.
Ärztliche Laborleistungen werden in der gesetzlichen Kra nkenversicherung – wie andere ärztliche Leistungen auch – nach einem einheitlichen Bewertungs-
maßstab (EBM) honoriert, den die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen durch Bewertungsausschüsse vereinbaren (§ 87 SGB V). Abschnitt O dieses einheitlichen Bewertungsmaßstabs regelt die Laboratoriumsuntersuchungen, und zwar unter I. und II. die allgemeinen und unter III. die speziellen Untersuchungen. Entsprechend wird allgemein nach O-I-, O-IIund O-III-Leistungen unterschieden: O-I- und O-II-Leistungen können auch niedergelassene Ärzte, die nicht Laborärzte sind (im Folgen den: niedergelassene Ärzte), selbst erbringen und gegenüber der Krankenkasse ab rechnen; O-III-Leistungen sind Laborärzten vorbehalten und können nur von diesen abgerechnet werden. Soweit niedergelassene Ärzte eigene Laborleistu ngen erbringen, tun sie dies in der Regel nicht in der eigenen Praxis. Vielmehr schließen sie sich zu Laborgemeinschaften zusammen. Diese Laborgemeinschaften sind häufig bei einer Laborarztpraxis angesiedelt, die für die ihr angeschlossenen niedergelassenen Ärzte die O-I- und O-II-Leistungen zu Selbstkosten erbr ingt. Soweit Untersuchungen der Kategorie O III erforderlich sind, müssen die niedergelassenen Ärzte die Patienten an einen Laborarzt überweisen. Ist bei dieser Laborarztpraxis eine Laborgemeinschaft angesiedelt, wird der Laborarzt in zwei Funktionen tätig: Zum einen erbringt er O-III-Leistungen aufgrund von Überweisungen von niedergelassenen Ärzten; zum zweiten betreibt er für die Laborgeme inschaft niedergelassener Ärzte das Labor, in dem die O-I- und O-II-Leistungen e rbracht werden. Auch bei der Gemeinschaftspraxis der Beklagten ist eine solche Laborgemeinschaft, die oben genannte Arbeitsgemeinschaft Labor und Diagnostik, angesiedelt. Die Beklagten sind – wie die ihr angehörenden niedergelassenen Ärzte – Gesellschafter dieser Gesellschaft bürgerlichen Rechts; in der Zeit, als das beanstandete Schreiben versandt wurde, waren sie auch deren Geschäftsführer.
Zwischen Laborärzten herrscht hinsichtlich der O-III-Leistungen ein reger Wettbewerb, der nicht zuletzt dadurch gefördert wird, dass viele Laborärzte ihre Leistungen nicht nur lokal, sondern regional oder gar überregional anbieten. Üblich ist, dass die Laborärzte die zu untersuchenden Proben bei den niedergelassenen Ärzten abholen lassen, ohne hierfür Kosten in Rechn ung zu stellen.
Die Kläger haben in der Versendung des Schreibens vom 13. April 2000 durch die Beklagten einen Wettbewerbsverstoß gesehen, und zwar unter dem Gesichtspunkt des übertriebenen Anlockens, der allgemeinen Marktstörung und des Rechtsbruchs. Bei dem Vorwurf des Rechtsbruchs geht es um das in allen ärztlichen Berufsordnungen enthaltene Provisionsverbot; danach dürfen Ärzte für die Zuweisung von Patienten oder Untersuchungsmaterial weder eine Gegenleistung gewähren noch sich selbst eine solche Gegenleistung gewähren lassen (vgl. die gleich lautenden Bestimmungen in § 31 der Berufsordnung der Ärztekammer Niedersachsen, in § 31 der Berufsordnung für Ärztinnen u nd Ärzte im Lande Bremen und in § 31 der Musterberufsordnung für die deutschen Ärztinnen und Ärzte in der Fassung der Beschlüsse des 100. Deutschen Ärztetages 1 997 in Eisenach – MBO-Ä 1997 –).
Die Kläger haben behauptet, die von den Beklagten angebotenen, die Sätze des einheitlichen Bewertungsmaßstabs unterschreitenden Preise für O-I- und O-IIUntersuchungen lägen unter den Selbstkosten. Der den niedergelassenen Ärzten hierdurch entstehende Gewinn – die der Laborgemeinschaft angeschlossenen niedergelassenen Ärzte werden für diese Leistungen von de n Krankenkassen nach dem einheitlichen Bewertungsmaßstab honoriert – werde den niedergelassenen Ärzten als verdeckter Vorteil zugewendet, um sie dazu zu bewegen, ihnen Patienten für O-III-Untersuchungen zu überweisen.
