Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Mai 2007 - V ZB 90/06

bei uns veröffentlicht am10.05.2007
vorgehend
Amtsgericht Wuppertal, K 143/04, 17.03.2006
Landgericht Wuppertal, 6 T 180/06, 24.05.2006

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 90/06
vom
10. Mai 2007
in dem Zwangsversteigerungsverfahren
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 10. Mai 2007 durch den Vorsitzenden
Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke,
Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 24. Mai 2006 wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 15.000 €.

Gründe:


1
Die Beteiligte zu 1 betreibt die Zwangsversteigerung des im Eingang dieses Beschlusses bezeichneten Wohnungseigentums des Beteiligten zu 2. Der Verkehrswert des Objekts wurde auf 40.000 € festgesetzt.
2
In dem ersten Versteigerungstermin gab einzig die Terminsvertreterin der Beteiligten zu 1 im eigenen Namen ein Gebot von 15.000 € ab. Das Amtsgericht versagte den Zuschlag gemäß § 85a Abs. 1 ZVG. Vor dem zweiten Versteigerungstermin bat es die Terminsvertreterin um Mitteilung, ob ihr Gebot auf den Erwerb des Versteigerungsobjekts oder nur darauf gerichtet gewesen sei, einem anderen Interessenten den Erwerb des Objekts für weniger als die Hälfte des Wertes zu ermöglichen. Die Anfrage blieb unbeantwortet. In dem neuen Versteigerungstermin gab allein der Beteiligte zu 3 ein Gebot von 15.000 € ab.
3
Das Amtsgericht hat den Zuschlag auf dieses Gebot gemäß § 85a Abs. 1 ZVG versagt. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1 ist erfolglos geblieben. Mit ihrer - von dem Beschwerdegericht zugelassenen - Rechtsbeschwerde verfolgt sie ihr Ziel der Zuschlagserteilung weiter.

II.


4
Nach Auffassung des Beschwerdegerichts hat das Vollstreckungsgericht den Zuschlag auf das von dem Beteiligten zu 3 in dem zweiten Versteigerungstermin abgegebene Gebot zu Recht wegen Nichterreichens der 5/10Wertgrenze versagt. Das von der Terminsvertreterin der Beteiligten zu 1 in dem ersten Versteigerungstermin abgegebene Gebot habe für das Vollstreckungsgericht erkennbar unter dem geheimen Vorbehalt des fehlenden Erwerbswillens gestanden und sei deshalb nach § 116 Abs. 2 BGB nichtig. Es habe zurückgewiesen werden müssen mit der Folge, dass in dem zweiten Versteigerungstermin wiederum die 5/10-Grenze gegolten habe. Dem stehe die Rechtskraft des Beschlusses über die Zurückweisung des Gebots in dem ersten Versteigerungstermin nicht entgegen.
5
Das hält einer rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

III.


6
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 575 ZPO). Sie ist aber nicht begründet.
7
1. Die Versagung des Zuschlags ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Voraussetzungen des § 85a Abs. 1 ZVG sind erfüllt. Das Meistgebot des Beteiligten zu 3 erreicht die Hälfte des Grundstückswerts nicht. Das Beschwerdegericht geht zu Recht davon aus, dass die Wertgrenze des § 85a Abs. 1 ZVG in dem zweiten Versteigerungstermin fortbestand. Das von der Terminsvertreterin der Beteiligten zu 1 in dem ersten Versteigerungstermin abgegebene Gebot war zwar entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts nicht nach § 116 Satz 2 BGB nichtig, aber unwirksam.
8
Das entspricht der Rechtsprechung des Senats (Beschl. v. 24. November 2005, V ZB 98/05, NJW 2006, 1355 f.), an der er - trotz kritischer Stimmen in der Rechtsprechung und in der Literatur - in der Sache und im Ergebnis festhält (Senatsbeschluss vom heutigen Tag, V ZB 83/06, Umdruck S. 6 ff., zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). Danach ist das Eigengebot eines Gläubigervertreters , der ausschließlich erreichen will, dass in einem neuen Versteigerungstermin zu Gunsten des Gläubigers unter Umgehung des in der Vorschrift des § 85a Abs. 1 ZVG (auch) zum Ausdruck kommenden Schuldnerschutzes der Zuschlag auf ein Gebot unter 7/10 oder unter der Hälfte des Grundstückswerts erteilt werden kann, rechtsmissbräuchlich und deshalb unwirksam. Es ist nicht geeignet, die Rechtsfolgen des § 85a Abs. 1 und 2 ZVG herbeizuführen.
9
2. Das Beschwerdegericht hat für den Senat bindend festgestellt, dass das Eigengebot, das die Terminsvertreterin der Beteiligten zu 1 in dem ersten Versteigerungstermin abgegeben hat, nur darauf gerichtet war, zu Gunsten der Beteiligten zu 1 die Wertgrenze des § 85a Abs. 1 ZVG zu beseitigen. Der gegen diese Feststellung erhobene Angriff der Rechtsbeschwerde ist nicht begründet (§§ 96 ZVG, 577 Abs. 2 Satz 4, 559 Abs. 2 ZPO). Denn bei einem auf die Rechtsfolgen des § 85a Abs. 1 und 2 ZVG gerichteten Eigengebot des Gläubi- gervertreters spricht eine tatsächliche Vermutung für die missbräuchliche Absicht , den von dem Gesetz bezweckten Schuldnerschutz zu unterlaufen (Senatsbeschluss vom heutigen Tag, V ZB 83/06, Umdruck S. 18 ff.). Anhaltspunkte dafür, dass die Terminsvertreterin der Beteiligten zu 1 mit ihrem Gebot ein rechtlich zulässiges Ziel verfolgt hat, werden von der Rechtsbeschwerde nicht aufgezeigt.
10
3. Die Unwirksamkeit des von der Terminsvertreterin der Beteiligten zu 1 in dem ersten Versteigerungstermin abgegebenen Gebots hat zur Folge, dass die Wertgrenze des § 85a Abs. 1 ZVG weiterhin von Amts wegen zu beachten ist. Auch wenn die fehlerhaft auf § 85a ZVG gestützte Zuschlagsversagung nicht angefochten wurde, ist das Vollstreckungsgericht nicht gehindert, die Wirksamkeit des Gebots in einem neuen Versteigerungstermin erneut zu prüfen (Senatsbeschluss vom heutigen Tag, V ZB 83/06, Umdruck S. 21 ff.).
11
4. Somit hat das Beschwerdegericht die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Amtsgerichts zu Recht zurückgewiesen.

IV.


12
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Verpflichtung der Beteiligten zu 1, die Gerichtsgebühren zu tragen, ergibt sich aus dem Gesetz; eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet bei Beschwerden in Zwangsversteigerungssachen grundsätzlich nicht statt (Senat, Beschl. v. 21. September 2006, V ZB 76/06, WM 2006, 2266, 2267 m.w.N.). Der Wert der Rechtsbeschwerde ist gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG nach dem Wert des Zuschlags zu bestim- men, dessen Erteilung die Beteiligte zu 1 erstrebt. Er entspricht damit dem Meistgebot des Beteiligten zu 3 (§ 54 Abs. 2 Satz 1 GKG).
Krüger RiBGH Dr. Klein ist infolge Lemke Urlaubs an der Unterschrift gehindert. Krüger Schmidt-Räntsch Roth
Vorinstanzen:
AG Wuppertal, Entscheidung vom 17.03.2006 - 40 a K 143/04 -
LG Wuppertal, Entscheidung vom 24.05.2006 - 6 T 180/06 -

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(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

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(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung der E

Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung - ZVG | § 85a


(1) Der Zuschlag ist ferner zu versagen, wenn das abgegebene Meistgebot einschließlich des Kapitalwertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehenbleibenden Rechte die Hälfte des Grundstückswertes nicht erreicht. (2) § 74a Abs. 3, 5 ist ent

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(1) Bei der Zwangsversteigerung von Grundstücken sind die Gebühren für das Verfahren im Allgemeinen und für die Abhaltung des Versteigerungstermins nach dem gemäß § 74a Absatz 5 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung festg

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 116 Geheimer Vorbehalt


Eine Willenserklärung ist nicht deshalb nichtig, weil sich der Erklärende insgeheim vorbehält, das Erklärte nicht zu wollen. Die Erklärung ist nichtig, wenn sie einem anderen gegenüber abzugeben ist und dieser den Vorbehalt kennt.

Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung - ZVG | § 96


Auf die Beschwerde gegen die Entscheidung über den Zuschlag finden die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Beschwerde nur insoweit Anwendung, als nicht in den §§ 97 bis 104 ein anderes vorgeschrieben ist.

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(1) Der Zuschlag ist ferner zu versagen, wenn das abgegebene Meistgebot einschließlich des Kapitalwertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehenbleibenden Rechte die Hälfte des Grundstückswertes nicht erreicht.

(2) § 74a Abs. 3, 5 ist entsprechend anzuwenden. In dem neuen Versteigerungstermin darf der Zuschlag weder aus den Gründen des Absatzes 1 noch aus denen des § 74a Abs. 1 versagt werden.

(3) Ist das Meistgebot von einem zur Befriedigung aus dem Grundstück Berechtigten abgegeben worden, so ist Absatz 1 nicht anzuwenden, wenn das Gebot einschließlich des Kapitalwertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehenbleibenden Rechte zusammen mit dem Betrag, mit dem der Meistbietende bei der Verteilung des Erlöses ausfallen würde, die Hälfte des Grundstückswertes erreicht.

Eine Willenserklärung ist nicht deshalb nichtig, weil sich der Erklärende insgeheim vorbehält, das Erklärte nicht zu wollen. Die Erklärung ist nichtig, wenn sie einem anderen gegenüber abzugeben ist und dieser den Vorbehalt kennt.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Entscheidung, gegen die die Rechtsbeschwerde gerichtet wird und
2.
die Erklärung, dass gegen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
Mit der Rechtsbeschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der angefochtenen Entscheidung vorgelegt werden.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend.

(3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit die Entscheidung des Beschwerdegerichts oder des Berufungsgerichts angefochten und deren Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge),
2.
in den Fällen des § 574 Abs. 1 Nr. 1 eine Darlegung zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2,
3.
die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar
a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
b)
soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Beschwerde- und die Begründungsschrift anzuwenden. Die Beschwerde- und die Begründungsschrift sind der Gegenpartei zuzustellen.

(5) Die §§ 541 und 570 Abs. 1, 3 gelten entsprechend.

(1) Der Zuschlag ist ferner zu versagen, wenn das abgegebene Meistgebot einschließlich des Kapitalwertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehenbleibenden Rechte die Hälfte des Grundstückswertes nicht erreicht.

(2) § 74a Abs. 3, 5 ist entsprechend anzuwenden. In dem neuen Versteigerungstermin darf der Zuschlag weder aus den Gründen des Absatzes 1 noch aus denen des § 74a Abs. 1 versagt werden.

(3) Ist das Meistgebot von einem zur Befriedigung aus dem Grundstück Berechtigten abgegeben worden, so ist Absatz 1 nicht anzuwenden, wenn das Gebot einschließlich des Kapitalwertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehenbleibenden Rechte zusammen mit dem Betrag, mit dem der Meistbietende bei der Verteilung des Erlöses ausfallen würde, die Hälfte des Grundstückswertes erreicht.

Eine Willenserklärung ist nicht deshalb nichtig, weil sich der Erklärende insgeheim vorbehält, das Erklärte nicht zu wollen. Die Erklärung ist nichtig, wenn sie einem anderen gegenüber abzugeben ist und dieser den Vorbehalt kennt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 98/05
vom
24. November 2005
in dem Zwangsversteigerungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Gebote in der Zwangsversteigerung, die unter der Hälfte des Grundstückswerts
liegen, sind nicht allein aus diesem Grund unwirksam und zurückzuweisen; gibt
ein an dem Erwerb des Grundstücks interessierter Bieter ein solches Gebot nur
ab, um die Rechtsfolgen des § 85a Abs. 1 und 2 ZVG herbeizuführen, ist das weder
rechtsmissbräuchlich noch ist das Gebot unwirksam oder ein Scheingebot.

b) Das Eigengebot eines Gläubigervertreters ist unwirksam und zurückzuweisen,
wenn er von vornherein nicht an dem Erwerb des Grundstücks interessiert ist,
sondern das Gebot nur abgibt, damit in einem weiteren Versteigerungstermin einem
anderen der Zuschlag auf ein Gebot unter 7/10 oder unter der Hälfte des
Grundstückswerts erteilt werden kann.
BGH, Beschl. v. 24. November 2005 - V ZB 98/05 - LG Frankenthal (Pfalz)
AG Grünstadt
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 24. November 2005 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke, Dr. SchmidtRäntsch
und Zoll und die Richterin Dr. Stresemann

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Schuldners wird der Beschluss des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 9. Mai 2005 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert wird für alle Instanzen auf 25.500,00 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Die Beteiligte zu 2 betreibt die Zwangsversteigerung des im Eingang dieses Beschlusses bezeichneten Grundstücks wegen einer Hauptforderung von 127.822,97 €. Der Verkehrswert des Grundstücks wurde auf 165.000 € festgesetzt.
2
In dem ersten Versteigerungstermin gab einzig der Terminsvertreter der Beteiligten zu 2 im eigenen Namen ein Gebot von 3.000 € ab. Das Amtsgericht hat den Zuschlag gemäß § 85 a Abs. 1 ZVG versagt. In dem zweiten Versteigerungstermin war derselbe Terminsvertreter der Beteiligten zu 2 wiederum anwesend ; er gab jedoch kein Gebot ab. In dem dritten Versteigerungstermin, zu welchem der Terminsvertreter der Beteiligten zu 2 ebenfalls erschienen war, jedoch erneut kein Gebot abgab, blieb der Beteiligte zu 4 mit seinem Gebot von 57.000 € Meistbietender.
3
Der Beteiligte zu 1 hat die Versagung des Zuschlags, hilfsweise die Gewährung von Vollstreckungsschutz beantragt.
4
Das Amtsgericht hat dem Beteiligten zu 4 den Zuschlag erteilt. Die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1 hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde will der Beteiligte zu 1 die Versagung des Zuschlags erreichen.

II.


5
Nach Auffassung des Beschwerdegerichts ist dem Beteiligten zu 1 kein Vollstreckungsschutz zu gewähren, weil der dem Beteiligten zu 4 erteilte Zuschlag keine mit den guten Sitten unvereinbare Härte für den Beteiligten zu 1 bedeute (§ 765a ZPO). Von einer Verschleuderung des Grundstücks könne keine Rede sein, denn es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass in einem weiteren Versteigerungstermin wesentlich höhere Gebote abgegeben würden.
6
Weiter meint das Beschwerdegericht, die Erteilung des Zuschlags verletze nicht den Anspruch des Beteiligten zu 1 auf Durchführung eines fairen Ver- fahrens. Zwar habe die Beteiligte zu 2 durch die Verhaltensweise ihres Terminsvertreters die gesetzliche Mindestgrenze von 50 % des Grundstückswerts für die Erteilung des Zuschlags zu Fall gebracht; aber das sei selbst bei einem unterstellten einvernehmlichen Zusammenwirken zwischen Gläubiger, Bevollmächtigtem und Ersteher nicht rechtsmissbräuchlich und nicht sittenwidrig.
7
Das hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

III.


8
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO); sie ist auch begründet.
9
1. Der angefochtene Beschluss unterliegt der unbeschränkten rechtlichen Überprüfung durch den Senat. Zwar hat das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde im Hinblick auf die Rechtsfrage zugelassen, ob der Zuschlag gemäß § 83 Nr. 6 ZVG wegen Unzulässigkeit der Zwangsversteigerung aus einem sonstigen Grund zu versagen ist, wenn eine Bank als Gläubigerin in dem ersten Versteigerungstermin durch ein Eigengebot ihres Terminsvertreters die gesetzlichen Mindestgrenzen zu Fall bringt, um die Schutzvorschrift des § 85 a Abs. 1 ZVG zur Verhinderung der Verschleuderung von Grundstücken zu umgehen. Aber eine damit eventuell vorgenommene Beschränkung wäre unwirksam. Die Zulassung kann nicht auf die Klärung einer einzelnen Rechtsfrage beschränkt werden, sondern die Beschränkung muss sich auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teil des Gesamtstreitstoffs beziehen (vgl. zur beschränkten Revisionszulassung BGH, Urt. v. 5. November 2003, VIII ZR 320/02, WM 2004, 853 m.w.N.). Eine danach unwirksame Beschränkung führte dazu, dass die Rechtsbeschwerde unbe- schränkt zugelassen ist (vgl. wiederum zur beschränkten Revisionszulassung BGH, Urt. v. 20. Mai 2003, XI ZR 248/02, WM 2003, 1370, 1371).
10
2. Fehlerfrei verneint das Beschwerdegericht die Voraussetzungen für die Gewährung von Vollstreckungsschutz für den Beteiligten zu 1 nach § 765 a Abs. 1 ZPO. Die Rechtsbeschwerde erhebt dagegen keine Einwände.
11
3. Im Ergebnis ebenfalls zu Recht meint das Berufungsgericht, dass der Zuschlag nicht nach § 83 Nr. 6 ZVG zu versagen sei. Zu Unrecht nimmt es jedoch an, dass dies darauf beruhe, dass hier die Voraussetzungen des § 85 a Abs. 2 Satz 2 ZVG vorlägen. Die bisherigen Feststellungen tragen das nicht. Der Zuschlag auf das von dem Terminsvertreter der Beteiligten zu 2 in dem ersten Versteigerungstermin abgegebene Gebot war nur dann nach § 85 a Abs. 1 ZVG zu versagen, wenn es wirksam war. Für den - hier nahe liegenden - Fall, dass es unwirksam war, hätte das Gebot nach § 71 Abs. 1 ZVG zurückgewiesen werden müssen, mit der Folge, dass das Verfahren einstweilen einzustellen gewesen wäre (§ 77 Abs. 1 ZVG).
12
a) Gebote, die unter der Hälfte des Grundstückswerts liegen, sind nicht allein aus diesem Grund unwirksam. Sie können nicht nach § 71 Abs. 1 ZVG zurückgewiesen werden. Auf solche in dem ersten Verhandlungstermin abgegebenen Gebote kann jedoch der Zuschlag nicht erteilt werden; er ist zwingend zu versagen (§ 85 a Abs. 1 ZVG). Erst wenn in einem weiteren Versteigerungstermin ein unter dem Mindestgebot nach § 85 a Abs. 1 ZVG liegendes Meistgebot abgegeben wird, kann der Zuschlag nicht erneut allein deshalb versagt werden, weil das Gebot nicht die Hälfte des Grundstückswerts erreicht (§ 85 a Abs. 2 Satz 2 ZVG).
13
b) Ein unter dem Mindestgebot liegendes Gebot ist auch nicht unwirksam , wenn es der an dem Erwerb des Grundstücks interessierte Bieter in der ausschließlichen Absicht abgibt, einen weiteren Versteigerungstermin zu erreichen , um dann den Zuschlag auf sein weiter unter dem Mindestgebot liegendes Gebot zu erhalten (OLG Koblenz Rpfleger 1999, 407). Ein Bieter, der ein wirksames Gebot abgibt, ist nicht verpflichtet, sein Interesse an einem möglichst preiswerten Erwerb des Grundstücks hinter das gegenteilige Interesse des Schuldners zurücktreten zu lassen (Hornung, Rpfleger 2000, 363, 365).
14
c) Das allein zur Herbeiführung der Versagung des Zuschlags und eines weiteren Versteigerungstermins abgegebene Gebot eines an dem Erwerb des Grundstücks interessierten Bieters ist kein Scheingebot. Der Bieter gibt ein wirksames Gebot ab, um die gewünschte Rechtsfolge zu erreichen. Die Anwendung der §§ 116 ff. BGB scheidet deshalb von vornherein aus.
15
d) Schließlich ist die Abgabe eines solchen auf den Erwerb des Grundstücks gerichteten Gebots nicht rechtsmissbräuchlich. Der Bieter nimmt lediglich die von dem Gesetz (§ 85 a Abs. 1 und 2 ZVG) eröffnete Möglichkeit wahr, das Grundstück nach einer Versagung des Zuschlags in einem weiteren Versteigerungstermin für weniger als die Hälfte des Grundstückswerts ersteigern zu können.
16
e) Das alles gilt jedoch nicht, wenn der Bieter von vornherein nicht an dem Erwerb des Grundstücks interessiert ist. In diesem Fall ist sein Gebot unwirksam.
17
aa) Das Gebot in der Zwangsversteigerung ist eine auf den Erwerb des Grundstücks durch staatlichen Hoheitsakt (Zuschlag) gegenüber dem Vollstre- ckungsgericht abzugebende Willenserklärung (Dassler/Schiffhauer, ZVG, 11. Aufl., § 71 Anm. 1; Stöber, ZVG, 17. Aufl., § 71 Rdn. 2). Danach sind solche Gebote, mit denen der Bieter nicht die Erteilung des Zuschlags - auch nicht in einem weiteren Versteigerungstermin für weniger als die Hälfte des Verkehrswerts - erreichen will, sondern in Wahrheit andere Zwecke verfolgt, keine Gebote im Sinne der Vorschriften des Zwangsversteigerungsgesetzes. Auf sie kann der Zuschlag weder erteilt noch kann er versagt werden. Sie sind vielmehr nach § 71 Abs. 1 ZVG wegen Unwirksamkeit zurückzuweisen.
18
bb) In einem solchen Fall stellt sich die in der Rechtsprechung und in der Literatur diskutierte - von dem Beschwerdegericht aufgenommene - Frage nicht, ob das unter dem Mindestgebot liegende Eigengebot eines Gläubigervertreters rechtsmissbräuchlich und sittenwidrig ist (vgl. OLG Koblenz Rpfleger 1999, 407, 408; Hornung, Rpfleger 2000, 363, 365), ob es als eine gegen Treu und Glauben verstoßende Umgehung der Schuldnerschutzvorschrift des § 85 a Abs. 1 ZVG anzusehen ist (vgl. LG Neubrandenburg Rpfleger 2005, 42) oder ob es sich um ein Scheingebot handelt (vgl. LG Kassel Rpfleger 1986, 397; Kirsch, Rpfleger 2000, 147, 148); denn es liegt kein Gebot vor, dessen Wirksamkeit anhand dieser Kriterien überprüft werden kann, sondern ein von vornherein unwirksames Gebot.
19
4. In dem vorliegenden Fall spricht vieles dafür, dass der Terminsvertreter der Beteiligten zu 2 in dem ersten Versteigerungstermin ein solches unwirksames Gebot abgegeben hat. Zum einen war er als Vertreter der Beteiligten zu 2 erschienen; in dieser Funktion geben Mitarbeiter von Kreditinstituten in der Regel keine eigenen Gebote ab, die ernsthaft auf den Erwerb des Grundstücks durch Zuschlag gerichtet sind, zumal hier die geringe Höhe des Gebots dem wirtschaftlichen Interesse der Beteiligten zu 2 an der bestmöglichen Verwertung des Grundstücks widersprach. Zum anderen war der Terminsvertreter der Beteiligten zu 2 in dem zweiten Versteigerungstermin ebenfalls anwesend, hat aber kein Gebot abgegeben. Da auch kein anderer Bieter geboten hat, legt seine Verhaltensweise die Annahme nahe, dass er den Zuschlag nicht einmal zu einem weit unter dem Verkehrswert des Grundstücks liegenden Gebot (vgl. BGH, Beschl. v. 5. November 2004, IXa ZB 27/04, Rpfleger 2005, 151: 12 % des Verkehrswerts ) erhalten wollte. Das lässt möglicherweise darauf schließen, dass er von Anfang an nicht an dem Erwerb des Grundstücks interessiert war.
20
5. Da die Möglichkeit der Zurückweisung des Gebots nach § 71 Abs. 1 ZVG bisher weder von den Vorinstanzen noch von den Beteiligten bedacht wurde, ist die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen. Es muss aufklären, ob das von dem Terminsvertreter der Beteiligten zu 2 abgegebene Gebot auf den Erwerb des Grundstücks oder in Wahrheit - ohne Erwerbswillen - nur darauf gerichtet war, die Rechtsfolgen des § 85 a Abs. 1 und 2 ZVG herbeizuführen, um dem Beteiligten zu 4 oder einem anderen Interessenten den Erwerb des Grundstücks für weniger als die Hälfte des Grundstückswerts zu ermöglichen. In dem ersten Fall kann das Beschwerdegericht nach dem vorstehend unter 3. a) bis d) Gesagten seine angefochtene Entscheidung wiederherstellen; in dem zweiten Fall muss es der Beschwerde des Schuldners stattgeben.
Krüger Lemke Schmidt-Räntsch
Zoll Stresemann
Vorinstanzen:
AG Grünstadt, Entscheidung vom 12.04.2005 - K 63/03 -
LG Frankenthal, Entscheidung vom 09.05.2005 - 1 T 76/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 83/06
vom
10. Mai 2007
in dem Zwangsversteigerungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Das Eigengebot des Gläubigervertreters in der Zwangsversteigerung von Grundstücken,
das ausschließlich darauf gerichtet ist, zu Gunsten des Gläubigers und zu Lasten des
Schuldners die Rechtsfolgen des § 85a Abs. 1 und 2 ZVG herbeizuführen, ist rechtsmissbräuchlich
und deshalb unwirksam.

b) Bei dem Eigengebot eines Gläubigervertreters spricht eine tatsächliche Vermutung für
die missbräuchliche Absicht, den von dem Gesetz bezweckten Schuldnerschutz zu unterlaufen.

c) Wurde ein unwirksames Gebot, das unter der Hälfte des Verkehrswerts des Grundstücks
lag, nicht nach § 71 Abs. 1 ZVG zurückgewiesen, sondern der Zuschlag nach § 85a
Abs. 1 ZVG versagt, ist das Vollstreckungsgericht an der erneuten Prüfung der Wirksamkeit
des Gebots in einem neuen Versteigerungstermin selbst dann nicht gehindert, wenn
die fehlerhafte Zuschlagsentscheidung nicht angefochten wurde.
BGH, Beschl. v. 10. Mai 2007 - V ZB 83/06 - LG Wuppertal
AG Wuppertal
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 10. Mai 2007 durch den Vorsitzenden
Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke,
Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 17. Mai 2006 wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 22.000 €.

