Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Juli 2012 - V ZB 7/12
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Auf Antrag der Beteiligten zu 4 wurde im Jahr 2005 die Zwangsversteigerung eines den Beteiligten zu 1 und 2 gehörenden Grundstücks angeordnet. Im Januar 2011 setzte das Vollstreckungsgericht einen Versteigerungstermin auf den 24. März 2011 an.
- 2
- Im Februar 2011 beantragte der Beteiligte zu 9, der Sohn der Schuldner, seinen Beitritt zu dem Verfahren zuzulassen. Gestützt wurde der Antrag darauf, dass er die den unter Nr. 9 und Nr. 11 - zu Lasten des Miteigentumsanteils des Beteiligten zu 1 - eingetragenen Zwangssicherungshypotheken zugrunde liegen- den Forderungen durch Zahlung eines Vergleichsbetrages von 10.000 € abgelöst habe. Der Gläubiger habe daraufhin Löschungsbewilligungen erteilt, und der Be- teiligte zu 1 habe die Eintragung entsprechender Grundschulden zu seinen (des Beteiligten zu 9) Gunsten bewilligt. Außerdem begründete der Beteiligte zu 9 den Antrag damit, dass ihm Räumlichkeiten in dem zu versteigernden Objekt vermietet seien, die er seinerseits an eine Gesellschaft mit Sitz in der Schweiz untervermietet habe.
- 3
- Vor dem Versteigerungstermin beantragte der Beteiligte zu 9, abweichende Versteigerungsbedingungen festzulegen. Zum einen sollten die Zwangssicherungshypotheken in das geringste Gebot eingestellt werden. Zum anderen sollte die Ausübung des Sonderkündigungsrechts nach § 57a ZVG bis zum 31. September 2013 ausgeschlossen sein. Der Antrag enthielt ferner den Hinweis, dass die Miete durch Mitarbeit bei der Untermieterin abgegolten sei, der Mieter einen Baukostenzuschuss sowie Mietvorauszahlungen in Höhe von insgesamt 110.000 € geleistet habe und dass die Vermieter sich vertraglich zur Übernahme von Sauna und Solarium und im Gegenzug zur Zahlung einer Abfindung von 6.000 € zum Mietende verpflichtet hätten.
- 4
- Das Vollstreckungsgericht wies den Antrag im Termin am 24. März 2011 mit der Begründung zurück, hinsichtlich der (brieflosen) Rechte aus der Abt. III Nr. 9 und 11 sei der Nachweis ihrer Abtretung an den Beteiligten zu 9 durch Eintragung in das Grundbuch nicht erbracht; hinsichtlich der Ausübung des Sonderkündigungsrechts könne der Antrag mangels Nachweises zur Zeit nicht gestellt werden, da nur eine Kopie von zwei Seiten eines Mietvertrages nebst Lageplan, nicht aber der Originalmietvertrag und Originalzahlungsbelege vorlägen.
- 5
- Der Zuschlag ist der Beteiligten zu 10 auf ihr Gebot von 760.000 € erteilt worden. Die dagegen gerichteten Beschwerden der Beteiligten zu 1 und zu 9 hat das Landgericht zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Die Beteiligten zu 1 und 9 beantragen, ihnen für die Durchführung des Rechtsbeschwerdeverfahrens Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
II.
- 6
- Dem Antrag des Beteiligten zu 9 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist nicht zu entsprechen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 Satz 1 ZPO). Dass das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde zugelassen hat, begründet die notwendige Erfolgsaussicht nicht (vgl. Senat, Beschluss vom 13. Dezember 2007 - V ZB 110/07 u.a., Rn. 5 juris). Erforderlich ist vielmehr, dass die anzufechtende Entscheidung ungeklärte Rechtsfragen aufwirft oder in der Sache unzutreffend ist. Daran fehlt es hinsichtlich des Beteiligten zu 9.
- 7
- 1. Eine Zulassung des Beitritts des Beteiligten zu 9 zu dem Verfahren kam nicht in Betracht, weil er die für den Beginn der Zwangsvollstreckung erforderlichen Urkunden nicht vorgelegt hat (vgl. § 27 Abs. 1 i.V.m. § 16 Abs. 2 ZVG). Die von dem Beteiligten zu 9 daneben erstrebte Anmeldung als Beteiligter im Sinne von § 9 Nr. 2 ZVG ist von dem Vollstreckungsgericht berücksichtigt worden.
