Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Sept. 2012 - V ZB 101/12
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gerichtskosten werden in allen Instanzen nicht erhoben. Die Stadt Trier hat dem Betroffenen die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen in allen Instanzen zu erstatten.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 3.000 €.
Gründe:
I.
- 1
- Der Betroffene, ein armenischer Staatsangehöriger, reiste im September 2010 nach Deutschland ein. Nach erfolglosem Asylverfahren wurde er im Dezember 2010 in die slowakische Republik abgeschoben. Am 17. Januar 2012 wurde er bei einem Diebstahlsversuch in Trier festgenommen; dabei gab er falsche Personalien an. Am folgenden Tag hat das Amtsgericht Haft bis zum 16. April 2012 zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Die Beschwerde, mit der der Betroffene nach erfolgter Abschiebung in die slowakische Republik beantragt hat, die Rechtswidrigkeit der Haftanordnung festzustellen, hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt er den Feststellungsantrag weiter.
II.
- 2
- Das Beschwerdegericht meint, es sei ausreichend gewesen, dem Betroffenen zu Beginn der richterlichen Anhörung die wesentlichen Gründe des Haftantrags mitzuteilen, da es sich um einen einfach gelagerten Sachverhalt handle. Im Übrigen sei ihm der Haftantrag zu Beginn der Anhörung vorgelegt worden. Die erforderlichen Zustimmungen der Staatsanwaltschaften hätten im Zeitpunkt der Haftanordnung vorgelegen. Dass die Zustimmung der Staatsanwaltschaft Detmold erst nach Stellung des Haftantrages erteilt worden sei, schade nicht.
III.
- 3
- Die auch gegen die Zurückweisung eines Feststellungsantrags nach § 62 FamFG ohne Zulassung statthafte Rechtsbeschwerde (Senat, Beschluss vom 6. Oktober 2011 - V ZB 314/10, FGPrax 2012, 44, 45) ist bereits deswegen begründet , weil der Betroffene keine Möglichkeit hatte, bei der Anhörung vor dem Amtsgericht zum Vorliegen des Einvernehmens der Staatsanwaltschaft Detmold Stellung zu nehmen.
- 4
- Die Beteiligte zu 2 hatte im Haftantrag vom 17. Januar 2012 mitgeteilt, dass gegen den Betroffenen ein (weiteres) Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft Detmold wegen Diebstahls mit Waffen geführt werde; eine Antwort auf die Anfrage, ob die Staatsanwaltschaft das Einvernehmen zur Abschiebung erteile, liege noch nicht vor. Am Folgetag teilte die Beteiligte zu 2 unter Vorlage einer Bestätigung der Staatsanwaltschaft Detmold der Richterin am Amtsgericht per E-Mail mit, dass die Zustimmung zwischenzeitlich erteilt sei. Dem Protokoll der richterlichen Anhörung des Betroffenen vom 18. Januar 2012 lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass er hierüber in Kenntnis gesetzt wurde. Dort ist lediglich festgehalten, dass ihm "die wesentlichen Gründe des Antrags bekannt gegeben" worden seien. Es kann dahingestellt bleiben, ob dem Betroffenen - was erforderlich gewesen wäre (vgl. Senat, Beschluss vom 14. Juni 2012 - V ZB 284/11, juris Rn. 9) - der Haftantrag vor der Anhörung in Kopie ausgehändigt wurde. Denn den Ausführungen der Beteiligten zu 2 im Beschwerdeverfahren , wonach dem Betroffenen der Haftantrag vor der Verhandlung vorgelegt worden ist, lässt sich nicht entnehmen, dass ihm auch die den Haftantrag ergänzende E-Mail der Beteiligten zu 2 ausgehändigt oder zumindest bekannt gegeben wurde. Aus diesem Grund kann nicht ausgeschlossen werden, dass er nicht in der Lage war, sich zu den Angaben der beteiligten Behörde über das nun vorliegende Einvernehmen der Staatsanwaltschaft (vgl. § 417 Abs. 2 FamFG) zu äußern.
- 5
- Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts kommt es nicht allein darauf an, dass das Einvernehmen der Staatsanwaltschaft tatsächlich vorlag und das Gericht hiervon Kenntnis hatte. Denn die den Haftantrag ergänzenden Ausführungen der Beteiligten zu 2 richten sich nicht nur an das Gericht, sondern auch an den Betroffenen (vgl. Senat, Beschluss vom 31. Mai 2012 - V ZB 167/11, NJW 2012, 2448); dieser muss Gelegenheit haben, hierzu in der gerichtlichen Anhörung Stellung zu nehmen (Senat, Beschluss vom 29. September 2011 - V ZB 61/11, juris Rn. 9).
IV.
- 6
- Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 83 Abs. 2, § 430 FamFG, Art. 5 Abs. 5 EMRK analog. Die Festsetzung des Beschwerdewerts folgt aus § 128c Abs. 2 KostO i.V.m. § 30 Abs. 2 KostO. Stresemann Czub Brückner Weinland Kazele
AG Trier, Entscheidung vom 18.01.2012 - 35 XIV 1/12.B -
LG Trier, Entscheidung vom 26.04.2012 - 6 T 19/12 -
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(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.
(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn
(3) Hat der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.
(1) Die Freiheitsentziehung darf das Gericht nur auf Antrag der zuständigen Verwaltungsbehörde anordnen.
(2) Der Antrag ist zu begründen. Die Begründung hat folgende Tatsachen zu enthalten:
- 1.
die Identität des Betroffenen, - 2.
den gewöhnlichen Aufenthaltsort des Betroffenen, - 3.
die Erforderlichkeit der Freiheitsentziehung, - 4.
die erforderliche Dauer der Freiheitsentziehung sowie - 5.
in Verfahren der Abschiebungs-, Zurückschiebungs- und Zurückweisungshaft die Verlassenspflicht des Betroffenen sowie die Voraussetzungen und die Durchführbarkeit der Abschiebung, Zurückschiebung und Zurückweisung.
(3) Tatsachen nach Absatz 2 Satz 2 können bis zum Ende der letzten Tatsacheninstanz ergänzt werden.
(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.
(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn
- 1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat; - 2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste; - 3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat; - 4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat; - 5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.
(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.
(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.
(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.
(1) Wird das Verfahren durch Vergleich erledigt und haben die Beteiligten keine Bestimmung über die Kosten getroffen, fallen die Gerichtskosten jedem Teil zu gleichen Teilen zur Last. Die außergerichtlichen Kosten trägt jeder Beteiligte selbst.
(2) Ist das Verfahren auf sonstige Weise erledigt oder wird der Antrag zurückgenommen, gilt § 81 entsprechend.
Wird ein Antrag der Verwaltungsbehörde auf Freiheitsentziehung abgelehnt oder zurückgenommen und hat das Verfahren ergeben, dass ein begründeter Anlass zur Stellung des Antrags nicht vorlag, hat das Gericht die Auslagen des Betroffenen, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren, der Körperschaft aufzuerlegen, der die Verwaltungsbehörde angehört.