Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Juli 2010 - VII ZR 117/08

bei uns veröffentlicht am22.07.2010
vorgehend
Landgericht Mainz, , 7 O 175/89
Oberlandesgericht Koblenz, 2 U 1421/92, 24.04.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZR 117/08
vom
22. Juli 2010
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Lässt die Begründung der angefochtenen Entscheidung nur den Schluss zu, dass
die Entscheidung des Gerichts auf einer allenfalls den äußeren Wortlaut, nicht
aber den Sinn des Parteivortrags erfassenden Wahrnehmung beruht, kann darin
ein Verstoß gegen den Anspruch der betroffenen Partei auf Gewährung rechtlichen
Gehörs liegen (Anschluss an BGH, Beschluss vom 9. Februar 2009
- II ZR 77/08, BauR 2009, 1003).

b) Ein Verzug mit der Annahme einer Beseitigung von Mängeln der Werkleistung ist
nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil der Auftraggeber irrtümlich der Auffassung
ist, die von ihm zurückgewiesene Nachbesserung führe nicht zu einer mangelfreien
Leistung.
BGH, Beschluss vom 22. Juli 2010 - VII ZR 117/08 - OLG Koblenz
LG Mainz
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Juli 2010 durch den Vorsitzenden
Richter Prof. Dr. Kniffka und die Richter Bauner, Dr. Eick, Halfmeier
und Leupertz

beschlossen:
Der Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision wird teilweise stattgegeben. Das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 24. April 2008 wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als dem Beklagten wegen der Mängel der Schrägdachverglasung ein über 15.000 DM hinausgehendes Zurückbehaltungsrecht in Höhe von weiteren 168.726,32 € (330.000 DM = 345.000 DM - 15.000 DM) zuerkannt worden ist. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Die weitergehende Beschwerde der Klägerin und die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision werden zurückgewiesen.
Gegenstandswert: - 303.731,92 € (NZB der Klägerin: 98.479,06 € + NZB des Beklagten: 205.252,86 €) - stattgebender Teil (einfache Mängelbeseitigungskosten ): 56.242,11 €

Gründe:

I.

1
Die Klägerin verlangt von dem Beklagten restlichen Werklohn aus zwei Nachtragsrechnungen.
2
Die Klägerin errichtete 1987 auf dem Grundstück des Beklagten ein Verwaltungsgebäude mit Produktionshalle. Für die Bauausführung war ein Pauschalpreis in Höhe von 3.660.000 DM netto vereinbart. Die Arbeiten wurden 1988 unter Vorbehalt verschiedener Mängelrügen abgenommen.
3
Bereits vor Baubeginn im Jahre 1987 stand fest, dass Nachträge zum Pauschalvertrag erforderlich werden würden, über die die Parteien verhandelten.
4
Auf eine korrigierte Nachtragsrechnung vom 13. Juni 1988 mit den Positionen N 1 - N 24 über 792.366,58 DM zahlte der Beklagte insgesamt 442.000 DM, die Zahlung des weiteren Betrages von 350.366,58 DM lehnte er ab. Mit einer weiteren Nachtragsrechnung vom 24. November 1989 stellte die Klägerin für das Glasdach des Verwaltungsgebäudes dem Beklagten 75.798,41 DM in Rechnung. Der Beklagte lehnte die Zahlung ab. Er ist der Ansicht , auf der Grundlage des Pauschalpreisvertrages bestehe kein weiterer Anspruch auf Mehrvergütung aus den Nachtragsrechungen. Zudem beruft er sich auf Mängel, bezüglich derer er ein Zurückbehaltungsrecht geltend macht. Weiter rechnet er mit Kosten der Ersatzvornahme für nicht erbrachte Leistungen und mit einer Vertragsstrafe hilfsweise auf.
5
Das Berufungsgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 173.777,49 € (339.879,82 DM) Zug um Zug gegen Nachbesserung festgestellter Mängel ver- urteilt und die Revision nicht zugelassen. Hiergegen wenden sich beide Parteien mit ihren Beschwerden.

