Bundesgerichtshof Urteil, 27. Okt. 2010 - 5 StR 319/10
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels und die hierdurch dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
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- Das Landgericht hat den Angeklagten von dem Vorwurf freigesprochen , am 3. Juni 2009 unter Einsatz eines Messers die Nebenklägerin in deren Wohnung verbracht, vergewaltigt, körperlich misshandelt und der Freiheit beraubt sowie sie anschließend unter Einsatz des Messers beraubt zu haben. Die gegen den Freispruch gerichtete, lediglich mit der Sachrüge geführte Revision der Staatsanwaltschaft, die vom Generalbundesanwalt vertreten wird, bleibt ohne Erfolg.
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- 1. Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
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- a) Der 1994 wegen Ermordung einer Frau – nach deren Fesselung und Knebelung – zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilte „übergewichtige und äußerlich auch sonst wenig attraktive Angeklagte“ (UA S. 5) lernte im Juni/Juli 2008 die Nebenklägerin an deren Arbeitsstelle, einem Geschäft für Reisebedarf an einer U-Bahn-Station, kennen. Im Laufe der Zeit entstand ein enger Kontakt mit intensiven Gesprächen und häufigerem Austausch elektronischer Kurzmitteilungen. Die Nebenklägerin sandte dem Angeklagten am 21. Oktober 2008 ein Bild mit nackten Brüsten mit dem beigefügten Text: „Viel Spaß damit, liebe Grüße Deine Doro.“ Der Angeklagte kaufte auf seinen Namen für die – SCHUFA-belastete – Nebenklägerin eine Waschmaschine. Anfang März 2009 besuchte er sie zu Hause. Darüber war sie ungehalten; sie forderte ihn auf, gegenüber ihren Arbeitskolleginnen deutlich zu machen, dass es keine engen Kontakte zwischen ihnen gebe. Diese Forderung fixierte sie schriftlich auf einem Zettel, den sie dem Angeklagten übergab. Der persönliche Kontakt und der Austausch elektronischer Kurznachrichten wurden fortgesetzt. Am 22. April 2009 schenkte der Angeklagte der Nebenklägerin ein Mobiltelefon im Wert von ca. 140 €.
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- Die Nebenklägerin unterhielt seit April 2009 mit dem Zeugen K. eine Beziehung. Dieser klingelte am Nachmittag des 3. Juni 2009 mehrfach ergebnislos an der Tür des Wohnhauses der Nebenklägerin.
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- b) Die nach übereinstimmenden Bekundungen des Angeklagten und der Nebenklägerin gemeinsam in deren Wohnung zugebrachte Zeit zwischen 14.00 Uhr und 2.45 Uhr des Folgetages hatten beide in der Hauptverhandlung sich widersprechend geschildert.
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- aa) Der Angeklagte hat ausgeführt, dass beide nach Verzehr eines gelieferten Essens geschlafen hätten, er dann ein Bad genommen und gegen 19.00 Uhr die nackt auf dem Bett liegende Nebenklägerin – objektiv ohne erkennbare Fesselungsspuren – fotografiert habe. Nach einer weiteren Zeit des Schlafens habe er im Wohnzimmer auf dem Mobiltelefon der Nebenklägerin gespeicherte Nachrichten gefunden, aus denen sich ergeben habe, dass zwischen der Nebenklägerin und dem Zeugen K. eine feste Beziehung bestehe. Er habe die Nebenklägerin zur Rede gestellt, die aber eine Beziehung zu dem Zeugen K. nicht zugegeben habe. Er habe es abgelehnt , der Aufforderung der Nebenklägerin entsprechend in ihr Schlafzimmer zu kommen, wo sie ihm hätte beweisen wollen, wie sehr sie ihn liebe. Zu keinem Zeitpunkt sei es zu sexuellen Handlungen gekommen. Er habe ihr aus Enttäuschung private und berufliche Schwierigkeiten angedroht, falls sie ihm nicht innerhalb von zehn Tagen das Geld für die Waschmaschine und das Mobiltelefon zahlen würde.
