Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

5 StR 290/04

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 26. Januar 2005
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen Körperverletzung mit Todesfolge u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung
vom 25. und 26. Januar 2005, an der teilgenommen haben:
Richter Basdorf
als Vorsitzender,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin Sc
als Verteidigerin des Angeklagten Wi ,
Rechtsanwalt B
als Verteidiger des Angeklagten R ,
Rechtsanwältin L
als Verteidigerin des Angeklagten H ,
Rechtsanwältin P
als Vertreterin der Nebenklägerin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
in der Sitzung vom 26. Januar 2005

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 18. Dezember 2003 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Davon ausgenommen werden die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen; diese bleiben aufrechterhalten. Insoweit werden die weitergehenden Revisionen der Staatsanwaltschaft verworfen.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die Revisionen der Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil werden verworfen. Die Angeklagten tragen die Kosten ihrer Rechtsmittel und die der Nebenklägerin hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Die Schwurgerichtskammer hat die Angeklagten jeweils wegen Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu Freiheitsstrafen zwischen sieben und acht Jahren verurteilt. Die zuungunsten der Angeklagten eingelegten Revisionen der Staatsanwaltschaft, die vom Generalbundesanwalt vertreten werden, haben mit der Sachrüge weitgehend Erfolg. Die Revisionen der Angeklagten erweisen sich hingegen als unbegründet.

I.


Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
Die Angeklagten W und H sollten am 19. Februar 2003 gemeinsam zu einer Hauptverhandlung vor dem Strafrichter des Amtsgerichts Cottbus erscheinen. Sie beschlossen deshalb, den Vortag nicht zu Hause zu verbringen, sondern gemeinsam verschiedene Bekannte zu besuchen, um nicht von der Polizei zwecks Vorführung festgenommen werden zu können. Der Angeklagte R schloß sich ihnen an. Zwischen 17.00 und 18.00 Uhr gelangten die Angeklagten zu dem später geschädigten D , einem früheren Arbeitskollegen des Angeklagten W , der auch dem AngeklagtenH flüchtig bekannt war. In der Einraumwohnung des D , die sich in einem Hochhaus in der Leipziger Straße in Cottbus befand, hielt sich auch die den Angeklagten bis dahin unbekannte, später getötete K auf. In geselliger Runde wurde Musik gehört sowie Bier und Schnaps getrunken, bis die Alkoholvorräte zur Neige gingen. Gegen 20.00 Uhr stahl deshalb der Angeklagte R im nahegelegenen REWE-Markt zwei Flaschen Korn.
Während des weiteren gemeinsamen Trinkens begann der schon betrunkene D , den Angeklagten R zu provozieren und zu beleidigen. Den aufkommenden Streit wollten beide im Hausflur außerhalb der Wohnung austragen. D , der infolge seiner Trunkenheit schon erheblich schwankte, führte dort einen Schlag gegen R , den dieser aber leicht abwehren konnte; umgekehrt schlug R nunmehr D mit der Hand-
kante ins Gesicht, woraufhin dieser blutend zu Boden ging. Beide gingen zurück in die Wohnung, wo gemeinsam weitergetrunken wurde. Bald kam es jedoch wieder, ausgehend von D , zum Streit zwischen den beiden und erneuten Schlagversuchen D s sowie zu kräftigen Faustschlägen des Angeklagten R in D s Gesicht. R warf nunmehr die Gläser aus D s Wohnzimmerschrank zu Boden und schlug diesem weiter mehrfach kräftig mit der Faust ins Gesicht. Als daraufhin D s Blut auf die Kleidung des Angeklagten W spritzte, wurde auch dieser wütend. Angesichts der Eskalation ging K , die schon zuvor erfolglos schlichtend auf die Streitenden eingewirkt hatte, zwischen R und D ; sie wurde jedoch durch einen heftigen Schlag von R auf die Couch neben den Angeklagten W geschleudert. Dies paßte W ebensowenig wie ihre anschließende Einmischung in sein Gespräch mit H , der sie mit dem Handrücken ins Gesicht schlug. Nunmehr versetzte W ihr mit seinem rechten Ellenbogen derart w uchtige Schläge ins Gesicht , daß sie heftig blutete und das Blut bis auf die Tapete hinter der Couch spritzte. H versetzte D Stöße mit dem Knie und trat und schlug ihn mit voller Wucht gegen das Gesicht; auch der Geschädigten K trat er ins Gesicht.
Insgesamt beteiligten sich alle drei Angeklagten, die aufgeheizter Stimmung waren und bereits die bisherigen Gewalthandlungen gebilligt hatten , im gemeinschaftlichen Zusammenwirken an massiven Gewalttätigkeiten. Zwischen ihnen bestand ein unausgesprochenes Einverständnis darüber, die beiden ersichtlich betrunkenen, ihnen körperlich weit unterlegenen Geschädigten , die sich auch nicht wehrten, zu mißhandeln; die Angeklagten schlugen teils gemeinsam, teils abwechselnd mit Fäusten und Handrücken auf diese ein und versetzten ihnen mit beschuhten Füßen Tritte gegen Kopf und Körper. H und R streiften sich Handschuhe über, um sich bei den Gewalttätigkeiten nicht selbst zu verletzen; R zog zudem Jacke und Pullover aus, damit diese nicht blutig würden. Nach weiteren von allen gebilligten Tritten und Schlägen – ohne daß die jeweils aktiv Tätigen im einzelnen
festzustellen waren – lagen die Opfer schließlich schwer verletzt und hilflos auf dem Boden; D war bewußtlos, K stöhnte und wimmerte vor Schmerzen.
Als R aus dem Badezimmer kam, wo er sich Blut abgewaschen hatte, erkannte er angesichts des blutüberströmten und hilflosen Zustandes der Geschädigten das Ausmaß des Geschehens und wurde „schlagartig nüchtern“. Über sein Mobiltelefon rief er den Notruf 110 an und erklärte „völlig außer sich und weinend“, in der Leipziger Straße „zum Hochhaus hin“ lägen zwei Leute, die „am Kopf kaputt“ seien. W prüfte kurze Zeit später den Puls von D , der noch spürbar war, rief über die Notrufnummer bei der Polizei an und bat um einen Notarzt in die Leipziger Straße, wobei er sich aber in der Angabe des Stadtbezirks irrte, so daß sein Notruf nicht zum Auffinden der Opfer führte.
Die erheblich alkoholisierten Geschädigten erlitten durch die Mißhandlungen der Angeklagten schwerwiegende Verletzungen. D erst kam am Vormittag des 19. Februar 2003 wieder zu sich, von einer Vielzahl teils blutender Wunden entstellt, mit gebrochener Rippe und einem Schädelhirntrauma. Sein Sehvermögen ist seitdem eingeschränkt, und er leidet unter Gleichgewichtsstörungen. K war infolge der ihr zugefügten Verletzungen am 18. Februar 2003 gegen 23.00 Uhr verstorben. Ihr Gesicht wies neben großen Hämatomen eine Platzwunde und knöcherne Verletzungen am Schädel auf. Weiter fanden sich Zeichen massiver stumpfer Gewalteinwirkung auf den Kopf und Hals. Die dabei entstandenen Gesichtsweichteilzerreißungen sowie mehrfache Schädelbasis- und Gesichtsschädelbrüche führten in Verbindung mit einer Bluteinatmung unmittelbar zum Tode. Die Schädelbasis- und Gesichtsschädelbrüche sind nach zutreffender Einschätzung des medizinischen Sachverständigen am ehesten durch zahlreiche Fußtritte gegen den Kopf oder das Schlagen mit einem Gegenstand erklärbar , wobei auch ein Aufspringen auf den am Boden liegenden Kopf als Ursache in Betracht komme, nicht aber ein Sturzgeschehen; gleiches gelte für die
festgestellten Rippenserienbrüche, die am ehesten durch Knien auf dem Körper oder durch Aufspringen mit flachen Sohlen, nicht aber durch einen Sturz entstanden seien.
Zum subjektiven Tatbestand hat das Landgericht lediglich mit zwei knappen Sätzen (UA S. 25 und S. 49) ausgeführt, es sei nicht nachweisbar, daß die Angeklagten ihre Opfer töten wollten. Jedoch hätten sie während der massiven Gewalteinwirkungen auf die geschädigte K erkennen können und müssen, daß sie ihr dadurch lebensgefährliche Verletzungen beibringen können, die zum Tode führen.
Zugunsten von H und W hat die Schwurgerichtskammer die anzuwendenden Strafrahmen jeweils gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB verschoben. Bei diesen Angeklagten, die schon am Vormittag des Tattages gemeinsam mit dem Trinken begonnen hatten, vermochte das Landgericht in Anschluß an die Ausführungen mehrerer Sachverständiger – anders als bei dem Angeklagten R – eine erhebliche Beeinträchtigung ihrer Steuerungsfähigkeit infolge Alkoholisierung zumindest nicht auszuschließen. Bei allen Angeklagten wurde von den psychiatrischen Sachverständigen ein langjähriger Alkoholmißbrauch festgestellt, der sich indes noch nicht zu einem Hang im Sinne von § 64 StGB verfestigt habe.

