Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Jan. 2009 - XI ZB 28/08

published on 27/01/2009 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Jan. 2009 - XI ZB 28/08
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Previous court decisions
Landgericht Memmingen, 1 HO 2515/02, 19/05/2004
Oberlandesgericht München, 14 U 532/04, 05/04/2005

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZB 28/08
vom
27. Januar 2009
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Januar 2009 durch
den Richter Dr. Joeres als Vorsitzenden, die Richterin Mayen und die
Richter Dr. Ellenberger, Maihold und Dr. Matthias

beschlossen:
Die von dem Beklagten erklärte Aufnahme des durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen unterbrochenen Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf dessen Kosten zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 370.285,10 €.

Gründe:


I.

1
Der Beklagte begehrt die Fortsetzung eines unterbrochenen Rechtsbeschwerdeverfahrens.
2
Das Landgericht hat ihn durch Wechselvorbehaltsurteil zur Zahlung von 370.285,10 € nebst Zinsen verurteilt. Das Berufungsgericht hat seine Berufung verworfen und seinen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist zurückgewiesen. Nachdem der Beklagte hiergegen Rechtsbeschwerde eingelegt hat, ist über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden.
3
Der Beklagte hat seinen Beitritt als Nebenintervenient des Insolvenzverwalters und für diesen die Aufnahme des Verfahrens erklärt.

II.

4
Der Antrag des Beklagten, das Verfahren fortzusetzen, ist zurückzuweisen , da dieser als Insolvenzschuldner nicht zu dem in § 179 InsO genannten Personenkreis gehört, der das nach § 240 ZPO unterbrochene Verfahren aufnehmen kann.
5
1. Ein durch Insolvenzeröffnung unterbrochener Rechtsstreit ist nach den Regeln der Insolvenzordnung aufzunehmen (§ 240 Satz 1 ZPO). Betrifft der Rechtsstreit eine Insolvenzforderung und ist über diese bereits eine vorläufig vollstreckbare Entscheidung ergangen, dann setzt die Fortsetzung des Rechtsstreits die Anmeldung der Forderung zur In- solvenztabelle (§§ 174 ff. InsO), einen Widerspruch des Insolvenzverwalters oder eines Insolvenzgläubigers (§ 179 Abs. 1 ZPO) sowie die Aufnahmeerklärung des Widersprechenden voraus (§ 179 Abs. 2 InsO). Hat der Schuldner im Prüfungstermin widersprochen, so kann nach § 184 Abs. 1 Satz 2 InsO der Gläubiger den Rechtsstreit gegen den Schuldner aufnehmen. Eine Befugnis des Schuldners, den Rechtsstreit aus eigenem Recht fortzusetzen, besteht auch dann nicht, wenn nur er der Forderung im Prüfungstermin widersprochen hat (BGH, Beschluss vom 27. Oktober 2003 - II ZA 9/02, WM 2003, 2429; HK-ZPO/Wöstmann, 2. Aufl. § 240 Rdn. 8; MKZPO/Gehrlein, 3. Aufl., § 240 Rdn. 33; MünchKommInsO/Schumacher, 1. Aufl. § 184 Rdn. 5, 8; Stein/Jonas/ Roth, ZPO 22. Aufl. § 240 Rdn. 26).
6
2. Die erforderliche Aufnahme des Verfahrens durch Insolvenzverwalter oder Gläubiger kann der Schuldner nicht dadurch umgehen, dass er dem den Rechtsstreit nicht aufnehmenden Insolvenzverwalter beitritt und für diesen die Fortsetzung des Verfahrens begehrt. Einer Nebenintervention fehlt die verfahrensrechtliche Grundlage, da der Insolvenzverwalter erst durch den mit Aufnahme des Verfahrens eintretenden gesetzlichen Parteiwechsel Partei des Rechtsstreits wird (Stein/Jonas/ Roth, ZPO 22. Aufl. § 240 Rdn. 1) und ihm damit auch erst ab diesem Zeitpunkt zur Unterstützung beigetreten werden kann (§ 66 Abs. 1 ZPO). Vor Aufnahme des Verfahrens durch einen dazu Berechtigten kann somit der Schuldner eine Fortsetzung des Prozesses nicht erzwingen. Auf die vom Beklagten angeschnittene allgemeine Frage, ob ein Insolvenzschuldner grundsätzlich dem Insolvenzverwalter in einem aufgenommenen Rechtsstreit beitreten kann (siehe MünchKommInsO/Schumacher, 2. Aufl. § 179 InsO Rdn. 20, 42 und Kübler/Prütting/Pape, 30. Lieferung 2007 § 179 InsO Rdn. 12), kommt es folglich im konkreten Verfahren nicht an.
7
3. Auf § 184 Abs. 2 InsO in der Fassung vom 13. April 2007, der eine Befugnis des Schuldners zur Verfolgung eines Widerspruchs gegen die angemeldete Forderung vorsieht, kann sich der Beklagte nicht stützen, da diese Neuregelung nach Art. 103c Abs. 1 Satz 1 EGInsO nicht für Insolvenzverfahren gilt, die vor dem 1. Juli 2007 eröffnet worden sind (vgl. Kübler/Prütting/Pape, 30. Lieferung 2007 § 184 InsO Rdn. 33).
8
Da der Rechtsstreit bislang nicht wirksam aufgenommen worden ist, dauert die Unterbrechung nach § 240 ZPO fort. Der Antrag des Beklagten auf Fortsetzung des Verfahrens war durch Zwischenentscheidung zurückzuweisen.
Joeres Mayen Ellenberger
Maihold Matthias
Vorinstanzen:
LG Memmingen, Entscheidung vom 19.05.2004 - 1 HO 2515/02 -
OLG München in Augsburg, Entscheidung vom 05.04.2005 - 14 U 532/04 -
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

