Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Juli 2011 - XII ZB 231/10
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die Rechtsbeschwerdeführer sind Gläubiger einer vollstreckbaren Forderung gegen die Betroffene, die unter einer psychischen Erkrankung leidet. Vollstreckungsversuche blieben erfolglos. Die Betroffene verweigerte die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung über ihr Vermögen (§ 807 ZPO) aus gesundheitlichen Gründen; einen Antrag auf Erlass des Haftbefehls zur Erzwingung der Abgabe derselben (§ 901 ZPO) wies das Landgericht durch Beschluss vom 18. Januar 2010 unter Hinweis auf den Gesundheitszustand der Betroffenen zurück.
- 2
- Am 8. Februar 2010 haben die Gläubiger die Einrichtung einer rechtlichen Betreuung für die Betroffene angeregt, um die Aufstellung eines Vermö- gensverzeichnisses durch den zu bestellenden Betreuer zu erreichen. Durch Beschluss vom 8. März 2010 hat das Amtsgericht die Einrichtung der Betreuung unter Hinweis auf die Stellungnahme der Betreuungsbehörde abgelehnt, mit der diese das Betreuungsbedürfnis verneint hat, weil die Betroffene bereits eine umfassende Vollmacht an ihren Ehemann im Jahre 2005 erteilt habe. Die hiergegen eingelegte Beschwerde der Gläubiger hat das Landgericht durch Beschluss vom 26. April 2011 mit der Begründung verworfen, dass diese durch die angefochtene Entscheidung nicht in eigenen Rechten beeinträchtigt würden (§ 59 Abs. 1 FamFG). Hiergegen haben die Gläubiger am 2. Juni 2010 Rechtsbeschwerde eingelegt.
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- Am 13. Oktober 2009 hat die Betroffene einen Antrag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens gestellt. Das Insolvenzgericht hat das Schuldenbereinigungsplanverfahren eingeleitet und von der Anordnung einstweiliger Sicherungsmaßnahmen (§§ 21, 306 Abs. 2 Satz 1 InsO) abgesehen. Mit Beschluss vom 28. April 2010 - rechtskräftig seit dem 18. Mai 2010 - hat das Insolvenzgericht die Annahme des Schuldenbereinigungsplans festgestellt (§ 308 Abs. 1 InsO).
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- Daraufhin haben die Gläubiger ihre Rechtsbeschwerde für erledigt erklärt und beantragen nunmehr, die Kosten des Verfahrens sowie ihre zur Durchführung des Verfahrens notwendigen Aufwendungen der Betroffenen aufzuerlegen.
II.
- 5
- 1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 70 Abs. 3 Nr. 1 FamFG zulassungsfrei statthaft, da es sich um einen Beschluss des Beschwerdegerichts in einer Betreuungssache zur Bestellung eines Betreuers handelt. Nicht erforderlich ist, dass sich die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss richtet, der die Betreuung anordnet (vgl. Bork/Jacoby/Schwab/Müther FamFG § 70 Rn. 25).
- 6
- 2. Das von den Beschwerdeführern angeregte Betreuungsverfahren ist in der Hauptsache erledigt. Erledigung tritt ein, wenn nach Einleitung des Verfahrens der Verfahrensgegenstand durch ein Ereignis, welches eine Veränderung der Sach- und Rechtslage herbeiführt, weggefallen ist. Dabei kommt es in Verfahren , die nicht zur Disposition der Beteiligten stehen, nicht auf deren Erledigungserklärungen , sondern allein auf die materielle Erledigung an (vgl. Keidel/ Zimmermann FamFG 16. Aufl. § 83 Rn. 11). Im vorliegenden Fall ist das Interesse der Gläubiger an einer Einzelzwangsvollstreckung - und somit ebenfalls das Bedürfnis an der Einrichtung einer Betreuung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung - durch das Zustandekommen des Schuldenbereinigungsplans erloschen und dadurch das Verfahren erledigt.
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- 3. Gemäß § 83 Abs. 1 iVm § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG kann das Gericht im Falle einer Erledigung der Hauptsache die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Von dieser Möglichkeit sieht der Senat im vorliegenden Fall jedoch ab. Zwar hat das Landgericht die Beschwerde der Gläubiger zu Unrecht verworfen. Denn nach der Rechtsprechung des Senats steht dem Kläger eines Zivilprozesses gegen eine Entscheidung, mit der das Betreuungsgericht die von ihm angeregte Bestellung eines Betreuers für den prozessunfähigen Beklagten ablehnt, die Beschwerde zu (Senatsbeschluss vom 19. Januar 2011 - XII ZB 326/10 - FamRZ 2011, 465). Gleiches muss auch für die Einrichtung der Betreuung zwecks Abgabe der eidesstattlichen Versicherung im Zwangsvollstreckungsverfahren gelten.
