Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Sept. 2008 - X ZB 28/07

bei uns veröffentlicht am16.09.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 28/07
vom
16. September 2008
in der Rechtsbeschwerdesache
betreffend das Patent 103 20 985
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Beschichten eines Substrats
Die inhaltliche Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung kann mit der zulassungsfreien
Rechtsbeschwerde wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches
Gehör nicht zur Überprüfung gestellt werden.
BGH, Beschl. v. 16. September 2008 - X ZB 28/07 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. September 2008
durch die Richter Scharen und Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die
Richter Prof. Dr. Meier-Beck und Asendorf

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 14. Senats (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts vom 19. Juni 2007 wird auf Kosten der Einsprechenden zurückgewiesen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 50.000,-- € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Die Rechtsbeschwerdegegnerin ist Inhaberin des eine Vorrichtung zum Beschichten eines Substrats betreffenden Patents 103 20 985 (Streitpatent), das 20 Patentansprüche umfasst, von denen Patentanspruch 1 wie folgt lautet: "Vorrichtung (1) zum Beschichten eines Substrats (2), umfassend eine Vakuumkammer (5), zumindest eine in der Vakuumkammer (5) angeordnete Kathodenanordnung (10) und zumindest eine mit der Vakuumkammer (5) in Verbindung stehende Vakuumpumpe (11), wobei die Vakuumkammer (5) in mehrere Sektionen (3) aufgeteilt ist, von denen zumindest eine als Sputterkammer (S) ausgebildet ist, und wobei zwischen der zumindest einen Vakuumpumpe (11) und der Vakuumkammer (5) ein sich quer zu einer Transportrichtung (T) des Substrats (2) erstreckender Saugraum (14) ausgebildet ist, welcher über zumindest eine Drosselstelle gedrosselt mit der Vakuumkammer (5) in Verbindung steht, dadurch gekennzeichnet , dass die Kathodenanordnung (10) so in der Sputterkammer (S) angeordnet ist, dass sich zumindest die Drosselstelle und der Saugraum (14) zwischen der Kathodenanordnung (10) und der Vakuumpumpe (11) ausbilden."
2
Gegen dieses Patent ist am 8. Juni 2005 Einspruch erhoben worden, der auf die Behauptung gestützt ist, sein Gegenstand sei nicht patentfähig, das Patent offenbare die Erfindung nicht so deutlich und vollständig, dass ein Fachmann sie ausführen könne, und der Gegenstand des Patents gehe über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung, in der sie ursprünglich eingereicht worden sei, hinaus.
3
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Bundespatentgericht das Streitpatent aufrechterhalten. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Einsprechenden.

II.


4
1. Das Bundespatentgericht hat die Rechtsbeschwerde nur zu der Frage zugelassen, ob für die Entscheidung über in der Zeit vom 1. Januar 2002 bis zum 30. Juni 2006 eingelegte Einsprüche das Bundespatentgericht zuständig geblieben ist. Damit hat es die Zulassung der Rechtsbeschwerde in den Entscheidungsgründen wirksam auf einen bestimmten abgrenzbaren, tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Verfahrensgegenstandes beschränkt (Sen. BGHZ 88, 191, 193 f. - Ziegelsteinformling I; Beschl. v. 30.10.2007 - X ZB 18/06, GRUR 2008, 279 - Kornfeinung).
5
2. Wie der Senat bereits entschieden hat, besteht die durch die Regelung in § 147 Abs. 3 PatG wirksam begründete Zuständigkeit des Bundespatentgerichts für eine Entscheidung über den Einspruch ungeachtet der mit Wirkung zum 1. Juli 2006 erfolgten Neuregelung der Einspruchszuständigkeit für zu diesem Zeitpunkt beim Bundespatentgericht anhängige Verfahren fort (BGHZ 173, 47, 50 - Informationsübertragungsverfahren II, in Fortsetzung von BGHZ 172, 108, 116 ff. - Informationsübermittlungsverfahren I). Hieran hält der Senat fest. Die Rechtsbeschwerde ist demzufolge unbegründet, soweit mit ihr geltend gemacht wird, das Bundespatentgericht sei zur Entscheidung über den Einspruch nicht zuständig gewesen.
6
3. Die Rechtsbeschwerde bleibt auch im Übrigen ohne Erfolg. Soweit die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen ist, ist sie zwar statthaft, da mit ihr geltend gemacht wird, der angefochtene Beschluss verletze die Einsprechende in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG). Der geltend gemachte Beschwerdegrund liegt jedoch nicht vor.
7
Der Anspruch auf rechtliches Gehör gibt jedem Verfahrensbeteiligten das Recht, sich zu dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt zu äußern und dem Gericht die eigene Auffassung zu den erheblichen Rechtsfragen darzulegen. Das Gericht ist verpflichtet, dieses Vorbringen zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (st. Rspr., u.a. BVerfG NJW 1995, 2095, 2096 m.w.N.; BVerfGE 86, 133, 144; BGHZ 173, 47 Tz. 30 - Informations- übermittlungsverfahren II; Sen.Beschl. v. 19.5.1999 - X ZB 13/98, GRUR 1999, 919 - Zugriffsinformation). Hieraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass sich das Gericht mit jedem Vorbringen einer Partei in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich zu befassen hat (BVerfG NJW 1992, 1031; Sen.Beschl. v. 19.5.1999, aaO, 920; Sen.Beschl. v. 30.3.2005 - X ZB 8/04, GRUR 2005, 572 - Vertikallibelle; zuletzt Sen.Beschl. v. 24.7.2007 - X ZB 17/05, GRUR 2007, 996 - Angussvorrichtung für Spritzgusswerkzeuge).
8
Diesen Anforderungen genügt der angefochtene Beschluss.
9
a) Die Rechtsbeschwerde sieht den Anspruch der Einsprechenden auf rechtliches Gehör verletzt, weil das Bundespatentgericht Vorbringen der Einsprechenden dazu übergangen habe, ob Fachleute der hier vorauszusetzenden Qualifikation in der Lage seien, die Lehre des Streitpatents auszuführen, was die "Kathodenanordnung" im Sinne des Streitpatents sei, was der Begriff "quer" zur Transportrichtung bedeute, was unter "gedrosselt" zu verstehen sei, wie die Figuren 2A und 2B des Streitpatents zu verstehen seien und was aus dem Umstand folge, dass in Fig. 1 die Bezugszahl 14 zweimal vergeben sei, ferner dadurch , dass der Beschluss nicht auf das Argument eingehe, dass Fig. 2A keinen Schnitt durch Fig. 1 zeige, weil die Kathodenanordnung in Fig. 2A weniger hoch liege als in Fig. 1. Gleiches gelte für den Vortrag der Einsprechenden zu den horizontalen Strichen unterhalb von 10 in Fig. 2 A, zu den Vakuumkammern mit der Bezugszahl 11, zu dem Einwand, dass in Fig. 3B kein Winkelelement zu erkennen sei, und zu der Frage, was unter dem "Ausbilden" des Saugraums zu verstehen sei.
10
Mit diesem Vorbringen verkennt die Rechtsbeschwerde, dass in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Beschlusses dieses Vorbringen in der Sachverhaltsdarstellung wiedergegeben ist. Daraus folgt, dass das Gericht die- sen Vortrag zur Kenntnis genommen hat. Wie sich aus den Seiten 6 und 7 sowie den weiteren Entscheidungsgründen des angefochtenen Beschlusses ergibt , hat das Bundespatentgericht das von der Rechtsbeschwerde in Bezug genommene Vorbringen der Einsprechenden zu diesen Punkten auch erwogen, das Vorbringen jedoch für unbegründet gehalten. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör liegt demzufolge ersichtlich nicht vor. Soweit sich die Rechtsbeschwerde in diesem Zusammenhang gegen den sachlichen Gehalt der Gründe des angefochtenen Beschlusses wendet, macht sie keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend, sondern rügt die inhaltliche Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung. Diese kann jedoch mit der Rüge der Versagung rechtlichen Gehörs nicht zur Überprüfung gestellt werden (Sen.Beschl. v. 1.2.2000 - X ZB 27/98, GRUR 2000, 597 - Kupfer-NickelLegierung ; Beschl. v. 27.2.2008 - X ZB 10/07 Tz. 10 - Installiereinrichtung (LS in Mitt. 2008, 322); Rogge in Benkard, PatG u. GebrMG, 10. Aufl., § 100 PatG Rdn. 21). Ein Recht, mit der eigenen Einschätzung durchzudringen, gibt der Anspruch auf rechtliches Gehör nicht (Sen. Beschl. v. 19.5.1999 - X ZB 13/98, GRUR 1999, 919 - Zugriffsinformation).
11
b) Die Rechtsbeschwerde ist ebenfalls unbegründet, soweit sie eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör darin sieht, dass das Bundespatentgericht den von der Einsprechenden zu der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung benannten Zeugen Dr. S. nicht gehört hat. Dieser sollte nach dem Vorbringen der Einsprechenden zum einen bekunden können, dass sich die Saugräume in den Zeichnungen der deutschen Offenlegungsschriften 197 33 940 (E 1), 197 36 318 (E 3) und 195 40 794 (E 4) sowie des europäischen Patents 783 174 (E 2) quer zur Transportrichtung über die ganze Anlagenbreite erstrecken und zwischen den Kathoden und den Saugräumen Durchlässe sowie weitere Drosselstellen angeordnet sind, zum anderen, dass solche Drosselstellen schon vor 20 Jahren bei der L. eingesetzt worden seien (Schriftsatz v. 28.12.2005, S. 6; Schriftsatz v. 19.9.2006, S. 2; Schriftsatz v. 30.5.2007, S. 3). Das Bundespatentgericht hat sich jedoch mit den genannten Entgegenhaltungen einschließlich der Zeichnungen befasst und festgestellt, dass sie den Gegenstand des Streitpatents nicht vorwegnehmen. Da den Beweisantritten nicht zu entnehmen war, dass die angeblich tatsächlich benutzten Systeme von den Vorgaben der Entgegenhaltungen abweichende Vorrichtungen enthielten, kam es auch im Übrigen auf die Anhörung des Zeugen nicht an.
12
c) Die Rechtsbeschwerde greift auch die Ausführungen des Bundespatentgerichts zur Frage einer unzulässigen Erweiterung erfolglos an. Die Rechtsbeschwerde macht insoweit ausschließlich geltend, das Bundespatentgericht habe die Frage, ob die geltenden Patentansprüche auf einer unzulässigen Erweiterung beruhen, falsch entschieden. Ein Rechtsbeschwerdegrund nach § 100 Abs. 3 PatG wird insoweit nicht geltend gemacht.
13
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 109 PatG. Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht für erforderlich gehalten (§ 107 Abs. 1 PatG).
Scharen Keukenschrijver Mühlens
Meier-Beck Asendorf
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 19.06.2007 - 14 W(pat) 321/05 -

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(1) Sind an dem Verfahren über die Rechtsbeschwerde mehrere Personen beteiligt, so kann der Bundesgerichtshof bestimmen, daß die Kosten, die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, von einem Beteiligten ganz oder teilwei

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(1) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluß; sie kann ohne mündliche Verhandlung getroffen werden. (2) Der Bundesgerichtshof ist bei seiner Entscheidung an die in dem angefochtenen Beschluß getroffenen tatsächlichen Fests

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(1) Artikel 229 § 6 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass § 33 Abs. 3 und § 141 in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden Fassung den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die

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(1) Gegen die Beschlüsse der Beschwerdesenate des Patentgerichts, durch die über eine Beschwerde nach § 73 oder über die Aufrechterhaltung oder den Widerruf eines Patents nach § 61 Abs. 2 entschieden wird, findet die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof statt, wenn der Beschwerdesenat die Rechtsbeschwerde in dem Beschluß zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert.