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- bb) Die Nebenklägerin hat angegeben, der Angeklagte habe sie bereits unter Vorhalt eines Messers gezwungen, ihn im Auto zu ihrer Wohnung zu fahren; dort habe er ihr sofort nach Betreten der Wohnung die Hände mit einer Gazebinde auf dem Rücken zusammengebunden und ihr mit einem Geschirrtuch aus der Küche die Augen verbunden. Er habe sie trotz der Fesselung ausgezogen. Nach einem abgenötigten Zungenkuss habe sie ihn oral befriedigen müssen. Er habe auch an ihrer Scheide geleckt. Sie habe dem Pizzaboten – nach dessen Klingeln an der Haustür – auf Geheiß des Angeklagten bekleidet geöffnet und sich diesem aus Angst nicht offenbart. Nach erneutem Ausziehen und erneuter Fesselung habe sie das Essen abgelehnt. Im Schlafzimmer habe der Angeklagte vergeblich versucht, vaginal in sie einzudringen. Dann habe er dies mit Fingern und einem Dildo getan, den sie dann auch selbst habe benutzen müssen. Als K. geklingelt habe, habe der Angeklagte ihr das Messer drohend an den Hals gehalten. Sie habe immer wieder Jägermeister trinken müssen, den er ihr eingeflößt habe. Toilettengänge habe er ihr versagt. Er habe ihr einen Eimer hingestellt, in den sie sich erbrochen und uriniert habe; er müsse diesen Eimer in seiner Reisetasche mitgebracht haben. Nachdem es ihr gelungen sei, die Fesselung zu lösen und die Augenbinde nach oben zu schieben, habe sie gesehen, wie der nackte Angeklagte Schränke und Schubladen im Wohnzimmer durchsucht habe. Nach einem Fluchtversuch habe er sie gegen den Kopf geschlagen und sie sei zu Boden gegangen. Er habe sie erneut gefesselt und ihre Augen verbunden, sie wieder zum Bett gebracht und sich weiter unter Halten des Messers an ihren Hals an ihr vergangen. Sie sei dann eingeschlafen.
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- c) Die Nebenklägerin versuchte um 4.08 Uhr und 8.05 Uhr mit ihrem Freund K. in Kontakt zu treten. Nachdem sie ihn um 8.22 Uhr um einen sofortigen Anruf gebeten hatte, weil etwas ganz Schlimmes passiert sei, teilte sie ihm auf dessen Anruf um 9.30 Uhr weinend mit, dass sie vergewaltigt worden sei. Nach intensivem Zureden durch K. erklärte sich die Nebenklägerin gegen 14.00 Uhr mit einer Verständigung der Polizei einverstanden. An den in der Wohnung der Nebenklägerin auf dem Bettlaken und dem Bettbezug gesicherten Spermaspuren wurde die DNA des Angeklagten ausgeschlossen.
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- Nach dem Geschehen begab sich die Nebenklägerin in psychiatrische Behandlung bei dem als sachverständigen Zeugen vernommenen Kr. , der eine posttraumatische Belastungsstörung ohne Tendenzen für eine Vorspiegelung oder Simulation festgestellt habe. Wegen einer von Gewaltausübung zum Nachteil der Nebenklägerin geprägten früheren Beziehung hat das Landgericht nicht feststellen können, ob das Geschehen vom 3. und 4. Juni 2009 Ursache für die Störung der Nebenklägerin gewesen ist.
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- Der sachverständige Zeuge A. hat keine gynäkologisch relevanten Verletzungen festgestellt, die von der Nebenklägerin am 4. Juni 2009 in ihrer polizeilichen Vernehmung geschilderte Blutungen im Intimbereich hätten belegen können. Auch der von der Nebenklägerin in der Hauptverhandlung berichtete massive Schlag in das Gesicht durch den Angeklagten konnte medizinisch nicht verifiziert werden; eine dezente Rötung am linken Handgelenk könnte von einer Fesselung oder vom Tragen eines Schmuckstücks oder einer Uhr herrühren.
