Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Okt. 2010 - V ZB 214/10

bei uns veröffentlicht am14.10.2010
vorgehend
Amtsgericht Krefeld, 29 XIV 37/09, 08.09.2009
Landgericht Krefeld, 7 T 289/09, 04.08.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 214/10
vom
14. Oktober 2010
in der Abschiebungshaftsache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
FamFG § 76; ZPO § 117 Abs. 4; PKHVV §§ 1, 2
Ein Betroffener muss grundsätzlich auch nach seiner Abschiebung die Erklärung
über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf dem durch § 1 PKHVV
festgelegten Formular abgeben oder eine gleichgestellte Unterlage vorlegen.
BGH, Beschluss vom 14. Oktober 2010 - V ZB 214/10 - LG Krefeld
AG Krefeld
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Oktober 2010 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und Dr. SchmidtRäntsch
, die Richterin Dr. Stresemann und den Richter Dr. Czub

beschlossen:
Der Antrag der Betroffenen auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld vom 4. August 2010 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

1
Die Betroffene ist ukrainische Staatsangehörige. Sie hatte sich mehrere Jahre in Tschechien aufgehalten und war dann nach Deutschland ausgereist. Sie wandte sich am 7. September 2009 an die Polizei in Kaldenkirchen, um den Verlust ihres Rucksacks und Passes zu melden. Dort wurde sie festgenommen. Auf Antrag des Beteiligten zu 2 vom 8. September 2009 ordnete das Amtsgericht gegen die Betroffene Haft zur Sicherung der Abschiebung bis zum 7. Dezember 2009 und die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung an.
2
Am 10. November 2009 hat die Betroffene bei dem Amtsgericht beantragt , den Beschluss des Amtsgerichts vom 8. September 2009 aufzuheben und festzustellen, dass die "Inhaftierung in Abschiebungshaft" rechtswidrig gewesen ist. Gegen die Zurückweisung ihres Antrags hat die Betroffene sofortige Beschwerde eingelegt, nach ihrer Abschiebung in die Ukraine am 25. November 2009 mit dem Antrag festzustellen, dass die "Inhaftierung in Abschiebungshaft" rechtswidrig war. Das Landgericht hat das Rechtsmittel zurückgewiesen. Dagegen hat die Betroffene fristgerecht Rechtsbeschwerde eingelegt. Sie beantragt, ihr für das Rechtsbeschwerdeverfahren Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Verfahrensbevollmächtigten zu bewilligen. Eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hat die Betroffene nicht vorgelegt.

II.

3
Der Antrag der Betroffenen auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren ist unbegründet.
4
1. Die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe setzt nach § 76 FamFG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO nicht nur voraus, dass der Betroffene nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen und unter Einsatz seines Einkommens und Vermögens nach Maßgabe von § 115 ZPO die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann. Nach § 117 Abs. 4 ZPO muss er sich zu der dafür erforderlichen Darlegung des in § 1 i.V.m. Anlage 1 PKHVV festgelegten Formulars bedienen. Dieses muss vollständig und so ausgefüllt werden, dass eine gerichtliche Prüfung der Antragsvoraussetzungen möglich ist (BGH, Beschluss vom 20. Februar 2008 - XII ZB 83/07, FamRZ 2008, 868; Beschluss vom 13. Februar 2008 - XII ZB 151/07, FamRZ 2008, 871). Hat der Betroffene in der Beschwerdeinstanz das vorgeschriebene Formular vollständig ausgefüllt zu den Akten gereicht, genügt in der Rechtsbeschwerdeinstanz eine Bezugnahme auf die vorliegende Erklärung, wenn sie unmissverständlich ist und Veränderungen seitdem nicht eingetreten sind (Senat , Beschluss vom 7. Oktober 2004 - V ZA 8/04, FamRZ 2004, 1961).
5
2. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
6
a) Die Betroffene hat im Rechtsbeschwerdeverfahren keine Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen vorgelegt. Sie hat allerdings auf ihre in der Beschwerdeinstanz vorgelegte formgerechte Erklärung Bezug genommen. Diese Bezugnahme war indessen nicht ausreichend, weil sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Betroffenen durch ihre Abschiebung in die Ukraine grundlegend verändert haben. Dass sie sich trotz der Veränderung ihrer Lebensumstände im Ergebnis nicht verändert hätten , hat die Betroffene nicht erklärt.
7
b) Die Vorlage der Erklärung auf dem vorgeschriebenen Formular ist auch nicht deshalb entbehrlich, weil sich die Betroffene in der Ukraine aufhält und unsicher ist, ob ihr Verfahrensbevollmächtigter in der Rechtsbeschwerdeinstanz mit ihr Kontakt aufnehmen und das Formular vollständig ausgefüllt vorlegen kann.
8
aa) Der Formularzwang gilt auch für Anträge auf Verfahrenskostenhilfe von Verfahrensbeteiligten, die ihren Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt in einem anderen Staat haben. § 117 Abs. 4 ZPO sieht für sie keine Ausnahme vor. Die Zivilprozessordnung verweist im Gegenteil für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe an Beteiligte im EU-Ausland in § 1076 ZPO uneingeschränkt auch auf § 117 Abs. 4 ZPO. Beteiligte im EU-Ausland haben dazu zwar das in § 1 EG-Prozesskostenhilfevordruckverordnung i.V.m. der Anlage zu dieser Vorschrift bestimmte Formular zu verwenden. Dieses Formular folgt in der Diktion dem auf Grund von Art. 16 der Richtlinie 2003/8/EG des Rates vom 27. Januar 2003 zur Verbesserung des Zugangs zum Recht bei Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug durch Festlegung gemeinsamer Mindestvorschriften für die Prozesskostenhilfe in derartigen Streitsachen (ABl. Nr. L 26 S. 41, be- richtigt in ABl. Nr. L 32 S. 15) bestimmten Standardformular, unterscheidet sich aber inhaltlich nicht von dem sonst zu verwendenden Formular.
9
bb) Eine (zu berücksichtigende) Erklärung der ukrainischen Behörden oder der deutschen diplomatischen Vertretung in der Ukraine, in der die Bedürftigkeit der Betroffenen nach Maßgabe von Art. 21 des im Verhältnis zur Ukraine anwendbaren Haager Übereinkommens über den Zivilprozess vom 1. März 1954 (BGBl. 1958 II S. 576 i.V.m. Bek. vom 18. November 1999, BGBl. 2000 II S. 18) bescheinigt wird, hat die Betroffene ebenfalls nicht vorgelegt.
10
c) Von der Abgabe der Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt des effektiven Rechtsschutzes abzusehen.
11
aa) Der Betroffene eines Freiheitsentziehungsverfahrens vor deutschen Gerichten hat zwar einen aus dem Rechtsstaatsprinzip resultierenden verfassungsrechtlichen Anspruch auf Gewährleistung eines wirkungsvollen Rechtsschutzes (BVerfGE 85, 337, 345; 88, 118, 123 f.; 108, 341, 347). Der Zugang zu den Gerichten und zu den im Verfahrensrecht vorgesehenen Rechtsmittelverfahren darf ihm nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (BVerfGE 81, 123, 129). Diese Anforderungen sind auch bei der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe, die die Situation einer unbemittelten Person weitgehend der Situation eines Bemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes angleichen soll, zu beachten (vgl. BVerfGE 67, 245, 248). Sie stehen aber dem Zwang zur Verwendung des mit § 1 PKHVV festgelegten Formulars für die Erklärung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Beteiligten mit Aufenthalt in einem anderen Staat nicht entgegen. Denn auch solchen Beteiligten steht Verfahrenskostenhilfe nur zu, wenn sie bedürftig sind und dies in der von dem Gesetzgeber festgelegten Form darlegen. Diese Darlegung wird durch den Formularzwang auch bei Abgabe der Erklärung im Ausland nicht erschwert.
12
bb) Es mag allerdings Fälle geben, in denen der Betroffene in dem Staat, in den er abgeschoben worden ist, aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen, etwa infolge einer Inhaftierung, gehindert ist, die Erklärung zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen unter Verwendung des vorgeschriebenen Formulars oder durch eine gleichwertige Bescheinigung des Aufenthaltsoder des Heimatstaats abzugeben. Wie dann zu verfahren ist, bedarf hier keiner Entscheidung, weil die Betroffene nicht vorgetragen hat, dass es sich in ihrem Fall so verhält. Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann Czub
Vorinstanzen:
AG Krefeld, Entscheidung vom 08.09.2009 - 29 XIV 37/09/B -
LG Krefeld, Entscheidung vom 04.08.2010 - 7 T 289/09 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 115 Einsatz von Einkommen und Vermögen