II.

6
1. Das Berufungsgericht führt unter anderem aus, das Landgericht habe zutreffend festgestellt, dass das Glasdach und der Glasanbau im Treppenhausbereich mangelhaft seien, und daher zu Recht ein Zurückbehaltungsrecht des Beklagten angenommen. Dieses bestehe nach wie vor. Aus der vorgelegten Korrespondenz ergebe sich, dass eine endgültige Ablehnung des Nachbesserungsangebots durch den Beklagten nicht festgestellt werden könne. Der Beklagte habe eine Nachbesserung begehrt, die die nach seiner Auffassung untaugliche Konstruktion beseitige, indem die vorhandene Pultdachkonstruktion in ein Satteldach geändert werden sollte. Darauf habe der Beklagte zwar keinen Anspruch, weil eine Sanierung auch ohne Änderung der Baugeometrie möglich sei. Dies habe sich aber erst auf Grund der Begutachtung durch den Sachverständigen ergeben. Bei dieser Sachlage sei kein Raum für die Feststellung des Annahmeverzuges des Beklagten. Er könne daher der Klägerin deren Nachbesserungsverpflichtung weiterhin im Wege des Zurückbehaltungsrechts entgegenhalten. Dies gelte auch im Hinblick darauf, dass sich der Nachbesserungsaufwand in Folge der langen Verfahrensdauer, die der Beklagte nicht zu vertreten habe, von 15.000 DM auf 115.000 DM verteuert habe. Das aus den Mängeln der Schrägdachverglasung resultierende Zurückbehaltungsrecht des Beklagten belaufe sich auf den dreifachen Betrag der voraussichtlichen Sanierungskosten , mithin 345.000 DM.
7
2. Das Berufungsurteil beruht, wie die Klägerin zu Recht rügt, auf einer Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör, Art. 103 Abs. 1 GG, soweit das Berufungsgericht dem Beklagten wegen der Mängel der Schrägdachverglasung ein über 15.000 DM hinausgehendes Leistungsverweigerungsrecht in Höhe von weiteren 168.726,32 € (330.000 DM = 345.000 DM - 15.000 DM) zuerkannt hat.
8
a) Lässt die Begründung der angefochtenen Entscheidung nur den Schluss zu, dass die Entscheidung des Gerichts auf einer allenfalls den äußeren Wortlaut, nicht aber den Sinn des Parteivortrags erfassenden Wahrnehmung beruht, kann darin ein Verstoß gegen den Anspruch der betroffenen Partei auf Gewährung rechtlichen Gehörs liegen (BGH, Beschluss vom 9. Februar 2009 - II ZR 77/08, BauR 2009, 1003).
9
b) So liegt der Fall hier. Das Berufungsgericht hat einen Annahmeverzug des Beklagten verneint, weil er die Nachbesserung nicht endgültig abgelehnt habe. Seine Ausführungen beschäftigen sich nur damit, dass eine endgültige Ablehnung der Nachbesserung nicht vorliege. Allein daraus schließt das Berufungsgericht auf einen fehlenden Annahmeverzug. Die Klägerin hat im Schriftsatz vom 15. November 2004 zwar auch auf eine endgültige Ablehnung der Nachbesserung hingewiesen. Der Kern ihres Vortrags bestand aber darin, unabhängig von dieser Frage den Verzug der Annahme der Nachbesserung zu begründen. Die Klägerin hat dazu umfangreich und unter Bezug auf das Schreiben des damaligen Beklagtenvertreters vom 28. September 1992 vorgetragen , dass sie die geschuldete Leistung frühzeitig und mehrfach angeboten und der Beklagte die verschiedenen Angebote mit unterschiedlichen Begründungen zurückgewiesen habe. Mit diesem Vortrag hat sich das Berufungsgericht nicht befasst. Die entsprechenden Darlegungen der Klägerin waren von zentraler Bedeutung für den Rechtsstreit. Das Berufungsgericht hätte den Vortrag seinem Sinn entsprechend zur Kenntnis nehmen und sich damit auseinandersetzen müssen.
