Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Juli 2013 - V ZR 3/13

bei uns veröffentlicht am18.07.2013
vorgehend
Amtsgericht Günzburg, 1 C 882/11, 31.01.2012
Landgericht Memmingen, 12 S 417/12, 12.12.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 3/13
vom
18. Juli 2013
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Juli 2013 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richter Dr. Lemke,
Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth und die Richterin Dr. Brückner

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landgerichts Memmingen - 1. Zivilkammer - vom 12. Dezember 2012 wird auf Kosten der Klägerin als unzulässig verworfen. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 8.000 €.

Gründe:


I.

1
Die Klägerin ist Eigentümerin des Flurstücks 658/2 in der Gemarkung K. . Zugunsten des jeweiligen Eigentümers ist zu Lasten der den Beklagten gemeinschaftlich gehörenden benachbarten Grundstücke Flurstück 654/1 und Flurstück 656/1 ein Geh- und Fahrtrecht im Grundbuch eingetragen (Grunddienstbarkeit). Dieses wird durch eine Terrasse, Anpflanzungen und ein Reckstangengerüst dergestalt beeinträchtigt, dass eine Durchfahrt mit größeren Fahrzeugen, insbesondere mit einem PKW, nicht möglich ist.
2
Die Klägerin hat die Verurteilung der Beklagten beantragt, ihr und Dritten die Zufahrt zu ihrem Grundstück auf einer näher bezeichneten Fläche der den Beklagten gehörenden Flurstücken mit Kraftfahrzeugen einschließlich Lastkraftwagen und Baufahrzeugen zu gewähren, hilfsweise gegen Zahlung einer Notwegrente. Das Amtsgericht hat der Klage im Hauptantrag stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht diese verurteilt, den Zugang und die Zufahrt zu dem Grundstück der Klägerin auf einer näher bezeichneten Fläche ihrer Flurstücke zu dulden, soweit dadurch die bestehenden Anlagen nicht beeinträchtigt werden.
3
Mit der Beschwerde will die Klägerin die Zulassung der Revision gegen das zweitinstanzliche Urteil erreichen, damit sie in dem angestrebten Revisionsverfahren ihre Klageanträge weiterverfolgen kann. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

II.