II.


Die zuungunsten der Angeklagten eingelegten Revisionen der Staatsanwaltschaft führen zur Aufhebung der Schuldsprüche.
1. Die Sachrüge führt – wie der Generalbundesanwalt zutreffend geltend macht – über das ausdrückliche Begehren der Staatsanwaltschaft in ihren mit der Sachrüge unbeschränkt geführten Revisionen hinaus zur Beanstandung des Fehlens einer Begründung für die Verneinung eines – wenn auch nur bedingten – Tötungsvorsatzes der Angeklagten.

a) Die Abgrenzung einer bewußt fahrlässigen von einer bedingt vorsätzlichen Tötung erfordert bei schwerwiegenden Gewalthandlungen, wie sie das Landgericht hier festgestellt hat, eine sorgfältige Prüfung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls. Die offensichtliche Lebensgefährlichkeit einer Handlungsweise stellt dabei für den Nachweis eines bedingten Tötungsvorsatzes einen Umstand von erheblichem Gewicht dar (BGH NStZ 2003, 431), weil bei äußerst gefährlichen Gewalthandlungen ein bedingter Tötungsvorsatz nahe liegt (BGHR StGB § 212 Abs. 1 Vorsatz, bedingter 58). Angesichts der hohen Hemmschwelle bei Tötungsdelikten bedarf die Frage der Billigung des Todeserfolges indes einer Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Tatumstände, in die auch die psychische Verfassung des Täters bei der Tatbegehung sowie seine Motivation mit einzubeziehen sind (vgl. BGHSt 36, 1, 10).

b) Diesen Prüfungsanforderungen werden die Ausführungen des Landgerichts nicht gerecht. Angesichts der nach den Feststellungen vom gemeinschaftlichen Willen aller Angeklagten getragenen massiven Einwirkungen auf Kopf und Rumpf der erkennbar stark betrunkenen und schließlich hilflos am Boden liegenden Opfer durch Schläge und Tritte reichte es nicht aus, einen bedingten Tötungsvorsatz pauschal abzulehnen. Dies versteht sich hinsichtlich der verstorbenen K angesichts der Schwere und Vielzahl der ihr zugefügten Kopfverletzungen von selbst. Auch bezüglich des geschädigten D läßt sich ein Tötungsvorsatz nicht ohne weiteres so knapp ausschließen, wie dies das Landgericht getan hat; schließlich haben die Angeklagten auch auf ihn gemeinschaftlich bis zu seiner Bewußtlosigkeit eingeschlagen und eingetreten.
Selbst wenn dem Landgericht wegen der Beweislage und der Komplexität des Tatablaufs eine individuelle Zuordnung einzelner Gewalttätigkeiten weitestgehend nicht möglich war, entband dieser Umstand es nicht davon , die Frage des Tötungsvorsatzes mit Blick auf die Gesamtheit der von
allen Mittätern gewollten Gewalthandlungen sorgfältig zu prüfen, zumal Exzeßhandlungen einzelner Angeklagter nicht festzustellen waren.