10
c) Der Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör ist entscheidungserheblich , soweit das Berufungsgericht ein über 15.000 DM hinausgehendes Leistungsverweigerungsrecht zuerkannt hat. Auf der Grundlage des Vortrags der Klägerin befand sich der Beklagte im Verzug der Annahme der Nachbesserung. Die Klägerin hat nach ihrem Vortrag die geschuldete Leistung mehrfach in ausreichender Weise angeboten, der Beklagte hat die Nachbesserung nicht zugelassen. Der Umstand, dass der Beklagte seinerzeit glaubte, die angebotene Nachbesserung sei unzureichend, beseitigt nicht den Annahmeverzug. Ob der Beklagte die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse seines Annahmeverzuges erkannt hat, ist unerheblich, da der Gläubigerverzug nach § 293 BGB ein Verschulden des Gläubigers nicht voraussetzt (BGH, Urteil vom 10. Mai 1988 - IX ZR 175/87, WM 1988, 1131). Er wird daher auch durch einen Irrtum des Beklagten, der das Nachbesserungsangebot für nicht ordnungsgemäß hält und es daher zurückweist, nicht berührt (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl., § 293 BGB Rdn. 10). Das Risiko der Fehlbeurteilung trägt der Gläubiger (OLG Hamm, BauR 1996, 123).
11
Im Annahmeverzug kann der Beklagte in der Regel nicht ein Mehrfaches an Mängelbeseitigungskosten zurückhalten, sondern nur den einfachen Betrag (vgl. BGH, Beschluss vom 4. April 2002 - VII ZR 252/01, NZBau 2002, 383). Ob insoweit auf die zum Zeitpunkt der Begründung des Annahmeverzuges erforderlichen Mängelbeseitigungskosten von 15.000 DM oder die zwischenzeitlich während des Annahmeverzuges auf 115.000 DM angestiegenen Kosten abzustellen ist, bedarf erneuter Prüfung. Der Annahme des Berufungsgerichts, die Erhöhung der Mängelbeseitigungskosten auf 115.000 DM falle im vollen Umfang der Klägerin zur Last, weil ein Annahmeverzug der Beklagten nicht vorliege , ist durch die Entscheidung des Senats der Boden entzogen.
12
d) Soweit das Berufungsurteil damit auf einem Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG beruht, ist es gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
13
3. Von einer Begründung der Entscheidung über die Zurückweisung der weitergehenden Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin sowie der Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist (§ 544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO).
Kniffka Bauner Eick
Halfmeier Leupertz
Vorinstanzen:
LG Mainz, Entscheidung vom 07.08.1992 - 7 O 175/89 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 24.04.2008 - 2 U 1421/92 -

