Bundesgerichtshof Urteil, 07. Feb. 2017 - 5 StR 471/16

bei uns veröffentlicht am07.02.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
5 StR 471/16
vom
7. Februar 2017
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:070217U5STR471.16.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 7. Februar 2017, an der teilgenommen haben:
Richter Prof. Dr. Sander als Vorsitzender,
Richterin Dr. Schneider, Richter Dölp, Richter Prof. Dr. König, Richter Dr. Berger als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin K. als Verteidigerin,
Rechtsanwalt M. als Vertreter der Nebenkläger,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 27. Januar 2016 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit von der Anordnung der Sicherungsverwahrung abgesehen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägern im Revisionsverfahren insoweit entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

- Von Rechts wegen -

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten unter Teilfreispruch im Übrigen
1
wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in drei Fällen und wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in 13 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und acht Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die Nichtanordnung der Sicherungsverwahrung beschränkte und auf die Sachbeschwerde gestützte Revision der Staatsanwaltschaft. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat Erfolg.

I.


1. Nach den Feststellungen des Landgerichts bevorzugt der Angeklagte
2
Sexualität mit Jungen. In den Jahren 1990, 1993 und 2006 war er wegen Taten des (schweren) sexuellen Missbrauchs von Kindern zu Jugend- bzw. Freiheitsstrafen verurteilt worden, die er – teils nach Widerruf gewährter Strafaussetzungen – vollständig verbüßt hat. Ferner war der Angeklagte von 2007 bis 2014 unter anderem wegen Diebstahls zu weiteren, gleichermaßen in vollem Umfang verbüßten Freiheitsstrafen verurteilt worden.
Der deswegen unter Führungsaufsicht stehende Angeklagte missbrauch3 te im Zeitraum vom März bis Anfang Mai 2015 ein sechs- und ein siebenjähriges Nachbarskind, indem er insbesondere von einem der Jungen an sich den Oralverkehr vornehmen ließ, selbst an einem Jungen den Oralverkehr ausführte und bei beiden Jungen seinen Penis an den entblößten Analbereich hielt. Körperliche oder seelische Folgen der Taten bei den Geschädigten hat die Strafkammer nicht festgestellt.
2. Das Landgericht hat gegen den Angeklagten unter anderem
4
Einzelfreiheitsstrafen von drei Jahren und neun Monaten, drei Jahren und drei Monaten sowie zweimal zwei Jahren und neun Monaten verhängt. Sachverständig beraten hat es jedoch die Anordnung der Sicherungsverwahrung abgelehnt. Es hat ausgeführt, dass zwar die formellen Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 Nr. 1a, 2 und 3 StGB gegeben seien und ein Hang zur Begehung gravierender Straftaten bestehe. Hingegen sei nicht feststellbar, dass der Angeklagte infolge dieses Hanges zu Straftaten neige, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt würden, und er deshalb zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich sei. Denn es seien weder schwere körperliche oder seelische Schäden bei den Opfern der Anlasstaten festzustellen noch Taten mit einer größeren Intensität zu erwarten.

II.


Die Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.
5
1. Die Revisionsbeschränkung auf den Maßregelausspruch ist wirksam.
6
Weder aus den Erwägungen zur Strafzumessung noch aus denjenigen zur unterbliebenen Anordnung der Sicherungsverwahrung ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass das Landgericht zwischen beiden Rechtsfolgenentscheidungen einen Zusammenhang hergestellt hat, der eine getrennte Prüfung beider Rechtsfolgen ausschließt (vgl. BGH, Urteil vom 28. April 2015 – 1 StR 594/14 mwN).
2. Die Nichtanordnung der Sicherungsverwahrung hält sachlich-recht7 licher Überprüfung nicht stand. Die Verneinung des Vorliegens der materiellen Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB weist durchgreifende Rechtsfehler auf.
Das Landgericht ist von einem falschen rechtlichen Ansatz ausgegan8 gen, indem es seinen Blick auf die durch die Anlasstaten verursachten Folgen verengt hat.
Die in § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB als materielle Anordnungsvoraus9 setzung benannte Gefährlichkeit eines Angeklagten für die Allgemeinheit liegt vor, wenn infolge eines bei ihm bestehenden Hanges die bestimmte Wahrscheinlichkeit besteht, dass er auch in Zukunft Straftaten begehen wird, die eine erhebliche Störung des Rechtsfriedens darstellen (vgl. BGH, Beschluss vom
3. Dezember 2002 – 4 StR 416/02, NStZ-RR 2003, 108). Als wesentlichen Anhaltspunkt für die Beurteilung der Erheblichkeit zu erwartender Straftaten nennt das Gesetz eine schwere seelische oder körperliche Schädigung der Opfer. Bezugspunkt sind demnach die wahrscheinlichen Folgen der zu erwartenden Straftaten. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist bei Taten des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern typischerweise die Gefahr schwerwiegender psychischer Schäden verbunden (vgl. BGH, Urteile vom 24. März 2010 – 2 StR 10/10, BGHR StGB § 66 Abs. 1 Erheblichkeit 7; vom 23. April 2013 – 5 StR 617/12, MüKo-StGB/Ullenbruch/ Drenkhahn/Morgenstern , 3. Aufl., § 66 Rn. 103; BeckOK-StGB/Ziegler, 32. Edition, § 66 Rn. 14). Sie wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass aufgrund der konkreten Anlasstaten solche Schäden (zufällig) nicht eingetreten sind. Andere Umstände, die dafür sprechen könnten, dass sich die Gefahr bei künftigen entsprechenden Taten des Angeklagten nicht realisieren werde, sind den Urteilsgründen nicht zu entnehmen.
3. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass im
10
Hinblick auf die Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB im Urteil die für Vortaten verhängten Einzelstrafen im Einzelnen dargestellt werden müssen (vgl. BGH, Beschluss vom 23. September 2009 – 5 StR 340/09; MüKoStGB /Ullenbruch/Drenkhahn/Morgenstern, aaO, § 66 Rn. 65 f.). Gleiches gilt – umeine Prüfung der Wahrung der sogenannten Rückfallverjährungsfrist des § 66 Abs. 4 Satz 3 und 4 StGB zu ermöglichen – für die Tatzeiten der Vortaten und die exakte Dauer der Vorverbüßungszeiten (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 27. November 2009 – 3 StR 468/08, NStZ-RR 2009, 104).
Sander Schneider Dölp
König Berger

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(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 S t R 5 9 4 / 1 4
vom
28. April 2015
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 28. April
2015, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Graf,
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. Radtke
und die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Fischer,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts München II vom 16. Juni 2014 mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben, soweit die Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung abgelehnt worden ist. 2. Der Strafausspruch des vorgenannten Urteils wird klarstellend dahingehend gefasst, dass der Angeklagte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt ist. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere als Jugendschutzkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit einem Verstoß gegen Weisungen während der Führungsaufsicht sowie wegen eines weiteren Verstoßes gegen Weisungen während der Führungsaufsicht – dem Wortlaut des Tenors nach – zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Die Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung hat es abgelehnt. Auch die Anordnung einer weiteren Führungsaufsicht hat der Tatrichter nicht für veranlasst gehalten.
2
Gegen dieses Urteil wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten, auf das Unterbleiben der Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung beschränkten und auf die Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat Erfolg.

I.

