Bundesgerichtshof EuGH-Vorlage, 23. Feb. 2017 - I ZR 126/15

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:230217BIZR126.15.0
bei uns veröffentlicht am23.02.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Tenor

I. Das Verfahren wird ausgesetzt.

II. Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung des Art. 14 der Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. Nr. L 299 vom 8. November 2008, S. 25) und des Art. 34 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. Nr. L 78 vom 24. März 2009, S. 1) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist es mit Art. 14 der Richtlinie 2008/95/EG vereinbar, wenn die Ungültigkeit oder der Verfall einer nationalen Marke, die die Grundlage für die Beanspruchung des Zeitrangs einer Unionsmarke bildet und Gegenstand eines Verzichts gewesen oder erloschen ist, nachträglich nur dann festgestellt werden kann, wenn die Voraussetzungen für die Ungültigkeit oder den Verfall nicht nur zum Zeitpunkt des Verzichts auf die Marke oder ihres Erlöschens, sondern auch zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über die Feststellung vorliegen?

2. Falls die Frage 1 zu bejahen ist:

Hat die Inanspruchnahme des Zeitrangs nach Art. 34 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 die Wirkung, dass das nationale Markenrecht erlischt und nicht mehr rechtserhaltend benutzt werden kann, oder bleibt die nationale Marke auf der Grundlage des Unionsrechts aufrechterhalten, auch wenn sie im Register des betreffenden Mitgliedstaats nicht mehr existiert, mit der Folge, dass sie weiterhin rechtserhaltend benutzt werden kann und muss?

Gründe

1

I. Die Parteien sind gleichnamige, aber voneinander rechtlich und wirtschaftlich unabhängige Unternehmen der Bekleidungsbranche.

2

Die Klägerin ist Inhaberin der beiden unter den Nummern 648528 und 648526 eingetragenen deutschen Wort-Bild-Marken "PuC" mit Priorität aus dem Jahr 1953, die Schutz für Bekleidungsstücke beanspruchen.

3

Die Beklagte war Inhaberin der beiden unter den Nummern 966148 und 1027854 eingetragenen deutschen Wortmarken "PUC", die 1978 und 1982 angemeldet und eingetragen wurden und für Bekleidungsstücke Schutz beanspruchten.

4

Die Klägerin wies die Beklagte mit einem per Telefax am selben Tag übermittelten Schreiben vom 18. November 2004 darauf hin, dass deren deutsche Wortmarken "PUC" wegen Verfalls löschungsreif seien, und forderte sie vergeblich zur freiwilligen Löschung auf. Die Klägerin erhob am 11. Februar 2005 Löschungsklage. Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 7. Juli 2005 beim Deutschen Patent- und Markenamt die Löschung ihrer Marken beantragt hatte, erklärten die Parteien den Rechtstreit im Juli 2005 in der Hauptsache für erledigt. Die beiden Marken der Beklagten wurden am 9. und am 31. August 2005 gelöscht.

5

Die Beklagte verfügt über eine für Bekleidungsstücke Schutz beanspruchende, am 6. April 2001 unter der Nummer 242446 eingetragene Unionswortmarke "PUC". Diese Marke nimmt für den Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland den Zeitrang (die Seniorität) der beiden gelöschten nationalen Marken der Beklagten in Anspruch.

6

Mit ihrer am 12. März 2010 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin das Ziel, dass die Unionsmarke der Beklagten nicht länger die Seniorität der bereits gelöschten nationalen Marken in Anspruch nehmen kann. Die Klägerin macht in erster Linie geltend, die nationalen Marken seien zu dem Zeitpunkt, zu dem sie aufgrund des Verzichts der Beklagten gelöscht worden seien, bereits wegen Verfalls löschungsreif gewesen. Hilfsweise beruft sie sich darauf, die Marken hätten zu diesem Zeitpunkt wegen älterer Kennzeichenrechte der Klägerin gelöscht werden können. Die Klägerin hat beantragt festzustellen, dass die deutschen Marken "PUC" Nr. 966148 und Nr. 1027854 ungültig sind.

7

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben (LG Hamburg, Urteil vom 1. Dezember 2011 - 327 O 143/10, juris). Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (OLG Hamburg, GRUR-RR 2015, 437).

8

Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt.

9

II. Die Entscheidung im vorliegenden Rechtsstreit hängt von der Auslegung des Art. 14 der Richtlinie 2008/95/EG und des Art. 34 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 ab. Vor einer Entscheidung über die Revision der Beklagten ist deshalb das Verfahren auszusetzen und gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 3 AEUV eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union einzuholen.

10

1. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe der geltend gemachte Anspruch auf Feststellung der Ungültigkeit der deutschen Wortmarken "PUC" der Beklagten wegen Verfalls nach § 125c Abs. 1 und 2, § 49 Abs. 1 MarkenG zu. Zur Begründung hat es ausgeführt, die gelöschten deutschen Marken, deren Zeitrang die Unionsmarke der Beklagten "PUC" in Anspruch nehme, seien sowohl zum Zeitpunkt ihrer Löschung als auch zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des vorliegenden Rechtsstreits wegen Verfalls löschungsreif gewesen.

11

2. Ist für eine angemeldete oder eingetragene Gemeinschaftsmarke der Zeitrang einer im Register des Deutschen Patent- und Markenamts eingetragenen Marke nach Art. 34 oder 35 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 in Anspruch genommen worden und ist die im Register des Deutschen Patent- und Markenamts eingetragene Marke wegen Nichtverlängerung der Schutzdauer nach § 47 Abs. 6 MarkenG oder wegen Verzichts nach § 48 Abs. 1 MarkenG gelöscht worden, so kann gemäß § 125c Abs. 1 MarkenG auf Antrag nachträglich die Ungültigkeit dieser Marke wegen Verfalls oder wegen Nichtigkeit festgestellt werden. Die Feststellung der Ungültigkeit erfolgt gemäß § 125c Abs. 2 Satz 1 MarkenG unter den gleichen Voraussetzungen wie eine Löschung wegen Verfalls oder wegen Nichtigkeit. Jedoch kann nach § 125c Abs. 2 Satz 2 MarkenG die Ungültigkeit einer Marke wegen Verfalls nach § 49 Abs. 1 MarkenG nur festgestellt werden, wenn die Voraussetzungen für die Löschung nach dieser Vorschrift auch schon zu dem Zeitpunkt gegeben waren, in dem die Marke wegen Nichtverlängerung der Schutzdauer oder wegen Verzichts gelöscht worden ist.

