vorgehend
Landgericht Düsseldorf, 38 O 22/02, 05.07.2002
Oberlandesgericht Düsseldorf, 18 U 170/02, 30.04.2003

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 136/03 Verkündet am:
14. Juni 2006
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Im Rahmen der Beförderung von Briefen (einschließlich Einschreibebriefen)
und briefähnlichen Sendungen sind keine durchgängigen Schnittstellenkontrollen
erforderlich.
BGH, Urt. v. 14. Juni 2006 - I ZR 136/03 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Juni 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 30. April 2003 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist Transportversicherer der C. GmbH in München (im Weiteren: Versicherungsnehmerin). Sie nimmt die Beklagte, die Deutsche Post AG, aus übergegangenem und abgetretenem Recht wegen des Verlustes von sieben Einschreibebriefsendungen auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Die Versicherungsnehmerin übergab der Beklagten im Zeitraum von Juni 2000 bis Mai 2001 sieben Einschreibebriefe zum Versand innerhalb Deutschlands. Die Sendungen kamen bei den Adressaten nicht an, weshalb die Beklag- te für jeden Verlustfall entsprechend der in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgesehenen Höchstbetragshaftung 50 DM Schadensersatz leistete.
3
Die Klägerin hat behauptet, die in Verlust geratenen Sendungen hätten Uhren und Uhrenarmbänder enthalten. Die Verluste seien auf Diebstähle von Mitarbeitern der Beklagten zurückzuführen. Sie habe die ihrer Versicherungsnehmerin nach Abzug der Ersatzleistungen der Beklagten verbliebenen Schäden in Höhe von insgesamt 8.333,85 € ausgeglichen.
4
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte könne sich nicht auf Haftungsausschlüsse und -begrenzungen in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen berufen, weil diese nicht Inhalt der mit der Beklagten geschlossenen Versendungsverträge geworden seien. Eine Haftungsbegrenzung komme auch deshalb nicht in Betracht, weil der Beklagten eine leichtfertige Verursachung der Warenverluste vorzuwerfen sei. Die Haftung der Beklagten ergebe sich daraus, dass sie für ihre Leute einzustehen habe und zu den näheren Umständen , die zu den Verlusten geführt hätten, keine Angaben mache.
5
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 8.333,85 € nebst Zinsen zu zahlen.
6
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat die Ansicht vertreten , in den hier in Rede stehenden Verlustfällen fehle es schon am Zustandekommen von Beförderungsverträgen, weil Uhren gemäß den Bestimmungen in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die der Versicherungsnehmerin bekannt gewesen sein müssten, von der Beförderung per Briefsendung ausgeschlossen seien. Die Versicherungsnehmerin sei auch nicht schutzwürdig, weil sie von der Versendung der Ware im besonders versicherten Paketdienst ausdrücklich keinen Gebrauch gemacht habe. Der Umstand, dass sie zu den streitgegenständlichen Verlusten keine näheren Angaben machen könne, rechtfertige nicht den Schluss, dass es in ihrem Betriebsablauf grobe Organisationsmängel gebe.
7
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben.
8
Mit der (vom Berufungsgericht zugelassenen) Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


9
I. Die Revision hat keinen Erfolg.
10
Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei entschieden, dass der Klägerin über die von der Beklagten vorprozessual erbrachten Ersatzleistungen hinaus keine Schadensersatzansprüche wegen der in Rede stehenden Verluste von Einschreibebriefsendungen zustehen.
11
1. In der Revisionsinstanz ist - entsprechend den Vorgaben des Berufungsgerichts - davon auszugehen, dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten nicht Bestandteil der über die streitgegenständlichen Einschreibebriefsendungen geschlossenen Beförderungsverträge geworden sind. Dementsprechend steht nicht zur Entscheidung, ob eine Haftung der Beklagten schon durch die Klauseln über eine bedingungsgerechte Sendung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgeschlossen ist.
12
2. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Beklagte nach der Privatisierung der Postdienste für Verluste von Transportgut gemäß dem im Handelsgesetzbuch geregelten allgemeinen Transportrecht haftet. Die Beklagte schulde gemäß § 425 Abs. 1 HGB für den während ihrer Obhutszeit eingetretenen Verlust der sieben hier in Rede stehenden Einschreibebriefsendungen Schadensersatz. Die Höhe des von der Beklagten zu leistenden Schadensersatzes hat das Berufungsgericht entsprechend § 431 Abs. 1 HGB auf einen Betrag von 8,33 Rechnungseinheiten für jedes Kilogramm des Rohgewichts der abhanden gekommenen Sendung begrenzt. Die Voraussetzungen für einen Wegfall der Haftungsbegrenzung gemäß § 435 HGB hat das Berufungsgericht nicht für gegeben erachtet, weil nicht davon ausgegangen werden könne, dass der Verlust der Warensendungen durch Diebstähle von Mitarbeitern der Beklagten oder durch grobe Organisationsmängel in den Betriebsabläufen der Beklagten verursacht worden sei. Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision ohne Erfolg.
13
a) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass grundsätzlich der Anspruchsteller gehalten ist, die Voraussetzungen für den Wegfall der zugunsten des Frachtführers bestehenden gesetzlichen oder vertraglichen Haftungsbegrenzungen darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. Danach trägt er die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Frachtführer oder seine "Leute" vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewusstsein gehandelt haben, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, § 435 HGB (BGH, Urt. v. 5.6.2003 - I ZR 234/00, TranspR 2003, 467, 469; Koller, Transportrecht, 5. Aufl., § 435 HGB Rdn. 20). Die dem Anspruchsteller obliegende Darlegungsund Beweislast kann jedoch dadurch gemildert werden, dass der Frachtführer angesichts des unterschiedlichen Informationsstands der Vertragsparteien nach Treu und Glauben gehalten ist, soweit möglich und zumutbar zu den näheren Umständen des Schadensfalls eingehend vorzutragen. Insbesondere hat er substantiiert darzulegen, welche Sorgfalt er konkret aufgewendet hat (vgl. BGHZ 127, 275, 283 f.; 129, 345, 349 f.; 145, 170, 183 f. m.w.N.). Kommt er dem nicht nach, kann daraus je nach den Umständen des Einzelfalls der Schluss auf ein qualifiziertes Verschulden gerechtfertigt sein (vgl. BGHZ 127, 275, 284; BGH TranspR 2003, 467, 469). Das am 1. Juli 1998 in Kraft getretene Transportrechtsreformgesetz hat hinsichtlich der Einlassungspflicht des Frachtführers und der insoweit bestehenden Beweislastverteilung keine sachlichen Änderungen mit sich gebracht (vgl. BGH TranspR 2003, 467, 469; Koller aaO § 435 HGB Rdn. 20 f.; Fremuth in: Fremuth/Thume, Transportrecht, § 435 HGB Rdn. 20).
14
b) Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , die Beklagte habe ihre Einlassungsobliegenheit nicht verletzt, obwohl sie nicht konkret darlegen könne, wann, wo und wie die abhanden gekommenen Einschreibebriefe auf ihrem Beförderungsweg außer Kontrolle geraten seien. Das Berufungsgericht hat seine Annahme rechtsfehlerfrei darauf gestützt , dass die Beklagte im Rahmen der Beförderung von Briefen und briefähnlichen Sendungen nicht zur Durchführung von Schnittstellenkontrollen verpflichtet ist mit der Folge, dass es ihr im Verlustfall zwangsläufig nicht möglich und auch nicht zumutbar ist, konkret darzulegen, wie es zu dem jeweiligen Verlust gekommen ist.
15
aa) Entgegen der Auffassung der Revision bedarf es im Rahmen der Beförderung von Briefen und briefähnlichen Sendungen nicht der durchgängigen Vornahme von Ein- und Ausgangskontrollen. Das für Paketsendungen aufgestellte Gebot von durchgehenden Schnittstellenkontrollen soll die Möglichkeit schaffen, den Eintritt eines Schadens und den Schadensbereich in zeitlicher, räumlicher und personeller Hinsicht möglichst frühzeitig einzugrenzen. Ohne umfassende Ein- und Ausgangskontrollen kann ein verlässlicher Überblick über Lauf und Verbleib der in den einzelnen Umschlagstationen ein- und abgehenden Güter nicht gewonnen werden (vgl. BGHZ 158, 322, 330).
16
Diese Grundsätze sind auf den Versand von Briefen und briefähnlichen Sendungen nicht zu übertragen. Bei der Briefbeförderung steht die Übermittlung der in dem Brief enthaltenen individuellen Gedankenerklärung im Vordergrund. Beim Versand von Paketen geht es um die Beförderung der verpackten werthaltigen Gegenstände. Dem Versender eines Briefes erwächst aus dessen Verlust im Allgemeinen kein materieller Schaden (vgl. BGHZ 149, 337, 349). Dementsprechend besteht bei Briefsendungen für Dritte im Allgemeinen auch kein besonderer Anreiz, sich den Inhalt der Sendungen anzueignen, um sich zu bereichern.
17
Dass die Sorgfalts- und Organisationsanforderungen im Bereich der Versendung von Briefen und briefähnlichen Sendungen geringer anzusetzen sind als bei der Paketbeförderung, steht im Einklang mit der Systematik des Gesetzes, das in § 449 Abs. 2 Satz 1 HGB für Briefe und briefähnliche Sendungen weitergehende Haftungsbeschränkungen als bei anderen Sendungen ermöglicht. Auch damit wird den Besonderheiten des postalischen Massenverkehrs Rechnung getragen (vgl. auch Begründung zum Regierungsentwurf des Transportrechtsreformgesetzes, BT-Drucks. 13/8445 S. 86).
18
bb) Entgegen der Ansicht der Revision sind auch bei der Beförderung von Einschreibebriefen keine durchgehenden Ein- und Ausgangskontrollen geboten. Der Einschreibebrief unterscheidet sich nur insoweit von einer gewöhnlichen Briefsendung, als die Einlieferung und der Zugang der Sendung doku- mentiert werden. Auch er unterliegt den am wirtschaftlich Vertretbaren orientierten Regeln des massenhaften Brieftransports zu günstigen Preisen. Der Einschreibebrief ist nicht zum Versand von wertvollen Waren bestimmt. Auf einen Einschreibebrief treffen die Besonderheiten des postalischen Massenverkehrs - schnelle und kostengünstige Übermittlung zu jedem Haushalt in Deutschland - ebenso zu wie auf gewöhnliche Briefe und briefähnliche Sendungen.
19
cc) Dies schließt es allerdings nicht aus, dass der Frachtführer für den Verlust bestimmter Briefsendungen ebenso haftet wie bei einem Abhandenkommen von Paketsendungen, wenn er - beispielsweise in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen - die Beförderung bestimmter Briefe der Paketbeförderung gleichstellt (vgl. BGH, Urt. v. 30.3.2006 - I ZR 123/03, Tz. 2, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
20
c) Ein qualifiziertes Verschulden i.S. von § 435 HGB ergibt sich entgegen der Auffassung der Revision auch nicht daraus, dass die Beklagte keine stichprobenartigen Kontrollen durchführt. Nach der Rechtsprechung des Senats können anstelle von durchgehenden Schnittstellenkontrollen im Einzelfall auch stichprobenartige Kontrollen genügen, wenn damit eine hinreichende Kontrolldichte gewährleistet ist (vgl. BGHZ 149, 337, 348). Dies gilt aber nur für den Bereich der Beförderung von Paketen und den Umschlag von Transportgütern. Bei der Beförderung von Briefen und briefähnlichen Sendungen ist keine Kontrolle des Umschlags und damit auch keine stichprobenartige Kontrolle geboten.
21
Da die Beklagte beim Versand von Briefen und briefähnlichen Sendungen nicht zu Schnittstellenkontrollen verpflichtet ist, besteht für sie auch keine dahingehende sekundäre Darlegungspflicht.
22
3. Die von der Revision erhobenen Verfahrensrügen hat der Senat geprüft und nicht für durchgreifend erachtet (§ 564 Satz 1 ZPO).
23
II. Danach war die Revision der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Ullmann Bornkamm Pokrant
Büscher Bergmann
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 05.07.2002 - 38 O 22/02 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 30.04.2003 - 18 U 170/02 -