(3) Einer Zulassung zur Einlegung der Rechtsbeschwerde gegen Beschlüsse der Beschwerdesenate des Patentgerichts bedarf es nicht, wenn einer der folgenden Mängel des Verfahrens vorliegt und gerügt wird:

1.
wenn das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
wenn bei dem Beschluß ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
wenn einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
wenn ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
wenn der Beschluß auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
wenn der Beschluß nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Artikel 229 § 6 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass § 33 Abs. 3 und § 141 in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden Fassung den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Verjährung in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden Fassung gleichgestellt sind.

(2) Für Verfahren wegen Erklärung der Nichtigkeit des Patents oder des ergänzenden Schutzzertifikats oder wegen Erteilung oder Rücknahme der Zwangslizenz oder wegen der Anpassung der durch Urteil festgesetzten Vergütung für eine Zwangslizenz, die vor dem 18. August 2021 durch Klage beim Bundespatentgericht eingeleitet wurden, sind die Vorschriften dieses Gesetzes in der bis zum 17. August 2021 geltenden Fassung weiter anzuwenden.

(3) Für Verfahren, in denen ein Antrag auf ein Zusatzpatent gestellt worden ist oder nach § 16 Absatz 1 Satz 2 dieses Gesetzes in der vor dem 1. April 2014 geltenden Fassung noch gestellt werden kann oder ein Zusatzpatent in Kraft ist, sind § 16 Absatz 1 Satz 2, Absatz 2, § 17 Absatz 2, § 23 Absatz 1, § 42 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4, Satz 2 und Absatz 3 Satz 1 sowie § 43 Absatz 2 Satz 4 dieses Gesetzes in ihrer bis zum 1. April 2014 geltenden Fassung weiter anzuwenden.

(4) Für Anträge auf Verlängerung der Frist zur Benennung des Erfinders sind § 37 Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 20 Absatz 1 Nummer 2 dieses Gesetzes in der vor dem 1. April 2014 geltenden Fassung weiter anzuwenden, wenn die Anträge vor dem 1. April 2014 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen sind und das Patent bereits erteilt worden ist.

(5) Für Anträge auf Anhörung nach § 46 Absatz 1, die vor dem 1. April 2014 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen sind, ist § 46 dieses Gesetzes in der bis dahin geltenden Fassung weiter anzuwenden.

(1) Gegen die Beschlüsse der Beschwerdesenate des Patentgerichts, durch die über eine Beschwerde nach § 73 oder über die Aufrechterhaltung oder den Widerruf eines Patents nach § 61 Abs. 2 entschieden wird, findet die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof statt, wenn der Beschwerdesenat die Rechtsbeschwerde in dem Beschluß zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert.

(3) Einer Zulassung zur Einlegung der Rechtsbeschwerde gegen Beschlüsse der Beschwerdesenate des Patentgerichts bedarf es nicht, wenn einer der folgenden Mängel des Verfahrens vorliegt und gerügt wird:

1.
wenn das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
wenn bei dem Beschluß ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
wenn einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
wenn ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
wenn der Beschluß auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
wenn der Beschluß nicht mit Gründen versehen ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 8/04
vom
30. März 2005
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Vertikallibelle
Zur Begründung der Rüge der fehlerhaften Besetzung des Gerichts ist die Angabe
der Einzeltatsachen nötig, aus denen sich der Fehler ergibt. Wenn es
sich um gerichtsinterne Vorgänge handelt, muß dargelegt werden, daß jedenfalls
eine Aufklärung versucht worden ist.
BGH, Beschl. v. 30. März 2005 - X ZB 8/04 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. März 2005 durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter Keukenschrijver, die Richterin
Mühlens und die Richter Prof. Dr. Meier-Beck und Dr. Kirchhoff

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den am 13. November 2003 verkündeten Beschluß des 5. Senats (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenats ) des Bundespatentgerichts wird auf Kosten des Antragsgegners zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 50.000,-- € festgesetzt.

Gründe:


I. Der Antragsgegner ist Inhaber des am 20. Februar 1997 beim Deutschen Patent- und Markenamt angemeldeten und am 10. April 1997 unter der Bezeichnung "Wasserwaage" eingetragenen Gebrauchsmusters 297 03 035, für das die Priorität einer US-Voranmeldung vom 12. Dezember 1996 in Anspruch genommen worden ist. Das Gebrauchsmuster umfaßt 18 Schutzansprüche.
Die Antragstellerin hat die Löschung des Gebrauchsmusters beantragt und sich auf mangelnde Schutzfähigkeit berufen. Das Patentamt hat dem Löschungsantrag teilweise stattgegeben.
Diesen Beschluß hat die Antragstellerin angegriffen mit dem Ziel der vollständigen Löschung des Gebrauchsmusters. Der Antragsgegner hat demgegenüber das Gebrauchsmuster mit neu eingereichten Schutzansprüchen 1 bis 4 gemäß Haupt- und gemäß Hilfsantrag verteidigt. Anspruch 1 lautet nach dem Hauptantrag:
"Wasserwaage mit einem im Querschnitt rechteckförmigen Körper

(12)