3
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
4
1. Bei dem Angeklagten besteht eine Störung der Sexualpräferenz im Sinne einer Pädophilie (ICD-10 F65.4), die nach der Wertung der sachverstän- dig beratenen Strafkammer aber nicht als „fixierte pädosexuelle Deviation“ zu begreifen sei (UA S. 33). Er ist seit 1994 mehrfach wegen Sexualstraftaten zu Lasten von Kindern, vor allem Jungen, verurteilt worden. Im Einzelnen ist dazu Folgendes festgestellt:
5
a) Im Dezember 1994 wurde der Angeklagte wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten, bei Aussetzung der Vollstreckung zur Bewährung, verurteilt. Dem lag zugrunde, dass der Angeklagte vor zwei sechs und sieben Jahre alten Mädchen, die er zu beaufsichtigen übernommen hatte, sich am Unterkörper vollständig entkleidete, Onanierbewegun- gen ausführte und die Mädchen dazu veranlasste, seinen Penis anzufassen. Straferlass war im März 1998 eingetreten.
6
b) Die zweite Verurteilung erfolgte im Dezember 2000 wegen „sexuellen Missbrauchs von Kindern, drei rechtlich zusammentreffenden Fällen des Missbrauchs von Kindern in drei tatmehrheitlichen Fällen und schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern“. Gegen den Angeklagten wurde eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verhängt. Dieser Gesamtstrafe lag u.a. eine Einzelstrafe von einem Jahr und drei Monaten sowie eine weitere von einem Jahr Freiheitsstrafe zugrunde. Die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe war zur Bewährung ausgesetzt worden. Nach mehrfacher Verlängerung der Bewährungszeit trat Straferlass im Mai 2006 ein.
7
Der Verurteilung lagen sexuelle Übergriffe auf mehrere Jungen im Alter von zwölf und dreizehn Jahren zugrunde, vor allem auf den im Tatzeitraum zwölfjährigen A. . In einem der verfahrensgegenständlichen Fälle versuchte der Angeklagte dem Jungen einen Zungenkuss zu geben. Dies blieb jedoch erfolglos. Anschließend zog der Angeklagte dem Jungen Hose und Unterhose herunter, umfasste dessen Geschlechtsteil und masturbierte daran. An einem anderen Tag entblößte der Angeklagte wiederum den Unterkörper des Jungen, führte Onanierbewegungen an dessen Penis aus und sodann den Oralverkehr an dem Jungen durch, indem er dessen Geschlechtsteil solange in den Mund nahm, bis der Junge zum Samenerguss kam. Bei anderer Gelegenheit zog der Angeklagte zwei Jungen deren Hosen und Unterhosen aus, um im Anschluss daran vor den Augen des ebenfalls anwesenden A. an deren Geschlechtsteilen zu manipulieren. Das Unterfangen, einem der Jungen einen Zungenkuss zu geben, scheiterte an dessen Gegenwehr. Alle Taten ereigneten sich in der Wohnung des Angeklagten. Die später geschädigten Jun- gen kamen dorthin, weil sie bei dem Angeklagten Computerspiele ausführen durften und er ihnen Geld und Süßigkeiten schenkte.
8
c) Das Amtsgericht Nürnberg verurteilte den Angeklagten im April 2006 wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in zwei Fällen und sexuellen Missbrauchs von Kindern in drei Fällen sowie sexuellen Missbrauchs von zwei Kindern zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten. Eine der zugrunde liegenden Einzelfreiheitsstrafen betrug ein Jahr und sechs Monate, eine weitere ein Jahr. Bei den durch die Straftaten Geschädigten handelte es sich jeweils um Jungen im Alter zwischen neun und dreizehn Jahren.
9
In einem der dort verfahrensgegenständlichen Fälle hatte der Angeklagte den damals neunjährigen Geschädigten, mit dem er „seit ca. zwei Jahren … befreundet“ war (UA S. 10), in den Swimmingpool des Hauses eines Bekannten mitgenommen. Während eines gemeinsamen Nacktbadens hatte der Angeklagte mehrfach an den Penis des Jungen gefasst. Später hatte er sich mit geöffneter Hose auf die Beine des bekleidet auf einem Sofa liegenden Geschädigten gesetzt, dessen Hose und Unterhose nach unten gezogen, das Geschlechtsteil des Jungen angefasst und dieses geküsst. Die übrigen Taten hatten sich in der Wohnung des Angeklagten ereignet. Dem Angeklagten war es gelungen, die Geschädigten dazu zu veranlassen, den Handverkehr an ihm zu vollziehen oder von dem Angeklagten an ihnen vornehmen zu lassen. In einem Fall war es zu wechselseitigem Handverkehr zwischen dem Angeklagten und zwei zehnbzw. dreizehnjährigen Jungen gekommen.
10
Nach Vollverbüßung der genannten Gesamtfreiheitsstrafe trat Führungsaufsicht ein. Mit Beschluss vom 4. Dezember 2007 setzte die zuständige Straf- vollstreckungskammer die Dauer der Führungsaufsicht auf fünf Jahre fest. Zudem erteilte sie u.a. folgende Weisungen: „4. Dem Verurteilten wird verboten, Kontakt zu Kindern oder Ju- gendlichen aufzunehmen, insbesondere nicht mit ihnen zu verkehren , sie zu beschäftigen, sie auszubilden oder sie zu beherbergen. 5. Dem Verurteilten wird verboten, sich mit Kindern oder Jugendlichen alleine – ohne Beisein von Vertrauenspersonen der Kinder und Jugendlichen – in abgeschlossenen Räumlichkeiten oder an wenig frequentierten Örtlichkeiten aufzuhalten.“
11
d) Im September 2011 verurteilte das Landgericht München I den Angeklagten wegen Verstoßes gegen Weisungen während der Führungsaufsicht zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten. Die Vollstreckung der Strafe wurde für die Dauer von vier Jahren zur Bewährung ausgesetzt. Die Dauer der Führungsaufsicht verlängerte sich dadurch bis zum 20. September 2015.
12
Der Verurteilung lag eine durch den Angeklagten betriebene Kontaktaufnahme mit einem 13jährigen Jungen zugrunde. Dieser hatte angesichts eines geöffneten Fensters der im Hochparterre gelegenen Wohnung des Angeklagten bemerkt, dass er mit seiner Spielkonsole spielte. Der Angeklagte übergab dem Jungen den zugehörigen Joystick und ließ ihn vom Fensterbrett aus spielen. Das Angebot, in die Wohnung zu kommen, lehnte der Junge ab.
13
2. Zu den hier verfahrensgegenständlichen Taten hat das Landgericht festgestellt, dass der Angeklagte am Vormittag des 16. August 2013 den damals knapp zehn Jahre alten L. an einem in der Nähe der Wohnung des Angeklagten gelegenen Teich traf. Beide waren sich dort bereits zuvor be- gegnet und ins Gespräch gekommen. Im Keller der Wohnung des Angeklagten fielen L. zahlreiche dort gelagerte Spiele sowie ein noch verpackter „Renn- fahrersitz“ für eine Spielkonsole auf. L. und der Angeklagte verabredeten, den Sitz in dessen Wohnung aufzubauen. Während des Aufbaus zog der Angeklagte wegen der hohen Temperaturen sein Hemd aus. Der an den Jungen gerichteten Aufforderung, sein T-Shirt ebenfalls auszuziehen, kam dieser nicht nach. Vor Abschluss der Aufbauarbeiten erhielt L. um die Mittagszeit einen Anruf von seiner Familie, zum Essen nach Hause zu kommen. Bei der Verabschiedung ergriff der Angeklagte den Jungen unter den Achseln und hob ihn auf seine Augenhöhe hoch. Anschließend gab er L. „einen einige Sekunden dauernden Kuss auf den Mund, bei dem sich jeweils nur ihre Lippen berührten“ (UA S. 14). Zuvor, noch während der Arbeiten an dem Sitz, hatte der Angeklagte , bereits mit freiem Oberkörper, bei gleichzeitiger Umarmung L. auf den Mund geküsst. Die Dauer dieses Kusses war etwas kürzer als bei der Verabschiedung gewesen. L. empfand die Küsse als merkwürdig. Merkliche psychische Beeinträchtigungen bei ihm hat das Landgericht nicht feststellen können.
14
Beide vereinbarten, dass L. nach dem Mittagessen wieder zurückkehren sollte, um den Aufbau des Sitzes abzuschließen. Dazu zeigte der Angeklagte dem Jungen die Wohnungsklingel und riet ihm, zu Hause nicht von ihm, dem Angeklagten, zu erzählen. Eine halbe Stunde später kehrte L. in dessen Wohnung zurück und hielt sich dort für rund eine bis eineinhalb Stunden auf. Zu weiteren sexuell motivierten Berührungen kam es nicht.
15
Entweder während dieses Besuchs oder früherer Besuche von L. hatte der Angeklagte vorgeschlagen, sie könnten gemeinsam zum Poinger See zum Baden gehen. Er plane, ein Schiff mit Fernsteuerung zu kaufen, mit dem dann auch L. spielen könne. Eine Umsetzung des Plans erfolgte nicht mehr.
16
3. Das Landgericht hat das Verhalten des in seiner Schuldfähigkeit nicht eingeschränkten Angeklagten als sexuellen Missbrauch in Tateinheit mit einem Verstoß gegen Weisungen während der Führungsaufsicht sowie einem weiteren Fall eines solchen Verstoßes gewürdigt.
17
Die nicht nur flüchtigen, mit einer Umarmung bzw. dem Hochheben verbundenen Küsse seien angesichts des Fehlens einer engen und vertrauten emotionalen Beziehung zu dem Kind oberhalb der Erheblichkeitsschwelle liegende sexuelle Handlungen im Sinne von § 184g Nr. 1 StGB. Durch die jeweils auf einem gesonderten Tatentschluss beruhende unbegleitete Mitnahme von L. in die Wohnung des Angeklagten habe dieser in zwei Fällen gegen die Weisung gemäß Ziffer 5 des Beschlusses der Strafvollstreckungskammer vom 4. Dezember 2007 verstoßen. Die vor dem ersten Verlassen zur Mittagszeit erfolgten sexuellen Handlungen in Gestalt der Küsse auf den Mund stellten sich als einheitlicher Lebenssachverhalt dar, mit dem der Weisungsverstoß in zeitlicher Hinsicht teilidentisch sei. Die erneute Aufnahme des Jungen in die Wohnung nach dem Mittagessen hat das Landgericht als auf einem neuen Tatentschluss beruhend und deshalb als materiell-rechtlich eigenständige Tat gewertet. Ungeachtet der bereits verabredeten Rückkehr habe die zwischenzeitliche Abwesenheit von L. eine Zäsur bedeutet, die dem Angeklagten Anlass gegeben habe, die von ihm geschaffene Situation erneut zu bedenken.
18
Für die Tat gemäß § 176 Abs. 1 in Tateinheit mit § 145a Satz 1 StGB hat es eine Einzelfreiheitsstrafe von zwei Jahren verhängt, für den weiteren Verstoß gegen Weisungen während der Führungsaufsicht eine solche von einem Jahr. Daraus hat das Landgericht der Sache nach (unten III. Rn. 46) eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten gebildet.