- 8
- 2. Aus der Zurückweisung des von dem Beteiligten zu 9 gestellten Antrags, ein abweichendes geringstes Gebot festzustellen, folgt kein Zuschlagsversagungsgrund (§ 83 Nr. 1 ZVG). Ein etwaiger Verfahrensmangel wäre nach § 84 Abs. 1 ZVG geheilt, weil auszuschließen ist, dass Rechte des Beteiligten zu 9 beeinträchtigt worden sind. Denn dieser ist, wie das Beschwerdegericht zutreffend ausführt, mangels Eintragung im Grundbuch nicht Gläubiger der Hypotheken, die in das geringste Gebot aufgenommen werden sollten, und seine Rechte als Mieter können nicht dadurch beeinträchtigt sein, dass die Hypotheken infolge des Zuschlags erlöschen.
- 9
- 3. Soweit der Antrag des Beteiligten zu 9 zurückgewiesen worden ist, abweichende Bedingungen in Bezug auf das Sonderkündigungsrecht festzustellen, liegt schon kein Verfahrensfehler vor. Das Vollstreckungsgericht durfte den Antrag zurückweisen, nachdem derBeteiligte zu 9 trotz rechtzeitiger Aufforderung weder den vollständigen Mietvertrag im Original noch Nachweise über die behaupteten Mietvorauszahlungen bzw. den Baukostenzuschuss vorgelegt hatte. Besteht der Verdacht, dass die Möglichkeit, abweichende Versteigerungsbedingungen zu verlangen , rechtsmissbräuchlich genutzt wird, kann das Vollstreckungsgericht den Antragsteller auffordern, sein Vorgehen zu erläutern, oder sich auf andere Weise von der Ernsthaftigkeit des Antrags überzeugen; hierzu gehört die Möglichkeit, die Vorlage von Originalunterlagen zu verlangen (vgl. Hintzen inDassler/Schiffhauer/ Hintzen/Engels/Rellermeyer, ZVG, 13. Aufl., § 59 Rn. 7). Ein solcher Verdacht lag hier nicht fern. Die Nachreichung der erforderten Unterlagen im Beschwerdeverfahren genügt nicht; denn die Anfechtung des Zuschlags kann nur auf Gründe gestützt werden, die im Zeitpunkt der Zuschlagsverkündung vorgelegen haben (vgl. § 100 Abs. 1 ZVG sowie Stöber, ZVG, 20. Aufl., § 100 Anm. 2.4).
- 10
- 4. Darauf, dass den Bietinteressenten bestimmte Unterlagen oder Informationen vorenthalten worden sein sollen, kann der Beteiligte zu 9 eine Zuschlagsbeschwerde nicht stützen (§ 100 Abs. 2 ZVG).
- 11
- 5. Eine mögliche Verletzung der Soll-Vorschrift des § 41 Abs. 2 ZVG erfüllt keinen der Zuschlagsversagungsgründe des § 83 ZVG.
Vorinstanzen:
AG Bad Homburg, Entscheidung vom 24.03.2011 - 63 K 72/05 -
LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 09.01.2012 - 2-9 T 182/11 -
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Der Ersteher ist berechtigt, das Miet- oder Pachtverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist zu kündigen. Die Kündigung ist ausgeschlossen, wenn sie nicht für den ersten Termin erfolgt, für den sie zulässig ist.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
In dem Verfahren gelten als Beteiligte, außer dem Gläubiger und dem Schuldner:
- 1.
diejenigen, für welche zur Zeit der Eintragung des Vollstreckungsvermerks ein Recht im Grundbuch eingetragen oder durch Eintragung gesichert ist; - 2.
diejenigen, welche ein der Zwangsvollstreckung entgegenstehendes Recht, ein Recht an dem Grundstück oder an einem das Grundstück belastenden Recht, einen Anspruch mit dem Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück oder ein Miet- oder Pachtrecht, auf Grund dessen ihnen das Grundstück überlassen ist, bei dem Vollstreckungsgericht anmelden und auf Verlangen des Gerichts oder eines Beteiligten glaubhaft machen.
