Bundesgerichtshof Urteil, 01. Dez. 2011 - 5 StR 360/11
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel , an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
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- Das Landgericht hat den Angeklagten D. wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit schwerer und gefährlicher Körperverletzung sowie wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen und Körperverletzung in zwei Fällen zu einer Jugendstrafe von vier Jahren verurteilt, seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt und den Vorwegvollzug von einem Jahr der Jugendstrafe vor der Maßregel angeordnet. Darüber hinaus hat es ihn verur- teilt, an den Neben- und Adhäsionskläger L. ein Schmerzensgeld in Hö- he von 10.000 € nebst Zinsen zu zahlen sowie seine Verpflichtung zum Er- satz weiterer Schäden wegen des Vorfalls vom 5. Juni 2010 festgestellt. Den Angeklagten S. hat es wegen gefährlicher sowie schwerer Körperverletzung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren verurteilt und diese zur Bewährung ausgesetzt.
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- Die Revision des Angeklagten D. führt zur Aufhebung des Schuldspruchs im Fall III.3 der Urteilsgründe und im gesamten Rechtsfolgenausspruch. Sie ist unbegründet hinsichtlich des Schuldspruchs im Fall II sowie hinsichtlich der Fälle III.1 und 2. Insoweit hat die revisionsgerichtliche Überprüfung keinen Rechtsfehler ergeben. Die zu Ungunsten des Angeklagten S. eingelegte und auf die Sachrüge gestützte Revision der Staatsanwaltschaft , die den Schuldspruch wegen gefährlicher Körperverletzung (III.1 der Urteilsgründe) vom Rechtsmittelangriff ausgenommen hat, ist erfolgreich.
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- 1. Zum Tatgeschehen vom 5. Juni 2010 (III der Urteilsgründe), das allein näherer Erörterung bedarf, hat die Jugendkammer folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
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- a) Der damals fast 19 Jahre alte, mehrfach auch einschlägig vorbestrafte Angeklagte D. war gemeinsam mit dem 17 Jahre alten, wegen jugendtypischer Straftaten mit Bagatellcharakter vorgeahndeten Mitangeklagten S. am Tatabend im Stadtgebiet von Hamburg-Harburg unterwegs. Die alkoholisierten Angeklagten schlugen den Passanten Kn. , von dem sie sich provoziert fühlten, jeweils mit der Faust gegen den Kopf. Nachdem dieser bei einer Rangelei zu Boden gegangen war, schlugen und traten beide Angeklagten weiter auf ihn ein, bis andere Passanten zugunsten des Geschädigten eingriffen (Fall 1).
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- Nachdem Kn. auf seinem Fahrrad geflüchtet war, wandten sich die Angeklagten den bislang unbeteiligten Zeugen Di. und seiner Lebensge- fährtin De. zu. D. forderte den Zeugen auf, mit ihm zu kämpfen, schlug ihn gegen den Oberarm und Rücken. Er streifte den weitergehenden Zeugen durch einen kampfsportartigen Tritt in Richtung des Rückens. Der Angeklagte S. , der sich an den Gewalttätigkeiten gegen Di. nicht beteiligte, forderte D. auf, den Zeugen in Ruhe zu lassen (Fall 2).
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- D. wandte sich nun dem unbeteiligt in unmittelbarer Nähe an einer Straßenecke stehenden Nebenkläger L. zu. D. schlug ihm unvermittelt so heftig ins Gesicht, dass der durch einen früher erlittenen Schlaganfall gesundheitlich vorgeschädigte Nebenkläger „wie ein Baum“ zu Boden fiel und verteidigungsunfähig liegen blieb (UA S. 21). Sodann trat D. ihm mehrfach in den Bauch und gegen den Oberkörper. „Völlig über- raschend“ lief in diesem Moment der Angeklagte S. zu dem am Boden liegenden Nebenkläger und trat ihm „mit voller Wucht“ (UA S. 21) von oben auf den Kopf, der dadurch zwischen Schuh und Straßenpflaster eingeklemmt wurde. Unmittelbar nach dem Tritt flüchtete S. , während D. mit der Faust noch zwei- bis dreimal „in Richtung Gesicht, möglicherweise auch ge- gen den Körper“ des Nebenklägers schlug (UA S. 22). Dieser erlitt potentiell lebensgefährliche Schädelverletzungen und es kam zur Vernarbung einer Arterie im Gehirn. Infolgedessen hat sich sein Allgemeinzustand erheblich verschlechtert. Aufgrund der Vernarbung der Gehirnarterie besteht die Gefahr , dass er einen weiteren Schlaganfall erleiden könnte (Fall 3).