Gründe:


I.


1
Die Beteiligte zu 1 betreibt die Zwangsversteigerung des im Eingang dieses Beschlusses bezeichneten Wohnungseigentums des Beteiligten zu 2. Der Verkehrswert des Objekts wurde auf 57.000 € festgesetzt.
2
In dem ersten Versteigerungstermin gab einzig die Terminsvertreterin der Beteiligten zu 1 im eigenen Namen ein Gebot von 20.000 € ab. Das Amtsgericht versagte den Zuschlag gemäß § 85a Abs. 1 ZVG. In dem zweiten Versteigerungstermin am 27. Januar 2006 blieb der Beteiligte zu 3 mit einem Gebot von 22.000 € Meistbietender. Der Terminsvertreter der Beteiligten zu 1 beantragte die sofortige Erteilung des Zuschlags. Dem kam das Amtsgericht nicht nach, sondern bestimmte Termin zur Verkündung einer Entscheidung über den Zuschlag auf den 3. Februar 2006.
3
Mit Schreiben vom 27. Januar 2006 wandte sich das Amtsgericht an die Vertreterin der Beteiligten zu 1, die den ersten Versteigerungstermin wahrgenommen hatte, und bat um Darlegung, ob ihr damaliges Gebot auf den Erwerb des Versteigerungsobjekts oder nur darauf gerichtet gewesen sei, einem anderen Interessenten den Erwerb des Objekts für weniger als die Hälfte des Wertes zu ermöglichen. Diese - an die Anschrift der Beteiligten zu 1 gerichtete - Anfrage erreichte die Adressatin nicht; eine Antwort der Vertreterin blieb folglich aus.
4
Mit Beschluss vom 3. Februar 2006 hat das Amtsgericht den Zuschlag auf das von dem Beteiligten zu 3 abgegebene Gebot gemäß § 85a Abs. 1 ZVG versagt. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1 ist erfolglos geblieben. Mit ihrer - von dem Beschwerdegericht zugelassenen - Rechtsbeschwerde verfolgt sie ihr Ziel der Zuschlagserteilung weiter.

II.


5
Nach Auffassung des Beschwerdegerichts hat das Vollstreckungsgericht den Zuschlag auf das von dem Beteiligten zu 3 in dem zweiten Versteigerungstermin abgegebene Gebot zu Recht wegen Nichterreichens der 5/10Wertgrenze versagt. Das von der Terminsvertreterin der Beteiligten zu 1 in dem ersten Versteigerungstermin abgegebene Gebot habe für das Vollstreckungsgericht erkennbar unter dem geheimen Vorbehalt des fehlenden Erwerbswillens gestanden und sei deshalb nach § 116 Abs.2 BGB nichtig. Es habe daher zurückgewiesen werden müssen mit der Folge, dass in dem zweiten Versteige- rungstermin wiederum die 5/10-Grenze des § 85a ZVG gegolten habe. Dem stehe die Rechtskraft des Beschlusses über die Versagung des Zuschlags in dem ersten Versteigerungstermin nicht entgegen.
6
Das hält einer rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

III.


7
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 575 ZPO). Sie ist aber nicht begründet.
8
1. Die Versagung des Zuschlags ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Voraussetzungen des § 85a Abs. 1 ZVG sind erfüllt. Das Meistgebot des Beteiligten zu 3 erreicht die Hälfte des Grundstückswerts nicht. Das Beschwerdegericht nimmt zu Recht an, dass die Wertgrenze des § 85a Abs. 1 ZVG in dem zweiten Versteigerungstermin am 27. Januar 2006 fortbestand. Das von der Terminsvertreterin der Beteiligten zu 1 in dem ersten Versteigerungstermin abgegebene Gebot war nämlich unwirksam.
9
Das entspricht den Grundsätzen, die der Senat in seiner Entscheidung vom 24. November 2005 (V ZB 98/05, NJW 2006, 1355 f.) entwickelt hat. Danach ist das Eigengebot eines Gläubigervertreters, der von vornherein nicht an dem Erwerb des Grundstücks interessiert ist, sondern nur erreichen will, dass einem anderen der Zuschlag auf ein Gebot unter 7/10 oder unter der Hälfte des Grundstückswerts erteilt werden kann, unwirksam und deshalb nicht geeignet, die Rechtsfolgen des § 85a Abs. 1 und 2 ZVG herbeizuführen. An dieser Rechtsprechung , die bei einigen Instanzgerichten und in der Literatur auf Kritik gestoßen ist (LG Detmold Rpfleger 2006, 491, 492; AG Stade Rpfleger 2006, 275; Eickmann, ZfIR 2006, 653 ff.; Hasselblatt, NJW 2006, 1320 ff.; Hintzen, Rpfleger 2006, 145 ff.; Weis, BKR 2006, 120 ff.; zustimmend dagegen LG Bonn, Beschl. v. 13. November 2006, 6 T 196/06, dokumentiert bei Juris; LG Dessau Rpfleger 2006, 557, 558; Geisler, jurisPR-BGHZivilR 3/3006 Anm. 1; im Ergebnis auch Rimmelspacher/Bolkart, WuB VI E. § 85a ZVG 1.06), hält der Senat in der Sache und im Ergebnis fest. Er stützt sich allerdings nicht mehr auf die der Entscheidung vom 24. November 2005 zugrunde liegende Erwägung (V ZB 98/05, NJW 2006, 1355, 1356), dass Gebote, mit denen der Bieter nicht die Erteilung des Zuschlags - auch nicht in einem weiteren Versteigerungstermin für weniger als die Hälfte des Verkehrswerts - erreichen will, sondern in Wahrheit andere Zwecke verfolgt, keine Gebote im Sinne des Zwangsversteigerungsgesetzes sind.
10
2. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ist das Eigengebot der Terminsvertreterin der Beteiligten zu 1 nicht nach § 116 Satz 2 BGB nichtig. Dabei kann offen bleiben, ob diese Vorschrift - wie die Rechtsbeschwerde meint - schon deshalb nicht eingreift, weil sie bei amtsempfangsbedürftigen Willenserklärungen generell keine Anwendung findet (ähnlich Rimmelspacher /Bolkart, aaO, m.w.N.). Denn der geheime Vorbehalt des fehlenden Erwerbswillens ist jedenfalls dann unschädlich, wenn der Bieter in dem ersten Versteigerungstermin ein Gebot unter der Hälfte des Grundstückswerts abgibt. Ein solches Gebot kann schon objektiv nicht zu dem Erwerb des Grundstücks führen, weil der Zuschlag nach § 85a Abs. 1 ZVG zwingend zu versagen ist. Es ist deshalb aber nicht unwirksam (Senat, Beschl. v. 24. November 2005, V ZB 98/05 NJW 2006, 1355). Das gilt auch dann, wenn ein an dem Erwerb des Grundstücks interessierter Bieter ein solches Gebot nur abgibt, um die Rechtsfolgen des § 85a Abs. 1 und 2 ZVG herbeizuführen. Die Anwendung der §§ 116 ff. BGB scheidet hier von vornherein aus, weil der Bieter genau die Rechtsfolge erreichen will, die das Gesetz an sein Gebot knüpft (Senat, Beschl. v. 24. November 2005, aaO). Auch der Vorbehalt des fehlenden Erwerbswillens ändert daran nichts (Rimmelspacher/Bolkart, aaO). Denn das Gebot ist gerade nicht auf den - nach § 85a Abs. 1 ZVG ausgeschlossenen - Erwerb des Grundstücks , sondern nur auf die Versagung des Zuschlags und die Beseitigung der Wertgrenzen gerichtet; der Vorbehalt geht also nicht dahin, das Erklärte nicht zu wollen (§ 116 Satz 1 BGB).
11
3. Das Eigengebot der Terminsvertreterin der Beteiligten zu 1 ist jedoch rechtsmissbräuchlich und deshalb unwirksam, weil es ausschließlich zu dem Zweck abgegeben wurde, die Wertgrenze des § 85a Abs. 1 ZVG in einem neuen Versteigerungstermin zu Fall zu bringen (Rimmelspacher/Bolkart, aaO; Hornung , Rpfleger 2000, 363, 365 f.; ähnlich LG Neubrandenburg Rpfleger 2005, 42, 43; vgl. auch Schiffhauer in Dassler/Schiffhauer/Gerhardt/Muth, ZVG, 12. Aufl., § 85a Rdn. 3; Kirsch, Rpfleger 2000, 147, 148 f.; a.A. OLG Koblenz Rpfleger 1999, 407 f.; LG Kassel Rpfleger 1986, 397; Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 85a Rdn. 2.3; Storz, Praxis des Zwangsversteigerungsverfahrens, 10. Aufl., S. 599 f.; Alff, Rpfleger 2005, 44; ohne Bedenken auch OLG Düsseldorf Rpfleger 1989, 36, 37).
12
a) Der das materielle Recht beherrschende Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) gilt auch im Verfahrensrecht, und zwar sowohl im Erkenntnis - wie im Vollstreckungsverfahren (st. Rspr.; vgl. nur Senat, BGHZ 43, 289, 292; 48, 351, 354 sowie BGHZ 1, 181, 184; 57, 108, 111; BGH, Beschl. v. 20. Dezember 2006, VII ZB 88/06, WM 2007, 364, 366 [zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen]; w.N. bei Staudinger/Looschelders/Olzen, BGB [2005], § 242 Rdn. 1028 ff. und 1048 ff.). Er verpflichtet die Parteien zu redlicher Prozessführung und verbietet insbesondere den Missbrauch prozessualer Befug- nisse (vgl. Senat, BGHZ 44, 367, 371 f.; BGH, Beschl. v. 27. Juli 2006, VII ZB 16/06, NJW 2006, 3214, 3215; Beschl. v. 20. Dezember 2006, aaO; w.N. bei Stein/Jonas/Brehm, ZPO, 22. Aufl., vor § 1 Rdn. 232 f.). Rechtsmissbräuchlich und damit unzulässig ist die Ausübung solcher Befugnisse, wenn sie nicht den gesetzlich vorgesehenen, sondern anderen, nicht notwendig unerlaubten (BGH, Beschl. v. 29. Juni 2006, IX ZB 245/05, NJW-RR 2006, 1482, 1483), aber funktionsfremden und rechtlich zu missbilligenden Zwecken dient (vgl. BGH, Urt. v. 14. Oktober 1991 - II ZR 249/90, NJW 1992, 569, 570 f.; allgemein Zeiss, Die arglistige Prozesspartei, S. 150 ff., 179 ff.).
13
b) In dem Verfahren der Zwangsversteigerung kommt dieser Grundsatz vielfach zur Anwendung. So hat der Senat bereits entschieden, dass die Ablehnung des Rechtspflegers wegen Besorgnis der Befangenheit rechtsmissbräuchlich ist, wenn sie lediglich der Verschleppung dient (Beschl. v. 14. April 2005, V ZB 7/05, NJW-RR 2005, 1226, 1227). Nach der Rechtsprechung der Instanzgerichte gilt das auch für andere Anträge und Rechtsmittel des Schuldners, mit denen dieser keinen Rechtsschutz sucht, sondern das Verfahren verzögern will (vgl. OLG Köln Rpfleger 1980, 233, 234; LG Trier Rpfleger 1991, 70 f.; ebenso Stöber, aaO, Einl. Rdn. 8.5). Bei dem Gläubiger wird die Zweckentfremdung prozessualer Befugnisse etwa dann als missbräuchlich angesehen, wenn er Haupt- und Nebenforderungen sukzessive geltend macht, um eine Aufhebung des Verfahrens nach §§ 30 Abs. 1 Satz 3, 29 ZVG zu vermeiden und durch die wiederholte Einstellung und Fortsetzung des ohne ernsthafte Versteigerungsabsicht betriebenen Verfahrens einen permanenten Zahlungsdruck auf den Schuldner auszuüben (LG Bonn Rpfleger 1990, 433, 434; 2001, 365, 366; LG Erfurt Rpfleger 2005, 375; LG Lüneburg Rpfleger 1987, 469; im Einzelfall ablehnend OLG Düsseldorf Rpfleger 1991, 28, 29 und LG Dessau Rpfleger 2004, 724 f.; zu der missbräuchlichen Ausübung anderer Gläubigerbefugnisse OLG Celle WM 1987, 1438 f.; LG Braunschweig Rpfleger 1998, 482, 483; Kirsch, Rpfleger 2006, 373, 376 f.; Stöber, aaO, § 30 Rdn. 2.15 m.w.N.).
14
Dieselben Erwägungen gelten für das Recht auf Abgabe von Geboten. Es soll jedem Erwerbsinteressenten die Möglichkeit verschaffen, als Meistbietender den Zuschlag zu erhalten und Eigentümer des Grundstücks zu werden (§§ 81 Abs. 1, 90 Abs. 1 ZVG). Seine Ausübung ist daher rechtsmissbräuchlich, wenn der Bieter daran nicht interessiert ist, sondern andere, rechtlich zu missbilligende Zwecke verfolgt. Auch das ist in der Rechtsprechung anerkannt. So wird das Gebot eines zahlungsunfähigen oder -unwilligen Bieters allgemein als rechtsmissbräuchlich angesehen, wenn es in der Absicht abgegeben wird, die Verwertung des Grundstücks zu hintertreiben (OLG Nürnberg Rpfleger 1999, 87 f.; AG Bremen Rpfleger 1999, 88 f.; AG Dortmund Rpfleger 1994, 119 f.; ebenso Stöber, aaO, § 71 Rdn. 2.10; vgl. auch OLG Hamm Rpfleger 1995, 35 f.; OLG Karlsruhe Rpfleger 1994, 376 f.; LG Essen Rpfleger 1995, 34 f.; LG Mainz JurBüro 2001, 214) oder die Wiederversteigerung zugunsten eines Dritten zu manipulieren (OLG Naumburg Rpfleger 2002, 324, 325). Verboten ist somit die Ausübung des Bietrechts zur Verfolgung unlauterer oder gesetzeswidriger Zwecke.
15
c) Danach sind Gebote, mit denen die Wertgrenze des § 85a Abs. 1 ZVG in einem neuen Versteigerungstermin zu Fall gebracht werden soll, nicht generell wegen Rechtsmissbrauchs unwirksam.
16
aa) Nicht rechtsmissbräuchlich handelt der Bieter, wenn er die von dem Gesetz (§ 85a Abs. 1 und 2 ZVG) eröffnete Möglichkeit wahrnimmt, das Grundstück nach der Versagung des Zuschlags in einem weiteren Versteigerungstermin für weniger als die Hälfte des Grundstückswerts ersteigern zu können (Senat, Beschl. v. 24. November 2005, V ZB 98/05, NJW 2006, 1355; Hornung, aaO, 365; Rimmelspacher/Bolkart, aaO; insoweit zutreffend auch OLG Koblenz aaO, 407; LG Kassel aaO, 397; Stöber, aaO, § 85a Rdn. 2.3). Seine Absicht widerspricht dem Zweck eines Gebots nicht, weil sie letztendlich auf die Erteilung des Zuschlags gerichtet ist. Sie wird deshalb von der Rechtsordnung nicht missbilligt, sondern ausdrücklich anerkannt. Denn nach § 85a ZVG sind unter dem Mindestgebot liegende Gebote zwar nicht zuschlagsfähig, aber wirksam und damit auch geeignet, den erstrebten Wegfall der Wertgrenzen herbeizuführen. Der Zweck der Vorschrift steht dem nicht entgegen. Sie soll im Interesse des Eigentümers die Verschleuderung von Grundstücken verhindern und ein wirtschaftlich vertretbares Ergebnis bei der Versteigerung bewirken (BGH, Beschl. v. 10. Oktober 2003, IXa ZB 128/03, NJW-RR 2004, 302, 303). Der Bieter ist aber nicht verpflichtet, sein Interesse an einem möglichst preiswerten Erwerb des Grundstücks hinter das gegenteilige Interesse des Schuldners zurücktreten zu lassen (Senat, Beschl. v. 24. November 2005, V ZB 98/05, aaO). Denn ihm gegenüber ist der Schuldner nur insofern geschützt, als er durch die Bestimmung eines neuen Versteigerungstermins gewissermaßen eine zweite Chance erhält, nämlich die Aussicht auf weitere Bietinteressenten und ein entsprechend höheres Meistgebot, aber auch Zeit, um die Vollstreckung doch noch abzuwenden. Einen dauerhaften Schutz, wie er bei der Versteigerung beweglicher Sachen durch das Mindestgebot nach § 817a Abs. 1 ZPO gewährleistet wird, sieht § 85a ZVG dagegen nicht vor.
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bb) Das Bietrecht wird ferner nicht schon immer dann missbraucht, wenn der Bieter einen anderen als den gesetzlich vorgesehenen Erwerbszweck verfolgt ; denn der Grundsatz von Treu und Glauben schließt taktische Gebote - etwa mit dem Ziel, die Bietkonkurrenten hochzutreiben und den Verwertungserlös zu steigern - nicht aus (insoweit zutreffend Eickmann, aaO, 654).

