Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Juni 2008 - V ZR 127/07

bei uns veröffentlicht am05.06.2008
vorgehend
Landgericht Neuruppin, 3 O 221/05, 15.06.2006
Brandenburgisches Oberlandesgericht, 5 U 130/06, 24.05.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

Beschluss
V ZR 127/07
vom
5. Juni 2008
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 5. Juni 2008 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter Dr. Klein, die Richterin
Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und Dr. Roth

beschlossen:
Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 24. Mai 2007 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen. Der Gegenstandswert für das Revisionsverfahren beträgt 14.673,84 €.

Gründe:


I.


1
Der Kläger ist Erbeserbe der früheren Eigentümerin eines am Ufer der Havel in H. belegenen Grundbesitzes, der seinerzeit aus drei Flurstücken 85/1 (1.715 m2), 85/3 (472 m2) und 85/5 (2.940 m2) bestand. Die im Grenzgebiet der DDR zu Berlin (West) befindlichen Flurstücke wurden in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts in Volkseigentum überführt und zwar die unmittelbar am Ufer gelegenen Flurstücke 85/1 und 85/3 mit Kaufverträgen vom 18. Juli 1962 und vom 11. März 1965, das Flurstück 85/5 durch Inanspruchnahmebescheid vom 24. September 1968.
2
Die Oberfinanzdirektion C. stellte in einem Zuordnungsbescheid 1999 fest, dass die beklagte B. seit dem 3. Oktober 1990 Eigentümerin dieser Flurstücke ist. Die Stadt H. , die nach der Maueröffnung auf den freigegebenen Flächen eine Uferstraße angelegt hatte, beantragte bei der Beklagten, ihr die unmittelbar am See gelegene Teilfläche zu verkaufen.
Die Flurstücke wurden neu vermessen und - wie folgt - neu gebildet: Die unmittelbar am See gelegene Teilfläche ist jetzt das Flurstück 993 mit einer Größe von 5.127 m2, das aus einer Verschmelzung der früheren Flurstücke 85/1, 85/3 mit einem Teil des zerlegten Flurstückes 85/5 entstanden ist. Der restliche Teil des ehemaligen Flurstücks 85/5 ist nunmehr das Flurstück 994.
3
Der Kläger stellte für beide Flurstücke einen Antrag auf Rückerwerb nach dem Mauergrundstücksgesetz. Die Oberfinanzdirektion C. lehnte den Antrag des Klägers auf einen Kauf der unmittelbar am See gelegenen Fläche unter Hinweis auf das öffentliche Interesse an einem Erwerb dieser Fläche durch die Stadt ab. Die gegen diesen Bescheid nach § 7 Abs. 2 MauerG erhobene Klage blieb erfolglos. Für die andere Teilfläche stellte die Oberfinanzdirektion die Erwerbsberechtigung des Klägers nach dem Mauergrundstücksgesetz fest.
4
Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger die Zustimmung der Beklagten zur Berichtigung des Grundbuchs bezüglich beider Flurstücke (993 und 994) beantragt. Die Klage ist in den Tatsacheninstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger den Antrag auf Grundbuchberichtigung teilweise weiter. Er beantragt festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, die Abschreibung der Teilflächen der ehemaligen Flurstücke 85/1 und 85/3 aus dem Flurstück 993, Flur 10, Gemarkung H. , herbeizuführen und sodann einer Berichtigung des Grundbuchs durch Eintragung des Klägers als Eigentümer des neu gebildeten Flurstücks zuzustimmen.

II.


5
Der Senat weist die Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, weil die Voraussetzungen für ihre Zulassung nicht mehr vorliegen und die Revision auch keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 552a Satz 1 ZPO).
6
1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision vorliegen, ist derjenige, an dem das Revisionsgericht über die Sache entscheidet (BGH, Beschl. v. 20. Januar 2005, I ZR 255/02, NJW-RR 2005, 650).
7
a) Das Berufungsgericht hat die Revision wegen der im Zeitpunkt seiner Entscheidung - höchstrichterlich noch nicht entschiedenen - Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, ob die Kaufverträge, die auf der Grundlage des § 10 DDR-Verteidigungsgesetz über Mauer- und Grenzgrundstücke abgeschlossen wurden, einer Prüfung an der seinerzeit auch in der DDR geltenden Vorschrift des § 138 Abs. 1 BGB standhalten. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung mehr, nachdem der Senat in einer Parallelsache die entscheidungserheblichen Fragen entschieden hat (Urteil vom 7. März 2008, V ZR 89/07 - zur Veröffentlichung vorgesehen).
8
b) Andere Zulassungsgründe kommen hier nicht in Betracht. Eine Entscheidung des Revisionsgerichts ist weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, weil die allgemeinen zivilrechtlichen Ansprüche ausgeschlossen sind.
9
2. Die Rechtssache hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
10
a) Dem Kläger stehen Ansprüche auf Vermessung zur Wiederherstellung des alten Zustands und auf Grundbuchberichtigung nach § 894 BGB nicht zu.
11
aa) Der Senat hat mit Urteil vom 7. März 2008 (V ZR 89/07, Rz. 14 ff.) ausgeführt, dass ein im Vorfeld einer Enteignung abgeschlossener Vertrag über den Verkauf eines Mauer- oder Grenzgrundstücks an die DDR nach den Bestimmungen in Art. 19, 41 EVertr unter Hinnahme der Rechtswirklichkeit der DDR ebenso als wirksam zu behandeln ist wie eine für diesen Zweck erfolgte Inanspruchnahme durch Bescheid (dazu bereits: Senat, Urt. v. 16. Dezember 2005, V ZR 83/05, NJW-RR 2006, 884, 885). Das schließt die Geltendmachung allgemeiner zivilrechtlicher Ansprüche aus, mit der Folge, dass das Erwerbsgeschäft insoweit auch einer Prüfung an § 138 Abs. 1 BGB entzogen ist. Diese Überführungen in das Volkseigentum sind nur nach Maßgabe des Mauergrundstücksgesetzes rückgängig zu machen, das insoweit eine abschließende Regelung enthält. Wegen der weiteren Begründung wird auf das zitierte Senatsurteil verwiesen.
12
b) Das Vorbringen der Revision nach dem Hinweis des Senats auf die beabsichtigte Zurückweisung durch einen Beschluss nach § 552a ZPO führt zu keiner anderen Beurteilung.
13
aa) Soweit vorgebracht wird, der Senat sei mit der auf die Art. 19, 41 EVertr gestützten Begründung von der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 18. April 1996 (BAGE 81, 11 ff.) abgewichen, trifft das nicht zu. Das Bundesarbeitsgericht nimmt an, dass sich aus Art. 17 bis 19 EVertr nicht die Unwirksamkeit politisch motivierter, den Arbeitnehmer benachteiligender arbeitsrechtlicher Maßnahmen ergibt und dass auch die mit rechtstaatlichen Grundsätzen unvereinbaren Kündigungen nicht nach Art. 19 Satz 2 EVertr und den dazu erlassenen Bestimmungen aufzuheben sind, weil sie keine Verwaltungsakte sind.
14
Im Übrigen geht auch das Bundesarbeitsgericht davon aus, dass die politisch motivierten Kündigungen zur Sicherung der SED-Herrschaft, deren Wirksamkeit in der DDR faktisch nicht in Frage gestellt werden konnte, zwar unrechtmäßige Maßnahmen waren, aber nach Art. 17, 18 EVertr über den 2. Oktober 1990 hinaus wirksam blieben und die Wiedergutmachung nur nach den insoweit abschließenden Regelungen des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes erfolgt (BAGE 78, 244, 252; 83, 11, 20). Dieses sieht auch bei einer durch SEDUnrecht zerstörten beruflichen Biographie keine „Restitution“ durch einen An- spruch auf Wiedereinstellung, sondern lediglich Ansprüche auf bevorzugte berufliche Fortbildung und Umschulung, laufende wirtschaftliche Ausgleichszahlungen und einen Ausgleich von Nachteilen in der gesetzlichen Rentenversicherung vor (BAGE 78, 244, 252; 83, 11, 18). Die Grundsätze für die Bereinigung des Unrechts aus politisch motivierten Benachteiligungen im beruflichen Bereich unterscheiden sich insoweit nicht von denjenigen für den Entzug des Eigentums an Mauergrundstücken nach dem Mauergrundstücksgesetz. In beiden Fällen wird eine Maßnahme der DDR trotz ihres Unrechtsgehalts hingenommen, und der Ausgleich für die daraus entstandenen Nachteile erfolgt ausschließlich nach den Maßgaben eines besonderen Gesetzes.
15
bb) Entgegen der Auffassung der Revision laufen dadurch die Heilungsvorschriften in Art. 231 § 7 ff. EGBGB nicht leer. Diese gelten allgemein und heilen Fehler bei denjenigen Veräußerungsge schäften, die nicht auf staatlichem Unrecht beruhen und für die deshalb auch die Sondervorschriften des Wiedergutmachungsrechts nicht einschlägig sind.

