Bundesgerichtshof Beschluss, 30. März 2006 - IX ZR 54/05
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Den Parteien wird Gelegenheit gegeben, bis zum 5. Mai 2006 Stellung zu nehmen.
Gründe:
- 1
- 1. Gemäß § 552a ZPO weist das Revisionsgericht die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat.
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- So verhält es sich hier:
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- a) Wegfall der Zulassungsvoraussetzungen:
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- Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen wegen der Divergenz zum Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 13. Mai 2004 (ZIP 2004, 1275). Der hierin liegende Zulassungsgrund ist jedoch seit dem Urteil des Senats vom 3. März 2005 (IX ZR 441/00, ZIP 2005, 767; zur Veröffentlichung bestimmt in BGHZ 162, 276), das dem Berufungsgericht noch nicht bekannt sein konnte, nicht mehr gegeben.
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- Im Urteil vom 3. März 2005 hat der Senat entschieden, dass das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 13. Mai 2004 zu § 134 InsO unzutreffend ist und mit der Rechtsprechung des Senats nicht in Einklang steht (BGH, aaO S. 768). Der 5. Zivilsenat des OLG Koblenz hatte mit verschiedenen Stimmen in der Literatur die Auffassung vertreten, dass bei einer Zahlung des Insolvenzschuldners auf eine fremde Schuld die Entgeltlichkeit der Leistung bereits dann zu bejahen sei, wenn der Empfänger der Leistung seinerseits Leistungen an seinen Schuldner erbracht habe, deren Gegenleistung die Zuwendung darstelle.
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- Maßgeblich für die Beurteilung der Frage, ob der Leistungsempfänger eine werthaltige Gegenleistung erbracht hat, ist jedoch der Zeitpunkt der Vollendung des Rechtserwerbs (BGHZ 41, 17, 19; BGH, Urt. v. 3. März 2005, aaO S. 768). Hat der Leistungsempfänger bereits vertragliche Leistungen oder Sozialversicherungsschutz erbracht, kann eine ausgleichende Gegenleistung nur nach dem Wert seiner Forderung bemessen werden. Ist diese im Zeitpunkt der Leistung nicht werthaltig, liegt eine unentgeltliche Zuwendung vor. Der Leistungsempfänger , der lediglich eine nicht werthaltige Forderung gegen seinen Schuldner verliert, ist gegenüber den Gläubigern des Insolvenzschuldners nicht schutzwürdig, denn er hätte ohne dessen Leistung, auf die er keinen Anspruch hatte, seine Forderung nicht durchsetzen können (BGH, Urt. v. 3. März 2005 aaO).
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- Dies hat das Berufungsgericht zutreffend gesehen.
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- Ob die Beklagte Kenntnis von der Wertlosigkeit ihrer Forderung hatte, ist dabei unerheblich (BGH, aaO).
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- b) Keine Erfolgsaussicht:
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- Unter Berücksichtigung der vorgenannten Senatsentscheidung bietet die Revision keine Aussicht auf Erfolg.
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- aa) Die Beklagte ist als Einzugsstelle (§§ 28h, 28i SGB IV) des Gesamtsozialversicherungsbeitrages passivlegitimiert für eine Anfechtungsklage auf Rückzahlung der an sie gezahlten Sozialversicherungsbeiträge, auch soweit die Beiträge im Innenverhältnis anderen Versicherungsträgern zustehen (BGH, Urt. v. 12. Februar 2004 - IX ZR 70/03, ZIP 2004, 862, 863; v. 21. Oktober 2004 - IX ZR 71/02, ZIP 2005, 38).
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- bb) Der Umstand, dass die Beklagte den Beschäftigten der Schwestergesellschaft Sozialversicherungsschutz gewährt hat, lässt die Unentgeltlichkeit der Leistung der Schuldnerin nicht entfallen.
