vorgehend
Landgericht Frankfurt am Main, 6 O 182/12, 28.08.2013
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, 11 U 95/13, 09.12.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
KZR 2/15
vom
24. April 2017
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2017:240417BKZR2.15.0

Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. April 2017 durch die Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck und Dr. Raum sowie die Richter Dr. Kirchhoff, Dr. Bacher und Dr. Deichfuß

beschlossen:
Die Anhörungsrüge gegen das Urteil vom 24. Januar 2017 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Gründe:

1
I. Mit Urteil vom 24. Januar 2017 hat der Senat auf die Revision der Klägerin das Urteil des 1. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 9. Dezember 2014 aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Mit ihrer Anhörungsrüge macht die Beklagte geltend, die Entscheidung verletze ihren Anspruch auf rechtliches Gehör.
2
II. Die gemäß § 321a ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Anhörungsrüge ist unbegründet.
3
1. Die Beklagte macht geltend, die wechselseitigen vertraglichen Pflichten seien im Zusammenhang mit dem Kabelverkauf unter Wettbewerbsbedingungen ausgehandelt worden. Soweit sie im regulierten Bereich verpflichtet sei, eine Mitbenutzung zu gestatten, gewähre sie entsprechende Konditionen nicht, insbesondere keine derart lange Laufzeit ohne eigenes Kündigungsrecht. Die Auffassung des Senats, wonach eine Überprüfung der Höhe der Miete nach Maßgabe von § 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 GWB nicht voraussetze, dass die Klägerin kündige, führe dazu, dass die Beklagte an den bisherigen Konditionen der Mietverträge - mit Ausnahme der Höhe des Entgelts - festgehalten werde. Zu dieser Auffassung könne der Senat nur gelangt sein, indem er den Vortrag der Beklagten, wonach sie nicht bereit sei, die Mietverträge mit der Klägerin zu den bisherigen Konditionen unter Änderung allein des Entgelts fortzusetzen, übergangen habe. Darin liege eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör.
4
Diese Rüge ist unbegründet.
5
Der Senat hat den Vortrag der Beklagten, wonach der Unternehmenskaufvertrag und die Mietverträge zusammen abgeschlossen und die Konditionen der Mietverträge unter Wettbewerbsbedingungen vereinbart wurden, nicht übergangen, sondern eingehend behandelt (Randnummern 4, 19, 21, 31-42). Dass er daraus nicht den Schluss gezogen hat, die Klägerin habe nur die Möglichkeit, entweder die Mietverträge zu den einmal vereinbarten Konditionen fortzusetzen oder die Kündigung zu erklären, begründet keine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG.
6
2. Die Beklagte rügt, die Auffassung des Senats, die Revisionserwiderung habe nicht aufgezeigt, dass den sachlichen Unterschieden zwischen den Leistungen, für deren Inanspruchnahme die Bundesnetzagentur ein Entgelt festgesetzt habe, und den in den Mietverträgen der Parteien festgelegten Leistungen ein solches Gewicht zukomme, dass eine Vergleichbarkeit von vornherein ausscheide, beruhe darauf, dass zentrale Einwände der Beklagten gegen die Berechnungsweise der Klägerin nicht berücksichtigt worden seien.
7
Diese Rüge ist gleichfalls unbegründet.
8
Die Gerichte sind verpflichtet, das tatsächliche und rechtliche Vorbringen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Der verfassungsrechtlich gewährleistete Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) soll sicherstellen, dass die von den Gerichten zu treffenden Entscheidungen frei von materiell-rechtlichen Fehlern oder Verfahrensfehlern ergehen, welche ihren Grund darin haben, dass der Vortrag der Parteien nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidungsfindung nicht berücksichtigt worden ist (BVerfGE 60, 250, 252; BVerfGE 69, 141, 143 f.; BVerfGE 86, 133, 145 f.). Damit ist jedoch kein Anspruch darauf verbunden, dass jedes Vorbringen ausdrücklich beschieden wird. Vielmehr ist grundsätzlich davon auszugehen, dass das Gericht das von ihm entgegengenommene Parteivorbringen in Erwägung gezogen hat, auch wenn es die von einer Partei daraus gezogenen rechtlichen Schlussfolgerungen nicht teilt (BGH, Beschluss vom 7. Juli 2011 - I ZB 68/10, GRUR 2012, 314 Rn. 15 - Medicus.log). Der Senat hat die Einwände der Beklagten gegen den von der Klägerin angestellten Vergleich in Randnummer 28 zusammenfassend beschieden. Insbesondere wurde der Einwand der Beklagten, im Mietvertrag sei kein streckenbezogener Preis vereinbart worden, weder übersehen noch übergangen. Der Senat hat seiner Entscheidung mangels tatrichterlicher Feststellungen den Vortrag der Klägerin zugrunde gelegt, wonach das vereinbarte Entgelt einer Miete in Höhe von 3,41 Euro pro Meter und Jahr entspreche (Randnummer 26).
9
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Meier-Beck Raum Kirchhoff
Bacher Deichfuß
Vorinstanzen:
LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 28.08.2013 - 2-6 O 182/12 -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 09.12.2014 - 11 U 95/13 (Kart) -

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Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Apr. 2017 - KZR 2/15 zitiert 4 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 321a Abhilfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör


(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn1.ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und2.das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches G

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 19 Verbotenes Verhalten von marktbeherrschenden Unternehmen


(1) Der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen ist verboten. (2) Ein Missbrauch liegt insbesondere vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren

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Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Juli 2011 - I ZB 68/10

bei uns veröffentlicht am 07.07.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I ZB 68/10 vom 7. Juli 2011 in der Rechtsbeschwerdesache betreffend die Marke Nr. 304 33 479 Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja Medicus.log GG Art. 103 Abs. 1; MarkenG § 83 Abs. 3 Nr. 3 Geht das

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(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.

(1) Der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen ist verboten.

(2) Ein Missbrauch liegt insbesondere vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen

1.
ein anderes Unternehmen unmittelbar oder mittelbar unbillig behindert oder ohne sachlich gerechtfertigten Grund unmittelbar oder mittelbar anders behandelt als gleichartige Unternehmen;
2.
Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, die von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden; hierbei sind insbesondere die Verhaltensweisen von Unternehmen auf vergleichbaren Märkten mit wirksamem Wettbewerb zu berücksichtigen;
3.
ungünstigere Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, als sie das marktbeherrschende Unternehmen selbst auf vergleichbaren Märkten von gleichartigen Abnehmern fordert, es sei denn, dass der Unterschied sachlich gerechtfertigt ist;
4.
sich weigert, ein anderes Unternehmen gegen angemessenes Entgelt mit einer solchen Ware oder gewerblichen Leistung zu beliefern, insbesondere ihm Zugang zu Daten, zu Netzen oder anderen Infrastruktureinrichtungen zu gewähren, und die Belieferung oder die Gewährung des Zugangs objektiv notwendig ist, um auf einem vor- oder nachgelagerten Markt tätig zu sein und die Weigerung den wirksamen Wettbewerb auf diesem Markt auszuschalten droht, es sei denn, die Weigerung ist sachlich gerechtfertigt;
5.
andere Unternehmen dazu auffordert, ihm ohne sachlich gerechtfertigten Grund Vorteile zu gewähren; hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob die Aufforderung für das andere Unternehmen nachvollziehbar begründet ist und ob der geforderte Vorteil in einem angemessenen Verhältnis zum Grund der Forderung steht.

(3) Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 und Nummer 5 gilt auch für Vereinigungen von miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen im Sinne der §§ 2, 3 und 28 Absatz 1, § 30 Absatz 2a, 2b und § 31 Absatz 1 Nummer 1, 2 und 4. Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt auch für Unternehmen, die Preise nach § 28 Absatz 2 oder § 30 Absatz 1 Satz 1 oder § 31 Absatz 1 Nummer 3 binden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

15
Ein Gericht ist nicht gehalten, auf jeden Vortrag eines unterlegenen Beteiligten im Einzelnen einzugehen. Von der Versagung des rechtlichen Gehörs ist erst auszugehen, wenn das Gericht auf einen wesentlichen Kern des Vortrags eines Beteiligten zu einer entscheidungserheblichen Frage nicht eingeht (vgl. BVerfGE 86, 133, 145 f.; BGH, Beschluss vom 30. April 2008 - I ZB 4/07, GRUR 2008, 731 Rn. 18 = WRP 2008, 1110 - alphaCAM). Hiervon kann im Streitfall keine Rede sein, in dem das Bundespatentgericht eine Ähnlichkeit zwischen Schuhwaren und den Dienstleistungen der Klassen 35 und 39, für die die angegriffene Marke konkret geschützt ist, eindeutig verneint hat. Diese umfassen - anders als die Ausführungen der Rechtsbeschwerde nahelegen - nicht Einzelhandelsdienstleistungen im Schuhsektor, für die eine Ähnlichkeit zu den in Rede stehenden Schuhwaren nicht ohne weiteres ausgeschlossen wäre.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)