Der Zuschlag ist zu versagen:
- 1.
wenn die Vorschrift des § 43 Abs. 2 oder eine der Vorschriften über die Feststellung des geringsten Gebots oder der Versteigerungsbedingungen verletzt ist; - 2.
wenn bei der Versteigerung mehrerer Grundstücke das Einzelausgebot oder das Gesamtausgebot den Vorschriften des § 63 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 zuwider unterblieben ist; - 3.
wenn in den Fällen des § 64 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 die Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld oder das Recht eines gleich- oder nachstehenden Beteiligten, der dem Gläubiger vorgeht, durch das Gesamtergebnis der Einzelausgebote nicht gedeckt werden; - 4.
wenn die nach der Aufforderung zur Abgabe von Geboten erfolgte Anmeldung oder Glaubhaftmachung eines Rechts ohne Beachtung der Vorschrift des § 66 Abs. 2 zurückgewiesen ist; - 5.
wenn der Zwangsversteigerung oder der Fortsetzung des Verfahrens das Recht eines Beteiligten entgegensteht; - 6.
wenn die Zwangsversteigerung oder die Fortsetzung des Verfahrens aus einem sonstigen Grund unzulässig ist; - 7.
wenn eine der Vorschriften des § 43 Abs. 1 oder des § 73 Abs. 1 verletzt ist; - 8.
wenn die nach § 68 Abs. 2 und 3 verlangte Sicherheitsleistung nicht bis zur Entscheidung über den Zuschlag geleistet worden ist.
(1) Die im § 83 Nr. 1 bis 5 bezeichneten Versagungsgründe stehen der Erteilung des Zuschlags nicht entgegen, wenn das Recht des Beteiligten durch den Zuschlag nicht beeinträchtigt wird oder wenn der Beteiligte das Verfahren genehmigt.
(2) Die Genehmigung ist durch eine öffentlich beglaubigte Urkunde nachzuweisen.
(1) Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, daß eine der Vorschriften der §§ 81, 83 bis 85a verletzt oder daß der Zuschlag unter anderen als den der Versteigerung zugrunde gelegten Bedingungen erteilt ist.
(2) Auf einen Grund, der nur das Recht eines anderen betrifft, kann weder die Beschwerde noch ein Antrag auf deren Zurückweisung gestützt werden.
(3) Die im § 83 Nr. 6, 7 bezeichneten Versagungsgründe hat das Beschwerdegericht von Amts wegen zu berücksichtigen.
(1) Die Terminsbestimmung ist den Beteiligten zuzustellen.
(2) Im Laufe der vierten Woche vor dem Termin soll den Beteiligten mitgeteilt werden, auf wessen Antrag und wegen welcher Ansprüche die Versteigerung erfolgt.
(3) Als Beteiligte gelten auch diejenigen, welche das angemeldete Recht noch glaubhaft zu machen haben.
Der Zuschlag ist zu versagen:
- 1.
wenn die Vorschrift des § 43 Abs. 2 oder eine der Vorschriften über die Feststellung des geringsten Gebots oder der Versteigerungsbedingungen verletzt ist; - 2.
wenn bei der Versteigerung mehrerer Grundstücke das Einzelausgebot oder das Gesamtausgebot den Vorschriften des § 63 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 zuwider unterblieben ist; - 3.
wenn in den Fällen des § 64 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 die Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld oder das Recht eines gleich- oder nachstehenden Beteiligten, der dem Gläubiger vorgeht, durch das Gesamtergebnis der Einzelausgebote nicht gedeckt werden; - 4.
wenn die nach der Aufforderung zur Abgabe von Geboten erfolgte Anmeldung oder Glaubhaftmachung eines Rechts ohne Beachtung der Vorschrift des § 66 Abs. 2 zurückgewiesen ist; - 5.
wenn der Zwangsversteigerung oder der Fortsetzung des Verfahrens das Recht eines Beteiligten entgegensteht; - 6.
wenn die Zwangsversteigerung oder die Fortsetzung des Verfahrens aus einem sonstigen Grund unzulässig ist; - 7.
wenn eine der Vorschriften des § 43 Abs. 1 oder des § 73 Abs. 1 verletzt ist; - 8.
wenn die nach § 68 Abs. 2 und 3 verlangte Sicherheitsleistung nicht bis zur Entscheidung über den Zuschlag geleistet worden ist.