Soweit in der Revisionsinstanz noch von Bedeutung, haben die Kläger beantragt , es der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verbieten,
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs niedergelassenen Ärzten entweder selbst oder unter der Bezeichnung „Arbeitsgemeinschaft Labor und Diagnostik“ Laboruntersuchungen der Bereiche O I und O II zu Preisen anzubieten, die unterhalb der Honorarsätze für technische Laborleistungen der EBM liegen, und/oder für derartige Laboruntersuchungen Preise zu berechnen, die unterhalb der vorbezeichneten Honorarsätze liegen.
Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Beklagten dagegen antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt (OLG Celle GRUR-RR 2002, 336). Hiergegen richtet sich die (vom Senat zugelassene) Revision der Beklagten, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgen. Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat in dem Verhalten der beklagten Laborärzte ein übertriebenes Anlocken nach § 1 UWG (a.F.) gesehen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Das Angebot einzelner Waren oder Leistungen unter Einstandspreis sei zwar grundsätzlich nicht zu beanstanden. Sittenwidrig sei ein solches Verhalten erst, wenn besondere Umstände hinzuträten. Mit den Regeln des lauteren Wettbewerbs unvereinbar sei es, Nachfrager mit leistungsfremden Mitteln unzulässig zu beeinflussen. Wer Kunden durch übermäßige Kaufanreize anlocke und sie auf diese Weise davon abhalte, das gesamte Angebot sachgerecht und kritisch zu prüfen, handele wettbewerbswidrig. Dieser Tatbestand sei im Streitfall erfüllt. Der Kern des beanstandeten Verhaltens sei nicht die Preisunterbietung an sich, sondern das Unterbieten mit Hilfe von Quersubventionen, durch die die Nachfrage nach O-III-Leistungen angeregt werden solle. In den die Sätze des einheitlichen Bewertungsmaßstabes erheblich unterschreitenden Preisen der Beklagten liege ein starker Anreiz für die niedergelassenen Ärzte, Labo rleistungen der Kategorien O I und O II von der bei den Beklagten angesiedelten Arbeitsgemeinschaft ausführen zu lassen. Es liege nahe, dass viele Ärzte dann auch g leich Untersuchungen der Kategorie O III durch die in denselben Räumen beheimatete Gemeinschaftspraxis der Beklagten ausführen ließen, ohne weitere Angebote für solche Leistungen zu prüfen. Das gelte umso mehr, als Arbeitsgemeinschaft und Gemein-
schaftspraxis das Untersuchungsmaterial durch denselben für die Ärzte kostenlosen Fahrdienst abholen ließen.
Dass die von den Beklagten für O-I- und O-II-Leistungen verlangten Preise nicht leistungsgerecht seien, ergebe sich aus dem Vortrag der Kläger. Danach sei die Arbeitsgemeinschaft nur deswegen in der Lage, die – auf Selbstkostenbasis kalkulierten – Sätze des einheitlichen Bemessungsmaßstabs zu unterschreiten, weil sie von den Beklagten subventioniert werde. Dieses Vorbringen sei von den Beklagten nicht hinreichend substantiiert bestritten worden. Das von ihnen vorgelegte , ein ausgeglichenes Ergebnis bescheinigende Wirtschaftsprüfertestat sei unzureichend, weil das zugrunde liegende Zahlenwerk nicht im Einzelnen offen gelegt sei. Der Aufforderung, das Zahlenwerk darzustellen, seien die Beklagten in der hierfür gesetzten Frist nicht nachgekommen. In der anschließenden mündlichen Verhandlung hätten sie sich darauf berufen, es sei ihnen nicht zuzumuten, ihre Kalkulationsgrundlagen gegenüber den mit ihnen im Wettbewerb stehenden Klägern zu offenbaren; deshalb komme nur die Offenlegung gegenüber einem zur Verschwiegenheit verpflichteten Sachverständigen in Betracht. Das Zahlenwerk hätten sie aber im Termin nicht bereitgehalten. Unter diesen Umständen sei eine Vertagung nicht in Betracht gekommen. Auch wenn die Beklagten schon in erster Instanz darauf hingewiesen hätten, dass sie das entsprechende Zahlenwerk nur gegenüber einem vom Gericht bestimmten Sachverständigen offenbaren könnten, sei es nicht Sache des Gerichts gewesen, entsprechende Maßnahmen anzuordnen ; vielmehr hätten die Beklagten rechtzeitig entsprechende Maßnahmen zur Geheimhaltung des Zahlenwerks beantragen müssen.