8 Referenzen - Gesetze

moreResultsText

{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfa

(1) Ist eine Forderung vom Insolvenzverwalter oder von einem Insolvenzgläubiger bestritten worden, so bleibt es dem Gläubiger überlassen, die Feststellung gegen den Bestreitenden zu betreiben. (2) Liegt für eine solche Forderung ein vollstreckbar
2 Referenzen - Urteile
{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 27/10/2003 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS II ZA 9/02 vom 27. Oktober 2003 in Sachen Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 240 Ein Insolvenzverwalter kann nicht einen gemäß § 240 ZPO unterbrochenen Passivprozeß über eine Insolvenzforderung zur Aufnah
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.
published on 11/02/2010 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES ZWISCHENURTEIL VII ZR 225/07 Verkündet am: 11. Februar 2010 Boppel, Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: n
{{count_recursive}} Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren {{Doctitle}}.

Annotations

(1) Ist eine Forderung vom Insolvenzverwalter oder von einem Insolvenzgläubiger bestritten worden, so bleibt es dem Gläubiger überlassen, die Feststellung gegen den Bestreitenden zu betreiben.

(2) Liegt für eine solche Forderung ein vollstreckbarer Schuldtitel oder ein Endurteil vor, so obliegt es dem Bestreitenden, den Widerspruch zu verfolgen.

(3) Das Insolvenzgericht erteilt dem Gläubiger, dessen Forderung bestritten worden ist, einen beglaubigten Auszug aus der Tabelle. Im Falle des Absatzes 2 erhält auch der Bestreitende einen solchen Auszug. Die Gläubiger, deren Forderungen festgestellt worden sind, werden nicht benachrichtigt; hierauf sollen die Gläubiger vor dem Prüfungstermin hingewiesen werden.

Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Entsprechendes gilt, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht.

Wird die Annahme des zuzustellenden Schriftstücks unberechtigt verweigert, so ist das Schriftstück in der Wohnung oder in dem Geschäftsraum zurückzulassen. Hat der Zustellungsadressat keine Wohnung oder ist kein Geschäftsraum vorhanden, ist das zuzustellende Schriftstück zurückzusenden. Mit der Annahmeverweigerung gilt das Schriftstück als zugestellt.

(1) Ist eine Forderung vom Insolvenzverwalter oder von einem Insolvenzgläubiger bestritten worden, so bleibt es dem Gläubiger überlassen, die Feststellung gegen den Bestreitenden zu betreiben.

(2) Liegt für eine solche Forderung ein vollstreckbarer Schuldtitel oder ein Endurteil vor, so obliegt es dem Bestreitenden, den Widerspruch zu verfolgen.

(3) Das Insolvenzgericht erteilt dem Gläubiger, dessen Forderung bestritten worden ist, einen beglaubigten Auszug aus der Tabelle. Im Falle des Absatzes 2 erhält auch der Bestreitende einen solchen Auszug. Die Gläubiger, deren Forderungen festgestellt worden sind, werden nicht benachrichtigt; hierauf sollen die Gläubiger vor dem Prüfungstermin hingewiesen werden.

(1) Hat der Schuldner im Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren (§ 177) eine Forderung bestritten, so kann der Gläubiger Klage auf Feststellung der Forderung gegen den Schuldner erheben. War zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Rechtsstreit über die Forderung anhängig, so kann der Gläubiger diesen Rechtsstreit gegen den Schuldner aufnehmen.

(2) Liegt für eine solche Forderung ein vollstreckbarer Schuldtitel oder ein Endurteil vor, so obliegt es dem Schuldner binnen einer Frist von einem Monat, die mit dem Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren mit dem Bestreiten der Forderung beginnt, den Widerspruch zu verfolgen. Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist gilt ein Widerspruch als nicht erhoben. Das Insolvenzgericht erteilt dem Schuldner und dem Gläubiger, dessen Forderung bestritten worden ist, einen beglaubigten Auszug aus der Tabelle und weist den Schuldner auf die Folgen einer Fristversäumung hin. Der Schuldner hat dem Gericht die Verfolgung des Anspruchs nachzuweisen.

