Bundesgerichtshof Urteil, 29. Apr. 2004 - 4 StR 586/03

bei uns veröffentlicht am29.04.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 586/03
vom
29. April 2004
in der Strafsache
gegen
wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 29. April
2004, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Maatz,
Athing,
Dr. Ernemann,
Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible
als beisitzende Richter,
Richter am Landgericht
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 24. April 2003 im Ausspruch über den Verfall mit den Feststellungen insoweit aufgehoben, als die Anordnung des Wertersatzverfalls eines 25.000 Euro übersteigenden Betrages unterblieben ist.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in acht Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt und den Verfall (richtig: Ersatzverfall ) von 25.000 Euro angeordnet. Das Urteil ist zum Schuld- und zum Strafausspruch rechtskräftig, nachdem der Senat die Revision des Angeklagten durch Beschluß vom 9. März 2004 als unbegründet verworfen hat. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten, auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision allein gegen die Höhe des Verfallsbetrages. Das wirksam beschränkte - vom Generalbundesanwalt vertretene - Rechtsmittel hat Erfolg.
1. Nach den Feststellungen war der Angeklagte die bestimmende Per- son in einer aus insgesamt vier Tätern bestehenden Betäubungsmittelhändlerbande , die im Zeitraum von Anfang Januar 2001 bis Mitte April 2002 bei insgesamt acht Beschaffungsfahrten 271 kg Haschisch aus den Niederlanden in die Bundesrepublik Deutschland einführte und den Stoff hier bis auf die bei der letzten Beschaffungsfahrt sichergestellten 11 kg gewinnbringend weiterverkaufte. Der Verkaufspreis betrug mindestens 3.000 DM pro Kilogramm, woraus sich ein Gesamtverkaufspreis von mindestens 780.000 DM errechnet. Gleichwohl hat das Landgericht die Anordnung des Wertersatzverfalls in Anwendung der Ermessensvorschrift des § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB auf 25.000 Euro beschränkt. Diesen Betrag hat es errechnet aus dem hälftigen Eigenkapitalanteil von 75.000 DM an dem vom Angeklagten gemeinsam mit seiner Ehefrau im Dezember 2001 für 320.000 DM erworbenen Einfamilienhaus und Baugrundstück sowie dem Erlös von ca. 5.900 Euro aus der Veräußerung des Pkw des Angeklagten; "wie der Angeklagte die über 25.000 Euro hinausgehenden Beträge verwandt" habe, habe nicht festgestellt werden können (UA 14).
2. Die Beschränkung des Wertersatzverfalls auf den Betrag von 25.000 Euro hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand, weil die Grundlagen für die Ermessensentscheidung nicht genügend dargetan sind.
So fehlt es bereits an der Feststellung, in welchem Umfang der Angeklagte bzw. die Tätergruppe tatsächlich Verkaufserlöse aus den Betäubungsmittelgeschäften "erlangt" hat. Solche Feststellungen - gegebenenfalls im Wege der Schätzung (§ 73 b StGB) - zu treffen, war schon deshalb veranlaßt, weil nach §§ 73 Abs. 1, 73 a StGB die Anordnung des Verfalls (des Wertersatzes) des gesamten Verkaufserlöses aus den Betäubungsmittelgeschäften obligato-
risch ist, soweit nicht die Härtevorschrift des § 73 c Abs. 1 StGB entgegensteht. Insoweit kommt hier ein Absehen von der vollständigen Abschöpfung des Verkaufserlöses - wie vom Landgericht auch angenommen – allein unter dem Gesichtspunkt der Härtevorschrift des § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB in Betracht. Für die Anwendbarkeit dieser Ermessensvorschrift kommt es darauf an, ob der Wert des Erlangten noch im Vermögen des Angeklagten vorhanden ist. Die entsprechende Beurteilung setzt die Feststellung der Vermögensverhältnisse voraus (vgl. BGH, Urteil vom 27. März 2003 - 5 StR 434/02, StraFo 2003, 283). Denn eine Ermessensentscheidung nach § 73 c Abs. 1 Satz 2 StGB scheidet grundsätzlich aus, solange und soweit der Angeklagte über Vermögen verfügt, das wertmäßig nicht hinter dem aus den Straftaten Erlangten zurückbleibt (BGHR StGB § 73 c Wert 2).