- mit einer an einer langgestreckten Schmalfläche des Körpers (12) ausgebildeten Fläche (14) mit einer zum Ausrichten einer Ausrichtfläche (16) geeignet guten Ebenheit und Glätte, und
- mit wenigstens zwei im Körper (12) befestigten Libellen (20, 22) mit die Ausrichtung einer Ausrichtfläche (16) anzeigender Luftblase (42), wobei eine der Libellen (20) zum Ausrichten einer vertikalen Ausrichtfläche eine im wesentlichen senkrecht zur ebenen Fläche (14) verlaufende Längsachse (24) besitzt und in einer Aufnahmeöffnung in einem Endbereich des Körpers (12) angeordnet ist, welche sie frei sichtbar überbrückt, und eine andere Libelle (22) zum Ausrichten einer horizontalen Ausrichtfläche eine im wesentlichen parallel zur ebenen Fläche
(14) verlaufende Längsachse (24) besitzt und in einem Mittelbereich des Körpers (12) angeordnet ist,
d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t ,
daß im Innern des Körpers (12) eine in einem Winkel zu der Libelle (20) zum Ausrichten einer vertikalen Ausrichtfläche und zur zugehörigen Sichtebene (32) ausgerichtete Reflexionsfläche (36) angeordnet ist, die ein Bild dieser Libelle (20) mit ihrer Luftblase (42) zur Sichtebene (32) reflektiert, die in einem Fenster (38) an der sich im wesentlichen parallel zur ebenen Fläche (14) erstreckenden gegenüberliegenden Schmalfläche (34) des Körpers (12) angeordnet ist."
Das Bundespatentgericht hat auf die Beschwerde der Antragstellerin den angefochtenen Beschluß aufgehoben und das Gebrauchsmuster gelöscht, soweit es über den Schutzanspruch 4 in der Fassung des geänderten Hauptantrags hinausgeht. Den weitergehenden Löschungsantrag und die weitergehende Beschwerde der Antragstellerin hat das Bundespatentgericht zurückgewiesen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die - nicht zugelassene - Rechtsbeschwerde , mit der der Antragsgegner geltend macht, die angefochtene Entscheidung sei gemäß § 100 Abs. 3 Nr. 1 PatG, §18 Abs. 4 S. 2 GebrMG aufzuheben , weil das beschließende Gericht nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen sei. Der angefochtene Beschluß sei ferner nicht mit Gründen versehen (§ 100 Abs. 3 Nr. 6 PatG). Außerdem liege der Verfahrensmangel des § 100 Abs. 3
Nr. 3 PatG vor, der angefochtene Beschluß beruhe auf einer Verletzung rechtlichen Gehörs.
II. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
1. Zur Begründung seiner Auffassung, der beschließende Gebrauchsmuster -Beschwerdesenat des Bundespatentgerichts sei nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen, führt der Antragsgegner aus, der Geschäftsverteilungsplan des Gebrauchsmuster-Beschwerdesenats lasse schon nicht erkennen, nach welchem Verfahren das rechtskundige Mitglied ausgewählt werde. Außerdem habe bei den technischen Mitgliedern eine Änderung der Besetzung stattgefunden , ohne daß sich in den Akten oder im Geschäftsverteilungsplan hierfür eine Begründung finde. Gemäß Verfügung vom 9. Dezember 2002 seien als Beisitzer die Richter am Bundespatentgericht Kalkoff und Dr. Hartung festgestellt worden. Demgegenüber sei gemäß Verfügung des Vorsitzenden vom 17. Juni 2003 ohne jede nähere Begründung an die Stelle des ersten Beisitzers Richter am Bundespatentgericht Dr. Zehender getreten und als zweiter Beisitzer der zunächst als Berichterstatter bezeichnete Richter am Bundespatentgericht Kalkoff bestimmt worden. Damit hat der Antragsgegner eine fehlerhafte Besetzung des Beschwerdegerichts nicht dargelegt.
Der Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat entscheidet nach § 18 Abs. 3 S. 1, 2 und 3 GebrMG über Beschwerden gegen Beschlüsse der Gebrauchsmusterabteilungen über Löschungsanträge in der Besetzung mit einem rechtskundigen Mitglied und zwei technischen Mitgliedern, wobei der Vorsitzende ein
rechtskundiges Mitglied des Senats sein muß. Nach dem Aktenvermerk des geschäftsplanmäßigen Vorsitzenden war dieser am Sitzungstag, dem 13. November 2003, durch eine Dienstreise an der Mitwirkung gehindert. Deshalb war die stellvertretende Vorsitzende, Richterin am Bundespatentgericht Werner, zur Mitwirkung an der Entscheidung berufen (§ 68 PatG, § 21 f. Abs. 2 GVG).
Auch hinsichtlich der weiteren mitwirkenden Richter ist die Rüge nicht ordnungsgemäß ausgeführt. Sie setzt die Angabe der Tatsachen voraus, aus denen sich der Fehler ergibt (Sen.Beschl. v. 07.02.1995 - X ZB 20/93, Mitt. 1996, 118 - Flammenüberwachung). Zu der vergleichbaren Regelung des § 551 Nr. 1 ZPO a.F. ist anerkannt, daß zur Begründung der Rüge die Angabe der Einzeltatsachen nötig ist, aus denen sich der Fehler ergibt. Wenn es sich um gerichtsinterne Vorgänge handelt, muß dargelegt werden, daß jedenfalls eine Aufklärung versucht worden ist (vgl. BGH, Urt. v. 20.06.1991 - VII ZR 11/91, NJW 1992, 512). Diese Grundsätze gelten auch im Rahmen der nicht zugelassenen Rechtsbeschwerde in Gebrauchsmustersachen.
Diesen Anforderungen genügt die vom Antragsgegner erhobene Rüge nicht. Auf die Verteilung der Geschäfte innerhalb des Beschwerdesenats ist gemäß § 18 Abs. 3 Satz 4 GebrMG § 21 g GVG anzuwenden. Der Antragsgegner hat schon nicht dargelegt, daß die Besetzung des Beschwerdegerichts nicht dem senatsinternen Geschäftsverteilungsplan entsprach. Allein aus einem abweichenden Vermerk über die Besetzung folgt dies noch nicht, zumal zwischen der ersten und der zweiten Verfügung anläßlich des Jahreswechsels sich die senatsinterne Geschäftsverteilung oder auch die Besetzung des Senats geändert haben können. Der Antragsgegner hat auch nicht dargelegt, daß
eine Aufklärung der Vorgänge, die zu einer Änderung d er Besetzung geführt haben, versucht worden sei.
2. Soweit der Antragsgegner rügt, die Entscheidung des Bundespatentgerichts sei nicht mit Gründen versehen, führt er dazu aus, das Bundespatentgericht habe als Grund für die mangelnde Schutzfähigkeit lediglich angegeben, der Fachmann könne die Merkmale des Hauptanspruchs 1 ohne erfinderischen Schritt einsetzen, der Anspruch 2 des Hauptantrags betreffe ein Merkmal, das vorgesehen werden könne, ohne daß es hierzu eines erfinderischen Schritts bedürfe, das Merkmal des Anspruchs 3 beruhe ebenfalls nicht auf einem erfinderischen Schritt, was auch für die Gegenstände der Schutzansprüche 1 bis 3 gemäß Hilfsantrag gelte. Damit habe das Bundespatentgericht lediglich das im Gesetzestext aufgeführte Merkmal wiederholt, ohne erkennen zu lassen, welche Anforderungen an das Vorliegen bzw. die Verneinung dieser Voraussetzung zu stellen sind.
Nach der Rechtsprechung des Senats besteht der Zweck des § 100 Abs. 3 Nr. 6 PatG in der Sicherung des Begründungszwangs und nicht in der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (BGHZ 39, 333, 341 - Warmpressen). Rechtsfehler oder Lückenhaftigkeit der Begründung können nach der Bestimmung nicht gerügt werden (BGH, aaO; Sen.Beschl. v. 03.12.1991 - X ZB 5/91, GRUR 1992, 159 - Crackkatalysator II, st. Rspr.).
Den danach an die Begründung zu stellenden Anforderungen genügt die angefochtene Entscheidung. Das Bundespatentgericht hat sich nicht darauf beschränkt, den Gesetzestext wiederzugeben. Es hat im wesentlichen ausgeführt , Wasserwaagen seien seit mehr als 100 Jahren bekannt. Wolle der
Fachmann bei einer herkömmlichen Wasserwaage die Ablesbarkeit der Vertikallibelle verbessern, so seien hierzu verschiedene Wege denkbar. Aus einer der Druckschriften (D 1) sei eine Wasserwaage bekannt, die auch zur senkrechten Ausrichtung von Pfosten diene und daher neben den Funktionen einer typischen Standardwasserwaage auch die Funktion einer Pfostenwasserwaage erfülle. Diese Wasserwaage weise einen Körper mit einem im wesentlichen rechteckförmigen Querschnitt auf, an dem aber zusätzlich noch ein Vorsprung angebracht sei, der es ermögliche, die Wasserwaage gleichzeitig an zwei vertikale Flächen des Pfostens anzulegen. Im Inneren des Körpers sei eine in einem Winkel zu der Libelle und zu der gehörigen Sichtebene ausgerichtete Reflexionsfläche angeordnet, die ein Bild der Libelle mit ihrer Luftblase zur Sichtebene reflektiere. Die Reflexionsfläche ermögliche die gleichzeitige Ablesung der beiden Vertikallibellen von vorne. Hieraus schließe der Fachmann jedoch nicht, daß die Ablesung einer Vertikallibelle über eine Reflexionsfläche nur dann zweckmäßig sei, wenn zwei Vertikallibellen gleichzeitig abgelesen werden sollten. Vielmehr erkenne er aufgrund seines Fachwissens ohne weiteres, daß eine Reflexionsfläche auch bei der Vertikallibelle einer herkömmlichen Standardwasserwaage einsetzbar sei und dort ebenfalls die Betrachtung der Vertikallibelle von vorne ermögliche, so daß eine verbesserte Ablesbarkeit der Wasserwaage gegeben sei. Damit gelange er ohne weiteres zum Gegenstand des Schutzanspruchs 1 gemäß Hauptantrag. Der Anspruch 2 betreffe das Merkmal einer Beleuchtungseinrichtung. Eine Anregung zu dieser Maßnahme erhalte der Fachmann aus Druckschrift D 7, die eine Standardwasserwaage mit einer Einrichtung zur Beleuchtung der Libellen zeige. Eine Reflexionsfläche mit einem Spiegel, wie sie Gegenstand des Anspruchs 3 sei, sei bereits aus der Druckschrift D 1 bekannt.
Damit hat das Bundespatentgericht eine ausreichende Begründung des von ihm gefundenen Ergebnisses gegeben. Die vom Antragsgegner kritisierten Sätze fassen diese Ausführungen lediglich zusammen und stellen keineswegs die gesamte Begründung dar.
Die Begründung ist auch nicht - wie der Antragsgegner meint - verworren. Das Bundespatentgericht hat das Alter der Druckschrift D 1 deshalb nicht als Indiz für einen erfinderischen Schritt angesehen, weil es ein dringendes Bedürfnis zur Verbesserung der herkömmlichen Wasserwaagen nicht hat feststellen können und deswegen auch nicht angenommen hat, daß sich die Fachwelt lange Zeit vergeblich um eine Lösung bemüht hätte. Dies ist nachvollziehbar und genügt damit den an die notwendige Begründung zu stellenden Anforderungen.
3. Der Antragsgegner beanstandet schließlich, daß das Bundespatentgericht bei der Wiedergabe des Sachverhalts zwar angegeben habe, der Antragsgegner behaupte, mit dem Gebrauch der Wasserwaage nach den verteidigten Schutzansprüchen 1 bis 4 lasse sich im Vergleich mit dem Gebrauch herkömmlicher Wasserwaagen eine Zeitersparnis bis zu 30 % erreichen, gleichwohl habe sich das Bundespatentgericht mit dieser Behauptung jedoch in seiner Begründung nicht befaßt. Zwar habe es sich zu dem behaupteten Markterfolg und zu den behaupteten Nachahmungen geäußert, nicht aber zu der von der Antragstellerin nicht in Abrede gestellten Arbeitsersparnis.
Der Anspruch auf rechtliches Gehör gibt jedem Verfahrensbeteiligten das Recht, sich zu dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt zu äußern und dem Gericht die eigene Auffassung zu den erheblichen Rechtsfra-
gen darzulegen. Das Gericht ist verpflichtet, dieses Vorbringen zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (st. Rspr., BVerfG NJW 1995, 2095, 2096 m. w. N.; Sen.Beschl. v. 19.05.1999 - X ZB 13/98, GRUR 1999, 919 - Zugriffsinformation). Hieraus kann nicht abgeleitet werden, daß sich das Gericht mit jedem Vorbringen einer Partei in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich zu befassen hat (BVerfG NJW 1992, 1031; Sen.Beschl. v. 19.05.1999, aaO, 920).
Hier hat das Bundespatentgericht den Vortrag des Antragsgegners in der Sachverhaltsdarstellung ausdrücklich wiedergegeben. Daraus ergibt sich, daß das Gericht diesen Vortrag zur Kenntnis genommen hat. Mangels anderer Anhaltspunkte ist davon auszugehen, daß das Gericht den von ihm selbst wiedergegebenen Sachverhalt auch seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. Daß es sich mit den Ausführungen des Antragsgegners in den Entscheidungsgründen nicht ausdrücklich befaßt hat, ist kein Anhaltspunkt dafür, daß das Gericht diese Ausführungen nicht in seine Erwägung miteinbezogen hätte. Die vom Antragsgegner behauptete Arbeitsersparnis kommt im übrigen lediglich als Indiz dafür in Betracht, daß trotz eines bestehenden dringenden Bedürfnisses die Verbesserung nicht ohne weiteres erreicht werden konnte. Das Bundespatentgericht hat aber aus anderen Erwägungen ein solches dringendes Bedürfnis verneint. Es bestand daher kein Anlaß, auf das weitere Argument des Antragsgegners nochmals gesondert einzugehen.
Dies gilt ebenso für die weitere Hilfserwägung des Antragsgegners, Pfostenwasserwaagen seien bis heute nicht auf dem Markt, und schließlich auch für den vom Antragsgegner behaupteten großen Markterfolg. Zu letzterem hat das Bundespatentgericht sich nicht darauf beschränkt festzustellen, daß
die entsprechende Behauptung des Antragsgegners von der Antragstellerin bestritten werde. Es hat vielmehr ausgeführt, es sei außerdem nicht feststellbar , ob der behauptete Markterfolg auf den technischen Neuerungen gegenüber dem Stand der Technik beruhe oder auf wirtschaftlichen Gründen wie Marketingmaßnahmen, Preisgestaltung oder neuen Vertriebskanälen. Dies ist eine ausreichende Auseinandersetzung mit der Argumentation des Antragsgegners. Eine Verletzung rechtlichen Gehörs ist daher auch aus der unterlassenen Vernehmung des zu der streitigen Behauptung vom Antragsgegner benannten Zeugen nicht herzuleiten.
III. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 109 Abs. 1 Satz 2 PatG, § 18 Abs. 4 S. 2 GebrMG.
IV. Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht für erforderlich erachtet.
Melullis Keukenschrijver Mühlens
Meier-Beck Kirchhoff

