Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 231/08
vom
15. Juli 2008
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u. a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 15. Juli 2008,
an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl als Vorsitzender
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Boetticher,
Hebenstreit,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
der Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Sander,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
der Angeklagte und
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Rechtsanwältin
als Vertreterin der Nebenklägerin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenklägerin wird das Urteil des Landgerichts München II vom 23. November 2007 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen. Nach der Anklage lag ihm zur Last, die Nebenklägerin nach einem Diskobesuch in einem Waldstück vergewaltigt zu haben. Das Landgericht konnte sich von einem strafbaren Verhalten des Angeklagten nicht überzeugen. Mit ihrer vom Generalbundesanwalt vertretenen Revision rügt die Staatsanwaltschaft die Verletzung materiellen Rechts. Die Nebenklägerin stützt ihre Revision auf Verfahrensbeschwerden und die Sachrüge. Beide Rechtsmittel haben mit der Sachrüge Erfolg, da die dem Freispruch zugrunde liegende Beweiswürdigung Rechtsmängel aufweist. Auf die erhobenen Verfahrensrügen kommt es nicht an.

I.


2
Das Landgericht hat festgestellt:
3
1. Der Angeklagte besuchte im Februar 2007 gemeinsam mit dem Zeugen W. eine Disko, um die „Weiberfastnacht“ zu feiern. Dort hielt sich auch die Nebenklägerin gemeinsam mit einer Freundin auf. Die Nebenklägerin trug ein Faschingskostüm, trank an diesem Abend mehr als üblich Alkohol und tanzte entgegen ihrer Gewohnheit „enthemmt“. Sie äußerte, sie wolle sich an diesem Abend „abschießen“. Sie nahm Kontakt zum Angeklagten auf, tauschte mit ihm Küsse – auch Zungenküsse – aus und ließ sich von ihm an den Busen und an den Po fassen. Gemeinsam mit dem Angeklagten begab sich die Nebenklägerin einmal zum Garderobenbereich des Lokals, wo sie miteinander „knutschten“. Bei den Mitarbeitern der Disko entstand der Eindruck, zwischen beiden bestehe ein freundschaftliches Verhältnis. Zweimal begab sich die Nebenklägerin mit ihrer Freundin vor das Lokal. Einmal folgte ihnen der Angeklagte und forderte die Freundin auf, sie solle ihn mit der Nebenklägerin allein lassen. Die Freundin forderte ihn auf, die Nebenklägerin in Ruhe zu lassen, sie würde, bedingt durch den Alkohol, nichts mehr „checken“. Gegen zwei Uhr dreißig versuchte ihre Freundin, die Nebenklägerin in ein Taxi zu schieben. Die Nebenklägerin wollte jedoch allein den 1,5 km langen Weg nach Hause gehen. Als die Freundin nach Hause fuhr, ging die Nebenklägerin in das Lokal zurück. Nach einer Viertelstunde teilte sie dem Angeklagten mit, dass sie nach Hause gehen werde.
4
Der Angeklagte folgte ihr auf dem Radweg der Bundesstraße bis zu einem Waldstück, in dem es zu sexuellen Handlungen kam. Die Strafkammer ist davon ausgegangen, dass die Nebenklägerin nicht gegen ihren Willen von ihrem zunächst eingeschlagenen Heimweg abgebracht wurde, sondern sich hat überreden lassen. Erst im Waldstück habe sie umkehren wollen und dies verbal geäußert.
5
2. Die Strafkammer hat sich überzeugt gezeigt, dass es in dem Waldstück zu sexuellen Handlungen gekommen ist. Darüber, welcher Art diese sexuellen Handlungen waren und ob diese gegen den erkennbaren und erkannten Willen der Nebenklägerin durchgeführt worden sind, konnte sie sich keine sichere Überzeugung bilden.
6
3. Die Nebenklägerin hat ausgesagt, sie sei mit dem Angeklagten nicht freiwillig in das Waldstück gegangen, wisse allerdings auch nicht mehr, weshalb sie dorthin gegangen sei. Sie sei von ihm möglicherweise geschubst worden, vielleicht sei sie auch alkoholbedingt gestolpert und gestürzt und sei auf den Knien aufgekommen. Sie habe auf dem Boden gelegen, mit dem Gesicht zur Erde. Sie habe gesagt, dass sie aus dem Wald wolle, habe auch geschrien. Er habe sie auf die Backe geschlagen und sie aufgefordert, ruhig zu sein. Er habe ihr auch den Mund zugehalten und gedroht, sie umzubringen, wenn sie nicht „die Klappe“ halte. Der Angeklagte habe ihre Hose heruntergezogen und habe mit seinem Körper auf ihrem Rücken gelegen. Er habe sein Glied in ihren „Hintern“ eingeführt und sich hin- und herbewegt. Er sei auch kurz vaginal „drin gewesen“. Plötzlich sei der Angeklagte aufgestanden und gegangen. Sie sei aufgestanden und habe begonnen, ihre Hose hochzuziehen. Der Angeklagte sei zurückgekommen, habe sie geschubst, so dass sie auf den Rücken gefallen sei. Er habe sich auf ihre Brust gesetzt und versucht, sein entblößtes Glied in ihren Mund zu schieben. Dies sei nicht gelungen, weil sie ihren Mund fest geschlossen gehalten habe. Sie sei dann wieder auf die Seite und schließlich auf dem Bauch zu liegen gekommen. Der Angeklagte habe ihre Hose wieder nach unten gezogen und sei erneut anal und vaginal in sie eingedrungen, allerdings nicht mehr so lange wie zuvor. Sie habe geschrien. Daraufhin sei W. gekommen ; allerdings sei der Angeklagte zu diesem Zeitpunkt bereits aus dem Wald raus gegangen und sie sei schon angezogen gewesen.