Als Beurteilungsgrundlage genügte vorliegend die Feststellung nicht, daß der Angeklagte zusammen mit seiner Ehefrau das von ihnen bewohnte Einfamilienhaus sowie ein weiteres Baugrundstück mit einer Gesamtfläche von etwa 2800 qm im Dezember 2001 je zur Hälfte zu einem Kaufpreis von 320.000 DM erworben hat, der Kaufpreis in Höhe von 245.000 DM über ein Darlehen finanziert und die restlichen 75.000 DM bar bezahlt wurden. Anstatt auf den Kaufpreis abzustellen, hätte vielmehr der Verkehrswert des Einfamilienhauses und des Baugrundstücks festgestellt und - abzüglich vorhandener Belastungen - als vorhandenes Vermögen berücksichtigt werden müssen (BGHSt 48, 40, 43; BGHR aaO). Schon mit Blick darauf, daß es sich nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen um ein sehr gepflegtes Anwesen mit Sauna, Garage, Werkstatt, Carport, See und Grillpavillon handelte, lag es zumindest nicht fern, daß der Verkehrswert im Zeitpunkt der Urteilsfällung deutlich über dem beim Erwerb vereinbarten Kaufpreis lag. Auch durfte das
Landgericht bei der Bewertung des Eigenkapitalanteils in Höhe der Barzahlung von 75.000 DM als (vorhandenes) Vermögen des Angeklagten nicht ohne weiteres nur die Hälfte berücksichtigen und dabei auf den auf ihn entfallenden hälftigen Eigentumsanteil am Grundstück abstellen. Dies wird den tatsächlichen Gegebenheiten jedenfalls dann nicht gerecht, wenn diese Barzahlung – was angesichts der Betäubungsmittelumsätze des Angeklagten naheliegt – aus seinem Vermögen geflossen ist. Ob überhaupt und bejahendenfalls in welchem Umfang nach Billigkeitsgesichtspunkten von der Anordnung des an sich für verfallen zu erklärenden Betrages abzusehen gerechtfertigt oder geboten sein kann, hängt aber nicht allein von der rechtlichen Zuordnung von Vermögenswerten , sondern in erster Linie von den wirtschaftlichen Folgen für den Angeklagten ab (BGHSt aaO).
3. Danach hebt der Senat das angefochtene Urteil insoweit auf, als das Landgericht davon abgesehen hat, einen höheren als den für sich genommen rechtsfehlerfrei festgesetzten Betrag von 25.000 Euro als Wertersatz für verfallen zu erklären.
Der neue Tatrichter wird zunächst den Wert des aus den abgeurteilten Straftaten Erlangten festzustellen haben. Alsdann sind die wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten aufzuklären. Auf der Grundlage dieser Feststellungen wird über die Anordnung des Wertersatzverfalls nach billigem Ermessen zu entscheiden sein. In diesem Zusammenhang kann - unbeschadet gesamtschuldnerischer Haftung aller Tatbeteiligten (vgl. BGH, Beschluß vom 10. September 2002 - 1 StR 281/02 - und Urteil vom 12. August 2003 - 1 StR
127/03) - für die Ermessensentscheidung von Bedeutung sein, welcher Anteil an dem Verkaufserlös dem Angeklagten selbst zugeflossen ist.
Tepperwien Maatz Athing
Ernemann Sost-Scheible

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5 StR 434/02

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 27. März 2003
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
27. März 2003, an der teilgenommen haben:
Richter Basdorf als Vorsitzender,
Richter Häger,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 19. März 2002 wird verworfen.
