Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Jan. 2012 - IX ZR 159/09

bei uns veröffentlicht am26.01.2012
vorgehend
Landgericht Frankfurt (Oder), 13 O 287/06, 29.04.2008
Brandenburgisches Oberlandesgericht, 7 U 100/08, 15.07.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR 159/09
vom
26. Januar 2012
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Fischer, Grupp und die
Richterin Möhring
am 26. Januar 2012

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 7. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 15. Juli 2009 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Der Streitwert wird auf 49.900 € festgesetzt.

Gründe:


1
Die Beschwerde deckt keinen Zulassungsgrund auf.
2
1. Soweit die gegen die Beklagte zu 1 gerichtete Klage abgewiesen wurde , greift der geltend gemachte Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 ZPO) nicht durch. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1, Art. 103 Abs. 1 GG ist nicht gegeben.
3
a) Zu Unrecht meint die Beschwerde, das Berufungsgericht habe das Klagevorbringen unter Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG als unschlüssig einge- stuft. Tatsächlich hat das Berufungsgericht einen schlüssigen Vortrag zugrunde gelegt.
4
aa) Das Berufungsgericht hat zunächst angenommen, die Klagebegründung sei widersprüchlich und unschlüssig, weil sich der Kläger auf die miteinander unvereinbaren Tatsachen berufen habe, die von der Beklagten zu 1 behaupteten Darlehen seien sowohl nicht zur Auszahlung gelangt als auch getilgt worden. Jedoch ist das Berufungsgericht nachfolgend davon ausgegangen, dass der Kläger allein und insoweit schlüssig geltend gemacht hat, die Darlehen seien von der Beklagten zu 1 nicht ausgezahlt worden.
5
bb) Es mag sein, dass mangels näherer eigener Kenntnis ein klägerischer Vortrag des Inhalts zulässig gewesen wäre, die Darlehen seien nicht ausbezahlt, aber jedenfalls im Falle ihrer Auszahlung durch den Darlehensnehmer getilgt worden. Allein das Verständnis der Beschwerde, der Kläger habe behauptet, dass die Darlehen zum Zeitpunkt der Zwangsversteigerung "nicht (mehr) valutiert" gewesen seien, vermag einen solchen Eventualvortrag nicht aufzuzeigen. Insbesondere wendet sich die Beschwerde nicht mit einem Zulassungsgrund gegen die Annahme des Berufungsgerichts, dass der Kläger jedenfalls nachträglich seinen Vortrag beschränkt und im Berufungsrechtszug nur noch eine von Anfang an fehlende Darlehensauszahlung behauptet habe.
6
b) Das Berufungsgericht hat nicht unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG die Vernehmung von dem Kläger benannter Zeugen versäumt.
7
aa) Ein schlüssiger Beweisantrag muss das Beweisthema und das Beweismittel genau bezeichnen (Prütting/Gehrlein/Laumen, ZPO, 3. Aufl., § 284 Rn. 41; MünchKomm-ZPO/Prütting, 3. Aufl., § 284 Rn. 83 ff). Notwendiger In- halt eines Beweisantrags ist also die spezifizierte Bezeichnung der Tatsachen, welche bewiesen werden sollen. Ein Beweisantrag, dem die ausreichende Bestimmtheit der zu ermittelnden Tatsachen fehlt, ist abzulehnen (BGH, Urteil vom 1. Dezember 1993 - VIII ZR 243/92, NJW-RR 1994, 377, 378). Vor diesem Hintergrund entbehrt ein Beweisantrag der notwendigen Bestimmtheit, der sich - wie im Streitfall - am Ende eines mehrseitigen Schriftsatzes befindet und keinen Bezug zu einer konkreten Tatsachenbehauptung hat.
8
bb) Soweit der Beweisantrag im Streitfall einen Zusammenhang zu vermeintlichen Darlehensrückzahlungen erkennen lässt, genügt er mangels jeder Konkretisierung nicht den Bestimmtheitsanforderungen. Ferner ist dieser Antrag nicht entscheidungserheblich, weil der Kläger seine Klage nachfolgend allein auf eine bereits fehlende Darlehensauszahlung gestützt hat. Das Berufungsgericht war nicht gehalten, gemäß § 139 ZPO auf Bedenken gegen die Entscheidungserheblichkeit dieses Beweisantrages hinzuweisen, weil allein die Partei zu verantworten hat, welche Sachdarstellung sie abgibt.

9
2. Danach scheidet ein Zulassungsgrund auch im Verhältnis zur Beklagten zu 2 aus. Auch ihr gegenüber ging die Benennung der Zeugen mangels der gebotenen Konkretisierung des Beweisthemas ins Leere.
Kayser Gehrlein Fischer
Grupp Möhring

Vorinstanzen:
LG Frankfurt (Oder), Entscheidung vom 29.04.2008 - 13 O 287/06 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 15.07.2009 - 7 U 100/08 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 139 Materielle Prozessleitung


(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über

Referenzen

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.