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- eine Wird dritte Person in einen Zuwendungsvorgang eingeschaltet, kommt es für die Frage der Unentgeltlichkeit einer Leistung des Schuldners nicht darauf an, ob der Schuldner selbst einen Ausgleich für seine Leistung erhalten hat. Maßgeblich ist vielmehr, ob der Empfänger seinerseits eine Gegenleistung zu erbringen hat. Es entspricht der Wertung des § 134 InsO, dass der Empfänger einer Leistung dann einen geringeren Schutz verdient, wenn er keine ausgleichende Gegenleistung zu erbringen hat (BGHZ 41, 298, 302; 141, 96, 99 f; BGH, Urt. v. 3. März 2005 aaO S. 768). Die Gegenleistung des Empfängers , dessen gegen einen Dritten gerichtete Forderung bezahlt wird, liegt in der Regel darin, dass er eine werthaltige Forderung gegen den Schuldner verliert. In diesem Fall ist nicht der Leistungsempfänger, sondern dessen Schuldner der richtige Beklagte für eine Anfechtung wegen unentgeltlicher Zuwendung (BGHZ 41, 298, 302; BGH, Urt. v. 15. Dezember 1982 - VIII ZR 264/81, ZIP 1983, 32; v. 5. Februar 2004 - IX ZR 473/00, ZIP 2004, 917, 918; v. 3. März 2005 aaO) oder für Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung (BGHZ 70, 389, 396 f).
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- Ist die Forderung des Zuwendungsempfängers aber wertlos, ist die Zuwendung unentgeltlich. Dabei ist es unerheblich, ob der Leistungsempfänger seinem Schuldner zu einem früheren Zeitpunkt eine Leistung erbracht hat. Maßgeblich für die Beurteilung der Unentgeltlichkeit ist vielmehr, wie ausgeführt , der Zeitpunkt der Vollendung des Rechtserwerbs.
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- c) Auch die übrigen von der Revision geltend gemachten Rügen sind unbegründet.
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- (1) Die Revision rügt den Sachvortrag als übergangen, dass die Insolvenzschuldnerin und die KST über eine gemeinsame Holding verbunden gewesen seien, mit der sie Ergebnisabführungsverträge geschlossen gehabt hätten. Der Kläger habe nichts dazu vorgetragen, dass die Insolvenzschuldnerin gegenüber der Holding keine Ausgleichsansprüche habe.
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- Hierauf kommt es indessen nicht an. Maßgeblich für die Beurteilung der Unentgeltlichkeit ist allein das Rechtsverhältnis zwischen dem verfügenden Insolvenzschuldner und dem Zuwendungsempfänger (BGHZ 141, 96, 100 f; BGH, Urt. v. 3. März 2005, aaO S. 768). Nur in diesem Verhältnis kann die Unentgeltlichkeit ausgehend vom Schutzzweck des § 134 InsO beurteilt werden. Ob daneben eine Verbindlichkeit des Insolvenzschuldners gegen einen Dritten erfüllt wird oder der Insolvenzschuldner einen Ersatzanspruch gegen einen Dritten hat, ist unerheblich (BGHZ 141, 96, 101; BGH, Urt. v. 3. März 2005 aaO).
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- Für die Frage der Entgeltlichkeit ist nicht darauf abzustellen, ob der Insolvenzschuldner für seine Leistung eine Gegenleistung oder einen Vorteil erhält , sondern ob der Empfänger der Leistung in dem maßgeblichen Zeitpunkt (vgl. oben 1 a) für diese ein Vermögensopfer erbringen musste, sei es an den Insolvenzschuldner, sei es an einen Dritten (BGHZ 141, 96, 99 ff; BGH, Urt. v. 3. März 2005 aaO). Dies war hier nicht der Fall, weil die Beklagte durch die Erfüllung lediglich eine wertlose Forderung verloren hat; die KST war, wie das Berufungsgericht feststellt und die Revision nicht in Zweifel zieht, seit 31. Dezember 2002 zahlungsunfähig.
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- (2) Die Revision meint, das Berufungsgericht habe verkannt, dass die Insolvenzschuldnerin durch die Zahlung die Forderung der Beklagten gegen die KST erworben habe; diese Forderung sei für sie nicht wertlos gewesen, weil die Insolvenzschuldnerin der KST per 28. Februar 2003 ca. 3,4 Mio. € geschuldet habe und sich mittels Aufrechnung von dieser Forderung in Höhe ihrer Leistung an die Beklagte habe befreien können.