2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das genannte Urteil insoweit aufgehoben, als – jenseits des angeordneten Verfalls von 26.915,75 DM als Wertersatz – die Anordnung von Verfall und Verfall des Wertersatzes unterblieben ist.
3. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltrei- bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen und wegen eines Vergehens nach dem Waffengesetz zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Es hat den Verfall eines Geldbetrages in Höhe von 26.915,75 DM als Wertersatz angeordnet. Die gegen die Verurteilung wegen der Verbrechen nach dem Betäubungsmittelgesetz gerichtete, auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten ist unbegründet. Dagegen hat die – auf die Frage einer weitergehenden Anordnung des Verfalls beschränkte – Revision der Staatsanwaltschaft mit der allein erhobenen Sachrüge Erfolg.
Das Landgericht hat im wesentlichen festgestellt: Der Angeklagte verkaufte unter Mitwirkung des Zeugen T einmal 100 g Kokain (davon 10 g an T selbst) und zweimal 50 g Kokain, jeweils mit einem Wirkstoffanteil von mindestens 15 %. Hierfür erhielt der Angeklagte insgesamt 25.000,00 DM (Fälle 1 bis 3). Im Fall 4 beauftragte der Angeklagte den Zeugen T , 1 kg Kokain aus den Niederlanden zu beschaffen , und übergab ihm hierfür 60.000,00 DM. T beschaffte unter Mitwirkung u. a. des Zeugen Z für 30.000,00 DM 500 g Kokain, das er dem Angeklagten überreichte. In den Fällen 5 und 6 ließ der Angeklagte sich durch den Zeugen T , dem er dafür vorab jeweils 60.000,00 DM übergab und der sich der Mitwirkung des Zeugen Z bediente, jeweils 1 kg Kokain aus den Niederlanden beschaffen. In gleicher Weise erlangte der Angeklagte im Fall 7 nach Vorabzahlung von 33.000,00 DM 500 g Kokain. Das in den Fällen 4 bis 7 gehandelte Kokain hatte einen Wirkstoffgehalt von mindestens 20 % und wurde vom Angeklagten – jeweils überwiegend – mit Gewinn weiterverkauft. Am 17. September 2001 wurden in der Wohnung des Angeklagten 139 g Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von 22,6 %, 26.915,75 DM Bargeld und eine Flinte mit 49 Patronen sichergestellt.
I. Die Revision des Angeklagten bleibt ohne Erfolg.
1. Der Schuldspruch hält sachlichrechtlicher Prüfung stand. Namentlich ist die Beweiswürdigung frei von Rechtsfehlern.
Das Landgericht hat seine Überzeugung von den sieben Fällen des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln insbesondere aufgrund einer umfassenden Würdigung derjenigen Angaben gewonnen, die der Zeuge T im Laufe des Verfahrens gemacht hat. Stützend hat das Landgericht herangezogen , daß in der Wohnung des Angeklagten 139 g Kokain und 26.915,75 DM Bargeld in breitgestreuter Stückelung sichergestellt worden sind.
Weshalb das Landgericht den Zeugen G und L nicht geglaubt hat, hat es ausreichend dargelegt. Soweit die Revision die Beweismittel anders würdigt, zeigt sie damit keinen Rechtsfehler auf. Insbesondere besteht der von der Revision gesehene Widerspruch nicht: Die Bezeichnung der Fälle 1 bis 3 als (quantitativ) „am Gesamtkomplex gemessen relativ unbedeutendes Geschehen“ einerseits und die Bewertung der Bekundungen des Zeugen T in diesen Fällen als (beweislich) „ferner entscheidend“ andererseits ist keineswegs widersprüchlich.