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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Die Entscheidung braucht nicht begründet zu werden, soweit das Revisionsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 547.

Handelsgesetzbuch - HGB | § 425 Haftung für Güter- und Verspätungsschäden. Schadensteilung


(1) Der Frachtführer haftet für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung des Gutes in der Zeit von der Übernahme zur Beförderung bis zur Ablieferung oder durch Überschreitung der Lieferfrist entsteht. (2) Hat bei der Entstehung des Schade

Handelsgesetzbuch - HGB | § 435 Wegfall der Haftungsbefreiungen und -begrenzungen


Die in diesem Unterabschnitt und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen gelten nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine in § 428 genannte Person

Handelsgesetzbuch - HGB | § 431 Haftungshöchstbetrag


(1) Die nach den §§ 429 und 430 zu leistende Entschädigung wegen Verlust oder Beschädigung ist auf einen Betrag von 8,33 Rechnungseinheiten für jedes Kilogramm des Rohgewichts des Gutes begrenzt. (2) Besteht das Gut aus mehreren Frachtstücken (Se

Handelsgesetzbuch - HGB | § 449 Abweichende Vereinbarungen über die Haftung


(1) Soweit der Frachtvertrag nicht die Beförderung von Briefen oder briefähnlichen Sendungen zum Gegenstand hat, kann von den Haftungsvorschriften in § 413 Absatz 2, den §§ 414, 418 Absatz 6, § 422 Absatz 3, den §§ 425 bis 438, 445 Absatz 3 und § 446

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Die in diesem Unterabschnitt und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen gelten nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine in § 428 genannte Person vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewußtsein, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen hat.

(1) Der Frachtführer haftet für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung des Gutes in der Zeit von der Übernahme zur Beförderung bis zur Ablieferung oder durch Überschreitung der Lieferfrist entsteht.

(2) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verhalten des Absenders oder des Empfängers oder ein besonderer Mangel des Gutes mitgewirkt, so hängen die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes davon ab, inwieweit diese Umstände zu dem Schaden beigetragen haben.

(1) Die nach den §§ 429 und 430 zu leistende Entschädigung wegen Verlust oder Beschädigung ist auf einen Betrag von 8,33 Rechnungseinheiten für jedes Kilogramm des Rohgewichts des Gutes begrenzt.

(2) Besteht das Gut aus mehreren Frachtstücken (Sendung) und sind nur einzelne Frachtstücke verloren oder beschädigt worden, so ist der Berechnung nach Absatz 1

1.
die gesamte Sendung zu Grunde zu legen, wenn die gesamte Sendung entwertet ist, oder
2.
der entwertete Teil der Sendung zu Grunde zu legen, wenn nur ein Teil der Sendung entwertet ist.

(3) Die Haftung des Frachtführers wegen Überschreitung der Lieferfrist ist auf den dreifachen Betrag der Fracht begrenzt.

(4) Die in den Absätzen 1 und 2 genannte Rechnungseinheit ist das Sonderziehungsrecht des Internationalen Währungsfonds. Der Betrag wird in Euro entsprechend dem Wert des Euro gegenüber dem Sonderziehungsrecht am Tag der Übernahme des Gutes zur Beförderung oder an dem von den Parteien vereinbarten Tag umgerechnet. Der Wert des Euro gegenüber dem Sonderziehungsrecht wird nach der Berechnungsmethode ermittelt, die der Internationale Währungsfonds an dem betreffenden Tag für seine Operationen und Transaktionen anwendet.

Die in diesem Unterabschnitt und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen gelten nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine in § 428 genannte Person vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewußtsein, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 234/00 Verkündet am:
5. Juni 2003
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Die Grundsätze zur Einlassungsobliegenheit des Fixkostenspediteurs kommen
auch nach Inkrafttreten des Transportrechtsreformgesetzes am 1. Juli
1998 zur Anwendung.

b) Bei einem völlig ungeklärten Schadenshergang ist der Fixkostenspediteur
grundsätzlich verpflichtet, detailliert zum Organisationsablauf in seinem Betrieb
und zu den von ihm gegen einen Verlust von Transportgut eingerichteten
Sicherheitsmaßnahmen vorzutragen. Kommt er dem nicht einmal ansatzweise
nach, läßt das im allgemeinen den Schluß darauf zu, daß der eingetretene
Schaden durch Leichtfertigkeit i.S. von § 435 HGB und in dem Bewußtsein
, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, verursacht
wurde.

