Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Apr. 2005 - XII ZB 112/02
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
Die Parteien haben am 2. März 1967 geheiratet. Der Scheidungsantrag des Ehemannes (Antragsteller; geboren am 6. Februar 1945) ist der Ehefrau (Antragsgegnerin; geboren am 8. August 1946) am 12. Januar 2001 zugestellt worden. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat durch Verbundurteil die Ehe geschieden (insoweit rechtskräftig) und den Versorgungsausgleich dahin geregelt , daß es im Wege des Quasisplittings nach § 1587 b Abs. 2 BGB zu Lasten der Versorgung des Antragstellers bei der Versorgungsanstalt des Bundes und
der Länder (VBL; weitere Beteiligte zu 4) auf dem Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der Landesversicherungsanstalt Hannover (LVA; weitere Beteiligte zu 3) Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 29,39 €, bezogen auf den 31. Dezember 2000, begründet hat. Darüber hinaus hat es ebenfalls im Wege des Quasisplittings nach § 1587 b Abs. 2 BGB zu Lasten der Versorgung des Antragstellers bei der Bundesagentur für Arbeit (BA; weitere Beteiligte zu 1) auf dem Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der LVA Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 796,17 €, bezogen auf den 31. Dezember 2000, begründet. Auf die hiergegen gerichteten Beschwerden der BA und der VBL hat das Oberlandesgericht die Entscheidung dahingehend abgeändert, daß es - jeweils bezogen auf den 31. Dezember 2000 - im Wege des Splittings nach § 1587 b Abs. 1 BGB vom Versicherungskonto des Antragstellers bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA; weitere Beteiligte zu 2) auf das Konto der Antragsgegnerin bei der LVA Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 136,08 € übertragen hat. Weiter hat es im Wege des Quasisplittings nach § 1587 b Abs. 2 BGB zu Lasten der Versorgungsanwartschaften des Antragstellers bei der BA auf dem Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der LVA Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 619,20 € begründet. Schließlich hat es im Wege des analogen Quasisplittings nach § 1 Abs. 3 VAHRG zu Lasten der Versorgung des Antragstellers bei der VBL auf dem Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der LVA Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 24,49 € begründet. Dabei ist das Oberlandesgericht nach den Auskünften der weiteren Beteiligten zu 1 bis 4 von ehezeitlichen (1. März 1967 bis 31. Dezember 2000; § 1587 Abs. 2 BGB) Anwartschaften des Antragstellers bei der BA unter Berücksichtigung der Absenkung des Höchstruhegehaltssatzes nach § 14 Abs. 1
Satz 1 BeamtVG in der Fassung des Art. 1 Nr. 11 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 in Höhe von monatlich 1.238,40 € und bei der BfA in Höhe von monatlich 511,81 €, bezogen auf den 31. Dezember 2000, sowie der Antragsgegnerin bei der LVA in Höhe von monatlich 239,65 €, ebenfalls bezogen auf den 31. Dezember 2000, ausgegangen. Die für den Antragsteller bei der VBL bestehenden Anwartschaften hat das Oberlandesgericht als nicht volldynamisch bewertet und nach Dynamisierung anhand der Barwert-Verordnung für den Antragsteller monatlich 48,97 € dem Versorgungsausgleich zugrunde gelegt. Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der BA, mit der sie u.a. weiterhin geltend macht, das Oberlandesgericht habe die Neuregelungen des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 fehlerhaft auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs angewandt. Die Parteien, die BfA, die LVA und die VBL haben sich im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht geäußert.
II.
