Bundesgerichtshof Urteil, 27. Jan. 2010 - 2 StR 498/09
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten schuldig gesprochen, "in 26 Fällen als Person über 21 Jahre Betäubungsmittel gewerbsmäßig unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgegeben zu haben, tateinheitlich hierzu in 25 Fällen als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren dazu bestimmt zu haben , mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben sowie in einem weiteren Fall des Raubes". Es hat ihn hierwegen unter Einbeziehung anderweit verhängter Strafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt. Mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten Revision rügt die Staatsanwaltschaft die Verletzung sachlichen Rechts. Sie beanstandet die Annahme minder schwerer Fälle nach § 30 a Abs. 3 BtMG a.F. in den Fällen 1 sowie 3 bis 26 der Urteilsgründe.
- 2
- Die - nach ihrer Begründung wirksam auf die Einzelstrafaussprüche in den Fällen 1 sowie 3 bis 26 der Urteilsgründe sowie auf den Gesamtstrafenausspruch beschränkte - Strafmaßrevision der Staatsanwaltschaft ist unbegründet.
- 3
- 1. Die Anwendung des nach § 30 a Abs. 3 BtMG a.F. für minder schwere Fälle vorgesehenen Strafrahmens hält rechtlicher Nachprüfung stand.
- 4
- Die Strafzumessung, zu der auch die Frage gehört, ob ein minder schwerer Fall vorliegt, unterliegt nur in eingeschränktem Umfang der Überprüfung durch das Revisionsgericht. Es ist grundsätzlich Sache des Tatrichters, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen und gegeneinander abzuwägen. Welchen Umständen er bestimmendes Gewicht beimisst, ist im Wesentlichen seiner Beurteilung überlassen (st. Rspr.; vgl. nur BGHSt 3, 179; 24, 268; BGHR StGB § 177 Abs. 5 Strafrahmenwahl 2 m.w.N.; BGH, Urt. v. 20. April 2004 - 5 StR 87/04). Das Revisionsgericht darf die Gesamtwürdigung nicht selbst vornehmen, sondern nur nachprüfen, ob dem Tatrichter bei seiner Entscheidung ein Rechtsfehler unterlaufen ist (vgl. BGHSt 29, 319, 320; 34, 345, 349; BGH NJW 1995, 340; StV 2002, 20; Urt. v. 7. November 2007 - 1 StR 164/07). Das ist hier nicht der Fall. Zwar trifft es zu, dass der Angeklagte im Fall 1 der Urteilsgründe die Initiative ergriffen und dem noch minderjährigen Zeugen Mo. Haschisch zum Zweck des Weiterverkaufs angeboten hat. Hierauf ging der Zeuge aber bereitwillig ein, weil sich ihm so eine Gelegenheit bot, zusätzlich kostenlos Betäubungsmittel für seinen Eigenkonsum zu erlangen. Die Strafkammer hat alle wesentlichen Umstände in ihre Erwägungen zur Strafrahmenwahl einbezogen und auch die erforderliche Gesamtwürdigung vorgenommen. Die Annahme minder schwerer Fälle überschreitet jedenfalls nicht den ihr hierbei zukommenden Beurteilungsspielraum. Die Verschärfung des Strafrahmens des § 30 a Abs. 3 BtMG durch Art. 5 Nr. 7 des Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17. Juli 2009 (BGBl I S. 1990) ist im vorliegenden Fall noch nicht anwendbar (§ 354 a StPO, § 2 Abs. 3 StGB).
- 5
- 2. Die Bildung der nachträglichen Gesamtfreiheitsstrafe (§ 55 Abs. 1 StGB) weist im Ergebnis keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf.
- 6
- Ausweislich der Urteilsgründe ist der Angeklagte durch Strafbefehl des Amtsgerichts Neuwied vom 6. August 2008 wegen Diebstahls in drei Fällen zu einer "Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 15 €" verurteilt worden.
- 7
- Das angefochtene Urteil teilt indes nicht mit, welche Einzelstrafen der frühere Tatrichter der von ihm gebildeten Gesamtstrafe zugrunde gelegt hat; stattdessen hat die Strafkammer die vorgenannte Geldstrafe gemäß § 55 Abs. 1 StGB einbezogen. Das ist rechtsfehlerhaft. Bei Einbeziehung einer gesamtstrafenfähigen Vorverurteilung zu einer Gesamtstrafe ist es erforderlich, die jeweils verhängten Einzelstrafen konkret zu bezeichnen; diese werden, sofern der Tatrichter nicht von § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB Gebrauch macht, unter Auflösung der früher gebildeten Gesamtstrafe in eine neu auszusprechende Gesamtfreiheitsstrafe einbezogen (BGH NStZ 1987, 183; Beschl. v. 9. Juli 2008 - 1 StR 336/08). Der Senat kann jedoch ausschließen, dass sich dieser Fehler im Gesamtstrafenausspruch zu Gunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten ausgewirkt hat. Frau VRinBGH Prof. Dr. Rissing-van Saan ist wegen Urlaubs an der Unterschriftsleistung gehindert. Fischer Fischer Roggenbuck Cierniak Schmitt
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Annotations
(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn
- 1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern, - 2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert, - 3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt, - 4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder - 5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.
(3) Der Versuch ist strafbar.
(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.
(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter
- 1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet, - 2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder - 3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.
(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn
- 1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder - 2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.
(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter
- 1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt, - 2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder - 3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.
(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter
- 1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder - 2.
das Opfer - a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder - b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.
(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.
(1) Die Strafe und ihre Nebenfolgen bestimmen sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt.
(2) Wird die Strafdrohung während der Begehung der Tat geändert, so ist das Gesetz anzuwenden, das bei Beendigung der Tat gilt.
(3) Wird das Gesetz, das bei Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert, so ist das mildeste Gesetz anzuwenden.
(4) Ein Gesetz, das nur für eine bestimmte Zeit gelten soll, ist auf Taten, die während seiner Geltung begangen sind, auch dann anzuwenden, wenn es außer Kraft getreten ist. Dies gilt nicht, soweit ein Gesetz etwas anderes bestimmt.
(5) Für Einziehung und Unbrauchbarmachung gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend.
(6) Über Maßregeln der Besserung und Sicherung ist, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach dem Gesetz zu entscheiden, das zur Zeit der Entscheidung gilt.
(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.
(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.
(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.
(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.
(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.