7
4. Der Angeklagte hat in der Hauptverhandlung vor dem Landgericht von seinem Schweigerecht Gebrauch gemacht, hat sich aber im Ermittlungsverfahren – so das Landgericht – widersprüchlich eingelassen. Nach anfänglicher Berufung auf Erinnerungslücken habe er angegeben, er habe die ihm namentlich nicht bekannte Frau im Lokal kennen gelernt, wo diese ihn angemacht habe und sie sich geküsst hätten. Im Wald sei die Frau auf dem Rücken gelegen. Sie sei unten herum bis zu den Hüften nackt gewesen. Er habe versucht, sie anzuheben , was ihm nicht gelungen sei. Als die Frau angefangen habe zu weinen, sei er gegangen. Bei seiner zweiten Vernehmung habe er einen Oralverkehr auf freiwilliger Basis geschildert, bei dem er gestanden und die Frau gekniet habe. Sie sei umgefallen und er habe versucht, sie aufzuheben. Als sie zu weinen begonnen habe, habe er von ihr abgelassen. In seiner dritten Beschuldigtenvernehmung habe er angegeben, die Nebenklägerin habe den Mund für den Oralverkehr nicht geöffnet. Sie hätten miteinander schlafen wollen und hätten gemeinsam angefangen. Mit ihrem Einverständnis hätten sie ihre Hose herunter gezogen. Sie seien umgefallen. Als sie zu weinen angefangen und gefordert habe, er solle sie lassen, seien sie aufgestanden und gegangen. Schläge, Drohungen und erzwungene sexuelle Handlungen gegen ihren Willen stritt der Angeklagte ab.
8
5. Für die Zeit nach dem Geschehen im Waldstück ist folgendes festgestellt :
9
a) Der Zeuge W. , der in der Disko eingeschlafen war, war nach deren Schließung dem Angeklagten gefolgt und kam an das Waldstück „nach dem Geschehen hinzu“, als sich der Angeklagte schon entfernt hatte (UA S. 13). Er hörte auf dem Weg dorthin „einen kurzen Schrei“ aus dem Wald. Die Nebenklägerin rief in Anwesenheit des Zeugen W. mit ihrem Handy nach der Polizei, forderte – als die Verbindung stand – den Zeugen W. auf, sich zu entfernen, und verlangte, mit der Polizeibeamtin „C. “ verbunden zu werden. Als „C. “ nicht zu erreichen war, bat sie den das Gespräch annehmenden Beamten um Hilfe. Sie machte bei dem Telefongespräch „einen verängstigten Eindruck“, so dass der Polizeibeamte sofort einen Einsatzwagen zu dem Waldstück schickte. Die Beamten des Einsatzwagens erlebten „die Gemütslage der Nebenklägerin als sehr wechselhaft mit Wein- und Wutanfällen“. Sie musste immer wieder beruhigt werden. Sie roch leicht nach Alkohol, schwankte aber nicht. Während der Fahrt im Streifenwagen richtete die Nebenklägerin ihre Sitzhaltung so ein, dass „sie möglichst schräg saß oder auf dem Bauch lag und dabei über Schmerzen im Po klagte“. Die gegen 3.00 Uhr entnommenen Blutproben ergaben bei der Nebenklägerin eine Blutalkoholkonzentration zum Tatzeitpunkt von wahrscheinlich 2,06 o/oo, maximal 2,52 o/oo, beim Angeklagten eine solche von wahrscheinlich 1,56 o/oo und maximal 2,07 o/oo).
10
b) Bei der unmittelbar nach der Tat erfolgten rechtsmedizinischen Untersuchung fanden sich weder am Penisabstrich des Angeklagten DNA-Spuren der Nebenklägerin, noch fanden sich im Scheiden- und Anusabstrich der Nebenklägerin DNA-Spuren des Angeklagten.
11
c) Unter neun der zehn Fingernägel des Angeklagten wurden DNASpuren der Nebenklägerin sichergestellt. Der Sachverständige erklärte den DNA-Befund „am ehesten mit einem festen Zupacken mit beiden Händen“, der Befund weise aber nicht auf ein Einführen eines oder mehrerer Finger in eine der Körperöffnungen hin. Im inneren Schrittbereich der Unterhose des Angeklagten wurden DNA-Spuren gesichert, die der Nebenklägerin zugeordnet werden konnten. Am Handrücken des Angeklagten wurden Blutspuren sichergestellt , die nach der DNA-Analyse Mischspuren darstellten, „wobei Verursacher sowohl der Angeklagte als auch die Nebenklägerin und mindestens eine weitere Person seien“. Die Jeans des Angeklagten wiesen Verschmutzungen im Bereich der Knie auf.
12
d) Im Schrittbereich der Unterhose und der Strumpfhose der Nebenklägerin befand sich Blut, das ihr nach den Ergebnissen der DNA-Analyse zugeordnet werden konnte. Ob das Blut aus einer frischen Verletzung oder aus der vorangegangenen Menstruationsblutung stammte, konnte nicht sicher festgestellt werden. Bei der Nebenklägerin wurde in der Scheide ein Tampon festgestellt , den sie nach dem Abklingen der Blutung noch aus Sicherheitsgründen trug.
13
6. Das Landgericht hat sich von einem strafbaren Verhalten des Angeklagten nicht überzeugen können. Zwar sprächen die Aussageentstehung und das von der Nebenklägerin unmittelbar nach dem Vorfall gezeigte Verhalten dafür, dass im Waldstück ein Ereignis mit sexuellem Bezug vorgefallen sei, welches der Nebenklägerin sehr zugesetzt habe. Die Aussage der Nebenklägerin weise inhaltlich einige Auffälligkeiten auf, auf Grund derer die Kammer erhebliche Zweifel daran gehabt habe, dass die wiedergegebene Schilderung den Vorfall vollständig beschreibe und der Angeklagte in der gegebenen Situation Anlass zu der Annahme gehabt habe, dass die Nebenklägerin sexuelle Handlungen nicht wolle.