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 17/05
vom
24. Juli 2007
in der Rechtsbeschwerdesache
betreffend das Patent 198 51 320
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
AngussvorrichtungfürSpritzgießwerkzeuge

a) Bereits die unterlassene Entscheidung über den geltend gemachten Widerrufsgrund
der widerrechtlichen Entnahme begründet die Beschwer des
Rechtsbeschwerdeführers.

b) Die Prüfung der sachlichen Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung
wird durch den Rechtsbeschwerdegrund des § 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG nicht
eröffnet.
BGH, Beschl. v. 24. Juli 2007 - X ZB 17/05 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 24. Juli 2007 durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und die Richter Scharen, Keukenschrijver,
Prof. Dr. Meier-Beck und Gröning

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 8. Senats (Technischen Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 12. Mai 2005 wird auf Kosten des Rechtsbeschwerdeführers zurückgewiesen.
Der Wert des Gegenstands der Rechtsbeschwerde wird auf 75.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe:


1
I. Gegen das am 6. November 1998 angemeldete deutsche Patent 198 51 320 (Streitpatent), das eine "Angussvorrichtung für Spritzgießwerkzeuge" betrifft und acht Patentansprüche umfasst, haben die beiden Einsprechenden getrennte Einsprüche eingelegt. Der Einsprechende zu 1 und jetzige Rechtsbeschwerdeführer hat sich dabei auch auf den Widerrufsgrund der widerrechtlichen Entnahme gestützt, während die Einsprechende zu 2 nur andere Widerrufsgründe geltend gemacht hat. In dem vor dem Bundespatentgericht geführten Einspruchsverfahren (§ 147 Abs. 3 PatG in der bis zum 30.6.1996 geltenden Fassung) hat der Einsprechende zu 1 zuletzt beantragt, das Patent auf Grund widerrechtlicher Entnahme auf ihn zu übertragen.
2
Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent widerrufen. Dieses ist im weiteren Verlauf infolge der Nichtzahlung einer fälligen Jahresgebühr erloschen.
3
Mit seiner vom Bundespatentgericht nicht zugelassenen Rechtsbeschwerde macht der Einsprechende zu 1 geltend, dass der angefochtene Beschluss seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletze und nicht mit Gründen versehen sei.
4
II. 1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, da mit ihr die Rechtsbeschwerdegründe des § 100 Abs. 3 Nr. 3 und Nr. 6 PatG geltend gemacht werden (§ 147 Abs. 3 Satz 5 PatG in der bis zum 30.6.2006 geltenden Fassung) und auch im Übrigen zulässig. Das Erlöschen des Streitpatents hat daran nichts geändert und insbesondere nicht zu der von der Einsprechenden zu 2 angenommenen Erledigung der Hauptsache geführt (vgl. BPatGE 26, 15). Der Rechtsbeschwerdeführer ist jedenfalls auch im Sinn einer formellen Beschwer durch die angefochtene Entscheidung beschwert, weil er erreichen wollte, dass ihm das Nachanmelderecht nach § 7 Abs. 2 zur Seite steht. Dieses ist ihm dadurch genommen worden, dass der Widerruf des Streitpatents nicht auf den Widerrufsgrund der widerrechtlichen Entnahme gestützt worden ist. Dabei ist es ohne Belang, dass dem Begehren des Rechtsbeschwerdeführers in der zur Entscheidung gestellten Form nicht hätte entsprochen werden können, weil im Einspruchsverfahren nur über Widerruf oder Aufrechterhaltung des Patents zu entscheiden ist (§ 61 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 147 Abs. 3 PatG in der bis zum 30.6.2006 geltenden Fassung). Bereits die unterlassene Entscheidung über den geltend gemachten Widerrufsgrund der widerrechtlichen Entnahme begründet die Beschwer (vgl. BPatGE 9, 196, 199; Benkard/Schäfers, PatG, 10. Aufl. 2006, § 61 PatG Rdn. 12; Busse/Keukenschrijver, PatG, 6. Aufl. 2003, § 73 PatG Rdn. 63, 71; Schulte, PatG, 5. Aufl. 2005, § 61 PatG Rdn. 40).
5
2. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch nicht begründet, weil die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht vorliegen.
6
(1) Verletzung des rechtlichen Gehörs:
7
Das Bundespatentgericht hat ausgeführt, Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung stelle eine unzulässige Erweiterung gegenüber der ursprünglichen Offenbarung dar. Der Gegenstand des deshalb insoweit mit einem Disclaimer zu versehenden Patentanspruchs beruhe gegenüber dem Stand der Technik nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag sei unzulässig , denn die Ersetzung eines (engeren) unzulässigen Begriffs durch einen weiteren erweitere den Schutzbereich des Patents. Auf die geltend gemachte widerrechtliche Entnahme komme es bei dieser Sachlage nicht mehr an.
8
Der Rechtsbeschwerdeführer sieht eine Verletzung des rechtlichen Gehörs darin, dass das Bundespatentgericht über das von ihm zuletzt allein noch verfolgte Rechtsschutzziel nicht befunden habe.
9
Damit kann er keinen Erfolg haben.
10
Der Rechtsbeschwerdegrund des § 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG trägt der Bedeutung des verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) für ein rechtsstaatliches Verfahren Rechnung, in dem jeder Verfahrensbeteiligte seine Rechte wirksam wahrnehmen kann. Dies setzt voraus, dass das Gericht das tatsächliche und rechtliche Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis nimmt und auf seine sachlich-rechtliche und verfahrensrechtliche Entscheidungserheblichkeit prüft und ferner keine Erkenntnisse verwertet, zu denen sich die Verfahrensbeteiligten nicht äußern konnten (Sen.Beschl. v. 11.6.2002 - X ZB 27/01, GRUR 2002, 957 - Zahnstruktur m.w.N.).
11
Art. 103 Abs. 1 GG ist verletzt, wenn im Einzelfall deutlich wird, dass Vorbringen überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (BVerfGE 65, 293, 295; 70, 288, 293; 86, 133, 145; st. Rspr.). Dabei ist grundsätzlich davon auszugehen, dass das Gericht das von ihm entgegengenommene Parteivorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat, ohne dass es verpflichtet wäre, sich in den Gründen seiner Entscheidung mit jedem Vorbringen ausdrücklich zu befassen. Geht das Gericht indessen auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von besonderer Bedeutung ist, nicht ein, so lässt dies auf eine Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen , sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war (BVerfGE 86, 133, 146; 96, 205, 216; Sen.Beschl. v. 27.6.2007 - X ZB 6/05 - Informationsübermittlungsverfahren II, für BGHZ vorgesehen).
12
Hiernach kann die Rechtsbeschwerde ihre Rüge nicht mit Erfolg darauf stützen, dass das Patentgericht den Widerrufsgrund der widerrechtlichen Entnahme nicht beschieden hat. Da im Einspruchsverfahren nur darüber zu entscheiden ist, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang das Patent zu widerrufen ist, reichte es für die Entscheidung des Bundespatentgerichts aus, sich auf einen der nach der gesetzlichen Regelung nicht in einem besonderen Rangverhältnis stehenden Widerrufsgründe zu stützen. Das Patentgericht hat sich auch mit der widerrechtlichen Entnahme insoweit befasst, als es diese als nicht mehr entscheidungserheblich angesehen hat. Schutzunfähiges könne nämlich nicht entnommen werden. Die Verneinung der Patentfähigkeit nach §§ 1 ff. PatG rechtfertigte aus seiner Sicht bereits den Widerruf des Streitpatents als die im Einspruchsverfahren vorgesehene Rechtsfolge des erfolgreichen Einspruchs. Damit hat sich das Patentgericht mit der geltend gemachten widerrechtlichen Entnahme in willkürfreier Weise befasst (vgl. BGH, Beschl. v. 22.3.2003 - I ZB 21/02, im Druck nicht veröffentlicht). Dass es diese im Ergebnis als nicht erheblich angesehen hat, betrifft allein die sachliche Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung. Deren Prüfung wird jedoch auch durch den Rechtsbeschwerdegrund des § 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG nicht eröffnet (so schon Sen.Beschl. v. 14.3.2006 - X ZB 28/04, Umdruck S. 9 f., im Druck nicht veröffentlicht

).