c) Danach bedürfen die für den Schuldspruch erforderlichen subjektiven Tatumstände erneuter Aufklärung und Bewertung. Der neue Tatrichter wird dabei auch den möglichen Einfluß der teils erheblichen Alkoholisierung der Angeklagten zu bedenken haben (vgl. BGHR StGB § 212 Abs. 1 Vorsatz, bedingter 55). Die fehlerfrei getroffenen Feststellungen zum äußeren Tatablauf können hier angesichts schwer aufklärbarer Tatumstände einerseits und einer rechtfehlerfrei vorgenommenen Zurechnung sämtlicher Gewalthandlungen aufgrund gemeinsamen Tatenschlusses bei Ausschluß etwaiger Exzeßtaten andererseits bestehen bleiben. Diese Feststellungen können lediglich um solche ergänzt werden, die den bisherigen nicht widersprechen. Danach wird für den neuen Tatrichter kein Raum sein für eine über das bisher Festgestellte hinaus gehende Individualisierung und Aufteilung der einzelnen Tatbeiträge auf die einzelnen Angeklagten, auch im Hinblick auf die Frage des Tötungsvorsatzes. Bei den (bislang entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft nicht lückenhaft festgestellten) Verletzungsfolgen von D bieten sich ergänzende Feststellungen zum Heilungsverlauf seit der vorangegangenen Hauptverhandlung an.

d) Wird ein vorrangig zu prüfendes aktives Tötungsdelikt erneut mangels Tötungsvorsatzes verneint, wird ein lediglich durch Unterlassen begangener (ggf. versuchter) Totschlag im Ergebnis bei der subjektiven Befindlichkeit der Angeklagten möglicherweise aus den gleichen Gründen ausscheiden.
Der Senat weist auf folgende – namentlich bei gruppendynamisch geprägtem Geschehen typische – Besonderheit bei hochgradig brutalen Gewalttaten hin: Fälle mit gedankenloser, dumpfer bloßer Verletzungsabsicht, die mit gröbster Fahrlässigkeit hinsichtlich einer möglichen Todesfolge einhergeht , und Fälle mit bereits bedingtem Tötungsvorsatz können in subjekti-
ver Hinsicht so eng beieinander liegen, daß ihr Schuldgehalt – jedenfalls beim Fehlen von Mordmerkmalen – nicht von gravierend unterschiedlichem Gewicht ist. Das angemessene Strafmaß für Totschlag oder versuchten Totschlag wird sich daher in solchen Fällen im Ergebnis von demjenigen für Körperverletzung mit Todesfolge oder gefährliche Körperverletzung kaum beträchtlich unterscheiden.
Da jedoch bei Taten dieser Art bedingter Tötungsvorsatz näherliegt als nur grobe Fahrlässigkeit, kann der Senat die minderen Schuldsprüche auf der Grundlage der unvertretbar knappen Begründung des Landgerichts hier nicht hinnehmen. Das gilt nicht zuletzt auch deshalb, weil jedenfalls bezogen auf die Angeklagten W und H die Strafaussprüche Rechtsfehler zum Vorteil der Angeklagten enthalten.
2. Der neue Tatrichter wird auch zur Schuldfähigkeit der Angeklagten und zur Grundlage für eine etwaige Maßregel nach § 64 StGB mit sachverständiger Hilfe eigene neue Feststellungen zu treffen haben. Der Senat weist zudem darauf hin, daß die Staatsanwaltschaft zu Recht die zugunsten der Angeklagten H und W infolge ihrer Alkoholisierung jeweils vorgenommene Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB beanstandet.

a) Die Frage einer Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB bei erheblicher Alkoholisierung hat der Tatrichter aufgrund einer Gesamtschau aller schulderhöhenden und schuldmindernden Umstände des Einzelfalls zu entscheiden. Der grundsätzlich schuldmindernde Umstand einer erheblichen Einschränkung der Steuerungsfähigkeit kann dabei durch schulderhöhende Umstände ausgeglichen werden. Ein solcher Ausgleich liegt insbesondere dann nahe, wenn eine vermeidbare Alkoholisierung durch Umstände in der Person des Täters (etwa Neigung zu Aggressionen oder Gewalttätigkeiten unter Alkoholeinfluß) oder in der Tatsituation (etwa Trinken in gewaltbereiten Gruppen oder gewaltgeneigten Situationen) das Risiko der
Begehung von Gewalttaten erkennbar signifikant erhöht hat (BGH NJW 2004, 3350, zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt).

b) Nach diesen Maßstäben begegnet der Automatismus, mit dem das Landgericht im angefochtenen Urteil den Angeklagten W und H eine Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB zugebilligt hat, durchgreifenden Bedenken. Der Angeklagte W ist mehrfach wegen Gewaltdelikten unter Alkoholeinfluß vorbestraft. Der Angeklagte H hat zwar lediglich einmal im März 2002 gemeinsam mit W alkoholisierten im Zustand eine Straftat mi t gewalttätiger Entgleisung begangen, ist aber nach eigener Einschätzung leicht reizbar, wenn er Alkohol getrunken hat. Beide Angeklagte kannten damit die ungünstigen Wirkungen erheblicher Alkoholisierung auf ihre Gewaltbereitschaft. Eine Ausnahme von der unter solchen Umständen angezeigten Ablehnung einer Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB käme nur bei einer absoluten Strafdrohung in Betracht (vgl. BGH NJW 2004, 3350, 3353, zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt). Nach den getroffenen Feststellungen liegt jedoch die Annahme von Mordmerkmalen hier fern.

III.


Die Revisionen der Angeklagten sind unbegründet.
1. Die Verfahrensrügen versagen.

a) Das Urteil ist mit allen erforderlichen Unterschriften rechtzeitig zu den Akten gelangt. Die Revisionen der Angeklagten W R und beanstanden lediglich im Ansatz mit Recht, daß der Verhinderungsvermerk mißverständlich angebracht worden ist, weil der bekundende Richter nicht – wie vorliegend geschehen – „in Vertretung“ für den verhinderten unterschreibt , sondern lediglich die Verhinderung mit seiner Unterschrift bestätigt (vgl. Meyer-Goßner, StPO 47. Aufl. § 275 Rdn. 20 m.w.N.). Der Mangel ist
letztlich indes ebenso unschädlich wie die Unterschrift direkt über dem Verhinderungsvermerk. Aus § 275 Abs. 2 Satz 2 StPO folgt lediglich, daß der Verhinderungsvermerk wirksam „angebracht“ sein muß; aus dem unmittelbaren räumlichen Zusammenhang zwischen Unterschrift und Vermerk ergibt sich hier noch hinreichend eindeutig, daß die Verhinderung bezeugt werden sollte und wer dies getan hat (vgl. Engelhardt in KK 5. Aufl. § 275 Rdn. 35).