4
Die Beschwerde ist unzulässig, weil die Klägerin nicht - wie geboten (siehe nur Senat, Beschluss vom 25. Juli 2002 - V ZR 118/02, NJW 2002, 3180) - dargelegt und glaubhaft gemacht hat, dass der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO).
5
1. Bei einer Klage auf Unterlassung der Beeinträchtigung einer Grunddienstbarkeit bestimmt sich der Wert des Rechts nach § 7 ZPO; er ist nach § 3 ZPO zu schätzen. Für den Wert einer Beseitigungsklage ist das Interesse des Klägers an der Beseitigung des beanstandeten Zustands maßgeblich; auch ist es nach § 3 ZPO zu schätzen. Beide Werte sind zusammenzurechnen. Maßgebend für den Wert der Beschwer im Rechtsmittelverfahren ist das Interesse des Rechtsmittelklägers an der Abänderung der angefochtenen Entscheidung (Senat , Beschluss vom 12. Juli 2012 - V ZR 19/12, Grundeigentum 2012, 1314 f.).
6
a) Nach diesen Grundsätzen bemisst sich die Beschwer der Klägerin, welche sie in dem angestrebten Revisionsverfahren geltend machen könnte, allenfalls nach dem Wert, den die Grunddienstbarkeit mit dem von ihr beanspruchten Umfang abzüglich des Werts mit dem von dem Berufungsgericht festgelegten Umfang für das Grundstück der Klägerin hat; hinzuzurechnen ist der Wert des Interesses der Klägerin an der Beseitigung der Anlagen durch die Beklagten.
7
b) Dass diese Werte 20.000 € überschreiten, ergibt sich aus der Beschwerdebegründung nicht.
8
aa) Zwar zeigt die Klägerin eine für die Beschwer maßgebliche Wertminderung ihres Grundstücks durch den Duldungsausspruch in dem Berufungsurteil im Vergleich zu dem mit der Klage verfolgten Ziel auf und gelangt zu einem weit über 20.000 € liegenden Betrag. Aber diese Berechnung ist nicht stichhaltig. Sie beruht darauf, dass das Grundstück der Klägerin zur Größe von 1.404 qm insgesamt bebaubar und deshalb ein Verkehrswert von 50 €/qm anzusetzen sei, wogegen bei Bestand des Berufungsurteils die Bebaubarkeit entfiele und als Verkehrswert nur 1,40 €/qm für Grünland sowie 2,45 €/qm für Ackerland anzusetzen sei. Diese Annahme wird jedoch durch die mit der Beschwerdebegründung vorgelegte E-Mail des Fachbereichs Bauwesen des Landratsamts G. an den Bürgermeister Ke. widerlegt. In der darin enthaltenen ortsplanerischen Stellungnahme zu dem Bauvorhaben der Klägerin heißt es u.a., dass die Erschließung des Grundstücks über die südlich davon verlaufende B. Straße erfolgen müsse und die nördliche Bauflucht des geplanten Gebäudes nicht nördlicher als das vorhandene Wohnhaus auf dem Flurstück 654/1 verlaufen dürfe. Daraus folgt zweierlei: Zum einen , dass die mit der Klage verfolgte wegemäßige Erschließung des Grundstücks in östlicher Richtung einer Bebaubarkeit entgegensteht, und zum anderen , dass das Grundstück nicht insgesamt bebaubar ist. Dessen Wertminde- rung lässt sich somit nicht in der von der Klägerin gewählten Art und Weise berechnen.
9
bb) Hinzu kommt, dass die Klägerin die ihrer Berechnung zugrunde gelegten Verkehrswerte nicht glaubhaft gemacht hat. Sie bezieht sich nämlich auf ein Verkehrswertgutachten vom 17. September 2009, welches in einem Zwangsversteigerungsverfahren erstellt worden ist. Damals gab es das Grundstück der Klägerin mangels Teilung noch nicht. Das u.a. bewertete Flurstück 658, aus welchem später das Grundstück der Klägerin entstand, lag an der südlich davon verlaufenden öffentlichen Straße (B. Straße). Dorthin hat das Grundstück der Klägerin keinen Zugang. Deshalb kann der in dem Gutachten ermittelte Verkehrswert für Bauland nicht ohne weiteres für die Berechnung des Verkehrswerts des Grundstücks der Klägerin zugrunde gelegt werden.
10
c) Abgesehen davon, dass nach dem vorstehend unter b) aa) Gesagten das Berufungsurteil keine Auswirkungen auf die Bebaubarkeit des Grundstücks der Klägerin hat, liegt der von ihr vorgetragene Aufwand für die "Erschließung des hinteren Bauplatzes" in Höhe von 16.617,43 € unter der in § 26 Nr. 8 EGZPO festgelegten Wertgrenze.
11
d) Nicht ersichtlich ist, inwiefern die von der Klägerin getätigten Investitionen in die Sanierung einer Werkstatt inklusive des Aufbaus einer Photovoltaikanlage in Höhe von 95.341,21 € durch den Duldungsausspruch in dem Berufungsurteil verloren sein sollen.
12
2. Nach alledem hat die Klägerin auch nicht dargelegt und glaubhaft gemacht , welchen Wert das hilfsweise geltend gemachte Notwegrecht für ihr Grundstück hat.

III.