II.

14
Die Beweiswürdigung des Landgerichts hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
15
1. Spricht das Gericht einen Angeklagten frei, weil es Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist dies durch das Revisionsgericht in der Regel hinzunehmen. Es kommt nicht darauf an, ob das Revisionsgericht angefallene Erkenntnisse anders gewürdigt oder Zweifel überwunden hätte. Daran ändert sich nicht einmal dann etwas, wenn eine vom Tatrichter getroffene Feststellung "lebensfremd" erscheinen mag. Es gibt im Strafprozess keinen Beweis des ersten Anscheins, der nicht auf der Gewissheit des Richters, sondern auf der Wahrscheinlichkeit eines Geschehensablaufs beruht.
16
Demgegenüber ist eine Beweiswürdigung etwa dann rechtsfehlerhaft, wenn sie schon von einem rechtlich unzutreffenden Ansatz ausgeht, z.B. hinsichtlich des Umfangs und der Bedeutung des Zweifelssatzes, wenn sie lückenhaft ist, namentlich wesentliche Feststellungen nicht erörtert, wenn sie widersprüchlich oder unklar ist, gegen Gesetze der Logik oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit überspannte Anforderungen gestellt sind (st. Rspr., vgl. etwa BGH, Urt. vom 22. Mai 2007 – 1 StR 582/06 –; BGH NJW 2005, 1727; BGH NStZ-RR 2003, 371; BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 33, jew. m.w.N.). Aus den Urteilsgründen muss sich zudem ergeben, dass die einzelnen Beweisergebnisse nicht nur isoliert gewertet, sondern in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt wurden (vgl. BGH NStZ-RR 2003, 206; BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 2, 11, 16, 24, Überzeugungsbildung 30; BGH NStZ 2000, 48).
17
2. Ist wie hier die Beweislage schwierig und hängt die Entscheidung im Wesentlichen davon ab, ob das Gericht den Angaben des potentiellen Opfers einer Vergewaltigung oder dem Angeklagten folgt, müssen die Urteilsgründe erkennen lassen, dass der Tatrichter alle Umstände, die die Entscheidung beeinflussen können, erkannt und in seine Gesamtwürdigung einbezogen hat. Diesem Maßstab wird die von der Strafkammer vorgenommene umfangreiche Beweiswürdigung nicht in jeder Hinsicht gerecht.
18
a) Zwar führt die Strafkammer aus, die von ihr vorgenommene „Gesamtschau“ der einerseits vorhandenen und der andererseits fehlenden Spuren sowie des Aussageverhaltens der Nebenklägerin ließen Zweifel an einem Geschehensablauf wie von der Nebenklägerin geschildert zu (UA S. 20). Eine solche „Gesamtschau“ ist aber dann keine lückenlose Gesamtwürdigung der Indizien , wenn die Strafkammer – wie hier – bereits vorher wichtige objektive Beweisanzeichen ohne umfassende Auseinandersetzung mit den Aussagen der Nebenklägerin und des Angeklagten isoliert bewertet, dabei insbesondere feststellt , die Herkunft wichtiger Spuren lasse sich nicht klären und im Ergebnis dem Indiz dann – der Sache nach – maßgeblichen Beweiswert aberkennt. Aus der Bewertung der Strafkammer in ihrer „Gesamtschau“, es lägen keine objektiven Umstände vor, welche die Schilderung der Nebenklägerin über die Ereignisse im Waldstück stützen würden und mit Gewissheit dem Geschehen im Waldstück zugeordnet werden könnten, folgt, dass die Strafkammer die Reichweite der Regel „in dubio pro reo“ verkannt hat. Dies ist keine Beweis-, sondern eine Entscheidungsregel, die das Gericht erst dann zu befolgen hat, wenn es nach abgeschlossener Beweiswürdigung nicht die volle Überzeugung vom Vorliegen einer für den Schuld- und Rechtsfolgenausspruch unmittelbar entscheidungserheblichen Tatsache zu gewinnen vermag, und nicht auf jedes Indiz für sich anzuwenden ist. Es ist deshalb zu besorgen, dass die Kammer nicht hinreichend bedacht hat, dass Indizien, auch wenn sie sie – einzeln für sich betrachtet – nicht zum Nachweis der Täterschaft für ausreichend zu erachten vermochte, doch mit ihrem verbleibenden erheblichen Beweiswert in der Gesamtheit aller belastenden Indizien dem Gericht die entsprechende Überzeugung vermitteln könnten.
19
So meint die Kammer, die unter neun Fingernägeln des Angeklagten gefundenen DNA-Spuren, die mit Sicherheit der Nebenklägerin zugeordnet wur- den, wiesen nicht auf Gewaltanwendung im Rahmen des Geschehens im Waldstück hin und spricht ihnen im Ergebnis Beweiswert ab, - obwohl die Nebenklägerin ausgesagt hat, der Angeklagte habe ihr zweimal die Hosen – u.a. eine eng anliegende schwarze Stretchhose – herunter gezogen, - obwohl der Sachverständige erläutert hat, der DNA-Befund sei am ehesten mit einem festen Zupacken mit beiden Händen zu erklären, - sowie trotz der Feststellungen zu der Verspannung und den Schmerzen im Bereich des Afters der Nebenklägerin, wovon letztere nicht nur durch die Nebenklägerin vorgebracht wurden, sondern durch die Aussagen der Polizeibeamten und zweier Zeuginnen gestützt wurden. Einzig mit der Begründung, die Nebenklägerin habe in der Hauptverhandlung – ausweislich der Urteilsgründe anders als in der Anklageschrift – nicht von einem Zupacken, sondern von einer anderen Form der Gewalteinwirkung gesprochen , kommt die Kammer zu dem isolierten Schluss, „dieses Zupacken [könne] kann nicht mit ausreichender Sicherheit mit dem Geschehen im Waldstück in Verbindung gebracht werden“, ohne zu erörtern, woher diese objektiven Spuren denn ansonsten überhaupt herrühren könnten: „Wo die DNASpuren unter den Fingernägeln des Angeklagten ihre Ursache haben, bleibt für das Gericht offen“. Die Strafkammer hätte sich damit auseinandersetzen müssen , ob die Spuren unter den Fingernägeln mit dem zweimaligen Herunterziehen der Hose, welches ein festes Zupacken erfordert, in Einklang zu bringen ist. Damit erweist sich die Beweiswürdigung in diesem Punkt auch als lückenhaft.
20
Isoliert betrachtet die Kammer auch die Verschmutzung der Jeanshose des Angeklagten. Dieser Umstand weise (allein) darauf hin, dass er auf dem Waldboden gekniet haben dürfte. Ohne Auseinandersetzung mit dem von der Nebenklägerin behaupteten zweimaligen Analverkehr kommt die Kammer zu dem Ergebnis, ein Knien auf dem Boden lasse Schlussfolgerungen über einen bestimmten Geschehensablauf nicht zu.
21
Ebenso lässt die Kammer die Herkunft der aus dem inneren Schrittbereich der Unterhose des Angeklagten genommenen DNA-Spur, die der Nebenklägerin zugeordnet wurde, offen, ohne zu erörtern, welche andere Verursachung als durch das von der Nebenklägerin geschilderte Tatgeschehen in Betracht kommt. Der Sachverständige hat ausgeführt, eine Übertragung von DNA sei möglich bei Geschlechtsverkehr, bei einem Oralverkehr am Penis oder bei längeren und intensiven Manipulationen mit der Hand in der Unterhose. Jedenfalls hinterlasse ein weniger intensiver Kontakt, wie ein normales Anfassen der Unterhose, keine DNA-Spuren. Die Kammer setzt diese Spur nicht in Bezug zur Aussage der Nebenklägerin, es habe Anal- und Vaginalverkehr stattgefunden.