b) Alle übrigen Verfahrenrügen sind mangels vollständigen Vortrags der den jeweiligen Verfahrensverstoß begründenden Tatsachen (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) unzulässig oder zumindest offensichtlich unbegründet.
2. Auch die Sachrügen bleiben ohne Erfolg.

a) Die Feststellungen zum gemeinschaftlichen Tatenschluß beruhen insgesamt auf tragfähiger Grundlage. Auch die Beweiswürdigung, die grundsätzlich Sache des Tatrichters ist, begegnet keinen Bedenken. Das Landgericht hat die den Feststellungen widersprechenden Angaben der Angeklagten W und R insbesondere aufgrund des objektiven Spurenbildes und der teilgeständigen Angaben des Angeklagten H in nachvollziehbarer und vertretbarer Weise für widerlegt erachtet. Dies ist aus revisionsrechtlicher Sicht hinzunehmen. Die gegenseitige Zurechnung der verschiedenen körperlichen Mißhandlungen der beiden Opfer einschließlich der Zufügung schließlich tödlicher Verletzungen ist rechtsfehlerfrei erfolgt; nach den Feststellungen bestand zwischen allen drei Angeklagten das unausgesprochene Einverständnis darüber, die beiden ihnen körperlich weit unterlegenen und sich nicht wehrenden Geschädigten zu mißhandeln (vgl. auch BGH, Urteil vom 19. August 2004 – 5 StR 218/04).

b) Insgesamt enthält die Strafzumessung bei allen Angeklagten aus revisionsrechtlicher Sicht keine Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten.
Daß das Landgericht eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit bei dem Angeklagten R verneint hat, begegnet keinen durchgreifenden Bedenken; zudem mußte bei ihm ohnehin eine Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB angesichts seiner negativen Vorerfahrungen mit Alkohol ersichtlich ausscheiden. Der neue Tatrichter wird allerdings auch bei dem Angeklagten R – wie bei den übrigen Angeklagten – über die Frage der Steuerungsfähigkeit und einer Maßregel nach § 64 StGB (vgl. zum Maßstab BGHR StGB § 64 Abs. 1 Hang 5) neu zu befinden haben.
Basdorf Gerhardt Raum Brause Schaal

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Strafgesetzbuch - StGB | § 49 Besondere gesetzliche Milderungsgründe


(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes: 1. An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.2. Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf hö

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(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft. (2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

Strafprozeßordnung - StPO | § 275 Absetzungsfrist und Form des Urteils


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Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Ist das Urteil mit den Gründen nicht bereits vollständig in das Protokoll aufgenommen worden, so ist es unverzüglich zu den Akten zu bringen. Dies muß spätestens fünf Wochen nach der Verkündung geschehen; diese Frist verlängert sich, wenn die Hauptverhandlung länger als drei Tage gedauert hat, um zwei Wochen, und wenn die Hauptverhandlung länger als zehn Tage gedauert hat, für jeden begonnenen Abschnitt von zehn Hauptverhandlungstagen um weitere zwei Wochen. Nach Ablauf der Frist dürfen die Urteilsgründe nicht mehr geändert werden. Die Frist darf nur überschritten werden, wenn und solange das Gericht durch einen im Einzelfall nicht voraussehbaren unabwendbaren Umstand an ihrer Einhaltung gehindert worden ist. Der Zeitpunkt, zu dem das Urteil zu den Akten gebracht ist, und der Zeitpunkt einer Änderung der Gründe müssen aktenkundig sein.

(2) Das Urteil ist von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterschreiben. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies unter der Angabe des Verhinderungsgrundes von dem Vorsitzenden und bei dessen Verhinderung von dem ältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der Schöffen bedarf es nicht.

(3) Die Bezeichnung des Tages der Sitzung sowie die Namen der Richter, der Schöffen, des Beamten der Staatsanwaltschaft, des Verteidigers und des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, die an der Sitzung teilgenommen haben, sind in das Urteil aufzunehmen.

(4) (weggefallen)