19
4. Die Anordnung der Sicherungsverwahrung gemäß § 66 Abs. 1 StGB hat es trotz des Vorliegens der formellen Voraussetzungen aus § 66 Abs. 1 Nr. 1a i.V.m. Nr. 1c StGB aus materiellen Gründen abgelehnt. Der Angeklagte weise „unter Gesamtwürdigung seiner Person und seiner Taten gegenwärtig keinen Hang zu erheblichen Straftaten auf, d.h. solchen, durch welche die Op- fer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden“ (UA S. 39). Gestützt auf eingeholte Sachverständigengutachten geht das Landgericht davon aus, es bestehe eine mittlere Wahrscheinlichkeit (etwa 50 %) für die zukünftige Begehung von Verstößen gegen das Kontaktaufnahmeverbot sowie von Straftaten wie der verfahrensgegenständlichen (UA S. 40, 44). Diese stellten aber ebenso wie der durch das Landgericht München I 2011 abgeurteilte Verstoß gegen Weisungen während der Führungsaufsicht keine erheblichen Straftaten im Sinne von § 66 Abs. 1 Nr. 4 StGB dar (UA S. 44). Die Wahrscheinlichkeit zukünftiger Straftaten mit dem Intensitätsgrad der den Verurteilungen „1999, 2000 und 2005“ zugrundeliegenden Taten liege lediglich bei etwa 25 %.

II.