18
d) Es spricht indes viel dafür, dass dem Gläubiger bei der Abgabe solcher taktischer Gebote engere Grenzen gezogen sind und dass er bereits dann rechtsmissbräuchlich handelt, wenn er in dem ersten Versteigerungstermin mangels Bietinteressenten ein nicht zuschlagsfähiges Gebot unter der Hälfte des Verkehrswerts abgibt, damit das Grundstück von ihm in einem neuen Versteigerungstermin ohne Rücksicht auf die Wertgrenze des § 85a Abs. 1 ZVG verwertet werden kann. Missbilligenswert kann dieses Verhalten deswegen sein, weil das Zwangsversteigerungsgesetz nach seiner Systematik und seiner Zweckrichtung dem Gläubiger eine solche Verfahrensweise an sich nicht offen hält. Ihm gegenüber soll das durch § 85a Abs. 1 ZVG geschützte Interesse des Schuldners nämlich nach der Konzeption des Gesetzes erst zurücktreten, wenn es sich schon einmal gegen ein tatsächlich vorhandenes Erwerbsinteresse durchgesetzt hat (vgl. Rimmelspacher/Bolkart, aaO).
19
aa) Nach dem Regelungszusammenhang der §§ 85a, 74a und 77 ZVG entfallen die Wertgrenzen in einem neuen Versteigerungstermin erst und nur dann, wenn der Zuschlag bereits einmal nach §§ 74a Abs. 1, 85a Abs. 1 ZVG versagt worden ist. Voraussetzung ist somit die Abgabe eines der Höhe nach unzureichenden Meistgebots. Eine ergebnislose Versteigerung, in der kein Gebot abgegeben wird oder sämtliche Gebote erloschen sind, wird von diesen Vorschriften dagegen nicht erfasst und führt deshalb auch nicht zu einem Wegfall der Wertgrenzen (vgl. dazu vor allem Hornung, Rpfleger 2000, 363, 366 f. gegen Kirsch, Rpfleger 2000, 147, 149; aber auch Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 74a Rdn. 4.3 und § 85a Rdn. 3.3 m.w.N.). Ihre Folgen ergeben sich vielmehr aus § 77 ZVG. Danach wird das Verfahren zunächst einstweilen eingestellt und nach dem zweiten ergebnislosen Termin entweder aufgehoben oder auf Antrag des Gläubigers als Zwangsverwaltung fortgesetzt. Das Fehlen von Bietern fällt damit in den Risikobereich des Gläubigers, während der Schuldner nach einer ergebnislosen Versteigerung weiterhin durch die Wertgrenzen der §§ 74a, 85a ZVG vor einer Verschleuderung des Grundstücks geschützt wird. Diese gesetzliche Risikoverteilung würde unterlaufen, wäre es dem Gläubiger gestattet, nur deshalb ein Gebot abzugeben, um das Verfahren ohne Rücksicht auf die Wertgrenzen fortsetzen zu können.
20
bb) Eine solche Verfahrensweise zielt im Gegenteil unmittelbar darauf ab, den von § 85a ZVG bezweckten Schutz des Schuldners zu vereiteln.
21
(1) Die Verfahrensregeln der Zwangsversteigerung sollen grundsätzlich gewährleisten, dass das versteigerte Grundstück zu einem seinem Wert entsprechenden Gebot zugeschlagen und auf diese Weise eine wertrichtige Deckung der auf ihm ruhenden Lasten erreicht wird (BGH, Urt. v. 24. Oktober 1978, VI ZR 67/77, NJW 1979, 162, 163 - insoweit in BGHZ 72, 234 f. nicht abgedruckt ). Neben der Konkurrenz der Bieter ist der Gegensatz zwischen dem Wunsch potentieller Erwerber, den Preis möglichst niedrig zu halten, und dem Interesse der Gläubiger, dass ihre Rechte durch das Gebot gedeckt werden, geeignet, diesem Ziel zu dienen. Wenn diese Interessenkonkurrenz entfällt, läuft der Schuldner Gefahr, zugleich das Grundstück weit unter Wert zu verlieren und infolge des unzulänglichen Erlöses die davon nicht getilgten Gläubigerforderungen erfüllen zu müssen. Davor soll er durch die Regelung des § 114a ZVG bewahrt werden (BGHZ 117, 8, 14). Diese Vorschrift schützt den Schuldner aber nur dann, wenn der Ersteher zur Befriedigung aus dem Grundstück berechtigt ist. Deshalb hat der Gesetzgeber auch für den Fall Vorsorge getroffen , dass der erstrangig betreibende Gläubiger nicht bereit ist, dem Wunsch eines anderen Bieters nach einem möglichst preiswerten Erwerb des Grundstücks entgegenzuwirken.
22
So sollte bereits die Regelung des § 74a ZVG, welche - wie § 114a ZVG - durch das Gesetz über Maßnahmen auf dem Gebiete der Zwangsvollstreckung vom 20. August 1953 (BGBl. I S. 952) aus dem Zwangsvollstreckungsnotrecht in das Zwangsversteigerungsgesetz übernommen wurde, nicht nur die - allein antragsberechtigten - Inhaber nachrangiger Rechte, sondern mittelbar auch den Schuldner vor einer Verschleuderung des Grundstücks schützen (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drs. 1/3668 S. 16). Auf eine von Amts wegen zu berücksichtigende Wertgrenze, wie sie mit § 817a Abs. 1 ZPO für die Versteigerung beweglicher Sachen eingeführt wurde, hat der Gesetzgeber zunächst verzichtet. Die Rechtsprechung musste deshalb auf die allgemeine Vollstreckungsschutzklausel des § 765a ZPO zurückgreifen, um den verfassungsrechtlich gebotenen Schutz des Schuldners auch in der Zwangsversteigerung zu gewährleisten (vgl. nur BVerfGE 46, 325, 332 f.). Dem hat der Gesetzgeber in der Zwangsvollstreckungsnovelle vom 1. Februar 1979 (BGBl. I S. 127) durch die Einführung des § 85a ZVG Rechnung getragen. Er ging davon aus, dass Vorschriften fehlten, um der Verschleuderung von Grundstücken wirksam zu begegnen (Zweiter Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drs. 8/2152, S. 1), und wollte die Verschleuderung deshalb durch eine § 817a ZPO entsprechende, von Amts wegen zu berücksichtigende Regelung verhindern (Begründung des Gesetzentwurfs, aaO, S. 52; vgl. auch S. 46 und BT-Drs. 7/3838, S. 1, 9, 13 und 18). Ziel der Regelung ist es also, den Schuldner unabhängig von dem Antrag eines nachrangigen Gläubigers vor der Gefahr zu bewahren , dass der erstrangig betreibende Gläubiger bereit ist, das Grundstück unter der Hälfte seines Werts zu verwerten. Sie ersetzt damit die insoweit fehlende Konkurrenz zwischen Gläubiger- und Bieterinteresse und schützt den Schuldner gerade auch gegenüber dem betreibenden Gläubiger.
23
Dieser Schutz liefe leer, wenn der betreibende Gläubiger die Wertgrenze des § 85a Abs. 1 ZVG nach Belieben zu Fall bringen könnte. Denn dadurch wird der von dem Gesetz bezweckte Schuldnerschutz nicht nur vereitelt, sondern die vorher nicht bestehende Gefahr der Verschleuderung erst begründet. Entscheidend ist dabei nicht, ob der Gläubiger das Grundstück im konkreten Fall tatsächlich unter der Hälfte seines Werts verwerten will (vgl. Hintzen, Rpfleger 2006, 145, 146) oder ob die Beseitigung der Wertgrenzen möglicherweise auch zu einer Konkurrenz neuer Bietinteressenten und damit zu entsprechend hohen Meistgeboten führen kann (so AG Stade Rpfleger 2006, 275; Alff, Rpfleger 2005, 44; Eickmann, ZfIR 2006, 653, 655; Hasselblatt, NJW 2006, 1320, 1324; Hintzen, Rpfleger 2006, 145, 146). Als mit dem Gesetzeszweck nicht vereinbar kann vielmehr schon die Absicht des Gläubigers anzusehen sein, den zwingend vorgeschriebenen Schutz des Schuldners zu unterlaufen.
24
(2) Dass § 85a ZVG nicht nur von dem Gedanken des Schuldnerschutzes getragen ist, steht dieser Wertung nicht entgegen (so aber Hasselblatt, aaO, 1323). Die Vorschrift soll zwar auch dem Interesse des Gläubigers gerecht werden, dass eine Verwertung des unbeweglichen Vermögens möglich bleiben muss (Zweiter Bericht des Rechtsausschusses, aaO, 15). Sie sieht deshalb vor, dass der Zuschlag - anders als bei der Versteigerung beweglicher Sachen - nur einmal wegen Nichterreichens der 5/10-Grenze versagt werden darf. In den §§ 74a Abs. 4, 85a Abs. 2 Satz 2 ZVG hat der Gesetzgeber diese Regelung zudem auf die 7/10-Grenze des § 74a Abs. 1 ZVG erstreckt, um eine weitere Verzögerung des Verfahrens auszuschließen (Begründung des Gesetzentwurfs , aaO, S. 52). Durch den "Grundsatz der Einmaligkeit", der in diesen Vorschriften zum Ausdruck kommt, wird dem Interesse des Gläubigers aber erst in dem neuen Versteigerungstermin der Vorrang eingeräumt (BGH, Beschl. v. 10. Oktober 2003, IXa ZB 128/03, NJW-RR 2004, 302, 303; Hornung, Rpfleger 2000, 363, 364 f.). Bis zu diesem Zeitpunkt ist der Gläubiger weder nach dem Vorbild von § 74a Abs. 1 Satz 2 ZVG noch auf andere Weise geschützt. Das zeigt, dass sein Verwertungsinteresse den - einmaligen - Schutz des Schuldners nach § 85a Abs. 1 ZVG nicht weiter einschränken soll.
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(3) Ob die 1979 eingeführte Vorschrift des § 85a ZVG der aktuellen Lage auf dem Grundstücksmarkt nicht mehr gerecht wird und deshalb zugunsten des Gläubigers geändert werden sollte (so vor allem Eickmann, aaO, 655), hat allein der Gesetzgeber zu entscheiden. Nach Treu und Glauben, also auch bei der hier zu beurteilenden Frage des Rechtsmissbrauchs, kann der mit der gesetzlichen Regelung bezweckte Interessenausgleich nicht korrigiert werden. Denn das Gesetz trägt den Schwankungen des Grundstückmarkts bereits dadurch Rechnung, dass es die schuldnerschützende Wertgrenze des § 85a Abs. 1 ZVG nach dem aktuellen Verkehrswert des Grundstücks bestimmt (§§ 85a Abs. 2 Satz 1, 74a Abs. 5 Satz 1 ZVG).
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e) Mit Rücksicht auf diese gesetzlichen Schuldnerschutzmechanismen ist jedenfalls dann die Grenze zum Rechtsmissbrauch überschritten, wenn ein Terminsvertreter eines zur Befriedigung aus dem Grundstück berechtigten Gläubigers von seinem eigenen Bietrecht Gebrauch macht, um zu Gunsten des Gläubigers den von § 85a ZVG bezweckten Schuldnerschutz zu unterlaufen.
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aa) Das folgt aus der Sonderregelung in § 85a Abs. 3 ZVG. Danach ist der Zuschlag nicht gemäß § 85a Abs. 1 ZVG zu versagen, wenn das Meistgebot von einem zur Befriedigung aus dem Grundstück Berechtigten abgegeben wird und einschließlich des Kapitalwerts der bestehen bleibenden Rechte zusammen mit dem Betrag, mit dem der Meistbietende bei der Verteilung des Erlöses ausfallen würde, die Hälfte des Grundstückswerts erreicht. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass der Schuldner in diesem Fall bereits durch die Befriedigungswirkung nach § 114a ZVG vor einer Verschleuderung des Grundstücks geschützt ist (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drs. 8/693, S. 52). Die Regelung hat aber auch zur Folge, dass ein Gläubiger, dessen Forderung die Hälfte des Grundstückswerts erreicht oder nur um den Kapitalbetrag der bestehen bleibenden Rechte und den durch Zahlung zu berichtigenden Teil des geringsten Gebots (§ 49 Abs. 1 ZVG) unterschreitet, die Rechtsfolgen des § 85a Abs. 2 ZVG nicht selbst herbeiführen kann, sondern auf einen Rettungserwerb zu den Bedingungen des § 114a ZVG beschränkt ist. Das zeigt, dass das Gesetz ein alleiniges Interesse des Gläubigers an der Beseitigung der Wertgrenzen jedenfalls hier nicht anerkennt.
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Dass ein Gläubiger, dessen Forderung weit genug unter dem Verkehrswert liegt, die Erteilung des Zuschlags nach § 85a Abs. 3 ZVG durch ein entsprechend niedriges Gebot vermeiden kann, steht dem nicht entgegen. Denn ein solches Gebot wird von § 85a Abs. 1 und 2 ZVG nur deshalb erfasst, weil der Gläubiger trotz § 114a ZVG die Möglichkeit hat, das Grundstück - wirtschaftlich betrachtet - unter der Hälfte seines Werts zu ersteigern. Sein Interesse an einem möglichst preiswerten Grundstückserwerb ist damit ebenso berechtigt wie das eines anderen Bieters. Daraus folgt aber nicht, dass der Gläubiger befugt ist, die Rechtsfolgen des § 85a Abs. 2 ZVG herbeizuführen, wenn er den Zuschlag nicht erteilt haben will.
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bb) Diese gesetzliche Regelung wird unterlaufen, wenn ein Terminsvertreter des zur Befriedigung aus dem Grundstück berechtigten Gläubigers im eigenen Namen ein Gebot abgibt, um zu Gunsten des Gläubigers die Grenze des § 85a Abs. 1 ZVG zu Fall zu bringen. Denn er unternimmt es, das zu erreichen , was dem Gläubiger selbst aufgrund der Regelungen der §§ 85a Abs. 3, 114a ZVG nicht in gleicher Weise möglich ist. Er macht dann von einer ihm formell zustehenden Befugnis Gebrauch, die wegen des verfolgten Zwecks rechtsmissbräuchlich ist.
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Die missbräuchliche Abgabe eines solchen Eigengebots setzt keine Weisung des Gläubigers zum Bietverhalten seines Terminvertreters voraus. Denn zum einen muss sich der Gläubiger das Verhalten seines Vertreters jedenfalls nach dem Rechtsgedanken der Vorschrift des § 278 BGB zurechnen lassen (vgl. etwa Staudinger/Looschelders/Olzen, aaO, § 242 Rdn. 224; MünchKommBGB /Roth, 4. Aufl. 2003, § 242 Rdn. 189). Zum anderen kann nur derjenige Bieter den Wegfall der Wertgrenze des § 85a Abs. 1 ZVG in einem neuen Versteigerungstermin herbeiführen, der mit seinem Gebot nicht lediglich die Umgehung des in der Vorschrift (auch) zum Ausdruck kommenden Schuldnerschutzes beabsichtigt.
31
cc) Die Vorschriften des § 81 Abs. 2 und 3 ZVG rechtfertigen keine andere Beurteilung (so aber OLG Koblenz Rpfleger 1999, 407, 408; vgl. auch LG Detmold Rpfleger 2006, 491, 492; Hintzen, Rpfleger 2006, 145, 146). Durch sie hat der Gesetzgeber zwar das verdeckte Gebot für einen Dritten ermöglicht und damit das praktische Bedürfnis anerkannt, die Identität des Bieters und die wirkliche Interessenlage geheim zu halten (BGH, Urt. v. 14. Juli 1954, VI ZR 99/53, DB 1954, 974). Daraus folgt aber nur, dass das Gebot eines Strohmanns als solches weder sittenwidrig noch aus anderen Gründen unwirksam ist (BGH aaO ; Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 71 Rdn. 2.9). Eine Befugnis zur Verfolgung unlauterer oder gesetzeswidriger Zwecke lässt sich aus den Vorschriften des § 81 Abs. 2 und 3 ZVG jedoch nicht herleiten.
32
4. Nach diesen Grundsätzen ist das Eigengebot, das die Terminsvertreterin der Beteiligten zu 1 in dem ersten Versteigerungstermin abgegeben hat, als rechtsmissbräuchlich und deshalb unwirksam zu bewerten. Denn nach den für den Senat bindenden Feststellungen des Beschwerdegerichts war es ausschließlich darauf gerichtet, die Wertgrenze des § 85a Abs. 1 ZVG in einem neuen Versteigerungstermin zu Gunsten des Gläubigers und zu Lasten des Schuldners zu beseitigen.
33
a) Der dagegen gerichtete Angriff der Rechtsbeschwerde ist nicht begründet (§§ 96 ZVG, 577 Abs. 2 Satz 4, 559 Abs. 2 ZPO). Das Beschwerdegericht hat seine tatrichterliche Überzeugung darauf gestützt, dass das Gebot von der Terminsvertreterin der betreibenden Gläubigerin abgegeben wurde. Danach ergebe sich seine wirkliche Zielrichtung bereits aus der von den Kreditinstituten geübten Praxis, durch in dem ersten Versteigerungstermin abgegebene Gebote die Wertgrenzen für den zweiten Termin zu beseitigen. Anhaltspunkte dafür, dass das Gebot auf die Erteilung des Zuschlags in einem neuen Versteigerungstermin gerichtet sein könnte, hat das Beschwerdegericht nicht festgestellt. Die Rechtsbeschwerde zeigt solche Anhaltspunkte auch nicht auf und stellt nicht in Frage, dass derartige Eigengebote von Terminsvertretern der Gläubiger in der Praxis üblich sind (so auch Alff, Rpfleger 2005, 44; Hasselblatt, NJW 2006, 1320, 1321; Hintzen, Rpfleger 2006, 145; Weis, BKR 2006, 120 und 121). Sie beanstandet lediglich, dass die Beweiskraft dieser Indizien nicht ausreiche, um den von dem Beschwerdegericht gezogenen Schluss zu rechtfertigen. Diese Rüge hat keinen Erfolg.
34
b) Die Rechtsbeschwerde weist zwar zutreffend darauf hin, dass die Stellung als Terminsvertreter des betreibenden Gläubigers in der Senatsentscheidung vom 24. November 2005 (V ZB 98/05, NJW 2006, 1355, 1356) nur als eines von mehreren Indizien dafür aufgeführt wird, dass der Bieter möglicherweise nicht an der Zuschlagserteilung interessiert ist. Ob die tatrichterliche Würdigung des Beschwerdegerichts danach gegen Denkgesetze verstößt, weil sie die Ambivalenz einer Indiztatsache verkennt (vgl. dazu nur Senat, BGHZ 158, 269, 273), bedarf jedoch keiner Entscheidung. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Umstand, dass die Beteiligte zu 1 die Anfrage des Vollstreckungsgerichts vom 27. Januar 2006 nicht an ihre Terminsvertreterin weitergeleitet hat, als Beweisvereitelung zu würdigen ist, und welche Rückschlüsse das Fernbleiben der Terminsvertreterin in dem zweiten Versteigerungstermin zulässt. Denn bei einem Eigengebot des Gläubigervertreters spricht eine tatsächliche Vermutung für die missbräuchliche Absicht, den von dem Gesetz bezweckten Schuldnerschutz zu unterlaufen.
35
aa) Diese Vermutung trägt den besonderen Gegebenheiten des Zwangsversteigerungsverfahrens Rechnung. Nach § 71 Abs. 1 ZVG muss das Vollstreckungsgericht jedes Gebot sofort auf seine Wirksamkeit prüfen (vgl. nur Stöber, aaO, § 71 Rdn. 2.8). Dabei hat es weder die Möglichkeit der Beweisaufnahme, noch ist der Bieter verpflichtet, die mit dem Gebot verfolgte Absicht zu offenbaren. Das Vollstreckungsgericht kann diese Absicht deshalb nur den Umständen entnehmen, die ihm bei der Abgabe des Gebots bekannt sind. Ob der Gläubigervertreter tatsächlich von der Möglichkeit Gebrauch macht, das Grundstück in einem neuen Versteigerungstermin unter der Hälfte seines Werts zu ersteigern, kann - und muss (Senat, Beschl. v. 24. November 2005, V ZB 98/05, aaO, 1356) - das Gericht naturgemäß erst berücksichtigen, wenn es nach diesem Termin erneut über die Wirksamkeit des Gebots zu befinden hat. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde (ebenso LG Detmold Rpfleger 2006, 491, 492; Eickmann, ZfIR 2006, 653, 654 f.; Hasselblatt, NJW 2006, 1320, 1323 f.; Hintzen, Rpfleger 2006, 145, 146; Weis, BKR 2006, 120, 121) sind praktische Schwierigkeiten kein Grund, objektiv begründete Zweifel zurücktreten zu lassen. Vielmehr muss das Vollstreckungsgericht einen Missbrauch des Bietrechts mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln verhindern, um den gesetzlich vorgeschriebenen Schuldnerschutz zu gewährleisten. Es ist deshalb - wie in anderen Fällen des Rechtsmissbrauchs - gehalten, die missbräuchliche Absicht des Gläubigervertreters zu berücksichtigen, wenn sie aufgrund konkreter Anhaltspunkte mit der in dem Verfahren der Zwangsversteigerung erreichbaren Sicherheit festgestellt werden kann.
36
bb) Vor diesem Hintergrund lässt die Stellung als Terminsvertreter des Gläubigers im Regelfall den Schluss zu, dass ein auf die Rechtsfolgen des § 85a Abs. 1 und 2 ZVG gerichtetes Eigengebot dazu dient, den von dem Gesetz bezweckten Schuldnerschutz zu unterlaufen. Denn in dieser Funktion bieten Mitarbeiter von Kreditinstituten üblicherweise nicht aus eigenem Interesse (Senat, Beschl. v. 24. November 2005, V ZB 98/05, aaO, 1356). Zudem widerspräche ihre Absicht, das Grundstück nach dem Wegfall der Wertgrenzen möglichst preiswert zu ersteigern, der im Innenverhältnis bestehenden Pflicht, das Interesse ihres Arbeitgebers an der bestmöglichen Verwertung des Grundstücks zu wahren (vgl. Kirsch, Rpfleger 2000, 147, 148). Wegen dieser Interessenkollision führt die an die Vertretung des Gläubigers geknüpfte Vermutung nicht zu einer unzumutbaren Beschränkung des Bietrechts, zumal der Terminsvertreter im Einzelfall die Möglichkeit hat, der Zurückweisung seines Gebots nach § 72 Abs. 2 ZVG zu widersprechen und ein gesetzeskonformes Interesse glaubhaft zu machen. Der Vermutung steht auch nicht entgegen, dass sie durch das Vortäuschen eines solchen Interesses oder durch die Einschaltung Dritter umgangen werden kann (vgl. nur die entsprechenden Empfehlungen von Hasselblatt , aaO, 1324; Hintzen, aaO, 147; v. Seldeneck, InfoM 2006, 142; Weis, aaO, 121). Denn zum einen verhindert sie eine besonders einfache und ent- sprechend verbreitete Form des Rechtsmissbrauchs. Zum anderen kann das Vollstreckungsgericht ihrer Umgehung wirksam begegnen, indem es - nach Gewährung rechtlichen Gehörs - auf seine in anderen Verfahren gewonnene Personen- und Sachkenntnis zurückgreift (vgl. OLG Nürnberg Rpfleger 1999, 87; LG Mainz JurBüro 2001, 214; AG Bremen Rpfleger 1999, 88, 89; AG Dortmund Rpfleger 1994, 119, 120; auch Eickmann, ZfIR 2006, 653, 655).
37
c) Die Rechtsprechung des Senats zu dem verdeckten Meistgebot eines dinglich Berechtigten (Beschl. v. 14. April 2005, V ZB 9/05, NJW-RR 2005, 1359, 1361) steht der Annahme der Unwirksamkeit des Eigengebots der Terminsvertreterin der Beteiligten zu 1 nicht entgegen. Danach handelt ein Gläubiger zwar gegenüber seinem Schuldner arglistig, wenn er im Hinblick auf § 114a ZVG einen Dritten an seiner Stelle bieten lässt und sich dann gegenüber dem Schuldner auf die Teile seiner Forderung beruft, die bei einem eigenen Gebot erloschen wären. Die Wirksamkeit des Gebots wird von einem solchen Vorgehen jedoch nicht berührt. Denn § 114a ZVG soll nicht bestimmte Gebote oder das Bieten durch bestimmte Personen, sondern nur verhindern, dass ein mit seinem Gebot innerhalb der 7/10-Grenze liegender Berechtigter das Grundstück in der Zwangsversteigerung günstig erwirbt und sodann den durch sein Meistgebot nicht gedeckten Restbetrag seiner persönlichen Forderung gegen den Schuldner in voller Höhe geltend macht (Beschl. v. 14. April 2005, V ZB 9/05, aaO m. w. N.). Die Unwirksamkeit des verdeckten Meistgebots würde die mit der Vorschrift angestrebte erweiterte Befriedigungswirkung verfehlen. Der Zweck des § 114a ZVG gebietet deshalb seine gegebenenfalls vor dem Prozessgericht durchzusetzende Anwendung auch auf den dinglichen Gläubiger, der den materiell-rechtlichen Folgen eines eigenen Meistgebots zu entgehen versucht. Hier verfolgt der rechtsmissbräuchlich Handelnde hingegen eine andere Zielrichtung, die auch eine andere Sanktion erfordert. Er will das Objekt nicht ersteigern, sondern erreichen, dass es ein anderer ohne die zu Gunsten des Schuldners gezogenen Wertgrenzen erwerben kann. Der Rechtsmissbrauch des dinglich Berechtigten besteht nicht darin (wie aber in dem Fall des verdeckten Meistgebots), den Zuschlag unter Vermeidung der für ihn nachteiligen Wirkungen des § 114 ZVG zu bekommen, sondern darin, den möglichen Zuschlag auf ein Eigengebot zu vermeiden, indem ein nicht zuschlagsfähiges Fremdgebot initiiert wird. Das kann sinnvollerweise nur zur Folge haben, dass das Fremdgebot unwirksam ist.
38
5. Die Unwirksamkeit des von der Terminsvertreterin der Beteiligten zu 1 in dem ersten Versteigerungstermin abgegebenen Gebots hat zur Folge, dass die Wertgrenze des § 85a Abs. 1 ZVG weiterhin von Amts wegen zu beachten ist.
39
a) Das Gebot hätte nach § 71 Abs. 1 ZVG zurückgewiesen werden müssen (vgl. OLG Nürnberg Rpfleger 1999, 87; Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 71 Rdn. 2.10). Nachdem dies unterblieben war, konnte und musste seine Unwirksamkeit bei der Beschlussfassung über den Zuschlag in dem ersten Versteigerungstermin berücksichtigt werden. Bei dieser Entscheidung war das Vollstreckungsgericht nach § 79 ZVG nicht an die rechtsfehlerhafte Zulassung des Gebots gebunden (vgl. OLG Koblenz NJW-RR 1988, 690, 691; Stöber, aaO, § 72 Rdn. 5.4). Es hätte den Zuschlag also schon deshalb versagen müssen, weil kein wirksames Meistgebot vorlag (§ 81 Abs. 1 ZVG; vgl. OLG Naumburg Rpfleger 2002, 324, 325; LG Mainz JurBüro 2001, 214; allgemein Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 71 Rdn. 2.8, und § 81 Rdn. 2.1). Die stattdessen auf § 85a Abs. 1 ZVG gestützte Versagung des Zuschlags ist rechtswidrig, weil auch diese Vorschrift ein wirksames Meistgebot voraussetzt (vgl. nur Stöber, aaO, § 85a Rdn. 2.5).
40
b) Trotz dieser Entscheidung kann und muss die Unwirksamkeit des Gebots weiterhin berücksichtigt werden. Sie ist deshalb entscheidungserheblich, weil nur ein wirksames Gebot geeignet ist, den in § 85a Abs. 2 Satz 2 ZVG vorgesehenen Wegfall der Wertgrenzen herbeizuführen. Das ergibt sich aus dem Zweck der Vorschrift. Sie räumt - wie ausgeführt - dem Verwertungsinteresse des Gläubigers nur für den Fall den Vorrang ein, dass der Schuldner schon einmal nach § 85a Abs. 1 ZVG vor einer Verschleuderung des Grundstücks geschützt wurde. Hieran fehlt es, wenn in dem ersten Versteigerungstermin kein wirksames Gebot abgegeben wurde. Denn dann bestand von vornherein nicht die Möglichkeit, das Grundstück in diesem Termin zu verwerten. Das hat zur Folge, dass der Schuldner auch in dem neuen Versteigerungstermin durch die Wertgrenze des § 85a Abs. 1 ZVG geschützt wird (Rimmelspacher/Bolkart, aaO).
41
c) Die fehlerhafte Begründung der ersten Zuschlagsentscheidung ändert daran nichts. Sie ist nach dem Zweck des § 85a Abs. 2 Satz 2 ZVG unbeachtlich und hindert das Vollstreckungsgericht nicht, die zu Unrecht unterstellte Wirksamkeit des Gebots zu überprüfen. Denn nach § 79 ZVG ist das Gericht bei der erneuten Beschlussfassung über den Zuschlag ebenfalls nicht an seine bis dahin getroffenen Entscheidungen gebunden. Es soll damit in die Lage versetzt werden, das gesamte bisherige Versteigerungsverfahren neu und unabhängig von seinen früheren Entscheidungen zu würdigen (Senat, Beschl. v. 26. Oktober 2006, V ZB 188/05, NJW-RR 2007, 194, 197 [insoweit zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen]). Danach steht die zu Unrecht auf § 85a Abs. 1 ZVG gestützte Versagung des Zuschlags der nachträglichen Berücksichtigung des missbräuchlichen Bieterverhaltens ebenso wenig entgegen wie die fehlerhafte Zulassung des Gebots.
42
d) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde (ebenso Hasselblatt, NJW 2006, 1320, 1323; Hintzen, Rpfleger 2006, 145, 146 f.; Weis, BKR 2006, 120, 121) ist die erneute Überprüfung der Wirksamkeit des Gebots auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die fehlerhafte Versagung des Zuschlags nicht angefochten wurde und damit - jedenfalls formell - rechtskräftig ist.
43
aa) Nach der Rechtsprechung des Senats (Beschl. v. 26. Oktober 2006, V ZB 188/05, NJW-RR 2007, 194, 197 f.) sind nur die mit einem eigenen Rechtsmittelzug ausgestatteten Verfahren der Verkehrswertfestsetzung (§ 74a Abs. 5 ZVG), der einstweiligen Einstellung gemäß §§ 30 a bis 30 f ZVG und des Vollstreckungsschutzes nach § 765a ZPO von der Regelung des § 79 ZVG ausgenommen. Im Übrigen erfasst die Vorschrift alle Vorentscheidungen des Vollstreckungsgerichts, die von der Rechtsmittelinstanz nicht überprüft worden sind. Das schließt auch die nach § 95 ZVG anfechtbaren Entscheidungen über die Anordnung, Aufhebung, einstweilige Einstellung und Fortsetzung des Verfahrens ein. Denn die Anfechtbarkeit dieser Zwischenentscheidungen beruht auf ihrer besonderen Bedeutung für das weitere Verfahren und lässt deshalb nicht den Schluss zu, dass die von § 79 ZVG bezweckte Überprüfung der Rechtmäßigkeit des gesamten Verfahrens diese grundlegenden Entscheidungen nicht erfassen soll. Nichts anderes gilt für die nach §§ 96 ff. ZVG, 567 ff. ZPO anfechtbare Entscheidung über die Versagung des Zuschlags. Denn auch sie wirkt nach § 86 ZVG grundsätzlich wie eine einstweilige Einstellung oder wie die Aufhebung des Verfahrens; wegen der Rechtsfolgen des § 85a Abs. 2 Satz 2 ZVG bleibt ihre Rechtmäßigkeit für die erneute Beschlussfassung über den Zuschlag auch dann von Bedeutung, wenn das Verfahren - wie hier - nach §§ 85a Abs. 2 Satz 1, 74 a Abs. 3 Satz 1 ZVG von Amts wegen fortgesetzt worden ist. Ihre Anfechtbarkeit steht einer Überprüfung nach § 79 ZVG daher ebenso wenig entgegen wie in den Fällen des § 95 ZVG (Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 79 Rdn. 4.5).
44
bb) Ob der - nicht mehr abänderbare - Beschluss über die Versagung des Zuschlags gleichwohl der materiellen Rechtskraft fähig ist, bedarf keiner Entscheidung. Denn selbst wenn dies der Fall wäre, erwüchse nach allgemeinen Grundsätzen (vgl. nur Senat, Urt. v. 13. November 1998, V ZR 29/98, NJWRR 1999, 376, 377) nur der Ausspruch über die Versagung des Zuschlags in Rechtskraft, nicht aber die ihm zugrunde liegende Beurteilung der - für § 85a Abs. 2 Satz 2 ZVG entscheidenden - Vorfrage nach der Wirksamkeit des missbräuchlich abgegebenen Gebots.
45
6. Nach alledem hat das Beschwerdegericht die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 3. Februar 2006 zu Recht zurückgewiesen.