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 293 Annahmeverzug


Der Gläubiger kommt in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 641 Fälligkeit der Vergütung


(1) Die Vergütung ist bei der Abnahme des Werkes zu entrichten. Ist das Werk in Teilen abzunehmen und die Vergütung für die einzelnen Teile bestimmt, so ist die Vergütung für jeden Teil bei dessen Abnahme zu entrichten. (2) Die Vergütung des Unte

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS II ZR 77/08 vom 9. Februar 2009 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja GG Art. 103 Abs. 1 Lässt die Begründung der angefochtenen Entscheidung nur den Schluss zu, dass die Entscheidung de

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(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

Der Gläubiger kommt in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt.

(1) Die Vergütung ist bei der Abnahme des Werkes zu entrichten. Ist das Werk in Teilen abzunehmen und die Vergütung für die einzelnen Teile bestimmt, so ist die Vergütung für jeden Teil bei dessen Abnahme zu entrichten.

(2) Die Vergütung des Unternehmers für ein Werk, dessen Herstellung der Besteller einem Dritten versprochen hat, wird spätestens fällig,

1.
soweit der Besteller von dem Dritten für das versprochene Werk wegen dessen Herstellung seine Vergütung oder Teile davon erhalten hat,
2.
soweit das Werk des Bestellers von dem Dritten abgenommen worden ist oder als abgenommen gilt oder
3.
wenn der Unternehmer dem Besteller erfolglos eine angemessene Frist zur Auskunft über die in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Umstände bestimmt hat.
Hat der Besteller dem Dritten wegen möglicher Mängel des Werks Sicherheit geleistet, gilt Satz 1 nur, wenn der Unternehmer dem Besteller entsprechende Sicherheit leistet.

(3) Kann der Besteller die Beseitigung eines Mangels verlangen, so kann er nach der Fälligkeit die Zahlung eines angemessenen Teils der Vergütung verweigern; angemessen ist in der Regel das Doppelte der für die Beseitigung des Mangels erforderlichen Kosten.

(4) Eine in Geld festgesetzte Vergütung hat der Besteller von der Abnahme des Werkes an zu verzinsen, sofern nicht die Vergütung gestundet ist.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 77/08
vom
9. Februar 2009
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Lässt die Begründung der angefochtenen Entscheidung nur den Schluss zu, dass die
Entscheidung des Gerichts auf einer allenfalls den äußeren Wortlaut, nicht aber den
Sinn des Parteivortrags erfassenden Wahrnehmung beruht, liegt darin ein Verstoß
des Gerichts gegen den Anspruch der betroffenen Partei auf Gewährung rechtlichen
Gehörs.
BGH, Beschluss vom 9. Februar 2009 - II ZR 77/08 - OLG Jena
LG Erfurt
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 9. Februar 2009 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly,
Kraemer, Caliebe und Dr. Drescher

beschlossen:
Auf die Beschwerde der Klägerin wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 20. Februar 2008 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an den 6. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen. Streitwert für das Beschwerdeverfahren: 177.100,00 €

Gründe:

1
I. Die Beschwerde ist begründet und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht , wobei der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht hat. Das Berufungsgericht hat bei seiner Annahme, die Klägerin könne von den Beklagten aus der Verletzung gesellschafterlicher Treuepflichten (Beklagte zu 2 und 3) bzw. aus § 826 BGB (Beklagter zu 1) keinen Schadensersatz verlangen, den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt.
2
1. a) Das Berufungsgericht hat es zwar nicht für ausgeschlossen gehalten , dass die ARGE B. /K. (nachfolgend: ARGE) die Abnahme des im Rahmen der Liefergemeinschaft (= BGB-Gesellschaft zwischen der Klägerin und den Beklagten zu 2 und 3) auf die Klägerin entfallenden Anteils des zu liefernden Frostschutzkieses zu Unrecht abgelehnt hat. Dies ist daher zugunsten der Klägerin im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren als richtig zu unterstellen. Das Berufungsgericht hat gleichwohl das klageabweisende Urteil bestätigt, weil es sich aufgrund des Sachvortrags der Parteien und der von diesen vorgelegten Unterlagen nicht davon zu überzeugen vermochte (§ 286 ZPO), dass die Abnahmeverweigerung der ARGE auf einem kollusiven Zusammenwirken zwischen ihr und den Beklagten beruht hat, das das Ziel hatte, die Klägerin zugunsten der übrigen Gesellschafter der Liefergemeinschaft von den Belieferungs - und den damit verbundenen Verdienstmöglichkeiten auszuschließen.
3
b) Bei seiner Bewertung des Sachvortrags hat das Berufungsgericht den Vortrag der Klägerin nur unvollständig zur Kenntnis genommen und damit ihren Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt. Die Klägerin hat vorgetragen und durch die Benennung von Zeugen unter Beweis gestellt, dass den - zwischen den Parteien unstreitigen - nächtlichen Schottertransporten aus dem Werk der K. GmbH & Co. KG (= Gesellschafterin der ARGE) an das Werk der Beklagten zu 3 die mit dem Geschäftsführer und Oberbauleiter der ARGE und zugleich leitenden Mitarbeiter der K. GmbH & Co. KG H. getroffene Vereinbarung zugrunde lag, dass diese Lieferungen im Gegenzug "zur Abwehr der Lieferungen der Klägerin" erfolgen sollten und dementsprechend erfolgt seien. Das Berufungsgericht hat diesen Vortrag zwar im Tatbestand kurz erwähnt, er ist ausweislich der Begründung jedoch nicht in die Entscheidungsfindung eingeflossen. Dies lässt nur den Schluss zu, dass das Berufungsgericht seiner Entscheidung allenfalls den äußeren Wortlaut, nicht aber den Sinn dieses Vortrags der Klägerin zugrunde gelegt hat. Anders ist nicht erklärlich, dass ein derart wichtiges, für ein kollusives Verhalten sprechendes Indiz unerwähnt geblieben ist.
4
c) Durch die Verkennung des Kerngehalts des Vortrags der Klägerin hat das Berufungsgericht gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen (Sen.Beschl. v. 20. Oktober 2008 - II ZR 207/07, ZIP 2008, 2311 Tz. 4). Entgegen der Ansicht der Beschwerdegegner ist dieser Vortrag nicht wegen mangelnder Substantiierung unbeachtlich. Zur Substantiierung der Behauptung, die Beklagten hätten mit dem Geschäftsführer der ARGE zu Lasten der Klägerin ein Kompensationsgeschäft mit dem Ziel der Herausdrängung der Klägerin aus der Liefergemeinschaft geschlossen, gehört entgegen der Ansicht der Beschwerdegegner nicht der Vortrag, "wer, wann, wo, mit wem" diese Vereinbarung getroffen hat. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung genügt eine Partei ihrer Darlegungslast , wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen, wobei unerheblich ist, wie wahrscheinlich die Darstellung ist, und ob sie auf eigenem Wissen oder einer Schlussfolgerung aus Indizien besteht. Der Pflicht zur Substantiierung ist mithin nur dann nicht genügt, wenn das Gericht aufgrund der Darstellung nicht beurteilen kann, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der an eine Behauptung geknüpften Rechtsfolgen erfüllt sind (Sen.Urt. v. 27. Juli 2005 - II ZR 199/03, WM 2005, 1847, 1848 m.w.Nachw.; Beschl. v. 21. Mai 2007 - II ZR 266/04, ZIP 2007, 1524 Tz. 8). Da die Klägerin bei derartigen Absprachen selbstverständlich nicht anwesend war, genügt sie ihrer Darlegungslast, wenn sie die Tatsache einer Absprache in das Wissen von Zeugen stellt, die an dem Gesamtvorgang beteiligt waren.