20
Die auf die Nichtanordnung der Sicherungsverwahrung beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.
21
1. Die Beschränkung des Rechtsmittels auf die Sicherungsverwahrung ist wirksam.
22
a) Schuldspruch und Rechtsfolgenausspruch weisen keine so enge Verbindung auf, dass – ausnahmsweise (näher Paul in Karlsruher Kommentar zur StPO, 7. Aufl., § 318 Rn. 7a mwN) – eine getrennte Überprüfung des angefoch- tenen Teils nicht möglich wäre. Die getroffenen Feststellungen zu den Taten gemäß § 145a StGB belegen die durch die Weisungsverstöße begründete konkrete Gefährdung des Maßregelzwecks. Einer ausdrücklichen Erwähnung dieser Gefährdung bedurfte es nicht, lag doch in einem der beiden Weisungsverstöße zugleich die Begehung einer neuen Sexualstraftat zu Lasten eines Kindes.
23
b) Innerhalb des Ausspruchs über die Rechtsfolgen besteht zwischen dem Strafausspruch und der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung grundsätzlich keine der Beschränkung entgegenstehende Wechselwirkung (BGH, Urteile vom 10. Oktober 2006 – 1 StR 284/06, NStZ 2007, 212, 213; vom 24. März 2010 – 2 StR 10/10, NStZ-RR 2010, 239; vom 24. November 2011 – 4 StR331/11, NStZ-RR 2012, 156 f.). Ein Ausnahmefall, bei dem auf Grund des Inhalts der Urteilsgründe im konkreten Fall ein innerer Zusammenhang zwischen Strafe und Nichtanordnung der Maßregel nicht auszuschließen ist (siehe dazu BGH, Urteil vom 23. Februar 1994 – 3 StR 679/93, NStZ 1994, 280, 281), liegt nicht vor. Aus dem Urteil ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass das Tatgericht die Höhe der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe in Abhängigkeit zu der unterbliebenen Maßregelanordnung gebracht hat.
24
Ebenso wenig hat das Landgericht zwischen den Gründen der Ablehnung der Anordnung der Sicherungsverwahrung einerseits und den Erwägungen für das Absehen von der Anordnung einer weiteren Führungsaufsicht (UA S. 45) eine Verknüpfung hergestellt.
25
c) Da die Teilrücknahme des Rechtsmittels, das ursprünglich auch den (Teil-)Freispruch des Angeklagten erfasste, vor Beginn der Revisionshauptverhandlung erklärt worden ist, hing die Wirksamkeit der (weiteren) Beschränkung nicht von der Zustimmung des Angeklagten ab (§ 303 Satz 1 StPO).
26
2. Das Unterbleiben der Anordnung der Sicherungsverwahrung gemäß § 66 Abs. 1 StGB hält sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand. Das Landgericht hat bereits die Bedeutung des „Hanges“ im Sinne von § 66Abs. 1 Nr. 4 StGB nicht zutreffend erkannt. Zudem mangelt es an der umfassenden Würdigung aller relevanten Umstände für die Beurteilung, ob von dem Angeklagten zukünftig erhebliche Straftaten zu erwarten sind, durch die Opfer körperlich oder seelisch schwer geschädigt werden (Gefährlichkeitsprognose).
27
a) Die formellen Voraussetzungen der Sicherungsverwahrung gemäß § 66 Abs. 1 StGB hat das Landgericht im Hinblick auf die früheren Verurteilungen des Angeklagten und die Vollstreckung der dort verhängten Strafen rechtsfehlerfrei festgestellt.
28
b) Die Begründung, mit der es einen Hang des Angeklagten abgelehnt hat, trägt allerdings nicht.
29
aa) Wie das Landgericht zunächst im rechtlichen Ausgangspunkt nicht verkannt hat, verlangt das Merkmal „Hang“ nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs einen eingeschliffenen inneren Zustand des Täters, der ihn immer wieder neue Straftaten begehen lässt. Hangtäter ist derjenige, der dauerhaft zu Straftaten entschlossen ist oder aufgrund einer festen eingewurzelten Neigung straffällig wird, wenn sich die Gelegenheit bietet, ebenso wie derjenige, der willensschwach ist und aus innerer Haltlosigkeit Tatanreizen nicht zu widerstehen vermag (etwa BGH, Urteile vom 25. Februar 1988 – 4 StR 720/87, BGHR StGB § 66 Abs. 1 Hang 1; vom 8. Juli 2005 – 2 StR 120/05, BGHSt 50, 188, 195 f.; Beschluss vom 6. Mai 2014 – 3 StR 382/13, NStZ-RR 2014, 271 f. mwN). Der Hang als eingeschliffenes Verhaltensmuster bezeichnet einen aufgrund umfassender Vergangenheitsbetrachtung festgestellten gegenwärtigen Zustand (BGH, Urteil vom 8. Juli 2005 – 2 StR 120/05, BGHSt 50, 188, 196; Beschlüsse vom 30. März 2010 – 3 StR 69/10, NStZ-RR 2010, 203; vom 6. Mai 2014 – 3 StR 382/13, NStZ-RR 2014, 271 f.; siehe auch BGH, Urteil vom 17. Dezember 2009 – 3 StR 399/09; zu den für den Hang bedeutsamen Kriterien näher Rissing-van Saan/Peglau in Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., Band 3, § 66 Rn. 126 ff.).
30
Von dem Hang bzw. der Hangtätereigenschaft ist die durch § 66 Abs. 1 Nr. 4 StGB ebenfalls geforderte Prognose über die zukünftige Gefährlichkeit des Täters zu trennen; die Merkmale sind nicht identisch (BGH, Urteil vom 8. Juli 2005 – 2 StR 120/05, BGHSt 50, 188, 196; Beschluss vom 30. März 2010 – 3 StR 69/10, NStZ-RR 2010, 203 f.; Ullenbruch/Drenkhahn/Morgenstern in Münchener Kommentar zum StGB, 2. Aufl., Band 2, § 66 Rn. 99 mwN; siehe auch BVerfG [2. Kammer des Zweiten Senats], Beschluss vom 5. August 2009 – 2 BvR 2098/08 u.a. Rn. 20). Vielmehr bildet der Hang ein wesentliches Krite- rium für die Gefährlichkeitsprognose (Senat, Urteil vom 19. Februar 2013 – 1 StR 275/12, NStZ-RR 2014, 13; vgl. auch BVerfGK 9, 108, 114; BVerfG [2. Kammer des Zweiten Senats], Beschluss vom 5. August 2009 – 2 BvR2098/08 u.a., Rn. 20). Diese schätzt die Wahrscheinlichkeit dafür ein, ob sich der Täter in Zukunft trotz seines Hangs erheblicher Straftaten enthalten kann oder nicht (BGH jeweils aaO). Nach der Rechtsprechung des Bundesge- richtshofs beeinflusst dabei der Grad der „Eingeschliffenheit“ der Verhaltens- weisen des Täters die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit der zukünftigen Begehung von Straftaten. Wird die Hangtätereigenschaft festgestellt, ist regelmäßig auch eine ausreichende Wahrscheinlichkeit gegeben; zwingend ist dies jedoch nicht (vgl. BGH, Urteile vom 13. September 1989 – 3 StR 150/89, BGHR StGB § 66 Abs. 1 Hang 4; vom 8. Juli 2005 – 2 StR 120/05, BGHSt 50, 188, 196; siehe auch BGH, Urteil vom 10. Januar 2007 – 1 StR 530/06, NStZ 2007, 464 Rn. 5).

