Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Feb. 2011 - IX ZR 80/08

published on 10/02/2011 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Feb. 2011 - IX ZR 80/08
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Landgericht Erfurt, 7 O 2479/05, 27/06/2007
Thüringer Oberlandesgericht, 8 U 630/07, 12/03/2008

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR 80/08
vom
10. Februar 2011
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein und Vill, die Richterin Lohmann
und den Richter Dr. Fischer
am 10. Februar 2011

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 8. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts vom 12. März 2008 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 23.184,23 € festgesetzt.

Gründe:


1
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft (§ 544 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und zulässig (§ 544 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 ZPO). Sie hat jedoch keinen Erfolg. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Einheitlichkeit der Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO).
2
1. Die von der Beschwerde geltend gemachte Divergenz zu der Entscheidung des VIII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 11. Juni 1980 (VIII ZR 62/79, BGHZ 77, 250 ff) liegt nicht vor. Danach muss das Prozessgericht zur Angemessenheit der Höhe eines Anwaltshonorars ein Gutachten des Vorstandes der Rechtsanwaltskammer nicht einholen, wenn im Rahmen einer Konkursanfechtungsklage die Kongruenz einer aufgrund einer Honorarabrede erbrachten Honorarzahlung zu prüfen ist. Darum geht es im Streitfall nicht. Das Berufungsgericht hat die Beklagte zur Teilrückzahlung des am 18. Juli 2003 erhaltenen Honorars nicht aufgrund Insolvenzanfechtungsrechts, sondern nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen verurteilt. Außerdem hatte es nicht gemäß § 3 Abs. 3 BRAGO die Angemessenheit einer Honorarvereinbarung zu überprüfen, sondern das von der Beklagten nach § 12 Abs. 1 BRAGO ausgeübte Recht zur Bestimmung von Rahmengebühren. Das Urteil vom 11. Juni 1980 enthält keine weitergehenden allgemeinen Rechtssätze, in welchen Fällen die Prozessgerichte gemäß § 12 Abs. 2 BRAGO ein Gebührengutachten einzuholen haben. Die Beschwerde hat zu dieser Frage auch keine anderen Zulassungsgründe dargelegt. Selbst wenn das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft auf ein solches Gutachten verzichtet haben sollte, folgt daraus noch kein Bedarf an einer Einheitlichkeitssicherung.
3
Die Einschätzung des Berufungsgerichts, die Leistungen der Beklagten bei den Verhandlungen mit der I. AG rechtfertigten nur 5/10-Gebühren nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BRAGO, beruht weder auf der Verletzung rechtlichen Gehörs noch auf einem Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Beschwerde gesteht selbst zu, dass das Berufungsgericht den maßgeblichen Vortrag der Beklagten zur Kenntnis genommen hat. Dieser lässt Raum für die Einschätzung des Berufungsgerichts.
4
2. Entgegen der Ansicht der Beschwerde steht die Annahme des Berufungsgerichts , die Honorarzahlung vom 3. September 2003 für die Fertigung des Insolvenzantrags stelle kein Bargeschäft gemäß § 142 InsO dar, im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Das Berufungsurteil hat die zu dieser Fragestellung maßgeblichen Rechtssätze des Senats (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2007 - IX ZR 113/06, ZIP 2008, 232 ff) seiner einzelfallbezogenen Beurteilung zugrunde gelegt.
5
3. Der Senat hat bereits mit Urteil vom 15. Dezember 1994 (IX ZR 18/94, ZIP 1995, 297) entschieden, dass der konkurs- bzw. insolvenzanfechtungsrechtliche Rückgewähranspruch auch den in der gewährten Leistung enthaltenen Umsatzsteueranteil umfasst. Die Beschwerde legt nicht dar, warum diese Rechtsfrage einer erneuten Entscheidung bedürfe.
6
4. Die Honorarzahlung für die nach Insolvenzantragstellung erbrachten Beratungsleistung war jedenfalls gemäß § 133 Abs. 1 InsO anfechtbar. Entgegen der Behauptung der Beschwerde hat das Berufungsgericht den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin geprüft und im Einklang mit der Senatsrechtsprechung festgestellt.
7
Von 5. einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.
Kayser Gehrlein Vill
Lohmann Fischer

Vorinstanzen:
LG Erfurt, Entscheidung vom 27.06.2007 - 7 O 2479/05 -
OLG Jena, Entscheidung vom 12.03.2008 - 8 U 630/07 -
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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur
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published on 06/12/2007 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 113/06 Verkündet am: 6. Dezember 2007 Bürk Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:
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Annotations

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt, ist nur anfechtbar, wenn die Voraussetzungen des § 133 Absatz 1 bis 3 gegeben sind und der andere Teil erkannt hat, dass der Schuldner unlauter handelte.

(2) Der Austausch von Leistung und Gegenleistung ist unmittelbar, wenn er nach Art der ausgetauschten Leistungen und unter Berücksichtigung der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs in einem engen zeitlichen Zusammenhang erfolgt. Gewährt der Schuldner seinem Arbeitnehmer Arbeitsentgelt, ist ein enger zeitlicher Zusammenhang gegeben, wenn der Zeitraum zwischen Arbeitsleistung und Gewährung des Arbeitsentgelts drei Monate nicht übersteigt. Der Gewährung des Arbeitsentgelts durch den Schuldner steht die Gewährung dieses Arbeitsentgelts durch einen Dritten nach § 267 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gleich, wenn für den Arbeitnehmer nicht erkennbar war, dass ein Dritter die Leistung bewirkt hat.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.