13
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Bei der Festsetzung des Gegenstandswerts ist der Senat - mangels anderer Anhaltspunkte - von der Streitwertfestsetzung des Berufungsgerichts ausgegangen. Stresemann Lemke Schmidt-Räntsch Roth Brückner
Vorinstanzen:
AG Günzburg, Entscheidung vom 31.01.2012 - 1 C 882/11 -
LG Memmingen, Entscheidung vom 12.12.2012 - 12 S 417/12 -

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 7 Grunddienstbarkeit


Der Wert einer Grunddienstbarkeit wird durch den Wert, den sie für das herrschende Grundstück hat, und wenn der Betrag, um den sich der Wert des dienenden Grundstücks durch die Dienstbarkeit mindert, größer ist, durch diesen Betrag bestimmt.

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Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Juli 2002 - V ZR 118/02

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Bundesgerichtshof Beschluss, 06. März 2014 - V ZB 31/13

bei uns veröffentlicht am 06.03.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 31/13 vom 6. März 2014 in dem Rechtsstreit Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. März 2014 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, den Richter Dr. Czub, die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 118/02
vom
25. Juli 2002
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
EGZPO § 26 Nr. 8

a) Zur Statthaftigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde reicht es hin, daß der Beschwerdeführer
glaubhaft macht, der Wert der mit der Revision geltend zu machenden
Beschwer übersteige zwanzigtausend Euro; einer Wertermittlung nach
§ 3, 2. Halbsatz ZPO bedarf es nicht.

b) Die Rüge, ein entscheidungserheblicher Beweisantrag sei übergangen worden,
kann, wenn mit ihr zugleich ein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör
dargelegt ist, Anlaß sein, die Revision zur Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung zuzulassen; dies setzt in der Regel voraus, daß nach den Darlegungen
des Beschwerdeführers der Verstoß gegen das Verfahrensgrundrecht
klar zutage tritt, also offenkundig ist (im Anschluß an Senatsbeschl. v. 4. Juli
2002, V ZB 16/02, für BGHZ bestimmt).
BGH, Beschl. v. 25. Juli 2002 - V ZR 118/02 - Hans. OLG Hamburg
LG Hamburg
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 25. Juli 2002 durch den Vizepräsidenten
des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel und die Richter Tropf,
Dr. Klein, Dr. Lemke und Dr. Gaier

beschlossen:
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 6. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 4. März 2002 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 50.788 ?.

Gründe:

I.


Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten gegen seine Verurteilung, Zug um Zug gegen Zahlung von 1.000 DM die Zustimmung zur Löschung einer Auflassungsvormerkung zu erteilen, zurückgewiesen. Es hat, sachverständig beraten, festgestellt, das von dem Beklagten für 1.000 DM gekaufte Grundstück sei 298.000 DM wert gewesen. Die daraus folgende "Vermutung für seine verwerfliche Gesinnung" habe der Beklagte "nicht widerlegt".
Der Kauf sei deshalb nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten, der die Kläger entgegentreten.

II.


Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 544 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO).
Der Wert des Beschwerdegegenstandes, nämlich der Revisionsanträge, die die Nichtzulassungsbeschwerde ermöglichen soll (Senat, Beschl. v. 27. Juni 2002, V ZR 148/02, zur Veröffentl. best.), übersteigt 20.000 ?. Dies ergibt sich, ohne daû es weiterer Darlegungen bedarf, daraus, daû die Verpflichtung , die Zustimmung zur Löschung der Auflassungsvormerkung zu erklären , gegenständlich nicht teilbar ist und den Beklagten mit 99.333 DM, nunmehr 50.788 ?, beschwert. Bei der Bemessung der Beschwer 2, (§§ 3, erster Halbsatz ZPO) geht der Senat von 1/3 des Wertes des Grundstücks aus, das Gegenstand des durch die Vormerkung gesicherten Auflassungsanspruchs ist (vgl. Zöller-Herget, ZPO, 23. Aufl., § 3 Rdn. 16, Stichwort Löschung m.w.N.). Den Verkehrswert des Grundstücks bemiût der Senat für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde im Anschluû an die mit gutachterlicher Hilfe getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts mit 298.000 DM. Der Umstand, daû der Beklagte selbst zufolge der erforderlichen Gebäudesanierung einen Restwert des Grundstücks in Höhe des Kaufpreises, mithin 1.000 DM, behauptet , ist nicht maûgeblich. Denn die Beschwer, die er mit der beabsichtigten Revision bekämpft, unterscheidet sich notwendigerweise vom Ziel der Rechtsverteidigung , der Abweisung des Grundbuchberichtigungsanspruchs auf der Grundlage eines (niedrigen) Verkehrswertes, der ein Unwerturteil nach § 138 Abs. 1 BGB nicht erlaubt. Allerdings ist die Wertfeststellung des Berufungsgerichts voraussichtlich Gegenstand der Rügen in der Revision, deren Zulassung
die Beschwerde dient; die Nichtzulassungsbeschwerde selbst sucht einen Zulassungsgrund daraus herzuleiten, daû das Gutachten unvollständig und ein Antrag auf weiteren Sachverständigenbeweis übergangen worden ist. Dies hindert es aber nicht, die Feststellungen des Berufungsgerichts als Schätzgrundlage heranzuziehen. Wie bei der Festsetzung der Beschwer durch das Revisionsgericht nach § 546 Abs. 2 Satz 2 ZPO a.F. gilt auch für die Ermittlung des Beschwerdegegenstandes nach § 26 Nr. 8 EGZPO ein gegenüber § 3 zweiter Halbsatz ZPO vereinfachtes Verfahren, das sich mit der Glaubhaftmachung des Wertes begnügt. Dies hatte das Revisionsrecht in der Fassung des Gesetzes über die Wiederherstellung der Rechtseinheit vom 12. September 1950 (BGBl. I 455) ausdrücklich vorgesehen (§ 546 Abs. 3 ZPO damaliger Fassung). Die Revisionsnovelle vom 15. September 1975 (BGBl. I 1863) hatte im Hinblick auf den Umstand, daû das Berufungsgericht die Beschwer von Amts wegen festzusetzen hatte (§ 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO a.F.), von einer entsprechenden Regelung abgesehen; gleichwohl ging die Rechtsprechung weiterhin davon aus, daû Glaubhaftmachung genüge (BGH, Beschl. v. 9. März 1988, IVa ZR 250/87, BGHR ZPO § 546 Abs. 2, Neue Tatsachen 1). Der als Überleitungsvorschrift zur neuerlichen Novelle vom 27.07.2001 (BGBl. I 1887, geänd. 3138) geschaffene § 26 Nr. 8 EGZPO enthält sich einer Bestimmung, auf welche Weise (bei unbezifferten Anträgen) "der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer" zu ermitteln ist. Da das reformierte Revisionsrecht indessen insoweit zu den Grundsätzen des Jahres 1950 zurückkehrt, als sich die Zulässigkeit des Rechtsmittels nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes richtet, besteht kein innerer Grund, von der seinerzeit durch § 543 Abs. 3 ZPO geschaffenen Erleichterung der Wertermittlung abzusehen. Aus dem Umstand, daû der Gesetzgeber des Jahres 2001 im Gegensatz zu jenem des Jahres 1950 die Frage nicht anspricht, ist kein Argument dafür herzuleiten,
er wolle das Revisionsgericht nunmehr mit den unter Umständen langwierigen Ermittlungen nach § 3, zweiter Halbsatz ZPO belasten, die im Streitfalle zur Erhebung eines Verkehrswertgutachtens allein zur Klärung der Frage führen würden, ob die Nichtzulassungsbeschwerde statthaft ist. Im Streitfalle sind die zur Darlegung eines Zulassungsgrundes geführten Angriffe auf das Beweisergebnis des Berufungsgerichts nicht geeignet, diesem die Tauglichkeit zur Glaubhaftmachung der Beschwer zu entziehen (im einzelnen unten zu III 2). Die Kläger haben sich zu der Frage nicht geäuûert, mithin der Glaubhaftigkeit der Beschwer nichts entgegengesetzt.

