Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Aug. 2012 - V ZB 47/12

bei uns veröffentlicht am30.08.2012
vorgehend
Amtsgericht Bingen am Rhein, 110 XIV 29/11 B, 22.12.2011
Landgericht Mainz, 8 T 13/12, 07.02.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 47/12
vom
30. August 2012
in der Abschiebungshaftsache
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. August 2012 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter Prof. Dr. Schmidt-Räntsch,
die Richterin Dr. Stresemann, den Richter Dr. Czub und die Richterin Weinland

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird festgestellt, dass der Beschluss des Amtsgerichts Bingen am Rhein vom 22. Dezember 2011 und der Beschluss der 8. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 7. Februar 2012 ihn in seinen Rechten verletzt haben. Gerichtskosten werden in allen Instanzen nicht erhoben. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen in allen Instanzen werden dem Kreis Vulkaneifel auferlegt. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 3.000 €.

Gründe:

I.

1
Der im Dezember 2010 unerlaubt eingereiste Betroffene ist nach bestandskräftiger Ablehnung seines Asylantrags vollziehbar ausreisepflichtig. Im September 2011 wurde er wegen eines Ladendiebstahls festgenommen und befand sich bis zum 29. November 2011 in Strafhaft.
2
Da er angab, algerischer Staatsangehöriger zu sein, wurde der Betroffene zunächst der algerischen Botschaft vorgeführt. Im Rahmen eines parallel eingeleiteten Passersatzpapierverfahrens bei den tunesischen Behörden stellte sich heraus, dass er tunesischer Staatsbürger ist.
3
Das Amtsgericht, das bereits mit Beschluss vom 22. September 2011 Abschiebungshaft gegen ihn bis zum 22. Dezember 2011 angeordnet hatte, hat die Haftanordnung auf Antrag der beteiligten Behörde mit Beschluss vom 22. Dezember 2011 um drei Monate verlängert. Die dagegen gerichtete Beschwerde ist von dem Landgericht zurückgewiesen worden. Mit der Rechtsbeschwerde möchte der inzwischen aus der Haft entlassene Betroffene festgestellt wissen, dass der Beschluss des Amtsgerichts vom 22. Dezember 2011 und der Beschluss des Landgerichts ihn in seinen Rechten verletzt haben.

II.

4
Nach Ansicht des Beschwerdegerichts ist die Abschiebungshaft zu Recht um weitere drei Monate verlängert worden. Die Haftgründe des § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 5 AufenthG aF hätten vorgelegen. Der Haftantrag sei dem Betroffenen bei der Anhörung vor dem Amtsgericht mitgeteilt worden. Die Verlängerung sei erforderlich gewesen, weil der Betroffene zwei Tage vor der für den 22. Dezember 2011 geplanten Abschiebung erklärt habe, er werde Widerstand leisten. Die deshalb erforderliche begleitete Rückführung habe in der Kürze der Zeit nicht organisiert werden können.

III.

5
Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.
6
1. Die Haftverlängerung war schon deshalb rechtswidrig, weil es an einem zulässigen Haftverlängerungsantrag nach § 417 FamFG fehlte. Das Vorliegen eines zulässigen Haftantrags ist eine in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende Verfahrensvoraussetzung (Senat, Beschluss vom 29. April 2010 - V ZB 218/09, FGPrax 2010, 210, 211, Rn. 12; Beschluss vom 22. Juli 2010 - V ZB 28/10, NVwZ 2010, 1511, 1512, Rn. 7). Der Haftantrag muss nach § 417 Abs. 2 Satz 1 FamFG begründet werden. Erforderlich sind Darlegungen zu der zweifelsfreien Ausreisepflicht, zu den Abschiebungsvoraussetzungen , zu der Erforderlichkeit der Haft, zu der Durchführbarkeit der Abschiebung und zu der notwendigen Haftdauer (§ 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 5 FamFG). Ein Verstoß gegen den Begründungszwang führt zur Unzulässigkeit des Haftantrags (Senat, Beschluss vom 29. April 2010 - V ZB 218/09, aaO, Rn. 14; Beschluss vom 22. Juli 2010 - V ZB 28/10, aaO, Rn. 8; Beschluss vom 7. April 2011 - V ZB 133/10, Rn. 7, juris).
7
Die nach § 417 Abs. 2 Satz 1 FamFG erforderlichen Darlegungen müssen auf den konkreten Fall zugeschnitten sein; sie dürfen sich nicht in Leerformeln und Textbausteinen erschöpfen (vgl. Senat, Beschluss vom 27. Oktober 2011 - V ZB 311/10, FGPrax 2012, 82, 83 Rn. 13 f.; Beschluss vom 15. September 2011 - V ZB 123/11, FGPrax 2011, 317, Rn. 9). Das gilt auch hinsichtlich der notwendigen Haftdauer (vgl. Senat, Beschluss vom 15. Dezember 2011 - V ZB 302/10, Rn. 16, juris; Beschluss vom 2. Februar 2011 - V ZB 190/11, Rn. 8, juris). Eine auf den konkreten Fall bezogene Erläuterung, warum eine kürzere Haftdauer nicht ausreicht, ist unverzichtbarer Bestandteil eines zulässigen Haftantrags. Denn die Abschiebungshaft ist nach § 62 Abs. 1 Satz 2 AufenthG auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken; die im Gesetz genannten Fristen von drei, sechs und zwölf Monaten (§ 62 Abs. 3 Satz 4, § 62 Abs. 4 AufenthG) bestimmen nicht die normale Dauer, sondern die obere Gren- ze der möglichen Haft (vgl. näher Senat, Beschluss vom 10. Mai 2012 - V ZB 246/11, Rn. 10, juris).
8
Diesen Anforderungen genügte der Antrag der beteiligten Behörde vom 20. Dezember 2011 nicht. Darin wird zwar nachvollziehbar dargelegt, dass eine Verlängerung der Haft über den 22. Dezember 2011 hinaus notwendig geworden war. Weshalb die Ankündigung des Betroffenen, sich gegen die Abschiebung zu wehren, eine Verlängerung der Haft um weitere drei Monate erforderte und eine Haft von kürzerer Dauer nicht ausreichte, um eine begleitete Abschiebung vorzubereiten, wird dagegen nicht erläutert. Der Antrag beschränkt sich insoweit auf die - universell einsetzbare und damit nicht ausreichende - Formulierung , die Haftdauer von drei Monaten sei erforderlich, "weil die Organisation der Abschiebung nach Tunesien möglicherweise diesen Zeitraum in Anspruch nehmen wird".
9
Die Anforderungen an die Begründung des Verlängerungsantrags waren nicht deshalb herabgesetzt, weil die für den 22. Dezember 2011 geplante Abschiebung aus Gründen nicht durchgeführt werden konnte, die von dem Betroffenen zu vertreten waren. Da die Abschiebungshaft nur zur Sicherung der Abschiebung zulässig ist, nicht aber als Beugehaft angeordnet oder aufrechterhalten werden darf (vgl. Senat, Beschluss vom 10. Juni 2010 - V ZB 204/09, NVwZ 2010, 1172, 1173, Rn. 22; Beschluss vom 15. Dezember 2011 - V ZB 302/10, Rn. 17, juris), kommt auch in einem solchen Fall eine Verlängerung der Haft nur um den Zeitraum in Betracht, der für die - dem Beschleunigungsgebot unterliegende - Vorbereitung und Durchführung der Abschiebung erforderlich ist.
10
2. Der Beschluss des Landgerichts gibt ferner Anlass zu dem Hinweis, dass die von dem Amtsgericht angeordnete Haftverlängerung auch deshalb rechtswidrig war, weil das Anhörungsprotokoll nicht erkennen lässt, dass dem Betroffenen der Haft(verlängerungs)antrag, wie nach der ständigen Rechtsprechung des Senats erforderlich, vor Erlass der Haftanordnung in Kopie ausgehändigt worden ist (vgl. Senat, Beschluss vom 21. Juli 2011 - V ZB 141/11, FGPrax 2011, 257, Rn. 8 f.; Beschluss vom 14. Juni 2012 - V ZB 284/11, Rn. 9, juris; Beschluss vom 14. Juni 2012 - V ZB 48/12, Rn. 10, juris). Festgehalten ist lediglich, dass dem Betroffenen der Antrag vom 20. Dezember 2011 "bekanntgegeben" worden ist. Das lässt auf eine nur mündliche Eröffnung des Haftantrags schließen. Eine solche genügt, anders als das Beschwerdegericht meint, nicht (vgl. näher Beschluss vom 14. Juni 2012 - V ZB 284/11, aaO).