c) Die Berücksichtigung eines mitwirkenden Schadensbeitrages nach § 425
Abs. 2 HGB kommt auch dann in Betracht, wenn dem Frachtführer ein qualifiziertes
Verschulden i.S. von § 435 HGB anzulasten ist.
BGH, Urteil vom 5. Juni 2003 - I ZR 234/00 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 5. Juni 2003 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
und die Richter Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 21. September 2000 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin ist Transportversicherer der E. Computersysteme in Essen (im folgenden: Versicherungsnehmerin). Sie nimmt die Beklagte, die einen Paketbeförderungsdienst betreibt, aus abgetretenem und übergegangenem Recht wegen des Verlustes von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch.
Die Versicherungsnehmerin kaufte von der H. Computersysteme in Essen diverse Computerteile, für die ihr die Verkäuferin unter dem
11. November 1998 insgesamt 95.615 DM netto in Rechnung stellte. Gemäß dem zu der Sendung gehörenden Lieferschein sollte die Ware per Paketdienst an den Messestand der Versicherungsnehmerin auf einer Messe in Köln geliefert werden. Mit der Beförderung der Ware von Essen zu dem Messestand in Köln beauftragte die Verkäuferin die Beklagte zu festen Kosten. Dem Beförderungsvertrag lagen die Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten (Stand Februar 1998) zugrunde, die Regelungen zum Haftungsumfang unter anderem bei einer vom Versender unterlassenen Wertangabe enthalten. Ferner ist in Nr. 10 Abs. 5 der Beförderungsbedingungen bestimmt, daß die darin vorgesehenen Haftungsbeschränkungen nicht bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit der Beklagten, ihrer gesetzlichen Vertreter oder Erfüllungsgehilfen gelten. Nach einem Absendebeleg der Beklagten übergab die Verkäuferin einem Fahrer der Beklagten am 12. November 1998 zwei Pakete (28 und 29 kg schwer) zur Beförderung zu dem Messestand der Versicherungsnehmerin in Köln, wo sie jedoch nicht ankamen. Die Beklagte teilte unter dem 22. Januar 1999 mit, daß sie einen Zustellnachweis nicht ermitteln könne.
Die Klägerin hat behauptet, in den beiden Paketen, die dem Fahrer der Beklagten übergeben worden seien, hätten sich die ihrer Versicherungsnehmerin unter dem 11. November 1998 in Rechnung gestellten Computerteile befunden. Die Beklagte habe für den Verlust der Sendung lediglich 1.000 DM Entschädigung gezahlt. In Höhe des Restbetrages habe sie ihrer Versicherungsnehmerin , die ihre etwaigen Schadensersatz- und Regreßansprüche am 1. März 1999 an sie, die Klägerin, abgetreten habe, den Schaden ersetzt.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte hafte angesichts ihrer gerichtsbekannt mangelhaften Organisation für den Verlust der beiden Pakete unbeschränkt.
Sie hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 94.615 DM nebst Zinsen zu zahlen.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie ist der Ansicht, die Rechtsprechung zur Einlassungsobliegenheit des Spediteurs/Frachtführers (im weiteren : Fixkostenspediteur) könne nach dem seit 1. Juli 1998 geltenden Transportrecht nicht unverändert aufrechterhalten bleiben. Ihr könne auch nicht vorgeworfen werden, zu ihrer Organisation nicht genügend vorgetragen zu haben. Sie habe erstinstanzlich ausdrücklich um einen richterlichen Hinweis gebeten, falls das Gericht nähere Angaben über ihre Organisation für erforderlich halten sollte. Ein derartiger Hinweis sei ihr nicht erteilt worden. Zudem sei es rechtsmißbräuchlich , trotz unterlassener Wertangabe vollen Schadensersatz zu verlangen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben.
Mit der Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte hafte für den Verlust der beiden ihr zur Beförderung anvertrauten Pakete gemäß § 425 Abs. 1, § 435 HGB (in der seit dem 1. Juli 1998 geltenden Fassung) i.V. mit § 398 BGB und § 67 Abs. 1 VVG unbeschränkt auf Schadensersatz. Dazu hat es ausgeführt:
Die Beklagte unterliege gemäß § 459 HGB der Frachtführerhaftung, da sie die Beförderung des Transportgutes zu festen Kosten übernommen habe. Die für den Messestand der Versicherungsnehmerin in Köln bestimmten Pakete seien der Beklagten übergeben worden. Die Sendung sei im Gewahrsam der Beklagten verlorengegangen, da sie einen Ablieferungsnachweis nicht führen könne.
Die Beklagte hafte für den Verlust gemäß § 435 HGB unbeschränkt, weil - wie das Berufungsgericht näher ausgeführt hat - davon auszugehen sei, daß der Schaden durch ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten oder ihrer Leute verursacht worden sei. Auf die Haftungsbeschränkungen in ihren Allgemeinen Beförderungsbedingungen könne sich die Beklagte schon deshalb nicht berufen, da diese in dem hier gegebenen Fall grober Fahrlässigkeit nicht zur Anwendung kämen.
Die unterlassene Wertdeklaration ändere weder an der grundsätzlichen Einlassungsobliegenheit der Beklagten etwas noch rechtfertige sie den Vorwurf des Rechtsmißbrauchs oder des Mitverschuldens. Aufgrund der Beweisauf-
nahme stehe fest, daß sich in den beiden abhanden gekommenen Paketen die in der Rechnung vom 11. November 1998 aufgeführten Computerteile befunden hätten.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat keinen Erfolg.
1. Ohne Rechtsverstoß hat das Berufungsgericht die Voraussetzungen einer vertraglichen Haftung der Beklagten nach § 425 HGB bejaht.
Es ist dabei zutreffend und von der Revision auch unbeanstandet davon ausgegangen, daß die Beklagte von der Versenderin als Fixkostenspediteurin i.S. des § 459 HGB beauftragt worden ist und daß sich ihre Haftung daher grundsätzlich nach den Bestimmungen über die Haftung des Frachtführers (§§ 425 ff. HGB) und - aufgrund vertraglicher Einbeziehung - ihren Beförderungsbedingungen beurteilt, soweit diese mit den in § 449 Abs. 2 HGB enthaltenen Regelungen in Einklang stehen (vgl. dazu BGH, Urt. v. 23.1.2003 - I ZR 174/00, TranspR 2003, 119, 120).
2. Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts , die Beklagte hafte für den eingetretenen Schaden gemäß § 435 HGB unbeschränkt.
Nach § 435 HGB gelten die in diesem Unterabschnitt und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine der in § 428 HGB genannten Personen vorsätz-
lich oder leichtfertig und in dem Bewußtsein begangen hat, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde.

a) Das Berufungsgericht hat angenommen, grundsätzlich sei zwar die Klägerin als Anspruchstellerin darlegungs- und beweisbelastet für ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten. Jedoch treffe den Fixkostenspediteur zumindest dann vorab eine Einlassungspflicht hinsichtlich der seiner betrieblichen Sphäre zuzurechnenden und damit der Wahrnehmung des Auftraggebers entzogenen Umstände der generellen und konkreten Abwicklung des Beförderungsauftrags , wenn der Anspruchsteller plausible Anhaltspunkte für ein qualifiziertes Verschulden des Fixkostenspediteurs vorbringe oder - wie im Streitfall - der Schadenshergang völlig im Dunkeln liege. An dieser Verteilung der Darlegungs - und Beweislast habe sich durch das Inkrafttreten des neuen Transportrechts , welches im Streitfall zur Anwendung komme, nichts geändert. Der Umstand, daß § 435 HGB statt grober Fahrlässigkeit Leichtfertigkeit verlange, rechtfertige ebenfalls keine andere Beurteilung der Frage, in welchem Umfang den Fixkostenspediteur eine Einlassungspflicht treffe. Denn die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Einlassungsobliegenheit des Fixkostenspediteurs seien unabhängig vom Grad des Verschuldens, das für dessen unbeschränkte Haftung gefordert werde.
Die Beklagte sei - so hat das Berufungsgericht weiterhin angenommen - ihrer Einlassungspflicht nicht ansatzweise nachgekommen. Dies begründe die Vermutung qualifizierten Verschuldens i.S. von § 435 HGB. Wer als Fixkostenspediteur seine generellen und konkreten Sicherheitsmaßnahmen nicht darlege bzw. nicht darlegen könne, zeige damit regelmäßig, daß seine Sicherheitsstandards so ungenügend seien, daß sie den Vorwurf des Vorsatzes oder jedenfalls
der Leichtfertigkeit rechtfertigten. Im Streitfall sei der Beklagten auch deshalb Leichtfertigkeit vorzuwerfen, weil ihr aus zahlreichen vom Berufungsgericht entschiedenen Rechtsstreitigkeiten bekannt sei, welche Sicherheitsstandards von ihr gefordert würden, und sie ihre Betriebsorganisation gleichwohl nicht entsprechend geändert habe. Damit habe die Beklagte rücksichts- und bedenkenlos die gegenüber den Vermögensinteressen ihrer Kunden gebotenen Schutzvorkehrungen unterlassen.

b) Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision stand.
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für den Bereich der ADSp- und CMR-Haftung trägt grundsätzlich der Anspruchsteller die Darlegungs - und Beweislast für ein grob fahrlässiges Verhalten des Anspruchsgegners. Die ihm obliegende Darlegungslast erfüllt er aber bereits dann, wenn sein Klagevortrag nach den Umständen des Falles ein grob fahrlässiges Verschulden mit gewisser Wahrscheinlichkeit nahelegt und allein der Fixkostenspediteur zur Aufklärung des in seinem Bereich entstandenen Schadens zumutbarerweise beitragen kann. Gleiches gilt, wenn sich die Anhaltspunkte für das Verschulden aus dem unstreitigen Sachverhalt ergeben. In diesem Fall darf sich der Anspruchsgegner zur Vermeidung prozessualer Nachteile nicht darauf beschränken , den Sachvortrag schlicht zu bestreiten. Er ist vielmehr gehalten, das Informationsdefizit des Anspruchstellers durch detaillierten Sachvortrag zum Ablauf des Betriebs und zu den ergriffenen Sicherungsmaßnahmen auszugleichen (st. Rspr.; vgl. BGHZ 127, 275, 283 f.; 129, 345, 349 f.; BGH, Urt. v. 25.9.1997 - I ZR 156/95, TranspR 1998, 262, 263 f. = VersR 1998, 657 m.w.N.). Kommt er dem nicht nach, kann daraus je nach den Umständen des Einzelfalls der Schluß auf ein qualifiziertes Verschulden gerechtfertigt sein (vgl. BGH, Urt. v.
6.10.1994 - I ZR 179/92, TranspR 1995, 106, 110 = VersR 1995, 320 m.w.N., zu § 15 Abs. 2 GüKUMT; BGHZ 127, 275, 284).
Diese Darlegungs- und Beweislastgrundsätze hat der Bundesgerichtshof auch im Bereich des internationalen Luftverkehrs hinsichtlich der verschärften Haftung des Luftfrachtführers nach Art. 25 des Warschauer Abkommens in der Fassung von Den Haag 1955 (WA 1955) anerkannt (vgl. BGHZ 145, 170, 183 ff.), dessen Umschreibung qualifizierten Verschuldens in der deutschen Übersetzung in § 435 HGB übernommen worden ist (vgl. Begr. z. Gesetzentwurf d. Bundesregierung, BT-Drucks. 13/8445, S. 71).
bb) Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, daß diese Darlegungs - und Beweislastgrundsätze auch hinsichtlich der Voraussetzungen für den Wegfall der zugunsten des Fixkostenspediteurs bestehenden gesetzlichen oder vertraglichen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen gemäß §§ 435, 461 Abs. 1 Satz 2 HGB Anwendung finden. Danach trägt der Anspruchsteller die Beweislast dafür, daß der Fixkostenspediteur oder seine "Leute" i.S. von § 428 HGB leichtfertig und in dem Bewußtsein gehandelt haben , daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde (vgl. Begr. z. Gesetzentwurf d. Bundesregierung, BT-Drucks. 13/8445, S. 72). Hinsichtlich der Einlassungspflicht des Fixkostenspediteurs und der insoweit bestehenden Beweislastverteilung hat das Transportrechtsreformgesetz ebenfalls keine sachlichen Änderungen mit sich gebracht (vgl. Piper, Festgabe für Herber, S. 135, 143 f.; Koller, Transportrecht, 4. Aufl., § 435 HGB Rdn. 20 f.; Gass in: Ebenroth /Boujong/Joost, HGB, § 435 Rdn. 11; Fremuth in: Fremuth/Thume, Transportrecht , § 435 HGB Rdn. 20).
cc) Entgegen der Auffassung der Revision ist es für die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast - und damit auch für die Haftung des Fixkostenspediteurs aufgrund ungenügender Einlassungen zu den in seiner Sphäre liegenden Umständen - ohne Bedeutung, ob und inwieweit aufgrund des nunmehr in § 435 HGB verwendeten Verschuldensbegriffs der Leichtfertigkeit, zu der das Bewußtsein der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts hinzukommen muß, strengere Anforderungen an ein qualifiziertes Verschulden zu stellen sind als nach § 430 HGB (in der bis zum 30. Juni 1998 geltenden Fassung), der grobe Fahrlässigkeit vorausgesetzt hat (vgl. Piper aaO S. 144). Die Einlassungsobliegenheit des Fixkostenspediteurs sowie die Rechtsfolge der Nichterfüllung dieser Pflicht folgt bereits aus den in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und im Schrifttum anerkannten Grundsätzen der sogenannten sekundären Behauptungslast. Danach können dem Prozeßgegner der beweisbelasteten Partei ausnahmsweise nähere Angaben über die zu seinem Wahrnehmungsbereich gehörenden Verhältnisse zuzumuten sein, wenn die primär darlegungspflichtige Partei außerhalb des darzulegenden Geschehensablaufs steht und keine Kenntnisse von den maßgeblichen Tatsachen besitzt, während der Prozeßgegner nähere Angaben machen kann (vgl. BGHZ 145, 170, 184 m.w.N.; Zöller /Greger, ZPO, 23. Aufl., Vor § 284 Rdn. 34; vgl. auch Herber, TranspR 2003, 164, 165).
dd) Auch der weitere Einwand der Revision, die Rechtsprechung zur Haftung des Fixkostenspediteurs für grobes Organisationsverschulden aufgrund ungenügender Einlassungen zu den in seiner Sphäre liegenden Umständen führe faktisch zu einer Beweislastumkehr, greift nicht durch. Denn die Einlassungsobliegenheit besteht nur dann, wenn das prozessuale Geschehen, also der Klagevortrag oder der unstreitige Sachverhalt, Anhaltspunkte für ein Orga-
nisationsverschulden bieten. Auch dann, wenn der Fixkostenspediteur seine Einlassungsobliegenheit erfüllt, bleibt der Anspruchsteller beweisbelastet dafür, daß der vorgetragene Organisationsablauf den Vorwurf qualifizierten Verschuldens i.S. von § 435 HGB rechtfertigt (vgl. BGHZ 145, 170, 184 f.).
ee) Die Revision rügt des weiteren ohne Erfolg, das Berufungsgericht hätte die Beklagte darauf hinweisen müssen, daß sie auch in der zweiten Instanz ihrer Einlassungspflicht nicht nachgekommen sei.
(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt das Gericht seiner Hinweispflicht nach § 139 Abs. 1, § 278 Abs. 3 ZPO a.F. nur dann, wenn es die Parteien auf fehlenden Sachvortrag, der von seinem materiellrechtlichen Standpunkt aus gesehen entscheidungserheblich ist, unmißverständlich hingewiesen und der Partei die Möglichkeit eröffnet hat, ihren Sachvortrag sachdienlich zu ergänzen (vgl. BGHZ 127, 254, 260 m.w.N.). Diese Hinweispflicht besteht grundsätzlich auch in Prozessen, in denen die Partei durch einen Prozeßbevollmächtigten vertreten wird, jedenfalls dann, wenn der Rechtsanwalt die Rechtslage ersichtlich falsch beurteilt hat oder darauf vertrauen konnte, daß sein schriftsätzliches Vorbringen ausreichend sei (vgl. BGHZ 127, 254, 260; BGH, Urt. v. 27.11.1996 - VIII ZR 311/95, NJW-RR 1997, 441; Urt. v. 7.12.2000 - I ZR 179/98, WRP 2001, 699, 701 = NJW 2001, 2548 - Impfstoffe, m.w.N.). Etwas anderes gilt jedoch hinsichtlich solcher Anforderungen an den Sachvortrag, mit denen ein gewissenhafter und kundiger Prozeßbeteiligter nach dem bisherigen Prozeßverlauf rechnen mußte (vgl. BGH, Urt. v. 26.9.1997 - V ZR 65/96, NJW-RR 1998, 16; vgl. auch BVerfG NJW 1994, 1274). Insbesondere besteht dann keine Hinweispflicht des Gerichts, wenn das
Verhalten einer Partei den Schluß zuläßt, daß sie nicht näher vortragen kann oder will (vgl. Zöller/Greger aaO § 139 Rdn. 3). So liegt der Fall hier.
(2) Die Klägerin hatte bereits in der Klageschrift auf die Senatsrechtsprechung zur Einlassungsobliegenheit des Fixkostenspediteurs hingewiesen und die Auffassung vertreten, daß sich daran durch das Transportrechtsreformgesetz nichts geändert habe. Dem hiervon abweichenden Standpunkt der Beklagten ist schon das Landgericht in seinem Urteil entgegengetreten. Die Beklagte hätte sich daher in ihrer Berufungsbegründung nicht auf den Vortrag beschränken dürfen, sie habe im Hinblick auf die Zweifel an der schlüssigen Darlegung der Anspruchsvoraussetzungen und den fehlenden erstinstanzlichen Hinweis auf die Notwendigkeit ergänzenden Sachvortrags keinen Anlaß gesehen , näher zum Organisationsablauf in ihrem Unternehmen vorzutragen. Aufgrund des vorausgegangenen Prozeßverlaufs mußte ein gewissenhafter und kundiger Prozeßbeteiligter damit rechnen, daß auch das Berufungsgericht dem abweichenden Standpunkt der Beklagten, die Rechtsprechung zur Einlassungsobliegenheit des Fixkostenspediteurs könne nicht unverändert aufrechterhalten bleiben, nicht beitritt. Das gilt im Streitfall um so mehr deshalb, weil die prozessuale Darlegungslast des Fixkostenspediteurs zu seiner Betriebsorganisation grundsätzlich nichts mit der Frage zu tun hat, welche materiellrechtlichen Anforderungen an ein qualifiziertes Verschulden i.S. des § 435 HGB zu stellen sind. Die Beklagte konnte sich für ihren abweichenden Standpunkt zudem nicht auf entsprechende Stimmen in der Rechtsprechung oder im Schrifttum stützen. Daß sie vor diesem Hintergrund jegliche Darlegung zu ihrer Betriebsorganisation und insbesondere zu den von ihr zum Schutz der ihr anvertrauten Güter ergriffenen Maßnahmen unterlassen hat, durfte das Beru-
fungsgericht rechtsfehlerfrei dahingehend werten, daß die Beklagte hierzu keinen Vortrag halten konnte oder wollte.
Auf die Rüge, die die Revision gegen die Hilfserwägung des Berufungsgerichts erhoben hat, wonach der Beklagten die Rechtsprechung des Berufungsgerichts zu der sie treffenden Darlegungslast unter der Geltung des neuen Transportrechts bekannt sei, kommt es mithin nicht mehr an.
ff) Entgegen der Auffassung der Revision sind an die Einlassungspflicht des Fixkostenspediteurs hinsichtlich seines betrieblichen Organisationsablaufs auch dann keine geringeren Anforderungen zu stellen, wenn es sich bei ihm um einen Paketdienst handelt, bei dem es auf Massenumschlag, Massenlagerung und Massenbeförderung ankommt und dessen Kunden eine kostengünstige Abholung und Zustellung binnen 24 Stunden erwarten. Denn nach der Rechtsprechung des Senats gelten für solche Paketdienstunternehmen keine geringeren Sorgfaltsanforderungen (vgl. BGHZ 149, 337, 349 ff. sowie BGH, Urt. v. 13.2.2003 - I ZR 128/00, TranspR 2003, 255, 257).