Daß das Landgericht, während es die rechtskräftige Verurteilung des Zeugen T wegen Betäubungsmitteldelikten zu drei Jahren und sechs Monaten Gesamtfreiheitsstrafe und die Entwicklung der Aussage dieses Zeugen umfassend mitteilt und seine Aussagemotivation ausführlich würdigt, ohne dabei die Vorschrift des § 31 BtMG zu zitieren, begründet nicht die Besorgnis , daß der Tatrichter die von dieser Norm latent ausgehende Gefahr einer Verführung zur Falschbezichtigung Dritter etwa übersehen hätte.
2. Auch der Rechtsfolgenausspruch hält sachlichrechtlicher Prüfung stand.
Dies gilt namentlich für die Verfallsanordnung. Zutreffend geht die Revision des Angeklagten davon aus, daß der für einen Verfall in Betracht kommende Vermögensvorteil durch eine angeklagte und festgestellte Tat erlangt sein muß (BGHSt 28, 369; BGH StV 1981, 627; BGH, Beschl. vom 10. Juni 1998 – 3 StR 182/98; BGH, Beschl. vom 17. Mai 1999 – 5 StR 155/99; W. Schmidt in LK 11. Aufl. § 73 Rdn. 17; Tröndle/Fischer, StGB 51. Aufl. § 73 Rdn. 6). Dem hat das Landgericht Rechnung getragen, indem es sich davon überzeugt hat, daß das in den Räumlichkeiten des Angeklagten sichergestellte Bargeld in Höhe von 26.915,75 DM Gewinn „aus den Straftaten“ – scil. aus den sieben festgestellten Verbrechen nach dem Betäubungsmittelgesetz – war. Einer Feststellung derart, aus welcher einzelnen dieser Taten das Geld erlangt worden war, bedurfte es nicht (BGHR StGB § 73 Vorteil 5).
II. Die Revision der Staatsanwaltschaft dringt durch.
1. Aus den Feststellungen ergibt sich, daß der Angeklagte aus den sieben Taten nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG zumindest folgendes im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB „erlangt“ hat: In den Fällen 1 bis 3 erhielt der Angeklagte von T als Erlös aus den Kokainverkäufen einmal 12.000,00 DM und zweimal 6.500,00 DM, insgesamt also 25.000,00 DM. In den Fällen 4 bis 7 verkaufte der Angeklagte Heroin, das er zu Preisen von 30.000,00 DM (Fall 4), zweimal 60.000,00 DM (Fälle 5 und 6) und 33.000,00 DM (Fall 7) erworben hatte, überwiegend mit Gewinn weiter; allein der Einkaufspreis dieser vier Fälle beträgt zusammen 183.000,00 DM; der Verkaufspreis lag jedenfalls insgesamt höher. Danach hat der Angeklagte aus den genannten Taten jedenfalls mehr als 208.000,00 DM erlangt, nämlich aus den Fällen 1 bis 3 25.000,00 DM Verkaufserlös und aus den Fällen 4 bis 7 den jedenfalls über dem Einkaufspreis von 183.000,00 DM liegenden Verkaufspreis. Dies hat das Landgericht übersehen, indem es lediglich den Verfall eines Geldbetrages in Höhe von 26.915,75 DM als Wertersatz angeordnet und gemeint hat, eine weitere Verfallsanordnung käme nicht in Betracht, „weil insoweit sichere Feststellungen zur Höhe des Erlangten nicht getroffen werden konnten“.
2. Vielmehr war es zwingend geboten, in Höhe des sich nach dem Bruttoprinzip ergebenden Geldbetrages den Verfall (des Wertersatzes) anzuordnen , soweit nicht die Härtevorschrift des § 73c Abs. 1 StGB entgegensteht.

a) Hierfür ist zunächst maßgeblich, daß das Bruttoprinzip gilt, wonach nicht nur der bloße, sich nach Abzug der Aufwendungen ergebende Gewinn, sondern alles, was der Täter für die Tat oder aus ihr erlangt hat, ohne Abzug gewinnmindernder Kosten dem Verfall unterliegt (BGH, Urt. vom 21. August 2002 – 1 StR 115/02, zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen = NJW 2002, 3339, 3340; BGHR StGB § 73d Strafzumessung 1; BGH NStZ 1996, 539; W. Schmidt aaO § 73 Rdn. 18; Eser in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 73 Rdn. 17; Tröndle/Fischer aaO § 73 Rdn. 3, 7).