13
Ob eine widerrechtliche Entnahme die Schutzfähigkeit des Entnahmegegenstands voraussetzt, wie dies die ältere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs angenommen hat (soweit ersichtlich zuletzt im Urteil vom 13.7.1965 - Ia ZR 45/64, unveröffentlicht) oder ob es - wie dies in der Literatur inzwischen ganz überwiegend vertreten wird (vgl. Benkard/Rogge aaO § 21 PatG Rdn. 23; Busse/Schwendy aaO § 21 PatG Rdn. 76; Schulte aaO § 21 PatG Rdn. 47; a.A. für den Einspruchsgrund Mes, PatG, 2. Aufl. 2005, § 12 PatG Rdn. 34; BPatG, Beschl. v. 28.11.2000 - 8 W (pat) 135/97, Mitt. 2001, 389 Ls. und die angefochtene Entscheidung) und der Senat bereits wiederholt für den Abtretungsanspruch nach § 8 PatG entschieden hat (vgl. Sen.Urt. v. 15.5.2001 - X ZR 227/99, GRUR 2001, 823, 825 - Schleppfahrzeug, m.w.N.) - hierauf nicht ankommt, bedarf deshalb im vorliegenden Verfahren keiner Entscheidung, wird als nicht liquide Rechtsfrage für das Patentgericht aber auf Grund der kontroversen Beurteilung bei sich bietender Gelegenheit schon unter dem Gesichtspunkt , dass § 100 Abs. 2 PatG den Grundsatz des gesetzlichen Richters verwirklicht (vgl. Kraßer, Patentrecht, 4. Aufl. 2004, S. 459; Benkard/Rogge aaO § 100 PatG Rdn. 14; Busse/Keukenschrijver aaO § 100 PatG Rdn. 12; zur Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften BVerfGE 82, 159, 192; BGH, Beschl. v. 2.10.2002 - I ZB 27/00, GRUR 2003, 546 - TURBOTABS ), Grundlage für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sein müssen, wenn sich die Frage in entscheidungserheblicher Weise in einem der Rechtsbeschwerde zugänglichen Verfahren stellt.
14
Ob darüber hinaus eine Verpflichtung besteht, eine geltend gemachte widerrechtliche Entnahme zu bescheiden, hat der Senat bisher nicht entschieden und lässt er weiter offen, denn auch dies betrifft die materielle Ausgestaltung der Regelungen über die widerrechtliche Entnahme und das Nachanmelderecht und damit keine Fragen, die im Verfahren über die nicht zugelassene Rechtsbeschwerde geklärt werden können. Für eine solche Verpflichtung könnte zwar sprechen, dass dem Verletzten mit dem Widerruf auf Grund widerrechtlicher Entnahme das zeitrangbegünstigte Nachanmelderecht des § 7 Abs. 2 PatG und damit möglicherweise eine subjektive Rechtsposition zusteht; es wird jedoch auch die Auffassung vertreten, dass dies nur einen Rechtsreflex darstelle (Busse/Keukenschrijver aaO § 7 PatG Rdn. 9; vgl. Schulte/Kühnen aaO § 7 PatG Rdn. 11). Auch zu dieser Frage wird eine Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Bundespatentgericht bei sich bietendem Anlass zu erwägen sein.
15
(2) Auch die Rüge, das Bundespatentgericht habe seine Entscheidung nicht hinreichend mit Gründen versehen, ist unbegründet.
16
Das Patentgericht hat den geltend gemachten Widerrufsgrund der widerrechtlichen Entnahme aus seiner Sicht als nicht entscheidungserheblich angesehen. Damit hat es sich mit diesem Angriffsmittel ausreichend auseinandergesetzt und ihn nicht etwa übergangen. Die sachliche Richtigkeit der gegebenen Begründung steht im Verfahren über die nicht zugelassene Rechtsbeschwerde nicht zur Überprüfung (st. Rspr. seit BGHZ 39, 333, 338 - Warmpressen).
17
Zu Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag hat das Bundespatentgericht ausgeführt , dieser sei unzulässig erweitert. Dies ist eine ausreichende Begründung dafür, warum das Patent aus der Sicht des Bundespatentgerichts auch mit diesem Patentanspruch keinen Bestand haben konnte. Die Schaffung eines neuen Widerrufs- oder Nichtigkeitsgrunds im Einspruchsverfahren, nämlich des der unzulässigen Erweiterung, war ohne weiteres unzulässig (vgl. nur BGHZ 110, 123, 125 f. - Spleißkammer; st. Rspr.). Im Übrigen ist nicht zu erkennen, dass der Rechtsbeschwerdeführer insoweit durch die Entscheidung des Bundespatentgerichts beschwert ist. Das nach Auffassung des Patentgerichts unzulässig eingefügte Merkmal ist nicht Gegenstand des mit dem Einspruch des Rechtsbeschwerdeführers angegriffenen Patents, für das von diesem die Entnahme geltend gemacht wird. In die Rechtssphäre des Rechtsbeschwerdeführers greift die angefochtene Entscheidung insoweit nicht ein.
18
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 109 Abs. 1 Satz 2 PatG.
19
Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht für erforderlich gehalten.
Melullis Scharen Keukenschrijver
Meier-Beck Gröning
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 12.05.2005 - 8 W(pat) 332/02 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 27/98
vom
1. Februar 2000
in der Rechtsbeschwerdesache
betreffend das Patent 34 17 273
Nachschlagewerk:ja
BGHZ: nein
Kupfer-Nickel-Legierung

a) Zur Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör genügt es, wenn das
Gericht im schriftlichen Verfahren eine angemessene Zeit auf eine mögliche
Stellungnahme einer Partei wartet. Eine Fristsetzung ist zweckmäßig, aber
nicht nötig.

b) Der Anspruch auf rechtliches Gehör wird nicht dadurch verletzt, daß das
Gericht nach Zurücknahme des Antrags auf mündliche Verhandlung (§ 78
PatG) kurzfristig und ohne besondere Ankündigung im schriftlichen Verfahren
entscheidet, sofern der Gegenseite ausreichend Gelegenheit verbleibt,
ihrerseits mündliche Verhandlung oder Einräumung einer Ä ußerungsfrist zu
beantragen.
BGH, Beschluß vom 1. Februar 2000 - X ZB 27/98 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Rogge, die Richter Dr. Melullis, Scharen, Keukenschrijver und die
Richterin Mühlens
am 1. Februar 2000

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 13. Senats (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts vom 4. September 1998 wird auf Kosten der Patentinhaberin zurückgewiesen.
Der Wert des Gegenstandes der Rechtsbeschwerde wird auf 100.000,-- DM festgesetzt.

Gründe:


I. Der Rechtsbeschwerdeführerin, ein in der Republik Korea ansässiges Unternehmen, ist auf die Anmeldung vom 10. Mai 1984 das deutsche Patent 34 17 273 erteilt worden, das eine Kupfer-Nickel-Legierung für elektrisch lei-
tendes Material für integrierte Schaltkreise betrifft und sechs Ansprüche umfaßt. Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:
”Kupfer-Nickel-Legierung für elektrisch leitendes Material für integrierte Schaltkreise, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daß sie aus 0,05 bis 3,0 Gewichts-% Nickel, 0,01 bis 1,0 Gewichts-% Silizium, 0,01 bis 0,04 Gewichts-% Phosphor und Kupfer als Rest besteht.”
Die auf Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 4 betreffen Ausgestaltungen der Legierung. Patentansprüche 5 und 6 beinhalten Verfahren zur Herstellung einer Legierung nach einem der Patentansprüche 1 bis 4.
Die Einsprechende hat Einspruch gegen die Erteilung des Streitpatents erhoben. Mit Beschluß vom 26. Januar 1998 hat das Deutsche Patentamt das Streitpatent in vollem Umfang aufrechterhalten. Dagegen hat die Einsprechende mit einem beim Deutschen Patentamt am 13. Februar 1998 eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Die Beschwerdebegründung ist den Inlandsvertretern der Patentinhaberin am 15. Juni 1998 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 12. August 1998 hat die Beschwerdeführerin ihren Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung dahin ”modifiziert”, daß dieser nur hilfsweise beantragt werde. Dieser Schriftsatz ist den Inlandsvertretern der Patentinhabe-
rin am 19. August 1998 zugestellt worden. Mit Beschluß vom 4. September 1998 hat das Bundespatentgericht den angefochtenen Beschluß aufgehoben und das Streitpatent widerrufen. Hiergegen richtet sich die - nicht zugelassene - Rechtsbeschwerde der Patentinhaberin.
II. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
1. a) Die Rechtsbeschwerde meint, die Patentinhaberin sei in ihrem prozessualen Grundrecht auf rechtliches Gehör verletzt worden. Die Zeitspanne zwischen Zustellung der Beschwerdebegründung und Erlaß des angegriffenen Beschlusses durch das Bundespatentgericht von ca. 12 Wochen sei angesichts der Tatsache, daß mit der Beschwerdebegründung zwei Entgegenhaltungen neu in das Verfahren eingeführt worden seien, von denen eine erst noch habe besorgt werden müssen, weil sie der Beschwerdebegründung nicht beigefügt gewesen sei, und unter Berücksichtigung des Umstands, daß die Patentinhaberin in Korea ansässig sei und der Schriftverkehr mit den koreanischen Patentanwälten der Patentinhaberin fremdsprachlich habe geführt werden müssen, objektiv zu knapp bemessen gewesen. Zudem sei es ihr, nachdem die Inlandsvertreter der Patentinhaberin am 19. August 1998 erfahren hätten, daß die Einsprechende auf eine mündliche Verhandlung verzichtet habe , aufgrund der Kommunikationsverhältnisse nicht mehr möglich gewesen, bis zum Beschluß des Bundespatentgerichts vom 4. September 1998 eine Beschwerdeerwiderung zur Akte zu reichen. Sie habe darauf vertrauen dürfen, daß ihr nachdem die Einsprechende auf die mündliche Verhandlung verzichtet habe, eine Frist gesetzt werde, binnen derer sie eine Beschwerdeerwiderung vorzulegen habe.

