Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Mai 2003 - VII ZB 30/02
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
Die Antragsgegner zu 1 und 2 (künftig: Antragsgegner) begehren eine Kostenentscheidung nach § 494 a Abs. 2 ZPO. Sie schlossen mit dem Antragsteller, einem Bauträger, im August 1998 einen notariell beurkundeten Bauträgervertrag. Nach Baubeginn und Fertigstellung des Rohbaus rügten sie zahlreiche Mängel, verweigerten die Bezahlung der nächsten Rate und lehnten schließlich die weitere Vertragserfüllung ab. Der Antragsteller stellte daher im Juli 1999 beim Landgericht einen Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens, der sich gegen die Antragsgegner sowie die Generalunternehmerin als Antragsgegnerin zu 3 richtete.Die Antragsgegner erhoben im September 1999 Klage auf Schadenser- satz. Ende Oktober 1999 wurde der Bauträgervertrag von den Parteien unter Vorbehalt ihrer wechselseitigen Ansprüche aufgehoben. Im August 2000 legte der gerichtlich bestellte Sachverständige sein Gutachten vor, das im wesentlichen das Vorhandensein von Baumängeln verneinte. Das Landgericht hat dem Antragsteller auf Antrag der Antragsgegner aufgegeben , bis zum 1. August 2001 Klage einzureichen. Dieser erhob mit Schriftsatz vom 1. August 2001 im Prozeß der Antragsgegner Widerklage und begehrte nach Vertragsaufhebung unter anderem, ihm den aus zu Unrecht verweigerter Ratenzahlung entstandenen Schaden zu ersetzen. Die Antragsgegner haben beantragt, durch Beschluß auszusprechen, daß der Antragsteller die ihnen im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten zu tragen habe. Dem hat das Landgericht stattgegeben. Zur Begründung hat es darauf abgestellt, daß zwar die Hauptsacheklage auch in Form einer Widerklage erhoben werden könne; über die Widerklage sei aber nicht unter Berücksichtigung der im selbständigen Beweisverfahren getroffenen Feststellungen entschieden worden, da das Gericht den Bauträgervertrag wegen Verstoßes gegen die Makler- und Bauträgerverordnung als nichtig angesehen habe. Hiergegen haben beide Parteien Rechtsmittel eingelegt. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers hat das Beschwerdegericht die Entscheidung des Landgerichts abgeändert und den Antrag zurückgewiesen. Es hat die Rechtsbeschwerde zugelassen.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.1. Nach Ansicht des Beschwerdegerichts hat der Antragsteller innerhalb der vom Landgericht gesetzten Frist Klage erhoben; dazu zähle auch eine Widerklage. Das Widerklagebegehren des Antragstellers sei als Klage in der Hauptsache im Sinne von § 494 a ZPO anzusehen, da das selbständige Beweisverfahren geeignet gewesen sei, den Streit der Parteien im Tatsächlichen zu klären. Beide Parteien seien erkennbar von der Rechtswirksamkeit des zwischen ihnen geschlossenen Bauträgervertrages ausgegangen, so daß es aus ihrer Sicht auf die Klärung der tatsächlichen Streitfrage angekommen sei, ob Baumängel vorlagen oder nicht. Da es im selbständigen Beweisverfahren regelmäßig keine Kostenentscheidung gebe, stelle § 494 a ZPO eine Ausnahmevorschrift dar. Diese Vorschrift sei nach ihrem Sinn und Zweck dann nicht anwendbar , wenn die antragstellende Partei das Ergebnis der Tatsachenfeststellung in ein Streitverfahren einführe und hieraus Ansprüche herleite oder solche abzuwehren versuche. Das sei hier der Fall. 2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Einer Klagerhebung im Sinne von § 494 a Abs. 1 ZPO steht die Erhebung einer Widerklage gleich. Dies entspricht allgemeiner Meinung und wird von der Rechtsbeschwerde nicht in Zweifel gezogen.