IV.

11
Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 1 u. 2, § 83 Abs. 2, § 430 FamFG, Art. 5 Abs. 5 EMRK analog. Die Festsetzung des Beschwerdewerts folgt aus § 128c Abs. 2 KostO i.V.m. § 30 Abs. 2 KostO. Krüger Schmidt-Räntsch Stresemann Czub Weinland
Vorinstanzen:
AG Bingen am Rhein, Entscheidung vom 22.12.2011 - 110 XIV 29/11 B -
LG Mainz, Entscheidung vom 07.02.2012 - 8 T 13/12 -

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Aug. 2012 - V ZB 47/12

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Aug. 2012 - V ZB 47/12

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Aug. 2012 - V ZB 47/12 zitiert 4 §§.

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 62 Abschiebungshaft


(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 417 Antrag


(1) Die Freiheitsentziehung darf das Gericht nur auf Antrag der zuständigen Verwaltungsbehörde anordnen. (2) Der Antrag ist zu begründen. Die Begründung hat folgende Tatsachen zu enthalten:1.die Identität des Betroffenen,2.den gewöhnlichen Aufent

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 83 Kostenpflicht bei Vergleich, Erledigung und Rücknahme


(1) Wird das Verfahren durch Vergleich erledigt und haben die Beteiligten keine Bestimmung über die Kosten getroffen, fallen die Gerichtskosten jedem Teil zu gleichen Teilen zur Last. Die außergerichtlichen Kosten trägt jeder Beteiligte selbst. (

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 430 Auslagenersatz


Wird ein Antrag der Verwaltungsbehörde auf Freiheitsentziehung abgelehnt oder zurückgenommen und hat das Verfahren ergeben, dass ein begründeter Anlass zur Stellung des Antrags nicht vorlag, hat das Gericht die Auslagen des Betroffenen, soweit sie zu

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Aug. 2012 - V ZB 47/12 zitiert oder wird zitiert von 10 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Aug. 2012 - V ZB 47/12 zitiert 10 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Dez. 2011 - V ZB 302/10

bei uns veröffentlicht am 15.12.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 302/10 vom 15. Dezember 2011 in der Abschiebungshaftsache Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Dezember 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter Dr. Lemke, die Richterin Dr. St

Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Juli 2011 - V ZB 141/11

bei uns veröffentlicht am 21.07.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 141/11 vom 21. Juli 2011 in der Abschiebungshaftsache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja FamFG § 23 Abs. 2, § 417 In Verfahren der Abschiebungs-, Zurückschiebungs- und Zurückweisungshaft mu

Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Sept. 2011 - V ZB 123/11

bei uns veröffentlicht am 15.09.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 123/11 vom 15. September 2011 in der Abschiebungshaftsache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja FamFG § 417 Abs. 2 Satz 2 Ein Haftantrag ist nur zulässig, wenn er die in § 417 Abs. 2 Satz 2 FamF

Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Apr. 2011 - V ZB 133/10

bei uns veröffentlicht am 07.04.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 133/10 vom 7. April 2011 in der Abschiebungshaftsache Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. April 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richterin Dr. Stresemann, den Richter Dr. Czub

Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Apr. 2010 - V ZB 218/09

bei uns veröffentlicht am 29.04.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 218/09 vom 29. April 2010 in der Abschiebungshaftsache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja FamFG § 417 In Abschiebungshaftsachen muss aus den Verfahrensakten zu ersehen sein, dass der Haftanordnun

Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Juni 2010 - V ZB 204/09

bei uns veröffentlicht am 10.06.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 204/09 vom 10. Juni 2010 in der Freiheitsentziehungssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja FamFG §§ 417 Abs. 2 Satz 3, 26; AufenthG § 62 Abs. 2 Satz 1 a) Gerichtliche Entscheidungen, die eine

Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Mai 2012 - V ZB 246/11

bei uns veröffentlicht am 10.05.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 246/11 vom 10. Mai 2012 in der Abschiebungshaftsache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja FamFG § 417 Abs. 2 Ein Haftantrag ist nach § 417 Abs. 2 FamFG nur zulässig, wenn er die beantragte Haftd

Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Juli 2010 - V ZB 28/10

bei uns veröffentlicht am 22.07.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 28/10 vom 22. Juli 2010 in der Abschiebungshaftsache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja FamFG § 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 Werden in der Begründung des Haftantrags die Tatsachen, auf denen die Ausr

Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Juni 2012 - V ZB 48/12

bei uns veröffentlicht am 14.06.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 48/12 vom 14. Juni 2012 in der Abschiebungshaftsache Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Juni 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und Prof. Dr. Schmidt

Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Juni 2012 - V ZB 284/11

bei uns veröffentlicht am 14.06.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 284/11 vom 14. Juni 2012 in der Abschiebungshaftsache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja FamFG § 420 Der Haftantrag muss dem Betroffenen spätestens zu Beginn der Anhörung in Kopie ausgehändig

Referenzen

(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen Ausnahmefällen und nur so lange in Abschiebungshaft genommen werden, wie es unter Berücksichtigung des Kindeswohls angemessen ist.

(2) Ein Ausländer ist zur Vorbereitung der Ausweisung oder der Abschiebungsanordnung nach § 58a auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen, wenn über die Ausweisung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a nicht sofort entschieden werden kann und die Abschiebung ohne die Inhaftnahme wesentlich erschwert oder vereitelt würde (Vorbereitungshaft). Die Dauer der Vorbereitungshaft soll sechs Wochen nicht überschreiten. Im Falle der Ausweisung bedarf es für die Fortdauer der Haft bis zum Ablauf der angeordneten Haftdauer keiner erneuten richterlichen Anordnung.

(3) Ein Ausländer ist zur Sicherung der Abschiebung auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen (Sicherungshaft), wenn

1.
Fluchtgefahr besteht,
2.
der Ausländer auf Grund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist oder
3.
eine Abschiebungsanordnung nach § 58a ergangen ist, diese aber nicht unmittelbar vollzogen werden kann.
Von der Anordnung der Sicherungshaft nach Satz 1 Nummer 2 kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn der Ausländer glaubhaft macht, dass er sich der Abschiebung nicht entziehen will. Die Sicherungshaft ist unzulässig, wenn feststeht, dass aus Gründen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann; bei einem Ausländer, bei dem ein Fall des § 54 Absatz 1 Nummer 1 bis 1b oder Absatz 2 Nummer 1 oder 3 vorliegt und auf den nicht das Jugendstrafrecht angewendet wurde oder anzuwenden wäre, gilt abweichend ein Zeitraum von sechs Monaten. Abweichend von Satz 3 ist die Sicherungshaft bei einem Ausländer, von dem eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit ausgeht, auch dann zulässig, wenn die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann.

(3a) Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 wird widerleglich vermutet, wenn

1.
der Ausländer gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität täuscht oder in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise und in zeitlichem Zusammenhang mit der Abschiebung getäuscht hat und die Angabe nicht selbst berichtigt hat, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer unentschuldigt zur Durchführung einer Anhörung oder ärztlichen Untersuchung nach § 82 Absatz 4 Satz 1 nicht an dem von der Ausländerbehörde angegebenen Ort angetroffen wurde, sofern der Ausländer bei der Ankündigung des Termins auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle des Nichtantreffens hingewiesen wurde,
3.
die Ausreisefrist abgelaufen ist und der Ausländer seinen Aufenthaltsort trotz Hinweises auf die Anzeigepflicht gewechselt hat, ohne der zuständigen Behörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist,
4.
der Ausländer sich entgegen § 11 Absatz 1 Satz 2 im Bundesgebiet aufhält und er keine Betretenserlaubnis nach § 11 Absatz 8 besitzt,
5.
der Ausländer sich bereits in der Vergangenheit der Abschiebung entzogen hat oder
6.
der Ausländer ausdrücklich erklärt hat, dass er sich der Abschiebung entziehen will.

(3b) Konkrete Anhaltspunkte für Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 können sein:

1.
der Ausländer hat gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise getäuscht und hat die Angabe nicht selbst berichtigt, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer hat zu seiner unerlaubten Einreise erhebliche Geldbeträge, insbesondere an einen Dritten für dessen Handlung nach § 96, aufgewandt, die nach den Umständen derart maßgeblich sind, dass daraus geschlossen werden kann, dass er die Abschiebung verhindern wird, damit die Aufwendungen nicht vergeblich waren,
3.
von dem Ausländer geht eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit aus,
4.
der Ausländer ist wiederholt wegen vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu mindestens einer Freiheitsstrafe verurteilt worden,
5.
der Ausländer hat die Passbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 nicht erfüllt oder der Ausländer hat andere als die in Absatz 3a Nummer 2 genannten gesetzlichen Mitwirkungshandlungen zur Feststellung der Identität, insbesondere die ihm nach § 48 Absatz 3 Satz 1 obliegenden Mitwirkungshandlungen, verweigert oder unterlassen und wurde vorher auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle der Nichterfüllung der Passersatzbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 oder der Verweigerung oder Unterlassung der Mitwirkungshandlung hingewiesen,
6.
der Ausländer hat nach Ablauf der Ausreisefrist wiederholt gegen eine Pflicht nach § 61 Absatz 1 Satz 1, Absatz 1a, 1c Satz 1 Nummer 3 oder Satz 2 verstoßen oder eine zur Sicherung und Durchsetzung der Ausreisepflicht verhängte Auflage nach § 61 Absatz 1e nicht erfüllt,
7.
der Ausländer, der erlaubt eingereist und vollziehbar ausreisepflichtig geworden ist, ist dem behördlichen Zugriff entzogen, weil er keinen Aufenthaltsort hat, an dem er sich überwiegend aufhält.