c) Auf dieser rechtlichen Grundlage hat das Berufungsgericht die Beklagte mit Recht für verpflichtet gehalten, den von der Klägerin vorgetragenen Vorwurf eines groben Organisationsverschuldens durch konkrete Angaben zum Ablauf des Warenumschlags zu entkräften. Denn nach der unangegriffen gebliebenen Feststellung des Berufungsgerichts liegt der Schadenshergang völlig im Dunkeln. Nimmt man die Weigerung der Beklagten hinzu, auch nur ansatzweise zu den von ihr gegen den Verlust von Transportgut ergriffenen Sicherheitsvorkehrungen vorzutragen, begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, daß das Berufungsgericht angenommen hat, der von der Klägerin vorgetragene
Sachverhalt biete hinreichende Rückschlüsse auf ungenügende Sicherheitsstandards , die den Schluß auf ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten i.S. des § 435 HGB rechtfertigten.
aa) Wenn wie im Streitfall der Schadenshergang völlig ungeklärt ist und der Frachtführer sich weigert, auch nur ansatzweise zum Organisationsablauf in seinem Betrieb vorzutragen, ist der Schluß auf ein qualifiziertes Verschulden schon aufgrund einer generalisierenden Betrachtungsweise geboten, weil der Anspruchsteller von den näheren Umständen der Behandlung des Transportgutes im Gewahrsamsbereich des Fixkostenspediteurs keine Kenntnis hat und eine solche Kenntnis auch nicht haben kann, während jener nähere Informationen in zumutbarem Umfang unschwer erteilen könnte. Unterläßt er dies, ist nicht nur der Schluß auf das objektive Tatbestandsmerkmal der Leichtfertigkeit, sondern - entgegen der Auffassung der Revision - auch der Schluß auf das subjektive Erfordernis des Bewußtseins von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts gerechtfertigt. Denn in einem solchen Fall ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung regelmäßig nicht nur von einer Organisation des Betriebsablaufs auszugehen, die keinen hinreichenden Schutz der zu befördernden Güter gegen ein Abhandenkommen gewährleistet und sich in krasser Weise über die Sicherheitsinteressen des Vertragspartners hinwegsetzt (vgl. BGH, Urt. v. 12.1.1982 - VI ZR 286/80, TranspR 1982, 100, 101 = VersR 1982, 369; BGHZ 145, 170, 183), sondern auch von einer sich dem Handelnden aus seinem leichtfertigen Verhalten aufdrängenden Erkenntnis, es werde mit Wahrscheinlichkeit ein Schaden entstehen (vgl. hierzu BGHZ 74, 162, 168).
bb) Dieser Annahme steht nicht entgegen, daß der Verschuldensbegriff der Leichtfertigkeit in § 435 HGB, der vom Bewußtsein der Wahrscheinlichkeit
des Schadenseintritts getragen sein muß, nicht mit dem in den bisherigen transportrechtlichen Regelungen verwendeten Begriff der groben Fahrlässigkeit gleichzusetzen ist.
Die Revision weist zwar zutreffend darauf hin, daß nicht mit jedem leichtfertigen Verhalten ein Bewußtsein der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts verbunden sein muß (vgl. BGHZ 74, 162, 168). Das ändert jedoch nichts daran, daß der Schluß auf das Bewußtsein der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts auch im Rahmen typischer Geschehensabläufe naheliegen kann. Von einem solchen typischen Geschehensablauf, der den Schluß auf das Bewußtsein der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts zuläßt, ist auszugehen , wenn - wie im Streitfall - der Fixkostenspediteur über sichernde Maßnahmen in der Organisation seines Betriebs und zum Schadenshergang keinen Vortrag hält (vgl. Herber, TranspR 2003, 164, 165 f.).
Entgegen der Auffassung der Revision widerlegt die von ihr behauptete, im Verhältnis zu der Anzahl der bei der Beklagten umgeschlagenen Pakete äußerst geringe Verlustquote für sich allein nicht die Annahme des Bewußtseins der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. Dem steht schon entgegen, daß die Beklagte verpflichtet ist, jeglichem Verlust des in ihre Obhut gelangten Gutes durch geeignete und ausreichende Sicherheitsvorkehrungen entgegenzuwirken. Aus der geringen Verlustquote ergeben sich im übrigen auch keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme, daß in der theoretischen oder praktischen Durchführung der Organisation der Beklagten im hier maßgeblichen Zeitraum schwerwiegende Mängel nicht vorgelegen haben (vgl. BGH TranspR 1998, 262, 264 f. = VersR 1998, 657).
cc) Auf die Rügen der Revision gegen die Hilfserwägung des Berufungsgerichts , ein leichtfertiges und vom Bewußtsein der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts getragenes Verhalten der Beklagten sei auch deshalb anzunehmen , weil ihr aus zahlreichen von ihm entschiedenen Rechtsstreitigkeiten bekannt sei, welche Sicherheitsstandards von ihr gefordert würden, und sie diese Erfahrungen nicht zum Anlaß genommen habe, ihre Betriebsorganisation zu verändern, kommt es danach nicht mehr an.
3. Im Ergebnis ohne Erfolg wendet sich die Revision auch gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin müsse sich die unterlassene Wertdeklaration bei der in Verlust geratenen Sendung nicht als Mitverschulden der Absenderin anrechnen lassen.

a) Der Senat hat zur Rechtslage vor Inkrafttreten des Transportrechtsreformgesetzes am 1. Juli 1998 allerdings entschieden, daß ein Paketversender in einen nach § 254 Abs. 1 BGB beachtlichen Selbstwiderspruch geraten kann, wenn er trotz Kenntnis, daß der Spediteur die Sendung bei zutreffender Wertangabe mit größerer Sorgfalt behandelt, von einer Wertdeklaration absieht. Mit seinem Verzicht auf die vom Spediteur angebotenen weitergehenden Schutzvorkehrungen setzt der Versender das Transportgut bewußt einem erhöhten Verlustrisiko aus mit der Folge, daß ihm der eingetretene Schaden bei wertender Betrachtung gemäß § 254 BGB anteilig zuzurechnen ist (vgl. BGHZ 149, 337, 353; BGH TranspR 2003, 255, 258). Ein anspruchsminderndes Mitverschulden kann sich gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB auch daraus ergeben, daß der Geschädigte es unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen mußte (vgl. BGHZ 149, 337, 353).


b) Hieran hat sich durch das Transportrechtsreformgesetz grundsätzlich nichts geändert. Maßgeblich sind nunmehr § 425 Abs. 2 und § 461 Abs. 3 HGB. Diese Bestimmungen, die den Rechtsgedanken des § 254 BGB aufgreifen und an Art. 17 Abs. 2 und 5 CMR angelehnt sind, fassen alle Fälle mitwirkenden Verhaltens des Ersatzberechtigten in einer Vorschrift zusammen (vgl. Begr. z. Gesetzentwurf d. Bundesregierung, BT-Drucks. 13/8445, S. 60; MünchKomm. HGB/Dubischar, Aktualisierungsband zum Transportrecht, § 425 Rdn. 4; Fremuth aaO § 425 HGB Rdn. 2, 63; Gass aaO § 425 Rdn. 44 f.).
Zwar wird die Auffassung vertreten, daß im Falle eines qualifizierten Verschuldens des Frachtführers i.S. des § 435 HGB die Berücksichtigung eines mitwirkenden Schadensbeitrags nach § 425 Abs. 2 HGB ausscheide, weil dann alle Haftungsbefreiungen und -begrenzungen und somit auch diejenigen des § 425 Abs. 2 HGB entfielen (vgl. Gass aaO § 425 Rdn. 48; Koller aaO § 425 HGB Rdn. 83, Art. 29 CMR Rdn. 8; vgl. auch BGH, Urt. v. 27.6.1985 - I ZR 40/83, TranspR 1985, 338, 340 = VersR 1985, 1060 zu Art. 17 Abs. 5 u. Art. 29 CMR). Dem kann jedoch nicht beigetreten werden. Die unbeschränkte Haftung des Frachtführers gemäß § 435 HGB gründet sich ausschließlich auf Umstände aus seiner Sphäre. Die Vorschrift besagt dagegen nichts über eine Mithaftung des Versenders oder Empfängers aufgrund von schadensursächlichen Umständen aus deren Bereich.
Im vorliegenden Fall kann aber nicht davon ausgegangen werden, daß die unterlassene Wertdeklaration den Schaden tatsächlich mitverursacht hat (vgl. dazu BGHZ 149, 337, 355 sowie BGH, Urt. v. 8.5.2003 - I ZR 234/02, Umdr. S. 6 f.). Voraussetzung hierfür wäre, daß die Beklagte bei richtiger Wert-
angabe ihre Sorgfaltspflichten besser erfüllt hätte und es dann zumindest zu einer Verringerung des Verlustrisikos gekommen wäre (vgl. BGH, Urt. v. 8.5.2003 - I ZR 234/02, Umdr. S. 7). Dazu läßt sich den Feststellungen im Berufungsurteil nichts entnehmen. Die Revision macht nicht geltend, daß das Berufungsgericht einen entsprechenden Sachvortrag der Beklagten in den Tatsacheninstanzen verfahrensfehlerhaft übergangen hat.
III. Danach war die Revision mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Ullmann Bornkamm Pokrant
Büscher Schaffert

Die in diesem Unterabschnitt und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen gelten nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine in § 428 genannte Person vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewußtsein, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen hat.

(1) Soweit der Frachtvertrag nicht die Beförderung von Briefen oder briefähnlichen Sendungen zum Gegenstand hat, kann von den Haftungsvorschriften in § 413 Absatz 2, den §§ 414, 418 Absatz 6, § 422 Absatz 3, den §§ 425 bis 438, 445 Absatz 3 und § 446 Absatz 2 nur durch Vereinbarung abgewichen werden, die im Einzelnen ausgehandelt wird, auch wenn sie für eine Mehrzahl von gleichartigen Verträgen zwischen denselben Vertragsparteien getroffen wird. Der Frachtführer kann sich jedoch auf eine Bestimmung im Ladeschein, die von den in Satz 1 genannten Vorschriften zu Lasten des aus dem Ladeschein Berechtigten abweicht, nicht gegenüber einem im Ladeschein benannten Empfänger, an den der Ladeschein begeben wurde, sowie gegenüber einem Dritten, dem der Ladeschein übertragen wurde, berufen.