IV.


46
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Verpflichtung der Beteiligten zu 1, die Gerichtsgebühren zu tragen, ergibt sich aus dem Gesetz; eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet bei Beschwerden in Zwangsversteigerungssachen grundsätzlich nicht statt (Senat, Beschl. v. 21. September 2006, V ZB 76/06, WM 2006, 2266, 2267 m.w.N.). Der Wert der Rechtsbeschwerde ist gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG nach dem Wert des Zuschlags zu bestimmen , dessen Erteilung die Beteiligte zu 1 erstrebt. Er entspricht damit dem Meistgebot des Beteiligten zu 3 (§ 54 Abs. 2 Satz 1 GKG).
Krüger RiBGH Dr. Klein ist infolge Lemke Urlaubs an der Unterschrift gehindert. Krüger Schmidt-Räntsch Roth
Vorinstanzen:
AG Wuppertal, Entscheidung vom 03.02.2006 - 402 K 12/04 -
LG Wuppertal, Entscheidung vom 17.05.2006 - 6 T 138/06 -

(1) Der Zuschlag ist ferner zu versagen, wenn das abgegebene Meistgebot einschließlich des Kapitalwertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehenbleibenden Rechte die Hälfte des Grundstückswertes nicht erreicht.

(2) § 74a Abs. 3, 5 ist entsprechend anzuwenden. In dem neuen Versteigerungstermin darf der Zuschlag weder aus den Gründen des Absatzes 1 noch aus denen des § 74a Abs. 1 versagt werden.

(3) Ist das Meistgebot von einem zur Befriedigung aus dem Grundstück Berechtigten abgegeben worden, so ist Absatz 1 nicht anzuwenden, wenn das Gebot einschließlich des Kapitalwertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehenbleibenden Rechte zusammen mit dem Betrag, mit dem der Meistbietende bei der Verteilung des Erlöses ausfallen würde, die Hälfte des Grundstückswertes erreicht.

Auf die Beschwerde gegen die Entscheidung über den Zuschlag finden die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Beschwerde nur insoweit Anwendung, als nicht in den §§ 97 bis 104 ein anderes vorgeschrieben ist.

(1) Der Zuschlag ist ferner zu versagen, wenn das abgegebene Meistgebot einschließlich des Kapitalwertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehenbleibenden Rechte die Hälfte des Grundstückswertes nicht erreicht.

(2) § 74a Abs. 3, 5 ist entsprechend anzuwenden. In dem neuen Versteigerungstermin darf der Zuschlag weder aus den Gründen des Absatzes 1 noch aus denen des § 74a Abs. 1 versagt werden.

(3) Ist das Meistgebot von einem zur Befriedigung aus dem Grundstück Berechtigten abgegeben worden, so ist Absatz 1 nicht anzuwenden, wenn das Gebot einschließlich des Kapitalwertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehenbleibenden Rechte zusammen mit dem Betrag, mit dem der Meistbietende bei der Verteilung des Erlöses ausfallen würde, die Hälfte des Grundstückswertes erreicht.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 83/06
vom
10. Mai 2007
in dem Zwangsversteigerungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Das Eigengebot des Gläubigervertreters in der Zwangsversteigerung von Grundstücken,
das ausschließlich darauf gerichtet ist, zu Gunsten des Gläubigers und zu Lasten des
Schuldners die Rechtsfolgen des § 85a Abs. 1 und 2 ZVG herbeizuführen, ist rechtsmissbräuchlich
und deshalb unwirksam.

b) Bei dem Eigengebot eines Gläubigervertreters spricht eine tatsächliche Vermutung für
die missbräuchliche Absicht, den von dem Gesetz bezweckten Schuldnerschutz zu unterlaufen.

c) Wurde ein unwirksames Gebot, das unter der Hälfte des Verkehrswerts des Grundstücks
lag, nicht nach § 71 Abs. 1 ZVG zurückgewiesen, sondern der Zuschlag nach § 85a
Abs. 1 ZVG versagt, ist das Vollstreckungsgericht an der erneuten Prüfung der Wirksamkeit
des Gebots in einem neuen Versteigerungstermin selbst dann nicht gehindert, wenn
die fehlerhafte Zuschlagsentscheidung nicht angefochten wurde.
BGH, Beschl. v. 10. Mai 2007 - V ZB 83/06 - LG Wuppertal
AG Wuppertal
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 10. Mai 2007 durch den Vorsitzenden
Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke,
Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 17. Mai 2006 wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 22.000 €.

Gründe:


I.


1
Die Beteiligte zu 1 betreibt die Zwangsversteigerung des im Eingang dieses Beschlusses bezeichneten Wohnungseigentums des Beteiligten zu 2. Der Verkehrswert des Objekts wurde auf 57.000 € festgesetzt.
2
In dem ersten Versteigerungstermin gab einzig die Terminsvertreterin der Beteiligten zu 1 im eigenen Namen ein Gebot von 20.000 € ab. Das Amtsgericht versagte den Zuschlag gemäß § 85a Abs. 1 ZVG. In dem zweiten Versteigerungstermin am 27. Januar 2006 blieb der Beteiligte zu 3 mit einem Gebot von 22.000 € Meistbietender. Der Terminsvertreter der Beteiligten zu 1 beantragte die sofortige Erteilung des Zuschlags. Dem kam das Amtsgericht nicht nach, sondern bestimmte Termin zur Verkündung einer Entscheidung über den Zuschlag auf den 3. Februar 2006.
3
Mit Schreiben vom 27. Januar 2006 wandte sich das Amtsgericht an die Vertreterin der Beteiligten zu 1, die den ersten Versteigerungstermin wahrgenommen hatte, und bat um Darlegung, ob ihr damaliges Gebot auf den Erwerb des Versteigerungsobjekts oder nur darauf gerichtet gewesen sei, einem anderen Interessenten den Erwerb des Objekts für weniger als die Hälfte des Wertes zu ermöglichen. Diese - an die Anschrift der Beteiligten zu 1 gerichtete - Anfrage erreichte die Adressatin nicht; eine Antwort der Vertreterin blieb folglich aus.
4
Mit Beschluss vom 3. Februar 2006 hat das Amtsgericht den Zuschlag auf das von dem Beteiligten zu 3 abgegebene Gebot gemäß § 85a Abs. 1 ZVG versagt. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1 ist erfolglos geblieben. Mit ihrer - von dem Beschwerdegericht zugelassenen - Rechtsbeschwerde verfolgt sie ihr Ziel der Zuschlagserteilung weiter.

II.


5
Nach Auffassung des Beschwerdegerichts hat das Vollstreckungsgericht den Zuschlag auf das von dem Beteiligten zu 3 in dem zweiten Versteigerungstermin abgegebene Gebot zu Recht wegen Nichterreichens der 5/10Wertgrenze versagt. Das von der Terminsvertreterin der Beteiligten zu 1 in dem ersten Versteigerungstermin abgegebene Gebot habe für das Vollstreckungsgericht erkennbar unter dem geheimen Vorbehalt des fehlenden Erwerbswillens gestanden und sei deshalb nach § 116 Abs.2 BGB nichtig. Es habe daher zurückgewiesen werden müssen mit der Folge, dass in dem zweiten Versteige- rungstermin wiederum die 5/10-Grenze des § 85a ZVG gegolten habe. Dem stehe die Rechtskraft des Beschlusses über die Versagung des Zuschlags in dem ersten Versteigerungstermin nicht entgegen.
6
Das hält einer rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

III.


7
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 575 ZPO). Sie ist aber nicht begründet.
8
1. Die Versagung des Zuschlags ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Voraussetzungen des § 85a Abs. 1 ZVG sind erfüllt. Das Meistgebot des Beteiligten zu 3 erreicht die Hälfte des Grundstückswerts nicht. Das Beschwerdegericht nimmt zu Recht an, dass die Wertgrenze des § 85a Abs. 1 ZVG in dem zweiten Versteigerungstermin am 27. Januar 2006 fortbestand. Das von der Terminsvertreterin der Beteiligten zu 1 in dem ersten Versteigerungstermin abgegebene Gebot war nämlich unwirksam.
9
Das entspricht den Grundsätzen, die der Senat in seiner Entscheidung vom 24. November 2005 (V ZB 98/05, NJW 2006, 1355 f.) entwickelt hat. Danach ist das Eigengebot eines Gläubigervertreters, der von vornherein nicht an dem Erwerb des Grundstücks interessiert ist, sondern nur erreichen will, dass einem anderen der Zuschlag auf ein Gebot unter 7/10 oder unter der Hälfte des Grundstückswerts erteilt werden kann, unwirksam und deshalb nicht geeignet, die Rechtsfolgen des § 85a Abs. 1 und 2 ZVG herbeizuführen. An dieser Rechtsprechung , die bei einigen Instanzgerichten und in der Literatur auf Kritik gestoßen ist (LG Detmold Rpfleger 2006, 491, 492; AG Stade Rpfleger 2006, 275; Eickmann, ZfIR 2006, 653 ff.; Hasselblatt, NJW 2006, 1320 ff.; Hintzen, Rpfleger 2006, 145 ff.; Weis, BKR 2006, 120 ff.; zustimmend dagegen LG Bonn, Beschl. v. 13. November 2006, 6 T 196/06, dokumentiert bei Juris; LG Dessau Rpfleger 2006, 557, 558; Geisler, jurisPR-BGHZivilR 3/3006 Anm. 1; im Ergebnis auch Rimmelspacher/Bolkart, WuB VI E. § 85a ZVG 1.06), hält der Senat in der Sache und im Ergebnis fest. Er stützt sich allerdings nicht mehr auf die der Entscheidung vom 24. November 2005 zugrunde liegende Erwägung (V ZB 98/05, NJW 2006, 1355, 1356), dass Gebote, mit denen der Bieter nicht die Erteilung des Zuschlags - auch nicht in einem weiteren Versteigerungstermin für weniger als die Hälfte des Verkehrswerts - erreichen will, sondern in Wahrheit andere Zwecke verfolgt, keine Gebote im Sinne des Zwangsversteigerungsgesetzes sind.
10
2. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ist das Eigengebot der Terminsvertreterin der Beteiligten zu 1 nicht nach § 116 Satz 2 BGB nichtig. Dabei kann offen bleiben, ob diese Vorschrift - wie die Rechtsbeschwerde meint - schon deshalb nicht eingreift, weil sie bei amtsempfangsbedürftigen Willenserklärungen generell keine Anwendung findet (ähnlich Rimmelspacher /Bolkart, aaO, m.w.N.). Denn der geheime Vorbehalt des fehlenden Erwerbswillens ist jedenfalls dann unschädlich, wenn der Bieter in dem ersten Versteigerungstermin ein Gebot unter der Hälfte des Grundstückswerts abgibt. Ein solches Gebot kann schon objektiv nicht zu dem Erwerb des Grundstücks führen, weil der Zuschlag nach § 85a Abs. 1 ZVG zwingend zu versagen ist. Es ist deshalb aber nicht unwirksam (Senat, Beschl. v. 24. November 2005, V ZB 98/05 NJW 2006, 1355). Das gilt auch dann, wenn ein an dem Erwerb des Grundstücks interessierter Bieter ein solches Gebot nur abgibt, um die Rechtsfolgen des § 85a Abs. 1 und 2 ZVG herbeizuführen. Die Anwendung der §§ 116 ff. BGB scheidet hier von vornherein aus, weil der Bieter genau die Rechtsfolge erreichen will, die das Gesetz an sein Gebot knüpft (Senat, Beschl. v. 24. November 2005, aaO). Auch der Vorbehalt des fehlenden Erwerbswillens ändert daran nichts (Rimmelspacher/Bolkart, aaO). Denn das Gebot ist gerade nicht auf den - nach § 85a Abs. 1 ZVG ausgeschlossenen - Erwerb des Grundstücks , sondern nur auf die Versagung des Zuschlags und die Beseitigung der Wertgrenzen gerichtet; der Vorbehalt geht also nicht dahin, das Erklärte nicht zu wollen (§ 116 Satz 1 BGB).
11
3. Das Eigengebot der Terminsvertreterin der Beteiligten zu 1 ist jedoch rechtsmissbräuchlich und deshalb unwirksam, weil es ausschließlich zu dem Zweck abgegeben wurde, die Wertgrenze des § 85a Abs. 1 ZVG in einem neuen Versteigerungstermin zu Fall zu bringen (Rimmelspacher/Bolkart, aaO; Hornung , Rpfleger 2000, 363, 365 f.; ähnlich LG Neubrandenburg Rpfleger 2005, 42, 43; vgl. auch Schiffhauer in Dassler/Schiffhauer/Gerhardt/Muth, ZVG, 12. Aufl., § 85a Rdn. 3; Kirsch, Rpfleger 2000, 147, 148 f.; a.A. OLG Koblenz Rpfleger 1999, 407 f.; LG Kassel Rpfleger 1986, 397; Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 85a Rdn. 2.3; Storz, Praxis des Zwangsversteigerungsverfahrens, 10. Aufl., S. 599 f.; Alff, Rpfleger 2005, 44; ohne Bedenken auch OLG Düsseldorf Rpfleger 1989, 36, 37).
12
a) Der das materielle Recht beherrschende Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) gilt auch im Verfahrensrecht, und zwar sowohl im Erkenntnis - wie im Vollstreckungsverfahren (st. Rspr.; vgl. nur Senat, BGHZ 43, 289, 292; 48, 351, 354 sowie BGHZ 1, 181, 184; 57, 108, 111; BGH, Beschl. v. 20. Dezember 2006, VII ZB 88/06, WM 2007, 364, 366 [zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen]; w.N. bei Staudinger/Looschelders/Olzen, BGB [2005], § 242 Rdn. 1028 ff. und 1048 ff.). Er verpflichtet die Parteien zu redlicher Prozessführung und verbietet insbesondere den Missbrauch prozessualer Befug- nisse (vgl. Senat, BGHZ 44, 367, 371 f.; BGH, Beschl. v. 27. Juli 2006, VII ZB 16/06, NJW 2006, 3214, 3215; Beschl. v. 20. Dezember 2006, aaO; w.N. bei Stein/Jonas/Brehm, ZPO, 22. Aufl., vor § 1 Rdn. 232 f.). Rechtsmissbräuchlich und damit unzulässig ist die Ausübung solcher Befugnisse, wenn sie nicht den gesetzlich vorgesehenen, sondern anderen, nicht notwendig unerlaubten (BGH, Beschl. v. 29. Juni 2006, IX ZB 245/05, NJW-RR 2006, 1482, 1483), aber funktionsfremden und rechtlich zu missbilligenden Zwecken dient (vgl. BGH, Urt. v. 14. Oktober 1991 - II ZR 249/90, NJW 1992, 569, 570 f.; allgemein Zeiss, Die arglistige Prozesspartei, S. 150 ff., 179 ff.).
13
b) In dem Verfahren der Zwangsversteigerung kommt dieser Grundsatz vielfach zur Anwendung. So hat der Senat bereits entschieden, dass die Ablehnung des Rechtspflegers wegen Besorgnis der Befangenheit rechtsmissbräuchlich ist, wenn sie lediglich der Verschleppung dient (Beschl. v. 14. April 2005, V ZB 7/05, NJW-RR 2005, 1226, 1227). Nach der Rechtsprechung der Instanzgerichte gilt das auch für andere Anträge und Rechtsmittel des Schuldners, mit denen dieser keinen Rechtsschutz sucht, sondern das Verfahren verzögern will (vgl. OLG Köln Rpfleger 1980, 233, 234; LG Trier Rpfleger 1991, 70 f.; ebenso Stöber, aaO, Einl. Rdn. 8.5). Bei dem Gläubiger wird die Zweckentfremdung prozessualer Befugnisse etwa dann als missbräuchlich angesehen, wenn er Haupt- und Nebenforderungen sukzessive geltend macht, um eine Aufhebung des Verfahrens nach §§ 30 Abs. 1 Satz 3, 29 ZVG zu vermeiden und durch die wiederholte Einstellung und Fortsetzung des ohne ernsthafte Versteigerungsabsicht betriebenen Verfahrens einen permanenten Zahlungsdruck auf den Schuldner auszuüben (LG Bonn Rpfleger 1990, 433, 434; 2001, 365, 366; LG Erfurt Rpfleger 2005, 375; LG Lüneburg Rpfleger 1987, 469; im Einzelfall ablehnend OLG Düsseldorf Rpfleger 1991, 28, 29 und LG Dessau Rpfleger 2004, 724 f.; zu der missbräuchlichen Ausübung anderer Gläubigerbefugnisse OLG Celle WM 1987, 1438 f.; LG Braunschweig Rpfleger 1998, 482, 483; Kirsch, Rpfleger 2006, 373, 376 f.; Stöber, aaO, § 30 Rdn. 2.15 m.w.N.).
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Dieselben Erwägungen gelten für das Recht auf Abgabe von Geboten. Es soll jedem Erwerbsinteressenten die Möglichkeit verschaffen, als Meistbietender den Zuschlag zu erhalten und Eigentümer des Grundstücks zu werden (§§ 81 Abs. 1, 90 Abs. 1 ZVG). Seine Ausübung ist daher rechtsmissbräuchlich, wenn der Bieter daran nicht interessiert ist, sondern andere, rechtlich zu missbilligende Zwecke verfolgt. Auch das ist in der Rechtsprechung anerkannt. So wird das Gebot eines zahlungsunfähigen oder -unwilligen Bieters allgemein als rechtsmissbräuchlich angesehen, wenn es in der Absicht abgegeben wird, die Verwertung des Grundstücks zu hintertreiben (OLG Nürnberg Rpfleger 1999, 87 f.; AG Bremen Rpfleger 1999, 88 f.; AG Dortmund Rpfleger 1994, 119 f.; ebenso Stöber, aaO, § 71 Rdn. 2.10; vgl. auch OLG Hamm Rpfleger 1995, 35 f.; OLG Karlsruhe Rpfleger 1994, 376 f.; LG Essen Rpfleger 1995, 34 f.; LG Mainz JurBüro 2001, 214) oder die Wiederversteigerung zugunsten eines Dritten zu manipulieren (OLG Naumburg Rpfleger 2002, 324, 325). Verboten ist somit die Ausübung des Bietrechts zur Verfolgung unlauterer oder gesetzeswidriger Zwecke.
15
c) Danach sind Gebote, mit denen die Wertgrenze des § 85a Abs. 1 ZVG in einem neuen Versteigerungstermin zu Fall gebracht werden soll, nicht generell wegen Rechtsmissbrauchs unwirksam.
16
aa) Nicht rechtsmissbräuchlich handelt der Bieter, wenn er die von dem Gesetz (§ 85a Abs. 1 und 2 ZVG) eröffnete Möglichkeit wahrnimmt, das Grundstück nach der Versagung des Zuschlags in einem weiteren Versteigerungstermin für weniger als die Hälfte des Grundstückswerts ersteigern zu können (Senat, Beschl. v. 24. November 2005, V ZB 98/05, NJW 2006, 1355; Hornung, aaO, 365; Rimmelspacher/Bolkart, aaO; insoweit zutreffend auch OLG Koblenz aaO, 407; LG Kassel aaO, 397; Stöber, aaO, § 85a Rdn. 2.3). Seine Absicht widerspricht dem Zweck eines Gebots nicht, weil sie letztendlich auf die Erteilung des Zuschlags gerichtet ist. Sie wird deshalb von der Rechtsordnung nicht missbilligt, sondern ausdrücklich anerkannt. Denn nach § 85a ZVG sind unter dem Mindestgebot liegende Gebote zwar nicht zuschlagsfähig, aber wirksam und damit auch geeignet, den erstrebten Wegfall der Wertgrenzen herbeizuführen. Der Zweck der Vorschrift steht dem nicht entgegen. Sie soll im Interesse des Eigentümers die Verschleuderung von Grundstücken verhindern und ein wirtschaftlich vertretbares Ergebnis bei der Versteigerung bewirken (BGH, Beschl. v. 10. Oktober 2003, IXa ZB 128/03, NJW-RR 2004, 302, 303). Der Bieter ist aber nicht verpflichtet, sein Interesse an einem möglichst preiswerten Erwerb des Grundstücks hinter das gegenteilige Interesse des Schuldners zurücktreten zu lassen (Senat, Beschl. v. 24. November 2005, V ZB 98/05, aaO). Denn ihm gegenüber ist der Schuldner nur insofern geschützt, als er durch die Bestimmung eines neuen Versteigerungstermins gewissermaßen eine zweite Chance erhält, nämlich die Aussicht auf weitere Bietinteressenten und ein entsprechend höheres Meistgebot, aber auch Zeit, um die Vollstreckung doch noch abzuwenden. Einen dauerhaften Schutz, wie er bei der Versteigerung beweglicher Sachen durch das Mindestgebot nach § 817a Abs. 1 ZPO gewährleistet wird, sieht § 85a ZVG dagegen nicht vor.
17
bb) Das Bietrecht wird ferner nicht schon immer dann missbraucht, wenn der Bieter einen anderen als den gesetzlich vorgesehenen Erwerbszweck verfolgt ; denn der Grundsatz von Treu und Glauben schließt taktische Gebote - etwa mit dem Ziel, die Bietkonkurrenten hochzutreiben und den Verwertungserlös zu steigern - nicht aus (insoweit zutreffend Eickmann, aaO, 654).

