Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 34/03
vom
24. Juni 2004
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein

a) Die im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Gerichtskosten stellen gerichtliche
Kosten des nachfolgenden Hauptsacheverfahrens dar.

b) Über diese Kosten kann gegebenenfalls gemäß § 96 ZPO gesondert entschieden
werden.

c) Die Erstattungsfähigkeit der gerichtlichen Kosten des selbständigen Beweisverfahrens
aufgrund des Kostenausspruchs im Urteil hängt nicht davon ab, ob das Beweisergebnis
verwertet worden ist.
BGH, Beschluß vom 24. Juni 2004 - VII ZB 34/03 - LG Frankfurt am Main
AG Bad Homburg
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Juni 2004 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die Richter Prof. Dr. Thode, Hausmann,
Dr. Wiebel und Dr. Kuffer

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Beklagten gegen den Beschluß der 13. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 16. Oktober 2003 wird kostenpflichtig zurückgewiesen. Gegenstandswert: € 607,16.

Gründe:

I.

Die Beklagte wendet sich dagegen, daß im Kostenfestsetzungsverfahren Auslagen für ein Gutachten des Sachverständigen M. (1.040,72 €) in den Kostenausgleich eingestellt und sie insoweit zu der im Kostenausspruch des Urteils des Amtsgerichts angegebenen Quote belastet worden ist. Die Beklagte war von der Klägerin mit der Reparatur eines Abwasserkanals auf deren Grundstück beauftragt. Die ursprünglich unter anderem angebotene Position "Pumpensumpf-Schacht neu erstellen" wurde einvernehmlich aus dem Auftrag herausgenommen. Nach Abschluß der Arbeiten drang Wasser in den Keller ein. Die Klägerin führte deshalb ein selbständiges Beweisverfahren
gegen die Beklagte durch. Ein in jenem Verfahren unter anderem vom Sachverständigen M. erstattetes Gutachten gelangte zu dem Ergebnis, das Speichervolumen des Pumpensumpfes sei zu klein. Die Klage auf Zahlung eines Kostenvorschusses und Feststellung diesbezüglich weitergehender Zahlungspflicht war erfolglos, weil nach Ansicht des Amtsgerichts die Herstellung eines größeren Pumpensumpfes von der Beklagten vertraglich nicht geschuldet gewesen sei. Die Widerklage der Beklagten, mit der sie unter anderem die Feststellung begehrt hat, daß die Klägerin die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens zumindest hinsichtlich der Kosten des Sachverständigen M. zu tragen habe, hat das Amtsgericht für unzulässig gehalten. Das Urteil, das der Klägerin 52,5% und der Beklagten 47,5% der Kosten auferlegt, ist rechtskräftig. Im Kostenfestsetzungsbeschluß hat das Amtsgericht die der Klägerin von der Beklagten zu erstattenden Kosten auf 1.781,52 € festgesetzt. Mit der dagegen gerichteten sofortigen Beschwerde hat die Beklagte gerügt, die von der Klägerin geltend gemachten Kosten seien um die Auslagen für das vom Sachverständigen M. erstattete Gutachten zu kürzen. Es handele sich insoweit nicht um notwendige Kosten des Rechtsstreits, nachdem diese Beweiserhebung für die Entscheidung unerheblich gewesen sei. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen.

II.