(4) Die Sicherungshaft kann bis zu sechs Monaten angeordnet werden. Sie kann in Fällen, in denen die Abschiebung aus von dem Ausländer zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden kann, um höchstens zwölf Monate verlängert werden. Eine Verlängerung um höchstens zwölf Monate ist auch möglich, soweit die Haft auf der Grundlage des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 3 angeordnet worden ist und sich die Übermittlung der für die Abschiebung erforderlichen Unterlagen oder Dokumente durch den zur Aufnahme verpflichteten oder bereiten Drittstaat verzögert. Die Gesamtdauer der Sicherungshaft darf 18 Monate nicht überschreiten. Eine Vorbereitungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen.

(4a) Ist die Abschiebung gescheitert, bleibt die Anordnung bis zum Ablauf der Anordnungsfrist unberührt, sofern die Voraussetzungen für die Haftanordnung unverändert fortbestehen.

(5) Die für den Haftantrag zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn

1.
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 3 Satz 1 besteht,
2.
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und
3.
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Sicherungshaft entziehen will.
Der Ausländer ist unverzüglich dem Richter zur Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft vorzuführen.

(6) Ein Ausländer kann auf richterliche Anordnung zum Zwecke der Abschiebung für die Dauer von längstens 14 Tagen zur Durchführung einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, bei den Vertretungen oder ermächtigten Bediensteten des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, persönlich zu erscheinen, oder eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung seiner Reisefähigkeit durchführen zu lassen, in Haft genommen werden, wenn er

1.
einer solchen erstmaligen Anordnung oder
2.
einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, zu einem Termin bei der zuständigen Behörde persönlich zu erscheinen,
unentschuldigt ferngeblieben ist und der Ausländer zuvor auf die Möglichkeit einer Inhaftnahme hingewiesen wurde (Mitwirkungshaft). Eine Verlängerung der Mitwirkungshaft ist nicht möglich. Eine Mitwirkungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen. § 62a Absatz 1 findet entsprechende Anwendung.

(1) Die Freiheitsentziehung darf das Gericht nur auf Antrag der zuständigen Verwaltungsbehörde anordnen.

(2) Der Antrag ist zu begründen. Die Begründung hat folgende Tatsachen zu enthalten:

1.
die Identität des Betroffenen,
2.
den gewöhnlichen Aufenthaltsort des Betroffenen,
3.
die Erforderlichkeit der Freiheitsentziehung,
4.
die erforderliche Dauer der Freiheitsentziehung sowie
5.
in Verfahren der Abschiebungs-, Zurückschiebungs- und Zurückweisungshaft die Verlassenspflicht des Betroffenen sowie die Voraussetzungen und die Durchführbarkeit der Abschiebung, Zurückschiebung und Zurückweisung.
Die Behörde soll in Verfahren der Abschiebungshaft mit der Antragstellung die Akte des Betroffenen vorlegen.

(3) Tatsachen nach Absatz 2 Satz 2 können bis zum Ende der letzten Tatsacheninstanz ergänzt werden.

12
a) Im Zeitpunkt der Haftanordnung lag nach dem Inhalt der Verfahrensakten ein rechtswirksamer Antrag auf Anordnung der Freiheitsentziehung (§ 417 FamFG) nicht vor. Das Vorliegen eines solchen Antrags ist jedoch Verfahrensvoraussetzung und daher in jeder Lage des Verfahrens zu prüfen (Senat , Beschl. v. 30. März 2010, V ZB 79/10, juris, Rdn. 7).
7
a) Das Vorliegen eines zulässigen Antrages der zuständigen Verwaltungsbehörde nach § 417 FamFG ist Verfahrensvoraussetzung und in jeder Lage des Verfahrens zu prüfen (Senat, Beschl. v. 30. März 2010, V ZB 79/10, Rn. 7; Senat, Beschl. v. 29. April 2010, V ZB 218/09, Rn. 12, juris).

(1) Die Freiheitsentziehung darf das Gericht nur auf Antrag der zuständigen Verwaltungsbehörde anordnen.

(2) Der Antrag ist zu begründen. Die Begründung hat folgende Tatsachen zu enthalten:

1.
die Identität des Betroffenen,
2.
den gewöhnlichen Aufenthaltsort des Betroffenen,
3.
die Erforderlichkeit der Freiheitsentziehung,
4.
die erforderliche Dauer der Freiheitsentziehung sowie
5.
in Verfahren der Abschiebungs-, Zurückschiebungs- und Zurückweisungshaft die Verlassenspflicht des Betroffenen sowie die Voraussetzungen und die Durchführbarkeit der Abschiebung, Zurückschiebung und Zurückweisung.
Die Behörde soll in Verfahren der Abschiebungshaft mit der Antragstellung die Akte des Betroffenen vorlegen.

(3) Tatsachen nach Absatz 2 Satz 2 können bis zum Ende der letzten Tatsacheninstanz ergänzt werden.