18
d) Es spricht indes viel dafür, dass dem Gläubiger bei der Abgabe solcher taktischer Gebote engere Grenzen gezogen sind und dass er bereits dann rechtsmissbräuchlich handelt, wenn er in dem ersten Versteigerungstermin mangels Bietinteressenten ein nicht zuschlagsfähiges Gebot unter der Hälfte des Verkehrswerts abgibt, damit das Grundstück von ihm in einem neuen Versteigerungstermin ohne Rücksicht auf die Wertgrenze des § 85a Abs. 1 ZVG verwertet werden kann. Missbilligenswert kann dieses Verhalten deswegen sein, weil das Zwangsversteigerungsgesetz nach seiner Systematik und seiner Zweckrichtung dem Gläubiger eine solche Verfahrensweise an sich nicht offen hält. Ihm gegenüber soll das durch § 85a Abs. 1 ZVG geschützte Interesse des Schuldners nämlich nach der Konzeption des Gesetzes erst zurücktreten, wenn es sich schon einmal gegen ein tatsächlich vorhandenes Erwerbsinteresse durchgesetzt hat (vgl. Rimmelspacher/Bolkart, aaO).
19
aa) Nach dem Regelungszusammenhang der §§ 85a, 74a und 77 ZVG entfallen die Wertgrenzen in einem neuen Versteigerungstermin erst und nur dann, wenn der Zuschlag bereits einmal nach §§ 74a Abs. 1, 85a Abs. 1 ZVG versagt worden ist. Voraussetzung ist somit die Abgabe eines der Höhe nach unzureichenden Meistgebots. Eine ergebnislose Versteigerung, in der kein Gebot abgegeben wird oder sämtliche Gebote erloschen sind, wird von diesen Vorschriften dagegen nicht erfasst und führt deshalb auch nicht zu einem Wegfall der Wertgrenzen (vgl. dazu vor allem Hornung, Rpfleger 2000, 363, 366 f. gegen Kirsch, Rpfleger 2000, 147, 149; aber auch Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 74a Rdn. 4.3 und § 85a Rdn. 3.3 m.w.N.). Ihre Folgen ergeben sich vielmehr aus § 77 ZVG. Danach wird das Verfahren zunächst einstweilen eingestellt und nach dem zweiten ergebnislosen Termin entweder aufgehoben oder auf Antrag des Gläubigers als Zwangsverwaltung fortgesetzt. Das Fehlen von Bietern fällt damit in den Risikobereich des Gläubigers, während der Schuldner nach einer ergebnislosen Versteigerung weiterhin durch die Wertgrenzen der §§ 74a, 85a ZVG vor einer Verschleuderung des Grundstücks geschützt wird. Diese gesetzliche Risikoverteilung würde unterlaufen, wäre es dem Gläubiger gestattet, nur deshalb ein Gebot abzugeben, um das Verfahren ohne Rücksicht auf die Wertgrenzen fortsetzen zu können.
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bb) Eine solche Verfahrensweise zielt im Gegenteil unmittelbar darauf ab, den von § 85a ZVG bezweckten Schutz des Schuldners zu vereiteln.
21
(1) Die Verfahrensregeln der Zwangsversteigerung sollen grundsätzlich gewährleisten, dass das versteigerte Grundstück zu einem seinem Wert entsprechenden Gebot zugeschlagen und auf diese Weise eine wertrichtige Deckung der auf ihm ruhenden Lasten erreicht wird (BGH, Urt. v. 24. Oktober 1978, VI ZR 67/77, NJW 1979, 162, 163 - insoweit in BGHZ 72, 234 f. nicht abgedruckt ). Neben der Konkurrenz der Bieter ist der Gegensatz zwischen dem Wunsch potentieller Erwerber, den Preis möglichst niedrig zu halten, und dem Interesse der Gläubiger, dass ihre Rechte durch das Gebot gedeckt werden, geeignet, diesem Ziel zu dienen. Wenn diese Interessenkonkurrenz entfällt, läuft der Schuldner Gefahr, zugleich das Grundstück weit unter Wert zu verlieren und infolge des unzulänglichen Erlöses die davon nicht getilgten Gläubigerforderungen erfüllen zu müssen. Davor soll er durch die Regelung des § 114a ZVG bewahrt werden (BGHZ 117, 8, 14). Diese Vorschrift schützt den Schuldner aber nur dann, wenn der Ersteher zur Befriedigung aus dem Grundstück berechtigt ist. Deshalb hat der Gesetzgeber auch für den Fall Vorsorge getroffen , dass der erstrangig betreibende Gläubiger nicht bereit ist, dem Wunsch eines anderen Bieters nach einem möglichst preiswerten Erwerb des Grundstücks entgegenzuwirken.
22
So sollte bereits die Regelung des § 74a ZVG, welche - wie § 114a ZVG - durch das Gesetz über Maßnahmen auf dem Gebiete der Zwangsvollstreckung vom 20. August 1953 (BGBl. I S. 952) aus dem Zwangsvollstreckungsnotrecht in das Zwangsversteigerungsgesetz übernommen wurde, nicht nur die - allein antragsberechtigten - Inhaber nachrangiger Rechte, sondern mittelbar auch den Schuldner vor einer Verschleuderung des Grundstücks schützen (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drs. 1/3668 S. 16). Auf eine von Amts wegen zu berücksichtigende Wertgrenze, wie sie mit § 817a Abs. 1 ZPO für die Versteigerung beweglicher Sachen eingeführt wurde, hat der Gesetzgeber zunächst verzichtet. Die Rechtsprechung musste deshalb auf die allgemeine Vollstreckungsschutzklausel des § 765a ZPO zurückgreifen, um den verfassungsrechtlich gebotenen Schutz des Schuldners auch in der Zwangsversteigerung zu gewährleisten (vgl. nur BVerfGE 46, 325, 332 f.). Dem hat der Gesetzgeber in der Zwangsvollstreckungsnovelle vom 1. Februar 1979 (BGBl. I S. 127) durch die Einführung des § 85a ZVG Rechnung getragen. Er ging davon aus, dass Vorschriften fehlten, um der Verschleuderung von Grundstücken wirksam zu begegnen (Zweiter Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drs. 8/2152, S. 1), und wollte die Verschleuderung deshalb durch eine § 817a ZPO entsprechende, von Amts wegen zu berücksichtigende Regelung verhindern (Begründung des Gesetzentwurfs, aaO, S. 52; vgl. auch S. 46 und BT-Drs. 7/3838, S. 1, 9, 13 und 18). Ziel der Regelung ist es also, den Schuldner unabhängig von dem Antrag eines nachrangigen Gläubigers vor der Gefahr zu bewahren , dass der erstrangig betreibende Gläubiger bereit ist, das Grundstück unter der Hälfte seines Werts zu verwerten. Sie ersetzt damit die insoweit fehlende Konkurrenz zwischen Gläubiger- und Bieterinteresse und schützt den Schuldner gerade auch gegenüber dem betreibenden Gläubiger.
23
Dieser Schutz liefe leer, wenn der betreibende Gläubiger die Wertgrenze des § 85a Abs. 1 ZVG nach Belieben zu Fall bringen könnte. Denn dadurch wird der von dem Gesetz bezweckte Schuldnerschutz nicht nur vereitelt, sondern die vorher nicht bestehende Gefahr der Verschleuderung erst begründet. Entscheidend ist dabei nicht, ob der Gläubiger das Grundstück im konkreten Fall tatsächlich unter der Hälfte seines Werts verwerten will (vgl. Hintzen, Rpfleger 2006, 145, 146) oder ob die Beseitigung der Wertgrenzen möglicherweise auch zu einer Konkurrenz neuer Bietinteressenten und damit zu entsprechend hohen Meistgeboten führen kann (so AG Stade Rpfleger 2006, 275; Alff, Rpfleger 2005, 44; Eickmann, ZfIR 2006, 653, 655; Hasselblatt, NJW 2006, 1320, 1324; Hintzen, Rpfleger 2006, 145, 146). Als mit dem Gesetzeszweck nicht vereinbar kann vielmehr schon die Absicht des Gläubigers anzusehen sein, den zwingend vorgeschriebenen Schutz des Schuldners zu unterlaufen.
24
(2) Dass § 85a ZVG nicht nur von dem Gedanken des Schuldnerschutzes getragen ist, steht dieser Wertung nicht entgegen (so aber Hasselblatt, aaO, 1323). Die Vorschrift soll zwar auch dem Interesse des Gläubigers gerecht werden, dass eine Verwertung des unbeweglichen Vermögens möglich bleiben muss (Zweiter Bericht des Rechtsausschusses, aaO, 15). Sie sieht deshalb vor, dass der Zuschlag - anders als bei der Versteigerung beweglicher Sachen - nur einmal wegen Nichterreichens der 5/10-Grenze versagt werden darf. In den §§ 74a Abs. 4, 85a Abs. 2 Satz 2 ZVG hat der Gesetzgeber diese Regelung zudem auf die 7/10-Grenze des § 74a Abs. 1 ZVG erstreckt, um eine weitere Verzögerung des Verfahrens auszuschließen (Begründung des Gesetzentwurfs , aaO, S. 52). Durch den "Grundsatz der Einmaligkeit", der in diesen Vorschriften zum Ausdruck kommt, wird dem Interesse des Gläubigers aber erst in dem neuen Versteigerungstermin der Vorrang eingeräumt (BGH, Beschl. v. 10. Oktober 2003, IXa ZB 128/03, NJW-RR 2004, 302, 303; Hornung, Rpfleger 2000, 363, 364 f.). Bis zu diesem Zeitpunkt ist der Gläubiger weder nach dem Vorbild von § 74a Abs. 1 Satz 2 ZVG noch auf andere Weise geschützt. Das zeigt, dass sein Verwertungsinteresse den - einmaligen - Schutz des Schuldners nach § 85a Abs. 1 ZVG nicht weiter einschränken soll.
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(3) Ob die 1979 eingeführte Vorschrift des § 85a ZVG der aktuellen Lage auf dem Grundstücksmarkt nicht mehr gerecht wird und deshalb zugunsten des Gläubigers geändert werden sollte (so vor allem Eickmann, aaO, 655), hat allein der Gesetzgeber zu entscheiden. Nach Treu und Glauben, also auch bei der hier zu beurteilenden Frage des Rechtsmissbrauchs, kann der mit der gesetzlichen Regelung bezweckte Interessenausgleich nicht korrigiert werden. Denn das Gesetz trägt den Schwankungen des Grundstückmarkts bereits dadurch Rechnung, dass es die schuldnerschützende Wertgrenze des § 85a Abs. 1 ZVG nach dem aktuellen Verkehrswert des Grundstücks bestimmt (§§ 85a Abs. 2 Satz 1, 74a Abs. 5 Satz 1 ZVG).
26
e) Mit Rücksicht auf diese gesetzlichen Schuldnerschutzmechanismen ist jedenfalls dann die Grenze zum Rechtsmissbrauch überschritten, wenn ein Terminsvertreter eines zur Befriedigung aus dem Grundstück berechtigten Gläubigers von seinem eigenen Bietrecht Gebrauch macht, um zu Gunsten des Gläubigers den von § 85a ZVG bezweckten Schuldnerschutz zu unterlaufen.
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aa) Das folgt aus der Sonderregelung in § 85a Abs. 3 ZVG. Danach ist der Zuschlag nicht gemäß § 85a Abs. 1 ZVG zu versagen, wenn das Meistgebot von einem zur Befriedigung aus dem Grundstück Berechtigten abgegeben wird und einschließlich des Kapitalwerts der bestehen bleibenden Rechte zusammen mit dem Betrag, mit dem der Meistbietende bei der Verteilung des Erlöses ausfallen würde, die Hälfte des Grundstückswerts erreicht. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass der Schuldner in diesem Fall bereits durch die Befriedigungswirkung nach § 114a ZVG vor einer Verschleuderung des Grundstücks geschützt ist (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drs. 8/693, S. 52). Die Regelung hat aber auch zur Folge, dass ein Gläubiger, dessen Forderung die Hälfte des Grundstückswerts erreicht oder nur um den Kapitalbetrag der bestehen bleibenden Rechte und den durch Zahlung zu berichtigenden Teil des geringsten Gebots (§ 49 Abs. 1 ZVG) unterschreitet, die Rechtsfolgen des § 85a Abs. 2 ZVG nicht selbst herbeiführen kann, sondern auf einen Rettungserwerb zu den Bedingungen des § 114a ZVG beschränkt ist. Das zeigt, dass das Gesetz ein alleiniges Interesse des Gläubigers an der Beseitigung der Wertgrenzen jedenfalls hier nicht anerkennt.
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Dass ein Gläubiger, dessen Forderung weit genug unter dem Verkehrswert liegt, die Erteilung des Zuschlags nach § 85a Abs. 3 ZVG durch ein entsprechend niedriges Gebot vermeiden kann, steht dem nicht entgegen. Denn ein solches Gebot wird von § 85a Abs. 1 und 2 ZVG nur deshalb erfasst, weil der Gläubiger trotz § 114a ZVG die Möglichkeit hat, das Grundstück - wirtschaftlich betrachtet - unter der Hälfte seines Werts zu ersteigern. Sein Interesse an einem möglichst preiswerten Grundstückserwerb ist damit ebenso berechtigt wie das eines anderen Bieters. Daraus folgt aber nicht, dass der Gläubiger befugt ist, die Rechtsfolgen des § 85a Abs. 2 ZVG herbeizuführen, wenn er den Zuschlag nicht erteilt haben will.
29
bb) Diese gesetzliche Regelung wird unterlaufen, wenn ein Terminsvertreter des zur Befriedigung aus dem Grundstück berechtigten Gläubigers im eigenen Namen ein Gebot abgibt, um zu Gunsten des Gläubigers die Grenze des § 85a Abs. 1 ZVG zu Fall zu bringen. Denn er unternimmt es, das zu erreichen , was dem Gläubiger selbst aufgrund der Regelungen der §§ 85a Abs. 3, 114a ZVG nicht in gleicher Weise möglich ist. Er macht dann von einer ihm formell zustehenden Befugnis Gebrauch, die wegen des verfolgten Zwecks rechtsmissbräuchlich ist.
30
Die missbräuchliche Abgabe eines solchen Eigengebots setzt keine Weisung des Gläubigers zum Bietverhalten seines Terminvertreters voraus. Denn zum einen muss sich der Gläubiger das Verhalten seines Vertreters jedenfalls nach dem Rechtsgedanken der Vorschrift des § 278 BGB zurechnen lassen (vgl. etwa Staudinger/Looschelders/Olzen, aaO, § 242 Rdn. 224; MünchKommBGB /Roth, 4. Aufl. 2003, § 242 Rdn. 189). Zum anderen kann nur derjenige Bieter den Wegfall der Wertgrenze des § 85a Abs. 1 ZVG in einem neuen Versteigerungstermin herbeiführen, der mit seinem Gebot nicht lediglich die Umgehung des in der Vorschrift (auch) zum Ausdruck kommenden Schuldnerschutzes beabsichtigt.
31
cc) Die Vorschriften des § 81 Abs. 2 und 3 ZVG rechtfertigen keine andere Beurteilung (so aber OLG Koblenz Rpfleger 1999, 407, 408; vgl. auch LG Detmold Rpfleger 2006, 491, 492; Hintzen, Rpfleger 2006, 145, 146). Durch sie hat der Gesetzgeber zwar das verdeckte Gebot für einen Dritten ermöglicht und damit das praktische Bedürfnis anerkannt, die Identität des Bieters und die wirkliche Interessenlage geheim zu halten (BGH, Urt. v. 14. Juli 1954, VI ZR 99/53, DB 1954, 974). Daraus folgt aber nur, dass das Gebot eines Strohmanns als solches weder sittenwidrig noch aus anderen Gründen unwirksam ist (BGH aaO ; Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 71 Rdn. 2.9). Eine Befugnis zur Verfolgung unlauterer oder gesetzeswidriger Zwecke lässt sich aus den Vorschriften des § 81 Abs. 2 und 3 ZVG jedoch nicht herleiten.
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4. Nach diesen Grundsätzen ist das Eigengebot, das die Terminsvertreterin der Beteiligten zu 1 in dem ersten Versteigerungstermin abgegeben hat, als rechtsmissbräuchlich und deshalb unwirksam zu bewerten. Denn nach den für den Senat bindenden Feststellungen des Beschwerdegerichts war es ausschließlich darauf gerichtet, die Wertgrenze des § 85a Abs. 1 ZVG in einem neuen Versteigerungstermin zu Gunsten des Gläubigers und zu Lasten des Schuldners zu beseitigen.
33
a) Der dagegen gerichtete Angriff der Rechtsbeschwerde ist nicht begründet (§§ 96 ZVG, 577 Abs. 2 Satz 4, 559 Abs. 2 ZPO). Das Beschwerdegericht hat seine tatrichterliche Überzeugung darauf gestützt, dass das Gebot von der Terminsvertreterin der betreibenden Gläubigerin abgegeben wurde. Danach ergebe sich seine wirkliche Zielrichtung bereits aus der von den Kreditinstituten geübten Praxis, durch in dem ersten Versteigerungstermin abgegebene Gebote die Wertgrenzen für den zweiten Termin zu beseitigen. Anhaltspunkte dafür, dass das Gebot auf die Erteilung des Zuschlags in einem neuen Versteigerungstermin gerichtet sein könnte, hat das Beschwerdegericht nicht festgestellt. Die Rechtsbeschwerde zeigt solche Anhaltspunkte auch nicht auf und stellt nicht in Frage, dass derartige Eigengebote von Terminsvertretern der Gläubiger in der Praxis üblich sind (so auch Alff, Rpfleger 2005, 44; Hasselblatt, NJW 2006, 1320, 1321; Hintzen, Rpfleger 2006, 145; Weis, BKR 2006, 120 und 121). Sie beanstandet lediglich, dass die Beweiskraft dieser Indizien nicht ausreiche, um den von dem Beschwerdegericht gezogenen Schluss zu rechtfertigen. Diese Rüge hat keinen Erfolg.
34
b) Die Rechtsbeschwerde weist zwar zutreffend darauf hin, dass die Stellung als Terminsvertreter des betreibenden Gläubigers in der Senatsentscheidung vom 24. November 2005 (V ZB 98/05, NJW 2006, 1355, 1356) nur als eines von mehreren Indizien dafür aufgeführt wird, dass der Bieter möglicherweise nicht an der Zuschlagserteilung interessiert ist. Ob die tatrichterliche Würdigung des Beschwerdegerichts danach gegen Denkgesetze verstößt, weil sie die Ambivalenz einer Indiztatsache verkennt (vgl. dazu nur Senat, BGHZ 158, 269, 273), bedarf jedoch keiner Entscheidung. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Umstand, dass die Beteiligte zu 1 die Anfrage des Vollstreckungsgerichts vom 27. Januar 2006 nicht an ihre Terminsvertreterin weitergeleitet hat, als Beweisvereitelung zu würdigen ist, und welche Rückschlüsse das Fernbleiben der Terminsvertreterin in dem zweiten Versteigerungstermin zulässt. Denn bei einem Eigengebot des Gläubigervertreters spricht eine tatsächliche Vermutung für die missbräuchliche Absicht, den von dem Gesetz bezweckten Schuldnerschutz zu unterlaufen.
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aa) Diese Vermutung trägt den besonderen Gegebenheiten des Zwangsversteigerungsverfahrens Rechnung. Nach § 71 Abs. 1 ZVG muss das Vollstreckungsgericht jedes Gebot sofort auf seine Wirksamkeit prüfen (vgl. nur Stöber, aaO, § 71 Rdn. 2.8). Dabei hat es weder die Möglichkeit der Beweisaufnahme, noch ist der Bieter verpflichtet, die mit dem Gebot verfolgte Absicht zu offenbaren. Das Vollstreckungsgericht kann diese Absicht deshalb nur den Umständen entnehmen, die ihm bei der Abgabe des Gebots bekannt sind. Ob der Gläubigervertreter tatsächlich von der Möglichkeit Gebrauch macht, das Grundstück in einem neuen Versteigerungstermin unter der Hälfte seines Werts zu ersteigern, kann - und muss (Senat, Beschl. v. 24. November 2005, V ZB 98/05, aaO, 1356) - das Gericht naturgemäß erst berücksichtigen, wenn es nach diesem Termin erneut über die Wirksamkeit des Gebots zu befinden hat. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde (ebenso LG Detmold Rpfleger 2006, 491, 492; Eickmann, ZfIR 2006, 653, 654 f.; Hasselblatt, NJW 2006, 1320, 1323 f.; Hintzen, Rpfleger 2006, 145, 146; Weis, BKR 2006, 120, 121) sind praktische Schwierigkeiten kein Grund, objektiv begründete Zweifel zurücktreten zu lassen. Vielmehr muss das Vollstreckungsgericht einen Missbrauch des Bietrechts mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln verhindern, um den gesetzlich vorgeschriebenen Schuldnerschutz zu gewährleisten. Es ist deshalb - wie in anderen Fällen des Rechtsmissbrauchs - gehalten, die missbräuchliche Absicht des Gläubigervertreters zu berücksichtigen, wenn sie aufgrund konkreter Anhaltspunkte mit der in dem Verfahren der Zwangsversteigerung erreichbaren Sicherheit festgestellt werden kann.
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bb) Vor diesem Hintergrund lässt die Stellung als Terminsvertreter des Gläubigers im Regelfall den Schluss zu, dass ein auf die Rechtsfolgen des § 85a Abs. 1 und 2 ZVG gerichtetes Eigengebot dazu dient, den von dem Gesetz bezweckten Schuldnerschutz zu unterlaufen. Denn in dieser Funktion bieten Mitarbeiter von Kreditinstituten üblicherweise nicht aus eigenem Interesse (Senat, Beschl. v. 24. November 2005, V ZB 98/05, aaO, 1356). Zudem widerspräche ihre Absicht, das Grundstück nach dem Wegfall der Wertgrenzen möglichst preiswert zu ersteigern, der im Innenverhältnis bestehenden Pflicht, das Interesse ihres Arbeitgebers an der bestmöglichen Verwertung des Grundstücks zu wahren (vgl. Kirsch, Rpfleger 2000, 147, 148). Wegen dieser Interessenkollision führt die an die Vertretung des Gläubigers geknüpfte Vermutung nicht zu einer unzumutbaren Beschränkung des Bietrechts, zumal der Terminsvertreter im Einzelfall die Möglichkeit hat, der Zurückweisung seines Gebots nach § 72 Abs. 2 ZVG zu widersprechen und ein gesetzeskonformes Interesse glaubhaft zu machen. Der Vermutung steht auch nicht entgegen, dass sie durch das Vortäuschen eines solchen Interesses oder durch die Einschaltung Dritter umgangen werden kann (vgl. nur die entsprechenden Empfehlungen von Hasselblatt , aaO, 1324; Hintzen, aaO, 147; v. Seldeneck, InfoM 2006, 142; Weis, aaO, 121). Denn zum einen verhindert sie eine besonders einfache und ent- sprechend verbreitete Form des Rechtsmissbrauchs. Zum anderen kann das Vollstreckungsgericht ihrer Umgehung wirksam begegnen, indem es - nach Gewährung rechtlichen Gehörs - auf seine in anderen Verfahren gewonnene Personen- und Sachkenntnis zurückgreift (vgl. OLG Nürnberg Rpfleger 1999, 87; LG Mainz JurBüro 2001, 214; AG Bremen Rpfleger 1999, 88, 89; AG Dortmund Rpfleger 1994, 119, 120; auch Eickmann, ZfIR 2006, 653, 655).
37
c) Die Rechtsprechung des Senats zu dem verdeckten Meistgebot eines dinglich Berechtigten (Beschl. v. 14. April 2005, V ZB 9/05, NJW-RR 2005, 1359, 1361) steht der Annahme der Unwirksamkeit des Eigengebots der Terminsvertreterin der Beteiligten zu 1 nicht entgegen. Danach handelt ein Gläubiger zwar gegenüber seinem Schuldner arglistig, wenn er im Hinblick auf § 114a ZVG einen Dritten an seiner Stelle bieten lässt und sich dann gegenüber dem Schuldner auf die Teile seiner Forderung beruft, die bei einem eigenen Gebot erloschen wären. Die Wirksamkeit des Gebots wird von einem solchen Vorgehen jedoch nicht berührt. Denn § 114a ZVG soll nicht bestimmte Gebote oder das Bieten durch bestimmte Personen, sondern nur verhindern, dass ein mit seinem Gebot innerhalb der 7/10-Grenze liegender Berechtigter das Grundstück in der Zwangsversteigerung günstig erwirbt und sodann den durch sein Meistgebot nicht gedeckten Restbetrag seiner persönlichen Forderung gegen den Schuldner in voller Höhe geltend macht (Beschl. v. 14. April 2005, V ZB 9/05, aaO m. w. N.). Die Unwirksamkeit des verdeckten Meistgebots würde die mit der Vorschrift angestrebte erweiterte Befriedigungswirkung verfehlen. Der Zweck des § 114a ZVG gebietet deshalb seine gegebenenfalls vor dem Prozessgericht durchzusetzende Anwendung auch auf den dinglichen Gläubiger, der den materiell-rechtlichen Folgen eines eigenen Meistgebots zu entgehen versucht. Hier verfolgt der rechtsmissbräuchlich Handelnde hingegen eine andere Zielrichtung, die auch eine andere Sanktion erfordert. Er will das Objekt nicht ersteigern, sondern erreichen, dass es ein anderer ohne die zu Gunsten des Schuldners gezogenen Wertgrenzen erwerben kann. Der Rechtsmissbrauch des dinglich Berechtigten besteht nicht darin (wie aber in dem Fall des verdeckten Meistgebots), den Zuschlag unter Vermeidung der für ihn nachteiligen Wirkungen des § 114 ZVG zu bekommen, sondern darin, den möglichen Zuschlag auf ein Eigengebot zu vermeiden, indem ein nicht zuschlagsfähiges Fremdgebot initiiert wird. Das kann sinnvollerweise nur zur Folge haben, dass das Fremdgebot unwirksam ist.
38
5. Die Unwirksamkeit des von der Terminsvertreterin der Beteiligten zu 1 in dem ersten Versteigerungstermin abgegebenen Gebots hat zur Folge, dass die Wertgrenze des § 85a Abs. 1 ZVG weiterhin von Amts wegen zu beachten ist.
39
a) Das Gebot hätte nach § 71 Abs. 1 ZVG zurückgewiesen werden müssen (vgl. OLG Nürnberg Rpfleger 1999, 87; Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 71 Rdn. 2.10). Nachdem dies unterblieben war, konnte und musste seine Unwirksamkeit bei der Beschlussfassung über den Zuschlag in dem ersten Versteigerungstermin berücksichtigt werden. Bei dieser Entscheidung war das Vollstreckungsgericht nach § 79 ZVG nicht an die rechtsfehlerhafte Zulassung des Gebots gebunden (vgl. OLG Koblenz NJW-RR 1988, 690, 691; Stöber, aaO, § 72 Rdn. 5.4). Es hätte den Zuschlag also schon deshalb versagen müssen, weil kein wirksames Meistgebot vorlag (§ 81 Abs. 1 ZVG; vgl. OLG Naumburg Rpfleger 2002, 324, 325; LG Mainz JurBüro 2001, 214; allgemein Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 71 Rdn. 2.8, und § 81 Rdn. 2.1). Die stattdessen auf § 85a Abs. 1 ZVG gestützte Versagung des Zuschlags ist rechtswidrig, weil auch diese Vorschrift ein wirksames Meistgebot voraussetzt (vgl. nur Stöber, aaO, § 85a Rdn. 2.5).
40
b) Trotz dieser Entscheidung kann und muss die Unwirksamkeit des Gebots weiterhin berücksichtigt werden. Sie ist deshalb entscheidungserheblich, weil nur ein wirksames Gebot geeignet ist, den in § 85a Abs. 2 Satz 2 ZVG vorgesehenen Wegfall der Wertgrenzen herbeizuführen. Das ergibt sich aus dem Zweck der Vorschrift. Sie räumt - wie ausgeführt - dem Verwertungsinteresse des Gläubigers nur für den Fall den Vorrang ein, dass der Schuldner schon einmal nach § 85a Abs. 1 ZVG vor einer Verschleuderung des Grundstücks geschützt wurde. Hieran fehlt es, wenn in dem ersten Versteigerungstermin kein wirksames Gebot abgegeben wurde. Denn dann bestand von vornherein nicht die Möglichkeit, das Grundstück in diesem Termin zu verwerten. Das hat zur Folge, dass der Schuldner auch in dem neuen Versteigerungstermin durch die Wertgrenze des § 85a Abs. 1 ZVG geschützt wird (Rimmelspacher/Bolkart, aaO).
41
c) Die fehlerhafte Begründung der ersten Zuschlagsentscheidung ändert daran nichts. Sie ist nach dem Zweck des § 85a Abs. 2 Satz 2 ZVG unbeachtlich und hindert das Vollstreckungsgericht nicht, die zu Unrecht unterstellte Wirksamkeit des Gebots zu überprüfen. Denn nach § 79 ZVG ist das Gericht bei der erneuten Beschlussfassung über den Zuschlag ebenfalls nicht an seine bis dahin getroffenen Entscheidungen gebunden. Es soll damit in die Lage versetzt werden, das gesamte bisherige Versteigerungsverfahren neu und unabhängig von seinen früheren Entscheidungen zu würdigen (Senat, Beschl. v. 26. Oktober 2006, V ZB 188/05, NJW-RR 2007, 194, 197 [insoweit zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen]). Danach steht die zu Unrecht auf § 85a Abs. 1 ZVG gestützte Versagung des Zuschlags der nachträglichen Berücksichtigung des missbräuchlichen Bieterverhaltens ebenso wenig entgegen wie die fehlerhafte Zulassung des Gebots.
42
d) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde (ebenso Hasselblatt, NJW 2006, 1320, 1323; Hintzen, Rpfleger 2006, 145, 146 f.; Weis, BKR 2006, 120, 121) ist die erneute Überprüfung der Wirksamkeit des Gebots auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die fehlerhafte Versagung des Zuschlags nicht angefochten wurde und damit - jedenfalls formell - rechtskräftig ist.
43
aa) Nach der Rechtsprechung des Senats (Beschl. v. 26. Oktober 2006, V ZB 188/05, NJW-RR 2007, 194, 197 f.) sind nur die mit einem eigenen Rechtsmittelzug ausgestatteten Verfahren der Verkehrswertfestsetzung (§ 74a Abs. 5 ZVG), der einstweiligen Einstellung gemäß §§ 30 a bis 30 f ZVG und des Vollstreckungsschutzes nach § 765a ZPO von der Regelung des § 79 ZVG ausgenommen. Im Übrigen erfasst die Vorschrift alle Vorentscheidungen des Vollstreckungsgerichts, die von der Rechtsmittelinstanz nicht überprüft worden sind. Das schließt auch die nach § 95 ZVG anfechtbaren Entscheidungen über die Anordnung, Aufhebung, einstweilige Einstellung und Fortsetzung des Verfahrens ein. Denn die Anfechtbarkeit dieser Zwischenentscheidungen beruht auf ihrer besonderen Bedeutung für das weitere Verfahren und lässt deshalb nicht den Schluss zu, dass die von § 79 ZVG bezweckte Überprüfung der Rechtmäßigkeit des gesamten Verfahrens diese grundlegenden Entscheidungen nicht erfassen soll. Nichts anderes gilt für die nach §§ 96 ff. ZVG, 567 ff. ZPO anfechtbare Entscheidung über die Versagung des Zuschlags. Denn auch sie wirkt nach § 86 ZVG grundsätzlich wie eine einstweilige Einstellung oder wie die Aufhebung des Verfahrens; wegen der Rechtsfolgen des § 85a Abs. 2 Satz 2 ZVG bleibt ihre Rechtmäßigkeit für die erneute Beschlussfassung über den Zuschlag auch dann von Bedeutung, wenn das Verfahren - wie hier - nach §§ 85a Abs. 2 Satz 1, 74 a Abs. 3 Satz 1 ZVG von Amts wegen fortgesetzt worden ist. Ihre Anfechtbarkeit steht einer Überprüfung nach § 79 ZVG daher ebenso wenig entgegen wie in den Fällen des § 95 ZVG (Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 79 Rdn. 4.5).
44
bb) Ob der - nicht mehr abänderbare - Beschluss über die Versagung des Zuschlags gleichwohl der materiellen Rechtskraft fähig ist, bedarf keiner Entscheidung. Denn selbst wenn dies der Fall wäre, erwüchse nach allgemeinen Grundsätzen (vgl. nur Senat, Urt. v. 13. November 1998, V ZR 29/98, NJWRR 1999, 376, 377) nur der Ausspruch über die Versagung des Zuschlags in Rechtskraft, nicht aber die ihm zugrunde liegende Beurteilung der - für § 85a Abs. 2 Satz 2 ZVG entscheidenden - Vorfrage nach der Wirksamkeit des missbräuchlich abgegebenen Gebots.
45
6. Nach alledem hat das Beschwerdegericht die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 3. Februar 2006 zu Recht zurückgewiesen.