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- b) Die Jugendkammer vermochte keinen (bedingten) Tötungsvorsatz des Angeklagten S. festzustellen: Es fehle bereits am kognitiven Vorsatzelement , weil S. im Zeitpunkt der Tat derart von aggressiven Gefüh- len überwältigt worden sei, dass er die Gefährlichkeit seines Handelns „nicht mehr vollumfänglich reflektieren konnte“ (UA S. 51). Hingegen geht das Tatgericht davon aus, dass der Angeklagte D. die Lebensgefährlichkeit des von S. geführten Tritts gegen den Nebenkläger erkannte und die Möglichkeit seines Todes billigend in Kauf nahm.
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- Bei der Prüfung der Schuldfähigkeit des Angeklagten S. kommt die Jugendkammer zu dem Ergebnis, dass dieser im Fall 3 „durch einen Ge- fühlsausbruch im Zusammenwirken mit Alkohol als konstellativem Faktor re- gelrecht ‚überflutet‘ worden ist von ihm bisdahin unbekannten aggressiven Persönlichkeitsanteilen“ (UA S. 45) und dies bei ihm einen „Verwirrtheitszustand“ ausgelöst habe. Seine Steuerungsfähigkeit sei daher hier – anders als im Fall 1, in dem er voll schuldfähig gewesen sei – aufgrund einer tiefgreifen- den Bewusstseinsstörung „nicht unerheblich eingeschränkt“ gewesen.
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- 2. Die Ablehnung des Tötungsvorsatzes beim Angeklagten S. begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
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- a) Bei äußerst gefährlichen Gewalthandlungen liegt es – wovon auch das Landgericht im Ansatz zutreffend ausgeht – nahe, dass der Täter mit dem Eintritt des Todes seines Opfers rechnet; indem er gleichwohl sein gefährliches Handeln beginnt oder fortsetzt, nimmt er einen solchen Erfolg billigend in Kauf (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 7. August 1986 – 4StR 308/86, BGHR StGB § 212 Abs. 1 Vorsatz, bedingter 3, und vom 20. Juni 2000 – 5 StR 25/00, NStZ-RR 2000, 328; zu Tritten gegen den Kopf: BGH, Beschlüsse vom 28. Juni 2005 – 1 StR 178/05 – und vom 23. August 2011 – 1 StR 153/11, Rn. 51). Deshalb ist in derartigen Fällen ein Schluss von der objektiven Gefährlichkeit der Handlungen des Täters auf bedingten Tötungsvorsatz möglich und regelmäßig ein Vertrauen des Täters auf das Ausbleiben des tödlichen Erfolges zu verneinen, wenn der von ihm vorgestellte Ablauf des Geschehens einem tödlichen Ausgang so nahe kommt, dass nur noch ein glücklicher Zufall diesen verhindern kann (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 23. Juni 2009 – 1 StR 191/09, NStZ 2009, 629, 630, und vom 28. April 1994 – 4 StR 81/94, BGHR StGB § 212 Abs. 1 Vorsatz, bedingter 38).
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- Die Brutalität der Tathandlung und die Augenfälligkeit der hiermit verbundenen Lebensgefahr machten hier das Todesrisiko kognitiv leicht erfass- bar. Dies drängt sich selbst bei Annahme erheblich verminderter „Reflekti- onsfähigkeit“ (UA S. 51) auf. Angesichts dessen ist die Verneinung des Tö- tungsvorsatzes unter Hinweis darauf, der Angeklagte S. habe „die volle Tragweite“ seiner Handlungen infolge einer tiefgreifenden Bewusstseinsstö- rung nicht erkennen und deren Gefahr nicht realistisch einschätzen können, nicht hinreichend begründet.