31
bb) Diese Grundsätze hat das Landgericht verkannt und damit bereits einen rechtsfehlerhaften Maßstab für die Beurteilung der materiellen Anordnungsvoraussetzungen aus § 66 Abs. 1 Nr. 4 StGB herangezogen. Es hat die Unterschiede zwischen der Hangtätereigenschaft und der ihr zugrundeliegenden Umstände einerseits sowie die Gefährlichkeitsprognose und der für sie maßgeblichen Gesichtspunkte andererseits nicht bedacht. Bei den zur Ablehnung des Hanges des Angeklagten vom Tatgericht herangezogenen Kriterien (Gliederungsziffern F.III.2.-4. der Urteilsgründe, UA S. 40-45 oben) handelt es sich sämtlich um solche, denen für die Prognose über die Wahrscheinlichkeit zukünftiger Straftatbegehung des Angeklagten und den Schweregrad („erhebliche Straftaten“) der drohenden Straftaten Bedeutung zukommt. Für die anhand einer vergangenheitsbezogenen Betrachtung vorzunehmende Beurteilung der Hangtätereigenschaft sind sie nicht unmittelbar relevant.
32
Wegen des fehlerhaften Maßstabs mangelt es an tragfähigen Erwägungen , mit denen das Verneinen der Hangtäterschaft des Angeklagten hätte begründet werden können. Damit fehlt zugleich ein wesentliches Kriterium für die Gefährlichkeitsprognose (siehe oben Rn. 30).
33
c) Das Urteil beruht insoweit auch auf dem Rechtsfehler. Der Senat vermag nicht sicher auszuschließen, dass das Tatgericht die nicht im Ermessen stehende Sicherungsverwahrung gemäß § 66 Abs. 1 StGB angeordnet hätte, wenn es die Hangtätereigenschaft anhand eines zutreffenden Maßstabs gewürdigt und das Ergebnis dieser Würdigung in die Gefährlichkeitsprognose einbezogen hätte.
34
aa) Da das Landgericht die angesichts des strafrechtlich relevanten Vorlebens (mindestens mögliche) Hangtätereigenschaft des Angeklagten gar nicht in die Prognose über das zukünftig zu erwartende Legalverhalten einbezogen hat, tragen die sonst in die Prognose eingestellten Erwägungen über die Wahrscheinlichkeit der Begehung weiterer Straftaten des Angeklagten die Verneinung der materiellen Anordnungsvoraussetzungen nicht. Wie bereits aufgezeigt , ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs mit der Annahme der Hangtätereigenschaft – wegen der Bedeutung für die Prognose zukünftiger Gefährlichkeit – regelmäßig auch die Wahrscheinlichkeit der Begehung weiterer Straftaten durch den Angeklagten gegeben (vgl. BGH, Urteile vom 13. September 1989 – 3 StR 150/89, BGHR StGB § 66 Abs. 1 Hang 4; vom 20. Februar 2002 – 2 StR 486/01, BGHR StGB § 72 Sicherungszweck 6; vom 8. Juli 2005 – 2StR 120/05, BGHSt 50, 188, 196; vom 10. Januar 2007 – 1 StR 530/06, NStZ 2007, 464, 465). Anderes kann gelten, wenn nach der letzten hangbedingten Tat und dem Zeitpunkt der Urteilsverkündung neue Umstände eingetreten sind, die die Wahrscheinlichkeit künftiger (erheblicher) Straftaten entfallen lassen (BGH, Urteile vom 20. Februar 2002 – 2 StR 486/01, BGHR StGB § 72 Sicherungszweck 6; vom 10. Januar 2007 – 1 StR 530/06, NStZ 2007, 464, 465). Solche Umstände sind dem angefochtenen Urteil jedoch nicht zu entnehmen.
35
bb) Es sind auch keine sonstigen Gründe ersichtlich, die eine Anordnung der Sicherungsverwahrung gemäß § 66 Abs. 1 StGB als sicher ausgeschlossen erscheinen lassen. Auf der Grundlage der vom Landgericht getroffenen Feststellungen kann die Gefährlichkeit des Angeklagten für die Allgemeinheit selbst ungeachtet des zur Verkürzung der Prognosegrundlage führenden Wertungsfehlers nicht von vornherein ausgeschlossen werden.
36
(1) Soweit das Landgericht die fehlende Gefährlichkeit des Angeklagten (auch) mit zu erwartenden Erfolgen bei der Therapie des Angeklagten für den Fall der Umstellung auf eine Verhaltenstherapie begründet (siehe UA S. 39, 40, 43 f.), legt es wiederum einen nicht zutreffenden Maßstab zugrunde.
37
Gemäß § 66 Abs. 1 Nr. 4 StGB kommt es für die Gefährlichkeitsprognose auf den Zeitpunkt der Verurteilung an (näher Senat, Urteil vom 22. Oktober 2013 – 1 StR 210/13, NStZ-RR 2014, 273; BGH, Urteil vom 7. Januar 2015 – 2 StR 292/14 Rn. 18, NStZ 2015, 208, 209). Angesichts dessen können wäh- rend des Strafvollzugs denkbare Änderungen im Verhalten des Verurteilten oder sonstiger für seine zukünftige Gefährlichkeit bedeutsamer Umstände nur herangezogen werden, wenn dafür konkrete Anhaltspunkte oder tragfähige Gründe dargelegt sind (Senat, Urteil vom 19. Februar 2013 – 1 StR 275/12 Rn. 35; siehe auch Senat, Urteil vom 22. Oktober 2013 – 1 StR 210/13, NStZRR 2014, 273 sowie BGH, Urteil vom 7. Januar 2015 – 2 StR 292/14 Rn. 18, NStZ 2015, 208, 209 f.). Im Übrigen sind solche möglichen Veränderungen erst im Rahmen der obligatorischen Entscheidung gemäß § 67c Abs. 1 StGB vor dem Ende des Vollzugs der Freiheitsstrafe zu berücksichtigen.
38
Diesen Maßstäben wird das Tatgericht nicht gerecht, wenn es unter Berufung auf die zu Rate gezogenen Sachverständigen die den Anforderungen des § 66 Abs. 1 Nr. 4 StGB nicht genügende zukünftige Gefährlichkeit auch mit Erwägungen zu einer empfehlenswerten Verhaltenstherapie anstelle der bislang über lange Zeiträume in Anspruch genommenen psychoanalytisch ausgerichteten Therapie begründet (UA S. 39, 40, 43 f.). Angesichts der sonstigen Feststellungen über bisherige Therapien des Angeklagten lässt das Urteil nicht erkennen, aus welchen Gründen nunmehr bereits im Zeitpunkt des tatrichterlichen Urteils konkrete Anhaltspunkte für eine zukünftig nachhaltige Verhaltensänderung bestehen. Ausweislich der Feststellungen zur Person hat der Angeklagte bereits nach der Verurteilung im Dezember 2000 über einen Zeitraum von zwei Jahren an etwa 34 Therapiesitzungen bei einem Diplompsychologen teilgenommen. Weiterhin befand er sich nach der Verurteilung aus dem April 2006 für zwei Jahre in der sozialtherapeutischen Anstalt einer Justizvollzugsanstalt und nahm regelmäßig an den dortigen Therapiesitzungen teil (UA S. 7 f.). Ab 2009 erfolgte dann die bereits angesprochene psychoanalytisch ausgerichtete Therapie. Nachhaltige Verhaltensänderungen über eine von dem Tatgericht angenommene rückläufige Intensität der pädosexuellen Delinquenz hinaus sind nicht dargelegt. Da zudem die in den ab 2000 und 2006 durchgeführten, jeweils mehrjährigen Therapien in ihrer Ausrichtung nicht festgestellt sind, hätte es näherer Ausführungen dazu bedurft, warum die nunmehr seitens der im Erkenntnisverfahren gehörten Sachverständigen empfohlene behavioristische Therapie aktuelle konkrete Anhaltspunkte für eine zukünftige Verhaltensänderung soll begründen können.
39
(2) Die mit näher bezifferten Wahrscheinlichkeiten von dem Angeklagten zukünftig drohenden Straftaten können grundsätzlich auch im Sinne von § 66 Abs. 1 Nr. 4 StGB erhebliche Straftaten sein, durch die Opfer körperlich oder seelisch schwer geschädigt werden. Wie vom Tatgericht im Ansatz nicht verkannt , können sich nach der Rechtsprechung des Senats auch Straftaten gemäß § 176 Abs. 1 StGB als erhebliche Straftaten erweisen; maßgeblich sind die Umstände des konkreten Einzelfalls (Senat, Urteil vom 19. Februar 2013 – 1 StR 465/12, NStZ-RR 2013, 204, 206 mwN). Auf das Erfordernis einer „schweren Sexualstraftat“ im Sinne der Weitergeltungsanordnung des Bundes- verfassungsgerichts aus seinem Urteil vom 4. Mai 2011 (BVerfGE 128, 326, 404 ff.) kommt es nicht an, weil die hier verfahrensgegenständlichen Taten nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur bundesrechtlichen Umsetzung des Abstandsgebotes im Recht der Sicherungsverwahrung vom 5. Dezember 2012 (BGBl. I, S. 2425) am 1. Juni 2013 begangen worden sind (vgl. BGH, Urteil vom 7. Januar 2015 – 2 StR 292/14 Rn. 16, NStZ 2015, 208, 209; siehe auch Beschluss vom 15. Januar 2015 – 5 StR 473/14 Rn. 2, NStZ 2015, 210).
40
Die maßgebliche umfassende Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls hinsichtlich der Erheblichkeit der zukünftig drohenden Taten lässt das Urteil allerdings vermissen. Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend aufzeigt, hat das Landgericht nicht ausreichend in den Blick genommen, dass bei den früheren, unzweifelhaft erheblichen Straftaten des Angeklagten, dieser vor allem durch das Eröffnen von Spielmöglichkeiten (Computerspiele) die später Geschädigten zu einem Aufsuchen seiner Wohnung zu bringen vermochte. In den Räumlichkeiten ist es dann gegenüber Jungen , die ihn öfter besuchten, zu sexuellen Übergriffen gekommen.
41
Sowohl bei der der Verurteilung durch das Landgericht München I aus dem Jahr 2011 zugrundeliegenden als auch bei den hier vorliegenden Taten sind Verhaltensweisen festgestellt, die auf ein Locken der Geschädigten in die Wohnung des Angeklagten und bezüglich L. zudem auf den Aufbau eines längerfristigen Kontakts abzielten. Die Bewertung des Landgerichts, es sei „reine Spekulation ohne entsprechende Tatsachengrundlage“ (UA S. 44) anzunehmen, der Angeklagte habe damit lediglich die Gelegenheit für weitere sexuelle Übergriffe schaffen wollen, lässt befürchten, dass es angesichts der früheren Verhaltensweisen des Angeklagten selbst überhöhte Anforderungen an die Überzeugungsbildung hinsichtlich der in eine Gesamtwürdigung einzubeziehenden prognoserelevanten Umstände gestellt hat.
42
(3) Darüber hinaus hat das Landgericht in der Gefährlichkeitsprognose nicht erkennbar berücksichtigt, dass nach den Ergebnissen des Sachverständigengutachtens , die das Tatgericht „aufgrund eigener Überzeugungsbildung zu- grunde legte“ (UA S. 43), eine Wahrscheinlichkeit von „ungefähr 25 % oder mäßig darüber“ für die zukünftige Begehung von Straftaten mit einem seinen „Verurteilungen1999, 2000 oder 2005“ entsprechenden Schweregrad besteht (UA S. 40). Ausweislich der Feststellungen zur Person war der Angeklagte in den Jahren 2000 und 2006 jeweils auch wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern verurteilt worden (UA S. 9-12). Diesen Verurteilungen lagen u.a. Fälle des Oral- und des Handverkehrs zugrunde.
43
Für die Annahme der zukünftigen Gefährlichkeit kommt es lediglich darauf an, ob von dem Täter mit bestimmter Wahrscheinlichkeit weitere erhebliche Taten ernsthaft zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist (BGH, Urteil vom 10. Januar 2007 – 1 StR 530/06, NStZ 2007, 464, 465; Beschluss vom 31. Juli 2012 – 3 StR 148/12 Rn. 5). Angesichts der – wenn auch allein für die Gefährlichkeitsprognose nicht ausreichenden (BGH aaO) – statistischen Wahrscheinlichkeit für die zukünftige Begehung von sich als schwerer sexueller Missbrauch von Kindern erweisender Straftaten kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, von dem Angeklagten seien keine erheblichen Straftaten ernsthaft zu erwarten. Soweit während der Dauer der Weitergeltungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts (oben Rn. 39) zwischenzeitlich auch an die Wahrscheinlichkeit der zukünftigen Begehung erheblicher Straftaten strengere Anforderungen zu stellen waren (BGH, Beschluss vom 31. Juli 2012 – 3 StR 148/12 Rn. 7), kommt es darauf nicht mehr an. Im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung als Grundlage der Gefährlichkeitsprognose wird eine statistisch mit 25 % bewertete Wahrscheinlichkeit regelmäßig auf eine „bestimmte Wahrscheinlichkeit“ ernsthaft zu erwartender erheblicher Taten hindeuten.
44
cc) Angesichts des vorstehend Ausgeführten steht der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Anordnung der Sicherungsverwahrung nicht von vornherein entgegen. Dabei bedarf es keiner Entscheidung, ob bei Vorliegen der Voraussetzungen von § 66 Abs. 1 StGB unter Berufung auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz von der obligatorischen Anordnung der Sicherungsverwahrung abgesehen werden kann (vgl. bereits Senat, Beschluss vom 9. Januar 2013 – 1 StR 558/12, NStZ-RR 2013, 256 sowie Urteil vom 22. Oktober 2013 – 1StR 210/13, BGHR StGB § 66 Abs. 1 Verhältnismäßigkeit 1 jeweilsmwN). Dem Verhältnismäßigkeitsprinzip kommt allerdings bei der Auslegung und Anwendung der materiellen Anordnungsvoraussetzungen des § 66 Abs. 1 StGB angesichts der mit der Sicherungsverwahrung verbundenen Intensität des Eingriffs in das Freiheitsrecht des Angeklagten erhebliche Bedeutung zu.
45
3. Bereits der aufgezeigte Wertungsfehler (oben Rn. 28 f.) führt zur Aufhebung hinsichtlich der unterbliebenen Anordnung der Sicherungsverwahrung. Der Senat hebt die zugrundeliegenden Feststellungen ebenfalls auf (§ 353 Abs. 2 StPO), um dem neuen Tatrichter umfassende und widerspruchsfreie Feststellungen zu sämtlichen für die Bewertung der materiellen Anordnungsvoraussetzungen aus § 66 Abs. 1 Nr. 4 StGB bedeutsamen Umständen zu ermöglichen.