III.


In der Sache hat die Nichtzulassungsbeschwerde keinen Erfolg. Einen Zulassungsgrund (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO) hat der Beklagte nicht dargetan (§ 554 Abs. 2 Satz 3 ZPO).
1. Die in Aussicht genommene Sachrüge (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2a ZPO) macht eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 2. Alt. ZPO) oder aus sonstigen Gründen nicht erforderlich.

a) Eine Divergenz zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist nicht dargetan. Das Berufungsurteil stellt nicht den, von der Senatsrechtsprechung (BGHZ 146, 298; Urt. v. 5. Oktober 2001, V ZR 237/00, WM 2002, 600) abweichenden, Rechtssatz auf, bei einem besonders groben Äquivalenzverstoû im Austauschverhältnis bestehe eine Vermutung für eine verwerfliche Ge-
sinnung des Begünstigten in dem Sinne, daû diesen, wie in den Fällen des § 292 ZPO, die Beweislast für seine Redlichkeit träfe. In den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils ist zwar davon die Rede, daû der Beklagte die aus dem Miûverhältnis zwischen Kaufpreis und Grundstückswert folgende Vermutung nicht widerlegt habe. Die des näheren in Bezug genommene Entscheidung des Landgerichts macht aber deutlich, daû sich das Berufungsgericht nicht von einem die Beweislast umkehrenden Begriff der Vermutung leiten lieû. Das Landgericht kommt als Ergebnis seiner Beweiserwägungen dazu, daû die Vermutung für die verwerfliche Gesinnung des Beklagten nicht entkräftet sei. Dies entspricht der Rechtsprechung des Senats, der von einer beweiserleichternden tatsächlichen Vermutung ausgeht, die vom Tatrichter bei der Beweiswürdigung zu berücksichtigen ist.

b) Die gerügten Rechtsanwendungsfehler, insbesondere eine etwa unzureichende Würdigung der Bewertungsschwierigkeiten (vgl. Senatsurt. v. 21. März 1997, V ZR 355/95, WM 1997, 1155 f) bei der Beurteilung der verwerflichen Gesinnung, begründen ein öffentliches Interesse an einer Revisionsentscheidung unter keinem der gesetzlichen Zulassungsgründe. Sie lassen einen über den Einzelfall hinauswirkenden Rechtsverstoû nicht erkennen (vgl. Senatsbeschl. v. 4. Juli 2002, V ZB 16/02, für BGHZ bestimmt).
2. Auch die in Aussicht genommene Verfahrensrüge (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 b ZPO) begründet die Beschwerde nicht.