Die Beklagten seien auch passivlegitimiert, weil sie als geschäftsführende Gesellschafter der Arbeitsgemeinschaft Labor und Diagnostik deren Preisgestaltung maßgeblich beeinflusst hätten. Durch ihre Abberufung als Geschäftsführer sei die Wiederholungsgefahr nicht entfallen.
II. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision nicht stand. Sie führen zur Aufhebung und Zurückverweisung.
1. Die Beurteilung des mit der Klage geltend gemachten Unterlassungsanspruchs richtet sich nach dem im Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Recht (vgl. BGHZ 158, 236, 245 – Internet-Versteigerung; BGH, Urt. v. 11.11.2004 – I ZR 213/01, GRUR 2005, 353, 354 – Testamentsvollstreckung durch Banken). Es sind daher die Bestimmungen des am 8. Juli 2004 in Kraft getretenen Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) vom 3. Juli 2004 (BGBl. I S. 1414) anzuwenden. Allerdings kann ein auf Wiederholungsgefahr gestützter Unterlassungsanspruch nur bestehen, wenn das beanstandete Verhalten auch zur Zeit der Begehung wettbewerbswidrig war.
2. Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Beklagten auf Unterlassung in Anspruch genommen werden können, wenn sich das beanstandete Verhalten als wettbewerbswidrig erweist. Für die Bejahung der Passivlegitimation bedarf es freilich nicht des Rückgriffs auf die Störerhaftung. Denn das beanstandete Schreiben ist von den Beklagten als den Geschäftsführern der Arbeitsgemeinschaft veranlasst worden. Daher steht ihre täterschaftliche Haftung in Rede.
3. Der Vorwurf, den die Kläger gegen die Beklagten erheben, richtet sich im Kern dagegen, dass die Beklagten den niedergelassenen Ä rzten für die Überweisung von Patienten für O-III-Untersuchungen eine Zuwendung gewähren, die darin liegt, dass den niedergelassenen Ärzten durch die vo n den Beklagten betreute Laborgemeinschaft (Arbeitsgemeinschaft Labor und Diagnostik) O-I- und OII -Untersuchungen zu Preisen angeboten werden, die unter den Selbstkosten liegen. Allerdings kommt dieser Vorwurf, insbesondere der Bezug zu der Überweisung von Patienten für O-III-Untersuchungen, in dem Unterlassungsantrag nur unvollkommen zum Ausdruck. Dem ergänzend zur Auslegung des Klageantrags
heranzuziehenden Klagevorbringen lässt sich indessen das mit der Klage verfolgte Begehren unzweifelhaft entnehmen.
4. Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass das beanstandete Verhalten wettbewerbswidrig ist, wenn die Beklagten die O-I- und O-IILeistungen der Arbeitsgemeinschaft unter Selbstkosten – etwa durch Quersubventionierung der Laborgemeinschaft – angeboten und dadurch die niedergelassenen Ärzte veranlasst haben, ihnen Patienten für O-III-Unter suchungen zu überweisen (dazu a). Die Feststellung, dass die angebotenen Preise unter den Selbstkosten liegen, hat das Berufungsgericht jedoch – wie die Revision mit Erfolg rügt – verfahrensfehlerhaft getroffen (dazu b). Im Übrigen enthält das Berufungsurteil keine hinreichenden Feststellungen dazu, dass sich niedergelassene Ärzte durch die günstigen Preise für O-I- und O-II-Leistungen dazu verleiten lassen, den Beklagten in ihrer Eigenschaft als Laborfachärzten Patienten für O-III-Untersuchungen zu überweisen (dazu c).

a) Unter der Voraussetzung eines Angebots von Preisen, die unter den Selbstkosten liegen, und unter der weiteren Voraussetzung eines dadurch bewirkten Einflusses auf das Überweisungsverhalten der niedergelassenen Ärzte hinsichtlich von O-III-Untersuchungen verstößt das beanstandete Verhalten gegen das Verbot der Ausübung eines unangemessenen unsachlichen Einflusses auf das Nachfrageverhalten anderer Marktteilnehmer (§ 4 Nr. 1 UWG).
aa) Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass eine unsachliche Beeinflussung der niedergelassenen Ärzte durch beso nders günstige Sätze für O-I- und O-II-Untersuchungen nur insoweit in Betracht zu ziehen ist, als es um die Überweisung von Patienten für O-III-Untersuchungen geht. Dagegen scheidet eine unsachliche Beeinflussung der Nachfrageentscheidung der niedergelassenen Ärzten nach O-I- und O-II-Leistungen schon desh alb aus, weil die Anlockwirkung, die von einem besonders günstigen Angebot ausgeht, niemals wettbewerbswidrig, sondern gewollte Folge des Leistungswettbewerbs ist (vgl.