b) Zudem ist die Anordnung des Verfalls (des Wertersatzes) obligatorisch, wenn dessen Voraussetzungen vorliegen (BGH, Urt. vom 21. August 2002 aaO; BGHR StGB § 73c Härte 5; BGHR StGB § 43a Konkurrenzen 1, 2; W. Schmidt aaO § 73 Rdn. 49, § 73a Rdn. 14; Eser aaO § 73 Rdn. 44, § 73a Rdn. 9; Tröndle/Fischer aaO § 73 Rdn. 5, § 73a Rdn. 3).

c) Ob der Angeklagte den erlangten Vorteil noch immer hat, ist hier einzig unter dem Gesichtspunkt der Härtevorschrift des § 73c Abs.1 Satz 2 StGB von Bedeutung (BGH, Urt. vom 21. August 2002 aaO; W. Schmidt aaO § 73c Rdn. 2 f.; Tröndle/Fischer aaO § 73 Rdn. 10). Für die Anwendbarkeit dieser Ermessensvorschrift (BGHR StGB § 73c Härte 5) kommt es zunächst darauf an, ob der Wert des Erlangten noch im Vermögen des Angeklagten vorhanden ist. Die entsprechende Beurteilung setzt die Feststellung der Vermögensverhältnisse des Angeklagten voraus. Hierzu enthält das angefochtene Urteil lediglich die – insoweit unzulängliche – Feststellung , daß der Angeklagte im Februar 2001 ein mit einem Wohnhaus be- bautes Grundstück erwarb, dessen Eigentümerin „mittlerweile“ seine Lebensgefährtin ist.
III. Danach hebt der Senat das angefochtene Urteil insoweit auf, als – jenseits des rechtsfehlerfrei angeordneten Verfalls von 26.915,75 DM als Wertersatz – die Anordnung von Verfall und Verfall des Wertersatzes unterblieben ist. Dies zieht nicht die Aufhebung von Feststellungen nach sich; solche sind rechtsfehlerhafterweise unterblieben.
Die verhängten Strafen können bestehenbleiben; denn die mit dem Verfall verbundene Vermögenseinbuße ist regelmäßig (BGHR StGB § 73d Strafzumessung 1) und so auch hier kein Strafmilderungsgrund.
Der neue Tatrichter wird zunächst den Wert des aus den Straftaten nach dem BtMG Erlangten festzustellen haben. Hierbei ist eine Schätzung nach § 73b StGB möglich. Alsdann sind die wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten – soweit möglich – aufzuklären. Auf der Grundlage dieser Fest- stellungen wird – eingedenk des obligatorischen Charakters der Vorschriften der §§ 73, 73a StGB , jedoch unter Berücksichtigung von § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB (BGH, Urt. vom 10. Oktober 2002 – 4 StR 233/02, zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen = NJW 2003, 300) – über die Anordnung eines Verfalls (als Wertersatz) nach Ermessensgrundsätzen zu entscheiden sein.