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- b) Hinzu kommt, dass die Begründung, mit der die Jugendkammer eine tiefgreifende Bewusstseinsstörung im Fall 3 bejaht, lückenhaft und in wesentlichen Punkten widersprüchlich ist.
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- Bei der unmittelbar vorangegangenen Tat (Fall 1) hat die Jugendkammer – im Einklang mit beiden Sachverständigen – keine Anhaltspunkte für eine erhebliche Einschränkung der Steuerungsfähigkeit gefunden. Seine Alkoholisierung – durch Rückrechnung der knapp sechs Stunden nach der Tat festgestellten Blutalkoholkonzentration ermittelt sie einen maximalen Tatzeitwert von 2,3 bis 2,4 ‰ – hält sie angesichts des langen Rückrechnungszeitraums und des Fehlens alkoholbedingter Ausfallerscheinungen zu Recht nicht für allein ausschlaggebend. Hinsichtlich seiner Schuldfähigkeit bei dem nur wenige Augenblicke später erfolgenden Angriff auf den Nebenkläger (Fall 3) kommt die Jugendkammer zu einem anderen Ergebnis. Besondere Bedeutung misst sie dabei der Tatsache zu, dass sich der AngeklagteS. zuvor im Fall 2 beschwichtigend verhalten hat und der Tathergang – entsprechend der Analyse des Sachverständigen A. – somit einen „logi- schen Bruch“ aufweise. Aus diesem „logischen Bruch“ folgert das Tatgericht einen „Verwirrtheitszustand“ des Angeklagten S. imZeitpunkt der Tatbegehung im Fall 3.
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- Die Annahme eines „unerklärlichen Verhaltensumschwungs“ findet in den Feststellungen zum Vorgehen des Angeklagten S. keine Stütze: Bereits im Fall 1 nahm er – gemeinsam mit D. – eine allenfalls geringfügige Provokation durch den Geschädigten zum Anlass, diesem Faustschläge ge- gen den Kopf zu versetzen und dem bereits auf dem Boden Liegenden gegen den Oberkörper und den Kopf zu treten. Gegenüber diesem Verhalten mag die Tat des Angeklagten S. im Fall 3 zwar eine Intensivierung der Gewaltanwendung darstellen; einen „logischen Bruch“ dokumentiert dieser Tatablauf auch unter Berücksichtigung des Verhaltens im Fall 2 gerade nicht.
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- Allein aus der – scheinbaren – Unerklärlichkeit der von der Jugendkammer erkannten Verhaltensänderung des Angeklagten kann überdies nicht auf einen diese bedingenden, die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten erheblich vermindernden „Überflutungs- und Verwirrtheitszustand“ geschlos- sen werden, der ein Eingangsmerkmal der §§ 20, 21 StGB erfüllt.
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- 3. Die Annahme eines Tötungsvorsatzes des BeschwerdeführersD. ist in den Urteilsgründen nicht rechtsfehlerfrei festgestellt.
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- a) Die Jugendkammer hat D. die Handlung des Mitangeklagten S. über § 25 Abs. 2 StGB zugerechnet. Sie stellt insoweit zunächst fest, D. habe erkannt und „billigend in Kauf“ genommen, dass der Nebenklä- ger „durch den Kopftritt des Angeklagten S. zuTode kommen könnte“ (UA S. 21). An anderer Stelle führt sie beweiswürdigend aus, dass beide Angeklagte einen wesentlichen Tatbeitrag im Rahmen eines bestehenden Tat- plans geleistet hätten. Letzterer sei „während der Tat“ dahingehend gefasst worden, den Nebenkläger „unter Ausübung von Schlägen und Tritten anzu- greifen“ (UA S. 47). Diese Annahme sieht das Tatgericht belegt durch die von beiden Angeklagten vorgenommenen, wechselseitig gebilligten Gewalt- handlungen innerhalb eines einheitlichen Geschehensablaufs. „Dadurch, dass der Angeklagte S. sich in das Geschehen einschaltete und seinerseits auf den Geschädigten L. einwirkte, hat er sich mit den zuvor vom Angeklagten D. verübten Handlungen einverstanden erklärt. Auch hat der Angeklagte D. nachfolgend sein Einverständnis mit dem vom Angeklagten S. verübten Fußtritt zum Ausdruck gebracht, indem er seinerseits weiter auf den Geschädigten L. einschlug“ (UA S. 48).
