Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Jan. 2005 - V ZB 35/04

bei uns veröffentlicht am20.01.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 35/04
vom
20. Januar 2005
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 20. Januar 2005 durch den
Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel, die Richter
Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Schmidt-Räntsch und die Richterin
Dr. Stresemann

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 5. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 4. August2004 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 15.000 €.

Gründe:


I.


Die Rechtsvorgänger der Klägerin waren früher Eigentü mer des im Ostteil von Berlin an der früheren Grenze zu Westberlin gelegenen Grundstücks Flur 15, Flurstück 14/1, eingetragen im Grundbuch von G. -G. Blatt 1 . Das Grundstück stand unter staatlicher Verwaltung. Mit einem vom Rat des Kreises Potsdam am 27. Juni 1962 beurkundeten Kaufvertrag veräußerte der Verwalter das Grundstück an den Rat des Kreises Potsdam als Eigentum des Volkes. Am 4. September 1962 wurde die entsprechende Eintragung in das Grundbuch, Rechtsträger Rat des Kreises Potsdam, vorgenom-
men. Später wurde das Grundstück für die Errichtung von Grenzanlagen - sogenannter Todesstreifen - in Anspruch genommen.
Die Klägerin hält den Kaufvertrag nebst Eigentumsüber tragung für sittenwidrig und verlangt von der Beklagten Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs und zu ihrer, der Klägerin, Eintragung als Eigentümerin. Parallel dazu verfolgt sie in einem Verwaltungsstreitverfahren die Rückübertragung des Grundstücks nach dem Vermögensgesetz.
Das Landgericht hat die Klage wegen Vorrangs des Vermö gensgesetzes als unzulässig abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat im Vorabverfahren entschieden , daß der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten zulässig ist. Dagegen wendet sich die Beklagte mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt.

II.


Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, die Klägerin ma che einen Mangel des Veräußerungsgeschäfts geltend, der nicht in einem engeren inneren Zusammenhang mit dem von dem Vermögensgesetz erfaßten staatlichen Unrecht stehe und daher die zivilrechtliche Verfolgung des Grundbuchberichtigungsanspruchs nicht hindere. Die Nichtigkeit des Veräußerungsgeschäfts werde nämlich nicht damit begründet, daß ein Verwalter gehandelt habe (§ 1 Abs. 1c VermG) oder daß unlautere Machenschaften im Sinne des § 1 Abs. 3 VermG zum Verlust des Eigentums geführt hätten, sondern damit, daß generell der Verkauf von Grundstücken, die der Errichtung der Mauer dienen sollten,
sittenwidrig sei, und zwar auch nach den im Rahmen der zu DDR-Zeiten geltenden Maßstäben. Darin liege ein zusätzlicher Mangel, der vom Vermögensgesetz nicht erfaßt werde.

III.