12
a) Im Zeitpunkt der Haftanordnung lag nach dem Inhalt der Verfahrensakten ein rechtswirksamer Antrag auf Anordnung der Freiheitsentziehung (§ 417 FamFG) nicht vor. Das Vorliegen eines solchen Antrags ist jedoch Verfahrensvoraussetzung und daher in jeder Lage des Verfahrens zu prüfen (Senat , Beschl. v. 30. März 2010, V ZB 79/10, juris, Rdn. 7).
7
a) Das Vorliegen eines zulässigen Antrages der zuständigen Verwaltungsbehörde nach § 417 FamFG ist Verfahrensvoraussetzung und in jeder Lage des Verfahrens zu prüfen (Senat, Beschl. v. 30. März 2010, V ZB 79/10, Rn. 7; Senat, Beschl. v. 29. April 2010, V ZB 218/09, Rn. 12, juris).
7
Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die zuständige Staatsanwaltschaft dem Beschwerdegericht ihr Einvernehmen mit der Abschiebung der Betroffenen telefonisch mitgeteilt und das Beschwerdegericht die Beteiligten in dem Termin zur Anhörung der Betroffenen davon unterrichtet hat. Damit entfiel zwar das deren Abschiebung entgegenstehende Hindernis, jedoch nicht die in der Beschwerdeinstanz nicht heilbare Verletzung des Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG. Ohne einen nach § 417 FamFG wirksamen Haftantrag durfte die Abschiebungshaft weder angeordnet noch verlängert werden (vgl. BVerfG, NVwZ-RR 2009, 304, 305; Senat, Beschlüsse vom 29. April 2010 - V ZB 218/09, NVwZ 2010, 1508, 1509 Rn. 19 und vom 22. Juli 2010 - V ZB 28/10, NVwZ 2010, 1511, 1512 Rn. 16). Einen erneuten Haftantrag vor dem Amtsgericht hat die Beteiligte zu 2 jedoch nicht gestellt.

(1) Die Freiheitsentziehung darf das Gericht nur auf Antrag der zuständigen Verwaltungsbehörde anordnen.

(2) Der Antrag ist zu begründen. Die Begründung hat folgende Tatsachen zu enthalten:

1.
die Identität des Betroffenen,
2.
den gewöhnlichen Aufenthaltsort des Betroffenen,
3.
die Erforderlichkeit der Freiheitsentziehung,
4.
die erforderliche Dauer der Freiheitsentziehung sowie
5.
in Verfahren der Abschiebungs-, Zurückschiebungs- und Zurückweisungshaft die Verlassenspflicht des Betroffenen sowie die Voraussetzungen und die Durchführbarkeit der Abschiebung, Zurückschiebung und Zurückweisung.
Die Behörde soll in Verfahren der Abschiebungshaft mit der Antragstellung die Akte des Betroffenen vorlegen.

(3) Tatsachen nach Absatz 2 Satz 2 können bis zum Ende der letzten Tatsacheninstanz ergänzt werden.

9
b) Den gesetzlichen Anforderungen an die Begründung genügt ein Haftantrag nicht schon dann, wenn darin "die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angegeben" werden, was nach § 23 Abs. 1 Satz 2 FamFG bei einem verfahrensleitenden Antrag erforderlich, aber auch ausreichend wäre. Der Gesetzgeber hat sich – abweichend von dem Vorschlag der Bundesregierung, die es dabei bewenden lassen wollte (Entwurfsbegründung zum FGG-ReformG in BT-Drucks 16/6308 S. 291) – dafür entschieden, an die Begründung eines Haftantrags strengere Anforderungen zu stellen und der Behörde mit dem heutigen § 417 Abs. 2 Satz 2 FamFG vorzuschreiben, zu welchen Punkten sich der Haftantrag zu verhalten hat (Beschlussempfehlung zum FFG-ReformG in BT-Drucks 16/9733 S. 299). Diese müssen in dem Haftantrag behandelt werden. Damit will der Gesetzgeber erreichen, dass dem Gericht schon durch den Antrag selbst eine hinreichende Tatsachengrundlage für die Einleitung weiterer Ermittlungen bzw. seine Entscheidung zugänglich werden (Beschlussempfehlung zum FFG-ReformG aaO; Senat, Beschluss vom 29. April 2010 - V ZB 218/09, FGPrax 2010, 210, 211 Rn. 14). Eine solche Darlegung gibt dem Betroffenen eine Grundlage für seine Verteidigung gegen den Haftantrag (vgl. Senat, Beschluss vom 22. Juli 2010 - V ZB 28/10, NVwZ 2010, 1511, 1512 Rn. 12). Danach bestimmen sich Inhalt und Umfang der dazu notwendigen Darlegungen. Sie dürfen knapp gehalten sein, müssen aber die für die richterliche Prüfung wesentlichen Punkte des Falls ansprechen.
16
(2) Diesen Anforderungen genügte der Haftverlängerungsantrag der Beteiligten zu 2 schon deshalb nicht, weil er keine Angaben zur Erforderlichkeit der Dauer der beantragten Haftverlängerung (§ 417 Abs. 2 Nr. 4 FamFG) enthielt. Diesem Begründungsgebot wird nicht entsprochen, wenn die Behörde - ohne jede Erläuterung - Abschiebungshaft bis zur jeweils höchstzulässigen Dauer beantragt (Senat, Beschluss vom 15. September 2011 - V ZB 123/11, Rn. 14, juris). Wird eine Haftverlängerung beantragt, ist dazu anzugeben, wann mit der Behebung des Hindernisses gerechnet werden kann, das einer Abschiebung des Betroffenen in den ersten drei Monaten des Vollzugs der Haft entgegenstand (im konkreten Fall: das Fehlen des für eine Rückführung des Betroffenen nach Marokko notwendigen Heimreisedokuments nach Art. 3 des Protokolls zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung des Königreichs Marokko über die Identifizierung und die Ausstellung von Heimreisedokumenten vom 22. April 1998 - BGBl. II 1998, 1148).

(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen Ausnahmefällen und nur so lange in Abschiebungshaft genommen werden, wie es unter Berücksichtigung des Kindeswohls angemessen ist.

(2) Ein Ausländer ist zur Vorbereitung der Ausweisung oder der Abschiebungsanordnung nach § 58a auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen, wenn über die Ausweisung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a nicht sofort entschieden werden kann und die Abschiebung ohne die Inhaftnahme wesentlich erschwert oder vereitelt würde (Vorbereitungshaft). Die Dauer der Vorbereitungshaft soll sechs Wochen nicht überschreiten. Im Falle der Ausweisung bedarf es für die Fortdauer der Haft bis zum Ablauf der angeordneten Haftdauer keiner erneuten richterlichen Anordnung.