1. Das Landgericht ist der Ansicht, die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens seien bei der Kostenfestsetzung zu berücksichtigen gewesen. Nach überwiegender Auffassung komme es nicht darauf an, ob die Beweiserhebung im Hauptprozeß verwertet worden sei. Maßgeblich sei vielmehr, ob die Klägerin aus objektiver Sicht zu der Zeit, da sie ein selbständiges Beweisverfahren eingeleitet habe, dieses für notwendig habe halten dürfen. Nach Ansicht der Klägerin noch im Hauptsacheverfahren sei die Neuherstellung des Pumpensumpfes Gegenstand des Werkvertrages und die Werkleistung folglich mangelhaft gewesen. Auf die Sicherung der Beweise im selbständigen Beweisverfahren habe sie nicht deshalb verzichten müssen, weil die Möglichkeit bestanden habe, daß das Gericht der Hauptsache den Vertrag abweichend auslegen und ohne Verwertung der Beweiserhebung entscheiden könnte. 2. Dies hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand. Die im selbständigen Beweisverfahren entstandenen gerichtlichen Kosten , also die Gebühren, aber auch die Auslagen wie diejenigen für einen gerichtlich bestellten Sachverständigen, stellen gerichtliche Kosten des nachfolgenden Hauptsacheverfahrens dar. Voraussetzung hierfür ist, daß Parteien und der Streitgegenstand des Beweisverfahrens wie des Hauptprozesses identisch sind (vgl. Beschluß vom 18. Dezember 2002 - VIII ZB 97/02, NZBau 2003, 276). Das Landgericht geht in Übereinstimmung mit den Parteien davon aus, daß es sich bei dem vor dem Amtsgericht B. geführten Rechtsstreit der Parteien um den Hauptprozeß gehandelt hat. Daher hat die im Urteil des Amtsgerichts getroffene Kostenentscheidung die gerichtlichen Kosten des selbständigen Beweisverfahrens mit umfaßt (vgl. BGH, Urteil vom 11. Mai 1989 - VII ZR 39/88, BauR 1989, 601). Von der Möglichkeit, bei der Kostenent-
scheidung in entsprechender Anwendung des § 96 ZPO gesondert über die Kosten des Beweisverfahrens zu befinden, hat das Amtsgericht keinen Gebrauch gemacht. Eine Korrektur der Kostengrundentscheidung im Wege der Kostenfestsetzung scheidet aus. Die entstandenen gerichtlichen Kosten sind hiernach gemäß der im Kostenausspruch des Urteils angegebenen Quote von den Parteien anteilig zu tragen, ohne daß es darauf ankäme, ob das Beweisergebnis, soweit es sich im Gutachten des Sachverständigen M. niedergeschlagen hat, verwertet worden ist. Die Einbeziehung der gerichtlichen Kosten des selbständigen Beweisverfahrens in den im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens der Hauptsache vorzunehmenden Kostenausgleich kann nicht mit der Begründung verneint werden, mangels Verwertung des Beweisergebnisses seien die Kosten nicht notwendig im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO (vgl. BGH, Beschluß vom 22. Mai 2003 – VII ZB 30/02, BauR 2003, 1255 = ZfBR 2003, 566 = NZBau 2003, 500). Denn gerichtliche Kosten sind stets auch als notwendig zu erachten, wenn sie mit dem Kostenrecht übereinstimmen (vgl. MünchKommZPO-Belz, 2. Aufl., § 91, Rz. 21; Thomas/Putzo, 25. Aufl., § 91 ZPO, Rz. 14).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Dressler Thode Hausmann Wiebel Kuffer

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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

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(1) Wird von dem Beweisführer ein Gegner nicht bezeichnet, so ist der Antrag nur dann zulässig, wenn der Beweisführer glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden außerstande sei, den Gegner zu bezeichnen. (2) Wird dem Antrag stattgegeben, so k

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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Die Kosten eines ohne Erfolg gebliebenen Angriffs- oder Verteidigungsmittels können der Partei auferlegt werden, die es geltend gemacht hat, auch wenn sie in der Hauptsache obsiegt.

(1) Wird von dem Beweisführer ein Gegner nicht bezeichnet, so ist der Antrag nur dann zulässig, wenn der Beweisführer glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden außerstande sei, den Gegner zu bezeichnen.

(2) Wird dem Antrag stattgegeben, so kann das Gericht dem unbekannten Gegner zur Wahrnehmung seiner Rechte bei der Beweisaufnahme einen Vertreter bestellen.