IV.


46
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Verpflichtung der Beteiligten zu 1, die Gerichtsgebühren zu tragen, ergibt sich aus dem Gesetz; eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet bei Beschwerden in Zwangsversteigerungssachen grundsätzlich nicht statt (Senat, Beschl. v. 21. September 2006, V ZB 76/06, WM 2006, 2266, 2267 m.w.N.). Der Wert der Rechtsbeschwerde ist gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG nach dem Wert des Zuschlags zu bestimmen , dessen Erteilung die Beteiligte zu 1 erstrebt. Er entspricht damit dem Meistgebot des Beteiligten zu 3 (§ 54 Abs. 2 Satz 1 GKG).
Krüger RiBGH Dr. Klein ist infolge Lemke Urlaubs an der Unterschrift gehindert. Krüger Schmidt-Räntsch Roth
Vorinstanzen:
AG Wuppertal, Entscheidung vom 03.02.2006 - 402 K 12/04 -
LG Wuppertal, Entscheidung vom 17.05.2006 - 6 T 138/06 -

(1) Der Zuschlag ist ferner zu versagen, wenn das abgegebene Meistgebot einschließlich des Kapitalwertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehenbleibenden Rechte die Hälfte des Grundstückswertes nicht erreicht.

(2) § 74a Abs. 3, 5 ist entsprechend anzuwenden. In dem neuen Versteigerungstermin darf der Zuschlag weder aus den Gründen des Absatzes 1 noch aus denen des § 74a Abs. 1 versagt werden.

(3) Ist das Meistgebot von einem zur Befriedigung aus dem Grundstück Berechtigten abgegeben worden, so ist Absatz 1 nicht anzuwenden, wenn das Gebot einschließlich des Kapitalwertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehenbleibenden Rechte zusammen mit dem Betrag, mit dem der Meistbietende bei der Verteilung des Erlöses ausfallen würde, die Hälfte des Grundstückswertes erreicht.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 83/06
vom
10. Mai 2007
in dem Zwangsversteigerungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Das Eigengebot des Gläubigervertreters in der Zwangsversteigerung von Grundstücken,
das ausschließlich darauf gerichtet ist, zu Gunsten des Gläubigers und zu Lasten des
Schuldners die Rechtsfolgen des § 85a Abs. 1 und 2 ZVG herbeizuführen, ist rechtsmissbräuchlich
und deshalb unwirksam.

b) Bei dem Eigengebot eines Gläubigervertreters spricht eine tatsächliche Vermutung für
die missbräuchliche Absicht, den von dem Gesetz bezweckten Schuldnerschutz zu unterlaufen.

c) Wurde ein unwirksames Gebot, das unter der Hälfte des Verkehrswerts des Grundstücks
lag, nicht nach § 71 Abs. 1 ZVG zurückgewiesen, sondern der Zuschlag nach § 85a
Abs. 1 ZVG versagt, ist das Vollstreckungsgericht an der erneuten Prüfung der Wirksamkeit
des Gebots in einem neuen Versteigerungstermin selbst dann nicht gehindert, wenn
die fehlerhafte Zuschlagsentscheidung nicht angefochten wurde.
BGH, Beschl. v. 10. Mai 2007 - V ZB 83/06 - LG Wuppertal
AG Wuppertal
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 10. Mai 2007 durch den Vorsitzenden
Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke,
Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 17. Mai 2006 wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 22.000 €.

Gründe:


I.


1
Die Beteiligte zu 1 betreibt die Zwangsversteigerung des im Eingang dieses Beschlusses bezeichneten Wohnungseigentums des Beteiligten zu 2. Der Verkehrswert des Objekts wurde auf 57.000 € festgesetzt.
2
In dem ersten Versteigerungstermin gab einzig die Terminsvertreterin der Beteiligten zu 1 im eigenen Namen ein Gebot von 20.000 € ab. Das Amtsgericht versagte den Zuschlag gemäß § 85a Abs. 1 ZVG. In dem zweiten Versteigerungstermin am 27. Januar 2006 blieb der Beteiligte zu 3 mit einem Gebot von 22.000 € Meistbietender. Der Terminsvertreter der Beteiligten zu 1 beantragte die sofortige Erteilung des Zuschlags. Dem kam das Amtsgericht nicht nach, sondern bestimmte Termin zur Verkündung einer Entscheidung über den Zuschlag auf den 3. Februar 2006.
3
Mit Schreiben vom 27. Januar 2006 wandte sich das Amtsgericht an die Vertreterin der Beteiligten zu 1, die den ersten Versteigerungstermin wahrgenommen hatte, und bat um Darlegung, ob ihr damaliges Gebot auf den Erwerb des Versteigerungsobjekts oder nur darauf gerichtet gewesen sei, einem anderen Interessenten den Erwerb des Objekts für weniger als die Hälfte des Wertes zu ermöglichen. Diese - an die Anschrift der Beteiligten zu 1 gerichtete - Anfrage erreichte die Adressatin nicht; eine Antwort der Vertreterin blieb folglich aus.
4
Mit Beschluss vom 3. Februar 2006 hat das Amtsgericht den Zuschlag auf das von dem Beteiligten zu 3 abgegebene Gebot gemäß § 85a Abs. 1 ZVG versagt. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1 ist erfolglos geblieben. Mit ihrer - von dem Beschwerdegericht zugelassenen - Rechtsbeschwerde verfolgt sie ihr Ziel der Zuschlagserteilung weiter.

II.


5
Nach Auffassung des Beschwerdegerichts hat das Vollstreckungsgericht den Zuschlag auf das von dem Beteiligten zu 3 in dem zweiten Versteigerungstermin abgegebene Gebot zu Recht wegen Nichterreichens der 5/10Wertgrenze versagt. Das von der Terminsvertreterin der Beteiligten zu 1 in dem ersten Versteigerungstermin abgegebene Gebot habe für das Vollstreckungsgericht erkennbar unter dem geheimen Vorbehalt des fehlenden Erwerbswillens gestanden und sei deshalb nach § 116 Abs.2 BGB nichtig. Es habe daher zurückgewiesen werden müssen mit der Folge, dass in dem zweiten Versteige- rungstermin wiederum die 5/10-Grenze des § 85a ZVG gegolten habe. Dem stehe die Rechtskraft des Beschlusses über die Versagung des Zuschlags in dem ersten Versteigerungstermin nicht entgegen.
6
Das hält einer rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

III.


7
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 575 ZPO). Sie ist aber nicht begründet.
8
1. Die Versagung des Zuschlags ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Voraussetzungen des § 85a Abs. 1 ZVG sind erfüllt. Das Meistgebot des Beteiligten zu 3 erreicht die Hälfte des Grundstückswerts nicht. Das Beschwerdegericht nimmt zu Recht an, dass die Wertgrenze des § 85a Abs. 1 ZVG in dem zweiten Versteigerungstermin am 27. Januar 2006 fortbestand. Das von der Terminsvertreterin der Beteiligten zu 1 in dem ersten Versteigerungstermin abgegebene Gebot war nämlich unwirksam.
9
Das entspricht den Grundsätzen, die der Senat in seiner Entscheidung vom 24. November 2005 (V ZB 98/05, NJW 2006, 1355 f.) entwickelt hat. Danach ist das Eigengebot eines Gläubigervertreters, der von vornherein nicht an dem Erwerb des Grundstücks interessiert ist, sondern nur erreichen will, dass einem anderen der Zuschlag auf ein Gebot unter 7/10 oder unter der Hälfte des Grundstückswerts erteilt werden kann, unwirksam und deshalb nicht geeignet, die Rechtsfolgen des § 85a Abs. 1 und 2 ZVG herbeizuführen. An dieser Rechtsprechung , die bei einigen Instanzgerichten und in der Literatur auf Kritik gestoßen ist (LG Detmold Rpfleger 2006, 491, 492; AG Stade Rpfleger 2006, 275; Eickmann, ZfIR 2006, 653 ff.; Hasselblatt, NJW 2006, 1320 ff.; Hintzen, Rpfleger 2006, 145 ff.; Weis, BKR 2006, 120 ff.; zustimmend dagegen LG Bonn, Beschl. v. 13. November 2006, 6 T 196/06, dokumentiert bei Juris; LG Dessau Rpfleger 2006, 557, 558; Geisler, jurisPR-BGHZivilR 3/3006 Anm. 1; im Ergebnis auch Rimmelspacher/Bolkart, WuB VI E. § 85a ZVG 1.06), hält der Senat in der Sache und im Ergebnis fest. Er stützt sich allerdings nicht mehr auf die der Entscheidung vom 24. November 2005 zugrunde liegende Erwägung (V ZB 98/05, NJW 2006, 1355, 1356), dass Gebote, mit denen der Bieter nicht die Erteilung des Zuschlags - auch nicht in einem weiteren Versteigerungstermin für weniger als die Hälfte des Verkehrswerts - erreichen will, sondern in Wahrheit andere Zwecke verfolgt, keine Gebote im Sinne des Zwangsversteigerungsgesetzes sind.
10
2. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ist das Eigengebot der Terminsvertreterin der Beteiligten zu 1 nicht nach § 116 Satz 2 BGB nichtig. Dabei kann offen bleiben, ob diese Vorschrift - wie die Rechtsbeschwerde meint - schon deshalb nicht eingreift, weil sie bei amtsempfangsbedürftigen Willenserklärungen generell keine Anwendung findet (ähnlich Rimmelspacher /Bolkart, aaO, m.w.N.). Denn der geheime Vorbehalt des fehlenden Erwerbswillens ist jedenfalls dann unschädlich, wenn der Bieter in dem ersten Versteigerungstermin ein Gebot unter der Hälfte des Grundstückswerts abgibt. Ein solches Gebot kann schon objektiv nicht zu dem Erwerb des Grundstücks führen, weil der Zuschlag nach § 85a Abs. 1 ZVG zwingend zu versagen ist. Es ist deshalb aber nicht unwirksam (Senat, Beschl. v. 24. November 2005, V ZB 98/05 NJW 2006, 1355). Das gilt auch dann, wenn ein an dem Erwerb des Grundstücks interessierter Bieter ein solches Gebot nur abgibt, um die Rechtsfolgen des § 85a Abs. 1 und 2 ZVG herbeizuführen. Die Anwendung der §§ 116 ff. BGB scheidet hier von vornherein aus, weil der Bieter genau die Rechtsfolge erreichen will, die das Gesetz an sein Gebot knüpft (Senat, Beschl. v. 24. November 2005, aaO). Auch der Vorbehalt des fehlenden Erwerbswillens ändert daran nichts (Rimmelspacher/Bolkart, aaO). Denn das Gebot ist gerade nicht auf den - nach § 85a Abs. 1 ZVG ausgeschlossenen - Erwerb des Grundstücks , sondern nur auf die Versagung des Zuschlags und die Beseitigung der Wertgrenzen gerichtet; der Vorbehalt geht also nicht dahin, das Erklärte nicht zu wollen (§ 116 Satz 1 BGB).
11
3. Das Eigengebot der Terminsvertreterin der Beteiligten zu 1 ist jedoch rechtsmissbräuchlich und deshalb unwirksam, weil es ausschließlich zu dem Zweck abgegeben wurde, die Wertgrenze des § 85a Abs. 1 ZVG in einem neuen Versteigerungstermin zu Fall zu bringen (Rimmelspacher/Bolkart, aaO; Hornung , Rpfleger 2000, 363, 365 f.; ähnlich LG Neubrandenburg Rpfleger 2005, 42, 43; vgl. auch Schiffhauer in Dassler/Schiffhauer/Gerhardt/Muth, ZVG, 12. Aufl., § 85a Rdn. 3; Kirsch, Rpfleger 2000, 147, 148 f.; a.A. OLG Koblenz Rpfleger 1999, 407 f.; LG Kassel Rpfleger 1986, 397; Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 85a Rdn. 2.3; Storz, Praxis des Zwangsversteigerungsverfahrens, 10. Aufl., S. 599 f.; Alff, Rpfleger 2005, 44; ohne Bedenken auch OLG Düsseldorf Rpfleger 1989, 36, 37).
12
a) Der das materielle Recht beherrschende Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) gilt auch im Verfahrensrecht, und zwar sowohl im Erkenntnis - wie im Vollstreckungsverfahren (st. Rspr.; vgl. nur Senat, BGHZ 43, 289, 292; 48, 351, 354 sowie BGHZ 1, 181, 184; 57, 108, 111; BGH, Beschl. v. 20. Dezember 2006, VII ZB 88/06, WM 2007, 364, 366 [zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen]; w.N. bei Staudinger/Looschelders/Olzen, BGB [2005], § 242 Rdn. 1028 ff. und 1048 ff.). Er verpflichtet die Parteien zu redlicher Prozessführung und verbietet insbesondere den Missbrauch prozessualer Befug- nisse (vgl. Senat, BGHZ 44, 367, 371 f.; BGH, Beschl. v. 27. Juli 2006, VII ZB 16/06, NJW 2006, 3214, 3215; Beschl. v. 20. Dezember 2006, aaO; w.N. bei Stein/Jonas/Brehm, ZPO, 22. Aufl., vor § 1 Rdn. 232 f.). Rechtsmissbräuchlich und damit unzulässig ist die Ausübung solcher Befugnisse, wenn sie nicht den gesetzlich vorgesehenen, sondern anderen, nicht notwendig unerlaubten (BGH, Beschl. v. 29. Juni 2006, IX ZB 245/05, NJW-RR 2006, 1482, 1483), aber funktionsfremden und rechtlich zu missbilligenden Zwecken dient (vgl. BGH, Urt. v. 14. Oktober 1991 - II ZR 249/90, NJW 1992, 569, 570 f.; allgemein Zeiss, Die arglistige Prozesspartei, S. 150 ff., 179 ff.).
13
b) In dem Verfahren der Zwangsversteigerung kommt dieser Grundsatz vielfach zur Anwendung. So hat der Senat bereits entschieden, dass die Ablehnung des Rechtspflegers wegen Besorgnis der Befangenheit rechtsmissbräuchlich ist, wenn sie lediglich der Verschleppung dient (Beschl. v. 14. April 2005, V ZB 7/05, NJW-RR 2005, 1226, 1227). Nach der Rechtsprechung der Instanzgerichte gilt das auch für andere Anträge und Rechtsmittel des Schuldners, mit denen dieser keinen Rechtsschutz sucht, sondern das Verfahren verzögern will (vgl. OLG Köln Rpfleger 1980, 233, 234; LG Trier Rpfleger 1991, 70 f.; ebenso Stöber, aaO, Einl. Rdn. 8.5). Bei dem Gläubiger wird die Zweckentfremdung prozessualer Befugnisse etwa dann als missbräuchlich angesehen, wenn er Haupt- und Nebenforderungen sukzessive geltend macht, um eine Aufhebung des Verfahrens nach §§ 30 Abs. 1 Satz 3, 29 ZVG zu vermeiden und durch die wiederholte Einstellung und Fortsetzung des ohne ernsthafte Versteigerungsabsicht betriebenen Verfahrens einen permanenten Zahlungsdruck auf den Schuldner auszuüben (LG Bonn Rpfleger 1990, 433, 434; 2001, 365, 366; LG Erfurt Rpfleger 2005, 375; LG Lüneburg Rpfleger 1987, 469; im Einzelfall ablehnend OLG Düsseldorf Rpfleger 1991, 28, 29 und LG Dessau Rpfleger 2004, 724 f.; zu der missbräuchlichen Ausübung anderer Gläubigerbefugnisse OLG Celle WM 1987, 1438 f.; LG Braunschweig Rpfleger 1998, 482, 483; Kirsch, Rpfleger 2006, 373, 376 f.; Stöber, aaO, § 30 Rdn. 2.15 m.w.N.).
14
Dieselben Erwägungen gelten für das Recht auf Abgabe von Geboten. Es soll jedem Erwerbsinteressenten die Möglichkeit verschaffen, als Meistbietender den Zuschlag zu erhalten und Eigentümer des Grundstücks zu werden (§§ 81 Abs. 1, 90 Abs. 1 ZVG). Seine Ausübung ist daher rechtsmissbräuchlich, wenn der Bieter daran nicht interessiert ist, sondern andere, rechtlich zu missbilligende Zwecke verfolgt. Auch das ist in der Rechtsprechung anerkannt. So wird das Gebot eines zahlungsunfähigen oder -unwilligen Bieters allgemein als rechtsmissbräuchlich angesehen, wenn es in der Absicht abgegeben wird, die Verwertung des Grundstücks zu hintertreiben (OLG Nürnberg Rpfleger 1999, 87 f.; AG Bremen Rpfleger 1999, 88 f.; AG Dortmund Rpfleger 1994, 119 f.; ebenso Stöber, aaO, § 71 Rdn. 2.10; vgl. auch OLG Hamm Rpfleger 1995, 35 f.; OLG Karlsruhe Rpfleger 1994, 376 f.; LG Essen Rpfleger 1995, 34 f.; LG Mainz JurBüro 2001, 214) oder die Wiederversteigerung zugunsten eines Dritten zu manipulieren (OLG Naumburg Rpfleger 2002, 324, 325). Verboten ist somit die Ausübung des Bietrechts zur Verfolgung unlauterer oder gesetzeswidriger Zwecke.
15
c) Danach sind Gebote, mit denen die Wertgrenze des § 85a Abs. 1 ZVG in einem neuen Versteigerungstermin zu Fall gebracht werden soll, nicht generell wegen Rechtsmissbrauchs unwirksam.
16
aa) Nicht rechtsmissbräuchlich handelt der Bieter, wenn er die von dem Gesetz (§ 85a Abs. 1 und 2 ZVG) eröffnete Möglichkeit wahrnimmt, das Grundstück nach der Versagung des Zuschlags in einem weiteren Versteigerungstermin für weniger als die Hälfte des Grundstückswerts ersteigern zu können (Senat, Beschl. v. 24. November 2005, V ZB 98/05, NJW 2006, 1355; Hornung, aaO, 365; Rimmelspacher/Bolkart, aaO; insoweit zutreffend auch OLG Koblenz aaO, 407; LG Kassel aaO, 397; Stöber, aaO, § 85a Rdn. 2.3). Seine Absicht widerspricht dem Zweck eines Gebots nicht, weil sie letztendlich auf die Erteilung des Zuschlags gerichtet ist. Sie wird deshalb von der Rechtsordnung nicht missbilligt, sondern ausdrücklich anerkannt. Denn nach § 85a ZVG sind unter dem Mindestgebot liegende Gebote zwar nicht zuschlagsfähig, aber wirksam und damit auch geeignet, den erstrebten Wegfall der Wertgrenzen herbeizuführen. Der Zweck der Vorschrift steht dem nicht entgegen. Sie soll im Interesse des Eigentümers die Verschleuderung von Grundstücken verhindern und ein wirtschaftlich vertretbares Ergebnis bei der Versteigerung bewirken (BGH, Beschl. v. 10. Oktober 2003, IXa ZB 128/03, NJW-RR 2004, 302, 303). Der Bieter ist aber nicht verpflichtet, sein Interesse an einem möglichst preiswerten Erwerb des Grundstücks hinter das gegenteilige Interesse des Schuldners zurücktreten zu lassen (Senat, Beschl. v. 24. November 2005, V ZB 98/05, aaO). Denn ihm gegenüber ist der Schuldner nur insofern geschützt, als er durch die Bestimmung eines neuen Versteigerungstermins gewissermaßen eine zweite Chance erhält, nämlich die Aussicht auf weitere Bietinteressenten und ein entsprechend höheres Meistgebot, aber auch Zeit, um die Vollstreckung doch noch abzuwenden. Einen dauerhaften Schutz, wie er bei der Versteigerung beweglicher Sachen durch das Mindestgebot nach § 817a Abs. 1 ZPO gewährleistet wird, sieht § 85a ZVG dagegen nicht vor.
17
bb) Das Bietrecht wird ferner nicht schon immer dann missbraucht, wenn der Bieter einen anderen als den gesetzlich vorgesehenen Erwerbszweck verfolgt ; denn der Grundsatz von Treu und Glauben schließt taktische Gebote - etwa mit dem Ziel, die Bietkonkurrenten hochzutreiben und den Verwertungserlös zu steigern - nicht aus (insoweit zutreffend Eickmann, aaO, 654).