Diese Ausführungen halten den Angriffen der Rechtsbeschw erde im Ergebnis stand.
1. Nicht zu folgen ist der Rechtsbeschwerde, wenn sie mein t, auch unabhängig von den Fragen zum Vorrang des Vermögensgesetzes oder auch des Mauergrundstücksgesetzes sei der Zivilrechtsweg schon deswegen nicht gegeben, weil der zwischen dem staatlichen Verwalter und dem Rat des Kreises geschlossene Kaufvertrag öffentlich-rechtlicher Natur sei, so daß nach § 40 VwGO der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet sei. Sie übersieht dabei, daß die Klägerin einen Grundbuchberichtigungsanspruch nach § 894 BGB geltend macht, der nach § 13 GVG allein vor die Zivilgerichte gehört, mag auch der Grund für die fehlerhafte Eintragung öffentlich-rechtliche Wurzeln haben. Zum anderen ist der von dem staatlichen Verwalter geschlossene Vertrag unbeschadet des dahinter stehenden staatlichen Zwangs zivilrechtlicher Natur. Der staatliche Zwang, der hinter den Verwaltergeschäften oder anderen vom Vermögensgesetz erfaßten Rechtsgeschäften stand, macht diese Geschäfte nicht zu öffentlich-rechtlichen Verträgen. Der Senat hat sie stets als zivilrechtliche Vorgänge eingestuft und einen Streit darüber nur wegen der Sonderregelungen des Vermögensgesetzes dem Verwaltungsrechtsweg zugeordnet (vgl. BGHZ 118, 34, 44; Urt. v. 24. Juni 1994, V ZR 233/92, DtZ
1994, 345 f.). Daß das Mauergrundstücksgesetz Streitigkeiten über die dort geregelten Ansprüche an sich als öffentlich-rechtliche Streitigkeiten einstuft und sie nur im Wege der Sonderzuweisung dem Zivilrechtsweg überantwortet, wie die Rechtsbeschwerde unter Hinweis auf Hellmann (in Fieberg /Reichenbach/Messer-schmidt/Neuhaus, MauerG, § 7 Rdn. 1) darlegt, führt zu keiner anderen Beurteilung. Die Vorschriften dieses Gesetzes regeln gerade nicht Rückgabeansprüche wegen Unwirksamkeit des Grundstückskaufvertrages oder Grundbuchberichtigungsansprüche wegen Nichtigkeit des Erwerbsgeschäfts , sondern sie gewähren dem früher Berechtigten Ankaufsrechte. Sie sind damit inhaltlich mit dem hier zu beurteilenden Sachverhalt nicht vergleichbar und lassen keine Rückschlüsse auf den Charakter der Rechtsmaterie zu.
2. Die daher maßgebliche Frage, ob der geltend gema chte Grundbuchberichtigungsanspruch durch die Regelungen des Vermögensgesetzes verdrängt wird, so daß der Zivilrechtsweg versperrt ist (vgl. Senat, BGHZ 118, 34, 44), hat das Beschwerdegericht zutreffend beantwortet.
Allerdings hat es die Klägerin nicht in der Hand, dur ch eine gezielte Auswahl von Klagegründen, die vor die ordentlichen Gerichte gehören, sich den Zugang zu den Zivilgerichten zu verschaffen (Senat, aaO). Es kann daher nicht ausgeklammert werden, daß vorliegend das Grundstück durch einen staatlichen Verwalter veräußert wurde, so daß § 1 Abs. 1c VermG in Betracht zu ziehen ist, und daß nach dem Vorbringen der Klägerin im Verwaltungsstreitverfahren die Begleitumstände der Veräußerung möglicherweise den Tatbestand der unlauteren Machenschaften (§ 1 Abs. 3 VermG) erfüllen können.
Doch auch unter Berücksichtigung dieses Sachverhalts besteht kein den Zivilrechtsweg ausschließender Vorrang des Vermögensgesetzes.
Im Hinblick auf den Restitutionstatbestand des § 1 Abs. 1 c VermG folgt dies schon daraus, daß allein die Veräußerung durch den staatlichen Verwalter die Voraussetzungen dieser Norm nicht erfüllen. Hinzu kommen muß, daß ein eigenständiges Handeln des staatlichen Verwalters darauf gerichtet ist, das verwaltete Gut dem Eigentümer zu entziehen. Daran fehlt es hier, da die Veräußerung des Grundstücks lediglich einer sonst mit Gewißheit vorgenommenen Enteignung nach § 10 DDR-VerteidigungsG vom 20. September 1961 (GBl. DDR I, 175) zuvorgekommen ist (BVerwG VIZ 1997, 684).
Soweit von der Klägerin unlautere Begleitumstände an geführt werden (Veruntreuung einer ohnehin zu geringen Entschädigung), verneint das Berufungsgericht einen inneren Zusammenhang des von der Klägerin geltend gemachten Mangels mit dem möglicherweise vorliegenden Teilungsunrecht. Dies hält einer rechtlichen Prüfung stand. Die von der Klägerin aufgeworfene grundsätzliche Frage, ob Veräußerungen von Grundstücken zum Zwecke der Anlegung des "Todesstreifens" auch nach den Maßstäben des damaligen DDRRechts (§ 68 Abs. 1 Nr. 2 ZGB) nichtig waren, steht in keiner Beziehung zu dem vorgetragenen Restitutionsgrund. Geltend gemacht wird gerade die generelle Unwirksamkeit solcher Verträge, unabhängig von dabei möglicherweise vorgekommenen unlauteren Machenschaften. Deutlich wird dies auch dadurch, daß Enteignungen nach § 10 DDR-VerteidigungsG wie Veräußerungen zur Abwehr solcher Enteignungen für sich genommen nicht unter einen Restitutionstatbestand des Vermögensgesetzes fallen (BVerwG VIZ 1997, 684 m.w.N.; ebenso ZOV 2002, 55).

Damit ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats der Weg zu den Zivilgerichten, jedenfalls unter dem Aspekt einer Konkurrenz der Regelungen des Vermögensgesetzes, frei (siehe grundlegend BGHZ 130, 231). Daran hat sich durch die Einfügung von Art. 237 § 1 Abs. 1 EGBGB entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nichts geändert. Ein hiernach möglicherweise gewährter Bestandsschutz hat Auswirkungen nur auf das materielle Recht und läßt den Zugang zu den Zivilgerichten unberührt (Senat, Beschl. v. 21. Juni 2000, V ZB 32/99, NJW 2001, 683, 684).
3. Der Auffassung der Rechtsbeschwerde, die zivilrechtliche Geltendmachung von Ansprüchen, die eine vollständige Rückgabe des Grundstücks zum Gegenstand haben, sei durch das Mauergrundstücksgesetz ausgeschlossen, ist nicht zu folgen. Dabei kann unterstellt werden, daß die Regelungen dieses Gesetzes, das den betroffenen früheren Grundstückseigentümern Rückerwerbsmöglichkeiten und, hilfsweise, Entschädigungsansprüche einräumt, zivilrechtliche Rückübertragungs- oder Grundbuchberichtigungsansprüche ausschließen, sofern diese Ansprüche allein darauf gestützt werden, daß die Enteignungen nach § 10 DDRVerteidigungsG bzw. die Veräußerungen zur Abwendung von Enteignungen wegen ihres Zwecks verwerflich und daher möglicherweise unwirksam waren. Ein solcher Vorrang des Mauergrundstücksgesetzes hätte jedoch allein Bedeutung für das materielle Recht. Dem Gesetz fehlen nämlich - im Gegensatz zum Vermögensgesetz - Vorschriften, die die Prüfung einer Berechtigung nach diesem Gesetz einem Verwaltungsverfahren mit Widerspruchsmöglichkeit und verwaltungsgerichtlichem Klageverfahren zugewiesen haben. Im Gegenteil, für Streitigkeiten ist nach § 7 MauerG der ordentliche Rechtsweg gegeben. Es ist daher fernliegend anzunehmen, daß die Frage, ob
und gegebenenfalls inwieweit die Regelungen des Mauergrundstücksgesetzes zivilrechtliche Restitutionsansprüche ausschließen, von den Verwaltungsgerichten zu entscheiden sein könnten. Die Entscheidung darüber unterliegt vielmehr dem Gericht, das über den geltend gemachten Anspruch auch sonst, die Vorrangproblematik ausgeklammert, zu entscheiden hat. Das ist das Zivilgericht.
Dagegen läßt sich auch nicht anführen, das Mauergrundstü cksgesetz regele an sich öffentlich-rechtliche Sachverhalte (siehe oben), die Rechtswegzuweisung nach § 7 MauerG stelle eine abdrängende Sonderzuweisung dar (Hellmann in Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, MauerG, § 7 Rdn. 1). Denn es geht nicht um eine Entscheidung über diese, möglicherweise genuin dem öffentlichen Recht zugehörigen Rechtsverhältnisse, sondern es geht um die Anwendbarkeit einer zivilrechtlichen Norm, die davon abhängt, wie das Verhältnis von Zivilrecht und Mauergrundstücksgesetz zu beurteilen ist. Diese Frage ist grundsätzlich von dem Gericht, und zwar in der Sache selbst, zu klären, das zur Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch berufen ist (Senat, BGHZ 118, 34, 44). Etwas anderes wäre nur dann anzunehmen, wenn der Gesetzgeber, wie beim Vermögensgesetz, zu erkennen gegeben hätte , daß schon das Verfahren dem an sich zuständigen Gericht entzogen werden sollte. Daran fehlt es.

IV.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Krüger Klein
Schmidt-Räntsch Stresemann

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 40


(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Stre

Vermögensgesetz - VermG | § 1 Geltungsbereich


(1) Dieses Gesetz regelt vermögensrechtliche Ansprüche an Vermögenswerten, die a) entschädigungslos enteignet und in Volkseigentum überführt wurden;b) gegen eine geringere Entschädigung enteignet wurden, als sie Bürgern der früheren Deutschen Demokra

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 894 Berichtigung des Grundbuchs


Steht der Inhalt des Grundbuchs in Ansehung eines Rechts an dem Grundstück, eines Rechts an einem solchen Recht oder einer Verfügungsbeschränkung der in § 892 Abs. 1 bezeichneten Art mit der wirklichen Rechtslage nicht im Einklang, so kann derjenige,

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 13


Vor die ordentlichen Gerichte gehören die bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die Familiensachen und die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Zivilsachen) sowie die Strafsachen, für die nicht entweder die Zuständigkeit von Verwaltungsbehö

Mauergrundstücksgesetz - MauerG | § 7 Rechtsweg


(1) Für Streitigkeiten aus diesem Gesetz ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Ein Widerspruchsverfahren findet nicht statt. (2) Eine Klage ist innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Zustellung des Bescheides zu erheben. Die Klagefrist ist ein

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(1) Dieses Gesetz regelt vermögensrechtliche Ansprüche an Vermögenswerten, die

a)
entschädigungslos enteignet und in Volkseigentum überführt wurden;
b)
gegen eine geringere Entschädigung enteignet wurden, als sie Bürgern der früheren Deutschen Demokratischen Republik zustand;
c)
durch staatliche Verwalter oder nach Überführung in Volkseigentum durch den Verfügungsberechtigten an Dritte veräußert wurden;
d)
auf der Grundlage des Beschlusses des Präsidiums des Ministerrates vom 9. Februar 1972 und im Zusammenhang stehender Regelungen in Volkseigentum übergeleitet wurden.

(2) Dieses Gesetz gilt des weiteren für bebaute Grundstücke und Gebäude, die auf Grund nicht kostendeckender Mieten und infolgedessen eingetretener oder unmittelbar bevorstehender Überschuldung durch Enteignung, Eigentumsverzicht, Schenkung oder Erbausschlagung in Volkseigentum übernommen wurden.

(3) Dieses Gesetz betrifft auch Ansprüche an Vermögenswerten sowie Nutzungsrechte, die auf Grund unlauterer Machenschaften, zum Beispiel durch Machtmißbrauch, Korruption, Nötigung oder Täuschung von seiten des Erwerbers, staatlicher Stellen oder Dritter, erworben wurden.

(4) Dieses Gesetz regelt ferner die Aufhebung der

-
staatlichen Treuhandverwaltung über Vermögenswerte von Bürgern, die das Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik ohne die zum damaligen Zeitpunkt erforderliche Genehmigung verlassen haben;
-
vorläufigen Verwaltung über Vermögenswerte von Bürgern der Bundesrepublik Deutschland und Berlin (West) sowie von juristischen Personen mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland oder Berlin (West), die Staatsorganen der Deutschen Demokratischen Republik durch Rechtsvorschrift übertragen wurde;
-
Verwaltung des ausländischen Vermögens, die der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik übertragen wurde
(im folgenden staatliche Verwaltung genannt) und die damit im Zusammenhang stehenden Ansprüche der Eigentümer und Berechtigten.

(5) Dieses Gesetz schließt die Behandlung von Forderungen und anderen Rechten in bezug auf Vermögenswerte gemäß den Absätzen 1 bis 4 ein.

(6) Dieses Gesetz ist entsprechend auf vermögensrechtliche Ansprüche von Bürgern und Vereinigungen anzuwenden, die in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945 aus rassischen, politischen, religiösen oder weltanschaulichen Gründen verfolgt wurden und deshalb ihr Vermögen infolge von Zwangsverkäufen, Enteignungen oder auf andere Weise verloren haben. Zugunsten des Berechtigten wird ein verfolgungsbedingter Vermögensverlust nach Maßgabe des II. Abschnitts der Anordnung BK/O (49) 180 der Alliierten Kommandantur Berlin vom 26. Juli 1949 (VOBl. für Groß-Berlin I S. 221) vermutet.

(7) Dieses Gesetz gilt entsprechend für die Rückgabe von Vermögenswerten, die im Zusammenhang mit der nach anderen Vorschriften erfolgten Aufhebung rechtsstaatswidriger straf-, ordnungsstraf- oder verwaltungsrechtlicher Entscheidungen steht.

(8) Dieses Gesetz gilt vorbehaltlich seiner Bestimmungen über Zuständigkeiten und Verfahren nicht für

a)
Enteignungen von Vermögenswerten auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage; Ansprüche nach den Absätzen 6 und 7 bleiben unberührt;
b)
vermögensrechtliche Ansprüche, die seitens der Deutschen Demokratischen Republik durch zwischenstaatliche Vereinbarungen geregelt wurden;
c)
Anteilrechte an der Altguthabenablösungsanleihe;
d)
Ansprüche von Gebietskörperschaften des beitretenden Gebiets gemäß Artikel 3 des Einigungsvertrages, soweit sie vom Kommunalvermögensgesetz vom 6. Juli 1990 (GBl. I Nr. 42 S. 660) erfasst sind.

(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.

(2) Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.

Steht der Inhalt des Grundbuchs in Ansehung eines Rechts an dem Grundstück, eines Rechts an einem solchen Recht oder einer Verfügungsbeschränkung der in § 892 Abs. 1 bezeichneten Art mit der wirklichen Rechtslage nicht im Einklang, so kann derjenige, dessen Recht nicht oder nicht richtig eingetragen oder durch die Eintragung einer nicht bestehenden Belastung oder Beschränkung beeinträchtigt ist, die Zustimmung zu der Berichtigung des Grundbuchs von demjenigen verlangen, dessen Recht durch die Berichtigung betroffen wird.

Vor die ordentlichen Gerichte gehören die bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die Familiensachen und die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Zivilsachen) sowie die Strafsachen, für die nicht entweder die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichten begründet ist oder auf Grund von Vorschriften des Bundesrechts besondere Gerichte bestellt oder zugelassen sind.

(1) Dieses Gesetz regelt vermögensrechtliche Ansprüche an Vermögenswerten, die

a)
entschädigungslos enteignet und in Volkseigentum überführt wurden;
b)
gegen eine geringere Entschädigung enteignet wurden, als sie Bürgern der früheren Deutschen Demokratischen Republik zustand;
c)
durch staatliche Verwalter oder nach Überführung in Volkseigentum durch den Verfügungsberechtigten an Dritte veräußert wurden;
d)
auf der Grundlage des Beschlusses des Präsidiums des Ministerrates vom 9. Februar 1972 und im Zusammenhang stehender Regelungen in Volkseigentum übergeleitet wurden.

(2) Dieses Gesetz gilt des weiteren für bebaute Grundstücke und Gebäude, die auf Grund nicht kostendeckender Mieten und infolgedessen eingetretener oder unmittelbar bevorstehender Überschuldung durch Enteignung, Eigentumsverzicht, Schenkung oder Erbausschlagung in Volkseigentum übernommen wurden.

(3) Dieses Gesetz betrifft auch Ansprüche an Vermögenswerten sowie Nutzungsrechte, die auf Grund unlauterer Machenschaften, zum Beispiel durch Machtmißbrauch, Korruption, Nötigung oder Täuschung von seiten des Erwerbers, staatlicher Stellen oder Dritter, erworben wurden.

(4) Dieses Gesetz regelt ferner die Aufhebung der

-
staatlichen Treuhandverwaltung über Vermögenswerte von Bürgern, die das Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik ohne die zum damaligen Zeitpunkt erforderliche Genehmigung verlassen haben;
-
vorläufigen Verwaltung über Vermögenswerte von Bürgern der Bundesrepublik Deutschland und Berlin (West) sowie von juristischen Personen mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland oder Berlin (West), die Staatsorganen der Deutschen Demokratischen Republik durch Rechtsvorschrift übertragen wurde;
-
Verwaltung des ausländischen Vermögens, die der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik übertragen wurde
(im folgenden staatliche Verwaltung genannt) und die damit im Zusammenhang stehenden Ansprüche der Eigentümer und Berechtigten.

(5) Dieses Gesetz schließt die Behandlung von Forderungen und anderen Rechten in bezug auf Vermögenswerte gemäß den Absätzen 1 bis 4 ein.

(6) Dieses Gesetz ist entsprechend auf vermögensrechtliche Ansprüche von Bürgern und Vereinigungen anzuwenden, die in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945 aus rassischen, politischen, religiösen oder weltanschaulichen Gründen verfolgt wurden und deshalb ihr Vermögen infolge von Zwangsverkäufen, Enteignungen oder auf andere Weise verloren haben. Zugunsten des Berechtigten wird ein verfolgungsbedingter Vermögensverlust nach Maßgabe des II. Abschnitts der Anordnung BK/O (49) 180 der Alliierten Kommandantur Berlin vom 26. Juli 1949 (VOBl. für Groß-Berlin I S. 221) vermutet.

(7) Dieses Gesetz gilt entsprechend für die Rückgabe von Vermögenswerten, die im Zusammenhang mit der nach anderen Vorschriften erfolgten Aufhebung rechtsstaatswidriger straf-, ordnungsstraf- oder verwaltungsrechtlicher Entscheidungen steht.