III.

16
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Krüger Klein Stresemann Roth Czub
Vorinstanzen:
LG Neuruppin, Entscheidung vom 15.06.2006 - 3 O 221/05 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 24.05.2007 - 5 U 130/06 -

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(1) Für Streitigkeiten aus diesem Gesetz ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Ein Widerspruchsverfahren findet nicht statt.

(2) Eine Klage ist innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Zustellung des Bescheides zu erheben. Die Klagefrist ist eine Notfrist im Sinne der Zivilprozeßordnung.

(3) Die Klagefrist beginnt nur zu laufen, wenn der Berechtigte über die Klagemöglichkeit, das Gericht, bei dem die Klage zu erheben ist, dessen Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich belehrt worden ist. § 58 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung findet entsprechende Anwendung.

Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZR 255/02
vom
20. Januar 2005
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
SIM-Lock II
Für die Beurteilung nach § 552a ZPO, ob die Voraussetzungen für die Zulassung
der Revision vorliegen, ist der Zeitpunkt der Entscheidung des Revisionsgerichts
maßgeblich.
BGH, Beschl. v. 20. Januar 2005 - I ZR 255/02 - OLG Frankfurt a.M.
LG Frankfurt a.M.
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Januar 2005 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Pokrant, Dr. Büscher,
Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

beschlossen:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 15. August 2002 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Der Streitwert wird auf 150.000 € festgesetzt.

Gründe:


I. Die Klägerin, die Inhaberin der für "Geräte und Anlagen für den Mobilfunk" eingetragenen Marke "S. " ist, stellt Mobiltelefone her, die mit einem sog. SIM-Lock versehen sind. Dieser bewirkt, daß die Mobiltelefone nur im Netz eines bestimmten Netzbetreibers verwendet werden können.
Der Beklagte hat von der Klägerin hergestellte und mit ihrer Marke versehene Mobiltelefone, bei denen die Sperre entfernt worden war, vertrieben und selbst Entsperrungen vorgenommen.
Die Klägerin hat den Beklagten - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - wegen Verletzung ihrer Markenrechte auf Auskunft und Feststellung der Schadensersatzverpflichtung in Anspruch genommen.
Das Landgericht hat den Beklagten zur Auskunftserteilung verurteilt und seine Verpflichtung festgestellt, Schadensersatz zu leisten. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen (OLG Frankfurt GRUR-RR 2002, 327). Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.
II. Die Revision wird zurückgewiesen, weil die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht mehr vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 552a Satz 1 ZPO).
1. Die Revision ist zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die klärungsbedürftige Frage von grundsätzlicher Bedeutung, die sich dem Berufungsgericht im vorliegenden Fall stellte, hat der Senat inzwischen im Urteil vom 9. Juni 2004 - I ZR 13/02 (WRP 2005, 106 - SIM-Lock) entschieden. Eine die Erschöpfung nach § 24 Abs. 1 MarkenG ausschließende Produktveränderung i.S. von § 24 Abs. 2 MarkenG liegt danach vor, wenn Mobiltelefone, mit denen aufgrund einer Sperre (sog. SIM-Lock) nur in einem bestimmten Mobilfunknetz telefoniert werden kann, nach dem Inverkehrbringen durch den Markeninhaber ohne dessen Zustimmung von einem Dritten entsperrt werden.
Danach lagen die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision zwar im Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsgerichts vor. Sie sind jedoch aufgrund der "SIM-Lock"-Entscheidung des Senats zwischenzeitlich entfallen. Die-
ser Fall wird vom Regelungsbereich des § 552a ZPO erfaßt. Denn maßgeblich für die Beurteilung nach § 552a ZPO, ob die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision vorliegen, ist der Zeitpunkt der Entscheidung des Revisionsgerichts (vgl. Begründung der Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 15/3482, S. 19; Zöller/Gummer, ZPO, 25. Aufl., § 552a Rdn. 3; Musielak/Ball, ZPO, 4. Aufl., § 552a Rdn. 2; Thomas/Putzo, ZPO, 26. Aufl., Anh. § 552a).
2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsgericht hat im Sinne der Entscheidung "SIM-Lock" erkannt.