22
Entsprechendes gilt hinsichtlich der Herkunft der Blutspuren in der Unterhose und an der Strumpfhose der Nebenklägerin sowie auf dem Handrücken des Angeklagten. Die positive Feststellung einer frischen Verletzung als Ursache für die Blutspur sei trotz der Aussagen einer Zeugin über die Reaktion der Nebenklägerin beim Entkleiden nicht möglich, so dass letztlich offen bleiben müsse, wo die Blutspur ihre Ursache habe und ob sie dem Geschehen zugeordnet werden könne. Eine sichere Feststellung, wie es zu der Antragung auf dem Handrücken gekommen sei, könne ebenfalls nicht getroffen werden, zumal nicht ausgeschlossen werden könne, dass sich in der Unterhose der Nebenklägerin bereits vor dem Geschehen in dem Waldstück Blut befunden haben könne.
23
Selbst wenn im Übrigen keines dieser Indizien für sich genommen eine Ohrfeige oder Drohung beweist, so kann doch im Rahmen der notwendigen Gesamtwürdigung nicht außer Betracht bleiben, wenn die Spurenlage mit der Schilderung der Nebenklägerin ohne weiteres vereinbar ist, mit der Schilderung des Angeklagten dagegen nicht.
24
b) Die „Gesamtschau“ leidet auch daran, dass die Strafkammer ihre ernsthaften Zweifel an der Zuverlässigkeit der Aussage der Nebenklägerin zum Geschehen im Waldstück überwiegend nicht mit konkreten Details begründet, die sich aus einer fachgerechten Analyse der Aussage zum Kerngeschehen ergeben haben. Die Zweifel werden vielmehr mit Feststellungen zur Person der Nebenklägerin – ihrer unreifen Persönlichkeit sowie ihrem durch Alkohol geprägten Gesamtverhalten in der Disko – und zum Rahmengeschehen, insbesondere aus ihrer Entscheidung, in ihrem Zustand, gegen den Rat der Freundin , den Heimweg zu Fuß anzutreten, begründet.
25
So sei es – so die Strafkammer – auffällig, dass die Nebenklägerin in dieser Nacht allein zu Fuß nach Hause gehen wollte und sich vehement gegen die Benutzung des Taxis gewehrt habe; dass sie, die doch ihrer Freundin erklärt hat, sich vom Angeklagten belästigt zu fühlen, ihm sogar noch Mitteilung über den Antritt des Heimwegs gemacht hat. Dass sie unter diesen Umständen den Weg zu Fuß nach Hause gehen wollte, sei „jedenfalls auffällig und nicht recht nachvollziehbar“. Unabhängig davon soll die Schilderung der Nebenklägerin auch deshalb „unlogisch und merkwürdig“ sein, weil sie keine nachvollziehbaren Erklärungen dafür abgeben konnte, dass sich der Angeklagte „während des Geschehens ohne Erklärung oder Anlass aufsteht, sich kurzzeitig entfernt und sodann zurück kommt, um erneut mit der Nebenklägerin sexuell zu verkehren“.
26
Die Kammer äußert auch Bedenken, ob auf die Angaben der Nebenklägerin „Verlass“ ist, nachdem sie in der Hauptverhandlung ausführlich zu ihren sexuellen Erfahrungen und zu ihren Sexualpartnern seit ihrem siebzehnten Lebensjahr befragt worden ist. Dabei habe sie zu „Zweifeln an der Vollständigkeit der Angaben“ Anlass gegeben. In diesem Zusammenhang hat die Strafkammer ihre Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Aussage der Nebenklägerin zum Tatgeschehen ersichtlich aus der Bewertung ihres bisherigen Lebenswandels gezogen. Es habe sich ergeben, dass die Nebenklägerin entgegen ihren Angaben ihren Slip schon länger getragen haben musste, weil sich im Bundbereich ihres Slips DNA-Spuren von drei Männern und im Bundbereich der Strumpfhose von vier verschiedenen Männern fanden. Schließlich habe die Nebenklägerin in einem eher nebensächlichen Punkt erst auf Vorhalt eingeräumt, dass sie bereits eine Woche nach dem Vorfall wieder in dem Lokal gewesen und dort als sehr vergnügt aufgefallen sei.
27
Ohne dass den Urteilsgründen und den darin geäußerten Zweifeln ein Motiv für eine bewusst falsche Beschuldigung des Angeklagten zu entnehmen ist, lassen diese Ausführungen der Strafkammer besorgen, dass sie die allgemeine , personale Glaubwürdigkeit in Zweifel gezogen hat (dagegen schon BGHSt 45, 164, 167 f.) und ihr dabei die genaue Analyse des Inhalts der Aussage zum Kerngeschehen und deren Vereinbarkeit mit den festgestellten Blutanhaftungen , den DNA-Spuren und Beschmutzungen aus dem Blick geraten ist.
28
c) Schließlich machen die geäußerten Zweifel an der Aussage der Nebenklägerin es für die Strafkammer nicht entbehrlich, sich auch mit den von ihr selbst als widersprüchlich angesehenen Einlassungen des Angeklagten im Ermittlungsverfahren in der gebotenen Gesamtwürdigung im Detail auseinanderzusetzen. Ohne näher darzulegen, ob und inwieweit der Angeklagte seine Ein- lassung dem jeweiligen Ermittlungsergebnis angepasst haben könnte, wird erst am Schluss der Urteilsgründe ausgeführt, der Umstand der widersprüchlichen Einlassung im Ermittlungsverfahren könne „auch in einer Zusammenschau mit den Zeugenaussagen keine taugliche Grundlage [bilden], um sich eine sichere Überzeugung vom Geschehen zu bilden“ (UA S. 28). Danach hätte der Angeklagte jeweils nur versucht, mit der Nebenklägerin einverständlich sexuell zu verkehren, sich dann aber jeweils sofort zurückgezogen, sobald die Nebenklägerin angefangen habe zu weinen.
29
Die Strafkammer hätte in ihre Erwägungen erkennbar einbeziehen müssen , dass der Angeklagte bei jeder der drei Einlassungen im Ermittlungsverfahren nach eigenen Angaben stets den entgegenstehenden Willen erkannte. Die Feststellung, möglicherweise habe der Angeklagte den entgegenstehenden Willen der Nebenklägerin nicht erkannt, ist ohne nähere Begründung nicht vereinbar mit der Angabe des Angeklagten, er habe den entgegenstehenden Willen zwar erkannt, ihn aber respektiert. Auch würde das behauptete vorsichtige und fürsorgliche Verhalten des Angeklagten nicht ohne weiteres erklären, weshalb die Nebenklägerin schrie, sofort die Polizei benachrichtigte und die der Anklageschrift zugrunde liegenden Beschuldigungen erhoben haben sollte, wonach der Angeklagte sie geschlagen, ihr den Mund zugehalten und gedroht habe, sie umzubringen. Die Beweiswürdigung zum Aussageverhalten des Angeklagten ist deshalb in mehrfacher Hinsicht lückenhaft. Sie lässt ferner besorgen, dass die Strafkammer die Anforderungen an eine für die Verurteilung des Angeklagten ausreichende Überzeugungsbildung überspannt hat. Die Zweifel der Strafkammer an der Aussage der Nebenklägerin rechtfertigen es nicht, sich nicht mit den Widersprüchen in den Einlassungen auseinanderzusetzen und sie nicht in die gebotene Gesamtwürdigung einzubeziehen.