(3) Ein Ausländer ist zur Sicherung der Abschiebung auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen (Sicherungshaft), wenn

1.
Fluchtgefahr besteht,
2.
der Ausländer auf Grund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist oder
3.
eine Abschiebungsanordnung nach § 58a ergangen ist, diese aber nicht unmittelbar vollzogen werden kann.
Von der Anordnung der Sicherungshaft nach Satz 1 Nummer 2 kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn der Ausländer glaubhaft macht, dass er sich der Abschiebung nicht entziehen will. Die Sicherungshaft ist unzulässig, wenn feststeht, dass aus Gründen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann; bei einem Ausländer, bei dem ein Fall des § 54 Absatz 1 Nummer 1 bis 1b oder Absatz 2 Nummer 1 oder 3 vorliegt und auf den nicht das Jugendstrafrecht angewendet wurde oder anzuwenden wäre, gilt abweichend ein Zeitraum von sechs Monaten. Abweichend von Satz 3 ist die Sicherungshaft bei einem Ausländer, von dem eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit ausgeht, auch dann zulässig, wenn die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann.

(3a) Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 wird widerleglich vermutet, wenn

1.
der Ausländer gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität täuscht oder in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise und in zeitlichem Zusammenhang mit der Abschiebung getäuscht hat und die Angabe nicht selbst berichtigt hat, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer unentschuldigt zur Durchführung einer Anhörung oder ärztlichen Untersuchung nach § 82 Absatz 4 Satz 1 nicht an dem von der Ausländerbehörde angegebenen Ort angetroffen wurde, sofern der Ausländer bei der Ankündigung des Termins auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle des Nichtantreffens hingewiesen wurde,
3.
die Ausreisefrist abgelaufen ist und der Ausländer seinen Aufenthaltsort trotz Hinweises auf die Anzeigepflicht gewechselt hat, ohne der zuständigen Behörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist,
4.
der Ausländer sich entgegen § 11 Absatz 1 Satz 2 im Bundesgebiet aufhält und er keine Betretenserlaubnis nach § 11 Absatz 8 besitzt,
5.
der Ausländer sich bereits in der Vergangenheit der Abschiebung entzogen hat oder
6.
der Ausländer ausdrücklich erklärt hat, dass er sich der Abschiebung entziehen will.

(3b) Konkrete Anhaltspunkte für Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 können sein:

1.
der Ausländer hat gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise getäuscht und hat die Angabe nicht selbst berichtigt, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer hat zu seiner unerlaubten Einreise erhebliche Geldbeträge, insbesondere an einen Dritten für dessen Handlung nach § 96, aufgewandt, die nach den Umständen derart maßgeblich sind, dass daraus geschlossen werden kann, dass er die Abschiebung verhindern wird, damit die Aufwendungen nicht vergeblich waren,
3.
von dem Ausländer geht eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit aus,
4.
der Ausländer ist wiederholt wegen vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu mindestens einer Freiheitsstrafe verurteilt worden,
5.
der Ausländer hat die Passbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 nicht erfüllt oder der Ausländer hat andere als die in Absatz 3a Nummer 2 genannten gesetzlichen Mitwirkungshandlungen zur Feststellung der Identität, insbesondere die ihm nach § 48 Absatz 3 Satz 1 obliegenden Mitwirkungshandlungen, verweigert oder unterlassen und wurde vorher auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle der Nichterfüllung der Passersatzbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 oder der Verweigerung oder Unterlassung der Mitwirkungshandlung hingewiesen,
6.
der Ausländer hat nach Ablauf der Ausreisefrist wiederholt gegen eine Pflicht nach § 61 Absatz 1 Satz 1, Absatz 1a, 1c Satz 1 Nummer 3 oder Satz 2 verstoßen oder eine zur Sicherung und Durchsetzung der Ausreisepflicht verhängte Auflage nach § 61 Absatz 1e nicht erfüllt,
7.
der Ausländer, der erlaubt eingereist und vollziehbar ausreisepflichtig geworden ist, ist dem behördlichen Zugriff entzogen, weil er keinen Aufenthaltsort hat, an dem er sich überwiegend aufhält.

(4) Die Sicherungshaft kann bis zu sechs Monaten angeordnet werden. Sie kann in Fällen, in denen die Abschiebung aus von dem Ausländer zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden kann, um höchstens zwölf Monate verlängert werden. Eine Verlängerung um höchstens zwölf Monate ist auch möglich, soweit die Haft auf der Grundlage des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 3 angeordnet worden ist und sich die Übermittlung der für die Abschiebung erforderlichen Unterlagen oder Dokumente durch den zur Aufnahme verpflichteten oder bereiten Drittstaat verzögert. Die Gesamtdauer der Sicherungshaft darf 18 Monate nicht überschreiten. Eine Vorbereitungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen.

(4a) Ist die Abschiebung gescheitert, bleibt die Anordnung bis zum Ablauf der Anordnungsfrist unberührt, sofern die Voraussetzungen für die Haftanordnung unverändert fortbestehen.

(5) Die für den Haftantrag zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn

1.
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 3 Satz 1 besteht,
2.
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und
3.
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Sicherungshaft entziehen will.
Der Ausländer ist unverzüglich dem Richter zur Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft vorzuführen.

(6) Ein Ausländer kann auf richterliche Anordnung zum Zwecke der Abschiebung für die Dauer von längstens 14 Tagen zur Durchführung einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, bei den Vertretungen oder ermächtigten Bediensteten des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, persönlich zu erscheinen, oder eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung seiner Reisefähigkeit durchführen zu lassen, in Haft genommen werden, wenn er

1.
einer solchen erstmaligen Anordnung oder
2.
einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, zu einem Termin bei der zuständigen Behörde persönlich zu erscheinen,
unentschuldigt ferngeblieben ist und der Ausländer zuvor auf die Möglichkeit einer Inhaftnahme hingewiesen wurde (Mitwirkungshaft). Eine Verlängerung der Mitwirkungshaft ist nicht möglich. Eine Mitwirkungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen. § 62a Absatz 1 findet entsprechende Anwendung.