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- Dies ist schon deshalb unzutreffend, weil die Forderung der Beklagten gegen die KST durch die Erfüllung erloschen und nicht auf die Schuldnerin übergegangen ist. Ein gesetzlicher Forderungsübergang findet in diesem Fall nicht statt (Palandt/Heinrichs, BGB 65. Aufl. § 267 Rn. 6). Ein möglicher Rückgriff richtet sich nach dem Rechtsverhältnis des Leistenden zum Schuldner der erfüllten Forderung. Dieses Verhältnis ist aber - wie ausgeführt - für die Frage der Unentgeltlichkeit der Leistung an die Gläubigerin ohne Bedeutung.
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- (3) Soweit die Revision schließlich meint, eine entsprechende Leistung der KST an die Beklagte wäre insolvenzrechtlich nicht anfechtbar gewesen, gehen die Ausführungen hierzu ins Leere. Die Anfechtbarkeit der Leistung der Schuldnerin an die Beklagte ist aus den angeführten Gründen unabhängig von einer (fiktiven) Anfechtbarkeit einer (fiktiven) Leistung der KST an die Beklagte zu beurteilen.
Lohmann Fischer
Vorinstanzen:
LG Koblenz, Entscheidung vom 12.07.2004 - 16 O 574/03 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 08.03.2005 - 3 U 984/04 -
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Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(1) Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag ist an die Krankenkassen (Einzugsstellen) zu zahlen. Die Einzugsstelle überwacht die Einreichung des Beitragsnachweises und die Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags. Beitragsansprüche, die nicht rechtzeitig erfüllt worden sind, hat die Einzugsstelle geltend zu machen.
(2) Die Einzugsstelle entscheidet über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung auf Verlangen des Arbeitgebers durch einen schriftlichen oder elektronischen Bescheid; sie erlässt auch den Widerspruchsbescheid. Soweit die Einzugsstelle die Höhe des Arbeitsentgelts nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln kann, hat sie dieses zu schätzen. Dabei ist für das monatliche Arbeitsentgelt des Beschäftigten das am Beschäftigungsort ortsübliche Arbeitsentgelt mit zu berücksichtigen. Die nach § 28i Satz 5 zuständige Einzugsstelle prüft die Einhaltung der Arbeitsentgeltgrenze bei geringfügiger Beschäftigung nach den §§ 8 und 8a und entscheidet bei deren Überschreiten über die Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung; sie erlässt auch den Widerspruchsbescheid.
(2a) (weggefallen)
(3) Bei Verwendung eines Haushaltsschecks vergibt die Einzugsstelle im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit die Betriebsnummer des Arbeitgebers, berechnet den Gesamtsozialversicherungsbeitrag und die Umlagen nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz und zieht diese vom Arbeitgeber im Wege des Lastschriftverfahrens ein. Die Einzugsstelle meldet bei Beginn und Ende der Beschäftigung und zum Jahresende der Datenstelle der Rentenversicherung die für die Rentenversicherung und die Bundesagentur für Arbeit erforderlichen Daten eines jeden Beschäftigten. Die Einzugsstelle teilt dem Beschäftigten den Inhalt der abgegebenen Meldung schriftlich oder durch gesicherte Datenübertragung mit.
(4) Bei Verwendung eines Haushaltsschecks bescheinigt die Einzugsstelle dem Arbeitgeber zum Jahresende
- 1.
den Zeitraum, für den Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt wurden, und - 2.
die Höhe des Arbeitsentgelts (§ 14 Absatz 3), des von ihm getragenen Gesamtsozialversicherungsbeitrags und der Umlagen.
Zuständige Einzugsstelle für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag ist die Krankenkasse, von der die Krankenversicherung durchgeführt wird. Für Beschäftigte, die bei keiner Krankenkasse versichert sind, werden Beiträge zur Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung an die Einzugsstelle gezahlt, die der Arbeitgeber in entsprechender Anwendung des § 175 Absatz 3 Satz 2 des Fünften Buches gewählt hat. Zuständige Einzugsstelle ist in den Fällen des § 28f Absatz 2 die nach § 175 Absatz 3 Satz 4 des Fünften Buches bestimmte Krankenkasse. Zuständige Einzugsstelle ist in den Fällen des § 2 Absatz 3 die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See. Bei geringfügigen Beschäftigungen ist zuständige Einzugsstelle die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See als Träger der Rentenversicherung.