(8) Dieses Gesetz gilt vorbehaltlich seiner Bestimmungen über Zuständigkeiten und Verfahren nicht für

a)
Enteignungen von Vermögenswerten auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage; Ansprüche nach den Absätzen 6 und 7 bleiben unberührt;
b)
vermögensrechtliche Ansprüche, die seitens der Deutschen Demokratischen Republik durch zwischenstaatliche Vereinbarungen geregelt wurden;
c)
Anteilrechte an der Altguthabenablösungsanleihe;
d)
Ansprüche von Gebietskörperschaften des beitretenden Gebiets gemäß Artikel 3 des Einigungsvertrages, soweit sie vom Kommunalvermögensgesetz vom 6. Juli 1990 (GBl. I Nr. 42 S. 660) erfasst sind.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 32/99
vom
21. Juni 2000
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
-----------------------------------
GVG § 13; VermG § 1 Abs. 1 Buchst. a und b; EGBGB Art. 237 § 1

a) Der Rechtsweg zu den Zivilgerichten ist nicht bereits deshalb ausgeschlossen,
weil nach dem Vortrag des Klägers die Möglichkeit, nicht aber die Gewißheit besteht
, daß das umstrittene Grundstück Gegenstand einer Enteignung im Sinne
des Vermögensgesetzes gewesen ist.

b) Ist ein von einer Enteignungsmaßnahme (formell) nicht erfaßtes Grundstück
gleichwohl im Sinne des Vermögensgesetzes als enteignet anzusehen, ist der
Rechtsweg zu den Zivilgerichten für Ansprüche aus dem Eigentum dann nicht
ausgeschlossen, wenn die Enteignung nach dem Aufbaugesetz der DDR hätte
erfolgen müssen; dem Bestandsschutz des Volkseigentums (Art. 237 § 1 EGBGB)
kommt Bedeutung erst für die Begründetheit der Klage zu.
BGH, Beschl. v. 21. Juni 2000 - V ZB 32/99 - OLG Hamm
LG Bochum
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 21. Juni 2000 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die Richter Dr. Lambert-Lang, Tropf,
Dr. Klein und Dr. Lemke

beschlossen:
Die weitere sofortige Beschwerde gegen den Beschluß des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 16. Juni 1999 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Der Beschwerdewert beträgt 50.000 DM.

Gründe:


I.


Die Kläger sind Erbeserben der 1948 verstorbenen S. B. . Diese war im Grundbuch von O. Blatt 1689 als Eigentümerin einer Reihe von Grundstücken, darunter des Grundstücks Flurstück 321/1, eingetragen. Die Grundstücke wurden 1952 unter staatliche Verwaltung gestellt. Aufgrund eines Inanspruchnahmebescheids vom 6. November 1956 nach dem Aufbaugesetz der DDR wurde am 21. März 1957 ein Aufbauvermerk in das Grundbuch eingetragen. Dieser hatte das Grundstück Flurstück 321/1 nicht zum Gegenstand. Gemäß Ersuchen des Rates des Kreises vom 22. Oktober 1985 wurde am 29. Oktober 1985 S. B. als Eigentümerin im Grundbuch gelöscht und Eigentum des Volkes vermerkt. Ein von den Klägern vorge-
legtes Ersuchen um Eintragung des Volkseigentums (Rechtsträgernachweis) vom 22. Oktober 1985 hat das Grundstück Flurstück 1593/321 zum Gegenstand , auf das sich der Aufbauvermerk (neben anderen Flächen) bezog. Im neu angelegten Grundbuch Blatt 121 wurde das bisherige Grundstück Flurstück 321/1 aufgrund einer zurückliegenden Neuvermessung zusammen mit anderen Flächen als Flurstück 70/5 vorgetragen. Eingetragener Rechtsträger war der VEB Bandstahlkombinat E. -Kaltwalzwerk O. , aus dem die K. O. GmbH (KSO) hervorgegangen ist, die später mit der Beklagten verschmolzen wurde. Die KSO verkaufte am 18. Juni 1993 u.a. das Grundstück Flurstück 70/5 an einen Verbrauchermarkt. Die Kläger verlangen die Auskehrung des auf die Fläche des ehemaligen Grundstücks Flurstück 321/1 entfallenden Kaufpreisanteils.
Das Landgericht hat nach Rüge der Beklagten im Vorabverfahren die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Zivilgerichten bejaht. Das Oberlandesgericht hat die sofortige Beschwerde der Beklagten zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die zugelassene weitere Beschwerde der Beklagten.

II.


Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 17 a Abs. 4 GVG, § 577 ZPO), aber nicht begründet.
1. a) Das Oberlandesgericht geht mit der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 129, 112; für Enteignungen auch Urt. v. 10. November 1995, V ZR 179/94, WM 1996, 89; ferner Urt. v. 14. Februar 1997, V ZR 312/95, WM
1997, 775) davon aus, daß das Vermögensgesetz zivilrechtliche Ansprüche nur dann verdrängt, wenn ein Restitutionstatbestand nach diesem Gesetz erfüllt ist. Zutreffend läßt es auch für den Ausschluß des Rechtswegs zu den Zivilgerichten (BGHZ 118, 34, 44; Beschl. v. 17. Juni 1993, V ZB 31/92, WM 1993, 1554) nicht genügen, daß nach dem maßgeblichen Vortrag des Klägers ein Restitutionstatbestand (nur) möglicherweise vorliegt. Ein die Ausschlußwirkung des Vermögensgesetzes begründendes tatsächliches Vorbringen stellt aus der Sicht des sachlichen Rechts gegenüber den anspruchsbegründenden Tatsachen eine (rechtshindernde) Einwendung dar (Senat, Urt. v. 9. Juli 1993, V ZR 262/91, WM 1993, 1643). Dies schlägt auch auf die verfahrensrechtliche Frage des Ausschlusses des Rechtswegs durch. Der für den bürgerlichrechtlichen Anspruch, hier u.a. § 816 BGB, begründete Rechtsweg (§ 13 GVG) entfällt nur, wenn die verfahrensrechtliche Ausschlußwirkung feststeht.