12

Nach Art. 34 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 kann der Inhaber einer in einem Mitgliedstaat registrierten älteren Marke, der eine identische Marke zur Eintragung als Unionsmarke für Waren oder Dienstleistungen anmeldet, die mit denen identisch sind, für welche die ältere Marke eingetragen ist, für die Unionsmarke den Zeitrang der älteren Marke in Bezug auf den Mitgliedstaat, in dem sie eingetragen ist, in Anspruch nehmen. Art. 35 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 eröffnet dieselbe Möglichkeit noch nach Eintragung der Unionsmarke. Nach Einleitung des vorliegenden Verfahrens ist die Verordnung (EG) Nr. 207/2009 durch die am 23. März 2016 in Kraft getretene Verordnung (EU) 2015/2424 (ABl. Nr. L 341 vom 24. Dezember 2015, S. 21) novelliert und in "Unionsmarkenverordnung" umbenannt worden. Dabei sind auch die im Streitfall maßgeblichen Vorschriften der Art. 34 und 35 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 durch Art. 1 Nummer 32 und 33 der Verordnung (EU) 2015/2424 ergänzt und geändert worden. Eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Änderung der Rechtslage ist damit allerdings nicht verbunden.

13

3. Das Berufungsgericht hat nach Ansicht des Senats zutreffend angenommen, dass die Voraussetzungen für die Löschung der deutschen Wortmarken der Beklagten wegen Verfalls nach § 49 Abs. 1 MarkenG zu dem Zeitpunkt gegeben waren, in dem diese Marken wegen Verzichts gelöscht worden sind (§ 125c Abs. 2 Satz 2 MarkenG). Das Berufungsgericht hat die Frage offengelassen, ob für die Prüfung der Voraussetzungen des Verfalls nach § 125c Abs. 2 Satz 2 MarkenG auf den Zeitpunkt der Erklärung des Verzichts (hier 7. Juli 2005) oder auf den Zeitpunkt der aufgrund des Verzichts erfolgten Löschung der Marke im Register (hier 9. und 31. August 2005) abzustellen ist. Nach Ansicht des Senats ist der Zeitpunkt der Erklärung des Verzichts maßgeblich, weil das Markenrecht bereits aufgrund der Erklärung des Verzichts und nicht erst mit der aufgrund des Verzichts erfolgten Löschung der Marke im Register erlischt (BGH, Beschluss vom 19. Oktober 2000 - I ZB 62/98, GRUR 2001, 337, 339 = WRP 2001, 408 - EASYPRESS; vgl. Begründung zum Regierungsentwurf eines Markenrechtsreformgesetzes, BT-Drucks. 12/6581, S. 94). Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen waren die Voraussetzungen für die Löschung der deutschen Wortmarken der Beklagten wegen Verfalls nach § 49 Abs. 1 MarkenG zu dem Zeitpunkt der Erklärung des Verzichts am 7. Juli 2005 gegeben.

14

4. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für die Löschung der Marken wegen Verfalls nicht nur zum Zeitpunkt des Verzichts, sondern auch zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im vorliegenden Rechtsstreit vorliegen müssen.

15

a) Der Senat hält diese Auslegung des § 125c Abs. 2 MarkenG für richtig.

16

aa) Aus dem Umstand, dass die Feststellung der Ungültigkeit einer Marke nach der amtlichen Überschrift und dem ersten Absatz des § 125c MarkenG das Ziel hat, eine "nachträgliche" Feststellung der Ungültigkeit der Marke herbeizuführen, lässt sich allerdings für diese Frage nichts ableiten. Mit der Verwendung des Wortes "nachträglich" ist lediglich gemeint, dass die Voraussetzungen des Verfalls zum Zeitpunkt des Verzichts und damit vor einer gerichtlichen Entscheidung vorgelegen haben müssen.

17

bb) Aus dem Wortlaut von § 125c Abs. 2 Satz 1 und 2 MarkenG ergibt sich jedoch, dass die Voraussetzungen des Verfalls zu zwei Zeitpunkten vorliegen müssen. Die Vorschrift des § 125c Abs. 2 Satz 1 MarkenG verweist auf die Löschungsgründe wegen Verfalls (§ 49 MarkenG) und wegen Nichtigkeit (§§ 50, 51 MarkenG). Für die Entscheidung nach § 49 Abs. 1 MarkenG ist auf den Zeitpunkt der Entscheidung über die Feststellungsklage abzustellen. Nach § 125c Abs. 2 Satz 2 MarkenG kann die Ungültigkeit der Marke nur festgestellt werden, wenn die Voraussetzungen für die Löschung nach § 49 Abs. 1 MarkenG "auch schon" zu dem Zeitpunkt gegeben waren, in dem die Marke wegen Nichtverlängerung der Schutzdauer oder wegen Verzichts gelöscht worden ist. Daraus ergibt sich, dass die Voraussetzungen des Verfalls nicht nur zu dem Zeitpunkt vorliegen müssen, in dem auf die Marke verzichtet worden ist, sondern auch zu dem Zeitpunkt der Entscheidung über die Feststellung der Ungültigkeit.

18

cc) Für diese Auslegung spricht weiterhin die Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Der Gesetzgeber wollte eine Feststellung der auf mangelnde Benutzung gestützten Ungültigkeit einer Marke wegen Verfalls nicht schon dann ermöglichen, wenn die Voraussetzungen des § 49 Abs. 1 MarkenG im Zeitpunkt der Entscheidung über den Feststellungsantrag vorliegen. Vielmehr sollte zusätzlich erforderlich sein, dass die nationale Marke schon im Zeitpunkt ihrer Löschung im Register erfolgreich mit einem Löschungsantrag wegen mangelnder Benutzung hätte angegriffen werden können (Begründung zum Regierungsentwurf eines Markenrechtsänderungsgesetzes 1996, BT-Drs. 13/3841, S. 13). Danach erfordert die Feststellung der Ungültigkeit einer Marke, für die eine identische Unionsmarke die Seniorität beansprucht, eine Prüfung der Voraussetzungen des Verfalls zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten. Dementsprechend gelten für den Erfolg einer Klage auf Feststellung der Ungültigkeit einer gelöschten nationalen Marke, deren Seniorität eine Unionsmarke in Anspruch nimmt, höhere Anforderungen als für den Erfolg der Klage auf Löschung nach § 49 Abs. 1 MarkenG (Fuchs-Wissemann in Ekey/Bender/Fuchs-Wissemann, Markenrecht, 3. Aufl., § 125c MarkenG Rn. 3; Reinartz, GRUR Int. 2012, 493, 495; kritisch hierzu Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Aufl., § 125c Rn. 13 f.).

19

b) Es erscheint jedoch fraglich, ob diese Auslegung von § 125c MarkenG mit Art. 14 der Richtlinie 2008/95/EG vereinbar ist. Hierauf zielt die erste Vorlagefrage.

20

aa) § 125c MarkenG dient der Umsetzung von Art. 14 der Richtlinie 2008/95/EG und ist daher richtlinienkonform auszulegen.

21

bb) Wird bei einer Gemeinschaftsmarke der Zeitrang einer älteren Marke in Anspruch genommen, die Gegenstand eines Verzichts gewesen oder erloschen ist, so kann nach Art. 14 der Richtlinie 2008/95/EG die Ungültigkeit oder der Verfall der Marke nachträglich festgestellt werden. Art. 14 der Richtlinie 2008/95/EG enthält keinerlei Vorgaben für die Anforderungen, unter denen nach dem nationalen Recht die Ungültigkeit oder der Verfall der erloschenen nationalen Marke nachträglich festgestellt werden können.

22

cc) Am 12. Januar 2016 ist die Richtlinie (EU) 2015/2436 (ABl. Nr. L 336 vom 23. Dezember 2015, S. 1) in Kraft getreten, mit der die Richtlinie 2008/95/EG neu gefasst worden ist. Die Richtlinie (EU) 2015/2436 enthält in Art. 6 eine mit Art. 14 der Richtlinie 2008/95/EG vergleichbare, jedoch in einem Punkt davon abweichende Regelung.

23

Wird bei einer Unionsmarke der Zeitrang einer nationalen Marke oder einer auf der Grundlage internationaler Vereinbarungen mit Wirkung in dem betreffenden Mitgliedstaat eingetragenen Marke, die Gegenstand eines Verzichts gewesen oder die erloschen ist, in Anspruch genommen, so kann die Nichtigkeit oder der Verfall der Marke, die die Grundlage der Beanspruchung des Zeitrangs bildet, nach Art. 6 Satz 1 der Richtlinie (EU) 2015/2436 nachträglich festgestellt werden, sofern die Nichtigkeit oder der Verfall zum Zeitpunkt des Verzichts auf die Marke oder ihres Erlöschens hätte erklärt werden können. In diesem Fall entfaltet der Zeitrang nach Art. 6 Satz 2 der Richtlinie (EU) 2015/2436 keine Wirkung mehr.

24

Danach reicht es für den Erfolg der auf die nachträgliche Feststellung des Verfalls gerichteten Klage aus, wenn die Voraussetzungen des Verfalls zum Zeitpunkt des Verzichts vorgelegen haben. Nach Erwägungsgrund 33 Satz 2 der Richtlinie (EU) 2015/2436 sollte eine Anfechtung der Gültigkeit der den Zeitrang der Unionsmarke begründenden Marke auf Situationen beschränkt werden, in denen die Marke zu dem Zeitpunkt, zu dem sie im Register gelöscht wurde, für verfallen oder für nichtig hätte erklärt werden können. Unter der Geltung dieser Regelung wäre es nach Ansicht des Senats nicht zulässig, für die Feststellung der Ungültigkeit der nationalen Marke zusätzlich zu fordern, dass die Voraussetzungen des Verfalls auch zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über die Feststellungsklage vorliegen müssen.

25

Der deutsche Gesetzgeber hat die Richtlinie (EU) 2015/2436 zwar noch nicht umgesetzt. Die Umsetzungsfrist für diese Richtlinie läuft noch. Deshalb ist für die Beurteilung des Streitfalls noch auf § 125c Abs. 1 und 2 MarkenG und Art. 14 der Richtlinie 2008/95/EG abzustellen. Gleichwohl stellt sich die Frage, ob Art. 6 Satz 1 der Richtlinie (EU) 2015/2436 eine Neuregelung der Anforderungen an die nachträgliche Feststellung des Verfalls enthält oder ob mit der Festlegung, dass die Voraussetzungen des Verfalls nur im Zeitpunkt des Verzichts vorgelegen haben müssen, lediglich eine Klarstellung der bereits unter der Geltung von Art. 14 der Richtlinie 2008/95/EG für die nachträgliche Feststellung des Verfalls bestehenden Voraussetzungen erfolgt, so dass es für die nachträgliche Feststellung des Verfalls der erloschenen nationalen Marke allein auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Verfalls zum Zeitpunkt des Verzichts ankommt.

26

5. Sollte die vom Senat für zutreffend gehaltene Auslegung des § 125c MarkenG mit Art. 14 der Richtlinie 2008/95/EG in Einklang stehen, ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen des Verfalls auch noch zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über die auf nachträgliche Feststellung des Verfalls gerichtete Klage vorliegen. Dafür kommt es darauf an, ob die Beklagte ihre deutschen Marken, nachdem sie auf diese am 7. Juli 2005 verzichtet hat, rechtserhaltend benutzen konnte und benutzt hat.

27

a) Das Berufungsgericht hat angenommen, Benutzungshandlungen nach dem Verzicht der Beklagten auf ihre deutschen Marken am 7. Juli 2005 könnten nicht berücksichtigt werden. Den von der Beklagten behaupteten nachfolgenden Benutzungshandlungen in den Jahren 2005 bis 2014 komme keine Heilungswirkung zu. Nach Art. 34 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 werde der gesamte materielle Inhalt der älteren Markeneintragung nach deren Wegfall in die Unionsmarke aufgenommen. Könne die Löschung der nationalen Marke in einem anhängigen Löschungsverfahren im Zeitpunkt des Verzichts nicht mehr verhindert werden, bestehe dieser Zustand weiter, auch wenn die nationale Marke nunmehr Teil der Unionsmarke sei. Die durch das Löschungsverfahren ausgelöste Sperrwirkung des § 49 Abs. 1 Satz 3 MarkenG lebe in Bezug auf die unionsmarkenrechtliche Seniorität fort.

28

b) Der Senat geht - anders als das Berufungsgericht - davon aus, dass das von der Klägerin eingeleitete Löschungsverfahren einer rechtserhaltenden Benutzung der nationalen Marke der Beklagten nach der Beendigung des Löschungsverfahrens im Juli 2005 nicht entgegensteht. Das Löschungsverfahren ist ohne gerichtliche Entscheidung zu Ende gegangen. Die übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Parteien haben dazu geführt, dass die Rechtshängigkeit des Löschungsantrags entfallen ist (vgl. BGH, Urteil vom 8. Februar 1989 - IVa ZR 98/87, BGHZ 106, 359, 366). Damit endete zugleich die Wirkung des Heilungsausschlusses des § 49 Abs. 1 Satz 3 MarkenG, weil der hierfür erforderliche Löschungsantrag nach § 49 Abs. 1 Satz 1 MarkenG entfallen war. Die nationalen Marken hätten daher nach der übereinstimmenden Erklärung der Erledigung des Löschungsverfahrens grundsätzlich wieder rechtserhaltend benutzt werden können.

29

c) Es stellt sich jedoch die Frage, ob die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe ihre nationalen Marken nach dem Verzicht auf die Markenrechte am 7. Juli 2005 nicht mehr rechtserhaltend nutzen können, im Ergebnis zutrifft. Dies hängt davon ab, welche Wirkung die Inanspruchnahme des Zeitrangs der älteren nationalen Marke durch die Unionsmarke nach Art. 34 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 hat. Dies ist Gegenstand der zweiten Vorlagefrage.

30

aa) Nach Art. 34 Abs. 2 und Art. 35 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 34 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 hat der Zeitrang (die Seniorität) die alleinige Wirkung, dass dem Inhaber der Unionsmarke, falls er auf die ältere nationale Marke verzichtet oder sie erlöschen lässt, weiter dieselben Rechte zugestanden werden, die er gehabt hätte, wenn die ältere Marke weiterhin eingetragen gewesen wäre.

31

bb) Nach einer Ansicht wird der Fortbestand der älteren (nationalen) Marke lediglich fingiert (Ingerl/Rohnke aaO § 125c Rn. 5; Schalk in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht, 3. Aufl., § 125c MarkenG Rn. 1; BeckOK MarkenR/Rohlfing-Dijoux, 8. Edition, Stand 1. Oktober 2016, Art. 34 VO [EG] Nr. 207/2009 Rn. 16 f.; Reinartz, GRUR Int. 2012, 493, 494). Eine erloschene Marke kann danach nicht mehr rechtserhaltend benutzt werden. Nach dem Verzicht auf die nationale Marke kann vielmehr nur noch die Unionsmarke rechtserhaltend benutzt werden (vgl. Ingerl/Rohnke aaO § 125c Rn. 13; Kober-Dehm in Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl., § 125c Rn. 5). Nach dieser Auffassung könnte die Beklagte nicht geltend machen, sie habe ihre beiden nationalen Marken nach ihrem Verzicht am 7. Juli 2005 rechterhaltend benutzt.

32

cc) Nach anderer Ansicht hat der Zeitrang die Wirkung, dass das nationale Markenrecht auf der Grundlage der Registrierung der Unionsmarke aufrecht erhalten bleibt, auch wenn sie im Register des betreffenden Mitgliedstaats nicht mehr existiert, und die nationale Marke in dem betreffenden Mitgliedstaat weiterhin rechtserhaltend benutzt werden kann und muss (HABM, MittdtschPatAnw 2001, 516; vgl. Meister, WRP 1997, 1022, 1028). Falls die Inanspruchnahme der Seniorität der älteren nationalen Marke durch die Unionsmarke das nationale Markenrecht unangetastet lässt und damit im Ergebnis lediglich zu einer Zusammenführung der nationalen Registrierung und der Registrierung der Unionsmarke in einem Register führt, könnte die Beklagte sich nach dem Verzicht auf ihre nationalen Marken am 7. Juli 2005 im vorliegenden Verfahren darauf berufen, sie habe diese Marken rechtserhaltend benutzt.

33

6. Die Beantwortung der Vorlagefragen erübrigt sich nicht deshalb, weil die Klägerin den Klageanspruch verwirkt hat. Nach Auffassung des Senats kann sich die Beklagte nicht mit Erfolg auf eine Verwirkung berufen.

Koch     

        

     Schaffert     

        

Kirchhoff

        

RiBGH Dr. Löffler ist in
Urlaub und kann daher
nicht unterschreiben.

                          
        

Koch   

        

Schwonke     

        

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(1) Auf Antrag des Inhabers der Marke wird die Eintragung jederzeit für alle oder für einen Teil der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, im Register gelöscht. (2) Ist im Register eine Person als Inhaber eines Rechts an der Mark

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Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Okt. 2000 - I ZB 62/98

bei uns veröffentlicht am 19.10.2000

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I ZB 62/98 Verkündet am: 19. Oktober 2000 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Rechtsbeschwerdesache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

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(1) Die Eintragung einer Marke wird auf Antrag für verfallen erklärt und gelöscht, wenn die Marke nach dem Tag, ab dem kein Widerspruch mehr gegen sie möglich ist, innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren nicht gemäß § 26 benutzt worden ist. Der Verfall einer Marke kann jedoch nicht geltend gemacht werden, wenn nach Ende dieses Zeitraums und vor Stellung des Antrags auf Erklärung des Verfalls eine Benutzung der Marke gemäß § 26 begonnen oder wieder aufgenommen worden ist. Wird die Benutzung jedoch im Anschluß an einen ununterbrochenen Zeitraum von fünf Jahren der Nichtbenutzung innerhalb von drei Monaten vor der Stellung des Antrags auf Erklärung des Verfalls begonnen oder wieder aufgenommen, so bleibt sie unberücksichtigt, sofern die Vorbereitungen für die erstmalige oder die erneute Benutzung erst stattgefunden haben, nachdem der Inhaber der Marke Kenntnis davon erhalten hat, daß der Antrag auf Erklärung des Verfalls gestellt werden könnte. Wird der Antrag auf Erklärung des Verfalls nach § 53 Abs. 1 beim Deutschen Patent- und Markenamt gestellt, so bleibt für die Berechnung der Frist von drei Monaten nach Satz 3 der Antrag beim Deutschen Patent- und Markenamt maßgeblich, wenn die Klage auf Erklärung des Verfalls nach § 55 Abs. 1 innerhalb von drei Monaten nach Zustellung der Mitteilung nach § 53 Abs. 4 erhoben wird.

(2) Die Eintragung einer Marke wird ferner auf Antrag für verfallen erklärt und gelöscht,

1.
wenn die Marke infolge des Verhaltens oder der Untätigkeit ihres Inhabers im geschäftlichen Verkehr zur gebräuchlichen Bezeichnung der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, geworden ist;
2.
wenn die Marke infolge ihrer Benutzung durch den Inhaber oder mit seiner Zustimmung für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, geeignet ist, das Publikum insbesondere über die Art, die Beschaffenheit oder die geographische Herkunft dieser Waren oder Dienstleistungen zu täuschen oder
3.
wenn der Inhaber der Marke nicht mehr die in § 7 genannten Voraussetzungen erfüllt.

(3) Liegt ein Verfallsgrund nur für einen Teil der Waren oder Dienstleistungen vor, für die die Marke eingetragen ist, so wird die Eintragung nur für diese Waren oder Dienstleistungen für verfallen erklärt und gelöscht.

(1) Die Schutzdauer einer eingetragenen Marke beträgt zehn Jahre, gerechnet vom Tag der Anmeldung an (§ 33 Absatz 1).

(2) Die Eintragung der Marke wird auf Antrag des Markeninhabers oder einer durch Gesetz oder Vertrag hierzu ermächtigten Person um jeweils zehn Jahre verlängert, sofern die Verlängerungsgebühr entrichtet worden ist.

(3) Die Verlängerung der Schutzdauer kann auch dadurch bewirkt werden, dass die Verlängerungsgebühr und eine Klassengebühr für jede zu verlängernde Klasse ab der vierten Klasse der Klasseneinteilung der Waren und Dienstleistungen gezahlt wird. Der Erhalt der Zahlung gilt als Antrag des Markeninhabers oder einer ermächtigten Person nach Absatz 2.

(4) Beziehen sich die Gebühren nur auf einen Teil der Waren oder Dienstleistungen, für die die Marke eingetragen ist, so wird die Schutzdauer nur für diese Waren oder Dienstleistungen verlängert. Werden lediglich die erforderlichen Klassengebühren nicht gezahlt, so wird die Schutzdauer, soweit nicht Satz 1 Anwendung findet, nur für die Klassen verlängert, für die die gezahlten Gebühren ausreichen. Besteht eine Leitklasse, so wird sie vorrangig berücksichtigt. Im Übrigen werden die Klassen in der Reihenfolge der Klasseneinteilung berücksichtigt.