a) Der Beklagte ist zur Auskunft nach § 19 Abs. 1 und Abs. 2 MarkenG, § 242 BGB und zum Schadensersatz nach § 14 Abs. 6 MarkenG verpflichtet.
Der Beklagte hat mit der Marke "S. " gekennzeichnete Mobiltelefone ohne Zustimmung der Klägerin vertrieben (§ 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 2 MarkenG). Der markenrechtliche Schutz war nicht aufgrund Erschöpfung nach § 24 Abs. 1 MarkenG ausgeschlossen, weil die Klägerin sich dem weiteren Vertrieb der Mobiltelefone aus berechtigten Gründen i.S. von § 24 Abs. 2 MarkenG widersetzen konnte. Die Aufhebung der Sperre (SIM-Lock) der Mobiltelefone stellte eine Produktveränderung dar, die die Erschöpfung nach § 24 Abs. 1 MarkenG ausschloß (vgl. BGH WRP 2005, 106, 108 - SIM-Lock). Die Markenrechtsverletzung hat der Beklagte, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat, jedenfalls fahrlässig begangen.

b) Entgegen der Ansicht der Revision erfassen der Auskunfts- und der Feststellungsantrag nicht auch Fälle, in denen die Klägerin der Aufhebung der Sperre zugestimmt hat. Aus den Gründen des Berufungsurteils, die zur Auslegung des Urteilstenors heranzuziehen sind, ergibt sich, daß eine Markenverlet-
zung nur dann vorliegt, wenn die Aufhebung der Sperre ohne Zustimmung der Klägerin erfolgt ist.

c) Zu Recht hat das Berufungsgericht eine rechtsmißbräuchliche Geltendmachung des Markenrechts durch die Klägerin verneint. Diese braucht einen Weitervertrieb der mit ihrer Marke gekennzeichneten Waren nicht hinzunehmen , wenn der Originalzustand der von ihr produzierten und vertriebenen Mobiltelefone von dem Beklagten oder durch Dritte verändert worden ist.
Auch soweit sich die Revision auf eine irreführende Werbung eines Netzbetreibers gegenüber Endkunden, einen Verdrängungswettbewerb gegenüber dem Handel und einem Verkauf unter Einstandspreis beruft, verhilft ihr dies nicht zum Erfolg. Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, daß die Klägerin hieran beteiligt ist. Durchgreifende Verfahrensrügen dagegen hat die Revision nicht erhoben.
Die Entfernung des "SIM-Lock" stellt sich entgegen der Meinung der Revision auch nicht als Fehlerberichtigung i.S. von § 69d UrhG dar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann Pokrant Büscher
Schaffert Bergmann

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 89/07 Verkündet am:
7. März 2008
Lesniak,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Geltendmachung der allgemeinen zivilrechtlichen Ansprüche auf
Grundbuchberichtigung (§ 894 BGB) und Herausgabe (§ 985 BGB) ist für die
ehemaligen Mauer- und Grenzgrundstücke (§ 1 Abs. 1 MauerG) auf Grund der
Art. 19, 41 Einigungsvertrag ausgeschlossen, nach denen staatliche Zugriffe auf
Vermögensgegenstände, die in der Rechtswirklichkeit der DDR als wirksam,
jedenfalls als unumkehrbar angesehen wurden, nur auf Grund eines besonderen
Gesetzes rückgängig zu machen sind. § 2 Abs. 1 MauerG enthält deshalb eine
abschließende Sonderregelung für die Rückübertragung dieser Grundstücke,
unabhängig davon, ob diese durch Verwaltungsakt oder auf Grund eines mit dem
Staat abgeschlossenen Kaufvertrags in Volkseigentum überführt wurden.
BGH, Urt. v. 7. März 2008 - V ZR 89/07 - OLG Brandenburg
LG Potsdam
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom
7. Dezember 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter
Dr. Klein, die Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und Dr. Roth

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 8. September 2005 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Erbeserbe nach C. M. , die Eigentümerin eines im ehemaligen Grenzgebiet der DDR zu West-Berlin belegenen Grundstücks war. Das Grundstück stand unter staatlicher Verwaltung durch den Rat der Gemeinde und wurde im Zuge der Errichtung von Grenzanlagen nach dem 13. August 1961 in zwei Grundstücke geteilt. Mit notariellem Vertrag vom 27. Juni 1962 verkaufte der staatliche Verwalter für Zwecke der Grenzsicherung eines der Grundstücke an den Rat des Kreises zur Überführung in Volkseigentum. Eine weitere Teilfläche des unter staatlicher Verwaltung verbliebenen Grundstücks wurde 1965 durch einen auf § 10 des Verteidigungsgesetzes gestützten Bescheid des Rates des Kreises in Anspruch genommen.
2
In diesem Rechtsstreit hat die Erbin der früheren Eigentümerin von der Beklagten die Zustimmung zur Grundbuchberichtigung wegen des 1962 verkauften Grundstücks mit der Behauptung verlangt, dass die Veräußerung an den Staat nach § 138 Abs. 1 BGB unwirksam gewesen und sie daher Eigentümerin des Grundstücks sei. Nach ihrem Tod wird der Rechtsstreit durch ihren Erben fortgeführt.
3
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; die Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger den Grundbuchberichtigungsanspruch weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht meint, dass das Grundbuch die Beklagte zu Recht als Eigentümerin ausweise, weil der Kaufvertrag vom 27. Juni 1962 nicht gem. § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig gewesen sei. Entscheidend für die Beurteilung seien die Rechtsanschauungen in der DDR im Jahre 1962; gemessen daran sei der Vertrag wirksam.
5
Die Überführungen der in dem Grenzgebiet belegenen Grundstücke in das Volkseigentum hätten ihre gesetzliche Grundlage in § 10 des Verteidigungsgesetzes der DDR und in § 28 a und c der dazu ergangenen Leistungsverordnung vom 16. August 1963 (GBl. II S. 667) gehabt. Verteidigungszweck im Sinne des Gesetzes sei nach der Rechtswirklichkeit der DDR auch gewesen, durch die Errichtung von Sperranlagen die Abwanderung von Bürgern in die Bundesrepublik und West-Berlin zu verhindern.
6
Das nach den Rechtsvorstellungen in der DDR gewonnene Auslegungsergebnis werde dadurch bestätigt, dass in § 2 Abs. 1 MauerG der Bundesgesetzgeber den betroffenen Grundstückseigentümern ein Rückerwerbsrecht eingeräumt habe. Diese Regelung zeige, dass die Überführungen der Grundstücke in Volkseigentum auf der Grundlage des Verteidigungsgesetzes auch nach der Auffassung des Bundesgesetzgebers wirksam gewesen und den ehemaligen Eigentümern daher keine Rechte an den Grundstücken verblieben seien, die mit dem Beitritt in den Schutzbereich des Art. 14 GG hätten fallen können.