III.

46
Soweit der Strafausspruch auf die Verurteilung zu einer „Freiheitsstrafe“ von zwei Jahren und drei Monaten lautet, handelt es sich um ein offensichtliches Schreibversehen. Ausweislich der Urteilsgründe (UA S. 38) hat das Tatgericht eine Gesamtfreiheitsstrafe in der genannten Höhe verhängt. Wie sich aus der Sitzungsniederschrift der Hauptverhandlung vom 16. Juni 2014 ergibt, ist auch eine solche Gesamtfreiheitsstrafe verkündet worden. Der Senat hat daher den Tenor des schriftlichen Urteils entsprechend klarstellend gefasst. Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Graf ist wegen Urlaubsabwesenheit an der Unterschriftsleistung gehindert. Rothfuß Rothfuß Jäger Radtke Fischer

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

5 StR 617/12

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 23. April 2013
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
23. April 2013, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richter Prof. Dr. Sander,
Richterin Dr. Schneider,
Richter Dölp,
Richter Prof. Dr. König
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 12. Juli 2012 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit von der Anordnung der Sicherungsverwahrung abgesehen worden ist.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendschutzkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten – unter Freispruch im Übrigen – wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in vier Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit schwerem sexuellen Missbrauch einer widerstandsunfähigen Person, und wegen sexuellen Missbrauch eines Kindes in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten verurteilt. Die vom Generalbundesanwalt vertretene, auf die Nichtanordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung wirksam beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft hat mit der Sachrüge Erfolg.

I.