b) Die Rechtsbeschwerde macht die Verletzung rechtlichen Gehörs ohne Erfolg geltend. Zwar eröffnet § 100 Abs. 3 Nr. 3 Patentgesetz (PatG), der durch das Zweite Gesetz zur Ä nderung des Patentgesetzes und anderer Gesetze vom 16. Juli 1998 (2. PatÄ ndG) in das PatG eingefügt worden ist, die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde nunmehr auch bei einer Versagung des rechtlichen Gehörs. Die Vorschrift ist auf den zu entscheidenden Fall auch zeitlich anwendbar (Sen.Beschl. v. 19.5.1999 - X ZB 13/98, GRUR 1999, 919 - Zugriffsinformation). Eine Verletzung der Vorschrift liegt jedoch nicht vor, weil das Beschwerdegericht der Patentinhaberin rechtliches Gehör gewährt hat.
aa) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde war das Beschwerdegericht nicht gehalten, der Patentinhaberin eine Frist zur Erwiderung auf die Beschwerdebegründung zu setzen oder dieser den beabsichtigten Termin zur Beschlußfassung im schriftlichen Verfahren mitzuteilen. Denn das Gebot zur Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet das Beschwerdegericht lediglich, allen Verfahrensbeteiligten Gelegenheit zu geben, sich zu dem Vorbringen des Gegners äußern zu können, vgl. § 93 Abs. 2 PatG. Dem kann das Beschwerdegericht in patentrechtlichen Beschwerdeverfahren, in denen keine mündliche Verhandlung nach § 78 PatG stattfindet, dadurch nachkommen, daß es die Beschwerdebegründung dem Gegner zuleitet und eine angemessene Zeit abwartet , bevor es in der Sache entscheidet. Der Gegner kann dann innerhalb der ihm eingeräumten Zeit Stellung nehmen. Unter diesen Voraussetzungen zusätzlich eine Ä ußerungsfrist zu setzen oder den beabsichtigten Termin zur Beschlußfassung mitzuteilen, kann zwar im Einzelfall zweckmäßig und sinnvoll sein. Dessen bedarf es jedoch grundsätzlich nicht, um das Recht des Gegners auf rechtliches Gehör zu wahren.
Eine solche Verfahrensgestaltung ist nicht nur im markenrechtlichen Beschwerdeverfahren anerkannt (BGH, Beschl. v. 12.12.1996 - I ZB 8/96, GRUR 1997, 223 f. - Ceco), sondern beachtet auch die - im patent- wie im markenrechtlichen Beschwerdeverfahren - entsprechend anwendbaren allgemeinen Grundsätze der Zivilprozeßordnung, § 99 Abs. 1 PatG, § 82 Abs. 1 MarkenG (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO, 57. Aufl., § 573 ZPO, Rdn. 5; MünchKomm-Braun, ZPO, 1992, § 573 ZPO, Rdn. 3; Zöller/Gummer, ZPO, 21. Aufl., § 573 ZPO, Rdn. 10). Sie steht in Einklang mit dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf rechtliches Gehör, Art. 103 Abs. 1 GG. Denn auch daraus ergibt sich keine Pflicht des Gerichts, den Verfahrensbeteiligten eine Frist zur Stellungnahme zu setzen. Dem Anspruch auf rechtliches Gehör wird vielmehr bereits dadurch hinreichend Rechnung getragen, daß das Gericht erst nach einer angemessenen Frist, innerhalb der für den Verfahrensbeteiligten Gelegenheit zur Ä ußerung in der Sache besteht, entscheidet (BVerfGE 8, 89, 91; 17, 191, 193; 18, 399, 406; 49, 212, 215; 60, 313, 317; BVerfG ZIP 1986, 1336, 1337; BVerfG, Beschl. v. 7.4.1989 - 2 BvR 395/89 u. Beschl. v. 23.10.1992 - 1 BvR 1232/92, beide in Juris dokumentiert).
Eine Pflicht zur Festsetzung einer Ä ußerungsfrist ergab sich hier für das Beschwerdegericht auch nicht im Hinblick darauf, daß die Beschwerdeführerin mit Einlegung ihrer Beschwerde zunächst die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hatte. Wäre es dabei geblieben, hätte das Beschwerdegericht diesem Antrag zwar nach § 78 Nr. 1 PatG nachkommen und einen Termin zur mündlichen Verhandlung festsetzen sowie die Beteiligten laden müssen. Diese Verpflichtung ist jedoch dadurch entfallen, daß die Beschwerdeführerin ihren zunächst unbedingt gestellten Antrag später in einen Hilfsantrag abgeändert und das Beschwerdegericht das Streitpatent entsprechend
dem Sachantrag der Beschwerdeführerin widerrufen hat. Ein solcher Hilfsantrag ist zulässig (Benkard/Rogge, Patentgesetz, Gebrauchsmustergesetz, 9. Aufl., § 78 PatG, Rdn. 5). Nach der Abänderung des Antrags auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung konnte das Beschwerdegericht deshalb über die Beschwerde ohne mündliche Verhandlung entscheiden, wenn es eine solche nicht für sachdienlich erachtete, § 78 Nr. 3 PatG. Damit genügte es zur Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, daß dem Gegner hinreichend Zeit zur Stellungnahme auf die Beschwerdebegründung eingeräumt wurde.
bb) Die Zeit zwischen dem Zugang der Beschwerdebegründung bei der Patentinhaberin am 15. Juni 1998 und der Beschlußfassung durch das Beschwerdegericht am 4. September 1998 - mithin mehr als elf Wochen - war ausreichend bemessen, um der Patentinhaberin Gelegenheit zu geben, zum Vorbringen der Beschwerdeführerin Stellung zu nehmen. Das Mindestmaß der von dem Gericht einzuhaltenden Anhörungsfrist richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles (vgl. etwa: BVerfGE 60, 317, 318) und damit in patentrechtlichen Beschwerdeverfahren, in denen – wie hier - der Einsprechende zugleich Beschwerdeführer ist, insbesondere auch nach der Anzahl und dem Umfang der mit der Beschwerdebegründung neu in das Verfahren eingeführten Entgegenhaltungen.
Die Rechtsbeschwerde macht insoweit geltend, daß mit der Beschwerdebegründung zwei neue Entgegenhaltungen, und zwar die US-PS 1 658 186 und die Literaturstelle Dies, Kupfer und Kupferlegierungen in der Technik, Springer-Verlag 1967, in das Verfahren eingeführt worden seien. Zudem sei der Beschwerdebegründung lediglich die Literaturstelle beigefügt gewesen, weshalb die US-Patentschrift vor der Bearbeitung noch habe beschafft werden
müssen. Außerdem weist die Rechtsbeschwerde darauf hin, daß der Schriftverkehr zwischen den koreanischen Patentanwälten der in Korea ansässigen Patentinhaberin und ihren Inlandsvertretern habe fremdsprachlich geführt werden müssen. Alle diese Umstände rechtfertigen es jedoch nicht, den vom Beschwerdegericht vom Zugang der Beschwerdebegründung bei dem Inlandsvertreter der Patentinhaberin bis zur Beschlußfassung abgewarteten Zeitraum von mehr als elf Wochen als unangemessen anzusehen.
Zu Unrecht meint die Rechtsbeschwerde, die Patentinhaberin habe, nachdem die Einsprechende zunächst Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung beantragt habe, nicht annehmen müssen, daß bei der Erstellung und Einreichung einer Beschwerdeerwiderung Eile geboten gewesen sei, weil derartige Verfahren erfahrungsgemäß ca. zwei Jahre dauerten. Denn dies schließt es nicht aus, daß Termin zur mündlichen Verhandlung im Einzelfall auch kurzfristiger anberaumt wird. Zudem mußte die Patentinhaberin damit rechnen, daß - wie hier geschehen - die Beschwerdeführerin ihren Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung abändern und s ich - zumindest bedingt für den Fall, daß ihr Sachantrag Erfolg haben würde - mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklären würde. Es bestand für die Patentinhaberin daher kein Grund, die Beschwerdeerwiderung weniger zügig zu bearbeiten und einzureichen als dies in Beschwerdeverfahren geboten ist, in denen kein Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung gestellt worden ist.
Sollten bei der Patentinhaberin Unsicherheiten über die für eine Ä ußerung zur Verfügung stehende Zeit bestanden haben, hätte diese - vor oder nach der Ä nderung des Antrags der Beschwerdeführerin auf Anberaumung
einer mündlichen Verhandlung - die Möglichkeit gehabt, dem Beschwerdegericht einen Zeitpunkt mitzuteilen, bis zu dem sie sich zu der Beschwerdebegründung äußern werde und dadurch dem Beschwerdegericht Veranlassung gegeben, diesen Zeitpunkt abzuwarten oder ihn vorzuverlegen und dies - in letzterem Fall - den Parteien mitzuteilen (MünchKomm-Braun, aaO., § 573 ZPO, Rdn. 3; Zöller/Gummer, aaO., § 573 ZPO, Rdn. 10).
Die Rechtsbeschwerde kann sich schließlich auch nicht darauf berufen, die Frist zwischen dem Zugang des Schriftsatzes, in dem die Beschwerdeführerin ihren unbedingt gestellten Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung in einen Hilfsantrag geändert hat, am 19. August 1998 und der Beschlußfassung durch das Beschwerdegericht am 4. September 1998 - also etwas mehr als zwei Wochen - sei zu kurz bemessen gewesen. Zum einen ist aus den dargelegten Gründen für den Beginn der Ä ußerungsfrist auf den Zugang der Beschwerdebegründung und nicht auf den Zugang des Ä nderungsantrags bei der Patentinhaberin bzw. ihren Inlandsvertretern abzustellen. Zum anderen hatte die Patentinhaberin die Möglichkeit, nunmehr ihrerseits die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung nach § 78 Nr. 1 PatG zu beantragen und dadurch die Verfahrenslage wieder herzustellen, die vor der Antragsänderung durch die Beschwerdeführerin bestanden hatte. Jedenfalls für die Entscheidungsfindung, ob ein solcher Antrag gestellt werden sollte, reichte ein der gesetzlichen Ladungsfrist (§ 89 PatG) entsprechender und hier eingehaltener Zeitraum von etwas mehr als zwei Wochen zwischen Zugang der Antragsänderung bei der Patentinhaberin und der Beschlußfassung durch das Beschwerdegericht aus.
cc) Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, daß die Patentinhaberin , wäre ihr eine Ä ußerungsfrist gesetzt worden, detailliert dargelegt hätte, daß die Beschwerde unbegründet sei. Da das Recht der Patentinhaberin auf rechtliches Gehör nicht verletzt worden ist, bedarf es keiner Erörterung der Frage, ob es erforderlich ist, daß der angefochtene Beschluß auf dem von der Rechtsbeschwerde gerügten Verfahrensverstoß beruht und welche Anforderungen gegebenenfalls an eine solche Kausalitätsanforderung zu stellen sind (vgl. dazu BGH, Beschl. v. 30.1.1997 - I ZB 3/95, GRUR 1997, 637, 638 - Top Selection; Beschl. v. 12.2.1998 - I ZB 23/97, GRUR 1998, 817, 818 - DORMA). Soweit die Rechtsbeschwerde zur Begründung ihres Vorbringens ausführlich zur materiellen Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses Stellung nimmt, gibt dies außerdem zu dem Hinweis Veranlassung, daß im Rahmen einer zulassungsfreien Rechtsbeschwerde, mit der die Rüge der Versagung rechtlichen Gehörs geltend gemacht wird, die materielle Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses nicht zur Überprüfung gestellt werden kann (BGH, Beschl. v. 3.12.1998 - I ZB 14/98, NJW-RR 1999, 549, 550 - DILZEM).
2. a) Die Rechtsbeschwerde rügt weiter, daß der angefochtene Beschluß an einem Begründungsmangel leide. Das Bundespatentgericht habe den Widerruf des Streitpatents allein damit begründet, daß Anspruch 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe und damit nicht bestandsfähig sei. Bei Anspruch 1 handele es sich wie bei den auf diesen rückbezogenen Ansprüchen 2 bis 4 um einen Stoffanspruch. Das Bundespatentgericht habe aber nicht die Rechtsbeständigkeit der Ansprüche 5 und 6 geprüft, mit denen jeweils ein Verfahren zur Herstellung einer Legierung nach einem der Ansprüche 1 bis 4 unter Schutz gestellt werde. Dies sei aber erforderlich gewesen, weil es sich um selbständige Nebenansprüche handele und damit ein selbständiges Vertei-
digungsmittel nicht beschieden worden sei. Die Patentinhaberin habe die Bestandsfähigkeit der Ansprüche 5 und 6 im Einspruchsverfahren im einzelnen dargelegt.

b) Die Rechtsbeschwerde vermag auch mit dieser Rüge nicht durchzudringen. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats erfordert die Begründungspflicht für die Entscheidung im Einspruchsverfahren gem. § 100 Abs. 3 Nr. 6 PatG nicht die gesonderte Prüfung von nachgeordneten Ansprüchen, die nicht zum Gegenstand eines auf ihren selbständigen Schutz gerichteten Hilfsantrags gemacht worden sind (Sen.Beschl. v. 26.9.1996 - X ZB 18/95, GRUR 1997, 120, 122 - Elektrisches Speicherheizgerät). Das gilt auch für solche Ansprüche , die sich sachlich als sogenannte Nebenansprüche darstellen (Sen., aaO - Elektrisches Speicherheizgerät). Demnach stellt es keinen Begründungsmangel dar, daß das Beschwerdegericht die Rechtsbeständigkeit der Ansprüche 5 und 6 des Streitpatents nicht gesondert geprüft hat, weil die Patentinhaberin insoweit keinen eigenständigen Hilfsantrag gestellt hat.
Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde macht es auch keinen Unterschied, daß in der Entscheidung ”Elektrisches Speicherheizgerät”, in der der Senat einen Begründungsmangel i.S.v. § 100 Abs. 3 Nr. 5 PatG a.F. verneint hat, der vom Beschwerdegericht geprüfte Hauptanspruch ein Verfahrensanspruch und der von diesem nicht geprüfte Nebenanspruch ein auf den Verfahrensanspruch rückbezogener Vorrichtungsanspruch gewesen ist, während in dem hier zu entscheidenden Fall, der geprüfte Anspruch 1 ein Stoffanspruch ist und die auf diesen rückbezogenen Nebenansprüche 5 und 6 Verfahrensansprüche sind. Denn Grundlage für die Rechtsprechung des Senats zu den Anforderungen an den Begründungszwang nach § 100 Abs. 3 Nr. 5 PatG ist die
Anknüpfung an einen Anspruch im Sinne der Zivilprozeßordnung oder ein einzelnes selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel, die jeweils einer gesonderten Erörterung in einer belastenden Entscheidung bedürfen. Als solcher wird aber nicht der einzelne Patentanspruch, sondern der gesamte Antrag auf Erteilung oder Aufrechterhaltung eines Patents angesehen (Sen., aaO - Elektrisches Speicherheizgerät). In diesem Zusammenhang kommt der Art des jeweiligen Patentanspruchs keine Bedeutung zu.