III.



30
Auf diesen Beweiswürdigungsmängeln, insbesondere an der fehlenden bzw. fehlerhaften Gesamtwürdigung aller den Angeklagten belastenden und entlastenden Umstände kann das Urteil beruhen. Es ist nicht auszuschließen, dass das Landgericht bei ihrer Vermeidung die Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten gewonnen hätte. Es mag dahinstehen, ob jeder einzelne der genannten Gesichtspunkte notwendigerweise zu einer Urteilsaufhebung hätte führen müssen. Insgesamt führen sie dazu, dass die Sache neu entschieden werden muss.
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Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

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Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
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die Richterin am Bundesgerichtshof
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Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin und
Rechtsanwältin
als Verteidigerinnen,
Rechtsanwalt
als Vertreter der Nebenkläger H. C. , E. C. und
M. W. ,
Rechtsanwalt
als Vertreter des Nebenklägers T. M. ,
die Nebenklägerin M. W. persönlich,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenkläger wird das Urteil des Landgerichts Heilbronn vom 21. April 2006 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine Schwurgerichtskammer des Landgerichts Stuttgart zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf des Mordes und des zweifachen Mordversuchs freigesprochen. Nach der Anklage lag ihm zur Last, am 7. Oktober 2004 die Sparkassenfiliale in S. ausgeraubt und dabei eine Sparkassenkundin erschossen und deren Ehemann sowie einen Sparkassenangestellten lebensgefährlich verletzt zu haben. Von seiner Täterschaft konnte sich das Landgericht nicht überzeugen.
2
Mit ihren Revisionen rügen die Staatsanwaltschaft und die Nebenkläger die Verletzung materiellen und formellen Rechts. Die Rechtsmittel, die vom Generalbundesanwalt vertreten werden, haben mit der Sachrüge Erfolg, da die dem Freispruch zugrunde liegende Beweiswürdigung Rechtsmängel aufweist. Auf die Verfahrensrügen kommt es nicht mehr an.

I.