Die nach §§ 629 a Abs. 2 Satz 1, 621 e Abs. 2 Satz 1 1. Halbs. Nr. 1, 2. Halbs. in Verbindung mit § 543 Abs. 2 ZPO zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht. 1. Allerdings ist es entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden, daß der Versorgungsausgleich auf der Grundlage des § 14 BeamtVG in der Fassung des Art. 1 Nr. 11 des Versor-gungsänderungsgesetzes 2001 vom 20. Dezember 2001 durchgeführt worden ist. Der Senat hat zwischenzeitlich entschieden, daß für die Berechnung des Versorgungsausgleichs bei beamtenrechtlichen Versorgungsanrechten im Hinblick auf den Halbteilungsgrundsatz seit dem 1. Januar 2003 uneingeschränkt der Höchstruhegehaltssatz von 71,75 % gemäß § 14 BeamtVG in der Fassung des Art. 1 Nr. 11 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I, 3926) maßgeblich ist, da diese Fassung nach Art. 20 Abs. 2 Nr. 1 des Versorgungsänderungsgesetzes zum 1. Januar 2003 in Kraft getreten ist. Dabei kommt es weder darauf an, ob das Ehezeitende vor oder in der Übergangsphase nach § 69 e BeamtVG liegt, noch ob der Versorgungsfall in oder erst nach der Übergangsphase eintreten wird (vgl. Senatsbeschlüsse vom 26. November 2003 - XII ZB 75/02 und XII ZB 30/03 - FamRZ 2004, 256 ff. bzw. 259 ff.). Wie der Senat weiter ausgeführt hat, fällt - wenn der Versorgungsfall während der Übergangsphase nach § 69 e BeamtVG eintritt - der degressive Versorgungsbestandteil nach § 69 e BeamtVG (sog. Abflachungsbetrag) nicht unter den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich. Ob der Abflachungsbetrag ggf. später im schuldrechtlichen Versorgungsausgleich auszugleichen sein wird, bleibt einer weiteren Prüfung vorbehalten, sofern die Voraussetzungen für einen schuldrechtlichen Versorgungsausgleich gegeben sein sollten (vgl. Senatsbeschluß vom 26. November 2003 - XII ZB 30/03 - aaO 261). Daß der Antragsteller vorliegend nach dem Vorbringen der Rechtsbeschwerdeführerin im Februar 2005 und damit vor dem bisher angenommenen Ende der Übergangsphase nach § 69 e BeamtVG pensioniert wurde, gebietet keine andere Bewertung.
Zwar unterliegen die Rentenanwartschaften, die für die Antragsgegnerin durch das Quasisplitting - aufgrund des herabgesetzten Höchstversorgungssatzes von 71,75 % - begründet werden, wie alle Anwartschaften der Antragsgegnerin in der gesetzlichen Rentenversicherung für die Zeit vom 1. Juli 2001 bis zum 1. Juli 2010 zusätzlich der Niveauabsenkung nach § 255 e SGB VI. Dies ist indessen durch die unterschiedlichen Niveauabsenkungsregelungen in der gesetzlichen Rentenversicherung einerseits und der Beamtenversorgung andererseits systemimmanent und kann nicht dadurch korrigiert werden, daß dem Antragsteller unter Verstoß gegen den Halbteilungsgrundsatz mehr als die Hälfte seiner ihm tatsächlich zustehenden ehezeitbezogenen Versorgungsanwartschaften genommen wird. Sollten wegen der systembedingten Unterschiede im Ergebnis Korrekturen erforderlich werden - was im Hinblick auf die gegenwärtigen renten- und pensionsrechtlichen Unsicherheiten nicht abschließend beurteilt werden kann -, müssen diese gegebenenfalls der Abänderung nach § 10 a Abs. 1 Nr. 1 VAHRG vorbehalten bleiben. 2. Soweit die Beschwerdeführerin darüber hinaus hinsichtlich der Sonderzuwendung den Bemessungsfaktor zum Ehezeitende von 89,79 % herangezogen wissen will, kann dem nicht gefolgt werden. Der Senat hat bereits mehrfach entschieden, daß insoweit jeweils der zur Zeit der Entscheidung geltende Bemessungsfaktor anzuwenden ist (vgl. etwa Senatsbeschluß vom 4. September 2002 - XII ZB 130/98 - FamRZ 2003, 437 ff. m.w.N.). Damit ergibt sich hinsichtlich der Anwartschaften des Antragstellers rechnerisch eine Abänderung durch die nunmehr erforderliche Anwendung des Bemessungsfaktors von 5 % monatlich nach § 2 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3 des Bundessonderzahlungsgesetzes (BSZG) in der seit dem 1. Januar 2005 geltenden Fassung (Bekanntmachung der Neufassung des Bundessonderzahlungsgesetzes vom 28. Februar 2005 - BGBl. I, 464, 465).
3. Indessen hat das Oberlandesgericht die für den Antragsteller bei der VBL bestehenden Anwartschaften (wohl) als insgesamt statisch beurteilt. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der Senat hat zwischenzeitlich entschieden, daß die Versorgungsanrechte aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes bei der VBL nach der Neufassung der Satzung zum 1. Januar 2002 als im Anwartschaftsstadium statisch und im Leistungsstadium dynamisch zu bewerten sind (vgl. Senatsbeschluß vom 7. Juli 2004 - XII ZB 277/03 - FamRZ 2004, 1474). 4. Danach kann die Entscheidung nicht bestehen bleiben. Der Senat hält es für angebracht, in der Sache nicht selbst zu entscheiden, um dem Oberlandesgericht durch die Zurückverweisung zugleich Gelegenheit zu geben, der zwischenzeitlichen Pensionierung des Antragstellers Rechnung zu tragen.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose
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Nach Maßgabe des Versorgungsausgleichsgesetzes findet zwischen den geschiedenen Ehegatten ein Ausgleich von im In- oder Ausland bestehenden Anrechten statt, insbesondere aus der gesetzlichen Rentenversicherung, aus anderen Regelsicherungssystemen wie der Beamtenversorgung oder der berufsständischen Versorgung, aus der betrieblichen Altersversorgung oder aus der privaten Alters- und Invaliditätsvorsorge.