(5) Das Deutsche Patent- und Markenamt unterrichtet den Markeninhaber mindestens sechs Monate im Voraus über den Ablauf der Schutzdauer. Das Deutsche Patent- und Markenamt haftet nicht für eine unterbliebene Unterrichtung.

(6) Der Antrag auf Verlängerung soll innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten vor Ablauf der Schutzdauer eingereicht werden. Der Antrag kann noch innerhalb einer Nachfrist von sechs Monaten nach Ablauf der Schutzdauer eingereicht werden.

(7) Die Verlängerung der Schutzdauer wird am Tag nach dem Ablauf der vorausgehenden Schutzdauer wirksam. Sie wird in das Register eingetragen und veröffentlicht.

(8) Wird die Schutzdauer nicht verlängert, so wird die Eintragung der Marke mit Wirkung zum Ablauf der Schutzdauer gelöscht.

(1) Auf Antrag des Inhabers der Marke wird die Eintragung jederzeit für alle oder für einen Teil der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, im Register gelöscht.

(2) Ist im Register eine Person als Inhaber eines Rechts an der Marke eingetragen, so wird die Eintragung nur mit Zustimmung dieser Person gelöscht.

(1) Die Eintragung einer Marke wird auf Antrag für verfallen erklärt und gelöscht, wenn die Marke nach dem Tag, ab dem kein Widerspruch mehr gegen sie möglich ist, innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren nicht gemäß § 26 benutzt worden ist. Der Verfall einer Marke kann jedoch nicht geltend gemacht werden, wenn nach Ende dieses Zeitraums und vor Stellung des Antrags auf Erklärung des Verfalls eine Benutzung der Marke gemäß § 26 begonnen oder wieder aufgenommen worden ist. Wird die Benutzung jedoch im Anschluß an einen ununterbrochenen Zeitraum von fünf Jahren der Nichtbenutzung innerhalb von drei Monaten vor der Stellung des Antrags auf Erklärung des Verfalls begonnen oder wieder aufgenommen, so bleibt sie unberücksichtigt, sofern die Vorbereitungen für die erstmalige oder die erneute Benutzung erst stattgefunden haben, nachdem der Inhaber der Marke Kenntnis davon erhalten hat, daß der Antrag auf Erklärung des Verfalls gestellt werden könnte. Wird der Antrag auf Erklärung des Verfalls nach § 53 Abs. 1 beim Deutschen Patent- und Markenamt gestellt, so bleibt für die Berechnung der Frist von drei Monaten nach Satz 3 der Antrag beim Deutschen Patent- und Markenamt maßgeblich, wenn die Klage auf Erklärung des Verfalls nach § 55 Abs. 1 innerhalb von drei Monaten nach Zustellung der Mitteilung nach § 53 Abs. 4 erhoben wird.

(2) Die Eintragung einer Marke wird ferner auf Antrag für verfallen erklärt und gelöscht,

1.
wenn die Marke infolge des Verhaltens oder der Untätigkeit ihres Inhabers im geschäftlichen Verkehr zur gebräuchlichen Bezeichnung der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, geworden ist;
2.
wenn die Marke infolge ihrer Benutzung durch den Inhaber oder mit seiner Zustimmung für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, geeignet ist, das Publikum insbesondere über die Art, die Beschaffenheit oder die geographische Herkunft dieser Waren oder Dienstleistungen zu täuschen oder
3.
wenn der Inhaber der Marke nicht mehr die in § 7 genannten Voraussetzungen erfüllt.

(3) Liegt ein Verfallsgrund nur für einen Teil der Waren oder Dienstleistungen vor, für die die Marke eingetragen ist, so wird die Eintragung nur für diese Waren oder Dienstleistungen für verfallen erklärt und gelöscht.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 62/98 Verkündet am:
19. Oktober 2000
Führinger
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in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
EASYPRESS
Verzichtet der Markeninhaber während eines laufenden Löschungsverfahrens wegen
Nichtigkeit der Marke auf diese, wird das Löschungsverfahren durch das ex
nunc wirkende Erlöschen der Marke nicht in vollem Umfang in der Hauptsache erledigt.
Dem Antragsteller bleibt es in diesem Fall - sofern ihm ein besonderes Feststellungsinteresse
zur Seite steht - unbenommen, die Feststellung der Nichtigkeit
der Marke mit Wirkung ex tunc zu beantragen.
BGH, Beschl. v. 19. Oktober 2000 - I ZB 62/98 - Bundespatentgericht
betreffend die Marke Nr. 2 057 943
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Oktober 2000 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Starck, Prof. Dr. Bornkamm und
Dr. Schaffert

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß des 32. Senats (Marken-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 26. August 1998 aufgehoben. Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückverwiesen. Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000 DM festgesetzt.

Gründe:


I. In dem von der Antragstellerin gemäß §§ 50, 54 MarkenG angestrengten Löschungsverfahren bezüglich der Marke Nr. 2 057 943 "EASYPRESS", die für verschiedene Waren der Klasse 9 eingetragen war, blieb der Löschungsantrag vor dem Deutschen Patentamt ohne Erfolg. Hiergegen legte die Antragstellerin Beschwerde ein, über die am 10. Dezember 1997 vor dem Bundespatentgericht mündlich verhandelt wurde.
Am Ende dieser Verhandlung wurde der Beschluß verkündet, daß eine Entscheidung an Verkündungs Statt zugestellt werde, jedoch nicht vor dem 23. Dezember 1997. Nachdem die Beteiligten zuvor wegen der Prüfung von Vergleichsmöglichkeiten gebeten hatten, diesen Zeitpunkt noch hinauszuschieben , stellte die Markeninhaberin ihrerseits am 16. März 1998 Antrag auf Löschung ihrer Marke. Das wurde der Antragstellerin mit dem Bemerken mitgeteilt , daß sich das Beschwerdeverfahren dadurch erledigt habe. Die Antragstellerin hat beantragt, festzustellen, daß die Wirkungen der Eintragung der deutschen Marke Nr. 2 057 943 EASYPRESS als von Anfang an und bis zum Eingang des Löschungsantrags der Markeninhaberin vom 16. März 1998 nicht eingetreten gelten; hilfsweise hat sie die Zulassung der Rechtsbeschwerde angeregt. Die Markeninhaberin hat beantragt, den Feststellungsantrag zurückzuweisen. Das Bundespatentgericht hat ausgesprochen, daß die Beschwerde der Antragstellerin gegenstandslos ist (BPatG Mitt. 2000, 361). Mit ihrer hiergegen gerichteten (nicht zugelassenen) Rechtsbeschwerde beantragt die Antragstellerin, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückzuverweisen.
II. Das Bundespatentgericht hat angenommen, daß dem anhängigen Löschungsverfahren durch den Löschungsantrag der Markeninhaberin die Grundlage entzogen worden sei. Es hat dazu ausgeführt:
Folge des materiell-rechtlichen Verzichts der Markeninhaberin sei die unmittelbar eintretende Rechtswirkung des Untergangs der eingetragenen Marke gewesen. Der Löschung der Eintragung der Marke im Register komme nur noch eine deklaratorische Wirkung zu. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Umstand, daß die Antragstellerin nach Eingang der Verzichtserklärung den Feststellungsantrag gestellt habe. Da dieser Antrag erst nach Schließung der mündlichen Verhandlung und der darauf folgenden Verkündung des Beschlusses, daß eine Entscheidung an Verkündungs Statt zugestellt werden solle, gestellt worden sei, sei über ihn nicht mehr zu entscheiden. Bei aufgrund mündlicher Verhandlung ergehenden Entscheidungen sei den Beteiligten nachträglicher weiterer Sachvortrag verwehrt.
Gründe für eine Fortsetzung des Verfahrens durch Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung lägen nicht vor. Es sei weder nachträglich ein entscheidungserheblicher Verfahrensfehler festgestellt worden, noch fehle es an der vollständigen Erörterung der Sache. Auch in dem Feststellungsantrag seien keine Umstände zu erkennen, die eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung rechtfertigten. Mit ihm sei keine wesentliche neue Tatsache vorgetragen ; er stelle vielmehr lediglich ein anderes rechtliches Begehren dar als der ursprünglich auf Löschung der Marke gerichtete Beschwerdeantrag. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, um einer Partei Gelegenheit zu geben, neue Ansprüche zu erheben, komme nicht in Betracht.