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

5 StR 218/04

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 19. August 2004
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen Mordes u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 19. August
2004, an der teilgenommen haben:
Richter Basdorf
als Vorsitzender,
Richter Häger,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt V S
als Verteidiger für den Angeklagten M S ,
Rechtsanwalt M Sc
als Verteidiger für den Angeklagten M Sch ,
Rechtsanwalt D
als Verteidiger für den Angeklagten F ,
Rechtsanwalt W
als Vertreter des Nebenklägers,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
I. Angeklagter M S__________ Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 24. Oktober 2003 wird mit der Maßgabe verworfen, daß dieser Angeklagte des Mordes und der gefährlichen Körperverletzung, jeweils in Tateinheit mit Nötigung schuldig ist.
II. Angeklagter M Sch________ Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das genannte Urteil 1. im Schuldspruch – unter Aufhebung des Freispruchs wegen des Anklagevorwurfs des Mordes – dahin abgeändert , daß dieser Angeklagte schuldig ist
a) der Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit versuchtem Mord und mit Nötigung,
b) der gefährlichen Körperverletzung in drei Fällen, in zwei Fällen jeweils in Tateinheit mit Nötigung, in einem Fall mit versuchter Nötigung; 2. im Strafausspruch dahin abgeändert und klargestellt, daß
a) im Fall 1a eine Einzelstrafe von 13 Jahren Freiheitsstrafe verhängt wird; die Einzelstrafen von zwei und von zehn Jahren Freiheitsstrafe entfallen;
b) die Gesamtfreiheitsstrafe von 15 Jahren aufrechterhalten bleibt, und zwar unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 7. Mai 2003, dessen Gesamtstrafausspruch entfällt und dessen Maßregelausspruch aufrechterhalten bleibt; 3. mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit eine Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung und in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.
Die Revision des Angeklagten M Sch und die weitergehende Revision der Staatsanwaltschaft werden verworfen.
III. Angeklagter F___ Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das genannte Urteil 1. im Schuldspruch – unter Aufhebung des Freispruchs wegen des Anklagevorwurfs des Mordes – dahin abgeändert und berichtigt, daß dieser Angeklagte schuldig ist
a) der Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit Nötigung,
b) der gefährlichen Körperverletzung in drei Fällen, in zwei Fällen jeweils in Tateinheit mit Nötigung, in einem Fall mit versuchter Nötigung; 2. im Ausspruch über die Höhe der Jugendstrafe aufgehoben.
Die weitergehende Revision der Staatsanwaltschaft wird verworfen.
IV. Zurückverweisung und Kosten Die Staatskasse trägt die Kosten der den Angeklagten M betreffenden S Revision der Staatsanwaltschaft und die diesem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen.
Der Angeklagte M Sch trägt die Kosten seiner Revision und die dem Nebenkläger hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen.
Die Sache wird zu neuer Festsetzung der Höhe der Jugendstrafe gegen den Angeklagten F und zu neuer Verhandlung und Entscheidung über Maßregelanordnungen nach § 66 StGB und § 64 StGB gegen den Angeklagten M Sch , auch zur Entscheidung über die Kosten der diese beiden Angeklagten betreffenden Revisionen der Staatsanwaltschaft , an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat in dem angefochtenen Urteil folgende Feststellungen getroffen: Opfer der im Sommer 2002 begangenen Tat war der damals 16jährige M Schö , den der im selben Dorf wohnende damals 17jährige Angeklagte M S von früheren gemeinsamen Freizeitaktivitäten näher kannte. M S und die Mitangeklagten, sein älterer Bruder, der 23jährige M Sch , und sein Ausbildungskollege, der 17jährige F , der sich zur Tatzeit auf einem Wochenendbesuch bei den Brüdern Sch befand, verachteten M Schö als „Punk“, der Anhänger der „Hip-Hop“-Musikszene war und blond gefärbte Haare und weite Hosen trug. Die Angeklagten bekannten sich hingegen zu rechtsradikaler Einstellung, M S freilich erst seit kurzer Zeit als Mitläufer seines Bruders M . Vor dessen letzter Haftentlassung hatte er, einem verbreiteten Trend folgend, gemeinsam mit M Schö noch selbst der Technound „Hip-Hop“-Szene zugeneigt.
In der Nacht zum 13. Juli 2002 wurde M Schö im späteren Verlauf eines in den Abendstunden begonnenen längeren Trinkgelages von den drei Angeklagten wiederholt gedemütigt, mißhandelt und genötigt. So wurde der Junge geschlagen; er wurde bis zum Erbrechen zum Alkoholtrinken gezwungen ; er sollte sich als „Jude“ bezeichnen; der AngeklagteF urinierte auf ihn, als er am Boden lag. (Erster Tatkomplex) Bei gemeinsamer Heimfahrt mit Fahrrädern zwangen die Angeklagten ihr Opfer, sich mit ihnen auf ein abgelegenes landwirtschaftliches Gelände und dort in einen großen Schweinestall zu begeben, wo sie weiterhin abwechselnd auf den Jungen einschlugen und ihn ängstigen wollten. Zweimal zwangen sie ihn, in die Steinkante eines Schweinetrogs zu beißen. M S wollte ihn damit durch Nachstellen einer brutalen Mordszene aus einem Film, der jedenfalls auch F bekannt war, schockieren. Als der verängstigte Junge, der Aufforderung folgend, zum zweiten Mal in den Steintrog biß, entschloß sich M S spontan aus einem Motivbündel von menschenverachtender Abenteuerlust und Imponierbedürfnis, die Filmszene vollends in die Realität umzusetzen. Er sprang M Schömit direktem Tötungsvorsatz mit beiden Füßen, an denen er Springerstiefel mit Stahlkappen trug, auf den Kopf. Die beiden anderen Angeklagten hatten hiermit möglicherweise nicht gerechnet. Während sich nun- F , mehr schockiert, abwandte und zunächst abseits hielt, beschloß M Sch , das Opfer, das sichtbar schwerste Kopfzerquetschungen und Schädelbrüche erlitten hatte, endgültig zu beseitigen, um die Entdeckung der Tat zu verhindern. Er suchte gemeinsam mit seinem Bruder nach einem geeigneten Tatwerkzeug. M S fand einen großen schweren Betonstein. Diesen warf er M Schö , den er und sein Bruder – möglicherweise zu Unrecht – noch für lebend hielten, zweimal auf den Kopf. Anschließend vergruben die drei Angeklagten die Leiche des M Schö in einer Jauchegrube. (Zweiter Tatkomplex) 1. Im ersten Tatkomplex hat das Landgericht die Angeklagten M Sch und F jeweils der gefährlichen Körperverletzung in drei Fällen – in zwei Fällen in Tateinheit mit Nötigung, in einem Fall mit versuchter Nötigung – (Einzelfreiheitsstrafen für M Sch : ein Jahr sowie zweimal ein Jahr und sechs Monate), den Angeklagten M S der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung für schuldig befunden; wegen des Anklagevorwurfs eines weiteren entsprechenden tatmehrheitlichen Geschehens, das möglicherweise nicht zusätzlich stattgefunden hatte, wurden die drei Angeklagten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.
Im zweiten Tatkomplex hat das Landgericht die drei Angeklagten jeweils einer weiteren tatmehrheitlichen gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung für schuldig befunden, ferner den Angeklagten M S des Mordes aus niedrigen Beweggründen und den Angeklagten M Sch des versuchten (Verdeckungs-)Mordes (Einzelfreiheitsstrafen für M Sch : zwei Jahre und zehn Jahre). Vom Anklagevorwurf des vollendeten Mordes hat das Landgericht die Angeklagten M Sch und F aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.
Der Angeklagte M S wurde zu einer Jugendstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt, der Angeklagte M Sch – unter Einbeziehung anderweitig rechtskräftig verhängter Einzelfreiheitsstrafen (ein Jahr sowie ein Jahr und sechs Monate, jeweils wegen gefährlicher Körperverletzung u. a., ferner zehn Monate wegen eines Verkehrsvergehens) – zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 15 Jahren, der Angeklagte F zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren (ohne Bewährung).
2. Der Angeklagte M Sch ficht seine Verurteilung umfassend mit der Sachrüge an. Die Staatsanwaltschaft führt Revisionen zum Nachteil aller drei Angeklagter mit einer Verfahrensrüge und der Sachrüge. Sie greift die Schuldsprüche und Freisprüche im ersten Tatkomplex nicht an; insoweit erstrebt sie lediglich eine Urteilsberichtigung, soweit die Qualifikation der „gefährlichen“ Körperverletzung bei dem Angeklagten F versehentlich nicht im Urteilstenor bezeichnet worden ist. Zum zweiten Tatkomplex rügt die Staatsanwaltschaft die Beweiswürdigung und die rechtliche Würdigung, insbesondere beanstandet sie, daß das Landgericht nicht zu Schuldsprüchen wegen gemeinschaftlichen vollendeten Mordes gegen alle drei Angeklagten gelangt ist, was sich bei allen, auch bei M S – insoweit wird die Revision der Staatsanwaltschaft vom Generalbundesanwalt nicht vertreten –, rechtsfehlerhaft zu ihrem Vorteil bei der Strafzumessung ausgewirkt habe.
3. Die Revision des Angeklagten M Sch ist offensichtlich unbegründet. Insbesondere ist gegen seine Verurteilung wegen gemeinschaftlich versuchten Verdeckungsmordes, zu dessen Begehung er nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Urteilsfeststellungen die Initiative ergriffen und die Tatherrschaft bis hin zur eigenhändigen Tatausführung durch seinen Bruder auch behalten hat, sachlichrechtlich nichts zu erinnern. Auf Revision der Staatsanwaltschaft ist die Beurteilung der Konkurrenzen im zweiten Tatkomplex ohnehin zu korrigieren und das Unterbleiben einer Maßregelanordnung nach § 64 StGB zu beanstanden; M Sch ist insoweit konkret nicht beschwert.
4. Die Revision der Staatsanwaltschaft führt bei dem Angeklagten M S lediglich zu einer Schuldspruchänderung infolge abweichender Beurteilung der Konkurrenzen, die ohne Einfluß auf den Rechtsfolgenausspruch bleibt. Bei den beiden anderen Angeklagten haben die Revisionen jeweils den aus dem Urteilstenor ersichtlichen Teilerfolg.