2
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen :
3
1. Der Angeklagte und seine damalige Lebensgefährtin, die Zeugin S. P. , waren mit der Mutter der am 27. April 1995 geborenen Nebenklägerin F. übereingekommen, dass die Nebenklägerin während der Nachtschichten ihrer Mutter bei ihnen übernachten durfte. Während der Übernachtungsbesuche der Nebenklägerin, die von März bis Mai 2007 stattfanden, kam es in vier Fällen dazu, dass der Angeklagte sich dem Kind, das zumeist bei ihm im Wohnzimmer auf der Couch schlief, sexuell näherte. Dabei drang er jeweils mit einem Finger in die Scheide der Nebenklägerin ein.
4
Die am 4. Januar 2001 geborene Zeugin W. war mit der Tochter des Angeklagten J. P. sowie seinem Stiefsohn F. P. befreundet. Nach der Trennung des Angeklagten von der Zeugin S. P. kam es im Zeitraum von Herbst 2009 bis zur Festnahme des Angeklagten am 12. Dezember 2011 zu einer Vielzahl von gemeinsamen Übernachtungsbesuchen der drei Kinder bei dem Angeklagten. Die Kinder teilten sich dabei jeweils das Bett im Schlafzimmer des Angeklagten. In drei Fällen legte sich der Angeklagte neben die Zeugin W. und nahm im Beisein der schlafenden Kinder J. und F. sexuelle Handlungen an ihr vor (Streicheln am unbedeckten Geschlechtsteil des Kindes, Lecken zwischen den Schamlippen, Schenkelverkehr).
5
2. Das Landgericht hat die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der Sicherungsverwahrung nach § 66 Abs. 1 StGB im Hinblick auf einschlägige Vorverurteilungen des Angeklagten bejaht.
6
Er war bereits am 11. August 1992 durch das Landgericht Berlin wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in sechs Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit sexueller Nötigung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt worden, die vollständig vollstreckt wurde. Gegenstand der Verurteilung waren von Sommer 1991 bis Februar 1992 begangene Missbrauchstaten zum Nachteil der damals zwölfjährigen Stieftochter aus seiner zur Tatzeit bereits mehrere Jahre geschiedenen zweiten Ehe sowie zum Nachteil der achtjährigen Tochter einer befreundeten Familie. Alle Taten ereigneten sich bei Übernachtungen der Kinder in seiner Wohnung oder bei Übernachtungen des Angeklagten bei der befreundeten Familie. In einigen Fällen versuchte der Angeklagte, mit seinem Glied in die Scheide des jeweiligen Kindes einzudringen, was ihm zumindest bis in den Scheidenvorhof gelang.
7
Am 14. September 1999 war der Angeklagte erneut wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt worden, die er wiederum vollständig verbüßte. Die im Zeitraum November 1998 bis März 1999 begangenen Taten richteten sich gegen die beiden elf und zwölf Jahre alten Töchter zweier befreundeter Familien. Auch hier nutzte der Angeklagte jeweils Übernachtungsbesuche der Kinder in seiner Wohnung für sexuelle Handlungen aus. Dabei kam es jeweils auch zum vaginalen Geschlechtsverkehr.
8
3. Die sachverständig beratene Strafkammer ist zu dem Schluss gekommen , dass bei dem Angeklagten ein Hang bestehe, „seinen Geschlechts- trieb in strafbarer Weise mit präpubertären Mädchen zu befriedigen“ (UA S. 59). Die materiellen Voraussetzungen für die Anordnung der Sicherungsverwahrung hat sie gleichwohl verneint, da es – gemessen an dem nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2011 (BVerfGE 128, 326) anzulegenden strengen Prüfungsmaßstab – an der erforderlichen Prognose schwerer Gewalt- oder Sexualstraftaten fehle, die den Angeklagten für die Allgemeinheit gefährlich machten. Sie stellt dabei maßgeblich auf Umstände des Einzelfalls ab.

II.


9
Diese Begründung für das Absehen von der Anordnung der Sicherungsverwahrung hält sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand.
10
1. Im Ansatz zu Recht geht das Landgericht davon aus, dass die Regelungen über die Anordnung der Sicherungsverwahrung, die entsprechend dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2011 (aaO) wegen Verletzung des Abstandsgebots mit dem Freiheitsgrundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG unvereinbar sind und lediglich befristet weitergelten, während der Übergangszeit nur nach Maßgabe einer strikten Verhältnismäßigkeitsprüfung angewandt werden dürfen. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist in der Regel nur unter der Voraussetzung gewahrt , dass eine Gefahr schwerer Gewalt- oder Sexualstraftaten aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Betroffenen abzuleiten ist (BVerfGE aaO S. 406).
11
2. Jedoch ist bereits zu beanstanden, dass das Landgericht keine Feststellungen dazu trifft, welche Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung von Kindern mit welcher Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind. In diesem Zusammenhang wären insbesondere auch die entsprechenden Ausführungen des Sachverständigen darzulegen und zu würdigen gewesen, die das Urteil vollständig verschweigt. Soweit das Landgericht davon ausgeht, dass die „abnehmende Intensität sexueller Praktiken“ des Angeklagten „ge- gen die zu stellende Gefährlichkeitsprognose im Sinne erheblicher Sexual- straftaten“ (UA S. 60) spreche, hätte es hierzu näherer, ebenfalls die Ergeb- nisse des Sachverständigen einbeziehender Darlegungen bedurft, inwieweit es sich hierbei um eine – unabhängig von zufälligen Tatumständen bestehende – verfestigte Tendenz in Verhalten und Persönlichkeit des Angeklag- ten handelt, aufgrund derer eine für die Anordnung der Sicherungsverwahrung erforderliche Wahrscheinlichkeit der Begehung schwerer Sexualstraftaten nicht besteht.
12
3. Zumindest Taten des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern gemäß § 176a Abs. 1 Nr. 1 StGB, wie der Angeklagte sie zum Nachteil der Nebenklägerin begangen hat, sind im Hinblick auf die für die Tatopfer oftmals gewichtigen psychischen Auswirkungen und die hohe Strafdrohung unabhängig von körperlicher Gewaltanwendung – unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls – grundsätzlich als schwere Sexualstraftaten im Sinne der Maßgabe des Bundesverfassungsgerichts zu werten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. Oktober 2011 – 5 StR 267/11, NStZ-RR 2012, 9, vom 2. August 2011 – 3 StR 208/11, BGHR StGB § 66 Strikte Verhältnismäßigkeit 1, vom 11. August 2011 – 3 StR 221/11, vom 26. Oktober 2011 – 2 StR 328/11, StV 2012, 212, und Urteile vom 28. März 2012 – 2 StR 592/11, NStZ-RR 2012, 272, und vom 19. Februar 2013 – 1 StR 275/12).Die vom Landgericht genannten Umstände rechtfertigen eine Ausnahme von diesem Grundsatz nicht.
13
Dass der Angeklagte – außer dem Auseinanderdrücken der Beine der Zeugin W. – keine Gewalt gegen seine Opfer angewendet hat und dies mithin – auch unter Berücksichtigung seiner Vortaten – zukünftig nicht hinreichend konkret zu erwarten sein dürfte, ist für die Einordnung der Delikte als schwere Sexualstraftaten unerheblich (vgl. BGH, Urteil vom 19. Februar 2013 aaO). Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2011 (aaO) nennt die Gefahr schwerer Sexualstraftaten ausdrücklich und selbständig neben derjenigen schwerer Gewaltstraftaten als mögliche Anordnungsgrundlage der Sicherungsverwahrung. Schon ohne Gewaltanwendung ist die durch § 176a StGB geschützte sexuelle Entwicklung des Kindes in schwerwiegender Weise gefährdet; im Hinblick auf die unzureichenden Verstandes- und Widerstandskräfte kindlicher Opfer erübrigt sich häufig die Anwendung nötigender Mittel im Rahmen sexueller Übergriffe.
14
Auch der Umstand, dass der Angeklagte bei erkennbarer Ablehnung seiner Opfer von diesen abließ, ist ohne große Aussagekraft. Schon bei seinen früheren Taten hatte der Angeklagte die sexuelle Handlung beendet, wenn das Opfer Schmerzen oder Ablehnung äußerte. Dies hatte ihn indes weder bei den früheren noch bei den verfahrensgegenständlichen Taten davon abgehalten, weitere Taten gegen jeweils dieselben Opfer zu begehen.
15
Inwieweit die Tatsache, dass die Übernachtungen seiner Opfer bei dem Angeklagten nicht durch seine Initiative zustande gekommen sind, seine Gefährlichkeit maßgeblich berühren soll, erhellt sich nicht. Dass es dem Angeklagten künftig deutlich erschwert sein könnte, vergleichbare günstige Gelegenheiten zu sexuellen Handlungen an Kindern zu finden und auszunutzen , ist nicht ausgeführt. Auch der Umstand, dass der Angeklagte – aktuell – eine Beziehung zu einer Frau mit einer erwachsenen Tochter unterhält, bietet hierfür keinen hinreichenden Anhaltspunkt. Bei den bisherigen Tatopfern handelte es sich mehrheitlich nicht um die Töchter seiner Partnerinnen, sondern um diejenigen befreundeter Eltern, die ihm vertrauten.
16
Schließlich vermag auch die Erwägung der Strafkammer, die Taten seien im vorliegenden Fall für die Opfer ohne schwerwiegende langfristige Folgen geblieben, das Ergebnis nicht zu stützen. Denn hier werden Umstände der – inzwischen zurückliegenden – Einzelfälle angeführt, die nicht dem Verhalten des Angeklagten, sondern der Tatsache geschuldet sind, dass bei den konkreten Tatopfern jene Schäden, denen §§ 176, 176a StGB vorbeugen wollen, ausgeblieben zu sein scheinen. Zumindest mit Taten des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern ist typischerweise die Gefahr schwerwiegender psychischer Schäden verbunden. Es ist nahezu ausgeschlossen , hinsichtlich künftiger Taten konkrete seelische Schäden bei kindlichen Opfern zu prognostizieren (vgl. BGH, Urteil vom 24. März 2010 – 2 StR 10/10, BGHR StGB § 66 Abs. 1 Erheblichkeit 7).
17
Die Ausführungen des Urteils zu einem möglichen Umdenken des An- geklagten „in Bezug auf den Umgang mit seiner sexuellen Neigung“ (UA S. 61), für welches das Landgericht Anhaltspunkte in der Wahl seiner aktuellen Partnerin und der Äußerung von Therapiebereitschaft sieht, lassen besorgen , dass es den ersten Ansatz für eine – nur in einem langfristigen therapeutischen Prozess erzielbare – Verhaltensänderung mit deren erwartbarem Erfolg gleichsetzt.

III.


18
Der Senat hebt das Urteil deshalb mit den zugehörigen Feststellungen auf, soweit von der Anordnung der Sicherungsverwahrung abgesehen worden ist. Die Einzelstrafen und die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe sind so milde, dass sie bestehen bleiben können. Der Senat schließt aus, dass sie niedriger ausgefallen wären, wenn das Tatgericht die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet hätte (vgl. BGH, Urteil vom 19. Februar 2013 – 1 StR 275/12 mwN).

IV.


19
Das neue Tatgericht ist verpflichtet, über die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung auch nach Inkrafttreten des Gesetzes zur bundesrechtlichen Umsetzung des Abstandsgebotes im Recht der Sicherungsverwahrung (BGBl. I 2012, 2425) am 1. Juni 2013 weiterhin auf der Grundlage des bisherigen Maßstabs strikter Verhältnismäßigkeit (BVerfGE 128, 326) zu entscheiden. Grundsätze des im Rechtsstaatsprinzip verankerten Vertrauensschutzes verbieten, einen Angeklagten in der Folge eines gerichtlichen Fehlers insoweit schlechter zu stellen, als er bei einem von ihm zu erwartenden rechtsfehlerfreien Urteil der Tatsacheninstanz gestanden hätte. Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob und inwieweit der im Freiheitsgrundrecht verankerte Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auch künftig eine im Vergleich zu früherer Rechtsanwendung eingeschränkte Auslegung insbesondere des Gefährlichkeitsmaßstabs in § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB gebietet.
Basdorf Sander Schneider
Dölp König

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

5 StR 340/09

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 23. September 2009
in der Strafsache
gegen
wegen sexueller Nötigung u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. September 2009

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 11. Februar 2009 nach § 349 Abs. 4 StPO im Ausspruch über die Anordnung der Sicherungsverwahrung mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und gegen ihn die Sicherungsverwahrung angeordnet. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge zum Maßregelausspruch Erfolg.
2
Nach dem Urteil liegen die formellen Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht vor.
3
Der Generalbundesanwalt hat – insoweit zutreffend – in seiner Antragsschrift u. a. Folgendes ausgeführt:
4
„Das Berufungsurteil des Landgerichts Hamburg vom 20. November 2002 (vgl. UA S. 40), das zur (weiteren) Begründung der Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 Nr. 1 StGB herangezogen wurde, ist nicht geeignet, eine entsprechende Vorverurteilung zu begründen. Die Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe erfüllt nur dann die Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 Nr. 1 StGB, wenn sie eine Einzelfreiheitsstrafe von mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe enthält (st. Rspr.; vgl. nur BGHSt 34, 321 f.). Der Angeklagte ist in diesem Fall wegen vier Taten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt worden. Damit ist ausgeschlossen, dass eine Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr ausgesprochen wurde.“
5
Zudem versäumt es das Landgericht, die Einzelstrafen aus der Verurteilung des Landgerichts Hamburg vom 27. Februar 2004 mitzuteilen, wenngleich es angesichts der dort verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren auf der Hand liegt, dass jedenfalls eine der drei Einzelstrafen mindestens ein Jahr betragen hat.
6
Der Senat kann die Maßregel der Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung auch nicht im Hinblick auf § 66 Abs. 2 oder Abs. 3 Satz 1 StGB, deren formelle Voraussetzungen freilich vorliegen dürften, aufrechterhalten. Denn die Unterbringung nach diesen Vorschriften liegt im Unterschied zu der vom Landgericht herangezogenen Anordnung nach § 66 Abs. 1 StGB im Ermessen des Tatgerichts. Dieses hat es allerdings nicht ausgeübt, da es weder § 66 Abs. 2 StGB noch § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB geprüft hat. Das Revisionsgericht kann die fehlende Ermessensentscheidung nicht ersetzen (vgl. BGH NStZ-RR 2004, 12; StV 2007, 633).
Basdorf Brause Schaal Schneider Dölp

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.