III. Die zulässige Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung. 1. Die form- und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde ist auch ohne Zulassung durch das Bundespatentgericht im Streitfall statthaft. Hierfür genügt es, daß ein im Gesetz aufgeführter, die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde eröffnender Verfahrensmangel gerügt wird; darauf, ob die erhobenen Rügen durchgreifen, kommt es für die Frage der Statthaftigkeit nicht an (BGH, Beschl. v. 3.12.1998 - I ZB 14/98, GRUR 1999, 500, 501 = WRP 1999, 435 - DILZEM; v. 14.10.1999 - I ZB 15/97, GRUR 2000, 512, 513 = WRP 2000, 542 - COMPUTER ASSOCIATES, jeweils m.w.N.). Das ist hier der Fall, weil die Antragstellerin mit näherer Begründung beanstandet, daß ihr das rechtliche Gehör versagt worden (§ 83 Abs. 3 Nr. 3 MarkenG) und daß der angefochtene Beschluß nicht mit Gründen versehen sei (§ 83 Abs. 3 Nr. 6 MarkenG). 2. Die Rechtsbeschwerde ist in der Sache begründet, weil der geltend gemachte Verfahrensmangel der Versagung des rechtlichen Gehörs vorliegt und die angefochtene Entscheidung auch darauf beruht.
a) Die Vorschrift des Art. 103 Abs. 1 GG, die in § 78 Abs. 2 MarkenG für das Beschwerdeverfahren in Markensachen eine konkrete Ausgestaltung erfahren hat, gewährt den an einem gerichtlichen Verfahren formell oder materiell Beteiligten das Recht, sich zu den der gerichtlichen Entscheidung zugrunde liegenden Tatsachen und zur Rechtslage zu äußern. Das rechtliche Gehör vor Gericht umfaßt mithin nicht nur Stellungnahmen zum Sachverhalt, sondern auch Rechtsausführungen sowie das Recht, Anträge zu stellen (vgl. BGH
GRUR 2000, 512, 513 - COMPUTER ASSOCIATES). Dabei ist das rechtliche Gehör grundsätzlich in der Weise zu gewähren, die für das in Betracht kommende Verfahren vorgeschrieben ist (vgl. BGHZ 13, 265, 270). Im markenrechtlichen Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht ist zwar, wie sich aus § 69 MarkenG entnehmen läßt, eine mündliche Verhandlung nicht obligatorisch vorgeschrieben. Ist eine mündliche Verhandlung aber - wie im Streitfall wegen Sachdienlichkeit (§ 69 Nr. 3 MarkenG) - vom Bundespatentgericht angeordnet worden, so ist nach Abschluß der mündlichen Verhandlung aufgrund der in dieser erörterten Sach- und Rechtslage zu entscheiden. Diese Entscheidung darf, wie § 78 Abs. 2 MarkenG ausdrücklich vorschreibt, nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten. Die Endentscheidung kann anstelle der Verkündung auch, wie es im Streitfall vorgesehen worden war, zugestellt werden (§ 79 Abs. 1 Satz 3 MarkenG). Eine derartige Endentscheidung aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10. Dezember 1997 ist jedoch - entgegen dem im Anschluß an die mündliche Verhandlung verkündeten Beschluß - nicht ergangen. Das Bundespatentgericht hat vielmehr in einer neuen - nicht auf den Ergebnissen der mündlichen Verhandlung beruhenden - Sitzung im schriftlichen Verfahren durch den angefochtenen Beschluß entschieden. Es hat dabei den Löschungsantrag der Markeninhaberin vom 16. März 1998 berücksichtigt, sich aber gehindert gesehen, über den daraufhin geänderten Antrag der Antragstellerin zu befinden. Damit hat es den Anspruch der Antragstellerin auf rechtliches Gehör im Sinne der Konkretisierung in § 78 Abs. 2 MarkenG verletzt, weil es eine Tatsache seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat (Untergang der
Marke durch den im Löschungsantrag der Markeninhaberin liegenden materiell -rechtlichen Verzicht), zu der sich die Antragstellerin tatsächlich geäußert hatte - sie hatte in ihrem Schriftsatz vom 7. April 1998 im Hinblick auf die neue Tatsache einen anderen Antrag (Feststellungsantrag) gestellt und hierzu mit eingehenden Rechtsausführungen vorgetragen -, indem es diesen Antrag und den zugehörigen Sachvortrag, wie es im angefochtenen Beschluß ausdrücklich ausgeführt hat - und was einer überhaupt fehlenden Ä ußerungsmöglichkeit gleich zu erachten ist -, rechtsfehlerhaft unberücksichtigt gelassen hat. Das Bundespatentgericht war, nachdem es mündlich verhandelt hatte, gehalten, erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten (§ 76 Abs. 6 Satz 2 MarkenG), wenn es die nach Abschluß der mündlichen Verhandlung eingetretene Tatsache des Erlöschens der Marke durch den im Löschungsantrag liegenden Verzicht der Markeninhaberin auf ihre Marke berücksichtigen wollte (Althammer/Ströbele, Markengesetz, 6. Aufl., § 69 Rdn. 16; Ingerl /Rohnke, Markengesetz, § 69 Rdn. 6; vgl. BGH, Beschl. v. 16.10.1973 - X ZB 15/72, GRUR 1974, 294, 295 - Richterwechsel II, zu § 41h Abs. 3 PatG 1968, jetzt § 93 Abs. 3 PatG). Im schriftlichen Verfahren hätte es die in Rede stehende Tatsache nur berücksichtigen dürfen, wenn es - was im Streitfall nicht geschehen ist - im Einverständnis der Parteien wieder in das schriftliche Verfahren übergegangen wäre (Althammer/Ströbele aaO § 69 Rdn. 16; Ingerl/Rohnke aaO § 69 Rdn. 6).
b) Die angefochtene Entscheidung beruht auch auf der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (BGH, Beschl. v. 30.1.1997 - I ZB 3/95, GRUR 1997, 637, 638 f. = WRP 1997, 762 - Top Selection). Zwar hat das
Bundespatentgericht in einer Hilfserwägung zum Ausdruck gebracht, daß Bedenken gegen die Zulässigkeit des von der Antragstellerin gestellten Hilfsantrags bestünden. Dieser Auffassung kann jedoch nicht beigetreten werden. Allerdings ist, wie das Bundespatentgericht zutreffend ausgeführt hat, infolge des von der Antragsgegnerin ausgesprochenen Verzichts auf ihre Marke diese unmittelbar erloschen, ohne daß es hierfür noch einer Vollziehung im Register bedurfte (vgl. Begr. z. Reg.Entw. BT-Drucks. 12/6581, S. 96 = BlPMZ 1994, Sonderheft S. 88). Damit war jedoch - anders als es das Bundespatentgericht gesehen hat - dem Löschungsverfahren nicht von vornherein in vollem Umfang die Grundlage entzogen. Der ausgesprochene Verzicht hat zum Erlöschen des Rechts ex nunc geführt. Die von der Antragstellerin mit ihrem Löschungsantrag gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG angestrebte Löschung wegen Nichtigkeit sollte dagegen gemäß § 52 Abs. 2 MarkenG dazu führen, daß die Wirkungen der Eintragung der Marke im Umfang der Löschung als von Anfang an nicht eingetreten gelten. Bei seiner Annahme, das Löschungsverfahren gemäß § 54 Abs. 1, § 50 Abs. 1 MarkenG habe ausschließlich den Zweck der Löschung, der auch bei einem Verzicht, also der Vernichtung des Rechts ex nunc, erreicht sei, hat das Bundespatentgericht unbeachtet gelassen, daß die Anordnung der Löschung wegen Nichtigkeit nicht nur - wie es gemeint hat - inzidenter zur Feststellung der Nichtigkeit im Zeitpunkt der Eintragung führt, sondern daß kraft ausdrücklicher Bestimmung die gesetzlichen Wirkungen der Eintragung ex tunc als nicht eingetreten gelten (§ 52 Abs. 2 MarkenG). Hieraus ergibt sich zugleich, daß das markenrechtliche Löschungsverfahren in einem derartigen Fall - ebenso wie ein Patentnichtigkeits- oder Ein-
spruchsverfahren oder ein Gebrauchsmusterlöschungsverfahren (vgl. hierzu: Benkard/Rogge, Patentgesetz, 9. Aufl., § 81 Rdn. 29, § 15 GebrMG Rdn. 4; Bühring, Gebrauchsmustergesetz, 5. Aufl., § 15 Rdn. 32 ff; Schulte, Patentgesetz , 5. Aufl., § 59 Rdn. 18) nach Erlöschen des in Frage stehenden Schutzrechts - nicht ohne weiteres als in der Hauptsache erledigt angesehen werden kann. Bei einem derartigen Verfahrensstand ist vielmehr zu prüfen, ob der Löschungsantragsteller ein besonderes Rechtsschutzinteresse an der Feststellung der Nichtigkeit ex tunc hat - wie es im Streitfall die Antragstellerin geltend gemacht hat. Ist das der Fall, was das Bundespatentgericht im neu eröffneten Beschwerdeverfahren zu prüfen haben wird, ist die begehrte Feststellung nach allgemeinen Verfahrensgrundsätzen zu treffen. IV. Danach war der angefochtene Beschluß aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückzuverweisen. Erdmann v . Ungern-Sternberg Starck Bornkamm Schaffert