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- b) Zwar geht die Strafkammer damit im Ansatz zutreffend davon aus, dass der gemeinsame Tatplan auch konkludent durch arbeitsteilige Tatausführung gefasst werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 1991 – 5 StR 492/90, BGHSt 37, 289; hierzu Fischer, StGB, 58. Aufl., § 25 Rn. 17). Sie erörtert in diesem Zusammenhang indes nicht, wie sich damit die Feststellung vereinbaren lässt, S. habe dem Nebenkläger „völlig überraschend“ – mithinfür D. unvorhersehbar – den Tritt auf den Kopf versetzt (UA S. 21). Dieser Umstand legt einen Mittäterexzess nahe. Vor diesem Hintergrund vermag der Senat nicht zu erkennen, welche Anknüpfungstatsachen das Tatgericht seiner Annahme eines mittäterschaftlichen Totschlagsversuchs zugrunde gelegt hat.
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- c) Auch aus dem Zusammenhang der Urteilsgründe ergeben sich insoweit – entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts – keine rechtlich tragfähigen Anknüpfungspunkte. Diese sind in Bezug auf den Zurechnungsmaßstab (§ 25 Abs. 2 StGB) widersprüchlich.
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- Das Tatgericht hebt nämlich einerseits ausdrücklich auf einen konkludent – zu einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt – während der Tatbege- hung gefassten Tatplan ab. Zum anderen erörtert es das „Vorliegen sukzessiver Mittäterschaft“ (UA S. 48) und führt aus, dass D. durch sein Verhal- ten nach dem Tritt seine Billigung der Handlungen des S. „zum Ausdruck gebracht hat“ (UA S. 49).
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- Die Angabe, an welchem Maßstab die Strafkammer ihre Bewertung eines mittäterschaftlich begangenen versuchten Totschlags gemessen hat, war jedoch mit Blick auf die für eine Erfolgszurechnung im Wege sukzessiver Täterschaft erforderliche gemeinsame (versuchte) Tatvollendung unentbehrlich ; danach muss der Hinzutretende die Vorstellung haben, die Herbeiführung des tatbestandsmäßigen Erfolges durch sein eigenes Handeln weiter zu fördern (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Mai 2010 – 5 StR 143/10, StraFo 2010, 296). Im angefochtenen Urteil ist indes nicht festgestellt, dass der Beschwerdeführer D. seine anschließenden Gewalthandlungen als möglicherweise todesfördernd oder -beschleunigend erfasste. Die von der Strafkammer festgestellten – auf den heftigen Tritt des Angeklagten S. folgenden – Schläge des Beschwerdeführers D. „in Richtung Gesicht möglicherweise auch gegen den Körper“ des Nebenklägers (UA S. 22) bele- gen dies nicht ohne weiteres. In diesem Zusammenhang kann zudem von Bedeutung sein, in welchem Zustand sich der Nebenkläger nach dem Tritt befunden hat, wozu sich das Landgericht gleichfalls nicht eindeutig verhält.
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- d) Schließlich lässt die nicht näher ausgeführte Erwägung der Strafkammer , der Beschwerdeführer habe durch sein Verhalten im Anschluss an den Tritt des Angeklagten S. „zum Ausdruck gebracht“, dass er den „Fußtritt gebilligt hat“ (UA S. 49), besorgen, dass das Tatgericht allein aus der nachträglichen Billigung einer Handlung in unzulässiger Weise auf einen sukzessiv gefassten gemeinsamen Tatplan geschlossen hat (vgl. hierzu Fischer , aaO, Rn. 17). Dieser Gesichtspunkt hätte allenfalls bei einem zugrunde gelegten konkludent gefassten Tatentschluss beweiswürdigend zu Lasten des Beschwerdeführers herangezogen werden können.