- 8
- Jedoch wäre dem Senat - das erledigende Ereignis hinweggedacht - eine abschließende Entscheidung verwehrt gewesen, so dass die Rechtsbeschwerde nur zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung an das Landgericht hätte führen können und der Ausgang in der Sachesomit ungewiss geblieben wäre. Diese Ausgangslage rechtfertigt es nicht, einem der Beteiligten die gesamten Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Vorinstanzen:
AG Offenbach am Main, Entscheidung vom 08.03.2010 - 14 XVII 175/10 -
LG Darmstadt, Entscheidung vom 26.04.2010 - 5 T 168/10 -
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Annotations
(1) Hat der Gläubiger die Vornahme der Pfändung beim Schuldner beantragt und
- 1.
hat der Schuldner die Durchsuchung (§ 758) verweigert oder - 2.
ergibt der Pfändungsversuch, dass eine Pfändung voraussichtlich nicht zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers führen wird,
(2) Der Schuldner kann einer sofortigen Abnahme widersprechen. In diesem Fall verfährt der Gerichtsvollzieher nach § 802f; der Setzung einer Zahlungsfrist bedarf es nicht.
(1) Verlangt eine natürliche Person von dem Kreditinstitut, dass ein von ihr dort geführtes Zahlungskonto, das einen negativen Saldo aufweist, als Pfändungsschutzkonto geführt wird, darf das Kreditinstitut ab dem Verlangen nicht mit seinen Forderungen gegen Forderungen des Kontoinhabers aufrechnen oder einen zugunsten des Kontoinhabers bestehenden Saldo mit einem zugunsten des Kreditinstituts bestehenden Saldo verrechnen, soweit die Gutschrift auf dem Zahlungskonto als Guthaben auf einem Pfändungsschutzkonto nicht von der Pfändung erfasst sein würde.
(2) Das Verbot der Aufrechnung und Verrechnung nach Absatz 1 gilt für ein Zahlungskonto, auf das sich eine Pfändung erstreckt, bereits ab dem Zeitpunkt der Kenntnis des Kreditinstituts von der Pfändung. Das Verbot der Aufrechnung oder Verrechnung entfällt jedoch, wenn der Schuldner nicht gemäß § 899 Absatz 1 Satz 2 verlangt, dass das Zahlungskonto als Pfändungsschutzkonto geführt wird.
(3) Gutschriften auf dem Zahlungskonto, die nach Absatz 1 oder 2 dem Verbot der Aufrechnung und Verrechnung unterliegen, sind als Guthaben auf das Pfändungsschutzkonto zu übertragen. Im Fall des Absatzes 2 erfolgt die Übertragung jedoch nur, wenn der Schuldner gemäß § 899 Absatz 1 Satz 2 verlangt, dass das Zahlungskonto als Pfändungsschutzkonto geführt wird.
(1) Die Beschwerde steht demjenigen zu, der durch den Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist.
(2) Wenn ein Beschluss nur auf Antrag erlassen werden kann und der Antrag zurückgewiesen worden ist, steht die Beschwerde nur dem Antragsteller zu.
(3) Die Beschwerdeberechtigung von Behörden bestimmt sich nach den besonderen Vorschriften dieses oder eines anderen Gesetzes.
(1) Das Insolvenzgericht hat alle Maßnahmen zu treffen, die erforderlich erscheinen, um bis zur Entscheidung über den Antrag eine den Gläubigern nachteilige Veränderung in der Vermögenslage des Schuldners zu verhüten. Gegen die Anordnung der Maßnahme steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.
(2) Das Gericht kann insbesondere
- 1.
einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellen, für den § 8 Absatz 3 und die §§ 56 bis 56b, 58 bis 66 und 269a entsprechend gelten; - 1a.
einen vorläufigen Gläubigerausschuss einsetzen, für den § 67 Absatz 2, 3 und die §§ 69 bis 73 entsprechend gelten; zu Mitgliedern des Gläubigerausschusses können auch Personen bestellt werden, die erst mit Eröffnung des Verfahrens Gläubiger werden; - 2.
dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegen oder anordnen, daß Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind; - 3.
Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner untersagen oder einstweilen einstellen, soweit nicht unbewegliche Gegenstände betroffen sind; - 4.
eine vorläufige Postsperre anordnen, für die die §§ 99, 101 Abs. 1 Satz 1 entsprechend gelten; - 5.
anordnen, dass Gegenstände, die im Falle der Eröffnung des Verfahrens von § 166 erfasst würden oder deren Aussonderung verlangt werden könnte, vom Gläubiger nicht verwertet oder eingezogen werden dürfen und dass solche Gegenstände zur Fortführung des Unternehmens des Schuldners eingesetzt werden können, soweit sie hierfür von erheblicher Bedeutung sind; § 169 Satz 2 und 3 gilt entsprechend; ein durch die Nutzung eingetretener Wertverlust ist durch laufende Zahlungen an den Gläubiger auszugleichen. Die Verpflichtung zu Ausgleichszahlungen besteht nur, soweit der durch die Nutzung entstehende Wertverlust die Sicherung des absonderungsberechtigten Gläubigers beeinträchtigt. Zieht der vorläufige Insolvenzverwalter eine zur Sicherung eines Anspruchs abgetretene Forderung anstelle des Gläubigers ein, so gelten die §§ 170, 171 entsprechend.
(3) Reichen andere Maßnahmen nicht aus, so kann das Gericht den Schuldner zwangsweise vorführen und nach Anhörung in Haft nehmen lassen. Ist der Schuldner keine natürliche Person, so gilt entsprechendes für seine organschaftlichen Vertreter. Für die Anordnung von Haft gilt § 98 Abs. 3 entsprechend.
(1) Das Verfahren über den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ruht bis zur Entscheidung über den Schuldenbereinigungsplan. Dieser Zeitraum soll drei Monate nicht überschreiten. Das Gericht ordnet nach Anhörung des Schuldners die Fortsetzung des Verfahrens über den Eröffnungsantrag an, wenn nach seiner freien Überzeugung der Schuldenbereinigungsplan voraussichtlich nicht angenommen wird.
(2) Absatz 1 steht der Anordnung von Sicherungsmaßnahmen nicht entgegen. Ruht das Verfahren, so hat der Schuldner in der für die Zustellung erforderlichen Zahl Abschriften des Schuldenbereinigungsplans und der Vermögensübersicht innerhalb von zwei Wochen nach Aufforderung durch das Gericht nachzureichen. § 305 Abs. 3 Satz 2 gilt entsprechend.
(3) Beantragt ein Gläubiger die Eröffnung des Verfahrens, so hat das Insolvenzgericht vor der Entscheidung über die Eröffnung dem Schuldner Gelegenheit zu geben, ebenfalls einen Antrag zu stellen. Stellt der Schuldner einen Antrag, so gilt Absatz 1 auch für den Antrag des Gläubigers. In diesem Fall hat der Schuldner zunächst eine außergerichtliche Einigung nach § 305 Abs. 1 Nr. 1 zu versuchen.
(1) Hat kein Gläubiger Einwendungen gegen den Schuldenbereinigungsplan erhoben oder wird die Zustimmung nach § 309 ersetzt, so gilt der Schuldenbereinigungsplan als angenommen; das Insolvenzgericht stellt dies durch Beschluß fest. Der Schuldenbereinigungsplan hat die Wirkung eines Vergleichs im Sinne des § 794 Abs. 1 Nr. 1 der Zivilprozeßordnung. Den Gläubigern und dem Schuldner ist eine Ausfertigung des Schuldenbereinigungsplans und des Beschlusses nach Satz 1 zuzustellen.
(2) Die Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und auf Erteilung von Restschuldbefreiung gelten als zurückgenommen.
(3) Soweit Forderungen in dem Verzeichnis des Schuldners nicht enthalten sind und auch nicht nachträglich bei dem Zustandekommen des Schuldenbereinigungsplans berücksichtigt worden sind, können die Gläubiger von dem Schuldner Erfüllung verlangen. Dies gilt nicht, soweit ein Gläubiger die Angaben über seine Forderung in dem beim Insolvenzgericht zur Einsicht niedergelegten Forderungsverzeichnis nicht innerhalb der gesetzten Frist ergänzt hat, obwohl ihm der Schuldenbereinigungsplan übersandt wurde und die Forderung vor dem Ablauf der Frist entstanden war; insoweit erlischt die Forderung.
(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in
- 1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts, - 2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie - 3.
Freiheitsentziehungssachen.
(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.
(1) Wird das Verfahren durch Vergleich erledigt und haben die Beteiligten keine Bestimmung über die Kosten getroffen, fallen die Gerichtskosten jedem Teil zu gleichen Teilen zur Last. Die außergerichtlichen Kosten trägt jeder Beteiligte selbst.
(2) Ist das Verfahren auf sonstige Weise erledigt oder wird der Antrag zurückgenommen, gilt § 81 entsprechend.
(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.
(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn
- 1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat; - 2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste; - 3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat; - 4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat; - 5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.
(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.
(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.
(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.