a) Die Rüge, ein entscheidungserheblicher Beweisantrag sei übergangen worden, auf die sich die Beschwerde stützt, kann zwar, wenn mit ihr zugleich ein Verstoû gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1
GG) dargelegt ist (zur verfassungsrechtlichen Pflicht der Gerichte, erhebliche Beweisanträge zu berücksichtigen, und deren Grenzen vgl. BVerfGE 60, 247, 249; 60, 250, 252; 69, 145, 158; BVerfG-K, NVwZ 95, 1097), Anlaû sein, die Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen; dies setzt in der Regel voraus, daû nach den Darlegungen des Beschwerdeführers der Verstoû gegen das Verfahrensgrundrecht im Einzelfall klar zutage tritt, also offenkundig ist (Senat Beschl. v. 4. Juli 2002 aaO; vgl. auch Beschl. v. gleichen Tage, V ZR 75/02, zur Veröffentl. best.). In diesem Falle geht das Individualinteresse des Beschwerdeführers an der Durchsetzung seines Grundrechts, dem eine sonst eröffnete Verfassungsbeschwerde vornehmlich zu dienen hätte (BVerfGE 85, 109, 113; 98, 218, 242, 243), mit dem öffentlichen Interesse an der Wahrung der Grundrechtsordnung, auf das das Revisionsrecht auch abstellt , einher (zur Aufgabe der Zulassungsrevision, präsumtiv erfolgreiche Verfassungsbeschwerden vermeidbar zu machen, vgl. Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Novelle v. 27.07.2001, BR-Drucks. 536/00, S. 265 f).
Im Falle des Beklagten bedarf es der Zulassung der Revision nicht, denn ein offensichtlicher Grundrechtsverstoû liegt nicht vor. Das Berufungsurteil befaût sich zwar mit dem Antrag des Beklagten, zum Gesamtausmaû des Schwammbefalls, der für die Aufzehrung des Grundstückswertes maûgeblich sei, ergänzenden Sachverständigenbeweis zu erheben, nicht. Auch trifft es zu, daû der im selbständigen Beweisverfahren herangezogene Sachverständige sein Gutachten unter dem Vorbehalt erstattet hat, daû die Verkehrswertermittlung nicht mit einem Bausubstanzgutachten identisch ist. Anlaû hierzu hatte die Bekundung eines anderen Sachverständigen über seiner Ansicht nach erforderliche Freilegungen bestimmter Bauteile gegeben. Andererseits hat der Gutachter , jedenfalls hinsichtlich beachtlicher Teile der Baumasse, aus eigener
Erkenntnis Befundtatsachen ermittelt ("Hausschwamm in einem kaum vorstellbaren Maûe"), die Schlüsse auf den Verkehrswert erlauben konnten. In dem Schweigen der Entscheidungsgründe tritt unter diesen Umständen nicht klar und offenkundig ein Grundrechtsverstoû zutage, denn Art. 103 Abs. 1 GG gebietet es nicht, jedes Vorbringen ausdrücklich zu bescheiden (BVerfGE 22, 267, 274; 96, 205, 217).

b) Ein etwaiger Verstoû gegen das einfache Verfahrensrecht (§ 286 ZPO) rechtfertigt die Zulassung aus den zu III 1 b genannten Gründen nicht.

IV.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Tropf Klein Lemke Gaier

Der Wert einer Grunddienstbarkeit wird durch den Wert, den sie für das herrschende Grundstück hat, und wenn der Betrag, um den sich der Wert des dienenden Grundstücks durch die Dienstbarkeit mindert, größer ist, durch diesen Betrag bestimmt.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 19/12
vom
12. Juli 2012
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Juli 2012 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und
Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 20. Dezember 2011 wird auf Kosten der Klägerin als unzulässig verworfen. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 6.000 €.

Gründe:

I.

1
Die Klägerin ist Eigentümerin eines mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks, welches keine eigene Anbindung an eine öffentliche Straße hat. Zugunsten des jeweiligen Grundstückseigentümers ist zu Lasten des dem Beklagten gehörenden Grundstücks ein Geh-, Fahr- und Leitungsrecht eingetragen (Grunddienstbarkeit). Die Parteien streiten über die Ausübungsstelle des Rechts.
2
Die Klägerin hat die Verurteilung des Beklagten zur Unterlassung wesentlicher Beeinträchtigungen der Dienstbarkeit durch Bau-, Bepflanzungs-, Park- und Lagerungsmaßnahmen sowie zur Beseitigung der Beeinträchtigun- gen (Holzstapel, Holzschuppen, Terrasse, parkende Fahrzeuge, Bepflanzungen mit Bäumen, Zaunpfosten, gelagerte Torbauteile) beantragt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben, allerdings den Ausübungsbereich des Rechts gegenüber dem von der Klägerin beanspruchten Bereich eingeschränkt. Die Revision gegen sein Urteil hat das Oberlandesgericht nicht zugelassen. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin.

II.