3
1. Das Landgericht hat festgestellt:
4
Am 7. Oktober 2004 versah in der Sparkassenfiliale S. der Bankkaufmann T. M. den Dienst. Während der von 12.00 Uhr bis 14.00 Uhr dauernden Mittagspause nahm T. M. eine Verabredung in N. mit Kollegen anderer Filialen wahr. Zwischen 13.46 Uhr und spätestens 13.54 Uhr kehrte er in die Filiale S. zurück. Unter nicht näher geklärten Umständen wurde er dort vor 13.56 Uhr von einem unmaskierten und mit einer Pistole bewaffneten Mann gezwungen, im Kassenraum den Banktresor zu öffnen und Geldscheine sowie Münzgeld im Werte von 33.514 € herauszugeben. Anschließend musste sich T. M. in dem benachbarten Beratungsraum hinknien und erhielt von dem Täter mit einem stumpfkantigen Gegenstand bis zu zwölf wuchtige Schläge auf den Kopf, die zu einem lebensgefährlichen Schädel-Hirn-Trauma mit einer handtellergroßen Trümmerfraktur des Schädeldachs und zu Trümmerfrakturen im Bereich der Augenhöhlen sowie Kontasionen des Hirngewebes führten.
5
Um 13.55 Uhr betraten die Eheleute C. die Sparkassenfiliale, um ein Bankgeschäft zu erledigen. Vom Kundenschalterraum aus hörten sie Stöhngeräusche , ohne jemand zu sehen. Mit den Worten "Schnell raus, hier stimmt was nicht" zog H. C. seine Ehefrau in den Windfang und wollte mit ihr die Bank verlassen. Noch bevor sie die Eingangstür erreicht hatten, kam ein Mann aus dem Beratungsraum und drängte sie mit vorgehaltener Pistole zurück in den Kundenschalterraum. Er drückte den Zeugen H. C. bäuchlings über die Sitzfläche eines Stuhles, setzte die Pistole im Nacken des Zeugen an und drückte ab. Das Projektil drang im linken Nackenbereich ein und trat unterhalb des linken Unterkiefers wieder aus. Nunmehr richtete der Täter die Waffe gegen G. C. und gab von vorn zwei Schüsse auf deren Kopf ab mit der Folge, dass G. C. innerhalb weniger Sekunden verstarb. Der Täter flüchtete mit der Beute. Die Verletzungen des T. M. und des H. C. waren lebensgefährlich. Beide überlebten nach Notoperationen, wobei T. M. bis zum 16. Oktober 2004 in ein künstliches Koma versetzt wurde.
6
2. Auf den Angeklagten fiel der Tatverdacht insbesondere aufgrund folgender Erkenntnisse:
7
a) Die beiden die Tat überlebenden Geschädigten T. M. und H. C. haben den Angeklagten als Täter bezeichnet.
8
b) Der Angeklagte fuhr im Tatzeitraum mit seinem Kraftfahrzeug in der Nähe des Tatorts.
9
c) Der Angeklagte befand sich in finanziellen Schwierigkeiten. Am Nachmittag des Tattages zahlte er bei der Volksbankfiliale S. 10.000 € ein, darunter 14 Scheine im Wert von je 500 € - die Tatbeute enthielt 15 Scheine in diesem Wert. Am folgenden Tag zahlte seine Lebensgefährtin dort weitere 4.600 € ein. Bei Durchsuchungen seines Anwesens wurden ca. 20.000 € sichergestellt.
10
d) Im Kniekehlenbereich des Fahrersitzes des von dem Angeklagten benutzten Fahrzeugs wurde eine Blutantragung gesichert, deren molekulargenetische Untersuchung ein DNA-Teilmuster ergab, welches mit einem Häufigkeitswert von 1:10.130 mit den Merkmalen des Geschädigten M. übereinstimmt.
11
e) In einem alten Steinbruch von S. wurde im weiteren Verlauf des Tattages ein Feuer entzündet, das eine starke schwarze Rauchsäule entfaltete. Im Brandschutt dieser Feuerstelle wurden Adressaufkleber des Angeklag- ten, diesem zuzuordnende Rundhölzer und - etwa 13 Monate nach diesem Brand - eine Kautschukmischung aus einem Produkt des französischen Stiefelherstellers Le Chameau sichergestellt. Der Angeklagte hatte zweimal ein paar Gummistiefel dieser Marke gekauft und trug am Tattag Stiefel. Zwei am Tatort gesicherte Schuhabdruckfragmente wurden von einem Gummistiefel der Marke Le Chameau verursacht.
12
3. Das Landgericht hat sich gleichwohl von der Täterschaft des Angeklagten nicht zu überzeugen vermocht.
13
Hinsichtlich des Zeugen M. bestünden wegen der erheblichen Verletzungen im Gehirnbereich Bedenken an der Aussagetüchtigkeit. Der Zeuge C. habe unmittelbar nach der Tat gegenüber verschiedenen Zeugen lediglich geäußert, der Täter habe dem Angeklagten ähnlich gesehen. Die finanzielle Situation des Angeklagten sei nicht ganz aussichtslos gewesen. Hinsichtlich der Blutspur im Fahrzeug des Angeklagten liege das Analyseergebnis im Bereich der unteren Nachweisgrenze; insbesondere sei nicht nachvollziehbar, dass angesichts des äußerst blutigen Geschehens in der Sparkasse in dem nichtgereinigten Fahrzeug des Angeklagten keine weiteren Blutspuren gefunden wurden. Es bestünden aus zeitlichen Gründen erhebliche Zweifel daran, dass es dem Angeklagten überhaupt möglich war, das Feuer in dem Steinbruch zu entzünden. Darüber hinaus lasse sich nicht feststellen, dass die im Brandschutt gefundenen Gegenstände auch tatsächlich aus dem Brand des Tattages stammen.
14
Im Übrigen bestünden ernsthafte Zweifel daran, dass es dem Angeklagten in zeitlicher Hinsicht möglich war, die Tat zu begehen. Die Kammer hält die Angabe des Zeugen B. für glaubhaft, er habe den Angeklagten um genau 13.54 Uhr mit seinem Fahrzeug ca. 100 Meter von der Sparkasse entfernt in die H. straße einbiegen und ortsauswärts fahren sehen. Da die Eheleute C. die Sparkasse um 13.55 Uhr betreten hätten, hätte um 13.54 Uhr - auch wenn die Tat zum Nachteil des Zeugen M. in nicht mehr als eineinhalb Minuten begangen werden konnte - der Täter sich bereits in der Sparkasse befinden müssen.
15
Schließlich gebe es Hinweise auf andere Täter. Die Zeugin G. habe gegen 12.30 Uhr, als T. M. die Sparkasse bereits verlassen gehabt und der Angeklagte sich noch zuhause befunden hätte, eine männliche Stimme aus dem Bankinneren gehört. Im Tatzeitraum habe vor der Sparkasse ein dunkelfarbenes Fahrzeug gestanden, das keinem der in der Hauptverhandlung gehörten Zeugen zugeordnet werden konnte.

II.