Die Kosten eines ohne Erfolg gebliebenen Angriffs- oder Verteidigungsmittels können der Partei auferlegt werden, die es geltend gemacht hat, auch wenn sie in der Hauptsache obsiegt.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 30/02
vom
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein

a) Einer Klageerhebung im Sinne von § 494 a Abs. 1 ZPO steht die Erhebung einer
Widerklage gleich.

b) Für eine Kostenentscheidung nach § 494 a Abs. 2 Satz 1 ZPO ist kein Raum,
wenn das Gericht ein im selbständigen Beweisverfahren eingeholtes Gutachten in
der Sache aus Rechtsgründen nicht verwertet.
BGH, Beschluß vom 22. Mai 2003 - VII ZB 30/02 - OLG Frankfurt am Main
LG Darmstadt
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Mai 2003 durch den Vor-
sitzenden Richter Dr. Dressler und die Richter Dr. Haß, Hausmann, Dr. Wiebel
und Bauner

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Antragsgegner zu 1 und 2 gegen den Beschluß des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main, 13. Zivilsenat in Darmstadt, vom 10. Juli 2002 wird kostenpflichtig zurückgewiesen. Beschwerdewert: 6.021,77

Gründe:

I.

Die Antragsgegner zu 1 und 2 (künftig: Antragsgegner) begehren eine Kostenentscheidung nach § 494 a Abs. 2 ZPO. Sie schlossen mit dem Antragsteller, einem Bauträger, im August 1998 einen notariell beurkundeten Bauträgervertrag. Nach Baubeginn und Fertigstellung des Rohbaus rügten sie zahlreiche Mängel, verweigerten die Bezahlung der nächsten Rate und lehnten schließlich die weitere Vertragserfüllung ab. Der Antragsteller stellte daher im Juli 1999 beim Landgericht einen Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens, der sich gegen die Antragsgegner sowie die Generalunternehmerin als Antragsgegnerin zu 3 richtete.
Die Antragsgegner erhoben im September 1999 Klage auf Schadenser- satz. Ende Oktober 1999 wurde der Bauträgervertrag von den Parteien unter Vorbehalt ihrer wechselseitigen Ansprüche aufgehoben. Im August 2000 legte der gerichtlich bestellte Sachverständige sein Gutachten vor, das im wesentlichen das Vorhandensein von Baumängeln verneinte. Das Landgericht hat dem Antragsteller auf Antrag der Antragsgegner aufgegeben , bis zum 1. August 2001 Klage einzureichen. Dieser erhob mit Schriftsatz vom 1. August 2001 im Prozeß der Antragsgegner Widerklage und begehrte nach Vertragsaufhebung unter anderem, ihm den aus zu Unrecht verweigerter Ratenzahlung entstandenen Schaden zu ersetzen. Die Antragsgegner haben beantragt, durch Beschluß auszusprechen, daß der Antragsteller die ihnen im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten zu tragen habe. Dem hat das Landgericht stattgegeben. Zur Begründung hat es darauf abgestellt, daß zwar die Hauptsacheklage auch in Form einer Widerklage erhoben werden könne; über die Widerklage sei aber nicht unter Berücksichtigung der im selbständigen Beweisverfahren getroffenen Feststellungen entschieden worden, da das Gericht den Bauträgervertrag wegen Verstoßes gegen die Makler- und Bauträgerverordnung als nichtig angesehen habe. Hiergegen haben beide Parteien Rechtsmittel eingelegt. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers hat das Beschwerdegericht die Entscheidung des Landgerichts abgeändert und den Antrag zurückgewiesen. Es hat die Rechtsbeschwerde zugelassen.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