a) Die Verfahrensrüge und die Angriffe der Staatsanwaltschaft gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung bleiben erfolglos.
Mit dem Zitat von Auszügen aus dem vorbereitenden Gutachten des in der Hauptverhandlung vernommenen psychiatrischen Sachverständigen, deren Inhalt nach Auffassung der Beschwerdeführerin eine Erörterung im Urteil – mit der naheliegenden Folge abweichender Beweiswürdigung zum gemeinschaftlichen Mordvorsatz – erfordert hätte, läßt sich eine Verletzung des § 261 StPO durch Nichtausschöpfung der Aussage des psychiatrischen Sachverständigen methodisch nicht nachweisen. Dies liefe auf eine im Revisionsverfahren unzulässige Rekonstruktion der für die Urteilsfindung maßgeblichen Aussage des Sachverständigen in der Hauptverhandlung hinaus. Für eine Rüge der Verletzung der Aufklärungspflicht oder der Nichtausschöpfung eines in der Hauptverhandlung verwendeten Beweismittels, die bei unerklärten eklatanten Widersprüchen zwischen Akten- und Urteilsinhalt in Ausnahmefällen statthaft sein kann (vgl. BGHSt 43, 212, 215 f.), fehlt es schon am vollständigen Vortrag (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) des mit dem angeblichen Verstoß zusammenhängenden Akteninhalts, zu dem hier mindestens die vorbereitenden Gutachten in vollständiger Form und die in den Akten festgehaltenen Einlassungen der Angeklagten gehört hätten.
In der Sache laufen zudem die zugehörigen Beanstandungen der Staatsanwaltschaft nicht anders als die geäußerten sachlichrechtlichen Einwände gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts letztlich auf einen im Revisionsverfahren nicht statthaften Versuch hinaus, die dem Tatgericht obliegende Beweiswürdigung durch eine eigene zu ersetzen. Tatsächlich läßt die beanstandete tatgerichtliche Beweiswürdigung im Zusammenhang mit der Frage, ob die Angeklagten MSch und F sich – mindestens stillschweigend – mit M S auf ein gemeinsames Tatvorhaben verständigt haben, das in den Steintrog beißende Opfer nach der Filmvorlage hinzurichten, oder ob sie mit einem solchen Vorgehen ihres Mittäters gerechnet haben, Rechtsfehler nicht erkennen. Die Auffassung des Landgerichts , eine von den beiden anderen Angeklagten weder vorab gebilligte noch vorhergesehene Spontantat M S s – wie dieser sie eingestanden hat – lasse sich nicht ausschließen, ist weder widersprüchlich noch lückenhaft begründet; dies gilt auch im Blick auf die zweimalige Nötigung des Opfers, in den Trog zu beißen, die auch als wiederholte Demütigung und Ängstigung interpretierbar ist. Die der Tötung vorange gangenen Körperverletzungshandlungen waren bei aller Steigerung noch nicht lebensgefährdend; danach ist hier noch nicht zu beanstanden, daß das Landgericht es unterlassen hat, einen Mittätervorsatz zu erörtern, der so stark gesteigert war, daß dabei sogar die Tötung des Opfers durch einen enthemmten Tatgenossen in Kauf genommen wurde (vgl. BGH, Urteile vom 20. Januar 2004 – 5 StR 530/03 – und vom 30. März 2004 – 5 StR 410/03). Es begründet keinen revisiblen Rechtsfehler, daß ein abweichendes Ergebnis der Beweiswürdigung zu einem gemeinschaftlichen Tötungsvorsatz möglich – unter Umständen gar näherliegend – gewesen wäre.
Daß die beiden anderen Angeklagten daher nicht als Mittäter M S s bei dem durch den Sprung auf den Kopf begangenen Mord angesehen worden sind, ist danach ebensowenig zu beanstanden wie die – ebenfalls rechtsfehlerfrei – unterbliebene Prüfung, ob sie für diesen Mord, der nach vertretbarer tatrichterlicher Auffassung nicht von ihrem Wissen und Wollen erfaßt war, als Unterlassungstäter verantwortlich sein könnten.