16
Die Beweiswürdigung hält rechtlicher Prüfung nicht stand.
17
1. Spricht das Gericht einen Angeklagten frei, weil es Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist dies durch das Revisionsgericht in der Regel hinzunehmen. Es kommt nicht darauf an, ob das Revisionsgericht angefallene Erkenntnisse anders gewürdigt oder Zweifel überwunden hätte. Daran ändert sich nicht einmal dann etwas, wenn eine vom Tatrichter getroffene Feststellung "lebensfremd" erscheinen mag. Es gibt im Strafprozess keinen Beweis des ersten Anscheins, der nicht auf der Gewissheit des Richters, sondern auf der Wahrscheinlichkeit eines Geschehensablaufs beruht.
18
Demgegenüber ist eine Beweiswürdigung etwa dann rechtsfehlerhaft, wenn sie schon von einem rechtlich unzutreffenden Ansatz ausgeht, z.B. hinsichtlich des Umfangs und der Bedeutung des Zweifelssatzes, wenn sie lückenhaft ist, namentlich wesentliche Feststellungen nicht erörtert, wenn sie wider- sprüchlich oder unklar ist, gegen Gesetze der Logik oder gesicherte Verfahrenssätze verstößt oder wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit überspannte Anforderungen gestellt sind (st. Rspr., vgl. etwa BGH NJW 2005, 1727; BGH NStZ-RR 2003, 371; BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 33, jew. m.w.N.).
19
2. Das Landgericht hat umfänglich und detailliert eine Vielzahl den Angeklagten belastender Indizien sowie die ihn entlastenden Umstände aufgelistet und gewürdigt. Die Abwägungen werden gleichwohl den vorstehenden Grundsätzen in mehrfacher Hinsicht nicht gerecht. Die Strafkammer hat bei der Gesamtwürdigung wichtige belastende Indizien nicht hinreichend einbezogen, denen sie für sich gesehen keinen "zwingenden" Beweiswert beigemessen hat (Buchst. a). Sie sieht erhebliche konkrete Verdachtsmomente aufgrund nicht tragfähiger Hypothesen und bloß denktheoretischer Möglichkeiten als entwertet an (Buchst. b). Einzelne belastende Beweisanzeichen hat sie überhaupt nicht erörtert (Buchst. c). Schließlich liegen Erörterungsmängel hinsichtlich entlastender Beweismittel vor (Buchst. d).
20
a) Die Strafkammer hatte zu prüfen, ob die beiden die Tat überlebenden Opfer, H. C. und T. M. den Angeklagten überzeugungskräftig als Täter identifiziert haben. Sie kam - sachverständig beraten - jeweils zu dem Ergebnis, dass sie wegen verbleibender Zweifel nicht feststellen könne, die Zeugen hätten den Angeklagten "sicher" als Täter erkannt. Sie hat damit zwei wesentliche Beweisanzeichen für die Täteridentifikation einzeln unter Zugrundelegung des Zweifelssatzes als letztlich nicht überzeugend erachtet. Der Zweifelssatz, der eine Entscheidungs- und keine Beweisregel ist, darf jedoch nicht auf einzelne Indiztatsachen angewendet werden, sondern kann erst bei der Gesamtbetrachtung zum Tragen kommen (vgl. BGH NStZ 2001, 609 m.w.N.). Es ist deshalb zu besorgen, dass die Kammer nicht hinreichend be- dacht hat, dass diese wichtigen Indizien, auch wenn sie sie - einzeln für sich betrachtet - nicht zum Nachweis der Täterschaft für ausreichend zu erachten vermochte, doch mit ihrem verbleibenden erheblichen Beweiswert in der Gesamtheit aller belastenden Indizien dem Gericht die entsprechende Überzeugung vermitteln könnten (st. Rspr., vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 2, 20 m.w.N.). Gerade angesichts der Häufung und gegenseitigen Durchdringung der den Angeklagten belastenden Umstände erscheint es möglich, dass die Kammer bei einer sachgerechten Gesamtschau die Überzeugung von der Täterschaft gewonnen hätte. Der formelhafte Hinweis, nach einer "Auseinandersetzung mit allen für den Tathergang wesentlichen Umständen und Indizien" verblieben vernünftige Zweifel an der Täterschaft des Angeklagten, vermag die gebotene Gesamtwürdigung unter Gewichtung der einzelnen Beweise nicht zu ersetzen (vgl. BGH NStZ 1998, 475).
21
b) Das Landgericht lässt der molekulargenetisch untersuchten Blutspur aus dem Fahrzeug des Angeklagten insbesondere deshalb "allenfalls Indizwirkung" zukommen, weil weder an den Kleidungsstücken des Angeklagten noch in seinem Fahrzeug weitere entsprechende Blutspuren festgestellt wurden. Die Kammer stellt ihre Erwägung unter den Vorbehalt, dass die betroffenen Kleidungsstücke des Angeklagten gewaschen oder beseitigt worden sein könnten. Entgegen ihrer Ankündigung (UA S. 97) ist sie auf diesen Vorbehalt aber nicht mehr eingegangen. Der Senat kann daher aufgrund dieser Lücke der Urteilsfeststellungen nicht prüfen, ob diese von der Strafkammer selbst als wesentlich angesehene Möglichkeit mit rechtsfehlerfreier Begründung ausgeschlossen wurde. Im Übrigen ändert die Tatsache, dass keine weiteren Blutspuren festgestellt wurden, grundsätzlich nichts an dem Beweiswert der tatsächlich gefundenen Spur mit ihrem molekulargenetisch festgestellten Aussagewert.
22
Weiterhin hat das Landgericht den Beweiswert des nach der Tat in einem Steinbruch abgebrannten Feuers in Frage gestellt, weil aus zeitlichen Gründen erhebliche Zweifel daran bestünden, dass es dem Angeklagten möglich gewesen sein könnte, das Feuer zu entzünden. Die Kammer hat sich jedoch bei dieser eher nachrangigen Frage den Blick dafür verstellt, dass in dem Brandschutt tatsächlich sowohl Reste von Gegenständen des Angeklagten als auch Reste eines Jagdgummistiefels der Marke Le Chameau gefunden wurden. Nimmt man hinzu, dass der Angeklagte zweimal ein Paar dieser wenig verbreiteten Stiefel erworben hatte, am Tattage Stiefel trug und dass die am Tatort gefundenen Abdruckfragmente von einem Stiefel der Marke Le Chameau stammen, wird auch hier deutlich, dass gerade in der Kombination dieser einzelnen Fakten ein besonderer Beweiswert liegt. Dem hat die Kammer nicht hinreichend Rechnung getragen, indem sie isoliert auf die Einzelindizien abgestellt hat. Wenn die Kammer im Übrigen angesichts des Umstandes, dass die Stiefelreste erst 13 Monate nach der Tat an der Brandstelle gefunden wurden, die Gefahr einer Manipulation durch Dritte in Rechnung stellt, wird nicht erkennbar, warum es sich dabei um mehr als eine nur theoretische Erwägung handeln könnte, die keinen realen Anknüpfungspunkt hat. Die Kammer stellt selbst fest (UA S. 166), dass der Stiefel verbrannt worden war, bevor die Öffentlichkeit über die Bedeutung von Stiefeln der Marke Le Chameau für das vorliegende Verfahren erfahren hatte.
23
c) Die Beweiswürdigung weist zudem Lücken auf.
24
