Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Juni 2006 - IX ZR 168/04

Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde einschließlich der durch die Nebenintervention verursachten Kosten nach einem Wert von 5.254.873,60 Euro.
Gründe:
- 1
- Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO).
- 2
- Unter welchen Voraussetzungen eine Aufrechnung inkongruent ist, ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO bereits geklärt (BGHZ 159, 388, 393; BGH, Urt. v. 9. Oktober 2003 - IX ZR 28/03, WM 2003, 2458, 2459; v. 9. Februar 2006 - IX ZR 121/03, WM 2006, 816, 817 f). Für eine schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erklärte Aufrechnung gilt nichts anderes. Stellte die Begründung der Aufrechnungslage eine kongruente Deckung dar, ist die Erklärung der Aufrechnung ebenfalls kongruent.
- 3
- Ob eine tatsächliche Verständigung zwischen dem Finanzamt und dem Steuerpflichtigen über die Besteuerungsgrundlagen eine Rechtshandlung im Sinne der §§ 129 ff InsO darstellt, ist nicht entscheidungserheblich, weil das Berufungsgericht bereits eine objektive Gläubigerbenachteiligung verneint und der Kläger nicht dargelegt hat, dass die Steuer ohne die tatsächliche Verständigung für ihn günstiger festgesetzt worden wäre.
- 4
- Ebenso wenig stellt sich die Rechtsfrage, ob bei der Berechnung der Anfechtungsfristen gemäß § 139 InsO ein zulässiger und begründeter Insolvenzantrag zu berücksichtigen ist, der bei einem unzuständigen Gericht gestellt und vor Erlass des Eröffnungsbeschlusses an das zuständige Gericht verwiesen worden ist, jedoch selbst nicht zur Eröffnung geführt hat. Das Berufungsgericht hat dies nicht in Frage gestellt, sondern sich - freilich zu Unrecht - an die Ansicht in den Gründen des Beschlusses des Oberlandesgerichts Köln vom 7. Juni 2001 für gebunden gehalten, die früheren Anträge seien unzulässig gewesen.
Cierniak Lohmann
Vorinstanzen:
LG Paderborn, Entscheidung vom 02.07.2003 - 4 O 579/00 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 20.07.2004 - 27 U 172/03 -

moreResultsText
Annotations
(1) Die Aufrechnung ist unzulässig,
- 1.
wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist, - 2.
wenn ein Insolvenzgläubiger seine Forderung erst nach der Eröffnung des Verfahrens von einem anderen Gläubiger erworben hat, - 3.
wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat, - 4.
wenn ein Gläubiger, dessen Forderung aus dem freien Vermögen des Schuldners zu erfüllen ist, etwas zur Insolvenzmasse schuldet.
(2) Absatz 1 sowie § 95 Abs. 1 Satz 3 stehen nicht der Verfügung über Finanzsicherheiten im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes oder der Verrechnung von Ansprüchen und Leistungen aus Zahlungsaufträgen, Aufträgen zwischen Zahlungsdienstleistern oder zwischengeschalteten Stellen oder Aufträgen zur Übertragung von Wertpapieren entgegen, die in Systeme im Sinne des § 1 Abs. 16 des Kreditwesengesetzes eingebracht wurden, das der Ausführung solcher Verträge dient, sofern die Verrechnung spätestens am Tage der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt; ist der andere Teil ein Systembetreiber oder Teilnehmer in dem System, bestimmt sich der Tag der Eröffnung nach dem Geschäftstag im Sinne des § 1 Absatz 16b des Kreditwesengesetzes.
(1) Die in den §§ 88, 130 bis 136 bestimmten Fristen beginnen mit dem Anfang des Tages, der durch seine Zahl dem Tag entspricht, an dem der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens beim Insolvenzgericht eingegangen ist. Fehlt ein solcher Tag, so beginnt die Frist mit dem Anfang des folgenden Tages.
(2) Sind mehrere Eröffnungsanträge gestellt worden, so ist der erste zulässige und begründete Antrag maßgeblich, auch wenn das Verfahren auf Grund eines späteren Antrags eröffnet worden ist. Ein rechtskräftig abgewiesener Antrag wird nur berücksichtigt, wenn er mangels Masse abgewiesen worden ist.