b) Auf der Grundlage der mithin fehlerfrei getroffenen Urteilsfeststellungen erweist sich die rechtliche Bewertung der Jugendkammer bezogen auf den Angeklagten M S lediglich hinsichtlich der Konkurrenzen als korrekturbedürftig. Die gemeinschaftlichen Körperverletzungshandlungen der Angeklagten im Bereich des Stallgeländes mündeten bei diesem Angeklagten übergangslos in seine exzessive Tötungshandlung im Sinne natürlicher Handlungseinheit. Dabei wird die vorangegangene gefährliche Körperverletzung zum Nachteil desselben Opfers durch den anschließenden – zutreffend bejahten – vollendeten Mord aus niedrigen Beweggründen konsumiert. Zutreffend hat die Jugendkammer hingegen auch die anschließende Mitwirkung M S s am Verdeckungsmordversuch als durch die Vortat konsumiert angesehen, so daß sich das gesamte Geschehen des zweiten Tatkomplexes bei M S als eine einheitliche Tat des vollendeten Mordes (in Tateinheit mit Nötigung) darstellt.
Für das Maß der Schuld des Angeklagten M S ist die Umbewertung der Konkurrenzen ohne jede Bedeutung. Der Strafausspruch erweist sich – in Übereinstimmung mit der Auffassung des Generalbundesanwalts – noch nicht als rechtsfehlerhaft. Die Nichtausschöpfung des Strafrahmens aus § 18 Abs. 1 Satz 2 JGG erscheint angesichts des Tatbildes und des Nachtatverhaltens zwar sehr milde. Indes enthält die das Ergebnis verantwortende tatrichterliche Wertung in Anbetracht der – wenngleich noch nicht das Maß des § 21 StGB erreichenden – beträchtlichen psychischen Defekte dieses Angeklagten und seines für die Wahrheitsfindung besonders förderlichen Geständnisses noch keinen Rechtsfehler zu seinem Vorteil.