b) Das Beschwerdegericht nimmt zu Recht an, für eine Kostenentscheidung nach § 494 a Abs. 2 Satz 1 ZPO sei kein Raum. Der Antragsteller hat fristgerecht Widerklage erhoben mit dem Ziel, die Antragsgegner nach Aufhebung des Vertrages unter anderem zur Zahlung von Schadensersatz wegen zu Unrecht verweigerter Ratenzahlung zu verurteilen. Nach seinem Vortrag konnte das Gericht diesem Begehren nur dann entsprechen, wenn die von den Antragsgegnern behaupteten Mängel ausweislich des im selbständigen Beweisverfahren eingeholten Gutachtens nicht vorlagen. Unter diesen Umständen
kommt es auf die Frage, ob das Gericht dieses Gutachten aus Rechtsgründen in seinem Urteil verwertet oder nicht, für die Entscheidung über den Antrag nach § 494 a Abs. 2 ZPO nicht an. Grundsätzlich ist über die Kosten eines selbständigen Beweisverfahrens im Hauptsacheprozeß zu entscheiden (BGH, Urteil vom 27. Februar 1996 - X ZR 3/94, BGHZ 132, 96, 104). Sinn und Zweck des § 494 a ZPO ist, die Lücke zu schließen, wenn der Antragsteller des selbständigen Beweisverfahrens aufgrund der für ihn ungünstigen Ergebnisse der Beweisaufnahme auf eine Hauptsacheklage verzichtet. Die Fristsetzung nach § 494 a Abs. 1 ZPO dient dazu, Klarheit darüber zu schaffen, ob eine Hauptsacheklage erfolgt. Ist das nicht der Fall, so liegt der auf Antrag nach § 494 Abs. 2 ZPO auszusprechenden Kostentragungspflicht der Gedanke zugrunde, daß der Antragsteller nicht durch Unterlassen der Hauptsacheklage der Kostenpflicht entgehen soll, die sich bei Abweisung einer solchen Klage ergeben würde (Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl., § 494 a Rdn. 2; vgl. auch: BT-Drucks. 11/8283, S. 48). Dem steht die Auffassung nicht entgegen, im Falle der Rücknahme einer fristgerecht erhobenen Klage oder ihrer Abweisung als unzulässig bestehe die Möglichkeit, dem Antragsgegner die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens gemäß § 494 a Abs. 2 ZPO aufzuerlegen (streitig; bejahend: Zöller/Herget, ZPO, 23. Aufl., § 494 a Rdn. 4 a; verneinend: Schreiber, NJW 1991, 2600, 2602). Selbst wenn diese Auffassung, die sich auf die Begründung des Gesetzentwurfes zu § 494 a ZPO stützt (BT-Drucks. 11/8283, S. 48), die aber im Gesetzeswortlaut keinen hinreichenden Ausdruck gefunden hat, zutreffen sollte, kann sie jedenfalls nicht erweiternd den Fällen zugrunde gelegt werden, in denen das Gericht sich mit dem Vorbringen des Antragstellers in der Sache selbst befaßt und in seiner Entscheidung aus Rechtsgründen das Ergebnis des im selbständigen Beweisverfahren eingeholten Gutachtens nicht verwertet. Das
ließe sich mit Sinn und Zweck des § 494 a ZPO nicht mehr vereinbaren, wonach es dem Antragsgegner lediglich ermöglicht werden soll, bei unterbliebener Klage so gestellt zu werden, als habe er in der Hauptsache obsiegt.
c) Die Befürchtung der Rechtsbeschwerde, dieses Verständnis des § 494 a ZPO könne bei Klage und Widerklage zu unbilligen Ergebnissen führen, ist nicht gerechtfertigt; im Zweifelsfall kann eine sachgerechte Entscheidung im Tenor des Urteils gemäß § 96 ZPO getroffen werden. 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Dressler Haß Hausmann Wiebel Bauner
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Annotations
(1) Wird von dem Beweisführer ein Gegner nicht bezeichnet, so ist der Antrag nur dann zulässig, wenn der Beweisführer glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden außerstande sei, den Gegner zu bezeichnen.
(2) Wird dem Antrag stattgegeben, so kann das Gericht dem unbekannten Gegner zur Wahrnehmung seiner Rechte bei der Beweisaufnahme einen Vertreter bestellen.
Die Kosten eines ohne Erfolg gebliebenen Angriffs- oder Verteidigungsmittels können der Partei auferlegt werden, die es geltend gemacht hat, auch wenn sie in der Hauptsache obsiegt.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)