(1) Die Eintragung einer Marke wird auf Antrag für verfallen erklärt und gelöscht, wenn die Marke nach dem Tag, ab dem kein Widerspruch mehr gegen sie möglich ist, innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren nicht gemäß § 26 benutzt worden ist. Der Verfall einer Marke kann jedoch nicht geltend gemacht werden, wenn nach Ende dieses Zeitraums und vor Stellung des Antrags auf Erklärung des Verfalls eine Benutzung der Marke gemäß § 26 begonnen oder wieder aufgenommen worden ist. Wird die Benutzung jedoch im Anschluß an einen ununterbrochenen Zeitraum von fünf Jahren der Nichtbenutzung innerhalb von drei Monaten vor der Stellung des Antrags auf Erklärung des Verfalls begonnen oder wieder aufgenommen, so bleibt sie unberücksichtigt, sofern die Vorbereitungen für die erstmalige oder die erneute Benutzung erst stattgefunden haben, nachdem der Inhaber der Marke Kenntnis davon erhalten hat, daß der Antrag auf Erklärung des Verfalls gestellt werden könnte. Wird der Antrag auf Erklärung des Verfalls nach § 53 Abs. 1 beim Deutschen Patent- und Markenamt gestellt, so bleibt für die Berechnung der Frist von drei Monaten nach Satz 3 der Antrag beim Deutschen Patent- und Markenamt maßgeblich, wenn die Klage auf Erklärung des Verfalls nach § 55 Abs. 1 innerhalb von drei Monaten nach Zustellung der Mitteilung nach § 53 Abs. 4 erhoben wird.

(2) Die Eintragung einer Marke wird ferner auf Antrag für verfallen erklärt und gelöscht,

1.
wenn die Marke infolge des Verhaltens oder der Untätigkeit ihres Inhabers im geschäftlichen Verkehr zur gebräuchlichen Bezeichnung der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, geworden ist;
2.
wenn die Marke infolge ihrer Benutzung durch den Inhaber oder mit seiner Zustimmung für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, geeignet ist, das Publikum insbesondere über die Art, die Beschaffenheit oder die geographische Herkunft dieser Waren oder Dienstleistungen zu täuschen oder
3.
wenn der Inhaber der Marke nicht mehr die in § 7 genannten Voraussetzungen erfüllt.

(3) Liegt ein Verfallsgrund nur für einen Teil der Waren oder Dienstleistungen vor, für die die Marke eingetragen ist, so wird die Eintragung nur für diese Waren oder Dienstleistungen für verfallen erklärt und gelöscht.

(1) Die Eintragung einer Marke wird auf Antrag für nichtig erklärt und gelöscht, wenn sie entgegen §§ 3, 7 oder 8 eingetragen worden ist.