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- d) Das Landgericht hat bei der Qualitätsanalyse der Aussagen der Nebenklägerin erhebliche Mängel hinsichtlich des Rand- und Kerngeschehens festgestellt:
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- Von der Revision nicht beanstandet hat das Landgericht dargelegt, dass die Nebenklägerin hinsichtlich der Intensität ihrer Beziehung zum Angeklagten vor dem 3. Juni 2009 und zur Schenkung des Mobiltelefons in ihrer ersten polizeilichen Vernehmung unwahre Angaben gemacht habe, ohne hierfür in der Hauptverhandlung eine plausible Erklärung abgeben zu können. Unwahre Angaben der Nebenklägerin hat das Landgericht auch zu den Umständen der Übergabe des von ihr geschriebenen und dem Angeklagten übergebenen Zettels mit an den Angeklagten gerichteten Verhaltensanweisungen festgestellt.
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- Auf Vorhalte unterschiedlicher Aussagen hinsichtlich des Zusammentreffens mit einer Nachbarin und der – vom Landgericht als wenig nachvollziehbar bewerteten – Essensbestellung in Unterbrechung sexuell motivierter Gewalthandlungen habe sich die Nebenklägerin auf nicht weiter erklärte Erinnerungsverluste bezogen. Dies sei auch hinsichtlich der in mehreren Vernehmungen unterschiedlich geschilderten Situation geschehen, bei der die Nebenklägerin gefesselt gewesen sei, ferner zu dem Messereinsatz des Angeklagten und dem von ihr geschilderten Fluchtversuch.
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- Hinsichtlich unterschiedlicher Angaben der Nebenklägerin zum Kerngeschehen , nämlich der Art und Reihenfolge der abgenötigten und erduldeten Sexualhandlungen, hat es das Landgericht als nicht nachvollziehbar gewertet , dass die Nebenklägerin in einer späteren Vernehmung die versuchte vaginale Penetration als – weil ihren Freund möglicherweise belastend – besonders bedeutsam, in ihrer Erstvernehmung und bei der Befragung durch den Arzt aber als nicht erwähnenswert betrachtet habe. Die Angabe der Nebenklägerin , sie sei von dem Arzt nicht nach der Vornahme des Oralverkehrs befragt worden, hat das Landgericht durch die Aussage des sachverständigen Zeugen A. als widerlegt angesehen.
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- Das Landgericht hat diese Qualitätsmängel in der Aussage der Nebenklägerin als Ungereimtheiten, Widersprüche und Falschaussagen bewer- tet und sich nicht in der Lage gesehen, eine Verurteilung auf die Aussage der Nebenklägerin zu gründen, die auch nicht durch äußere Umstände gestützt worden sei.
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- 2. Das Urteil hält der sachlichrechtlichen Nachprüfung stand.
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- a) Das Landgericht hat den sich aus § 267 Abs. 5 Satz 1 StPO ergebenden Umfang der Darlegungspflicht entscheidungsrelevanter Umstände nicht missachtet (vgl. BGHSt 52, 314, 315; BGH NStZ 2010, 529).
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- Das gilt entgegen der Auffassung der Revision auch hinsichtlich der Persönlichkeit und des Werdegangs des Angeklagten, einschließlich seiner Verurteilung wegen Mordes im Jahre 1994 zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Jahren nebst den hierzu festgestellten Begleitumständen. Der Senat entnimmt den wertenden Betrachtungen des Landgerichts UA S. 16 f., 28, in die es den Angaben der Nebenklägerin widersprechende objektive Beweisanzeichen ersichtlich einbezogen hat, dass auf die Angaben der Nebenklägerin eine Verurteilung des Angeklagten schlechterdings nicht gestützt werden könne. Bei einem schon hierdurch unaufklärbaren Tatgeschehen hätten die von der Revision vermissten Darlegungen keine maßgebliche Stärkung von Belastungsindizien begründen können. Daher liegt keine sachlichrechtlich relevante Erörterungslücke zugunsten des Angeklagten vor.