BGHZ 151, 84, 87 – Kopplungsangebot I). Das besonders günstige Angebot einer Ware oder Leistung kann lediglich ausnahmsweise eine unsachliche Beeinflussung begründen, wenn die Abgabe der besonders günstigen Ware oder Leistung rechtlich oder faktisch an die Abnahme eines anderen Produkts gekoppelt ist.
bb) Ebenfalls mit Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass ein Angebot von Waren oder Leistungen unter den Selbstkosten für sich genommen nicht wettbewerbswidrig ist. Auch der Einsatz von Preisen unter den Selbstkosten zur Förderung des Absatzes anderer, auskömmlich kalkulierter Produkte ist wettbewerbsrechtlich nicht generell untersagt. Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, dass der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher durch das Angebot einzelner Waren oder Leistungen zu einem besonders günstigen Preis dazu verleitet wird, auf andere Angebote desselben Anbieters ungeprüft einzugehen (dazu Köhler in Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht , 23. Aufl., § 4 Rdn. 1.36 m.w.N.).
cc) Im Streitfall werden von der beanstandeten Werbung niedergelassene Ärzte angesprochen, bei denen die Gefahr einer irratio nalen, nicht von sachlichen Kriterien getragenen Nachfrageentscheidung noch weniger wahrscheinlich ist. Allerdings sind Ärzte gehalten, die Entscheidung darüb er, an wen sie einen Patienten verweisen oder wem sie Untersuchungsmaterial zur Laboruntersuchung überlassen, allein nach ärztlichen Gesichtspunkten zu treffen. Ihre Nachfrageentscheidung darf nicht nach den eigenen Interessen des Arztes als Nachfrager oder Nachfragedisponent des Patienten getroffen werden, insbesondere darf der Arzt die Entscheidung, an welchen Facharzt er einen Patienten überweist, nicht davon abhängig machen, ob ihm für die Überweisung eine Gegenleistung zufließt oder nicht. Dieser Gesichtspunkt kommt in dem für Ärzte gelte nden berufsrechtlichen Verbot zum Ausdruck, sich für die Zuweisung von Patienten oder für die Zuweisung von Untersuchungsmaterial eine Gegenleistung gewähren zu lassen oder selbst eine solche Gegenleistung zu gewähren (vgl. § 31 der Berufsordnung der Ärztekammer Niedersachsen, § 31 der Berufsordnung für Är ztinnen und Ärzte im
Lande Bremen und § 31 der Musterberufsordnung für die deutschen Ärztinnen und Ärzte; ferner BGH, Urt. v. 22.6.1989 – I ZR 120/8 7, GRUR 1989, 758, 760 = WRP 1990, 319 – Gruppenprofil). Ein ähnlicher Zweck liegt dem heilmittelwerberechtlichen Zugabeverbot zugrunde, das auch nach dem Wegfall der Zugabeverordnung das Gewähren oder Annehmen von Zugaben untersagt, weil Ärzte und Apotheker die Entscheidung darüber, welches Medikament sie verschreiben oder empfehlen, allein im Interesse des Patienten treffen sollen und sich dabei nicht davon leiten lassen sollen, ob ihnen bei der Empfehlung oder Verschreibung eines bestimmten Präparats ein persönlicher Vorteil zufließt (vgl. BGH, Urt. v. 30.1.2003 – I ZR 142/00, GRUR 2003, 624, 626 = WRP 2003, 886 – Kleidersack; Köhler in Baumbach/Hefermehl aaO § 4 Rdn. 1.84).
Ob der Verbotstatbestand des § 31 der ärztlichen Berufsordnung im Streitfall eingreift, ist allerdings nicht nur wegen der Frage, ob wirklich unter Selbstkosten angeboten worden ist, sondern auch deswegen zweifelhaft, weil die Beklagten die Gewährung der günstigen Preise für O-I- und O-II-Leistungen nicht von der Zuwendung von Patienten oder von Untersuchungsmaterial abhängig gemacht haben. Jedenfalls im Rahmen des § 4 Nr. 1 UWG kommt es auf eine rechtliche Kopplung nicht an. Ein unangemessener unsachlicher Einfluss kann vielmehr schon dann zu bejahen sein, wenn die niedergelassenen Ärzt e, die sich im Hinblick auf die günstigen, unter dem einheitlichen Bewertungsmaßstab liegenden Preise für O-I- und O-II-Leistungen der bei der Laborarztpraxis der Beklagten angesiedelten Laborgemeinschaft anschließen, sich auch ohne rechtliche Kopplung veranlasst sehen, dieser Laborarztpraxis die Patienten zu überweisen, für die O-III-Leistungen zu erbringen sind.