Allerdings können und müssen die Gründe auch eines freisprechenden Urteils nicht jeden irgendwie beweiserheblichen Umstand ausdrücklich würdigen. Das Maß der gebotenen Darlegung hängt von der jeweiligen Beweislage und insoweit von den Umständen des Einzelfalles ab. Dieser kann so beschaffen sein, dass sich die Erörterung bestimmter einzelner Beweisumstände erüb- rigt. Um einen solchen Fall handelt es sich hier aber nicht. Das Tatgericht hat vielmehr auf Freispruch erkannt, obwohl eine Fülle erheblicher Belastungsindizien vorlag. Bei solcher Sachlage muss es in seine Beweiswürdigung und deren Darlegung alle wesentlichen für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände und Erwägungen einbeziehen und in einer Gesamtwürdigung betrachten (vgl. BGH NStZ-RR 2002, 338 m.w.N.). Dem wird das angefochtene Urteil trotz der umfangreichen Beweiserwägungen nicht gerecht:
25
Die Würdigung der Belastungsindizien erstreckt sich zum einen nicht auf den Umstand, dass der Angeklagte nach mehreren mit Nachdruck ausgesprochenen Mahnungen des Filialleiters der Volksbank selbst davon ausging, bis spätestens zu dem von ihm als "Endtermin" angesehenen 7. Oktober 2004 - dem Tattag - eine größere Summe einzahlen zu müssen.
26
Darüber hinaus ist nicht erkennbar in die Beweiswürdigung einbezogen, dass die Tatbeute 15 Scheine im Wert von je 500 € enthielt und der Angeklagte bei der Volksbank 14 Scheine in diesem Wert eingezahlt hat. Der Angeklagte will das eingezahlte Geld in nebenher durchgeführten Schwarzgeldgeschäften - Verkauf von Wild und Ausschlachtungsarbeiten auf einer staatlichen Liegenschaft - verdient haben. Es erscheint nicht ohne weiteres plausibel, dass er aus diesen Geschäften weit überwiegend allein 500-Euro-Scheine erlangt hat.
27
Nicht erörtert ist auch - gerade vor dem Hintergrund der von der Strafkammer erörterten These, ein Fremder hätte die Bank überfallen können -, dass es dem nicht maskierten Täter darum ging, die in der Bank anwesenden Personen zu töten, und er zu diesem Zweck sogar die Eheleute C. vom Eingangsbereich zurück in den Kundenraum drängte, um sie dort geradezu hinrichtungsartig zu töten. Dies legt den erörterungsbedürftigen Schluss sehr nahe, dass die Opfer den Täter gekannt haben und dieser von seiner Identifizierung ausgehen musste, wenn sie am Leben blieben.
28
d) Von der Zuverlässigkeit der Aussage des Alibizeugen B. - dem zentralen Entlastungsbeweismittel - hat sich das Landgericht in einer für den Senat nicht nachprüfbaren Weise vorschnell überzeugt. Daher hat es auch dessen Zeitangabe bei der Abwägung mit den übrigen Beweisanzeichen rechtsfehlerhaft als bereits feststehend behandelt.
29
aa) Das Landgericht hält die Angabe des Zeugen B. für glaubhaft, er habe den Angeklagten mit seinem Fahrzeug um exakt 13.54 Uhr gesehen, als dieser - aus der L. gasse kommend - nach rechts stadtauswärts abgebogen sei. Die Zeitangabe habe der Zeuge deshalb so präzise machen können, weil er dabei von seinem Hofeingangsbereich aus auf die katholische Kirchturmuhr gesehen habe, die er immer kontrolliere. Wäre diese Zeitangabe des Zeugen auf die Minute genau zuverlässig, dann wäre es - wie das Landgericht ausgehend von dieser Prämisse zu Recht folgert - dem Angeklagten in der Tat zeitlich nicht möglich gewesen, vor dem Eintreffen der Eheleute C. um 13.55 Uhr die Bank zu betreten und es wäre auch ausgeschlossen, dass der Angeklagte zu dem davor liegenden Zeitpunkt, als der Bankangestellte M. die Bank betrat, schon an der Bank gewesen sein konnte.
30
bb) Von dem Blick auf die Kirchturmuhr hat der Zeuge in der Hauptverhandlung berichtet, jedoch ergibt sich aus dem Urteil nicht, wie er sich dazu bei seinen polizeilichen Vernehmungen geäußert hatte. Das Landgericht bewertet die Aussageentstehung jedenfalls dahin, dass "keine gravierenden Widersprüche hinsichtlich seiner Angaben in der Hauptverhandlung und bei seinen polizeilichen Vernehmungen" vorhanden seien.
31
Ob diese Bewertung zutrifft, kann der Senat anhand der Urteilsausführungen (vgl. UA S. 144 ff.) nicht überprüfen: Bei seiner ersten Befragung am 8. Oktober 2004 (dem Tag nach der Tat) hatte der Zeuge offenbar nur bekundet , er sei "kurz vor zwei" losgefahren; dass er den Angeklagten zuvor gesehen habe, scheint er nicht erwähnt zu haben ("Ansonsten sei ihm im Bereich der Sparkasse nichts aufgefallen."). Bei der zweiten Vernehmung, am Vormittag des 9. Oktober 2004, berichtete er davon, den Angeklagten "fünf bis sechs Minuten vor 14.00 Uhr" gesehen zu haben. Bei seiner dritten Vernehmung, am Nachmittag dieses Tages, präzisierte er den Zeitpunkt auf 13.54 Uhr. Unklar bleibt danach, ob, wann und wie der Zeuge bei diesen polizeilichen Vernehmungen seine Erinnerung mit dem Blick auf die Kirchturmuhr begründet oder den Zeitpunkt, zu dem er den Angeklagten sah, gar anderweitig rekonstruiert hat (etwa allein durch den mitgeteilten Blick auf die Küchenuhr um 13.45 Uhr).
32
cc) Bei der zentralen Bedeutung der Aussage des Entlastungszeugen B. hätte die Aussageentstehung - offenbar von einer zunächst vagen zu einer schließlich ganz präzisen Zeitangabe - näherer Wiedergabe und Erörterung bedurft. Es erscheint nämlich eher fern liegend, dass der zeitnah zur Tat vernommene Zeuge eine derart markante Besonderheit - wie den Kontrollblick auf die Kirchturmuhr - zunächst nicht erwähnt, obwohl es schon bei der ersten Befragung auf minutengenaue Zeitangaben angekommen war. Danach kommt ernsthaft in Betracht, dass der Zeuge, der sich darauf festgelegt hat, dass der Angeklagte nicht der Täter sein könne (UA S. 147), sich nicht konkret an die Uhrzeit erinnert, sondern diesen Zeitpunkt lediglich rekonstruiert hat.
33
Wegen dieses Erörterungsmangels besorgt der Senat, dass das Landgericht die - möglicherweise nur scheinbar präzise - Zeitangabe des Zeugen B. allein aufgrund dessen eigener Aussage, also vorschnell und damit rechtsfehlerhaft , als feststehenden zeitlichen Fixpunkt im Beweisgebäude angesehen hat. Die Frage, ob die Zeitangabe des Zeugen B. zur Überzeugung des Landgerichts zuverlässig war, durfte vielmehr erst im Rahmen der abschließenden Gesamtschau mit den übrigen Beweisanzeichen beantwortet werden. Wäre dies geschehen, dann ist nicht auszuschließen, dass die Alibibekundung des Zeugen B. als nicht hinreichend zuverlässig eingestuft worden wäre. In diesem Fall wäre es dem Angeklagten zeitlich doch möglich gewesen, die Tat zu begehen.

III.

34
Da diese sachlich-rechtlichen Mängel bereits zur Aufhebung führen, kommt es auf die übrigen Beanstandungen der Staatsanwaltschaft und der Nebenkläger nicht an.

IV.

35
Mit der Aufhebung des Urteils entfällt der an den Freispruch anknüpfende Ausspruch über die Entschädigung des Angeklagten für erlittene Strafverfolgungsmaßnahmen , sodass die hiergegen erhobene sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegenstandslos ist.

V.

36
Die Sache muss somit neu verhandelt und entschieden werden. Der Senat verweist sie gemäß § 354 Abs. 2 Satz 1 (2. Alt.) StPO an ein anderes Landgericht zurück. Nack Wahl Boetticher Kolz Elf

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.