3
Das Rechtsmittel ist unzulässig, weil der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € nicht übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO).
4
1. Bei einer Klage auf Unterlassung der Beeinträchtigung einer Grunddienstbarkeit bestimmt sich der Wert des Rechts nach § 7 ZPO; er ist nach § 3 ZPO zu schätzen. Für den Wert einer Beseitigungsklage ist das Interesse des Klägers an der Beseitigung des beanstandeten Zustands maßgeblich; auch er ist nach § 3 ZPO zu schätzen. Beide Werte sind zusammenzurechnen. Maßgebend für den Wert der Beschwer im Rechtsmittelverfahren ist das Interesse des Rechtsmittelklägers an der Abänderung der angefochtenen Entscheidung (Senat , Beschluss vom 29. Januar 2009 - V ZR 152/08, Grundeigentum 2009, 514, 515).
5
2. Nach diesen Grundsätzen bemisst sich die Beschwer der Klägerin, welche sie in dem angestrebten Revisionsverfahren geltend machen könnte, allenfalls nach dem Wert, den die Grunddienstbarkeit mit dem von ihr beanspruchten Ausübungsbereich abzüglich des Werts mit dem von dem Berufungsgericht festgelegten Ausübungsbereich für das Grundstück der Klägerin hat zuzüglich des Werts des Interesses der Klägerin an der Beseitigung der Anlagen und Gegenstände, welche von dem Urteilsausspruch des Berufungsgerichts nicht erfasst werden, durch den Beklagten.
6
3. Dass diese Werte zusammen 20.000 € überschreiten, hat die Klägerin nicht - wie geboten (siehe nur Senat, Beschluss vom 25. Juli 2002 - V ZR 118/02, NJW 2002, 3180) - dargelegt und glaubhaft gemacht.
7
a) Sie hat schon nicht aufgezeigt, in welchem Umfang sie das Berufungsurteil angreifen will. Gesicherte Feststellungen zu dem Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer lassen sich deshalb nicht treffen. Der Senat geht allerdings davon aus, dass die Klägerin die in erster Instanz gestellten Klageanträge in dem abgewiesenen Umfang weiterverfolgen will.
8
b) Es fehlt an der Glaubhaftmachung des Werts, den die Grunddienstbarkeit mit dem von der Klägerin beanspruchten Ausübungsbereich und mit dem von dem Berufungsgericht festgelegten Ausübungsbereich für das Grundstück der Klägerin hat. Die mit der Beschwerdebegründung vorgelegten Kostenvoranschläge betreffend Pflaster- und Tiefbauarbeiten an einer Auffahrt, "Umbauarbeiten" sowie Kabel- und Leitungsverlegungen sind dafür unergiebig. Es ist auch nicht dargelegt und deshalb nicht ersichtlich, weshalb diese Arbeiten notwendig sind, falls das Berufungsurteil Bestand hat.
9
c) Eine für die Beschwer maßgebliche Wertminderung des Grundstücks der Klägerin durch die Festlegung des Ausübungsbereichs der Grunddienstbarkeit in dem Berufungsurteil und durch die beanstandeten Maßnahmen des Beklagten , welche die Klägerin noch beseitigt haben will, behauptet sie schlicht, ohne einen Minderungsbetrag anzugeben und glaubhaft zu machen.
10
d) Weil die Klägerin die Notwendigkeit der in den Kostenvoranschlägen aufgeführten Arbeiten nicht dargelegt hat, können Feststellungen zu dem Wert ihres Interesses an der Beseitigung der weiteren Anlagen und Gegenstände durch den Beklagten ebenfalls nicht getroffen werden.

III.

11
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Bei der Festsetzung des Gegenstandswerts ist der Senat - mangels anderer Anhaltspunkte - von der Streitwertfestsetzung des Berufungsgerichts ausgegangen.
Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Brückner Weinland

Vorinstanzen:
LG Chemnitz, Entscheidung vom 27.06.2011 - 2 O 1403/10 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 20.12.2011 - 9 U 1214/11 -

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)