18
d) Es spricht indes viel dafür, dass dem Gläubiger bei der Abgabe solcher taktischer Gebote engere Grenzen gezogen sind und dass er bereits dann rechtsmissbräuchlich handelt, wenn er in dem ersten Versteigerungstermin mangels Bietinteressenten ein nicht zuschlagsfähiges Gebot unter der Hälfte des Verkehrswerts abgibt, damit das Grundstück von ihm in einem neuen Versteigerungstermin ohne Rücksicht auf die Wertgrenze des § 85a Abs. 1 ZVG verwertet werden kann. Missbilligenswert kann dieses Verhalten deswegen sein, weil das Zwangsversteigerungsgesetz nach seiner Systematik und seiner Zweckrichtung dem Gläubiger eine solche Verfahrensweise an sich nicht offen hält. Ihm gegenüber soll das durch § 85a Abs. 1 ZVG geschützte Interesse des Schuldners nämlich nach der Konzeption des Gesetzes erst zurücktreten, wenn es sich schon einmal gegen ein tatsächlich vorhandenes Erwerbsinteresse durchgesetzt hat (vgl. Rimmelspacher/Bolkart, aaO).
19
aa) Nach dem Regelungszusammenhang der §§ 85a, 74a und 77 ZVG entfallen die Wertgrenzen in einem neuen Versteigerungstermin erst und nur dann, wenn der Zuschlag bereits einmal nach §§ 74a Abs. 1, 85a Abs. 1 ZVG versagt worden ist. Voraussetzung ist somit die Abgabe eines der Höhe nach unzureichenden Meistgebots. Eine ergebnislose Versteigerung, in der kein Gebot abgegeben wird oder sämtliche Gebote erloschen sind, wird von diesen Vorschriften dagegen nicht erfasst und führt deshalb auch nicht zu einem Wegfall der Wertgrenzen (vgl. dazu vor allem Hornung, Rpfleger 2000, 363, 366 f. gegen Kirsch, Rpfleger 2000, 147, 149; aber auch Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 74a Rdn. 4.3 und § 85a Rdn. 3.3 m.w.N.). Ihre Folgen ergeben sich vielmehr aus § 77 ZVG. Danach wird das Verfahren zunächst einstweilen eingestellt und nach dem zweiten ergebnislosen Termin entweder aufgehoben oder auf Antrag des Gläubigers als Zwangsverwaltung fortgesetzt. Das Fehlen von Bietern fällt damit in den Risikobereich des Gläubigers, während der Schuldner nach einer ergebnislosen Versteigerung weiterhin durch die Wertgrenzen der §§ 74a, 85a ZVG vor einer Verschleuderung des Grundstücks geschützt wird. Diese gesetzliche Risikoverteilung würde unterlaufen, wäre es dem Gläubiger gestattet, nur deshalb ein Gebot abzugeben, um das Verfahren ohne Rücksicht auf die Wertgrenzen fortsetzen zu können.
20
bb) Eine solche Verfahrensweise zielt im Gegenteil unmittelbar darauf ab, den von § 85a ZVG bezweckten Schutz des Schuldners zu vereiteln.
21
(1) Die Verfahrensregeln der Zwangsversteigerung sollen grundsätzlich gewährleisten, dass das versteigerte Grundstück zu einem seinem Wert entsprechenden Gebot zugeschlagen und auf diese Weise eine wertrichtige Deckung der auf ihm ruhenden Lasten erreicht wird (BGH, Urt. v. 24. Oktober 1978, VI ZR 67/77, NJW 1979, 162, 163 - insoweit in BGHZ 72, 234 f. nicht abgedruckt ). Neben der Konkurrenz der Bieter ist der Gegensatz zwischen dem Wunsch potentieller Erwerber, den Preis möglichst niedrig zu halten, und dem Interesse der Gläubiger, dass ihre Rechte durch das Gebot gedeckt werden, geeignet, diesem Ziel zu dienen. Wenn diese Interessenkonkurrenz entfällt, läuft der Schuldner Gefahr, zugleich das Grundstück weit unter Wert zu verlieren und infolge des unzulänglichen Erlöses die davon nicht getilgten Gläubigerforderungen erfüllen zu müssen. Davor soll er durch die Regelung des § 114a ZVG bewahrt werden (BGHZ 117, 8, 14). Diese Vorschrift schützt den Schuldner aber nur dann, wenn der Ersteher zur Befriedigung aus dem Grundstück berechtigt ist. Deshalb hat der Gesetzgeber auch für den Fall Vorsorge getroffen , dass der erstrangig betreibende Gläubiger nicht bereit ist, dem Wunsch eines anderen Bieters nach einem möglichst preiswerten Erwerb des Grundstücks entgegenzuwirken.
22
So sollte bereits die Regelung des § 74a ZVG, welche - wie § 114a ZVG - durch das Gesetz über Maßnahmen auf dem Gebiete der Zwangsvollstreckung vom 20. August 1953 (BGBl. I S. 952) aus dem Zwangsvollstreckungsnotrecht in das Zwangsversteigerungsgesetz übernommen wurde, nicht nur die - allein antragsberechtigten - Inhaber nachrangiger Rechte, sondern mittelbar auch den Schuldner vor einer Verschleuderung des Grundstücks schützen (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drs. 1/3668 S. 16). Auf eine von Amts wegen zu berücksichtigende Wertgrenze, wie sie mit § 817a Abs. 1 ZPO für die Versteigerung beweglicher Sachen eingeführt wurde, hat der Gesetzgeber zunächst verzichtet. Die Rechtsprechung musste deshalb auf die allgemeine Vollstreckungsschutzklausel des § 765a ZPO zurückgreifen, um den verfassungsrechtlich gebotenen Schutz des Schuldners auch in der Zwangsversteigerung zu gewährleisten (vgl. nur BVerfGE 46, 325, 332 f.). Dem hat der Gesetzgeber in der Zwangsvollstreckungsnovelle vom 1. Februar 1979 (BGBl. I S. 127) durch die Einführung des § 85a ZVG Rechnung getragen. Er ging davon aus, dass Vorschriften fehlten, um der Verschleuderung von Grundstücken wirksam zu begegnen (Zweiter Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drs. 8/2152, S. 1), und wollte die Verschleuderung deshalb durch eine § 817a ZPO entsprechende, von Amts wegen zu berücksichtigende Regelung verhindern (Begründung des Gesetzentwurfs, aaO, S. 52; vgl. auch S. 46 und BT-Drs. 7/3838, S. 1, 9, 13 und 18). Ziel der Regelung ist es also, den Schuldner unabhängig von dem Antrag eines nachrangigen Gläubigers vor der Gefahr zu bewahren , dass der erstrangig betreibende Gläubiger bereit ist, das Grundstück unter der Hälfte seines Werts zu verwerten. Sie ersetzt damit die insoweit fehlende Konkurrenz zwischen Gläubiger- und Bieterinteresse und schützt den Schuldner gerade auch gegenüber dem betreibenden Gläubiger.
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Dieser Schutz liefe leer, wenn der betreibende Gläubiger die Wertgrenze des § 85a Abs. 1 ZVG nach Belieben zu Fall bringen könnte. Denn dadurch wird der von dem Gesetz bezweckte Schuldnerschutz nicht nur vereitelt, sondern die vorher nicht bestehende Gefahr der Verschleuderung erst begründet. Entscheidend ist dabei nicht, ob der Gläubiger das Grundstück im konkreten Fall tatsächlich unter der Hälfte seines Werts verwerten will (vgl. Hintzen, Rpfleger 2006, 145, 146) oder ob die Beseitigung der Wertgrenzen möglicherweise auch zu einer Konkurrenz neuer Bietinteressenten und damit zu entsprechend hohen Meistgeboten führen kann (so AG Stade Rpfleger 2006, 275; Alff, Rpfleger 2005, 44; Eickmann, ZfIR 2006, 653, 655; Hasselblatt, NJW 2006, 1320, 1324; Hintzen, Rpfleger 2006, 145, 146). Als mit dem Gesetzeszweck nicht vereinbar kann vielmehr schon die Absicht des Gläubigers anzusehen sein, den zwingend vorgeschriebenen Schutz des Schuldners zu unterlaufen.
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(2) Dass § 85a ZVG nicht nur von dem Gedanken des Schuldnerschutzes getragen ist, steht dieser Wertung nicht entgegen (so aber Hasselblatt, aaO, 1323). Die Vorschrift soll zwar auch dem Interesse des Gläubigers gerecht werden, dass eine Verwertung des unbeweglichen Vermögens möglich bleiben muss (Zweiter Bericht des Rechtsausschusses, aaO, 15). Sie sieht deshalb vor, dass der Zuschlag - anders als bei der Versteigerung beweglicher Sachen - nur einmal wegen Nichterreichens der 5/10-Grenze versagt werden darf. In den §§ 74a Abs. 4, 85a Abs. 2 Satz 2 ZVG hat der Gesetzgeber diese Regelung zudem auf die 7/10-Grenze des § 74a Abs. 1 ZVG erstreckt, um eine weitere Verzögerung des Verfahrens auszuschließen (Begründung des Gesetzentwurfs , aaO, S. 52). Durch den "Grundsatz der Einmaligkeit", der in diesen Vorschriften zum Ausdruck kommt, wird dem Interesse des Gläubigers aber erst in dem neuen Versteigerungstermin der Vorrang eingeräumt (BGH, Beschl. v. 10. Oktober 2003, IXa ZB 128/03, NJW-RR 2004, 302, 303; Hornung, Rpfleger 2000, 363, 364 f.). Bis zu diesem Zeitpunkt ist der Gläubiger weder nach dem Vorbild von § 74a Abs. 1 Satz 2 ZVG noch auf andere Weise geschützt. Das zeigt, dass sein Verwertungsinteresse den - einmaligen - Schutz des Schuldners nach § 85a Abs. 1 ZVG nicht weiter einschränken soll.
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(3) Ob die 1979 eingeführte Vorschrift des § 85a ZVG der aktuellen Lage auf dem Grundstücksmarkt nicht mehr gerecht wird und deshalb zugunsten des Gläubigers geändert werden sollte (so vor allem Eickmann, aaO, 655), hat allein der Gesetzgeber zu entscheiden. Nach Treu und Glauben, also auch bei der hier zu beurteilenden Frage des Rechtsmissbrauchs, kann der mit der gesetzlichen Regelung bezweckte Interessenausgleich nicht korrigiert werden. Denn das Gesetz trägt den Schwankungen des Grundstückmarkts bereits dadurch Rechnung, dass es die schuldnerschützende Wertgrenze des § 85a Abs. 1 ZVG nach dem aktuellen Verkehrswert des Grundstücks bestimmt (§§ 85a Abs. 2 Satz 1, 74a Abs. 5 Satz 1 ZVG).
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e) Mit Rücksicht auf diese gesetzlichen Schuldnerschutzmechanismen ist jedenfalls dann die Grenze zum Rechtsmissbrauch überschritten, wenn ein Terminsvertreter eines zur Befriedigung aus dem Grundstück berechtigten Gläubigers von seinem eigenen Bietrecht Gebrauch macht, um zu Gunsten des Gläubigers den von § 85a ZVG bezweckten Schuldnerschutz zu unterlaufen.
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aa) Das folgt aus der Sonderregelung in § 85a Abs. 3 ZVG. Danach ist der Zuschlag nicht gemäß § 85a Abs. 1 ZVG zu versagen, wenn das Meistgebot von einem zur Befriedigung aus dem Grundstück Berechtigten abgegeben wird und einschließlich des Kapitalwerts der bestehen bleibenden Rechte zusammen mit dem Betrag, mit dem der Meistbietende bei der Verteilung des Erlöses ausfallen würde, die Hälfte des Grundstückswerts erreicht. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass der Schuldner in diesem Fall bereits durch die Befriedigungswirkung nach § 114a ZVG vor einer Verschleuderung des Grundstücks geschützt ist (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drs. 8/693, S. 52). Die Regelung hat aber auch zur Folge, dass ein Gläubiger, dessen Forderung die Hälfte des Grundstückswerts erreicht oder nur um den Kapitalbetrag der bestehen bleibenden Rechte und den durch Zahlung zu berichtigenden Teil des geringsten Gebots (§ 49 Abs. 1 ZVG) unterschreitet, die Rechtsfolgen des § 85a Abs. 2 ZVG nicht selbst herbeiführen kann, sondern auf einen Rettungserwerb zu den Bedingungen des § 114a ZVG beschränkt ist. Das zeigt, dass das Gesetz ein alleiniges Interesse des Gläubigers an der Beseitigung der Wertgrenzen jedenfalls hier nicht anerkennt.
28
Dass ein Gläubiger, dessen Forderung weit genug unter dem Verkehrswert liegt, die Erteilung des Zuschlags nach § 85a Abs. 3 ZVG durch ein entsprechend niedriges Gebot vermeiden kann, steht dem nicht entgegen. Denn ein solches Gebot wird von § 85a Abs. 1 und 2 ZVG nur deshalb erfasst, weil der Gläubiger trotz § 114a ZVG die Möglichkeit hat, das Grundstück - wirtschaftlich betrachtet - unter der Hälfte seines Werts zu ersteigern. Sein Interesse an einem möglichst preiswerten Grundstückserwerb ist damit ebenso berechtigt wie das eines anderen Bieters. Daraus folgt aber nicht, dass der Gläubiger befugt ist, die Rechtsfolgen des § 85a Abs. 2 ZVG herbeizuführen, wenn er den Zuschlag nicht erteilt haben will.
29
bb) Diese gesetzliche Regelung wird unterlaufen, wenn ein Terminsvertreter des zur Befriedigung aus dem Grundstück berechtigten Gläubigers im eigenen Namen ein Gebot abgibt, um zu Gunsten des Gläubigers die Grenze des § 85a Abs. 1 ZVG zu Fall zu bringen. Denn er unternimmt es, das zu erreichen , was dem Gläubiger selbst aufgrund der Regelungen der §§ 85a Abs. 3, 114a ZVG nicht in gleicher Weise möglich ist. Er macht dann von einer ihm formell zustehenden Befugnis Gebrauch, die wegen des verfolgten Zwecks rechtsmissbräuchlich ist.
30
Die missbräuchliche Abgabe eines solchen Eigengebots setzt keine Weisung des Gläubigers zum Bietverhalten seines Terminvertreters voraus. Denn zum einen muss sich der Gläubiger das Verhalten seines Vertreters jedenfalls nach dem Rechtsgedanken der Vorschrift des § 278 BGB zurechnen lassen (vgl. etwa Staudinger/Looschelders/Olzen, aaO, § 242 Rdn. 224; MünchKommBGB /Roth, 4. Aufl. 2003, § 242 Rdn. 189). Zum anderen kann nur derjenige Bieter den Wegfall der Wertgrenze des § 85a Abs. 1 ZVG in einem neuen Versteigerungstermin herbeiführen, der mit seinem Gebot nicht lediglich die Umgehung des in der Vorschrift (auch) zum Ausdruck kommenden Schuldnerschutzes beabsichtigt.
31
cc) Die Vorschriften des § 81 Abs. 2 und 3 ZVG rechtfertigen keine andere Beurteilung (so aber OLG Koblenz Rpfleger 1999, 407, 408; vgl. auch LG Detmold Rpfleger 2006, 491, 492; Hintzen, Rpfleger 2006, 145, 146). Durch sie hat der Gesetzgeber zwar das verdeckte Gebot für einen Dritten ermöglicht und damit das praktische Bedürfnis anerkannt, die Identität des Bieters und die wirkliche Interessenlage geheim zu halten (BGH, Urt. v. 14. Juli 1954, VI ZR 99/53, DB 1954, 974). Daraus folgt aber nur, dass das Gebot eines Strohmanns als solches weder sittenwidrig noch aus anderen Gründen unwirksam ist (BGH aaO ; Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 71 Rdn. 2.9). Eine Befugnis zur Verfolgung unlauterer oder gesetzeswidriger Zwecke lässt sich aus den Vorschriften des § 81 Abs. 2 und 3 ZVG jedoch nicht herleiten.
32
4. Nach diesen Grundsätzen ist das Eigengebot, das die Terminsvertreterin der Beteiligten zu 1 in dem ersten Versteigerungstermin abgegeben hat, als rechtsmissbräuchlich und deshalb unwirksam zu bewerten. Denn nach den für den Senat bindenden Feststellungen des Beschwerdegerichts war es ausschließlich darauf gerichtet, die Wertgrenze des § 85a Abs. 1 ZVG in einem neuen Versteigerungstermin zu Gunsten des Gläubigers und zu Lasten des Schuldners zu beseitigen.
33
a) Der dagegen gerichtete Angriff der Rechtsbeschwerde ist nicht begründet (§§ 96 ZVG, 577 Abs. 2 Satz 4, 559 Abs. 2 ZPO). Das Beschwerdegericht hat seine tatrichterliche Überzeugung darauf gestützt, dass das Gebot von der Terminsvertreterin der betreibenden Gläubigerin abgegeben wurde. Danach ergebe sich seine wirkliche Zielrichtung bereits aus der von den Kreditinstituten geübten Praxis, durch in dem ersten Versteigerungstermin abgegebene Gebote die Wertgrenzen für den zweiten Termin zu beseitigen. Anhaltspunkte dafür, dass das Gebot auf die Erteilung des Zuschlags in einem neuen Versteigerungstermin gerichtet sein könnte, hat das Beschwerdegericht nicht festgestellt. Die Rechtsbeschwerde zeigt solche Anhaltspunkte auch nicht auf und stellt nicht in Frage, dass derartige Eigengebote von Terminsvertretern der Gläubiger in der Praxis üblich sind (so auch Alff, Rpfleger 2005, 44; Hasselblatt, NJW 2006, 1320, 1321; Hintzen, Rpfleger 2006, 145; Weis, BKR 2006, 120 und 121). Sie beanstandet lediglich, dass die Beweiskraft dieser Indizien nicht ausreiche, um den von dem Beschwerdegericht gezogenen Schluss zu rechtfertigen. Diese Rüge hat keinen Erfolg.
34
b) Die Rechtsbeschwerde weist zwar zutreffend darauf hin, dass die Stellung als Terminsvertreter des betreibenden Gläubigers in der Senatsentscheidung vom 24. November 2005 (V ZB 98/05, NJW 2006, 1355, 1356) nur als eines von mehreren Indizien dafür aufgeführt wird, dass der Bieter möglicherweise nicht an der Zuschlagserteilung interessiert ist. Ob die tatrichterliche Würdigung des Beschwerdegerichts danach gegen Denkgesetze verstößt, weil sie die Ambivalenz einer Indiztatsache verkennt (vgl. dazu nur Senat, BGHZ 158, 269, 273), bedarf jedoch keiner Entscheidung. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Umstand, dass die Beteiligte zu 1 die Anfrage des Vollstreckungsgerichts vom 27. Januar 2006 nicht an ihre Terminsvertreterin weitergeleitet hat, als Beweisvereitelung zu würdigen ist, und welche Rückschlüsse das Fernbleiben der Terminsvertreterin in dem zweiten Versteigerungstermin zulässt. Denn bei einem Eigengebot des Gläubigervertreters spricht eine tatsächliche Vermutung für die missbräuchliche Absicht, den von dem Gesetz bezweckten Schuldnerschutz zu unterlaufen.
35
aa) Diese Vermutung trägt den besonderen Gegebenheiten des Zwangsversteigerungsverfahrens Rechnung. Nach § 71 Abs. 1 ZVG muss das Vollstreckungsgericht jedes Gebot sofort auf seine Wirksamkeit prüfen (vgl. nur Stöber, aaO, § 71 Rdn. 2.8). Dabei hat es weder die Möglichkeit der Beweisaufnahme, noch ist der Bieter verpflichtet, die mit dem Gebot verfolgte Absicht zu offenbaren. Das Vollstreckungsgericht kann diese Absicht deshalb nur den Umständen entnehmen, die ihm bei der Abgabe des Gebots bekannt sind. Ob der Gläubigervertreter tatsächlich von der Möglichkeit Gebrauch macht, das Grundstück in einem neuen Versteigerungstermin unter der Hälfte seines Werts zu ersteigern, kann - und muss (Senat, Beschl. v. 24. November 2005, V ZB 98/05, aaO, 1356) - das Gericht naturgemäß erst berücksichtigen, wenn es nach diesem Termin erneut über die Wirksamkeit des Gebots zu befinden hat. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde (ebenso LG Detmold Rpfleger 2006, 491, 492; Eickmann, ZfIR 2006, 653, 654 f.; Hasselblatt, NJW 2006, 1320, 1323 f.; Hintzen, Rpfleger 2006, 145, 146; Weis, BKR 2006, 120, 121) sind praktische Schwierigkeiten kein Grund, objektiv begründete Zweifel zurücktreten zu lassen. Vielmehr muss das Vollstreckungsgericht einen Missbrauch des Bietrechts mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln verhindern, um den gesetzlich vorgeschriebenen Schuldnerschutz zu gewährleisten. Es ist deshalb - wie in anderen Fällen des Rechtsmissbrauchs - gehalten, die missbräuchliche Absicht des Gläubigervertreters zu berücksichtigen, wenn sie aufgrund konkreter Anhaltspunkte mit der in dem Verfahren der Zwangsversteigerung erreichbaren Sicherheit festgestellt werden kann.
36
bb) Vor diesem Hintergrund lässt die Stellung als Terminsvertreter des Gläubigers im Regelfall den Schluss zu, dass ein auf die Rechtsfolgen des § 85a Abs. 1 und 2 ZVG gerichtetes Eigengebot dazu dient, den von dem Gesetz bezweckten Schuldnerschutz zu unterlaufen. Denn in dieser Funktion bieten Mitarbeiter von Kreditinstituten üblicherweise nicht aus eigenem Interesse (Senat, Beschl. v. 24. November 2005, V ZB 98/05, aaO, 1356). Zudem widerspräche ihre Absicht, das Grundstück nach dem Wegfall der Wertgrenzen möglichst preiswert zu ersteigern, der im Innenverhältnis bestehenden Pflicht, das Interesse ihres Arbeitgebers an der bestmöglichen Verwertung des Grundstücks zu wahren (vgl. Kirsch, Rpfleger 2000, 147, 148). Wegen dieser Interessenkollision führt die an die Vertretung des Gläubigers geknüpfte Vermutung nicht zu einer unzumutbaren Beschränkung des Bietrechts, zumal der Terminsvertreter im Einzelfall die Möglichkeit hat, der Zurückweisung seines Gebots nach § 72 Abs. 2 ZVG zu widersprechen und ein gesetzeskonformes Interesse glaubhaft zu machen. Der Vermutung steht auch nicht entgegen, dass sie durch das Vortäuschen eines solchen Interesses oder durch die Einschaltung Dritter umgangen werden kann (vgl. nur die entsprechenden Empfehlungen von Hasselblatt , aaO, 1324; Hintzen, aaO, 147; v. Seldeneck, InfoM 2006, 142; Weis, aaO, 121). Denn zum einen verhindert sie eine besonders einfache und ent- sprechend verbreitete Form des Rechtsmissbrauchs. Zum anderen kann das Vollstreckungsgericht ihrer Umgehung wirksam begegnen, indem es - nach Gewährung rechtlichen Gehörs - auf seine in anderen Verfahren gewonnene Personen- und Sachkenntnis zurückgreift (vgl. OLG Nürnberg Rpfleger 1999, 87; LG Mainz JurBüro 2001, 214; AG Bremen Rpfleger 1999, 88, 89; AG Dortmund Rpfleger 1994, 119, 120; auch Eickmann, ZfIR 2006, 653, 655).
37
c) Die Rechtsprechung des Senats zu dem verdeckten Meistgebot eines dinglich Berechtigten (Beschl. v. 14. April 2005, V ZB 9/05, NJW-RR 2005, 1359, 1361) steht der Annahme der Unwirksamkeit des Eigengebots der Terminsvertreterin der Beteiligten zu 1 nicht entgegen. Danach handelt ein Gläubiger zwar gegenüber seinem Schuldner arglistig, wenn er im Hinblick auf § 114a ZVG einen Dritten an seiner Stelle bieten lässt und sich dann gegenüber dem Schuldner auf die Teile seiner Forderung beruft, die bei einem eigenen Gebot erloschen wären. Die Wirksamkeit des Gebots wird von einem solchen Vorgehen jedoch nicht berührt. Denn § 114a ZVG soll nicht bestimmte Gebote oder das Bieten durch bestimmte Personen, sondern nur verhindern, dass ein mit seinem Gebot innerhalb der 7/10-Grenze liegender Berechtigter das Grundstück in der Zwangsversteigerung günstig erwirbt und sodann den durch sein Meistgebot nicht gedeckten Restbetrag seiner persönlichen Forderung gegen den Schuldner in voller Höhe geltend macht (Beschl. v. 14. April 2005, V ZB 9/05, aaO m. w. N.). Die Unwirksamkeit des verdeckten Meistgebots würde die mit der Vorschrift angestrebte erweiterte Befriedigungswirkung verfehlen. Der Zweck des § 114a ZVG gebietet deshalb seine gegebenenfalls vor dem Prozessgericht durchzusetzende Anwendung auch auf den dinglichen Gläubiger, der den materiell-rechtlichen Folgen eines eigenen Meistgebots zu entgehen versucht. Hier verfolgt der rechtsmissbräuchlich Handelnde hingegen eine andere Zielrichtung, die auch eine andere Sanktion erfordert. Er will das Objekt nicht ersteigern, sondern erreichen, dass es ein anderer ohne die zu Gunsten des Schuldners gezogenen Wertgrenzen erwerben kann. Der Rechtsmissbrauch des dinglich Berechtigten besteht nicht darin (wie aber in dem Fall des verdeckten Meistgebots), den Zuschlag unter Vermeidung der für ihn nachteiligen Wirkungen des § 114 ZVG zu bekommen, sondern darin, den möglichen Zuschlag auf ein Eigengebot zu vermeiden, indem ein nicht zuschlagsfähiges Fremdgebot initiiert wird. Das kann sinnvollerweise nur zur Folge haben, dass das Fremdgebot unwirksam ist.
38
5. Die Unwirksamkeit des von der Terminsvertreterin der Beteiligten zu 1 in dem ersten Versteigerungstermin abgegebenen Gebots hat zur Folge, dass die Wertgrenze des § 85a Abs. 1 ZVG weiterhin von Amts wegen zu beachten ist.
39
a) Das Gebot hätte nach § 71 Abs. 1 ZVG zurückgewiesen werden müssen (vgl. OLG Nürnberg Rpfleger 1999, 87; Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 71 Rdn. 2.10). Nachdem dies unterblieben war, konnte und musste seine Unwirksamkeit bei der Beschlussfassung über den Zuschlag in dem ersten Versteigerungstermin berücksichtigt werden. Bei dieser Entscheidung war das Vollstreckungsgericht nach § 79 ZVG nicht an die rechtsfehlerhafte Zulassung des Gebots gebunden (vgl. OLG Koblenz NJW-RR 1988, 690, 691; Stöber, aaO, § 72 Rdn. 5.4). Es hätte den Zuschlag also schon deshalb versagen müssen, weil kein wirksames Meistgebot vorlag (§ 81 Abs. 1 ZVG; vgl. OLG Naumburg Rpfleger 2002, 324, 325; LG Mainz JurBüro 2001, 214; allgemein Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 71 Rdn. 2.8, und § 81 Rdn. 2.1). Die stattdessen auf § 85a Abs. 1 ZVG gestützte Versagung des Zuschlags ist rechtswidrig, weil auch diese Vorschrift ein wirksames Meistgebot voraussetzt (vgl. nur Stöber, aaO, § 85a Rdn. 2.5).
40
b) Trotz dieser Entscheidung kann und muss die Unwirksamkeit des Gebots weiterhin berücksichtigt werden. Sie ist deshalb entscheidungserheblich, weil nur ein wirksames Gebot geeignet ist, den in § 85a Abs. 2 Satz 2 ZVG vorgesehenen Wegfall der Wertgrenzen herbeizuführen. Das ergibt sich aus dem Zweck der Vorschrift. Sie räumt - wie ausgeführt - dem Verwertungsinteresse des Gläubigers nur für den Fall den Vorrang ein, dass der Schuldner schon einmal nach § 85a Abs. 1 ZVG vor einer Verschleuderung des Grundstücks geschützt wurde. Hieran fehlt es, wenn in dem ersten Versteigerungstermin kein wirksames Gebot abgegeben wurde. Denn dann bestand von vornherein nicht die Möglichkeit, das Grundstück in diesem Termin zu verwerten. Das hat zur Folge, dass der Schuldner auch in dem neuen Versteigerungstermin durch die Wertgrenze des § 85a Abs. 1 ZVG geschützt wird (Rimmelspacher/Bolkart, aaO).
41
c) Die fehlerhafte Begründung der ersten Zuschlagsentscheidung ändert daran nichts. Sie ist nach dem Zweck des § 85a Abs. 2 Satz 2 ZVG unbeachtlich und hindert das Vollstreckungsgericht nicht, die zu Unrecht unterstellte Wirksamkeit des Gebots zu überprüfen. Denn nach § 79 ZVG ist das Gericht bei der erneuten Beschlussfassung über den Zuschlag ebenfalls nicht an seine bis dahin getroffenen Entscheidungen gebunden. Es soll damit in die Lage versetzt werden, das gesamte bisherige Versteigerungsverfahren neu und unabhängig von seinen früheren Entscheidungen zu würdigen (Senat, Beschl. v. 26. Oktober 2006, V ZB 188/05, NJW-RR 2007, 194, 197 [insoweit zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen]). Danach steht die zu Unrecht auf § 85a Abs. 1 ZVG gestützte Versagung des Zuschlags der nachträglichen Berücksichtigung des missbräuchlichen Bieterverhaltens ebenso wenig entgegen wie die fehlerhafte Zulassung des Gebots.
42
d) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde (ebenso Hasselblatt, NJW 2006, 1320, 1323; Hintzen, Rpfleger 2006, 145, 146 f.; Weis, BKR 2006, 120, 121) ist die erneute Überprüfung der Wirksamkeit des Gebots auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die fehlerhafte Versagung des Zuschlags nicht angefochten wurde und damit - jedenfalls formell - rechtskräftig ist.
43
aa) Nach der Rechtsprechung des Senats (Beschl. v. 26. Oktober 2006, V ZB 188/05, NJW-RR 2007, 194, 197 f.) sind nur die mit einem eigenen Rechtsmittelzug ausgestatteten Verfahren der Verkehrswertfestsetzung (§ 74a Abs. 5 ZVG), der einstweiligen Einstellung gemäß §§ 30 a bis 30 f ZVG und des Vollstreckungsschutzes nach § 765a ZPO von der Regelung des § 79 ZVG ausgenommen. Im Übrigen erfasst die Vorschrift alle Vorentscheidungen des Vollstreckungsgerichts, die von der Rechtsmittelinstanz nicht überprüft worden sind. Das schließt auch die nach § 95 ZVG anfechtbaren Entscheidungen über die Anordnung, Aufhebung, einstweilige Einstellung und Fortsetzung des Verfahrens ein. Denn die Anfechtbarkeit dieser Zwischenentscheidungen beruht auf ihrer besonderen Bedeutung für das weitere Verfahren und lässt deshalb nicht den Schluss zu, dass die von § 79 ZVG bezweckte Überprüfung der Rechtmäßigkeit des gesamten Verfahrens diese grundlegenden Entscheidungen nicht erfassen soll. Nichts anderes gilt für die nach §§ 96 ff. ZVG, 567 ff. ZPO anfechtbare Entscheidung über die Versagung des Zuschlags. Denn auch sie wirkt nach § 86 ZVG grundsätzlich wie eine einstweilige Einstellung oder wie die Aufhebung des Verfahrens; wegen der Rechtsfolgen des § 85a Abs. 2 Satz 2 ZVG bleibt ihre Rechtmäßigkeit für die erneute Beschlussfassung über den Zuschlag auch dann von Bedeutung, wenn das Verfahren - wie hier - nach §§ 85a Abs. 2 Satz 1, 74 a Abs. 3 Satz 1 ZVG von Amts wegen fortgesetzt worden ist. Ihre Anfechtbarkeit steht einer Überprüfung nach § 79 ZVG daher ebenso wenig entgegen wie in den Fällen des § 95 ZVG (Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 79 Rdn. 4.5).
44
bb) Ob der - nicht mehr abänderbare - Beschluss über die Versagung des Zuschlags gleichwohl der materiellen Rechtskraft fähig ist, bedarf keiner Entscheidung. Denn selbst wenn dies der Fall wäre, erwüchse nach allgemeinen Grundsätzen (vgl. nur Senat, Urt. v. 13. November 1998, V ZR 29/98, NJWRR 1999, 376, 377) nur der Ausspruch über die Versagung des Zuschlags in Rechtskraft, nicht aber die ihm zugrunde liegende Beurteilung der - für § 85a Abs. 2 Satz 2 ZVG entscheidenden - Vorfrage nach der Wirksamkeit des missbräuchlich abgegebenen Gebots.
45
6. Nach alledem hat das Beschwerdegericht die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 3. Februar 2006 zu Recht zurückgewiesen.