10
cc) Die beteiligte Behörde hat zwar dargelegt, dass der Betroffene unerlaubt eingereist und deshalb kraft Gesetzes vollziehbar ausreisepflichtig war. Sie hat auch die Notwendigkeit der Abschiebung erläutert. Den gesetzlichen Anforderungen genügen aber ihre Darlegungen zu der Durchführbarkeit der Abschiebung nicht. Hier hat sie sich auf austauschbare formelhafte Ausführungen beschränkt. Ihren Ausführungen ist weder zu entnehmen, wie lange die Behörden der Türkei, in welche der Betroffene abgeschoben werden sollte, für die Ausstellung von Ersatzpapieren üblicherweise benötigen, noch, ob das davon abhängt, dass sich der Betroffene zu seiner Identität wahrheitsgemäß äußert , oder ob die Angaben des Betroffenen etwa durch eine Nachfrage bei den türkischen Behörden überprüft worden sind. Weshalb eine Haft von drei Monaten erforderlich erschien und eine Haft von kürzerer Dauer nicht ausreichte, wird nicht erläutert. Eine solche Erläuterung ist indessen unverzichtbarer Bestandteil eines zulässigen Haftantrags, weil die Abschiebungshaft nach § 62 Abs. 1 Satz 2 AufenthG auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken ist und die Frist von drei Monaten vorbehaltlich des § 62 Abs. 4 AufenthG die obere Grenze der möglichen Haft und nicht deren Normaldauer bestimmt. § 62 Abs. 1 Satz 2 AufenthG ist zwar nach Art. 13 des Gesetzes vom 22. November 2011 (BGBl. I S. 2258) erst am 26. November 2011 in Kraft getreten. Die Vorschrift setzt aber nahezu wörtlich eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten der Europäischen Union aus Art. 15 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 2008/115/EG vom 16. Dezember 2008 (ABl. EG Nr. L 348 S. 98) um, die seit dem Ablauf der Umsetzungsfrist am 24. Dezember 2010 (Art. 20 Abs. 1 der Richtlinie) auch schon vor dem Inkrafttreten der Umsetzungsvorschriften zu beachten war. Außerdem formuliert sie eine Anforderung, die sich schon aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergibt (Senat, Beschluss vom 17. Juni 2010 - V ZB 9/10, InfAuslR 2010, 384, 387 Rn. 27 zu beiden Gesichtspunkten für Art. 17 der Richtlinie).
22
Daran ändert sich nichts, wenn der Betroffene seine Mitwirkung im Verfahren verweigert. Die Ausländerbehörde ist dann gehalten, die Reisedokumente entweder ohne dessen Mitwirkung zu erlangen oder diese mit den gemäß der Rechtsordnung hierfür zur Verfügung stehenden Mitteln zu erzwingen (BayObLG , Beschl. v. 6. November 1998, 3Z BR 274/98, aaO). Dazu gehört die Abschiebehaft jedoch nicht, da sie sonst entgegen ihrer allein wesenseigenen Sicherungsfunktion zu einer Beugehaft mit repressivem Charakter würde, und als solche weder angeordnet noch aufrechterhalten werden darf (BayObLG, Beschl. v. 6. November 1998, 3Z BR 274/98, aaO; OLG Saarbrücken NVwZ 1997, Beilage Nr. 1, 3; OLG Dresden OLG-NL 2001, 189, 190; OLG Schleswig OLGR 2008, 304, 305).
16
(2) Diesen Anforderungen genügte der Haftverlängerungsantrag der Beteiligten zu 2 schon deshalb nicht, weil er keine Angaben zur Erforderlichkeit der Dauer der beantragten Haftverlängerung (§ 417 Abs. 2 Nr. 4 FamFG) enthielt. Diesem Begründungsgebot wird nicht entsprochen, wenn die Behörde - ohne jede Erläuterung - Abschiebungshaft bis zur jeweils höchstzulässigen Dauer beantragt (Senat, Beschluss vom 15. September 2011 - V ZB 123/11, Rn. 14, juris). Wird eine Haftverlängerung beantragt, ist dazu anzugeben, wann mit der Behebung des Hindernisses gerechnet werden kann, das einer Abschiebung des Betroffenen in den ersten drei Monaten des Vollzugs der Haft entgegenstand (im konkreten Fall: das Fehlen des für eine Rückführung des Betroffenen nach Marokko notwendigen Heimreisedokuments nach Art. 3 des Protokolls zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung des Königreichs Marokko über die Identifizierung und die Ausstellung von Heimreisedokumenten vom 22. April 1998 - BGBl. II 1998, 1148).
8
b) Ob dieser zweite Fall hier vorliegt, ist zweifelhaft. Den Zweifeln braucht jedoch nicht nachgegangen zu werden. Denn dem Protokoll über die Anhörung ist nicht zu entnehmen, dass der vollständige Haftantrag dem Betroffenen übersetzt und ausgehändigt und damit der gesamte Antragsinhalt bekannt gegeben worden ist. Eine solche Bekanntgabe ist jedoch Voraussetzung für die ausreichende Gewährung rechtlichen Gehörs. Anderenfalls - und so liegt es hier - kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Betroffene nicht in der Lage war, sich zu sämtlichen Angaben der beteiligten Behörde (vgl. § 417 Abs. 2 FamFG) zu äußern.
9