b) Die Feststellung, dass die von den Beklagten angebotenen Preise unter den Selbstkosten liegen, hat das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft getroffen. Für das Merkmal eines Angebots unter den Selbstkosten sind im Streitfall grundsätzlich die Kläger darlegungs- und beweispflichtig. Sie sind ihrer Darlegungslast – wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat – dadurch nachgekom-
men, dass sie sich auf Untersuchungen einer Unternehmensberatung berufen haben, wonach die Sätze des einheitlichen Bemessungsmaßstabs auf Selbstkostenbasis berechnet worden seien. Dieses Vorbringen ist ausreichend, weil die Kläger nähere Angaben zur Kalkulation der bei der Praxis der Beklagten angesiedelten Arbeitsgemeinschaft naturgemäß nicht machen können. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht jedoch angenommen, die Beklagten könnten die Behauptung der Kläger nur durch Vorlage ihrer Kalkulationsgrundlagen substantiiert bestreiten. An diesen Unterlagen besteht – was keiner näheren Ausführung bedarf – ein erhebliches Geheimhaltungsinteresse der Beklagten. Dieses schützenswerte Interesse führt dazu, dass die Beklagten den Klägervortrag auch ohne detaillierte Angaben zu den Kalkulationsgrundlagen bestreiten konnten. Ohne Beweisaufnahme hätte das Berufungsgericht daher nicht von einem Angebot unter Selbstkosten ausgehen dürfen.
Im Rahmen einer Beweisaufnahme hätte das Berufungsgericht den Beklagten aufgeben können, einem zu bestimmenden Sachverständigen die Kalkulationsgrundlagen vorzulegen (§ 144 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Den berechtigten Geheimhaltungsinteressen der Beklagten hätte dabei in der Weise Rechnung getragen werden können, dass der Sachverständige sich auf die Beantwortung der Frage beschränkt, ob eine Quersubventionierung der Laborgemeinschaft durch die Beklagten – sei es in der Form direkter Zahlungen oder sei es in der Form der Überlassung vorhandener freier Kapazitäten (Personal, Laborräume, Laboreinrichtung) – stattgefunden hat.

c) Wie bereits dargelegt, stellt es ein unlauteres Wettbewerbsverhalten nach §§ 3, 4 Nr. 1 UWG dar, wenn die Beklagten niedergelassene Ärzte dadurch zu einer Überweisung von Patienten für O-III-Untersuchungen veranlassen, dass sie ihnen – über die Arbeitsgemeinschaft Labor und Diagnostik – O-I- und O-IILeistungen unter Selbstkosten anbieten. Im Streitfall kann eine Verbindung der beiden Vorgänge nicht geleugnet werden, wenn die niedergelassenen Ärzte üblicherweise die Patienten für O-III-Untersuchungen stets an diejenigen Laborärzte
überweisen, bei denen sie für O-I- und O-II-Leistungen eine Laborgemeinschaft unterhalten. Dies mag – wie das Berufungsgericht angenommen hat – nahe liegen. Hierin liegt jedoch zunächst nicht mehr als eine Vermutung. Ebenfalls denkbar , wenn auch weniger wahrscheinlich erscheint es, dass die niedergelassenen Ärzte die Entscheidung über die Überweisung von Patient en für O-III-Untersuchungen unabhängig davon treffen, mit welchem Laborarzt sie in einer Laborgemeinschaft zusammenarbeiten. Auch in diesem Punkt bedarf es daher noch zusätzlicher Feststellungen.
III. Das angefochtene Urteil ist danach aufzuheben. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Im wiedereröffneten Berufungsverfahren kann der streitige Sachverhalt gegebenenfalls durch das Gutachten eines Sachverständigen geklärt werden, dem die Kalkulationsunterlagen der Beklagten zur Verfügung gestellt werden, wobei berechtigte Geheimhaltungsinteressen der Beklagten gewahrt bleiben müssen. Zur Frage der Verbindung der beiden Vorgänge – O-I- und O-II-Leistungen einerseits und O-III-Leistungen andererseits – können die Parteien ergänzend vortragen.
Ullmann Bornkamm Herr RiBGH Pokrant ist in Kur und verhindert zu unterschreiben. Ullmann Büscher Bergmann