II.

7
Die Revision des Klägers bleibt ohne Erfolg. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Grundbuchberichtigung nach § 894 BGB nicht zu. Die Geltendmachung der allgemeinen zivilrechtlichen Ansprüche (§§ 894, 985 BGB) ist für die ehemaligen Mauer- und Grenzgrundstücke (§ 1 Abs. 1 MauerG) auf Grund der Art. 19, 41 Einigungsvertrag und der abschließenden Sonderregelung für die Rückübertragung dieser Grundstücke in § 2 Abs. 1 MauerG ausgeschlossen.
8
1. Der Senat hat für das Verhältnis zwischen den Ansprüchen auf Wiedergutmachung nach dem Vermögensgesetz und zivilrechtlichen Ansprüchen auf Grundbuchberichtigung und Herausgabe entschieden, dass das Sonderrecht zur Bereinigung des DDR-Unrechts die Verfolgung der allgemeinen zivilrechtlichen Ansprüche ausschließt, da andernfalls die Voraussetzungen und Einschränkungen im Wiedergutmachungsrecht unterlaufen würden (vgl. BGHZ 120, 204, 207; 130, 231, 235; Urt. v. 9. Juli 1993, V ZR 262/91, NJW 1993, 2530). Der Anspruch auf Grundbuchberichtigung nach § 894 BGB kann danach nicht wegen eines zivilrechtlich bedeutsamen, zur Nichtigkeit des Erwerbsgeschäfts führenden Mangels geltend gemacht werden, wenn dieser in einem engen inneren Zusammenhang mit dem Unrechtsverhalten der DDR stand (Senat BGHZ 130, 231, 237; Urt. v. 7. Juli 1995, V ZR 46/94, VIZ 1995, 646, 648; Beschl. v. 30. Januar 1997, V ZB 5/96, VIZ 1997, 285, 286). Ein solcher enger innerer Zusammenhang ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Staat an dem Erwerbsvorgang, in dem sich das staatliche Unrecht niederschlug, selbst beteiligt war (Senat BGHZ 130, 231, 237). Die Rechtsfolge einer solchen Verbindung zwischen dem Erwerbsvorgang und dem staatlichen Unrecht ist im Verhältnis zwischen Zivilrecht und Vermögensgesetz der Ausschluss aller zivilrechtlichen Ansprüche, die den Erwerb des Vermögensgegenstands voraussetzen. Die Regelungen zur Bereinigung des Unrechts der DDR begründen materiell-rechtlich eine von Amts wegen zu berücksichtigende Einwendung gegenüber dem an die Unwirksamkeit des Erwerbsvorganges anknüpfenden zivilrechtlichen Anspruch (Senat BGHZ 130, 231, 237; Urt. v. 9. Juli 1993, V ZR 262/91, NJW 1993, 2530 und Urt. v. 7. Juli 1995, V ZR 46/94, VIZ 1995, 646, 647). Diese Einwendung kommt gerade in den Fällen zum Tragen, in denen das Erwerbsgeschäft zur Überführung in das Volkseigentum bei richtiger Anwendung des allgemeinen Zivilrechts der DDR unwirksam gewesen wäre (vgl. Senat, Beschl. v. 30. Januar 1997, V ZB 5/96, VIZ 1997, 285, 286).
9
2. Diese Grundsätze sind auch auf die nach dem 13. August 1961 erfolgten Zugriffe auf die Mauer- und Grenzgrundstücke anzuwenden.
10
a) Der Senat hat das bereits für den Fall entschieden, in dem ein Grundstück für den Mauerbau durch einen Verwaltungsakt enteignet und in Volkseigentum überführt wurde. Die Enteignungen hat der Senat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG VIZ 1995, 161, VIZ 1996, 206) nach der Staatspraxis der DDR beurteilt und nach diesem Maßstab als wirksam angesehen (Urt. v. 16. Dezember 2005, V ZR 83/05, NJW-RR 2006, 884, 885).
11
Ausschlaggebend dafür ist, dass die Überführungen von Grundstücken in das Volkseigentum, auch soweit sie sich als Unrecht des SED-Staates darstellen, nach den Bestimmungen in Art. 19 und Art. 41 Einigungsvertrag und der darin in Bezug genommenen Gemeinsamen Erklärung der Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik zur Regelung offener Vermögensfragen vom 15. Juni 1990 als grundsätzlich wirksam hinzunehmen und nur dann und in dem Umfang rückgängig zu machen sind, soweit das in besonderen Regelungen bestimmt ist. Das gilt auch für den Zugriff der DDR auf die Mauer- und Grenzgrundstücke zur Errichtung eines die Menschenrechte missachtenden Grenzregimes, in dem das SED-Unrecht seinen besonderen sinnfälligen Ausdruck fand (BT-Drucks. 13/120, S. 5).
12
Der Vorrang der besonderen Vorschriften, die im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung Deutschlands zur Rückgängigmachung staatlicher Zugriffe der DDR auf das Vermögen Einzelner erlassen worden sind, gilt nicht nur für das Vermögensgesetz, sondern ist auf alle gesetzlichen Regelungen zu erstrecken, die zur Bereinigung des von der DDR begangenen Unrechts ergangen sind. Das gilt unabhängig davon, ob mit dem Gesetz ein speziell gegenüber dem früheren Eigentümer begangenes Unrecht wieder gut gemacht oder der Erwerb durch den Staat wegen des mit diesem verfolgten verwerflichen Verwendungszwecks rückgängig gemacht werden soll. Letzteres ist nach der Gesetzesbegründung der mit dem Mauergrundstücksgesetz verfolgte Zweck (BT-Drucks. 13/3734, S. 7).
13
Der Ausschluss zivilrechtlicher Ansprüche ist allerdings nicht unmittelbar eine Rechtsfolge des Mauergrundstücksgesetzes aus dem Jahre 1996, das deshalb entgegen der Ansicht der Revision auch kein mit Art. 14 Abs. 3 GG unvereinbares Enteignungsgesetz ist. Er hat seine Grundlage vielmehr in den gesetzlichen Bestimmungen der DDR zur Wiedergutmachung staatlichen Unrechts, das die DDR noch nach dem Inkrafttreten der Verfassungsgrundsätze vom 17. Juni 1990 (GBL. I S. 299) erlassen hatte, sowie den daran anknüpfenden Regelungen im Einigungsvertrag über die grundsätzliche Anerkennung der staatlichen Zugriffe auf die Vermögenswerte Einzelner in der ehemaligen DDR und über die Voraussetzungen für deren Rückgängigmachung. Das Fortbestehen der Verwaltungsakte der DDR nach Art. 19 Satz 1 Einigungsvertrag, auch soweit diese Enteignungen zum Inhalt hatten, sowie die Einbeziehung der Gemeinsamen Erklärung in den Einigungsvertrag (Art. 41), verbunden mit der Verpflichtung der Bundesrepublik, keine dieser widersprechenden Regelungen zu erlassen, beruhen auf der Grundentscheidung der Vertragsstaaten, dass in dem Beitrittsgebiet nicht ein Zustand hergestellt werden sollte, wie er am 3. Oktober 1990 vorgefunden worden wäre, wenn in der DDR eine Rechts- und Eigentumsordnung ähnlich derjenigen in der Bundesrepublik bestanden hätte. Der Einigungsvertrag geht vielmehr von den in vierzig Jahren DDR gewachsenen Tatsachen aus. Die Zugriffe des Staates auf das Vermögen Einzelner werden danach nur insoweit einer Revision unterzogen, als die vertragsschließenden Staaten deren Fortbestehen als ein nicht weiter hinnehmbares besonderes Unrecht angesehen haben (BT-Drucks. 11/7831, S. 1; BVerwGE 96, 172, 174). Die Rückgängigmachung staatlicher Zugriffe, die nach der Rechtswirklichkeit der DDR als wirksam – jedenfalls aber als faktisch nicht mehr umkehrbar – angesehen werden, ist danach nur auf Grund eines besonderen Gesetzes zulässig (BVerwG VIZ 1995, 161). Allgemeine Rechtsbehelfe gegenüber solchen Maßnahmen des Staates – wie die Verfolgung allgemeiner zivilrechtlicher Ansprüche – sind dagegen ausgeschlossen (vgl. BVerwGE 104, 186, 192).
14
b) Das gilt auch, wenn das Grundstück nicht durch einen Verwaltungsakt, sondern – wie hier – auf Grund eines im Vorfeld einer andernfalls drohenden Enteignung abgeschlossenen Kaufvertrags in Volkseigentum überführt wurde (vgl. im Ansatz schon Senat, Beschl. v. 20. Januar 2005, V ZB 35/04, NJ 2005, 182, 183). Für diese Sachverhalte enthält der Einigungsvertrag zwar keine dem Art. 19 Satz 1 entsprechende ausdrückliche Anordnung. Die Rechtsfolgen sind jedoch, was die Anerkennung der Wirksamkeit und den daraus folgenden Ausschluss der zivilrechtlichen Ansprüche auf Grundbuchberichtigung oder Herausgabe betrifft, nicht anders zu beurteilen. Die Enteignungen und die in deren Vorfeld geschlossenen Kaufverträge sind in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung und in ihrem Unrechtsgehalt, der sich hier aus der Verwerflichkeit des vom Staat verfolgten Verwendungszwecks ergibt, gleichartig (und werden deswegen vom Mauergrundstücksgesetz auch gleich behandelt). Ebenso hing die Unumkehrbarkeit einer Überführung in Volkseigentum nicht davon ab, ob das Grundstück durch Verwaltungsakt oder auf Grund eines Kaufvertrags Volkseigentum geworden war.
15
c) Soweit die Revision unter Hinweis auf zwei Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (NJW 2001, 3035, 3039; 3042, 3044) vorbringt, angesichts des auf den Mauer- und Grenzgrundstücken vom Staat begangenen Unrechts dürften die Enteignungen nicht als wirksam angesehen werden , auch wenn sie faktisch vollzogen und nach den Verhältnissen in der DDR unumkehrbar waren, sieht der Senat keinen Anlass, von seiner an der Rechtswirklichkeit der DDR orientierten Betrachtung abzurücken, die – wie ausgeführt – mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts übereinstimmt.
16
aa) Die von der Revision zitierten Entscheidungen sind nicht einschlägig. Sie betreffen nicht die Frage, ob der Eigentumserwerb an den sog. Mauergrundstücken gegen allgemeine Regeln des Vö lkerrechts verstieß (vgl. auch BVerwG ZOV 2002, 55), sondern die Vereinbarkeit strafrechtlicher Verurteilungen der Mitglieder der Partei- und Staatsführung der ehemaligen DDR sowie der Grenzsoldaten für die Todesschüsse an der früheren Staatsgrenze in einem Vertragsstaat mit den Regeln der EMRK, wenn die Handlungen in dem Staat, in dem sie begangen wurden, nicht als strafbar angesehen, jedenfalls aber nicht verfolgt wurden.
17
bb) Diese Straftaten bedeuteten ein ungleich schwereres Unrecht als der staatliche Erwerb von Grundstücken, die wegen ihrer Lage und gegen eine den damaligen DDR Vorschriften entsprechende Entschädigung oder Kaufpreiszahlung in Volkseigentum überführt wurden. Allein darüber hatte der Gesetzgeber mit dem Mauergrundstücksgesetz zu entscheiden (BT-Drucks. 13/3734, S. 7).
18
cc) Daher geht auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte davon aus, dass eine enteignende Wirkung bereits dann vorliegt, wenn der frühere Eigentümer die Fähigkeit verloren hat, das Grundstück zu nutzen, zu kaufen, zu vermachen, zu verpfänden, zu verschenken oder anderweitig darüber zu verfügen; das gilt selbst dann, wenn das Eigentum nicht formal durch Enteignungsbeschluss oder ein darauf gerichtetes Rechtsgeschäft entzogen wurde (Entscheidung vom 23. Oktober 2006, W. ./. Deutschland, 55878/00, Rdn. 98 – veröffentlicht in juris). Danach ist bei den Mauer- und Grenzgrundstücken von einer Enteignung auszugehen; denn den früheren Eigentümern wurden ihre Rechtstitel förmlich entzogen, und sie konnten an diesen Grundstücken keine aus dem Eigentum fließenden Befugnisse mehr ausüben.
19
Liegt eine Enteignung durch einen anderen Staat vor, so ist einem Staat, der der Konvention zum Schutz der Menschenrechte beigetreten ist (Vertragsstaat ), durch Art. 1 des Protokolls 1 zur EMRK keine Verpflichtung auferlegt, den früheren Eigentümern die in sein Staatgebiet gelangten Vermögenswerte zurückzuübertragen , selbst wenn diese ihnen von einer früheren Staatsmacht unter Verletzung der Bestimmungen in der Konvention entzogen wurden. Der Vertragsstaat kann vielmehr nach freiem Ermessen bestimmen, ob und unter welchen Voraussetzungen er das entzogene Eigentum an die enteigneten Personen zurückgibt (Entscheidung vom 16. Oktober 2006, B. ./. Deutschland, 2725/04, Rdn. 62 – veröffentlicht in juris). In Zusammenhang mit diesem Grundsatz hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte auf den einzigartigen Kontext der deutschen Wiedervereinigung und der daraus erwachsenen enormen Aufgaben hingewiesen, der unter besonderen Umständen sogar einen Ausschluss jeder Entschädigung für eine nur de facto entzogenes Eigentumsrecht zugelassen hätte (Entscheidung vom 23. Oktober 2006, W. Deutschland, ./. 55878/00, Rdn. 114 f.).