1. Nach Ansicht des Beschwerdegerichts hat der Antragsteller innerhalb der vom Landgericht gesetzten Frist Klage erhoben; dazu zähle auch eine Widerklage. Das Widerklagebegehren des Antragstellers sei als Klage in der Hauptsache im Sinne von § 494 a ZPO anzusehen, da das selbständige Beweisverfahren geeignet gewesen sei, den Streit der Parteien im Tatsächlichen zu klären. Beide Parteien seien erkennbar von der Rechtswirksamkeit des zwischen ihnen geschlossenen Bauträgervertrages ausgegangen, so daß es aus ihrer Sicht auf die Klärung der tatsächlichen Streitfrage angekommen sei, ob Baumängel vorlagen oder nicht. Da es im selbständigen Beweisverfahren regelmäßig keine Kostenentscheidung gebe, stelle § 494 a ZPO eine Ausnahmevorschrift dar. Diese Vorschrift sei nach ihrem Sinn und Zweck dann nicht anwendbar , wenn die antragstellende Partei das Ergebnis der Tatsachenfeststellung in ein Streitverfahren einführe und hieraus Ansprüche herleite oder solche abzuwehren versuche. Das sei hier der Fall. 2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Einer Klagerhebung im Sinne von § 494 a Abs. 1 ZPO steht die Erhebung einer Widerklage gleich. Dies entspricht allgemeiner Meinung und wird von der Rechtsbeschwerde nicht in Zweifel gezogen.
b) Das Beschwerdegericht nimmt zu Recht an, für eine Kostenentscheidung nach § 494 a Abs. 2 Satz 1 ZPO sei kein Raum. Der Antragsteller hat fristgerecht Widerklage erhoben mit dem Ziel, die Antragsgegner nach Aufhebung des Vertrages unter anderem zur Zahlung von Schadensersatz wegen zu Unrecht verweigerter Ratenzahlung zu verurteilen. Nach seinem Vortrag konnte das Gericht diesem Begehren nur dann entsprechen, wenn die von den Antragsgegnern behaupteten Mängel ausweislich des im selbständigen Beweisverfahren eingeholten Gutachtens nicht vorlagen. Unter diesen Umständen
kommt es auf die Frage, ob das Gericht dieses Gutachten aus Rechtsgründen in seinem Urteil verwertet oder nicht, für die Entscheidung über den Antrag nach § 494 a Abs. 2 ZPO nicht an. Grundsätzlich ist über die Kosten eines selbständigen Beweisverfahrens im Hauptsacheprozeß zu entscheiden (BGH, Urteil vom 27. Februar 1996 - X ZR 3/94, BGHZ 132, 96, 104). Sinn und Zweck des § 494 a ZPO ist, die Lücke zu schließen, wenn der Antragsteller des selbständigen Beweisverfahrens aufgrund der für ihn ungünstigen Ergebnisse der Beweisaufnahme auf eine Hauptsacheklage verzichtet. Die Fristsetzung nach § 494 a Abs. 1 ZPO dient dazu, Klarheit darüber zu schaffen, ob eine Hauptsacheklage erfolgt. Ist das nicht der Fall, so liegt der auf Antrag nach § 494 Abs. 2 ZPO auszusprechenden Kostentragungspflicht der Gedanke zugrunde, daß der Antragsteller nicht durch Unterlassen der Hauptsacheklage der Kostenpflicht entgehen soll, die sich bei Abweisung einer solchen Klage ergeben würde (Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl., § 494 a Rdn. 2; vgl. auch: BT-Drucks. 11/8283, S. 48). Dem steht die Auffassung nicht entgegen, im Falle der Rücknahme einer fristgerecht erhobenen Klage oder ihrer Abweisung als unzulässig bestehe die Möglichkeit, dem Antragsgegner die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens gemäß § 494 a Abs. 2 ZPO aufzuerlegen (streitig; bejahend: Zöller/Herget, ZPO, 23. Aufl., § 494 a Rdn. 4 a; verneinend: Schreiber, NJW 1991, 2600, 2602). Selbst wenn diese Auffassung, die sich auf die Begründung des Gesetzentwurfes zu § 494 a ZPO stützt (BT-Drucks. 11/8283, S. 48), die aber im Gesetzeswortlaut keinen hinreichenden Ausdruck gefunden hat, zutreffen sollte, kann sie jedenfalls nicht erweiternd den Fällen zugrunde gelegt werden, in denen das Gericht sich mit dem Vorbringen des Antragstellers in der Sache selbst befaßt und in seiner Entscheidung aus Rechtsgründen das Ergebnis des im selbständigen Beweisverfahren eingeholten Gutachtens nicht verwertet. Das
ließe sich mit Sinn und Zweck des § 494 a ZPO nicht mehr vereinbaren, wonach es dem Antragsgegner lediglich ermöglicht werden soll, bei unterbliebener Klage so gestellt zu werden, als habe er in der Hauptsache obsiegt.
c) Die Befürchtung der Rechtsbeschwerde, dieses Verständnis des § 494 a ZPO könne bei Klage und Widerklage zu unbilligen Ergebnissen führen, ist nicht gerechtfertigt; im Zweifelsfall kann eine sachgerechte Entscheidung im Tenor des Urteils gemäß § 96 ZPO getroffen werden. 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Dressler Haß Hausmann Wiebel Bauner

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)