b) Die Würdigung des tatsächlichen Vorbringens des Klägers, daß sich ein die Enteignungstatbestände des § 1 Abs. 1 Buchst. a und b VermG erfüllender Enteignungswille nicht feststellen lasse, unterliegt rechtlich keinen Bedenken (§ 286 ZPO). Nach der Rechtsprechung des Senats stellten der Rechtsträgernachweis, der Antrag auf Eintragung des Volkseigentums in das Grundbuch und dessen Vollzug als solche keine Instrumente der Enteignung dar (Urt. v. 7. Juli 1995, V ZR 46/94, WM 1995, 1848; v. 10. November 1995, V ZR 179/94, aaO; BGHZ 132, 245, 253; Urt. v. 30. April 1999 und 21. Mai 1999, V ZR 409/96 und V ZR 391/97 unv.). Sie können allerdings, wie der Senat auch hervorgehoben hat, Anzeichen eines konstitutiven, von der herangezogenen Rechtsgrundlage gelösten Enteignungswillens sein (Beschl. v. 30. Oktober 1997, V ZB 8/96, WM 1998, 83; Urt. v. 24. April 1998, V ZR 22/97, VIZ 1998, 475; v. 16. Oktober 1998, V ZR 65/97, WM 1999, 192). Hiervon ist
der Senat vor allem in Fällen ausgegangen, in denen von besatzungshoheitlichen Enteignungslisten nicht erfaßte Vermögenswerte von Stellen der SBZ oder Organen der DDR, unmittelbar nach deren Gründung, in freier, von der angegebenen Rechtsgrundlage gelöster, Machtentfaltung konfisziert worden waren. In diesem Zusammenhang hat der Senat der dauernden Inbesitznahme des Objekts durch den Staat und der Wahrnehmung der Eigentümerbefugnisse durch diesen eine besondere Bedeutung zuerkannt. Das Oberlandesgericht war indessen rechtlich nicht gehalten, diesen Umständen für den von ihm zu beurteilenden Sachverhalt das gleiche Gewicht beizumessen. Der Schluß von der tatsächlichen Inbesitznahme auf einen, von den Voraussetzungen des Rechts gelösten Enteignungswillen liegt unter den Verhältnissen nach der Konsolidierung der DDR und dem Ausbau der sozialistischen Gesetzlichkeit, die hier zur Beurteilung stehen, nicht in gleicher Weise nahe, wie vordem. Raum für das Eigentum respektierende Rechtsgründe der staatlichen Nutzung oder, was das Oberlandesgericht im Streitfalle für möglich hält, für ein nicht näher aufgeklärtes Unterbleiben eines enteignenden Zugriffs, ist hier vorhanden. Das Oberlandesgericht ist in diesem Zusammenhang zu Recht davon ausgegangen, daß die staatliche Verwaltung nicht und die Inanspruchnahme nach § 14 AufbauG zunächst nicht zu einem Entzug des Eigentums führten. Dies stimmt mit der Auffassung der am Restitutionsverfahren der Kläger beteiligten Ä mter überein. Der Vortrag der Kläger, die umstrittene Fläche (ehemaliges Flurstück 321/1) sei zudem nicht Gegenstand der Inanspruchnahme geworden , entspricht dem Inhalt des Aufbauvermerks. Die Eintragung des Volkseigentums im Grundbuch ging nach dem von den Klägern vorgelegten Dokument auf ein Ersuchen zurück, das ein anderes Grundstück zum Gegenstand hatte. Bei diesem Sachstand konnte das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei von der Möglichkeit ausgehen, daß die streitige Fläche nicht nach dem Aufbauge-
setz in Anspruch genommen und in der Folge auch nicht im Zuge des Entschädigungsgesetzes vom 25. April 1960 (GBl I S. 257) entzogen wurde. Der von der Beklagten vorgelegte Rechtsträgernachweis vom 20. Mai 1963, dessen Echtheit die Kläger, soweit ersichtlich, nicht in Abrede gestellt haben, hat zwar das damals (nur) im Kataster ausgewiesene Flurstück 70/5 zum Gegenstand. Sie stützt sich aber auf die Inanspruchnahme nach dem Aufbaugesetz, die zwar für andere Teile des Flurstücks, nicht aber für das damals noch bestehende Grundstück Flurstück 321/1 zutraf. Auch zu einer Dokumentation im Grundbuch hat der Nachweis vom 20. Mai 1963 nicht geführt.
2. Der Hinweis der sofortigen Beschwerde auf den vom Bundesverwaltungsgericht zu § 1 Abs. 1 Buchst. a und b VermG entwickelten "faktischen" Enteignungsbegriff verhilft dem Rechtsmittel nicht zum Erfolg. Der Senat braucht sich hierbei nicht damit auseinanderzusetzen, ob und inwieweit das Bundesverwaltungsgericht, das darauf abstellt, daß der Eigentümer unbeachtet der zivilrechtlichen Wirksamkeit der Maßnahme in einer nach den Verhältnissen der DDR unangreifbaren Weise aus seinem Eigentum verdrängt wurde (VIZ 1996, 206; 97, 641), von seiner Rechtsprechung abweicht. Wäre das Grundstück Flurstück 321/1 nach den dargelegten Kriterien als enteignet zu betrachten, so läge eine Entziehung vor, die vermögensrechtlich einer Enteignung nach dem Aufbaugesetz gleichzustellen wäre. Denn die unterbliebene Einbeziehung in eine Enteignungsmaßnahme nach diesem Gesetz kann, wenn sie aus faktischen Gründen der Entziehung gleichgestellt werden soll, vermögensrechtlich keine anderen Folgen auslösen als diese. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 95, 284 und 289), der sich der Senat angeschlossen hat (BGHZ 129, 112), werden Enteignungen nach dem Aufbaugesetz wie nach dem Baulandgesetz, von hier nicht vorliegenden
Ausnahmen abgesehen, von den Tatbeständen des § 1 Abs. 1 Buchst. a und b VermG nicht erfaßt. Dies gilt auch dann, wenn, wie bei der "faktischen" Enteignung , im Einzelfall eine Entschädigung nicht zugeflossen ist. Gegenstand der Restitution ist in diesem Falle nur die ausgebliebene Entschädigung. Der damit entfallenen Möglichkeit, bei fehlgeschlagenen Regelenteignungen zivilrechtlichen Ansprüchen durch den sozialverträglichen Ausgleich des Vermögensgesetzes Grenzen zu setzen (Senat BGHZ 118, 34; 120, 198 und 204), hat das Wohnraummodernisierungssicherungsgesetz durch den Bestandsschutz zugunsten des Volkseigentums (Art. 237 § 1 EGBGB) Rechnung getragen. Zutreffend geht aber das Oberlandesgericht davon aus, daß sich der Bestandsschutz auf das materielle Recht beschränkt, den durch den Rückzug des Restitutionsrechts aus den Regelenteignungen freigemachten Zugang zu den Zivilgerichten aber nicht erneut verschließt.
Wenzel Lambert-Lang Tropf Klein Lemke

(1) Für Streitigkeiten aus diesem Gesetz ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Ein Widerspruchsverfahren findet nicht statt.

(2) Eine Klage ist innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Zustellung des Bescheides zu erheben. Die Klagefrist ist eine Notfrist im Sinne der Zivilprozeßordnung.

(3) Die Klagefrist beginnt nur zu laufen, wenn der Berechtigte über die Klagemöglichkeit, das Gericht, bei dem die Klage zu erheben ist, dessen Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich belehrt worden ist. § 58 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung findet entsprechende Anwendung.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)