Basdorf Häger Raum Brause Schaal

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 281/02
vom
10. September 2002
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. September 2002 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 19. März 2002 im Ausspruch über den Verfall und den Verfall von Wertersatz mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Die weitergehende Revision gegen das vorbezeichnete Urteil wird als unbegründet verworfen. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 15 Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Überdies hat es den Verfall eines Betrages in Höhe von 3.000 DM sowie den Verfall von Wertersatz in Höhe von 6.000 DM angeordnet. Die Revision des Angeklagten rügt allgemein die Verletzung sachlichen Rechts. Sie hat hinsichtlich der Verfallsanordnungen Erfolg, ist im übrigen jedoch unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Der Ausspruch über den Verfall eines Betrages von 3.000 DM sowie den Verfall von Wertersatz in Höhe von 6.000 DM kann von Rechts wegen keinen Bestand haben. 1. Soweit das Landgericht den Verfall eines Betrages in Höhe von 3.000 DM angeordnet hat, betrifft dies die an den Angeklagten gezahlten Kaufpreise für die Heroinlieferungen. Der Verfall nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erfordert bei den hier gegebenen Fallgestaltungen, daß die aus den Betäubungsmittelgeschäften erlangten Geldbeträge als solche bei dem Angeklagten noch vorhanden waren, typischerweise bei ihm sichergestellt worden sind. Daß es sich so verhält, ist dem Urteil nicht zu entnehmen, liegt angesichts der übrigen festgestellten Umstände auch fern. In Betracht kommt insoweit allerdings die Anordnung des Verfalls von Wertersatz nach § 73a StGB (vgl. Eser in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 73a Rdn. 4). Auch dieser setzt voraus, daß der Angeklagte unmittelbar aus der Tat wirtschaftlich etwas erlangt hat, also wenigstens die wirtschaftliche Mitverfügungsgewalt über den Verkaufserlös hatte. Nach den Grundsätzen der Mittäterschaft wäre eine Zurechnung gegenüber dem Angeklagten selbst dann möglich, wenn der Angeklagte die Geldbeträge lediglich für seinen Mittäter H. I. in Empfang genommen und in voller Höhe an diesen weitergeleitet hätte, sich die Beteiligten aber darüber einig waren - was sich hier aus den Umständen ergeben kann -, daß zunächst der Angeklagte die wirtschaftliche Mitverfügungsgewalt über die Beträge erlangen sollte. In einem solchen Fall kann der Verfall von Wertersatz in voller Höhe gegenüber dem Angeklagten ausgesprochen werden, da von Gesamtschuldnerschaft auszugehen wäre (vgl. dazu auch BGH, Beschluß vom 13. November 1996 - 3 StR 482/96). Schließlich hätte die Strafkammer auch darzulegen gehabt, ob der Wert des Erlangten
zum Zeitpunkt der Anordnung noch im Vermögen des Angeklagten vorhanden war; anderenfalls hätte neben der Verneinung einer verfallsbedingten unbilligen Härte (§ 73c Abs. 1 Satz 1 StGB) auch ein Unterbleiben der Anordnung nach der Fakultativklausel des § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB ins Auge gefaßt werden müssen. 2. Die Anordnung des Verfalls von Wertersatz in Höhe von 6.000 DM wird von den Urteilsfeststellungen nicht getragen. Diesen zufolge hat der Angeklagte insoweit gerade nichts erlangt. Die Strafkammer hat vielmehr dargelegt , daß der Zeuge C. nach dem Ankauf des Heroins dem Angeklagten und H. I. restliche Kaufpreiszahlungen in Höhe von insgesamt 6.000 DM schuldig blieb. Die Forderungen aus den Drogengeschäften waren nicht werthaltig. Sie waren rechtlich nicht wirksam entstanden (vgl. § 134 BGB) und wegen mangelnder Zahlungsfähigkeit oder -willigkeit des Abnehmers ersichtlich auch wirtschaftlich nicht von Wert. Soweit die Strafkammer festgestellt hat, Unbekannte hätten von der Ehefrau des C. die Restforderung aus den Drogenlieferungen (6.000 DM) einzutreiben versucht und statt dessen Schmuck mitgenommen, belegen die Urteilsgründe nicht, daß diese Werte im Ergebnis dem Angeklagten zugeflossen wären. Nach allem muß über die Frage des Verfalls neu verhandelt und entschieden werden. Der neue Tatrichter wird zu bedenken haben, daß seit dem 1. Januar 2002 der Euro die gültige Währung ist. Schäfer Nack Boetticher Schluckebier Kolz