III.


20
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Krüger Klein Stresemann Czub Roth
Vorinstanzen:
LG Potsdam, Entscheidung vom 06.06.2003 - 10 O 401/01 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 08.09.2005 - 5 U 78/03 -

Steht der Inhalt des Grundbuchs in Ansehung eines Rechts an dem Grundstück, eines Rechts an einem solchen Recht oder einer Verfügungsbeschränkung der in § 892 Abs. 1 bezeichneten Art mit der wirklichen Rechtslage nicht im Einklang, so kann derjenige, dessen Recht nicht oder nicht richtig eingetragen oder durch die Eintragung einer nicht bestehenden Belastung oder Beschränkung beeinträchtigt ist, die Zustimmung zu der Berichtigung des Grundbuchs von demjenigen verlangen, dessen Recht durch die Berichtigung betroffen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 89/07 Verkündet am:
7. März 2008
Lesniak,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Geltendmachung der allgemeinen zivilrechtlichen Ansprüche auf
Grundbuchberichtigung (§ 894 BGB) und Herausgabe (§ 985 BGB) ist für die
ehemaligen Mauer- und Grenzgrundstücke (§ 1 Abs. 1 MauerG) auf Grund der
Art. 19, 41 Einigungsvertrag ausgeschlossen, nach denen staatliche Zugriffe auf
Vermögensgegenstände, die in der Rechtswirklichkeit der DDR als wirksam,
jedenfalls als unumkehrbar angesehen wurden, nur auf Grund eines besonderen
Gesetzes rückgängig zu machen sind. § 2 Abs. 1 MauerG enthält deshalb eine
abschließende Sonderregelung für die Rückübertragung dieser Grundstücke,
unabhängig davon, ob diese durch Verwaltungsakt oder auf Grund eines mit dem
Staat abgeschlossenen Kaufvertrags in Volkseigentum überführt wurden.
BGH, Urt. v. 7. März 2008 - V ZR 89/07 - OLG Brandenburg
LG Potsdam
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom
7. Dezember 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter
Dr. Klein, die Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und Dr. Roth

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 8. September 2005 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Erbeserbe nach C. M. , die Eigentümerin eines im ehemaligen Grenzgebiet der DDR zu West-Berlin belegenen Grundstücks war. Das Grundstück stand unter staatlicher Verwaltung durch den Rat der Gemeinde und wurde im Zuge der Errichtung von Grenzanlagen nach dem 13. August 1961 in zwei Grundstücke geteilt. Mit notariellem Vertrag vom 27. Juni 1962 verkaufte der staatliche Verwalter für Zwecke der Grenzsicherung eines der Grundstücke an den Rat des Kreises zur Überführung in Volkseigentum. Eine weitere Teilfläche des unter staatlicher Verwaltung verbliebenen Grundstücks wurde 1965 durch einen auf § 10 des Verteidigungsgesetzes gestützten Bescheid des Rates des Kreises in Anspruch genommen.
2
In diesem Rechtsstreit hat die Erbin der früheren Eigentümerin von der Beklagten die Zustimmung zur Grundbuchberichtigung wegen des 1962 verkauften Grundstücks mit der Behauptung verlangt, dass die Veräußerung an den Staat nach § 138 Abs. 1 BGB unwirksam gewesen und sie daher Eigentümerin des Grundstücks sei. Nach ihrem Tod wird der Rechtsstreit durch ihren Erben fortgeführt.
3
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; die Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger den Grundbuchberichtigungsanspruch weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht meint, dass das Grundbuch die Beklagte zu Recht als Eigentümerin ausweise, weil der Kaufvertrag vom 27. Juni 1962 nicht gem. § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig gewesen sei. Entscheidend für die Beurteilung seien die Rechtsanschauungen in der DDR im Jahre 1962; gemessen daran sei der Vertrag wirksam.
5
Die Überführungen der in dem Grenzgebiet belegenen Grundstücke in das Volkseigentum hätten ihre gesetzliche Grundlage in § 10 des Verteidigungsgesetzes der DDR und in § 28 a und c der dazu ergangenen Leistungsverordnung vom 16. August 1963 (GBl. II S. 667) gehabt. Verteidigungszweck im Sinne des Gesetzes sei nach der Rechtswirklichkeit der DDR auch gewesen, durch die Errichtung von Sperranlagen die Abwanderung von Bürgern in die Bundesrepublik und West-Berlin zu verhindern.
6
Das nach den Rechtsvorstellungen in der DDR gewonnene Auslegungsergebnis werde dadurch bestätigt, dass in § 2 Abs. 1 MauerG der Bundesgesetzgeber den betroffenen Grundstückseigentümern ein Rückerwerbsrecht eingeräumt habe. Diese Regelung zeige, dass die Überführungen der Grundstücke in Volkseigentum auf der Grundlage des Verteidigungsgesetzes auch nach der Auffassung des Bundesgesetzgebers wirksam gewesen und den ehemaligen Eigentümern daher keine Rechte an den Grundstücken verblieben seien, die mit dem Beitritt in den Schutzbereich des Art. 14 GG hätten fallen können.

II.