(1) Das Ruhegehalt beträgt für jedes Jahr ruhegehaltfähiger Dienstzeit 1,79375 Prozent, insgesamt jedoch höchstens 71,75 Prozent, der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge. Bei der Berechnung der Jahre ruhegehaltfähiger Dienstzeit werden unvollständige Jahre als Dezimalzahl angegeben. Dabei wird ein Jahr mit 365 Tagen angesetzt und wird das Ergebnis kaufmännisch auf zwei Dezimalstellen gerundet. Der Ruhegehaltssatz wird ebenfalls kaufmännisch auf zwei Dezimalstellen gerundet.
(2) (weggefallen)
(3) Das Ruhegehalt vermindert sich um 3,6 Prozent für jedes Jahr, um das der Beamte
- 1.
vor Ablauf des Monats, in dem er das 65. Lebensjahr vollendet, nach § 52 Abs. 1 und 2 des Bundesbeamtengesetzes in den Ruhestand versetzt wird, - 2.
vor Ablauf des Monats, in dem er die für ihn geltende gesetzliche Altersgrenze erreicht, nach § 52 Abs. 3 des Bundesbeamtengesetzes in den Ruhestand versetzt wird, - 3.
vor Ablauf des Monats, in dem er das 65. Lebensjahr vollendet, wegen Dienstunfähigkeit, die nicht auf einem Dienstunfall beruht, in den Ruhestand versetzt wird;
(4) Das Ruhegehalt beträgt mindestens fünfunddreißig Prozent der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge (§ 5). An die Stelle des Ruhegehalts nach Satz 1 treten, wenn dies günstiger ist, fünfundsechzig Prozent der jeweils ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der Besoldungsgruppe A 4. Die Mindestversorgung nach Satz 2 erhöht sich um 30,68 Euro für den Ruhestandsbeamten und die Witwe; der Erhöhungsbetrag bleibt bei einer Kürzung nach § 25 außer Betracht. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn der Beamte eine ruhegehaltfähige Dienstzeit nach den §§ 6, 6a, 8 bis 10 und 67 von weniger als fünf Jahren zurückgelegt hat oder das erdiente Ruhegehalt allein wegen fehlender Berücksichtigung von Zeiten nach § 6a als ruhegehaltfähig hinter der Mindestversorgung nach den Sätzen 1 bis 3 zurückbleibt. Satz 4 gilt nicht, wenn in Fällen des § 4 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 der Beamte wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt worden ist.
(5) Übersteigt beim Zusammentreffen von Mindestversorgung nach Absatz 4 mit einer Rente nach Anwendung des § 55 die Versorgung das erdiente Ruhegehalt, so ruht die Versorgung bis zur Höhe des Unterschieds zwischen dem erdienten Ruhegehalt und der Mindestversorgung; in den von § 85 erfassten Fällen gilt das nach dieser Vorschrift maßgebliche Ruhegehalt als erdient. Der Erhöhungsbetrag nach Absatz 4 Satz 3 sowie der Unterschiedsbetrag nach § 50 Abs. 1 bleiben bei der Berechnung außer Betracht. Die Summe aus Versorgung und Rente darf nicht hinter dem Betrag der Mindestversorgung zuzüglich des Unterschiedsbetrages nach § 50 Abs. 1 zurückbleiben. Zahlbar bleibt mindestens das erdiente Ruhegehalt zuzüglich des Unterschiedsbetrages nach § 50 Abs. 1. Die Sätze 1 bis 4 gelten entsprechend für Witwen und Waisen.
(6) Bei einem in den einstweiligen Ruhestand versetzten Beamten beträgt das Ruhegehalt für die Dauer der Zeit, die der Beamte das Amt, aus dem er in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden ist, innehatte, mindestens für die Dauer von sechs Monaten, längstens für die Dauer von drei Jahren, 71,75 Prozent der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der Besoldungsgruppe, in der sich der Beamte zur Zeit seiner Versetzung in den einstweiligen Ruhestand befunden hat. Das erhöhte Ruhegehalt darf die Dienstbezüge, die dem Beamten in diesem Zeitpunkt zustanden, nicht übersteigen; das nach sonstigen Vorschriften ermittelte Ruhegehalt darf nicht unterschritten werden.