(2) Abweichend von Absatz 1 kann die vom Frachtführer zu leistende Entschädigung wegen Verlust oder Beschädigung des Gutes auch durch vorformulierte Vertragsbedingungen auf einen anderen als den in § 431 Absatz 1 und 2 vorgesehenen Betrag begrenzt werden, wenn dieser Betrag

1.
zwischen 2 und 40 Rechnungseinheiten liegt und der Verwender der vorformulierten Vertragsbedingungen seinen Vertragspartner in geeigneter Weise darauf hinweist, dass diese einen anderen als den gesetzlich vorgesehenen Betrag vorsehen, oder
2.
für den Verwender der vorformulierten Vertragsbedingungen ungünstiger ist als der in § 431 Absatz 1 und 2 vorgesehene Betrag.
Ferner kann abweichend von Absatz 1 durch vorformulierte Vertragsbedingungen die vom Absender nach § 414 zu leistende Entschädigung der Höhe nach beschränkt werden.

(3) Ist der Absender ein Verbraucher, so kann in keinem Fall zu seinem Nachteil von den in Absatz 1 Satz 1 genannten Vorschriften abgewichen werden, es sei denn, der Frachtvertrag hat die Beförderung von Briefen oder briefähnlichen Sendungen zum Gegenstand.

(4) Unterliegt der Frachtvertrag ausländischem Recht, so sind die Absätze 1 bis 3 gleichwohl anzuwenden, wenn nach dem Vertrag sowohl der Ort der Übernahme als auch der Ort der Ablieferung des Gutes im Inland liegen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 123/03 Verkündet am:
30. März 2006
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : ja
BGHR : ja
BGB §§ 133 B, 157 Ga;
AGB Deutsche Post AG (Stand: 1.3.2001) Abschn. 2 Abs. 2 Nr. 7
Trotz der Bestimmung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Deutschen
Post, wonach sie keinen Vertrag über die Beförderung von Sendungen
mit bestimmtem Inhalt (hier: ungefasste Edelsteine in einem Wert von mehr als
1.000 DM) schließe, kommt ein Beförderungsvertrag über eine an sich ausgeschlossene
Sendung zustande, wenn die fragliche Sendung von Mitarbeitern
der Post in Unkenntnis des Inhalts am Schalter entgegengenommen wird.
AGB Deutsche Post AG (Stand: 1.3.2001) Abschn. 6 Abs. 2 Satz 4
Die Regelung in Abschn. 6 Abs. 2 Satz 4 der AGB der Deutschen Post AG, wonach
diese nicht für ausgeschlossene Sendungen gemäß Abschn. 2 Abs. 2 ihrer
AGB haftet, stellt keine Leistungsbeschreibung dar und lässt beim Vorliegen
der Voraussetzungen des § 435 HGB auch bei Verbotsgütern die volle Haftung
der Deutschen Post AG unberührt.
Zur Haftungsabwägung, wenn die Deutsche Post AG beim Verlust einer Sendung
ein grobes Verschulden i.S. von § 435 HGB trifft und der Absender hätte
wissen müssen, dass die Deutsche Post AG die Sendung bei Angabe ihres
Werts mit größerer Sorgfalt behandelt hätte.
BGH, Urt. v. 30. März 2006 - I ZR 123/03 - OLG Köln
LG Bonn
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. März 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird unter Zurückweisung der Anschlussrevision der Klägerin das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 8. April 2003 im Kostenpunkt und hinsichtlich der Entscheidung zum Mitverschulden aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist Transportversicherer des F. R. , der in I. eine Werkstätte für Edelsteinschmuck betreibt (im Weiteren: Versicherungsnehmer ). Sie nimmt die Beklagte, die Deutsche Post AG, wegen des Verlusts einer Sendung aus übergegangenem und abgetretenem Recht auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Der Versicherungsnehmer hat am 12. September 2001 drei ungefasste Diamanten im Gesamtwert von 7.400 € an M. R. (im Weiteren: Absenderin ) nach München übersandt. Die Absenderin lieferte die Steine am 13. September 2001 bei einer Niederlassung der Beklagten in München zur Rückübersendung per Expressbrief an den Versicherungsnehmer ein. Der Einlieferungsbeleg enthielt neben einem Hinweis auf die Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten für den Frachtdienst Inland (PAKET/ EXPRESS NATIONAL) (im Weiteren: AGB) die Angabe: "Der Absender versichert , dass die eingelieferte(n) Sendung(en) keine ausgeschlossenen Güter (Verbotsgut) gemäß Abschnitt 2 Absatz 2 enthält/enthalten."
3
Die Sendung mit den Steinen des Versicherungsnehmers wurde zuletzt am 14. September 2001 um 9.08 Uhr in der Niederlassung der Beklagten in Frankfurt per Scanner erfasst. Ihr weiterer Verbleib konnte nicht aufgeklärt werden. Die Klägerin, die den Schaden des Versicherungsnehmers reguliert hat, nimmt die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit auf Ersatz des dem Versicherungsnehmer entstandenen Schadens nebst Zinsen in Anspruch.
4
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat die Auffassung vertreten , dass sie der Klägerin im Hinblick auf ihre AGB keinen Schadensersatz zu leisten habe.
5
Die seinerzeit geltenden Abschnitte 2, 3 und 6 der AGB (Stand: 1. März 2001) hatten folgenden Wortlaut: "2 Vertragsverhältnis - Begründung und Ausschlüsse (1) Beförderungsverträge kommen vorbehaltlich der Regelung in Absatz 2 durch die Übergabe von Sendungen durch oder für den Absender und deren Übernahme in die Obhut der Deutschen Post oder von ihr beauftragter Transportunternehmen (Einlieferung bzw. Abholung) nach Maßgabe der vorliegenden AGB zustande. … (2) Die Deutsche Post schließt keinen Vertrag über die Beförderung folgender Sendungen (ausgeschlossene Sendungen); Mitarbeiter der Deutschen Post und sonstige Erfüllungsgehilfen sind nicht berechtigt , Beförderungsverträge über solche Sendungen zu schließen : … 7. Express-Sendungen, die ungefasste Edelsteine im Gesamtwert von mehr als 1.000 DM/511,29 € enthalten; … (3) Entspricht eine Sendung hinsichtlich ihrer Beschaffenheit (Größe , Format, Gewicht, Inhalt usw.) oder in sonstiger Weise nicht den in Abschnitt 1 Abs. 2 genannten Bedingungen oder diesen AGB, so steht es der Deutschen Post frei, 1. die Annahme der Sendung zu verweigern oder 2. eine bereits übergebene/übernommene Sendung zurückzugeben oder zur Abholung bereitzuhalten oder 3. diese ohne Benachrichtigung des Absenders zu befördern und ein entsprechendes Nachentgelt gemäß Abschnitt 5 Abs. 3 zu erheben. Entsprechendes gilt, wenn bei Verdacht auf Sendungen mit den in Absatz 2 genannten Inhalten oder auf sonstige Vertragsverstöße der Absender auf Verlangen der Deutschen Post Angaben dazu verweigert. (4) Erlangt die Deutsche Post erst nach Übergabe der Sendung Kenntnis davon, dass die Sendung ausgeschlossene Güter enthält, oder verweigert der Absender auf Verlangen der Deutschen Post bei Verdacht auf ausgeschlossene Güter Angaben dazu, erklärt die Deutsche Post bereits jetzt die Anfechtung des Beförderungsvertrages wegen Täuschung. Die Deutsche Post ist nicht zur Prüfung von Beförderungsausschlüssen gemäß Absatz 2 verpflichtet; sie ist jedoch bei Verdacht auf solche Ausschlüsse zur Öffnung oder Überprüfung der Sendungen berechtigt. Der Absender trägt die alleinige Verantwortung und das Risiko für alle Folgen, die aus einem - auch nach anderen Bestimmungen als diesen AGB - unzulässigen Güterversand resultieren. … 3 Rechte, Pflichten und Obliegenheiten des Absenders … (3) Dem Absender obliegt es, ein Produkt der Deutschen Post oder ihrer verbundenen Unternehmen mit der Haftung zu wählen, die seinen Schaden bei Verlust, Beschädigung oder einer sonst nicht ordnungsgemäßen Leistung der Deutschen Post oder ihrer verbundenen Unternehmen am ehesten deckt. … 6 Haftung (1) Die Deutsche Post haftet für Schäden, die auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen sind, die sie, einer ihrer Leute oder ein sonstiger Erfüllungsgehilfe (§ 428 HGB) vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewusstsein, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen hat, ohne Rücksicht auf die nachfolgenden Haftungsbeschränkungen. Für Schäden, die auf das Verhalten ihrer Leute oder Erfüllungsgehilfen zurückzuführen sind, gilt dies nur, soweit diese Personen in Ausübung ihrer Verrichtungen gehandelt haben. (2) Die Deutsche Post haftet im Übrigen für Verlust, Beschädigung und Lieferfristüberschreitung von bedingungsgerechten Sendungen (vgl. Abschnitt 2 Abs. 2) sowie für die schuldhafte nicht ordnungsgemäße Erfüllung sonstiger Vertragspflichten nur im Umfang des unmittelbaren vertragstypischen Schadens bis zu den gesetzlichen Haftungsgrenzen. Die Deutsche Post ist auch von dieser Haftung befreit, soweit der Schaden auf Umständen beruht, die sie auch bei größter Sorgfalt nicht vermeiden und deren Folgen sie nicht abwenden konnte (z.B. Streik, höhere Gewalt). Die in §§ 425 Abs. 2 und 427 HGB genannten Fälle der Schadensteilung und besonderen Haftungsausschlussgründe bleiben unberührt. Die Deutsche Post haftet ferner nicht für ausgeschlossene Sendungen gemäß Abschnitt 2 Absatz 2. …"
6
Das Berufungsgericht hat der im ersten Rechtszug erfolglosen Klage in Höhe von 4.933,33 € stattgegeben und die Berufung der Klägerin im Übrigen zurückgewiesen (OLG Köln VersR 2003, 1148).
7
Mit ihrer (vom Berufungsgericht zugelassenen) Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter.
8
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Anschlussrevision gegen die teilweise Abweisung der Klage. Die Beklagte beantragt, die Anschlussrevision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


9
I. Das Berufungsgericht hat die Klage für teilweise begründet erachtet und hierzu ausgeführt:
10
Zwischen der Absenderin und der Beklagten sei trotz Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 7 AGB durch die Annahme und Beförderung der Sendung ein Frachtvertrag i.S. des § 407 HGB zustande gekommen. Die Beklagte habe keinen Gebrauch von den in Abschnitt 2 Abs. 3 AGB enthaltenen Möglichkeiten gemacht. Die in Abschnitt 2 Abs. 4 AGB erklärte Anfechtung greife nicht durch, weil die Beklagte ein arglistiges Verhalten der Absenderin nicht dargelegt habe. Die in Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 7 und Abschnitt 6 Abs. 2 Satz 4 AGB enthaltenen Bestimmungen legten nicht die vertraglichen Leistungspflichten fest, sondern regelten einen Haftungsausschluss. Dieser sei gemäß § 449 Abs. 2 HGB unwirksam. Der Expressbrief sei weder ein Brief noch eine briefähnliche Sendung. Mangels hinrei- chenden Sachvortrags sei ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten i.S. von § 435 HGB zu vermuten.
11
Die Klägerin müsse sich jedoch ein Mitverschulden in Höhe von einem Drittel anrechnen lassen. Der Versand wertvoller Diamanten per Expressbrief sei äußerst riskant. Der Absenderin habe allerdings die sehr klein gedruckte Erklärung auf dem Einlieferungsbeleg, dass die Sendung keine verbotenen Güter enthalte, nicht auffallen müssen. Ihr sei aber vorzuwerfen, dass sie sich nicht über die AGB sowie die Möglichkeit informiert habe, einen Brief mit derart wertvollem Inhalt sicher zu versenden. Das Mitverschulden der Absenderin sei für den Schadenseintritt ursächlich gewesen. Die Sendung hätte nur mit dem von der Beklagten betriebenen Werttransportdienst befördert werden können. Dieser sei zwar teurer als der Expressdienst; bei ihm werde das Transportgut aber mit größerer Sorgfalt behandelt. Der überwiegende Verursachungsbeitrag falle der Beklagten zur Last, deren Leute sich strafbar gemacht hätten.
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II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung insoweit stand, als das Berufungsgericht die Haftung der Beklagten dem Grunde nach bejaht und zu Lasten der Klägerin einen Mitverursachungsbeitrag von einem Drittel angenommen hat. Mit Erfolg wendet sich die Revision der Beklagten gegen die vom Berufungsgericht im Rahmen des § 425 Abs. 2 HGB vorgenommene Abwägung der beiderseitigen Schadensverursachungsanteile. Keinen Erfolg hat dagegen die Anschlussrevision der Klägerin.
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1. Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen für eine vertragliche Haftung der Beklagten nach §§ 407, 425 Abs. 1 HGB ohne Rechtsverstoß bejaht.
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a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Frachtvertrag zwischen der Beklagten und der Absenderin zustande gekommen ist. Es hat daher auch bei der Frage, auf wessen Sicht es für die Beurteilung der Rechte aus dem Frachtvertrag ankommt, mit Recht entgegen der Ansicht der Revision nicht auf die Person des Versicherungsnehmers, sondern auf die Person der Absenderin abgestellt. Der Umstand allein, dass die Ware zuvor von dem Versicherungsnehmer an die Absenderin versandt worden war, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Davon unberührt bleibt die Berechtigung des Versicherungsnehmers bzw. - nach dem erfolgten Rechtsübergang - der Klägerin , die im Hinblick auf den Verlust des Gutes aus dem Frachtvertrag bestehenden Ansprüche gegen die Beklagte im eigenen Namen geltend zu machen (§ 421 Abs. 1 Satz 2 und 3 HGB).
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b) Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , zwischen der Absenderin und der Beklagten sei trotz der Verbotsgutklausel in Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 7 AGB ein wirksamer Frachtvertrag durch schlüssiges Verhalten zustande gekommen. Die Übernahme der ihrem Inhalt nach nicht erkennbaren Sendung durch die Mitarbeiter der Beklagten am Schalter konnte aus der Sicht der Absenderin nur dahin verstanden werden, dass die Beklagte ungeachtet des Wortlauts dieser Klausel einen Vertrag schließen wollte (§§ 133, 157 BGB). Die AGB der Beklagten stehen dem nicht entgegen.
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aa) Die Auslegung der über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinaus verwendeten AGB der Beklagten unterliegt in vollem Umfang revisionsrechtlicher Überprüfung (st. Rspr.; vgl. BGHZ 151, 337, 346 f. m.w.N.).
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bb) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und nach ihrem typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verstän- digen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden. Bei der insoweit gebotenen objektiven Auslegung ist daher zu prüfen, wie die Allgemeinen Geschäftsbedingungen vom angesprochenen Kundenkreis vernünftigerweise aufgefasst werden durften. Ausgangspunkt der Auslegung ist in erster Linie der Wortlaut der verwendeten Bestimmung. Daneben kommt es auf den Sinn und Zweck und die systematische Stellung der fraglichen Klausel innerhalb des Gesamtwerks an, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Kunden maßgeblich sind (BGHZ 151, 337, 348). Diese Grundsätze gelten auch für Klauseln, die leistungsbeschreibender Art sind (vgl. Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen, AGBGesetz , 9. Aufl., § 5 Rdn. 3a und § 8 Rdn. 2; Staudinger/Schlosser, BGB [1998], § 5 AGBG Rdn. 2; MünchKomm.BGB/Basedow, 4. Aufl., § 8 AGBG Rdn. 19 und Bd. 2a § 307 Rdn. 19).
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cc) Nach dem Wortlaut von Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 7 AGB will die Beklagte bei ungefassten Edelsteinen im Gesamtwert von mehr als 1.000 DM (= 511,29 €) allerdings keinerlei vertragliche Verpflichtung eingehen. Diese Bestimmung darf jedoch nicht isoliert gesehen werden, sondern ist im systematischen Zusammenhang mit Abschnitt 2 Abs. 4 und Abschnitt 6 AGB zu beurteilen , die auf sie Bezug nehmen. Danach wird vorsorglich die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung für den Fall erklärt, dass die Beklagte erst nach der Übergabe der Sendung Kenntnis davon erhält, dass diese verbotene Güter enthält. Abschnitt 6 regelt u.a. die Haftung der Beklagten bei verbotenen Gütern. Im Hinblick darauf kann dahinstehen, ob diese Klausel auch intransparent ist.
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dd) Die Regelungen könnten aus der Sicht eines verständigen Postkunden im Übrigen nur dann einen Sinn ergeben, wenn vom Zustandekommen eines Vertrags ausgegangen wird. Nach dem Gesamtzusammenhang der AGB kann aus der Regelung in ihrem Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 7 mithin nicht entnom- men werden, dass die Beklagte das Zustandekommen von Beförderungsverträgen über verbotene Güter von vornherein für alle Fälle ausschließen wollte. Vielmehr bringt sie insoweit zum Ausdruck, dass sie sich nach dem Abschluss eines Beförderungsvertrags über sogenannte ausgeschlossene Sendungen ihr weiteres Vorgehen vorbehalten will.
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ee) Die vorstehende Beurteilung der Klausel entspricht im Übrigen auch der herrschenden Meinung zur Auslegung der insoweit vergleichbaren Bestimmungen der § 54 EVO a.F., § 8 KVO a.F. und Art. 4 CIM (vgl. zu § 54 EVO a.F.: Czerwenka/Heidersdorf/Schönbeck, Eisenbahn-Beförderungsrecht, 4. Aufl., Lfg. 1/97, § 54 Anm. 1b; zu § 8 KVO a.F.: Koller, Transportrecht, 2. Aufl., § 8 KVO Rdn. 1; zu Art. 4 CIM: Koller, Transportrecht, 5. Aufl., Art. 4 CIM Rdn. 5).
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c) Mit Recht hat das Berufungsgericht die von der Beklagten geltend gemachte Anfechtung ihrer Vertragserklärung nach § 123 BGB mangels Darlegung eines arglistigen Verhaltens der Absenderin nicht durchgreifen lassen. Allerdings ist ein Vertrag zugunsten Dritter auch dann nach § 123 BGB anfechtbar , wenn der Dritte selbst getäuscht hat (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 123 Rdn. 12; MünchKomm.BGB/Kramer aaO § 123 Rdn. 25). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war der Versicherungsnehmer jedoch am Vertragsschluss zwischen der Beklagten und der Absenderin in keiner Weise beteiligt. Damit fehlte es schon an einer Täuschung durch den Versicherungsnehmer der Klägerin.
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d) Die Ansprüche aus dem Frachtvertrag sind entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Absenderin ihrerseits der Beklagten gegenüber nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsschluss haftete. Zwar kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Fällen schuldhafter Irreführung sowie bei Falschangaben vor oder bei Ver- tragsschluss über die § 311 Abs. 2, §§ 280, 249 Abs. 1 BGB eine Lösung von dem abgeschlossenen Vertrag in Betracht kommen (vgl. BGH, Urt. v. 31.1.1962 - VIII ZR 120/60, NJW 1962, 1196, 1197; Urt. v. 26.9.1997 - V ZR 29/96, NJW 1998, 302, 303 f.; Urt. v. 6.4.2001 - V ZR 394/99, NJW 2001, 2875 ff.). Das Berufungsgericht hat die dafür erforderlichen Voraussetzungen ersichtlich als nicht erfüllt angesehen. Die Revision erhebt in dieser Hinsicht keine Rügen. Eine von der Absenderin etwa verletzte Aufklärungspflicht über den Inhalt der Sendung führte im Streitfall nicht zu einem Recht der Beklagten, die Aufhebung des Vertrags zu verlangen. Es ist anerkannt, dass der Verstoß gegen eine Rechtspflicht nur zum Ersatz desjenigen Schadens verpflichtet, dessen Eintritt durch die Einhaltung der Pflicht verhindert werden sollte (vgl. BGHZ 116, 209, 212 m.w.N.).