5
2. a) Das Übergehen des Vortrags der Klägerin ist entscheidungserheblich. Eine Absprache, wie die von der Klägerin behauptete, ist, wenn es um den Nachweis eines kollusiven Zusammenwirkens geht, an dem der Benachteiligte naturgemäß selbst nicht beteiligt ist und hinsichtlich dessen er daher nur Umstände und Anzeichen aufzeigen kann, die ein solches Vorgehen belegen, eine wichtige, besonders aussagekräftige Indiztatsache. Wäre die Absprache im Berufungsverfahren bewiesen worden, ist nicht ausgeschlossen, dass das Berufungsgericht die übrigen von der Klägerin vorgetragenen und durch Unterlagen belegten Indiztatsachen, anders, d.h. zugunsten der Klägerin, bewertet hätte (§ 286 ZPO).
6
b) Gegen die Entscheidungserheblichkeit der Gehörsverletzung wenden sich die Beschwerdegegner vergeblich mit ihrer Ansicht, die Klägerin könne mangels Vortrags zur Auseinandersetzung der Liefergemeinschaft den Schadensersatzanspruch ohnehin nicht mit Erfolg geltend machen (sog. Durchsetzungssperre ). Zudem sei der Anspruch der Höhe nach nicht schlüssig dargetan und die Klage auch deshalb abzuweisen gewesen. Dabei verkennen die Beschwerdegegner , dass das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - keinen Anlass hatte, Feststellungen zur Auflösung der BGBGesellschaft , zu einem evtl. trotz noch nicht beendeter Auseinandersetzung bestehenden, isoliert durchsetzbaren Anspruch der Klägerin (siehe insoweit Sen.Urt. v. 10. Mai 1993 - II ZR 111/92, ZIP 1993, 919, 920; v. 24. Oktober 1994 - II ZR 231/93, ZIP 1994, 1846; v. 15. Mai 2000 - II ZR 6/99, ZIP 2000, 1208, 1209) und zur Schadenshöhe zu treffen. Es ist nicht ausgeschlossen , dass das Berufungsgericht, wenn es die Beweisaufnahme durchgeführt hätte, bei der anschließenden Bewertung der weiteren Indizien zu der Überzeugung eines kollusiven Vorgehens der Beklagten zu Lasten der Klägerin gelangt wäre, und es sich - evtl. auf nach Hinweis (§ 139 ZPO) erfolgtem ergänzenden Vortrag der Parteien - von dem Bestehen eines durchsetzbaren Schadensersatzanspruchs in der von der Klägerin geltend gemachten Höhe überzeugt hätte.
7
III. Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird das Berufungsgericht nach Erhebung der angetretenen Beweise das Vorhandensein eines kollusiven Vorgehens der Beklagten zu Lasten der Klägerin erneut unter Einbeziehung des gesamten Sachvortrags und aller in den Akten befindlichen Unterlagen zu würdigen und, soweit danach erforderlich, die Durchsetzbarkeit und die Höhe der Schadensersatzforderung zu prüfen haben. Nur vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass für den Fall, dass die Liefergemeinschaft noch nicht auseinandergesetzt sein sollte, eine Umdeutung des Leistungsantrags der Klägerin in einen Feststellungsantrag in Betracht kommt (st. Sen.Rspr., s. nur Urt. v. 18. März 2002 - II ZR 103/01, NZG 2002, 519; v. 15. Mai 2000 - II ZR 6/99, ZIP 2000, 1208, 1210 jeweils m.w.Nachw.).
Goette Kurzwelly Kraemer Caliebe Drescher
Vorinstanzen:
LG Erfurt, Entscheidung vom 14.05.2006 - 8 O 13/06 -
OLG Jena, Entscheidung vom 20.02.2008 - 7 U 486/07 -

Der Gläubiger kommt in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZR 252/01
vom
4. April 2002
in dem Rechtsstreit
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. April 2002 durch die
Richter Prof. Dr. Thode, Dr. Haß, Dr. Wiebel, Dr. Kuffer und Prof. Dr. Kniffka

beschlossen:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 27. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München in Augsburg vom 30. Mai 2001 wird nicht angenommen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg (vgl. § 26 Nr. 7 EGZPO, § 554b ZPO in der Auslegung des Beschlusses des BVerfG vom 11. Juni 1980 - 1 PBvU 1/79 - BVerfGE 54, 277). Es ist nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht, obwohl bereits die Neuregelung des § 641 Abs. 3 BGB anwendbar ist, den Druckzuschlag in der einfachen Höhe der Mängelbeseitigungskosten angesetzt hat; denn der Beklagte befand sich mit der Annahme der Nachbesserung in Verzug. Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO). Streitwert: 983.833,79 ? Thode Haß Wiebel Kuffer Kniffka

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.