IV.


46
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Verpflichtung der Beteiligten zu 1, die Gerichtsgebühren zu tragen, ergibt sich aus dem Gesetz; eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet bei Beschwerden in Zwangsversteigerungssachen grundsätzlich nicht statt (Senat, Beschl. v. 21. September 2006, V ZB 76/06, WM 2006, 2266, 2267 m.w.N.). Der Wert der Rechtsbeschwerde ist gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG nach dem Wert des Zuschlags zu bestimmen , dessen Erteilung die Beteiligte zu 1 erstrebt. Er entspricht damit dem Meistgebot des Beteiligten zu 3 (§ 54 Abs. 2 Satz 1 GKG).
Krüger RiBGH Dr. Klein ist infolge Lemke Urlaubs an der Unterschrift gehindert. Krüger Schmidt-Räntsch Roth
Vorinstanzen:
AG Wuppertal, Entscheidung vom 03.02.2006 - 402 K 12/04 -
LG Wuppertal, Entscheidung vom 17.05.2006 - 6 T 138/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 76/06
vom
21. September 2006
in der Zwangsversteigerungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Hat ein Vertreter die Unterwerfung des Schuldners unter die sofortige Zwangsvollstreckung
aus einer Urkunde erklärt, ist die Zwangsvollstreckung nur zulässig, wenn
die Vollmacht des Vertreters oder - bei vollmachtlosem Handeln - die Genehmigung
von dessen Erklärungen seitens des Vertretenen durch öffentlich oder öffentlich beglaubigte
Urkunden dem Schuldner zugestellt worden sind oder mit dem Beginn der
Vollstreckung zugestellt werden.
BGH, Beschl. v. 21. September 2006 - V ZB 76/06 - LG Braunschweig
AG Wolfenbüttel
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 21. September 2006 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke,
Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel der Schuldner werden der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig vom 10. Mai 2006 aufgehoben und der Beschluss des Amtsgerichts Wolfenbüttel vom 21. März 2006 abgeändert.
Den Erstehern wird der Zuschlag des Grundstücks versagt.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 242.000 €

Gründe:

I.


1
W. , G. , J. , Dr. M. Wa. und ihre Schwestern E. Ge. , C. K. , J. G. und R. K. (im Folgenden: Geschwister Wa. ) waren Eigentümer des im Grundbuch von Wo. Band 138 Blatt 4958 eingetragenen Grundstücks. Mit Notarvertrag vom 5. Dezember 1991 verkauften sie das Grundstück an die Schuldner. Sie erklärten sich mit einer Belastung des Grundstücks zur Finanzierung des Kaufpreises einverstanden und ließen es den Schuldnern auf. Die Vertragsbeteiligen bevollmächtigten in der Vertragurkunde die Bürovorsteherin des Urkundsnotars, Frau C. , "unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB … die zur Kaufpreisfinanzierung erforderlichen Grundpfandrechte … zu den von den Darlehensgebern verlangten Bedingungen zu bestellen , die Vertragschließenden der Zwangsvollstreckung hinsichtlich der persönlichen und dinglichen Haftung zu unterwerfen und die hierfür erforderlichen Eintragungsanträge in ihrem Namen zu bewilligen und zu beantragen." Für sechs der Geschwister Wa. gab Frau C. die notwendigen Erklärungen "auf Grund mündlich erteilter Vollmacht" mit dem Versprechen ab, "unverzüglich notarielle Vollmacht nachzureichen".
2
Als Vertreterin der Geschwister Wa. und der Schuldner bestellte sie anschließend der C. bank AG (im Folgenden: C. bank) eine verzinsliche Buchgrundschuld, erklärte, die jeweiligen Eigentümer sollten der sofortigen Zwangsvollstreckung in das Grundstück unterworfen sein, und bewilligte und beantragte die Eintragung der Grundschuld. Die Erklärungen von Frau C. erfolgten wiederum "auf Grund mündlich erteilter Vollmacht" mit dem Versprechen "unverzüglich notarielle Vollmacht nachzureichen".
3
Am 2. Januar 1992 erteilte der Notar der C. bank eine vollstreckbare Ausfertigung der Bestellungsurkunde. Die Grundschuld wurde am 24. März 1992 mit einem Vermerk gem. § 800 ZPO eingetragen. Am 5. April 1992 wurden die Schuldner als Miteigentümer des Grundstücks mit jeweils hälftigem Anteil eingetragen. Die C. bank trat die Grundschuld am 22. Dezember 1992 an die Gläubigerin ab. Am 19. Februar 1993 schrieb der Notar die Vollstreckungsklausel auf die Gläubigerin um. Am 22. Februar 1993 wurde die Abtretung in das Grundbuch eingetragen. Am 22. März 1993 stellte die Gläubigerin den Schuldnern die vollstreckbare Ausfertigung der Urkunde zu. Die Zustel- lung der von Frau C. als nachzureichen versprochenen Vollmachtsurkunden unterblieb.
4
Die Gläubigerin betreibt aus der Grundschuld die Zwangsversteigerung des Grundstücks. Mit Beschluss vom 21. März 2006 hat das Amtsgericht den Erstehern das Grundstück zugeschlagen. Die sofortige Beschwerde der Schuldner gegen den Zuschlag ist ohne Erfolg geblieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde erstreben die Schuldner weiterhin die Aufhebung des Zuschlags.

II.


5
Das Beschwerdegericht meint, der Zuschlag sei den Erstehern zu Recht erteilt worden. Auf Grund der Unterwerfungserklärung in der Urkunde vom 5. Dezember 1991 hätten die Schuldner als Eigentümer des Grundstücks dessen Zwangsversteigerung zu dulden. In dem zuvor geschlossenen Kaufvertrag hätten alle Verkäufer und die Schuldner Frau C. zu ihrer Vertretung bevollmächtigt. Nach den Grundakten hätten diejenigen der Geschwister Wa. , die an der Notarverhandlung nicht teilgenommen hätten, die von Frau C. in ihrem Namen abgegebenen Erklärungen genehmigt. Der Zustellung dieser Erklärungen und der der Frau C. erteilten Vollmachten an die Schuldner habe es zur Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung in das Grundstück nicht bedurft.
6
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

III.


7
Hat ein Vertreter die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung erklärt, ist die Zwangsvollstreckung nur zulässig, wenn die Vollmacht des Vertreters oder die Genehmigung von dessen Erklärungen seitens des Vertretenen durch öffentlich oder öffentlich beglaubigte Urkunden dem Schuldner zugestellt worden sind oder mit dem Beginn der Vollstreckung zugestellt werden, § 750 Abs. 1, 2 ZPO.
8
Das in § 750 Abs. 1 ZPO bestimmte Zustellungserfordernis findet seinen Grund in der Struktur der Zwangsvollstreckung nach der Zivilprozessordnung. Die Vollstreckung erfolgt hiernach in der Regel nicht durch das Prozessgericht, sondern durch ein anderes Vollstreckungsorgan. Dieses ist zur Prüfung der Frage, ob der Titel zu Recht ergangen ist, weder berechtigt noch in der Lage. Ihm wird vielmehr durch die auf dem Titel angebrachte Vollstreckungsklausel in formalisierter Form dessen Vollstreckbarkeit vorgegeben. Das Verfahren zur Erteilung der Vollstreckungsklausel sieht eine Beteiligung des Schuldners jedoch nicht in jedem Falle vor. Zur Sicherung des Anspruchs des Schuldners auf Gewährung des rechtlichen Gehörs schreibt § 750 Abs. 1 ZPO daher vor, dass die Zwangsvollstreckung nicht vor der Zustellung des Titels beginnen darf. Die Zustellung macht dem Schuldner unmissverständlich klar, dass der Gläubiger die titulierte Forderung zwangsweise durchsetzen wird, unterrichtet den Schuldner über die förmlichen Grundlagen der Zwangsvollstreckung, gibt ihm Gelegenheit, die Zulässigkeit der Zwangsvollsteckung zu prüfen und Einwendungen gegen die Vollstreckung geltend zu machen (Rosenberg/Gaul/Schilken, Zwangsvollstreckungsrecht, 11. Aufl., § 22 I, S. 363), und warnt ihn letztmals vor der zwangsweisen Durchsetzung des titulierten Anspruchs (Musielak/Lackmann , ZPO, 4. Aufl., § 750 Rdn. 1).
9
Ist es auf Seiten des Schuldners oder des Gläubigers zu einer Rechtsnachfolge in den titulierten Anspruch gekommen oder hängt das Leistungsgebot aus dem Titel von Umständen außerhalb des Titels ab, folgt das Leistungsgebot nicht allein aus dem Titel. Zur Warnung des Schuldners reicht die Zustellung des Titels daher nicht aus. Gemäß § 750 Abs. 2 ZPO sind in diesem Fall deshalb auch die Vollstreckungsklausel und, sofern die Klausel aufgrund öffentlich oder öffentlich beglaubigter Urkunden erteilt worden ist, diese Urkunden dem Schuldner zuzustellen.
10
Hat ein Vertreter die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung erklärt, darf die vollstreckbare Ausfertigung nur erteilt werden, wenn auch die Wirksamkeit der Erklärung des Vertreters gegen den Vertretenen durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen wird (hM, vgl. BGH, Beschl. v. 16. Juli 2004, IXa ZB 326/03, NJW-RR 2004, 1718, 1719; BayObLGZ 1964, 75, 77; LG Bonn Rpfleger 1990, 374; MünchKommZPO /Wolfsteiner, 2. Aufl., § 794 Rdn. 265; Zöller/Stöber, ZPO, 25. Aufl., § 794 Rdn. 31; Walker in Schuschke/Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz , 3. Aufl., § 797 ZPO Rdn. 5; Wolfsteiner, Die vollstreckbare Urkunde, 2. Aufl., Rdn. 38.9; ders. MittRhNotK 1985, 113, 114; aM OLG Köln MDR 1969, 150 f., Musielak/Lackmann, ZPO, 4. Aufl., § 794 Rdn. 36; Stein/Jonas/Münzberg , ZPO, 22. Aufl., § 797 Rdn. 14; Münch, Vollstreckbare Urkunden und prozessualer Anspruch, S. 243). Folge hiervon ist, dass sich das in § 750 Abs. 2 ZPO bestimmte Zustellungserfordernis auf die Vollmachts- bzw. Genehmigungserklärungen erstreckt, aus denen die Wirksamkeit des Handelns des Vertreters gegen den Vertretenen folgt (LG Bonn Rpfleger 1990, 374; aM OLG Zweibrücken InVo 1999, 185, 186; LG Freiburg Rpfleger 2005, 100, 101; vgl. ferner Senat, Beschl. v. 14. April 2005, V ZB 9/05, NJW-RR 2005, 1359, 1360). Ob die von dem Vertreter in Anspruch genommene Vertretungsmacht gegeben war oder ob die Erklärungen des Vertreters durch Genehmigung des Vertretenen gegen diesen wirksam geworden sind, ist insoweit ohne Bedeutung. Das Vollstreckungsverfahren ist formalisiert. Nur die Zustellung der von dem Vertreter behaupteten Vollmacht bzw. der zur Wirksamkeit der abgegebenen Erklärungen gegen den Vertretenen erteilten Genehmigungen in der von § 750 Abs. 2 ZPO vorgeschriebenen Form gewährleistet, dass der Schuldner vollständig und in derselben Weise wie das Organ, das die vollstreckbare Ausfertigung des Titels erteilt hat, über die Grundlagen und Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung unterrichtet und in die Lage versetzt ist, die Voraussetzungen der Vollstreckung zu prüfen.
11
Das ist im Fall der Vollstreckung in ein Grundstück zur Durchsetzung eines mit einem Vermerk gemäß § 800 Abs. 1 ZPO in das Grundbuch eingetragenen Rechts nur insofern anders, als gemäß § 800 Abs. 2 ZPO der Erwerb des Eigentums als Voraussetzung der Erteilung der Vollstreckungsklausel gegen den als Eigentümer Eingetragenen nicht durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden geführt werden muss und daher nicht von dem Zustellungserfordernis erfasst wird. Zu einer weiteren Erleichterung für den Gläubiger führt die von dem Grundbuchamt bei der Eintragung des Rechts und des Vermerks nach § 800 Abs. 1 ZPO vorzunehmende Prüfung der Voraussetzungen der Eintragung nicht.

IV.


12
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Gerichtskosten fallen weder für die sofortige Beschwerde noch für die Rechtsbeschwerde an (vgl. Nr. 2240 bis 2243 KV-GKG). Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Schuldner kommt nicht in Betracht, weil sich die Beteiligten des Zwangsverstei- gerungsverfahrens grundsätzlich nicht als Parteien im Sinne der Zivilprozessordnung gegenüber stehen (Senat, Beschl. v. 20. Juli 2006, V ZB 168/05, zur Veröffentlichung bestimmt; ferner Beschl. v. 18. Mai 2005, V ZB 142/05, WM 2006, 1727, 1730; OLG Hamburg MDR 1957, 590; Stöber, ZVG, 14. Aufl., § 99 Rdn. 2 Anm. 2.5).
Krüger Klein Lemke
Schmidt-Räntsch Roth

Vorinstanzen:
AG Wolfenbüttel, Entscheidung vom 21.03.2006 - 23 K 15/04 -
LG Braunschweig, Entscheidung vom 10.05.2006 - 4 T 349/06 (35) -

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) Bei der Zwangsversteigerung von Grundstücken sind die Gebühren für das Verfahren im Allgemeinen und für die Abhaltung des Versteigerungstermins nach dem gemäß § 74a Absatz 5 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung festgesetzten Wert zu berechnen. Ist ein solcher Wert nicht festgesetzt, ist der Einheitswert maßgebend. Weicht der Gegenstand des Verfahrens vom Gegenstand der Einheitsbewertung wesentlich ab oder hat sich der Wert infolge bestimmter Umstände, die nach dem Feststellungszeitpunkt des Einheitswerts eingetreten sind, wesentlich verändert oder ist ein Einheitswert noch nicht festgestellt, ist der nach den Grundsätzen der Einheitsbewertung geschätzte Wert maßgebend. Wird der Einheitswert nicht nachgewiesen, ist das Finanzamt um Auskunft über die Höhe des Einheitswerts zu ersuchen; § 30 der Abgabenordnung steht der Auskunft nicht entgegen.

(2) Die Gebühr für die Erteilung des Zuschlags bestimmt sich nach dem Gebot ohne Zinsen, für das der Zuschlag erteilt ist, einschließlich des Werts der nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleibenden Rechte zuzüglich des Betrags, in dessen Höhe der Ersteher nach § 114a des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung als aus dem Grundstück befriedigt gilt. Im Fall der Zwangsversteigerung zur Aufhebung einer Gemeinschaft vermindert sich der Wert nach Satz 1 um den Anteil des Erstehers an dem Gegenstand des Verfahrens; bei Gesamthandeigentum ist jeder Mitberechtigte wie ein Eigentümer nach dem Verhältnis seines Anteils anzusehen.

(3) Die Gebühr für das Verteilungsverfahren bestimmt sich nach dem Gebot ohne Zinsen, für das der Zuschlag erteilt ist, einschließlich des Werts der nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleibenden Rechte. Der Erlös aus einer gesonderten Versteigerung oder sonstigen Verwertung (§ 65 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung) wird hinzugerechnet.

(4) Sind mehrere Gegenstände betroffen, ist der Gesamtwert maßgebend.

(5) Bei Zuschlägen an verschiedene Ersteher wird die Gebühr für die Erteilung des Zuschlags von jedem Ersteher nach dem Wert der auf ihn entfallenden Gegenstände erhoben. Eine Bietergemeinschaft gilt als ein Ersteher.