(1) Die Partei hat ihr Einkommen einzusetzen. Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Von ihm sind abzusetzen: 1. a) die in § 82 Abs. 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Beträge;b) bei Parteien, die ein Einkommen

Zivilprozessordnung - ZPO | § 117 Antrag


(1) Der Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe ist bei dem Prozessgericht zu stellen; er kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. In dem Antrag ist das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen. Der Antrag au

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 76 Voraussetzungen


(1) Auf die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe finden die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe entsprechende Anwendung, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist. (2) Ein Beschluss, der im Verfahrenskosten

Zivilprozessordnung - ZPO | § 1076 Anwendbare Vorschriften


Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union nach der Richtlinie 2003/8/EG des Rates vom 27. Januar 2003 zur Verbesserung des Zugangs zum Recht bei Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug durch Festlegung geme

EG-Prozesskostenhilfevordruckverordnung - EG-PKHVV | § 1 Vordrucke


Für die Erklärung der Partei sowie für die Übermittlung derartiger Anträge nach Artikel 13 der Richtlinie 2003/8/EG des Rates vom 27. Januar 2003 zur Verbesserung des Zugangs zum Recht bei Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug durch Festlegung

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(1) Auf die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe finden die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe entsprechende Anwendung, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist.

(2) Ein Beschluss, der im Verfahrenskostenhilfeverfahren ergeht, ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572, 127 Abs. 2 bis 4 der Zivilprozessordnung anfechtbar.

(1) Der Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe ist bei dem Prozessgericht zu stellen; er kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. In dem Antrag ist das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung ist bei dem für die Zwangsvollstreckung zuständigen Gericht zu stellen.

(2) Dem Antrag sind eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen. Die Erklärung und die Belege dürfen dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden; es sei denn, der Gegner hat gegen den Antragsteller nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts einen Anspruch auf Auskunft über Einkünfte und Vermögen des Antragstellers. Dem Antragsteller ist vor der Übermittlung seiner Erklärung an den Gegner Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Er ist über die Übermittlung seiner Erklärung zu unterrichten.

(3) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, zur Vereinfachung und Vereinheitlichung des Verfahrens durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Formulare für die Erklärung einzuführen. Die Formulare enthalten die nach § 120a Absatz 2 Satz 4 erforderliche Belehrung.

(4) Soweit Formulare für die Erklärung eingeführt sind, muss sich die Partei ihrer bedienen.

(1) Auf die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe finden die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe entsprechende Anwendung, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist.

(2) Ein Beschluss, der im Verfahrenskostenhilfeverfahren ergeht, ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572, 127 Abs. 2 bis 4 der Zivilprozessordnung anfechtbar.

(1) Die Partei hat ihr Einkommen einzusetzen. Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Von ihm sind abzusetzen:

1.
a)
die in § 82 Abs. 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Beträge;
b)
bei Parteien, die ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielen, ein Betrag in Höhe von 50 vom Hundert des Regelsatzes, der für den alleinstehenden oder alleinerziehenden Leistungsberechtigten vom Bund gemäß der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
2.
a)
für die Partei und ihren Ehegatten oder ihren Lebenspartner jeweils ein Betrag in Höhe des um 10 vom Hundert erhöhten Regelsatzes, der für den alleinstehenden oder alleinerziehenden Leistungsberechtigten vom Bund gemäß der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
b)
bei weiteren Unterhaltsleistungen auf Grund gesetzlicher Unterhaltspflicht für jede unterhaltsberechtigte Person jeweils ein Betrag in Höhe des um 10 vom Hundert erhöhten Regelsatzes, der für eine Person ihres Alters vom Bund gemäß den Regelbedarfsstufen 3 bis 6 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
3.
die Kosten der Unterkunft und Heizung, soweit sie nicht in einem auffälligen Missverhältnis zu den Lebensverhältnissen der Partei stehen;
4.
Mehrbedarfe nach § 21 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und nach § 30 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch;
5.
weitere Beträge, soweit dies mit Rücksicht auf besondere Belastungen angemessen ist; § 1610a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend.
Maßgeblich sind die Beträge, die zum Zeitpunkt der Bewilligung der Prozesskostenhilfe gelten. Soweit am Wohnsitz der Partei aufgrund einer Neufestsetzung oder Fortschreibung nach § 29 Absatz 2 bis 4 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch höhere Regelsätze gelten, sind diese heranzuziehen. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz gibt bei jeder Neufestsetzung oder jeder Fortschreibung die maßgebenden Beträge nach Satz 3 Nummer 1 Buchstabe b und Nummer 2 und nach Satz 5 im Bundesgesetzblatt bekannt. Diese Beträge sind, soweit sie nicht volle Euro ergeben, bis zu 0,49 Euro abzurunden und von 0,50 Euro an aufzurunden. Die Unterhaltsfreibeträge nach Satz 3 Nr. 2 vermindern sich um eigenes Einkommen der unterhaltsberechtigten Person. Wird eine Geldrente gezahlt, so ist sie an Stelle des Freibetrages abzusetzen, soweit dies angemessen ist.

(2) Von dem nach den Abzügen verbleibenden Teil des monatlichen Einkommens (einzusetzendes Einkommen) sind Monatsraten in Höhe der Hälfte des einzusetzenden Einkommens festzusetzen; die Monatsraten sind auf volle Euro abzurunden. Beträgt die Höhe einer Monatsrate weniger als 10 Euro, ist von der Festsetzung von Monatsraten abzusehen. Bei einem einzusetzenden Einkommen von mehr als 600 Euro beträgt die Monatsrate 300 Euro zuzüglich des Teils des einzusetzenden Einkommens, der 600 Euro übersteigt. Unabhängig von der Zahl der Rechtszüge sind höchstens 48 Monatsraten aufzubringen.

(3) Die Partei hat ihr Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist. § 90 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.

(4) Prozesskostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn die Kosten der Prozessführung der Partei vier Monatsraten und die aus dem Vermögen aufzubringenden Teilbeträge voraussichtlich nicht übersteigen.

(1) Der Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe ist bei dem Prozessgericht zu stellen; er kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. In dem Antrag ist das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung ist bei dem für die Zwangsvollstreckung zuständigen Gericht zu stellen.

(2) Dem Antrag sind eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen. Die Erklärung und die Belege dürfen dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden; es sei denn, der Gegner hat gegen den Antragsteller nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts einen Anspruch auf Auskunft über Einkünfte und Vermögen des Antragstellers. Dem Antragsteller ist vor der Übermittlung seiner Erklärung an den Gegner Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Er ist über die Übermittlung seiner Erklärung zu unterrichten.

(3) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, zur Vereinfachung und Vereinheitlichung des Verfahrens durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Formulare für die Erklärung einzuführen. Die Formulare enthalten die nach § 120a Absatz 2 Satz 4 erforderliche Belehrung.

(4) Soweit Formulare für die Erklärung eingeführt sind, muss sich die Partei ihrer bedienen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 83/07
vom
20. Februar 2008
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Februar 2008 durch die
Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz, Dr. Ahlt und Dose

beschlossen:
1. Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss des 5. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken - als Familiensenat - vom 30. April 2007 aufgehoben. 2. Der Beklagten wird Wiedereinsetzung in die Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist gegen das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Speyer vom 24. Januar 2007 gewährt. 3. Der Beklagten wird als Beschwerdeführerin für das Rechtsbeschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt Dr. Schott beigeordnet.

Gründe:


I.

1
Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Der Kläger begehrt von der Beklagten Abänderung eines gerichtlichen Unterhaltsvergleichs, Rückzahlung zuviel geleisteten Unterhalts sowie Feststellung, dass die Beklagte weiteren zuviel gezahlten Unterhalt zurückzuzahlen hat. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat unter Abweisung der Klage im Übrigen - den von den Parteien geschlossenen Unterhaltsvergleich teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, von dem ihr für die Zeit von Dezember 2004 bis Januar 2006 geleisteten nachehelichen Unterhalt 510,52 € zurückzuzahlen; außerdem hat es festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, von dem ihr für die Zeit von Februar 2006 bis Januar 2007 geleisteten nachehelichen Unterhalt 1.628,32 € zurückzuzahlen.
2
Nachdem der Kläger am 27. Februar 2007 Berufung eingelegt hat, hat die Beklagte am 28. Februar 2007 angekündigt, gegen dieses ihr am 29. Januar 2007 zugestellte Urteil, soweit es sie zur Rückzahlung von Unterhalt verurteilt und ihre Verpflichtung zur Rückzahlung von Unterhalt feststellt, ihrerseits Berufung einzulegen. Zugleich hat sie für die Durchführung dieser Berufung Prozesskostenhilfe beantragt. Sie hat dazu u.a. geltend gemacht, der Kläger habe - entgegen der Annahme des Amtsgerichts - in der Zeit ab Juni 2005 nicht 666,36 €, sondern - nach einstweiliger Einstellung der Zwangsvollstreckung in Höhe von 299,36 € monatlich - nur (666,36 € - 299,36 € =) 367 € monatlich Unterhalt an sie gezahlt. In der Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hat die Beklagte zwar (in der Rubrik C) angekreuzt, "Unterhaltsleistungen … vom getrennt lebenden/geschiedenen Ehegatten" zu beziehen ; die Höhe der Unterhaltsleistungen wird jedoch (in der Rubrik E "Bruttoeinnahmen" ) unter "andere Einnahmen" nicht angegeben.
3
Das Oberlandesgericht hat die Gewährung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 29. März 2007, zugestellt am 10. April 2007, abgelehnt, weil die (den vom Kläger gezahlten Unterhalt nicht berücksichtigenden) Einkünfte der Beklagten und der bei ihr lebenden drei Kinder die angegebenen Ausgaben nur um rund 73 € überstiegen und deshalb nicht ausreichten, den Lebensbedarf der Familie zu decken; die dargelegten Verhältnisse seien mithin nicht nachzuvollziehen.
4
Am 19. April 2007 hat die Beklagte Berufung eingelegt und beantragt, ihr gegen die Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren; zugleich hat sie die Berufung begründet. Das Oberlandesgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag mit Beschluss vom 30. April 2007, formlos übersandt am 4. Mai 2007, abgelehnt. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer am 4. Juni 2007 eingelegten Rechtsbeschwerde.
5
Auf ihren erneuten Antrag (vom 23. April 2007) hat das Oberlandesgericht der Beklagten Prozesskostenhilfe zur Verteidigung gegen die vom Kläger eingelegte Berufung und für die Durchführung der von ihr vorsorglich eingelegten Anschlussberufung gewährt. In diesem Antrag ist die Frage nach Unterhaltszahlungen des getrennt lebenden/geschiedenen Ehegatten bejaht worden; der "Unterhalt von J. B. " ist sodann mit 367 € beziffert worden. Das Oberlandesgericht hat der Beklagten daraufhin Prozesskostenhilfe für die Rechtsverteidigung gegen die Berufung des Klägers sowie für ihre Anschlussberufung gewährt.

II.

6
Das Rechmittel hat Erfolg.
7
1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft. Sie ist auch zulässig, da die Ablehnung des Gesuchs um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand die Beklagte in ihrem Recht auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes verletzt und eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs deshalb zur Sicherung einer einheitlichen Rechsprechung geboten ist (vgl. Senatsbeschluss vom 9. Februar 2005 - XII ZB 225/04 - FamRZ 2005, 791, 792).
8
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet.
9
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Rechtsmittelführer, der vor Ablauf der Rechtsmittelfrist Prozesskostenhilfe beantragt hat, bis zur Entscheidung über den Antrag so lange als ohne sein Verschulden an der rechtzeitigen Wahrnehmung einer fristwahrenden Handlung verhindert anzusehen, als er nach den gegebenen Umständen vernünftigerweise nicht mit der Ablehnung seines Antrags wegen fehlender Bedürftigkeit rechnen muss, weil er sich für bedürftig i.S. der §§ 114 ff. ZPO halten darf und aus seiner Sicht alles getan hatte, damit aufgrund der von ihm eingereichten Unterlagen ohne Verzögerung über sein Prozesskostenhilfegesuch entschieden werden kann (vgl. Senatsbeschlüsse vom 26. Oktober 2005 - XII ZB 125/05 - FamRZ 2006, 32, 33 und vom 13. Januar 1999 - XII ZB 166/98 - VersR 2000, 252; BGH Beschluss vom 21. September 2005 - IV ZB 21/05 - FamRZ 2005, 2062 m.w.N.).
10
Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe setzt voraus, dass der Antrag den gesetzlichen Erfordernissen des § 117 ZPO entspricht. Die Partei muss sich über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse unter Verwendung des zu diesem Zweck eingeführten Vordrucks vollständig und in einer Weise erklären, die die gerichtliche Prüfung der Antragsvoraussetzungen ermöglicht. Wenn, wie hier, Prozesskostenhilfe für die Rechtsmittelinstanz beantragt wird, hängt deshalb die Wiedereinsetzung in eine versäumte Rechtsmittelfrist (auch) davon ab, dass die Partei bis zum Ablauf dieser Frist ihre wirtschaftlichen Verhältnisse vollständig und übersichtlich dargestellt hat; dazu wird regelmäßig die fristgerechte Vorlage der Erklärung gemäß § 117 ZPO mit lückenlosen Angaben gefordert (Senatsbeschluss vom 13. Januar 1999 - XII ZB 166/98 - VersR 2000, 252).
11
Dabei dürfen die Anforderungen an die Darlegung der Bedürftigkeit allerdings nicht überspannt werden, weil dadurch der Zweck der Prozesskostenhilfe, dem Unbemittelten den weitgehend gleichen Zugang zu den Gerichten zu er- möglichen, deutlich verfehlt würde. Deshalb dürfen bei der Auslegung der Vorschriften über die Wiedereinsetzung die Anforderungen daran, was der Betroffene veranlasst haben muss, um Wiedereinsetzung zu erlangen, auch beim Zugang zu einer Rechtsmittelinstanz nicht überzogen werden. So kann die Partei , auch wenn der Vordruck gemäß § 117 ZPO einzelne Lücken enthält, u.U. gleichwohl darauf vertrauen, die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe dargetan zu haben. Das kommt namentlich dann in Betracht, wenn auf andere Weise ohne weiteres, etwa anhand der beigefügten Unterlagen, etwaige Lücken geschlossen oder Zweifel beseitigt werden können (Senatsbeschluss vom 13. Februar 2008 - XII ZB 151/07 - zur Veröffentlichung bestimmt; BGH Beschluss vom 21. September 2005 - IV ZB 21/05 - FamRZ 2005, 2062).
12
So liegen die Dinge auch hier. Die Beklagte hat in dem gemäß § 117 ZPO verwandten Vordruck unter Buchstabe C angegeben, vom Kläger Unterhalt zu erhalten; sie hat allerdings den vom Kläger geleisteten Betrag in den folgenden Angaben über ihre Bruttoeinnahmen (Buchstabe E des Vordrucks) nicht aufgeführt. Die Höhe des vom Kläger an die Beklagte gezahlten Unterhalts ergibt sich indes ohne weiteres aus der Begründung des von der Beklagten eingereichten ersten Prozesskostenhilfegesuchs selbst. Darin hat die Beklagte vorgetragen, der Kläger habe zwar aufgrund eines von den Parteien geschlossenen Unterhaltsvergleichs bis Mai 2005 Unterhalt in Höhe von monatlich 666,36 € geleistet. Die Zwangsvollstreckung aus diesem Vergleich sei jedoch am 28. April 2004 in Höhe von 299,36 € eingestellt worden; der Kläger zahle seither nur noch Unterhalt in Höhe von 367 € monatlich. Hierauf stützt die Beklagte auch ihre Berufung.
13
Für sich genommen stellt, wie das Oberlandesgericht insoweit mit Recht bemerkt, der von der Beklagten ausgefüllte Vordruck deren Verhältnisse nicht nachvollziehbar dar. Die Unterhaltsleistungen des Klägers an die Beklagte werden in ihm jedoch nicht verschwiegen; sie sind lediglich betragsmäßig nicht besonders aufgeführt. Damit enthält der von der Beklagten ausgefüllte Vordruck eine - offenkundige - Lücke; diese schließt sich jedoch, wenn die vom Prozessbevollmächtigten der Beklagten verfasste Begründung des Prozesskostenhilfegesuchs hinzugenommen wird. Diese Begründung ist knapp und leicht überschaubar abgefasst, so dass sich dem Leser die von der Beklagten behauptete Höhe der Unterhaltszahlungen des Klägers aus ihr - auch bei einer nur überschlägigen Lektüre - unmittelbar erschließt. Die Beklagte durfte deshalb erwarten , dass das Oberlandesgericht seiner Entscheidung über ihr Gesuch nicht nur die Angaben im ausgefüllten Vordruck, sondern auch die kurzgefassten und mühelos als solche erkennbaren Angaben über die Unterhaltszahlungen des Klägers in der Begründung ihres Prozesskostenhilfegesuchs zugrunde legen würde. Bei Berücksichtigung dieser Angaben hätte das Oberlandesgericht der Beklagten - wie auch später zur Verteidigung gegen die Berufung des Klägers und zur Durchführung ihrer Anschlussberufung geschehen - die Prozesskostenhilfe nicht mangels hinreichender Darlegung ihrer Bedürftigkeit verweigern dürfen. Die Beklagte musste deshalb bei Einreichung ihres Antrags auf Prozesskostenhilfe nicht mit dessen Ablehnung rechnen.
14
Der angefochtene Beschluss kann danach nicht bestehen bleiben. Der Senat vermag in der Sache zu entscheiden und der Beklagten die begehrte Wiedereinsetzung in die Berufungsfrist zu gewähren. Da die Beklagte die Berufung zugleich mit ihrem Wiedereinsetzungsantrag nicht nur eingelegt, sondern auch begründet hat, kann der Beklagten von Amts wegen Wiedereinsetzung auch in die Berufungsbegründungsfrist gewährt werden (§ 236 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 ZPO).
Sprick Weber-Monecke Wagenitz Ahlt Dose

Vorinstanzen:
AG Speyer, Entscheidung vom 24.01.2007 - 43 F 311/04 -
OLG Zweibrücken, Entscheidung vom 30.04.2007 - 5 UF 24/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 151/07
vom
13. Februar 2008
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Einer Partei, die vor Ablauf der Rechtsmittelfrist zur Durchführung des Rechtsmittels
Prozesskostenhilfe beantragt hat, ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
zu gewähren, wenn sie vernünftigerweise nicht mit der Verweigerung der Prozesskostenhilfe
wegen nicht hinreichend nachgewiesener Bedürftigkeit rechnen
musste. Das ist der Fall, wenn dem Antrag innerhalb der Rechtsmittelfrist eine
vollständig ausgefüllte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse
nebst den erforderlichen Anlagen beigefügt war (im Anschluss an die
Senatsbeschlüsse vom 31. August 2005 - XII ZB 116/05 - FamRZ 2005, 1901 und
vom 19. Mai 2004 - XII ZA 11/03 - FamRZ 2004, 1548).

b) Enthalten die Angaben in dem Vordruck über die persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnisse einzelne Lücken, kann die Partei unter Umständen gleichwohl darauf
vertrauen, die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe
genügend dargetan zu haben. Solches kommt in Betracht, wenn diese
Lücken oder Zweifel auf andere Weise ohne weiteres, etwa anhand der beigefügten
Unterlagen, geschlossen bzw. ausgeräumt werden können oder wenn sich
aufgrund der sonstigen Angaben und Belege aufdrängt, dass Einnahmen oder
Vermögenswerte nicht vorhanden sind (im Anschluss an Senatsbeschluss vom
3. Mai 2000 - XII ZB 21/00 - NJW-RR 2000, 1520 und BGH Beschluss vom
21. September 2005 - IV ZB 21/05 - FamRZ 2005, 2062).

c) Hatte der Antragsteller seinen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe
nebst ausgefüllter Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse
und Anlagen innerhalb der Rechtsmittelfrist eingereicht und hat das Gericht ihm
zur Vervollständigung der Angaben eine Frist gesetzt, darf er jedenfalls bis zum
Fristablauf weiterhin auf Bewilligung der beantragten Prozesskostenhilfe vertrauen.
BGH, Beschluss vom 13. Februar 2008 - XII ZB 151/07 - LG Kassel
AG Kassel
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Februar 2008 durch die
Richter Sprick, Fuchs und Dr. Ahlt, die Richterin Dr. Vézina und den Richter
Dose

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Kassel vom 16. August 2007 aufgehoben. Der Beklagten wird gegen die Versäumung der Fristen zur Einlegung und Begründung der Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Kassel vom 30. Januar 2007 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Wert: 667 €.

Gründe:


I.

1
Die Parteien streiten um Rückzahlung einer Mietkaution sowie um Verzugsschaden in Form außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
2
Das Amtsgericht hat die Beklagten zur Zahlung von 607,56 € nebst Zinsen sowie weiterer 59,15 € verurteilt. Das Urteil ist der Beklagten am 1. Februar 2007 zugestellt worden.
3
Mit einem am gleichen Tag eingegangenen Schriftsatz vom 27. Februar 2007 hat die Beklagte Prozesskostenhilfe für die Durchführung eines Beru- fungsverfahrens beantragt und dem Antrag eine Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Anlagen beigefügt. Mit Schreiben vom 16. März 2007 wurde der Beklagten vom Gericht aufgegeben, die Angaben zu ihren wirtschaftlichen Verhältnissen zu ergänzen. Dazu wurde ihr unter Hinweis auf § 118 Abs. 1 (richtig: Abs. 2) Satz 4 ZPO eine Frist von drei Wochen gesetzt. Die Frist wurde auf Antrag der Beklagten bis zum 9. Mai 2007 verlängert. Mit Schreiben vom 4. Mai 2007, eingegangen am 7. Mai 2007, ergänzte die Beklagte ihre Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Mit Verfügung vom 11. Mai 2007, der Beklagten zugestellt am 16. Mai 2007, wurde der Beklagten aufgegeben, ihre Angaben weiter zu ergänzen. Außerdem hieß es darin: "Das Formular über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bedarf des vollständigen Ausfüllens, insbesondere muss die Antragstellerin im Rahmen der "Wohnkosten" und der "sonstigen Zahlungsverpflichtungen" angeben, welche Zahlungen sie selbst auf die Verpflichtungen erbringt."
4
Auch insoweit wurde der Beklagten eine Frist von drei Wochen gesetzt. Mit einem am 8. Juni 2007 eingegangenen Schriftsatz vom 6. Juni 2007 reichte die Beklagte weitere Unterlagen ein und fragte ergänzend an, ob "nochmals ein komplett neu ausgefülltes Formular" über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingereicht werden müsse. Mit Verfügung vom 13. Juni 2007, zugestellt am 15. Juni 2007, wurde der Beklagten Gelegenheit gegeben, "bis zum 27.06.2007 die im Schriftsatz vom 06.06.2007 vorgetragenen Tatsachen glaubhaft zu machen." Es bleibe der Beklagten unbenommen, ein neues Formular über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auszufüllen oder das bereits ausgefüllte Formular entsprechend zu ergänzen. Weiter wurde darauf hingewiesen, dass am 28. Juni 2007 über das PKH-Gesuch entschieden werde.
Mit einem am 27. Juni 2007 eingegangenen Schriftsatz vom 26. Juni 2007 reichte die Beklagte eine neu ausgefüllte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie weitere Unterlagen zu Nebenkosten und zwei eidesstattliche Versicherungen ein. Mit Beschluss vom 28. Juni 2007 wurde der Beklagten die begehrte Prozesskostenhilfe versagt, weil sie ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse noch immer nicht in einem Umfang glaubhaft gemacht habe, der eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe zulasse. Der Beschluss wurde der Beklagten am 4. Juli 2007 zugestellt.
5
Mit einem am 11. Juli 2007 eingegangenen Schriftsatz vom 10. Juli 2007 beantragte die Beklagte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, legte zugleich Berufung ein und begründete sie. Mit dem angefochtenen Beschluss vom 16. August 2007 hat das Berufungsgericht den Antrag der Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und die Berufung der Beklagten verworfen. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in die Berufungsfrist sei nicht innerhalb der 14-tägigen Frist eingegangen. Diese habe spätestens am 26. Juni 2007 begonnen , als der Prozessbevollmächtigte der Beklagten wegen seiner unzureichenden Antwort auf die verschiedenen Hinweise der Kammer vernünftigerweise nicht mehr mit einer Bewilligung von Prozesskostenhilfe habe rechnen dürfen. Die Wiedereinsetzungsfrist sei deswegen am (Dienstag) 10. Juli 2007 abgelaufen. Der am 11. Juli 2007 eingegangene Wiedereinsetzungsantrag sei mithin verfristet. Damit sei auch die Berufung verspätet eingegangen und deswegen ebenfalls als unzulässig zu verwerfen.
6
Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Rechtsbeschwerde.

II.

7
1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft und zulässig (§§ 238 Abs. 2 Satz 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
8
Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, weil das Berufungsgericht die von der Beklagten für eine Wiedereinsetzung in die Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist vorgetragenen Gründe mit unzutreffenden Erwägungen übergangen und damit deren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt hat. Nach gefestigter Rechtsprechung dient das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in besonderer Weise dazu, den Rechtsschutz und das rechtliche Gehör zu garantieren. Daher gebieten es die Verfahrensgrundrechte auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip ) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG), den Zugang zu den Gerichten und den in den Verfahrensordnungen vorgesehenen Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (BGHZ 151, 221, 227 m.w.N.; Senatsbeschluss vom 9. Februar 2005 - XII ZB 225/04 - FamRZ 2005, 791, 792). Gegen diesen Grundsatz verstößt die angefochtene Entscheidung.
9
2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet und führt zur Wiedereinsetzung in die schuldlos versäumte Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist.
10
a) Eine arme Partei, die ein Rechtsmittel einlegen will, hat grundsätzlich Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn sie ihr Prozesskostenhilfegesuch bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist eingereicht hatte (ständige Rechtsprechung seit BGHZ 16, 1, 3). Das setzt allerdings voraus, dass dem Antrag auf Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Rechtsmittelverfahrens innerhalb der Rechtsmittelfrist neben der ausgefüllten Erklärung über die per- sönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auch die insoweit notwendigen Belege beigefügt waren (Senatsbeschluss vom 31. August 2005 - XII ZB 116/05 - FamRZ 2005, 1901, 1902). Denn für den Regelfall schreibt § 117 Abs. 4 ZPO zwingend vor, dass sich der Antragsteller zur Darlegung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des durch die Verordnung vom 17. Oktober 1994 (BGBl. I 3001, abgedruckt bei Zöller/Philippi ZPO 26. Aufl. § 117 Rdn. 15) eingeführten Vordrucks bedienen muss. Der Antragsteller kann deswegen grundsätzlich nur dann davon ausgehen, die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe dargetan zu haben, wenn er rechtzeitig vor Ablauf der Rechtsmittelfrist einen ordnungsgemäß ausgefüllten Vordruck nebst den erforderlichen Anlagen zu den Akten reicht (Senatsbeschlüsse vom 31. August 2005 - XII ZB 116/05 - FamRZ 2005, 1901, 1902 und vom 19. Mai 2004 - XII ZA 11/03 - FamRZ 2004, 1548).
11
Enthalten die Angaben im Vordruck über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse einzelne Lücken, kann die Partei unter Umständen gleichwohl darauf vertrauen, die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe genügend dargetan zu haben. Solches kommt in Betracht , wenn diese Lücken oder Zweifel auf andere Weise ohne weiteres, etwa anhand der beigefügten Unterlagen, geschlossen bzw. ausgeräumt werden können (Senatsbeschluss vom 3. Mai 2000 - XII ZB 21/00 - NJW-RR 2000, 1520). Gleiches gilt, wenn zwar einzelne Fragen zu den Einnahmen nicht beantwortet sind, sich aber aufgrund der sonstigen Angaben und Belege aufdrängt , dass solche Einnahmen nicht vorhanden sind (BGH Beschluss vom 21. September 2005 - IV ZB 21/05 - FamRZ 2005, 2062 und Senatsbeschluss vom 3. Mai 2000 - XII ZB 21/00 - NJW-RR 2000, 1520).
12
Auch wenn der Antragsteller seinen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe nebst ausgefüllter Erklärung über die persönlichen und wirtschaftli- chen Verhältnisse und Anlagen innerhalb der Rechtsmittelfrist eingereicht hatte und das Gericht ihm zur Vervollständigung der Angaben eine Frist gesetzt hatte , darf er weiterhin auf Bewilligung der beantragten Prozesskostenhilfe vertrauen. In solchen Fällen entfällt das schutzwürdige Vertrauen in die Bewilligung der begehrten Prozesskostenhilfe erst mit Ablauf der gesetzten Frist. Ist der Antragsteller der Auflage hingegen nachgekommen, endet sein schutzwürdiges Vertrauen erst mit Zustellung des die beantragte Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschlusses. Das gilt auch dann, wenn die dem Antragsteller gesetzte Frist mehrfach verlängert wurde, weil das schutzwürdige Vertrauen auf Bewilligung der begehrten Prozesskostenhilfe auch dann noch bis zur letzten gesetzten Frist fortbesteht. Selbst wenn der Antragsteller innerhalb der gesetzten Frist reagiert, aber zunächst nur einen Teil der offenen Fragen klärt, ist sein Vertrauen auf die Bewilligung der beantragten Prozesskostenhilfe weiter geschützt. Denn dies wäre auch ohne die (Teil-)Antwort der Fall, und dem Antragsteller bleibt es unbenommen, die Antwort bis zum Fristablauf weiter zu ergänzen.
13
b) Nach diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht der Beklagten die begehrte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu Unrecht versagt. Denn der Vorsitzende und der Berichterstatter hatten der Beklagten wiederholt Fristen zur Ergänzung des Prozesskostenhilfeantrags gesetzt, die von der Beklagten stets beantwortet wurden. Die letzte mit Verfügung vom 13. Juni 2007 gesetzte Frist lief bis zum 27. Juni 2007. Jedenfalls bis zu diesem Tag durfte die Beklagte darauf vertrauen, doch noch Prozesskostenhilfe bewilligt zu bekommen. Daran ändert der Schriftsatz vom 26. Juni 2007 nichts, weil die Beklagte Gelegenheit hatte, weitere Fragen fristgerecht bis zum 27. Juni 2007 zu beantworten. Weil die Wiedereinsetzungsfrist deswegen frühestens am 27. Juni 2007 begann, war sie entgegen der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts bei Eingang des Antrags auf Wiedereinsetzung am 11. Juli 2007 nicht abgelaufen.
14
Solange die vom Berufungsgericht gesetzte Frist lief, war die Beklagte somit schuldlos daran gehindert, die Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist zu wahren. Erst mit fruchtlosem Ablauf dieser Frist zur Ergänzung des Prozesskostenhilfeantrags durfte die Beklagte nicht mehr auf eine Bewilligung der Prozesskostenhilfe vertrauen. Erst in diesem Zeitpunkt begannen mithin die Wiedereinsetzungsfristen des § 234 Abs. 1 Satz 1 und 2 ZPO.
15
d) Die gleichzeitig ausgesprochene Verwerfung der Berufung steht der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht entgegen, weil diese Entscheidung durch die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ihre Grundlage verliert und damit gegenstandslos wird (Senatsbeschlüsse vom 15. August 2007 - XII ZB 101/07 - FamRZ 2007, 1725, 1726, vom 10. Mai 2006 - XII ZB 240/05 - NJW 2006, 2269 und vom 9. Februar 2005 - XII ZB 225/05 - FamRZ 2005, 791, 792).
Sprick Fuchs Ahlt Vézina Dose Vorinstanzen:
AG Kassel, Entscheidung vom 30.01.2007 - 452 C 2931/06 -
LG Kassel, Entscheidung vom 16.08.2007 - 1 S 59/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZA 8/04
vom
7. Oktober 2004
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 7. Oktober 2004 durch den
Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel und die Richter Tropf,
Prof. Dr. Krüger, Dr. Gaier und Dr. Schmidt-Räntsch

beschlossen:
Der Antrag der Antragsteller auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe:


I.


Das sie beschwerende Urteil des Oberlandesgerichts ist den Beklagten und Antragstellern zu Händen ihrer Prozeßbevollmächtigten am 18. Juni 2004 zugestellt worden. Mit am 16. Juli 2004 eingegangenem Schriftsatz haben die Antragsteller, vertreten durch ihre zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten, einen Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für eine beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Berufungsurteil gestellt. In diesem Antrag ist auf eine Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen verwiesen worden, die in erster Instanz zu den Akten gereicht worden sein soll. Die Antragsteller haben dazu angegeben, in der Zwischenzeit seien keine Änderungen eingetreten. Weitere Unterlagen sind bis zu m Ablauf der Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht eingegangen.

II.


Der Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe ist ab zulehnen, weil die Antragsteller nicht dargelegt haben, daß sie nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage sind, die Kosten der Prozeßführung aufzubringen, § 114 ZPO. Sie haben entgegen § 117 Abs. 4 ZPO ihrem Antrag nicht die vorgeschriebenen Vordrucke für die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beigefügt. Zwar ist es grundsätzlich ausreichend, auf bereits zu den Akten gereichte Vordrucke Bezug zu nehmen, wenn Veränderungen seitdem nicht eingetreten sind und wenn hierauf unmißverständlich hingewiesen wird (BGH, Beschl. v. 12. Juni 2001, XI ZR 161/01, NJW 2001, 2720, 2721). Doch genügt eine solche Bezugnahme den Anforderungen nur, wenn die früher eingereichten Unterlagen ihrerseits ausreichten , um die Bedürftigkeit darzulegen. Daran fehlt es im vorliegenden Fall.
In dem konkreten Verfahren sind Erklärungen über die p ersönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse weder in erster noch in zweiter Instanz vorgelegt worden. In zweiter Instanz ist ein Prozeßkostenhilfeantrag gestellt und auf Unterlagen verwiesen worden, die in erster Instanz eingereicht worden sein sollen , die aber ein anderes Verfahren mit umgekehrtem Rubrum (4 O 122/01 LG Lübeck) betreffen und vom 22. März 2001 stammen. Zu diesem Zeitpunkt war die Klage im vorliegenden Verfahren noch nicht einmal anhängig. Desweiteren sind diese Unterlagen unvollständig und erlauben nicht die Prüfung, ob die Antragsteller nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen außerstande sind, die Prozeßkosten aufzubringen. Zwar haben die Antragsteller den Vordruck nach § 117 Abs. 3 ZPO ausgefüllt. Es fehlen jedoch jegliche Nachweise über die angegebenen Einkünfte und über die geltend gemachten Ver-
pflichtungen. Den Anträgen ist nur die Angabe zu entnehmen, die Antragsteller lebten "von Unterstützung durch den Sohn u. Rente von 800" DM (Ehemann). Diese Angaben sind ohne Nachweise und Belege nicht prüfbar.
Hinzu kommt ein weiteres. Entgegen den Angaben im Ant rag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für die Nichtzulassungsbeschwerde sind gegenüber den Angaben aus dem Jahre 2001 erhebliche Änderun gen eingetreten. In einem nunmehr, nach Ablauf der Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde , vorgelegten Formular nach § 117 Abs. 3 ZPO bezieht der Antragsteller eine Rente von 381,14 € monatlich sowie Sozialhilfe von monatlich 559,49 €. Folglich war schon die Bezugnahme auf die früher eingereichten Unterlagen unzulässig und die Versicherung, es seien keine Än derungen eingetreten , falsch.

III.


Ein Hinweis auf die fehlende Substantiierung des Proze ßkostenhilfeantrags konnte nicht innerhalb der Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde erfolgen, weil der Antrag erst am 16. Juli 2004, und damit nur 3 Tage vor Ablauf der Rechtsmittelfrist, eingegangen ist. Innerhalb dieser 3 Tage, die zudem ein Wochenende umfaßten, ist die Akte nicht zur Prüfung der Voraussetzungen des Prozeßkostenhilfeantrags vorgelegt worden und konnte dies nach dem gewöhnlichen Geschäftsablauf auch nicht.
Eines Hinweises zum jetzigen Zeitpunkt bedarf es nicht, we il den Antragstellern damit nicht gedient wäre. Die Frist zur Einlegung der Nichtzulas-
sungsbeschwerde ist verstrichen. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, § 233 ZPO, kommt nicht in Betracht. Eine Partei, die nicht in der Lage ist, die Prozeßkosten zu tragen, muß ihr vollständiges Gesuch um Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für ein Rechtsmittelverfahren unter Verwendung der vorgeschriebenen Vordrucke und Beifügung aller erforderlichen Unterlagen innerhalb der Rechtsmittelfrist einreichen (vgl. BGHZ 38, 376, 378; BGH, Beschl. v. 21. September 1988, IVb ZB 101/88, BGHR ZPO § 233 Prozeßkostenhilfe 4 mit weiteren Nachweisen; Beschl. v. 26. September 2002, I ZB 20/02, Umdruck S. 4, unveröffentlicht). Ist dies nicht geschehen, war die Partei nicht ohne ihr Verschulden verhindert, die Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde einzuhalten (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 24. Aufl., § 233 Rdn. 23, Stichwort: Prozeßkostenhilfe). Ein etwaiges Verschulden ihrer Anwälte wäre den Antragstellern nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen (vgl. BGH, Beschl. v. 12. Juni 2001, XI ZR 161/01, NJW 2001, 2720).
Wenzel Tropf Krüger Gaier Schmidt-Räntsch

(1) Der Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe ist bei dem Prozessgericht zu stellen; er kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. In dem Antrag ist das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung ist bei dem für die Zwangsvollstreckung zuständigen Gericht zu stellen.

(2) Dem Antrag sind eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen. Die Erklärung und die Belege dürfen dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden; es sei denn, der Gegner hat gegen den Antragsteller nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts einen Anspruch auf Auskunft über Einkünfte und Vermögen des Antragstellers. Dem Antragsteller ist vor der Übermittlung seiner Erklärung an den Gegner Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Er ist über die Übermittlung seiner Erklärung zu unterrichten.

(3) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, zur Vereinfachung und Vereinheitlichung des Verfahrens durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Formulare für die Erklärung einzuführen. Die Formulare enthalten die nach § 120a Absatz 2 Satz 4 erforderliche Belehrung.

(4) Soweit Formulare für die Erklärung eingeführt sind, muss sich die Partei ihrer bedienen.

Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union nach der Richtlinie 2003/8/EG des Rates vom 27. Januar 2003 zur Verbesserung des Zugangs zum Recht bei Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug durch Festlegung gemeinsamer Mindestvorschriften für die Prozesskostenhilfe in derartigen Streitsachen (ABl. EG Nr. L 26 S. 41, ABl. EU Nr. L 32 S. 15) gelten die §§ 114 bis 127a, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist.

(1) Der Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe ist bei dem Prozessgericht zu stellen; er kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. In dem Antrag ist das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung ist bei dem für die Zwangsvollstreckung zuständigen Gericht zu stellen.

(2) Dem Antrag sind eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen. Die Erklärung und die Belege dürfen dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden; es sei denn, der Gegner hat gegen den Antragsteller nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts einen Anspruch auf Auskunft über Einkünfte und Vermögen des Antragstellers. Dem Antragsteller ist vor der Übermittlung seiner Erklärung an den Gegner Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Er ist über die Übermittlung seiner Erklärung zu unterrichten.

(3) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, zur Vereinfachung und Vereinheitlichung des Verfahrens durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Formulare für die Erklärung einzuführen. Die Formulare enthalten die nach § 120a Absatz 2 Satz 4 erforderliche Belehrung.

(4) Soweit Formulare für die Erklärung eingeführt sind, muss sich die Partei ihrer bedienen.

Für die Erklärung der Partei sowie für die Übermittlung derartiger Anträge nach Artikel 13 der Richtlinie 2003/8/EG des Rates vom 27. Januar 2003 zur Verbesserung des Zugangs zum Recht bei Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug durch Festlegung gemeinsamer Mindestvorschriften für die Prozesskostenhilfe in derartigen Streitsachen (ABl. EG Nr. L 26 S. 41, ABl. EU Nr. L 32 S. 15) werden die in der Anlage bestimmten Vordrucke eingeführt.