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2. Im Ergebnis ebenfalls ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Beklagte hafte für den eingetretenen Schaden nach § 435 HGB unbeschränkt. Die AGB der Beklagten stehen dem nicht entgegen.
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a) In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob die Regelung im Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 7 AGB einen Haftungsausschluss oder die einer Inhaltskontrolle entzogene Bestimmung oder Klarstellung der vertraglichen Leistungspflichten der Beklagten darstellt (vgl. BGH, Urt. v. 1.12.2005 - I ZR 103/04, Tz 21 m.w.N.). Das Berufungsgericht hat den von ihm angenommenen Haftungsausschluss für Verbotsgut nicht aus der dortigen Regelung, sondern aus Abschnitt 6 Abs. 2 Satz 4 AGB entnommen. Die zuletzt genannte Klausel schränkt die ohne sie nach dem Gesetz bestehende Haftung ein. Sie stellt daher , wie auch die Revision nicht in Zweifel zieht, keine Leistungsbeschreibung dar.
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b) Offen bleiben kann des Weiteren, ob die vom Gesetz abweichende Haftungsregelung in Abschnitt 6 AGB gegen § 449 Abs. 2 HGB verstößt oder, soweit sie Briefe oder briefähnliche Sendungen betrifft, wirksam ist. Die insoweit vorrangige Auslegung der AGB ergibt nämlich, dass die Beklagte selbst danach beim Vorliegen der Voraussetzungen des § 435 HGB auch bei Verbotsgütern von ihrer vollen Haftung ausgeht. Abschnitt 6 Abs. 1 AGB sieht für solche Fälle eine Haftung "ohne Rücksicht auf die nachfolgenden Haftungsbeschränkungen" vor. Eine Unterscheidung zwischen Verbotsgut und sogenannten bedingungsgerechten Sendungen erfolgt dort anders als in den nachfolgenden Bestimmungen nicht. Abschnitt 6 Abs. 2 der AGB behandelt die Haftung der Beklagten "im Übrigen", d.h. soweit die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht vorliegen. Wie mit den Parteien in der mündlichen Verhandlung erörtert wurde, enthält Abschnitt 6 der AGB der Beklagten nach seinem Wortlaut und nach seiner Systematik gemäß dem Grundsatz, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen kundenfreundlich auszulegen sind, allein in Bezug auf diesen Bereich für bedingungsgerechte Sendungen eine Haftungsbegrenzung und für Verbotsgüter einen Haftungsausschluss.
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c) Das Berufungsgericht hat auch ein qualifiziertes Verschulden i.S. von § 435 HGB ohne Rechtsfehler bejaht. Die Revision rügt ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe die Anforderungen an die Einlassungsobliegenheit der Beklagten überspannt.
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Die Beklagte konnte den Eintritt des Schadens und den Schadensbereich in zeitlicher, räumlicher und personeller Hinsicht nur insoweit eingrenzen, als sie festgestellt hat, dass das Transportgut nach seinem Eingang in dem Umschlagslager in Frankfurt verloren gegangen ist. Ihr Vortrag in den Schriftsätzen vom 31. Mai und 20. September 2002 lässt, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, nicht hinreichend erkennen, dass sie über ein Siche- rungssystem verfügte, das es ihr ermöglicht hätte, den Verlauf der einzelnen Sendungen und die ausreichende Eingrenzung etwaiger Verlustfälle in örtlicher, zeitlicher und personeller Hinsicht nachzuvollziehen. Die in allgemeiner Form gehaltene Darstellung der Sicherheitsvorkehrungen in dem Umschlagslager reicht insoweit nicht aus (vgl. BGHZ 129, 345, 350; BGH, Urt. v. 4.3.2004 - I ZR 200/01, TranspR 2004, 460, 462). Bei dem Umschlag von Gütern handelt es sich um einen besonders schadensanfälligen Bereich, der deshalb insbesondere Ausgangskontrollen erfordert (vgl. BGHZ 158, 322, 330). Die Beklagte hat nicht vorgetragen, ob in dem Umschlagslager in Frankfurt eine Ausgangskontrolle der Sendungen erfolgt, die es ermöglichte, Angaben über deren weiteren Verbleib zu machen. Das Berufungsgericht hat daher zu Recht den Schluss auf ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten gezogen.
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3. Die Revision der Beklagten hat jedoch insoweit Erfolg, als sie sich gegen die vom Berufungsgericht hinsichtlich des Mitverschuldens getroffene Entscheidung richtet.
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a) Das Berufungsgericht ist im rechtlichen Ansatz zutreffend davon ausgegangen , dass ein Absender in einen nach § 425 Abs. 2 HGB beachtlichen Selbstwiderspruch geraten kann, wenn er trotz Kenntnis, dass der Frachtführer die Sendung bei zutreffender Wertangabe mit größerer Sorgfalt behandelt, von einer Wertdeklaration absieht und gleichwohl vollen Schadensersatz verlangt (BGHZ 149, 337, 353; BGH, Urt. v. 8.5.2003 - I ZR 234/02, TranspR 2003, 317, 318). Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung kann es für ein zu berücksichtigendes Mitverschulden auch ausreichen, wenn der Versender die sorgfältigere Behandlung von Wertsendungen durch den Frachtführer hätte kennen müssen. Ein Mitverschulden ist bereits dann anzunehmen, wenn diejenige Sorgfalt außer Acht gelassen wird, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens anzuwenden pflegt (BGH, Urt. v. 19.1.2006 - I ZR 80/03, Tz 21).
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b) Ein entsprechendes Kennenmüssen der Absenderin hat das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht bejaht. Aus Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 7 und Abschnitt 3 Abs. 3 AGB ergibt sich hinreichend deutlich, dass die Beklagte die Versendungsart Expressbrief bei Edelsteinen nur bis zur Wertgrenze von 511,29 € anbietet. Davon abgesehen liegt es nach der Lebenserfahrung auf der Hand, dass die Beklagte im Rahmen ihres umfassenden Dienstleistungsangebots für Wertgegenstände besondere Versendungsmöglichkeiten mit höheren Sicherheitsstandards bereithält.
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c) Das Berufungsgericht ist mit Recht auch davon ausgegangen, dass die von der Absenderin unterlassene Wertdeklaration für den Schadenseintritt mit ursächlich gewesen ist. Es hat in diesem Zusammenhang zutreffend darauf abgestellt, dass die Beklagte die Sendung, wenn deren Inhalt ihren Bediensteten offen gelegt worden wäre, nur mit dem von ihr betriebenen Werttransport befördert und dabei mit größerer Sorgfalt behandelt worden wäre. Die Revision rügt jedoch zu Recht, dass das Berufungsgericht zu Lasten der Beklagten von einer vorsätzlichen Straftat eines ihrer Mitarbeiter ausgegangen ist. Eine derartige Straftat ist im Rechtsstreit weder behauptet noch festgestellt worden. Die genaue Ursache für den Verlust der Sendung konnte vielmehr nicht aufgeklärt werden. Im Hinblick darauf ist eine neue Abwägung der beiderseitigen Verursachungsanteile an dem Schadenseintritt geboten, wobei auf Seiten der Beklagten nicht von einem strafbaren Verhalten eines ihrer Mitarbeiter, sondern lediglich von einem Verschulden i.S. von § 435 HGB auszugehen ist.
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4. Die Anschlussrevision hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass die Absenderin ein den Klageanspruch min- derndes Mitverschulden am Schadenseintritt trifft (vgl. zu vorstehend 3.). Der von ihm angenommene Mitverursachungsanteil der Absenderin von einem Drittel lässt keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Klägerin erkennen.
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III. Danach war das Berufungsurteil auf die Revision der Beklagten insoweit aufzuheben, als das Berufungsgericht den Schadensmitverursachungsanteil der Absenderin im Hinblick auf das von ihm zu Unrecht angenommene vorsätzliche Verhalten eines Beschäftigten der Beklagten lediglich auf ein Drittel beschränkt hat. In diesem Umfang war die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Im Übrigen war die Revision zurückzuweisen. Ebenfalls erfolglos war die Anschlussrevision der Klägerin.
Ullmann Bornkamm Büscher
Schaffert Bergmann
Vorinstanzen:
LG Bonn, Entscheidung vom 26.09.2002 - 14 O 69/02 -
OLG Köln, Entscheidung vom 08.04.2003 - 3 U 146/02 -

Die in diesem Unterabschnitt und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen gelten nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine in § 428 genannte Person vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewußtsein, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen hat.

Die Entscheidung braucht nicht begründet zu werden, soweit das Revisionsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 547.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)