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- b) Auch im Übrigen hält die Beweiswürdigung des Landgerichts den sachlichrechtlichen Anforderungen stand (vgl. BGH NJW 2006, 925, 928 m.w.N., insoweit in BGHSt 50, 299 nicht abgedruckt).
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- aa) Soweit dem Revisionsvortrag zu entnehmen ist, die posttraumatische Belastungsstörung der Nebenklägerin sei insofern lückenhaft erörtert worden, als diese nicht als Ursache für die Qualitätsmängel der Aussage der Nebenklägerin herangezogen worden sei, wird keine relevante Lücke dargelegt. Mangels wissenschaftlicher Anerkennung der Forderungen der psycho- logischen Traumatologie im Zusammenhang mit der Glaubhaftigkeitsbeurteilung (vgl. Steller in NJW-Sonderheft für Gerhard Schäfer 2002, S. 69, 70) kann die Beweiswürdigung des Landgerichts nämlich gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse nicht übergangen haben. Das Landgericht hat zudem wesentliche Mängel schon in den Widersprüchlichkeiten der Aussagen unmittelbar nach der Tat, die nach dem Revisionsvortrag von der Traumatisierung unbeeinflusst geblieben wären, festgestellt und auf mit keinem Trauma in Zusammenhang stehende bewusst unwahr geschilderte Umstände abgestellt.
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- bb) Die Bewertung der Aussagequalität der Nebenklägerin ist auch in anderer Hinsicht beanstandungsfrei.
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- Dem Senat ist es – im Gegensatz zur Auffassung des Generalbundesanwalts – verwehrt, den vom Landgericht hergestellten Zusammenhang von bewusst unwahrer Aussage im Randbereich und Qualitätsmängeln im Kernbereich der Aussage der Nebenklägerin in Frage zu stellen. Diesen Zusammenhang zu bewerten, gehört zum Kern tatrichterlicher Beweiswürdigung. Nach der durch §§ 261 und 337 StPO vorgegebenen Aufgabenverteilung zwischen Tat- und Revisionsgericht kann es nicht darauf ankommen, ob das Revisionsgericht angefallene Erkenntnisse anders gewürdigt oder Zweifel überwunden hätte (vgl. BGHSt 10, 208, 211; 29, 18, 20). Daran ändert sich nicht einmal dann etwas, wenn eine vom Tatrichter getroffene Feststellung lebensfremd erscheinen mag (BGH, Urteil vom 15. Juli 2008 – 1 StR 231/08). Falls das Tatgericht – wie hier – ausgehend von einer lückenlosen Tatsachengrundlage zu der nachvollziehbaren und plausiblen Schlussfolgerung gelangt ist, die Zeugenaussage sei nicht geeignet, eine Verurteilung eines Angeklagten zu begründen, hat dies – nicht anders als in gegenteiligen Verurteilungsfällen (vgl. Brause NStZ 2007, 505, 512) – als möglicher Schluss des Tatgerichts (vgl. BGHSt 10, 208, 210 f.; 29, 18, 20; 36, 1, 14) in der Revisionsinstanz Bestand (vgl. BGH NStZ 2005, 334). Die vom Revisionsgericht nicht mehr hinzunehmende, einen Rechtsfehler zugunsten des Angeklagten begründende Grenze der Denkfehlerhaftigkeit (vgl. BGHSt 10, 208, 211) wird vom Landgericht nirgendwo überschritten.
Schneider König
Annotations
(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.
(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.
(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.
(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.
(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.
(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.
Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.