c) Bei den beiden anderen Angeklagten schöpft die rechtliche Würdigung der Jugendkammer zu deren Vorteil die getroffenen Feststellungen nicht aus.
(1) Das Landgericht hat nicht hinreichend bedacht, daß der spontane tödliche Angriff des Angeklagten M S gegen das Opfer unmittelbar im Anschluß an gemeinsame, sich steigernde, mit Demütigungen, Einschüchterungen und Nötigungen einhergehende körperliche Mißhandlungen des Opfers erfolgte. Dabei blieb die von jedem einzelnen der Mittäter auszuführende Gewalthandlung dessen spontanem Entschluß überlassen, ohne daß dies am generellen Einverständnis aller Mittäter mit der Gewaltfortsetzung etwas änderte, die vom gemeinsamen Ziel des Demütigens und Quälens des Opfers getragen war. Für einen Abschluß dieses gewalttätigen gemeinsamen Vorgehens gegen das Opfer oder eine sonstige Zäsur vor den tödlichen Tritten M S s ist nichts ersichtlich. Durch deren – für sich rechtsfehlerfreie – Bewertung als Exzeß hat sich das Tatgericht letztlich den Blick darauf verstellt, daß das weitere gewaltsame Vorgehen gegen das Opfer von dem gemeinsamen Tatplan der gefährlichen Körperverletzung nach wie vor getragen war. Durch die Intensivierung des als Körperverletzung gewollten Verhaltens hin zu (vorsätzlich) tödlichen Verletzungen wurde der Tod des Opfers verursacht. So massiv diese Intensivierung der Gewalt durch den Mittäter auch war, so war sie doch als weitere fortgesetzte Gewalthandlung gewollt und angesichts der emotional stark aufgeheizten Tatsituation und der vorangegangenen sich steigernden, entwürdigenden und verletzenden Behandlung des Opfers für die Angeklagten M Sch und F auch in ihrer tödlichen Wirkung vorhersehbar. Diese Wertung kann das Revisionsgericht von sich aus treffen, da sie sich auf der Grundlage der vom Tatgericht rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen ohne weiteres von selbst versteht. Als Mittäter der gefährlichen Körperverletzung sind diese beiden Angeklagten danach Mittäter einer Körperverletzung mit Todesfolge gemäß § 227 StGB (vgl. BGH, Urteil vom 23. Juni 2004 – 5 StR 15/04, zur Veröffentlichung in BGHR StGB § 227 Todesfolge bestimmt, m.w.N.).
Die unzulängliche rechtliche Würdigung führt zur Schuldspruchänderung von der im selben Handlungskomplex begangenen (konsumierten) gefährlichen Körperverletzung (vgl. oben b) zur Körperverletzung mit Todesfol- ge. Zugleich ist der Teilfreispruch der Angeklagten M Sch und F wegen vollendeten Mordes aufzuheben; er ist zu Unrecht erfolgt, da auch diese Angeklagten für die Tötung des Opfers, wenngleich eingeschränkt, strafrechtlich verantwortlich sind.
Es ist nicht erkennbar, daß sich die Angeklagten gegen diesen weitergehenden Schuldspruch in der Tatsacheninstanz wirkungsvoller als bisher hätten verteidigen können, wenn ihnen bereits dort ein dahingehender rechtlicher Hinweis erteilt worden wäre. Sie haben sich vor der Jugendkammer gegen den Vorwurf der Verantwortlichkeit für die Tötung tatsächlich umfassend verteidigen können. Auf den entsprechenden Hinweis vor der Revisionshauptverhandlung haben die Verteidiger in der Verhandlung lediglich rechtlich argumentiert, indes nichts dafür vorgetragen, daß andere Verteidigungsmöglichkeiten in der Tatsacheninstanz mit dem Ziel maßgeblicher abweichender Feststellungen bestanden hätten. Bei dieser Sachlage erscheint die nach den bisherigen tatgerichtlichen Feststellungen gerechtfertigte Durchentscheidung zum Schuldspruch in der Revisionsinstanz gegenüber einer – zumal mit einem beträchtlich weiter gehenden Verurteilungsrisiko für die Angeklagten verbundenen – Schuldspruchaufhebung und Zurückverweisung sachgerecht und vorzugswürdig.
(2) Bei dem Angeklagten M Sch bedarf es ferner einer Korrektur der Konkurrenzen. Nicht anders als bei seinem Bruder wäre der anschließende Verdeckungsmordversuch auch bei ihm durch eine mittäterschaftliche Mitwirkung bereits an dem vorangegangenen Mord konsumiert. Eine solche hat die Jugendkammer lediglich als nicht erwiesen erachtet. Bei der gegebenen besonderen, auch mit der Anwendung des Zweifelsgrundsatzes zusammenhängenden Sachlage ist das gesamte auf die Tötung des Opfers hinauslaufende , mit seiner vorangegangenen Mißhandlung am selben Ort unmittelbar zusammenhängende Geschehen des zweiten Tatkomplexes rechtlich als tateinheitlich zu bewerten. Der Senat stellt den Schuldspruch entsprechend um.
Dies zieht die Aufhebung der insoweit bislang verhängten Einzelfreiheitsstrafen von zwei und zehn Jahren Freiheitsstrafe nach sich. Angesichts der strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Angeklagten M Sch für den Todeserfolg ist die Verhängung einer einheitlichen Freiheitsstrafe erforderlich , die einen höhergradigen Schuldumfang als bislang angenommen erfaßt. Als rechtlich zutreffend erweist sich freilich die Wertung des Tatgerichts , wegen der insgesamt massiven psychischen Defekte des – grenzdebilen , massiv persönlichkeitsgestörten, zudem bei Alkoholabhängigkeit und hierdurch individuell bedingter herabgesetzter Alkoholverträglichkeit erheblich alkoholisierten – Angeklagten M Sch eine Verschiebung des (fraglos nicht wegen Versuchs zu mildernden) Strafrahmens des § 211 StGB nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB vorzunehmen. Bei dieser ganz besonders gelagerten Ausgangssituation – zugleich im Blick auf das bei der gegebenen Sachlage zwingende Gesamtstrafergebnis (15 Jahre Freiheitsstrafe) – hält es der Senat für angezeigt, die Neubemessung der Einzelstrafe für den zweiten Tatkomplex nicht einem neuen Tatgericht zu überlassen, sondern sie in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO in der geringst denkbaren Höhe selbst festzusetzen. Diese Höhe ist unter Berücksichtigung der bisherigen , strafzumessungsrechtlich nicht zu beanstandenden tatrichterlichen Wertung und angesichts des beträchtlich erhöhten Gesamtschuldgehalts in Übereinstimmung mit dem entsprechenden Antrag der Bundesanwaltschaft in der Revisionshauptverhandlung mit mindestens einem Jahr über der Summe der entfallenden Einzelstrafen – mithin mit 13 Jahren Freiheitsstrafe – zu bemessen. Im Rahmen der Aufrechterhaltung der Gesamtstrafe korrigiert der Senat darüber hinaus den bezüglich der Anwendung des § 55 StGB unvollständigen Urteilstenor.
Zutreffend bemängelt der Generalbundesanwalt die bislang unzulängliche Abhandlung von Maßregeln nach § 66 StGB und § 64 StGB gegen den Angeklagten M Sch. Das Landgericht hat es versäumt, die nur nach Maßgabe von § 66 Abs. 1 StGB geprüfte Frage einer Unterbringung dieses Angeklagten in der Sicherungsverwahrung auch nach § 66 Abs. 2 StGB zu überprüfen. Die formellen Voraussetzungen hierfür liegen – auch im Blick auf die einzubeziehenden Bestrafungen wegen gefährlicher Körperverletzung – fraglos vor. Daß es an den materiellen Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB und einer für den Angeklagten negativen tatrichterlichen Ermessensentscheidung nach § 66 Abs. 2 StGB sicher fehlen würde, läßt sich nicht feststellen. Zur Frage einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt hat das Landgericht – angesichts einer namentlich vor dem Hintergrund massiven Alkoholkonsums entstandenen Tat – verkannt, daß eine gesicherte Feststellung der – zutreffend zugunsten des Angeklagten angenommenen – Voraussetzungen des § 21 StGB für eine Maßregel nach § 64 StGB – anders als bei § 63 StGB – nicht verlangt ist (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl. § 64 Rdn. 11). Die Frage beider Maßregeln muß erneut tatrichterlich überprüft werden.
(3) Bei dem Angeklagten F beanstandet die Staatsanwaltschaft im Ansatz zutreffend, daß das Landgericht ihn nicht als Garanten für das Opfer aufgrund der massiven vorangegangenen Gewalttätigkeiten angesehen hat (vgl. BGHR StGB § 13 Abs. 1 Garantenstellung 7; BGH NStZ 2004, 294, 296). Aus diesem Gesichtspunkt durfte eine Verantwortlichkeit dieses Angeklagten für den Verdeckungsmordversuch der Brüder Sch , der sich an die möglicherweise schon für sich tödlichen Tritte M S s gegen das Opfer anschloß, nicht verneint werden.
Indes hat das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt, daß der Angeklagte F sich nach dem massiv gesteigerten brutalen Vorgehen M S s, das er so nicht mehr billigte, und angesichts der augenfällig schrecklichen Verletzungen des Opfers räumlich distanziert hatte und in dieser Phase des zweiten Tatkomplexes „so geschockt war, daß er keinen klaren Gedanken fassen konnte“ (UA S. 23). Danach schließt der Senat aus, daß sich auf dieser Basis hätte feststellen lassen, daß F in dieser Situation das weitere Verhalten der Brüder Sch – selbst wenn er es beobachtete – in der Zielsetzung eines erneuten tödlichen Angriffs auf das Opfer so frühzeitig zutreffend bewertete, daß er noch erfolgversprechend hätte versuchen können, sich dem entgegenzustellen. Eine mögliche weitergehende Strafbarkeit des Angeklagten F wegen versuchten Verdeckungsmordes oder Beihilfe hierzu durch Unterlassen scheidet danach aus, ohne daß in diesem Zusammenhang noch die Frage nach der Möglichkeit und Zumutbarkeit eines etwa vorwerfbar unterbliebenen Handelns gestellt werden müßte.
Ungeachtet des insoweit unzutreffenden Prüfungsansatzes des Landgerichts bedarf es daher keiner umfassenden Aufhebung des betreffend den zweiten Tatkomplex ergangenen Schuldspruchs zum Nachteil des Angeklagten F . Der Senat beschränkt sich vielmehr auf die erörterte, mit der Aufhebung des Teilfreispruchs wegen des Mordvorwurfs verbundene Schuldspruchverschärfung , welche die Aufhebung des Ausspruchs über die Höhe der Jugendstrafe zum Nachteil des Angeklagten F nach sich zieht, so daß der Senat über die allein hierzu vorgebrachten Einwände der Revision nicht entscheiden muß. Der Senat korrigiert ferner auch den unvollständigen Schuldspruch zum ersten Tatkomplex gegen diesen Angeklagten.
Über die Höhe der gegen den Angeklagten F zu verhängenden Jugendstrafe hat ein neuer Tatrichter auf der Grundlage des beträchtlich verschärften Schuldspruchs und der bislang durchweg rechtsfehlerfrei getroffe- nen Feststellungen, die allein durch weitere ihnen nicht widersprechende Feststellungen ergänzt werden dürfen, zu entscheiden.
Basdorf Häger Gerhardt Raum Brause

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.