c) Die Rechtsbeschwerde meint, die Patentinhaberin habe darauf vertrauen dürfen, daß ihr nicht nur zur Erwiderung auf die Beschwerdebegründung der Einsprechenden, sondern darüber hinaus auch zur vorsorglichen Stellung von sachgerechten Hilfsanträgen eine angemessene Zeitspanne verbleibe oder daß ihr das Beschwerdegericht insoweit eine Frist setze. Sie hätte dann in erster Linie beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen, und hilfsweise, das Streitpatent eingeschränkt mit den Ansprüchen 5 und 6 aufrechtzuerhalten.
Auch diese Rüge hat keinen Erfolg. Die Rechtsbeschwerde macht insoweit erneut die Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend. Dieser Anspruch ist vom Beschwerdegericht jedoch aus den oben dargelegten Gründen gewahrt worden.
Rogge Melullis Scharen
Keukenschrijver Mühlens

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 10/07
vom
27. Februar 2008
in der Rechtsbeschwerdesache
betreffend das Patent 101 07 912
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Installiereinrichtung
Ein die mündliche Verhandlung vorbereitender Hinweis, eine bestimmte beschränkte
Verteidigung des Streitpatents könne in der Verhandlung erörtert werden, kann auch
dazu dienen, den Einsprechenden auf die Möglichkeit einer beschränkten Verteidigung
des Streitpatents für den Fall vorzubereiten, dass der Patentinhaber überraschend
neue Patentansprüche einreicht. Aus einem solchen Hinweis allein lässt sich
daher noch nicht herleiten, ein solcher Gegenstand werde von dem den Hinweis gebenden
Gericht für patentfähig gehalten, so dass es zur Vermeidung einer Verletzung
des Anspruchs auf rechtliches Gehör verpflichtet sei, dem Patentinhaber weitere
Hinweise zu geben.
BGH, Beschl. v. 27. Februar 2008 - X ZB 10/07 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Melullis, den Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter
Prof. Dr. Meier-Beck und Asendorf
am 27. Februar 2008

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 19. Senats (Technischen Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 26. Februar 2007 wird auf Kosten des Patentinhabers zurückgewiesen.
Der Wert des Gegenstandes des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 50.000,-- € festgesetzt.

Gründe:


1
I. Die Rechtsbeschwerdegegnerin hat gegen das Patent 101 07 912 (Streitpatent ), das eine Einrichtung zum Installieren von Versorgungsleitungen betrifft, Einspruch eingelegt. Sie hat die Auffassung vertreten, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig.
2
Der Patentinhaber hat das Streitpatent nach Maßgabe der in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundespatentgericht überreichten Fassungen beschränkt verteidigt. Patentanspruch 1 lautet in der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung (Bezugszeichen sind weggelassen): "Einrichtung zum Installieren von Versorgungsleitungen und/oder Datenleitungen für mehrere Arbeitsplätze, insbesondere miteinander und/oder mit einer zentralen Einrichtung verbundene Computerarbeitsplätze oder dergleichen in einem Raum, mit einem aus vorbereiteten Elementen gerüstartig aufbaubaren System, das unterhalb einer Decke des Raumes und oberhalb einer normalen Greifhöhe anbringbare Kanäle zur Aufnahme von Versorgungsleitungen und/oder Datenleitungen enthält, wobei an die Kanäle nach unten gerichtete, Arbeitsplätzen zugeordnete Säulen anschließbar sind, die mit in Greifhöhe anzuordnenden Versorgungsanschlüssen versehen sind, an die mittels Leitungen Geräte anschließbar sind, dadurch gekennzeichnet, dass die Säulen um eine im Bereich der Kanäle befindliche, horizontale Achse aus der Greifhöhe heraus verschwenkbar angeordnet sind und dass den verschwenkbaren Säulen Rast- oder Arretiermittel zugeordnet sind."
3
Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent widerrufen.
4
Hiergegen richtet sich die vom Bundespatentgericht nicht zugelassene Rechtsbeschwerde des Patentinhabers, der die Einsprechende entgegengetreten ist.
5
II. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil mit ihr die gesetzlich vorgesehenen Rechtsbeschwerdegründe der Verletzung rechtlichen Gehörs und fehlender Be- gründung des angefochtenen Beschlusses geltend gemacht werden (§ 100 Abs. 3 Nr. 3 und Nr. 6 PatG). In der Sache bleibt die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg, weil die gerügten Mängel nicht vorliegen.
6
1. a) Das Bundespatentgericht ist davon ausgegangen, dass sich in der Praxis das Problem stelle, die Säulen von Installationseinrichtungen der hier fraglichen Art bedarfsweise aus dem Weg zu schaffen, etwa weil ein Arbeitsplatz verlegt oder Aufbauten oder Gegenstände am Ort der Säulen aufgestellt werden müssten. Angesichts dessen stelle sich die patentgemäße Aufgabe, eine Einrichtung zu schaffen, die einen flexiblen Aufbau und eine flexible Installation von Versorgungsleitungen ermöglicht, die leicht zu bedienen sei und die zu möglichst geringen Behinderungen führe, von selbst.
7
Die Rechtsbeschwerde sieht durch diese Ausführungen den Anspruch des Patentinhabers auf rechtliches Gehör verletzt, weil das Bundespatentgericht den Kerngedanken der Erfindung verkannt und nicht auf sein Verständnis des Streitpatents hingewiesen habe. Indem es angenommen habe, dass sich die patentgemäße Aufgabe "von selbst" stelle, habe es den die Lösungsrichtung definierenden Gedanken nicht dem Streitpatent zugerechnet, so dass dieser nicht an der erfinderischen Tätigkeit teilhabe. Wäre dem Patentinhaber ein Hinweis auf diese Auffassung des Bundespatentgerichts gegeben worden, so hätte er aufzeigen können, dass das mit den angegriffenen Ausführungen angesprochene Problem in den zahlreichen zum Stand der Technik genannten Schriften nicht andeutungsweise angesprochen werde.
8
b) Mit diesen Rügen zeigt die Rechtsbeschwerde eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht auf.
9
Mit der angegriffenen Wendung hat das Bundespatentgericht zur Auslegung des Streitpatents auf die einleitenden Bemerkungen der Beschreibung zurückgegriffen , die auf die in Schulen, Hochschulen und dergleichen in allgemeiner Form an Installationseinrichtungen der vorliegenden Art sich stellenden Anforderungen hinweist (Tz. 0002), nämlich beispielsweise bei variierender Raumnutzung flexibel zu sein; vor allem hat es in diesem Kontext auf die Angaben der Beschreibung abgestellt, bei bekannten Einrichtungen seien die Säulen mit ihrem oberen Ende fest mit Kanälen verbunden mit ihrem unteren Ende am Boden befestigt (Beschreibung Tz. 0005). Dies hat es mit dem Anliegen des Streitpatents und größerer Flexibilität in Verbindung gebracht und daraus gefolgert, dass diese Ausgestaltung vermieden werden solle. Damit gehen die von der Rechtsbeschwerde angegriffenen Ausführungen zum Verständnis der in der Beschreibung formulierten Aufgabenstellung, einen flexiblen Aufbau, eine flexible Installation von Versorgungsleitungen und eine leichte Bedienbarkeit der Vorrichtung zu ermöglichen, die zu möglichst geringen Behinderungen führen, auf die in der Beschreibung des Streitpatents angesprochenen, sich bei Einrichtungen der hier fraglichen Art stellenden Schwierigkeiten zurück, nämlich dass am Ort der Säule Gegenstände aufgebaut oder ein Arbeitsplatz verlegt werden müssen. Das Bundespatentgericht hat daher entgegen der Annahme der Rechtsbeschwerde mit dem Abstellen auf Probleme (d.h. Schwierigkeiten), die sich "in der Praxis stellen", seiner Entscheidung keinen Sachverhalt zugrunde gelegt, zu dem der Patentinhaber keine Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt hätte, sondern auf einen Sachverhalt, den der Patentinhaber in der Beschreibung des Streitpatents selbst dargestellt hat. Der angefochtene Beschluss stellt daher keine Verletzung des rechtlichen Gehörs in Form einer Überraschungsentscheidung dar.
10
Im Übrigen rügt die Rechtsbeschwerde mit dem Vorbringen, das Bundespatentgericht habe den Kerngedanken der Erfindung verkannt, die inhaltliche Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses, die im Verfahren der zulassungsfreien Rechts- beschwerde nicht zur Überprüfung steht. Die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs dient allein der Wahrung dieses Verfahrensgrundrechts der am Verfahren Beteiligten (Sen.Beschl. v. 11.6.2002 - X ZB 27/01, GRUR 2002, 957 - Zahnstruktur; Sen.Beschl v. 27.6.2007 - X ZB 6/05, GRUR 2007, 862 - Informationsübermittlungsverfahren II zur Veröffentlichung in BGHZ 173, 47 vorgesehen).
11
2. Die Rechtsbeschwerde macht weiter ohne Erfolg geltend, der angefochtene Beschluss beruhe deshalb auf einer Verletzung des Anspruchs des Patentinhabers auf rechtliches Gehör, weil sein Vorbringen zur erfinderischen Tätigkeit vollständig übergangen worden sei.
12
a) Bei seiner Würdigung hat das Bundespatentgericht sich mit dem deutschen Gebrauchsmuster 94 11 771 auseinandergesetzt, dem es eine Einrichtung zum Installieren von Versorgungsleitungen und/oder Datenleitungen für mehrere Arbeitsplätze mit nach unten gerichteten Säulen zur Aufnahme von Versorgungs- und Datenleitungen und eine Lehre zu deren Verschwenkbarkeit als bekannt entnommen hat. Auf dieser Grundlage befasst sich der angefochtene Beschluss mit dem Stand der Technik und demzufolge mit der technischen Entwicklung bis zum Prioritätstag. Mit der Frage der Höhenverstellbarkeit der Versorgungsanschlüsse hat sich das Bundespatentgericht ausdrücklich auseinandergesetzt und der Veröffentlichung von Leimbach, Gestaltung und Einrichtung naturwissenschaftlicher Räume, 1954, sowie den US-Patentschriften 3 534 319 und 4 801 815 entnommen, dass Säulen zur Aufnahme von Versorgungsleitungen, die um eine horizontale Achse schwenkbar und damit in der Höhe verstellbar sind, im Stand der Technik bekannt waren. Aus dem Umstand, dass das Bundespatentgericht dabei zu anderen Ergebnissen und Schlüssen als der Rechtsbeschwerdeführer gelangt ist, lässt sich nicht herlei- ten, das Bundespatentgericht habe seinen Sachvortrag nicht zur Kenntnis genommen und dadurch den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.
13
b) Soweit die Rechtsbeschwerde meint, das Bundespatentgericht habe das Vorbringen zum Markterfolg der Lehre nach dem Streitpatent als Hilfskriterium zur Bewertung der erfinderischen Tätigkeit nicht berücksichtigt, verkennt sie, dass aus einem erheblichen Absatz patentgemäßer Produkte und dem damit erzielten wirtschaftlichen Erfolg allein nicht auf das Vorliegen erfinderischer Tätigkeit geschlossen werden kann, insbesondere dann nicht, wenn zum Auffinden des patentgemäßen Gegenstandes keine technischen Schwierigkeiten zu überwinden waren (Sen.Urt. v. 11.5.1993 - X ZR 104/90, GRUR 1994, 36, 38 - Messventil). Davon ist das Bundespatentgericht nach Auswertung des Stands der Technik ausgegangen. Es stelle daher weder einen Begründungsmangel noch eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör dar, wenn eine Behauptung zu den Hilfskriterien in den Entscheidungsgründen nicht ausdrücklich erörtert wird (vgl. Sen.Beschl. v. 11.9.2007 - X ZB 15/06, GRUR 2007, 997 - Wellnessgerät).
14
c) Schließlich kann auch aus dem Umstand, dass das Bundespatentgericht in der Terminsladung darauf hingewiesen hat, im Rahmen der mündlichen Verhandlung könne die ursprüngliche Offenbarung der Kombination der Gegenstände der Patentansprüche 5 und 7 bis 10 mit dem des geltenden Patentanspruchs 1 diskutiert werden, keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör hergeleitet werden.
15
Ein die mündliche Verhandlung vorbereitender Hinweis der vorliegenden Art kann auch dazu dienen, den Einsprechenden auf die Möglichkeit einer beschränkten Verteidigung des Streitpatents vorzubereiten, um auf diese Weise der Notwendigkeit einer Vertagung der mündlichen Verhandlung entgegenzuwirken, die erforderlich werden kann, wenn der Patentinhaber das Streitpatent durch überraschend einge- reichte neue Patentansprüche beschränkt zu verteidigen sucht und sich der Einsprechende darauf nicht einlassen kann oder will, etwa weil die Einlassungsfrist für ihn nicht gewahrt ist. Aus einem derartigen vorbereitenden Hinweis lässt sich nicht ohne weiteres herleiten, ein solcher Gegenstand werde von dem den Hinweis gebenden Gericht für patentfähig gehalten, so dass es, um eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör zu vermeiden, verpflichtet sei, dem Patentinhaber weitere Hinweise zu geben, wenn es auch einen in dieser Weise gefassten Anspruch nicht für patentfähig hält. Ein solcher Schluss ist bereits deshalb verfehlt, weil durch einen solchen Hinweis beiden Parteien Gelegenheit gegeben wird, zu der Frage der Patentfähigkeit einer beschränkten Verteidigung des Streitpatents Stellung zu nehmen, damit aufgrund dieser Stellungnahmen die Frage der Zulässigkeit einer beschränkten Verteidigung und der Patentfähigkeit des danach beanspruchten Gegenstandes sachlich erörtert und beschieden werden kann.
16
Umstände, aufgrund derer der Beschwerdeführer gleichwohl davon hat ausgehen können, nach dem Hinweis des Bundespatentgerichts in der Terminsladung werde das Streitpatent - wenn auch in eingeschränktem Umfang - aufrechterhalten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Zu einer solchen Annahme hatte der Patentinhaber im Streitfall auch deshalb keine Veranlassung, weil er das Streitpatent nicht in einer dem vorbereitenden Hinweis entsprechenden, sondern in davon abweichenden Fassungen verteidigt hat. Für die von der Rechtsbeschwerde vermissten weiteren Hinweise bestand daher weder im Ausgangspunkt noch im Hinblick auf das prozessuale Verhalten des Patentinhabers eine Veranlassung.
17
d) Die übrigen von der Rechtsbeschwerde erhobenen Rügen betreffen die inhaltliche Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung, die im Verfahren der zulassungsfreien Rechtsbeschwerde nicht zur Überprüfung steht.
18
3. Der angefochtene Beschluss leidet auch nicht an Begründungsmängeln (§ 100 Abs. 3 Nr. 6 PatG).
19
a) Die Rechtsbeschwerde sieht einen Begründungsmangel darin, dass das Bundespatentgericht aus den Entgegenhaltungen entnommen hat, eine um eine horizontale Achse aus der Greifhöhe heraus verschwenkbare Anordnung sei im Stand der Technik bekannt gewesen, obwohl dies nicht der Fall sei, weil keine der vom Bundespatentgericht zitierten Schriften eine solche Anordnung offenbare, ferner darin , dass es an Ausführungen zu der Frage fehle, dass der Fachmann konkrete Veranlassung gehabt habe, die vom Bundespatentgericht herangezogenen Druckschriften zu kombinieren.
20
Mit diesen Rügen wendet sich die Rechtsbeschwerde lediglich gegen die inhaltliche Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses, die im Verfahren der zulassungsfreien Rechtsbeschwerde nicht zur Überprüfung steht (BGHZ 33, 333, 338 - Warmpressen; Sen.Beschl. v. 27.6.2007 - X ZB 6/05, GRUR 2007, 862 - Informationsübermittlungsverfahren II m.N.).
21
b) Die Rechtsbeschwerde sieht einen Begründungsmangel schließlich darin, dass das Bundespatentgericht in der Terminsladung angeregt habe, die Patentansprüche 5 und 7 bis 10 mit dem Patentanspruch 1 zu kombinieren. Patentanspruch 10 des Haupt- und Hilfsantrags sei auf die Patentansprüche 1 bis 9 und damit auch auf die nach Auffassung des Bundespatentgerichts weiteren zusammenfassenden Patentansprüche 1, 5 und 7 bis 9 rückbezogen. Zumindest den Patentanspruch 10 habe das Bundespatentgericht daher eigens prüfen und bescheiden müssen.
22
Patentanspruch 10 betrifft nach der mit dem Haupt- wie dem Hilfsantrag jeweils beschränkt verteidigten Fassung des Streitpatents eine Einrichtung nach den Patentansprüchen 1 bis 9, bei der die Versorgungsanschlüsse einer Säule in einem Anschlusskasten zusammengefasst sind. Bei diesem Patentanspruch handelt es sich nicht um einen von mehreren selbständigen Ansprüchen. Zwar kann, wenn ein Patent mehrere selbständige Ansprüche enthält, allein aus dem Umstand, dass der Patentinhaber nicht ausdrücklich auch die Aufrechterhaltung des Patents im Umfang einzelner Patentansprüche begehrt, nicht geschlossen werden, er sei nicht (hilfsweise ) auch mit der Aufrechterhaltung im Umfang eines oder mehrerer selbständiger Ansprüche einverstanden. Beantragt der Patentinhaber hingegen, das Patent in beschränktem Umfang mit bestimmten auf den Hauptanspruch rückbezogenen unselbständigen Anspruchssätzen aufrechtzuerhalten, ist grundsätzlich der Widerruf des Patents gerechtfertigt, wenn sich auch nur der Gegenstand eines Patentanspruchs aus dem verteidigten Anspruchssatz als nicht patentfähig erweist (Sen.Beschl. v. 27.6.2007 - X ZB 6/05, GRUR 2007, 862 Tz. 21 f. - Informationsübermittlungsverfahren II; Sen.Beschl. v. 26.9.1996 - X ZB 18/95, GRUR 1997, 120, 122 - elektrisches Speicherheizgerät). Die Ausführungen des angefochtenen Beschlusses zu den (unselbständigen) Patentansprüchen lassen demzufolge einen Begründungsmangel nicht erkennen.
23
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 109 PatG. Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht für erforderlich gehalten (§ 107 Abs. 1 PatG).
Melullis Keukenschrijver Mühlens
Meier-Beck Asendorf
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 26.02.2007 - 19 W(pat) 320/04 -

(1) Gegen die Beschlüsse der Beschwerdesenate des Patentgerichts, durch die über eine Beschwerde nach § 73 oder über die Aufrechterhaltung oder den Widerruf eines Patents nach § 61 Abs. 2 entschieden wird, findet die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof statt, wenn der Beschwerdesenat die Rechtsbeschwerde in dem Beschluß zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert.

(3) Einer Zulassung zur Einlegung der Rechtsbeschwerde gegen Beschlüsse der Beschwerdesenate des Patentgerichts bedarf es nicht, wenn einer der folgenden Mängel des Verfahrens vorliegt und gerügt wird:

1.
wenn das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
wenn bei dem Beschluß ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
wenn einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
wenn ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
wenn der Beschluß auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
wenn der Beschluß nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Sind an dem Verfahren über die Rechtsbeschwerde mehrere Personen beteiligt, so kann der Bundesgerichtshof bestimmen, daß die Kosten, die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, von einem Beteiligten ganz oder teilweise zu erstatten sind, wenn dies der Billigkeit entspricht. Wird die Rechtsbeschwerde zurückgewiesen oder als unzulässig verworfen, so sind die durch die Rechtsbeschwerde veranlaßten Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen. Hat ein Beteiligter durch grobes Verschulden Kosten veranlaßt, so sind ihm diese aufzuerlegen.

(2) Dem Präsidenten des Deutschen Patent- und Markenamts können Kosten nur auferlegt werden, wenn er die Rechtsbeschwerde eingelegt oder in dem Verfahren Anträge gestellt hat.

(3) Im übrigen gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen entsprechend.

(1) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluß; sie kann ohne mündliche Verhandlung getroffen werden.

(2) Der Bundesgerichtshof ist bei seiner Entscheidung an die in dem angefochtenen Beschluß getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Rechtsbeschwerdegründe vorgebracht sind.

(3) Die Entscheidung ist zu begründen und den Beteiligten von Amts wegen zuzustellen.