(1) Wer ein rechtliches Interesse daran hat, dass in einem zwischen anderen Personen anhängigen Rechtsstreit die eine Partei obsiege, kann dieser Partei zum Zwecke ihrer Unterstützung beitreten.

(2) Die Nebenintervention kann in jeder Lage des Rechtsstreits bis zur rechtskräftigen Entscheidung, auch in Verbindung mit der Einlegung eines Rechtsmittels, erfolgen.

(1) Ist eine Forderung vom Insolvenzverwalter oder von einem Insolvenzgläubiger bestritten worden, so bleibt es dem Gläubiger überlassen, die Feststellung gegen den Bestreitenden zu betreiben.

(2) Liegt für eine solche Forderung ein vollstreckbarer Schuldtitel oder ein Endurteil vor, so obliegt es dem Bestreitenden, den Widerspruch zu verfolgen.

(3) Das Insolvenzgericht erteilt dem Gläubiger, dessen Forderung bestritten worden ist, einen beglaubigten Auszug aus der Tabelle. Im Falle des Absatzes 2 erhält auch der Bestreitende einen solchen Auszug. Die Gläubiger, deren Forderungen festgestellt worden sind, werden nicht benachrichtigt; hierauf sollen die Gläubiger vor dem Prüfungstermin hingewiesen werden.

(1) Hat der Schuldner im Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren (§ 177) eine Forderung bestritten, so kann der Gläubiger Klage auf Feststellung der Forderung gegen den Schuldner erheben. War zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Rechtsstreit über die Forderung anhängig, so kann der Gläubiger diesen Rechtsstreit gegen den Schuldner aufnehmen.

(2) Liegt für eine solche Forderung ein vollstreckbarer Schuldtitel oder ein Endurteil vor, so obliegt es dem Schuldner binnen einer Frist von einem Monat, die mit dem Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren mit dem Bestreiten der Forderung beginnt, den Widerspruch zu verfolgen. Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist gilt ein Widerspruch als nicht erhoben. Das Insolvenzgericht erteilt dem Schuldner und dem Gläubiger, dessen Forderung bestritten worden ist, einen beglaubigten Auszug aus der Tabelle und weist den Schuldner auf die Folgen einer Fristversäumung hin. Der Schuldner hat dem Gericht die Verfolgung des Anspruchs nachzuweisen.

(1) Auf Insolvenzverfahren, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Vereinfachung des Insolvenzverfahrens vom 13. April 2007 (BGBl. I S. 509) am 1. Juli 2007 eröffnet worden sind, sind mit Ausnahme der §§ 8 und 9 der Insolvenzordnung und der Verordnung zu öffentlichen Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren im Internet die bis dahin geltenden gesetzlichen Vorschriften weiter anzuwenden. In solchen Insolvenzverfahren erfolgen alle durch das Gericht vorzunehmenden öffentlichen Bekanntmachungen unbeschadet von Absatz 2 nur nach Maßgabe des § 9 der Insolvenzordnung. § 188 Satz 3 der Insolvenzordnung ist auch auf Insolvenzverfahren anzuwenden, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts vom 12. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2840) am 18. Dezember 2007 eröffnet worden sind.

(2) Die öffentliche Bekanntmachung kann bis zum 31. Dezember 2008 zusätzlich zu der elektronischen Bekanntmachung nach § 9 Abs. 1 Satz 1 der Insolvenzordnung in einem am Wohnort oder Sitz des Schuldners periodisch erscheinenden Blatt erfolgen; die Veröffentlichung kann auszugsweise geschehen. Für den Eintritt der Wirkungen der Bekanntmachung ist ausschließlich die Bekanntmachung im Internet nach § 9 Abs. 1 Satz 1 der Insolvenzordnung maßgebend.

(1) Hat der Schuldner im Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren (§ 177) eine Forderung bestritten, so kann der Gläubiger Klage auf Feststellung der Forderung gegen den Schuldner erheben. War zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Rechtsstreit über die Forderung anhängig, so kann der Gläubiger diesen Rechtsstreit gegen den Schuldner aufnehmen.

(2) Liegt für eine solche Forderung ein vollstreckbarer Schuldtitel oder ein Endurteil vor, so obliegt es dem Schuldner binnen einer Frist von einem Monat, die mit dem Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren mit dem Bestreiten der Forderung beginnt, den Widerspruch zu verfolgen. Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist gilt ein Widerspruch als nicht erhoben. Das Insolvenzgericht erteilt dem Schuldner und dem Gläubiger, dessen Forderung bestritten worden ist, einen beglaubigten Auszug aus der Tabelle und weist den Schuldner auf die Folgen einer Fristversäumung hin. Der Schuldner hat dem Gericht die Verfolgung des Anspruchs nachzuweisen.

Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Entsprechendes gilt, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht.