Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Juni 2007 - XI ZA 27/06
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- DiebeabsichtigteRechts verfolgung hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO). Die angefochtene Entscheidung stellt sich jedenfalls im Ergebnis als richtig dar (§ 577 Abs. 3 ZPO).
- 2
- Stützt ein Prozessbevollmächtigter seinen Wiedereinsetzungsantrag wegen Versäumung einer gesetzlichen Frist auf einen vorübergehenden und unerwarteten Computerfaxdefekt, bedarf es näherer Darlegungen zur Art des Defekts und seiner Behebung (BGH, Beschluss vom 17. Mai 2004 - II ZB 22/03, NJW 2004, 2525). Daran fehlt es sowohl in der Begründung des Wiedereinsetzungsgesuches vom 26. Juni 2006 als auch in der eidesstattlichen Versicherung des damaligen Prozessbevollmächtigten der Beklagten. Die erst nach der Entscheidung des Berufungsgerichts vom 13. Juli 2006 vorgelegte eidesstattliche Versicherung des EDV-Betreuers der Kanzlei sowie die Stellungnahme des Softwareherstellers zeigen mehrere Ursachen auf, auf denen die Fehlfunktion beruht haben könnte. Außerdem war dieses nachgeschobene Vorbringen nicht zu berücksichtigen, weil es nach Ablauf der Zweiwochenfrist des § 234 ZPO vorgebracht worden ist.
- 3
- Darüber hinaus hat nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ein Rechtsanwalt, der eine Rechtsmittelbegründung bis zum letzten Tag ausschöpft, wegen des damit verbundenen Risikos erhöhte Sorgfalt aufzuwenden, um die Einhaltung der Frist sicherzustellen (Senat, Beschluss vom 9. Mai 2006 - XI ZB 45/04, NJW 2006, 2637, 2638 m.w.Nachw.). Dies gilt hier in besonderem Maße, da der Berufungsanwalt der Beklagten bei dem ersten Faxversuch von seinem eigenen Computer um 23.53 Uhr, selbst wenn dieser gelungen wäre, bei einer Faxdauer von 4.48 Minuten lediglich eine Zeitreserve von etwa einer Minute gehabt hätte. Er hätte angesichts dessen den ordnungsgemäßen Ablauf des Faxvorgangs jederzeit überwachen müssen , um notfalls sofort eingreifen und etwa - wie er das auch, allerdings mit zeitlicher Verzögerung, getan hat - das Fax mit der Berufungsbegründung umgehend vom Computer seines Kollegen versenden zu können. Er hat jedoch ausweislich seiner eidesstattlichen Versicherung nach dem Faxen der Berufungsbegründung von seinem eigenen Computer aus erst noch einmal kurz in seine Posteingänge geschaut, bevor er den Ordner „gesendet“ aufrief, den misslungenen Sendeversuch bemerkte und den Schriftsatz dann vom Computer seines Kollegen versandte. Diese fehlende lückenlose Überwachung des Faxvorgangs war mit Rücksicht auf den extrem eingeengten Zeitrahmen pflichtwidrig.
Ellenberger Schmitt
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 14.03.2006 - 28 O 11/05 -
OLG München, Entscheidung vom 13.07.2006 - 19 U 2922/06 -
Annotations
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.
(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.
(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.
(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.
(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.
(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.
(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.