7
Die Revision des Klägers bleibt ohne Erfolg. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Grundbuchberichtigung nach § 894 BGB nicht zu. Die Geltendmachung der allgemeinen zivilrechtlichen Ansprüche (§§ 894, 985 BGB) ist für die ehemaligen Mauer- und Grenzgrundstücke (§ 1 Abs. 1 MauerG) auf Grund der Art. 19, 41 Einigungsvertrag und der abschließenden Sonderregelung für die Rückübertragung dieser Grundstücke in § 2 Abs. 1 MauerG ausgeschlossen.
8
1. Der Senat hat für das Verhältnis zwischen den Ansprüchen auf Wiedergutmachung nach dem Vermögensgesetz und zivilrechtlichen Ansprüchen auf Grundbuchberichtigung und Herausgabe entschieden, dass das Sonderrecht zur Bereinigung des DDR-Unrechts die Verfolgung der allgemeinen zivilrechtlichen Ansprüche ausschließt, da andernfalls die Voraussetzungen und Einschränkungen im Wiedergutmachungsrecht unterlaufen würden (vgl. BGHZ 120, 204, 207; 130, 231, 235; Urt. v. 9. Juli 1993, V ZR 262/91, NJW 1993, 2530). Der Anspruch auf Grundbuchberichtigung nach § 894 BGB kann danach nicht wegen eines zivilrechtlich bedeutsamen, zur Nichtigkeit des Erwerbsgeschäfts führenden Mangels geltend gemacht werden, wenn dieser in einem engen inneren Zusammenhang mit dem Unrechtsverhalten der DDR stand (Senat BGHZ 130, 231, 237; Urt. v. 7. Juli 1995, V ZR 46/94, VIZ 1995, 646, 648; Beschl. v. 30. Januar 1997, V ZB 5/96, VIZ 1997, 285, 286). Ein solcher enger innerer Zusammenhang ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Staat an dem Erwerbsvorgang, in dem sich das staatliche Unrecht niederschlug, selbst beteiligt war (Senat BGHZ 130, 231, 237). Die Rechtsfolge einer solchen Verbindung zwischen dem Erwerbsvorgang und dem staatlichen Unrecht ist im Verhältnis zwischen Zivilrecht und Vermögensgesetz der Ausschluss aller zivilrechtlichen Ansprüche, die den Erwerb des Vermögensgegenstands voraussetzen. Die Regelungen zur Bereinigung des Unrechts der DDR begründen materiell-rechtlich eine von Amts wegen zu berücksichtigende Einwendung gegenüber dem an die Unwirksamkeit des Erwerbsvorganges anknüpfenden zivilrechtlichen Anspruch (Senat BGHZ 130, 231, 237; Urt. v. 9. Juli 1993, V ZR 262/91, NJW 1993, 2530 und Urt. v. 7. Juli 1995, V ZR 46/94, VIZ 1995, 646, 647). Diese Einwendung kommt gerade in den Fällen zum Tragen, in denen das Erwerbsgeschäft zur Überführung in das Volkseigentum bei richtiger Anwendung des allgemeinen Zivilrechts der DDR unwirksam gewesen wäre (vgl. Senat, Beschl. v. 30. Januar 1997, V ZB 5/96, VIZ 1997, 285, 286).
9
2. Diese Grundsätze sind auch auf die nach dem 13. August 1961 erfolgten Zugriffe auf die Mauer- und Grenzgrundstücke anzuwenden.
10
a) Der Senat hat das bereits für den Fall entschieden, in dem ein Grundstück für den Mauerbau durch einen Verwaltungsakt enteignet und in Volkseigentum überführt wurde. Die Enteignungen hat der Senat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG VIZ 1995, 161, VIZ 1996, 206) nach der Staatspraxis der DDR beurteilt und nach diesem Maßstab als wirksam angesehen (Urt. v. 16. Dezember 2005, V ZR 83/05, NJW-RR 2006, 884, 885).
11
Ausschlaggebend dafür ist, dass die Überführungen von Grundstücken in das Volkseigentum, auch soweit sie sich als Unrecht des SED-Staates darstellen, nach den Bestimmungen in Art. 19 und Art. 41 Einigungsvertrag und der darin in Bezug genommenen Gemeinsamen Erklärung der Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik zur Regelung offener Vermögensfragen vom 15. Juni 1990 als grundsätzlich wirksam hinzunehmen und nur dann und in dem Umfang rückgängig zu machen sind, soweit das in besonderen Regelungen bestimmt ist. Das gilt auch für den Zugriff der DDR auf die Mauer- und Grenzgrundstücke zur Errichtung eines die Menschenrechte missachtenden Grenzregimes, in dem das SED-Unrecht seinen besonderen sinnfälligen Ausdruck fand (BT-Drucks. 13/120, S. 5).
12
Der Vorrang der besonderen Vorschriften, die im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung Deutschlands zur Rückgängigmachung staatlicher Zugriffe der DDR auf das Vermögen Einzelner erlassen worden sind, gilt nicht nur für das Vermögensgesetz, sondern ist auf alle gesetzlichen Regelungen zu erstrecken, die zur Bereinigung des von der DDR begangenen Unrechts ergangen sind. Das gilt unabhängig davon, ob mit dem Gesetz ein speziell gegenüber dem früheren Eigentümer begangenes Unrecht wieder gut gemacht oder der Erwerb durch den Staat wegen des mit diesem verfolgten verwerflichen Verwendungszwecks rückgängig gemacht werden soll. Letzteres ist nach der Gesetzesbegründung der mit dem Mauergrundstücksgesetz verfolgte Zweck (BT-Drucks. 13/3734, S. 7).
13
Der Ausschluss zivilrechtlicher Ansprüche ist allerdings nicht unmittelbar eine Rechtsfolge des Mauergrundstücksgesetzes aus dem Jahre 1996, das deshalb entgegen der Ansicht der Revision auch kein mit Art. 14 Abs. 3 GG unvereinbares Enteignungsgesetz ist. Er hat seine Grundlage vielmehr in den gesetzlichen Bestimmungen der DDR zur Wiedergutmachung staatlichen Unrechts, das die DDR noch nach dem Inkrafttreten der Verfassungsgrundsätze vom 17. Juni 1990 (GBL. I S. 299) erlassen hatte, sowie den daran anknüpfenden Regelungen im Einigungsvertrag über die grundsätzliche Anerkennung der staatlichen Zugriffe auf die Vermögenswerte Einzelner in der ehemaligen DDR und über die Voraussetzungen für deren Rückgängigmachung. Das Fortbestehen der Verwaltungsakte der DDR nach Art. 19 Satz 1 Einigungsvertrag, auch soweit diese Enteignungen zum Inhalt hatten, sowie die Einbeziehung der Gemeinsamen Erklärung in den Einigungsvertrag (Art. 41), verbunden mit der Verpflichtung der Bundesrepublik, keine dieser widersprechenden Regelungen zu erlassen, beruhen auf der Grundentscheidung der Vertragsstaaten, dass in dem Beitrittsgebiet nicht ein Zustand hergestellt werden sollte, wie er am 3. Oktober 1990 vorgefunden worden wäre, wenn in der DDR eine Rechts- und Eigentumsordnung ähnlich derjenigen in der Bundesrepublik bestanden hätte. Der Einigungsvertrag geht vielmehr von den in vierzig Jahren DDR gewachsenen Tatsachen aus. Die Zugriffe des Staates auf das Vermögen Einzelner werden danach nur insoweit einer Revision unterzogen, als die vertragsschließenden Staaten deren Fortbestehen als ein nicht weiter hinnehmbares besonderes Unrecht angesehen haben (BT-Drucks. 11/7831, S. 1; BVerwGE 96, 172, 174). Die Rückgängigmachung staatlicher Zugriffe, die nach der Rechtswirklichkeit der DDR als wirksam – jedenfalls aber als faktisch nicht mehr umkehrbar – angesehen werden, ist danach nur auf Grund eines besonderen Gesetzes zulässig (BVerwG VIZ 1995, 161). Allgemeine Rechtsbehelfe gegenüber solchen Maßnahmen des Staates – wie die Verfolgung allgemeiner zivilrechtlicher Ansprüche – sind dagegen ausgeschlossen (vgl. BVerwGE 104, 186, 192).