b) Die Haftanordnung hätte auch deshalb nicht ergehen dürfen, weil der Antrag dem Betroffenen nach dem Protokoll zu Beginn der Anhörung vor dem Amtsgericht lediglich „bekanntgegeben“, aber nicht ausgehändigt worden ist. Das genügt nicht. Der Haftantrag kann dem Betroffenen zwar erst zu diesem Zeitpunkt eröffnet werden, wenn er einen einfachen, überschaubaren Sachverhalt betrifft, zu dem der Betroffene auch unter Berücksichtigung einer etwaigen Überraschung ohne weiteres auskunftsfähig ist (Senat, Beschluss vom 4. März 2010 - V ZB 222/09, BGHZ 184, 323, 330 Rn. 16 mwN). Das bedeutet aber nicht, dass sich der Haftrichter in einem solchen Fall darauf beschränken dürfte, den Inhalt des Haftantrags mündlich vorzutragen. Vielmehr muss dem Betroffenen in jedem Fall eine Kopie des Haftantrags ausgehändigt werden und dies in dem Anhörungsprotokoll oder an einer anderen Aktenstelle schriftlich dokumentiert werden (Senat, Beschluss vom 21. Juli 2011 - V ZB 141/11, FGPrax 2011, 257, 258 Rn. 8). Der Betroffene ist schon auf Grund der Situation zumeist nicht in der Lage, einen ihm nur mündlich übermittelten Haftantrag zu erfassen. Er muss im weiteren Verlauf der Anhörung in ein Exemplar des Haftantrags einsehen und dieses gegebenenfalls später einem Rechtsanwalt vorlegen können. Das bestätigt ein Blick auf § 41 Abs. 2 Satz 4 FamFG. Danach kann ein Beschluss einem Anwesenden zwar mündlich bekannt gegeben werden. Er muss ihm aber dessen ungeachtet zusätzlich schriftlich bekannt gegeben werden. Das gilt im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes auch für die Übermittlung des Antrags nach § 23 Abs. 2 FamFG und ist hier versäumt worden.
10
aa) Das Amtsgericht hat den Betroffenen zwar persönlich angehört. Mit der Verpflichtung zur persönlichen Anhörung in § 420 FamFG soll aber sichergestellt werden, dass sich der Betroffene vor dem Haftrichter selbst rechtliches Gehör verschaffen kann. Dieses Ziel wird verfehlt, wenn der Haftantrag der beteiligten Behörde dem Betroffenen nicht ausgehändigt und, soweit er des Deutschen nicht hinreichend mächtig ist, auch übersetzt wird. Denn es kann dann nicht ausgeschlossen werden, dass der Betroffene nicht in der Lage ist, sich zu sämtlichen Angaben der beteiligten Behörde (vgl. § 417 Abs. 2 FamFG) zu äußern (Senat, Beschluss vom 21. Juli 2011 - V ZB 141/11, FGPrax 2011, 257, 258 Rn. 8). Der Haftantrag muss dem Betroffenen nicht immer vor dem Anhörungstermin ausgehändigt werden. In einfach gelagerten Sachverhalten kann es genügen, ihm diesen erst zu Beginn der Anhörung auszuhändigen (Senat, Beschluss vom 28. April 2011 - V ZB 118/10, FGPrax 2011, 199 [Ls.] Rn. 20). Spätestens in diesem Zeitpunkt muss er ihm (in Kopie) ausgehändigt und erforderlichenfalls übersetzt werden (Senat, Beschluss vom 3. November 2011 - V ZB 169/11, juris Rn. 5).
9
b) Die Haftanordnung hätte auch deshalb nicht ergehen dürfen, weil der Antrag dem Betroffenen nach dem Protokoll zu Beginn der Anhörung vor dem Amtsgericht lediglich „bekanntgegeben“, aber nicht ausgehändigt worden ist. Das genügt nicht. Der Haftantrag kann dem Betroffenen zwar erst zu diesem Zeitpunkt eröffnet werden, wenn er einen einfachen, überschaubaren Sachverhalt betrifft, zu dem der Betroffene auch unter Berücksichtigung einer etwaigen Überraschung ohne weiteres auskunftsfähig ist (Senat, Beschluss vom 4. März 2010 - V ZB 222/09, BGHZ 184, 323, 330 Rn. 16 mwN). Das bedeutet aber nicht, dass sich der Haftrichter in einem solchen Fall darauf beschränken dürfte, den Inhalt des Haftantrags mündlich vorzutragen. Vielmehr muss dem Betroffenen in jedem Fall eine Kopie des Haftantrags ausgehändigt werden und dies in dem Anhörungsprotokoll oder an einer anderen Aktenstelle schriftlich dokumentiert werden (Senat, Beschluss vom 21. Juli 2011 - V ZB 141/11, FGPrax 2011, 257, 258 Rn. 8). Der Betroffene ist schon auf Grund der Situation zumeist nicht in der Lage, einen ihm nur mündlich übermittelten Haftantrag zu erfassen. Er muss im weiteren Verlauf der Anhörung in ein Exemplar des Haftantrags einsehen und dieses gegebenenfalls später einem Rechtsanwalt vorlegen können. Das bestätigt ein Blick auf § 41 Abs. 2 Satz 4 FamFG. Danach kann ein Beschluss einem Anwesenden zwar mündlich bekannt gegeben werden. Er muss ihm aber dessen ungeachtet zusätzlich schriftlich bekannt gegeben werden. Das gilt im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes auch für die Übermittlung des Antrags nach § 23 Abs. 2 FamFG und ist hier versäumt worden.

(1) Wird das Verfahren durch Vergleich erledigt und haben die Beteiligten keine Bestimmung über die Kosten getroffen, fallen die Gerichtskosten jedem Teil zu gleichen Teilen zur Last. Die außergerichtlichen Kosten trägt jeder Beteiligte selbst.

(2) Ist das Verfahren auf sonstige Weise erledigt oder wird der Antrag zurückgenommen, gilt § 81 entsprechend.

Wird ein Antrag der Verwaltungsbehörde auf Freiheitsentziehung abgelehnt oder zurückgenommen und hat das Verfahren ergeben, dass ein begründeter Anlass zur Stellung des Antrags nicht vorlag, hat das Gericht die Auslagen des Betroffenen, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren, der Körperschaft aufzuerlegen, der die Verwaltungsbehörde angehört.