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- 4. Die Sache bedarf neuer Aufklärung und Bewertung. Der Senat hebt wegen des hier gegebenen engen Zusammenhangs im Fall 3 auch die Feststellungen zu den äußeren Tatumständen auf. Er weist darauf hin, dass sich zur Erhellung des Vorsatzes der Angeklagten ergänzende Feststellungen zu den zeitlich unmittelbar vorgelagerten Fällen III.1 und 2 empfehlen.
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- 5. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
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- a) Die Begründung, mit der die Jugendkammer – bei rechtsfehlerfreier Verneinung eines völligen Ausschlusses der Schuldfähigkeit – betreffend den Angeklagten D. auch die Voraussetzungen des § 21 StGB bei allen verfahrensgegenständlichen Taten ausschließt, ist teilweise widersprüchlich. Zwar sprechen die zeitnah nach den Taten gemessenen Atemalkoholkon- zentrationen (1,21 bzw. 1,33 ‰) zumindest indiziell (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Januar 2010 – 5 StR 520/09 Rn 9, NStZ-RR 2010, 275; Urteil vom 6. Juni 2002 – 1 StR 14/02, NStZ 2002, 532, 533) dafür, dass vor den Taten keine Alkoholaufnahme erfolgte, die zur Anwendung des § 21 StGB führen musste. Auch die beiden von der Strafkammer gehörten Sachverständigen kommen unter maßgeblicher Berücksichtigung – hier allerdings wenig aussagekräftiger – psychodiagnostischer Kriterien zur Verneinung einer alkoholbedingt erheblichen Verminderung der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten. Dieses Ergebnis steht indes in einem Spannungsverhältnis zu der – von der Jugendkammer im Zusammenhang mit der Feststellung der Voraussetzungen einer Unterbringung des alkoholabhängigen Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gewürdigten – Äußerung des Sachverständigen B. , Alkohol führe bei dem Angeklagten „nicht lediglich zu einer Enthemmung, sondern zu unkontrollierten Aggressionsausbrüchen“ (UA S. 62).
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- b) Da sich die Bemessung der Jugendstrafe an der erforderlichen erzieherischen Einwirkung zu orientieren hat (§ 18 Abs. 2 JGG), würde hier eine durch Alkoholisierung vermittelte Annahme des § 21 StGB – auch bei Wegfall des versuchten Tötungsdelikts (vgl. auch BGH, Urteil vom 26. Januar 2005 – 5 StR 290/04, BGHR StGB § 212 Abs. 1 Vorsatz, bedingter 59) – allerdings nicht zwingend zu einer niedrigeren Sanktion führen. Das mit einer Alkoholisierung verbundene Risiko der Begehung von Straftaten war für den Angeklagten – insbesondere mit Blick auf seine zahlreichen einschlägigen erheblichen Vorstrafen – auch ersichtlich (vgl. hierzu auch BGH, Urteil vom 17. August 2004 – 5 StR 93/04, BGHSt 49, 239).
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- c) Der Senat hebt wegen des engen Zusammenhangs mit der Bewertung der Schuldfähigkeit auch die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB auf. Gleichwohl wird die Anordnung dieser Maßregel – jedenfalls soweit keine wesentlich anderweitigen Feststellungen getroffen werden – wiederum naheliegen.
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Annotations
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
(1) Das Mindestmaß der Jugendstrafe beträgt sechs Monate, das Höchstmaß fünf Jahre. Handelt es sich bei der Tat um ein Verbrechen, für das nach dem allgemeinen Strafrecht eine Höchststrafe von mehr als zehn Jahren Freiheitsstrafe angedroht ist, so ist das Höchstmaß zehn Jahre. Die Strafrahmen des allgemeinen Strafrechts gelten nicht.
(2) Die Jugendstrafe ist so zu bemessen, daß die erforderliche erzieherische Einwirkung möglich ist.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.