(2) Ist die Marke entgegen § 3, 7 oder 8 Absatz 2 Nummer 1 bis 13 eingetragen worden, so kann die Eintragung nur für nichtig erklärt und gelöscht werden, wenn das Schutzhindernis noch im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf Erklärung der Nichtigkeit besteht. § 8 Absatz 2 Nummer 1, 2 oder 3 findet im Nichtigkeitsverfahren keine Anwendung, wenn die Marke sich bis zu dem Antrag auf Erklärung der Nichtigkeit infolge ihrer Benutzung für die Waren und Dienstleistungen, für die sie eingetragen worden ist, in den beteiligten Verkehrskreisen durchgesetzt hat. Ist die Marke entgegen § 8 Absatz 2 Nummer 1, 2 oder 3 eingetragen worden, so kann die Eintragung nur dann gelöscht werden, wenn der Antrag auf Löschung innerhalb von zehn Jahren seit dem Tag der Eintragung gestellt wird.

(3) Die Eintragung einer Marke kann von Amts wegen für nichtig erklärt und gelöscht werden, wenn sie entgegen § 8 Abs. 2 Nummer 4 bis 14 eingetragen worden ist und

1.
das Nichtigkeitsverfahren innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren seit dem Tag der Eintragung eingeleitet wird,
2.
das Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nummer 4 bis 13 auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung über die Erklärung der Nichtigkeit besteht und
3.
die Eintragung ersichtlich entgegen den genannten Vorschriften vorgenommen worden ist.

(4) Liegt ein Nichtigkeitsgrund nur für einen Teil der Waren oder Dienstleistungen vor, für die die Marke eingetragen ist, so wird die Eintragung nur für diese Waren oder Dienstleistungen für nichtig erklärt und gelöscht.

(1) Die Eintragung einer Marke wird auf Klage gemäß § 55 oder Antrag gemäß § 53 für nichtig erklärt und gelöscht, wenn ihr ein Recht im Sinne der §§ 9 bis 13 mit älterem Zeitrang entgegensteht. Der Antrag auf Erklärung der Nichtigkeit kann auch auf mehrere ältere Rechte desselben Inhabers gestützt werden.

(2) Die Eintragung kann aufgrund der Eintragung einer Marke mit älterem Zeitrang nicht für nichtig erklärt und gelöscht werden, soweit der Inhaber der Marke mit älterem Zeitrang die Benutzung der Marke mit jüngerem Zeitrang für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, während eines Zeitraums von fünf aufeinanderfolgenden Jahren in Kenntnis dieser Benutzung geduldet hat, es sei denn, daß die Anmeldung der Marke mit jüngerem Zeitrang bösgläubig vorgenommen worden ist. Das gleiche gilt für den Inhaber eines Rechts mit älterem Zeitrang an einer durch Benutzung erworbenen Marke im Sinne des § 4 Nr. 2, an einer notorisch bekannten Marke im Sinne des § 4 Nr. 3, an einer geschäftlichen Bezeichnung im Sinne des § 5 oder an einer Sortenbezeichnung im Sinne des § 13 Abs. 2 Nr. 4. Die Eintragung einer Marke kann ferner nicht für nichtig erklärt und gelöscht werden, wenn der Inhaber eines der in den §§ 9 bis 13 genannten Rechte mit älterem Zeitrang der Eintragung der Marke vor der Stellung des Antrags auf Erklärung der Nichtigkeit zugestimmt hat.

(3) Die Eintragung kann aufgrund einer bekannten Marke oder einer bekannten geschäftlichen Bezeichnung mit älterem Zeitrang nicht für nichtig erklärt und gelöscht werden, wenn die Marke oder die geschäftliche Bezeichnung an dem für den Zeitrang der Eintragung der Marke mit jüngerem Zeitrang maßgeblichen Tag noch nicht im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 3, des § 14 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder des § 15 Abs. 3 bekannt war.

(4) Die Eintragung kann aufgrund der Eintragung einer Marke mit älterem Zeitrang nicht für nichtig erklärt und gelöscht werden, wenn die Eintragung der Marke mit älterem Zeitrang am Anmelde- oder Prioritätstag der Marke mit jüngerem Zeitrang aus folgenden Gründen hätte für verfallen oder nichtig erklärt und gelöscht werden können:

1.
Verfall nach § 49 oder
2.
absolute Schutzhindernisse nach § 50.
Für die Prüfung der Verwechslungsgefahr nach § 9 Absatz 1 Nummer 2 ist auf die Kennzeichnungskraft der älteren Marke am Anmelde- oder Prioritätstag der jüngeren Marke abzustellen.

(5) Liegt ein Nichtigkeitsgrund nur für einen Teil der Waren oder Dienstleistungen vor, für die die Marke eingetragen ist, so wird die Eintragung nur für diese Waren oder Dienstleistungen für nichtig erklärt und gelöscht.

(1) Die Eintragung einer Marke wird auf Antrag für verfallen erklärt und gelöscht, wenn die Marke nach dem Tag, ab dem kein Widerspruch mehr gegen sie möglich ist, innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren nicht gemäß § 26 benutzt worden ist. Der Verfall einer Marke kann jedoch nicht geltend gemacht werden, wenn nach Ende dieses Zeitraums und vor Stellung des Antrags auf Erklärung des Verfalls eine Benutzung der Marke gemäß § 26 begonnen oder wieder aufgenommen worden ist. Wird die Benutzung jedoch im Anschluß an einen ununterbrochenen Zeitraum von fünf Jahren der Nichtbenutzung innerhalb von drei Monaten vor der Stellung des Antrags auf Erklärung des Verfalls begonnen oder wieder aufgenommen, so bleibt sie unberücksichtigt, sofern die Vorbereitungen für die erstmalige oder die erneute Benutzung erst stattgefunden haben, nachdem der Inhaber der Marke Kenntnis davon erhalten hat, daß der Antrag auf Erklärung des Verfalls gestellt werden könnte. Wird der Antrag auf Erklärung des Verfalls nach § 53 Abs. 1 beim Deutschen Patent- und Markenamt gestellt, so bleibt für die Berechnung der Frist von drei Monaten nach Satz 3 der Antrag beim Deutschen Patent- und Markenamt maßgeblich, wenn die Klage auf Erklärung des Verfalls nach § 55 Abs. 1 innerhalb von drei Monaten nach Zustellung der Mitteilung nach § 53 Abs. 4 erhoben wird.

(2) Die Eintragung einer Marke wird ferner auf Antrag für verfallen erklärt und gelöscht,

1.
wenn die Marke infolge des Verhaltens oder der Untätigkeit ihres Inhabers im geschäftlichen Verkehr zur gebräuchlichen Bezeichnung der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, geworden ist;
2.
wenn die Marke infolge ihrer Benutzung durch den Inhaber oder mit seiner Zustimmung für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, geeignet ist, das Publikum insbesondere über die Art, die Beschaffenheit oder die geographische Herkunft dieser Waren oder Dienstleistungen zu täuschen oder
3.
wenn der Inhaber der Marke nicht mehr die in § 7 genannten Voraussetzungen erfüllt.

(3) Liegt ein Verfallsgrund nur für einen Teil der Waren oder Dienstleistungen vor, für die die Marke eingetragen ist, so wird die Eintragung nur für diese Waren oder Dienstleistungen für verfallen erklärt und gelöscht.