14
b) Das gilt auch, wenn das Grundstück nicht durch einen Verwaltungsakt, sondern – wie hier – auf Grund eines im Vorfeld einer andernfalls drohenden Enteignung abgeschlossenen Kaufvertrags in Volkseigentum überführt wurde (vgl. im Ansatz schon Senat, Beschl. v. 20. Januar 2005, V ZB 35/04, NJ 2005, 182, 183). Für diese Sachverhalte enthält der Einigungsvertrag zwar keine dem Art. 19 Satz 1 entsprechende ausdrückliche Anordnung. Die Rechtsfolgen sind jedoch, was die Anerkennung der Wirksamkeit und den daraus folgenden Ausschluss der zivilrechtlichen Ansprüche auf Grundbuchberichtigung oder Herausgabe betrifft, nicht anders zu beurteilen. Die Enteignungen und die in deren Vorfeld geschlossenen Kaufverträge sind in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung und in ihrem Unrechtsgehalt, der sich hier aus der Verwerflichkeit des vom Staat verfolgten Verwendungszwecks ergibt, gleichartig (und werden deswegen vom Mauergrundstücksgesetz auch gleich behandelt). Ebenso hing die Unumkehrbarkeit einer Überführung in Volkseigentum nicht davon ab, ob das Grundstück durch Verwaltungsakt oder auf Grund eines Kaufvertrags Volkseigentum geworden war.
15
c) Soweit die Revision unter Hinweis auf zwei Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (NJW 2001, 3035, 3039; 3042, 3044) vorbringt, angesichts des auf den Mauer- und Grenzgrundstücken vom Staat begangenen Unrechts dürften die Enteignungen nicht als wirksam angesehen werden , auch wenn sie faktisch vollzogen und nach den Verhältnissen in der DDR unumkehrbar waren, sieht der Senat keinen Anlass, von seiner an der Rechtswirklichkeit der DDR orientierten Betrachtung abzurücken, die – wie ausgeführt – mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts übereinstimmt.
16
aa) Die von der Revision zitierten Entscheidungen sind nicht einschlägig. Sie betreffen nicht die Frage, ob der Eigentumserwerb an den sog. Mauergrundstücken gegen allgemeine Regeln des Vö lkerrechts verstieß (vgl. auch BVerwG ZOV 2002, 55), sondern die Vereinbarkeit strafrechtlicher Verurteilungen der Mitglieder der Partei- und Staatsführung der ehemaligen DDR sowie der Grenzsoldaten für die Todesschüsse an der früheren Staatsgrenze in einem Vertragsstaat mit den Regeln der EMRK, wenn die Handlungen in dem Staat, in dem sie begangen wurden, nicht als strafbar angesehen, jedenfalls aber nicht verfolgt wurden.
17
bb) Diese Straftaten bedeuteten ein ungleich schwereres Unrecht als der staatliche Erwerb von Grundstücken, die wegen ihrer Lage und gegen eine den damaligen DDR Vorschriften entsprechende Entschädigung oder Kaufpreiszahlung in Volkseigentum überführt wurden. Allein darüber hatte der Gesetzgeber mit dem Mauergrundstücksgesetz zu entscheiden (BT-Drucks. 13/3734, S. 7).
18
cc) Daher geht auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte davon aus, dass eine enteignende Wirkung bereits dann vorliegt, wenn der frühere Eigentümer die Fähigkeit verloren hat, das Grundstück zu nutzen, zu kaufen, zu vermachen, zu verpfänden, zu verschenken oder anderweitig darüber zu verfügen; das gilt selbst dann, wenn das Eigentum nicht formal durch Enteignungsbeschluss oder ein darauf gerichtetes Rechtsgeschäft entzogen wurde (Entscheidung vom 23. Oktober 2006, W. ./. Deutschland, 55878/00, Rdn. 98 – veröffentlicht in juris). Danach ist bei den Mauer- und Grenzgrundstücken von einer Enteignung auszugehen; denn den früheren Eigentümern wurden ihre Rechtstitel förmlich entzogen, und sie konnten an diesen Grundstücken keine aus dem Eigentum fließenden Befugnisse mehr ausüben.
19
Liegt eine Enteignung durch einen anderen Staat vor, so ist einem Staat, der der Konvention zum Schutz der Menschenrechte beigetreten ist (Vertragsstaat ), durch Art. 1 des Protokolls 1 zur EMRK keine Verpflichtung auferlegt, den früheren Eigentümern die in sein Staatgebiet gelangten Vermögenswerte zurückzuübertragen , selbst wenn diese ihnen von einer früheren Staatsmacht unter Verletzung der Bestimmungen in der Konvention entzogen wurden. Der Vertragsstaat kann vielmehr nach freiem Ermessen bestimmen, ob und unter welchen Voraussetzungen er das entzogene Eigentum an die enteigneten Personen zurückgibt (Entscheidung vom 16. Oktober 2006, B. ./. Deutschland, 2725/04, Rdn. 62 – veröffentlicht in juris). In Zusammenhang mit diesem Grundsatz hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte auf den einzigartigen Kontext der deutschen Wiedervereinigung und der daraus erwachsenen enormen Aufgaben hingewiesen, der unter besonderen Umständen sogar einen Ausschluss jeder Entschädigung für eine nur de facto entzogenes Eigentumsrecht zugelassen hätte (Entscheidung vom 23. Oktober 2006, W. Deutschland, ./. 55878/00, Rdn. 114 f.).

III.


20
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Krüger Klein Stresemann Czub Roth
Vorinstanzen:
LG Potsdam, Entscheidung vom 06.06.2003 - 10 O 401/01 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 08.09.2005 - 5 U 78/03 -

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)