Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Jan. 2012 - IX ZR 143/09

bei uns veröffentlicht am12.01.2012
vorgehend
Landgericht Bielefeld, 6 O 461/07, 20.11.2008
Oberlandesgericht Hamm, 25 U 92/08, 07.07.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR 143/09
vom
12. Januar 2012
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, den Richter Raebel, die Richterin Lohmann, den Richter
Dr. Pape und die Richterin Möhring
am 12. Januar 2012

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 25. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 7. Juli 2009 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Der Streitwert wird auf 238.222,27 € festgesetzt.

Gründe:


1
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig (§ 544 ZPO); sie ist jedoch unbegründet, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO).
2
Sollte das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Senats zur Haftung eines Steuerberaters oder Rechtsanwalts wegen Verletzung nachvertraglicher Pflichten abgewichen sein (BGH, Urteil vom 23. November 1995 - IX ZR 225/94, NJW 1996, 842; vom 28. November 1996 - IX ZR 39/96, NJW 1997, 1302, 1303; vom 18. Januar 2001 - IX ZR 223/99, NJW 2001, 1644, 1645), wäre dies nicht entscheidungserheblich. Denn die Pflicht des Beklagten zur Aufklärung bestand schon vor der Mandatsbeendigung, ohne dass er ihr nachgekommen wäre. Dennoch begann die Verjährung der klägerischen Schadensersatzansprüche erst mit der Bestandskraft des Feststellungsbescheides, weil die Pflichtwidrigkeit des Beklagten allein darin lag, den Klägern nicht empfohlen zu haben, Einspruch einzulegen gegen den im Hinblick auf die bestehenden Verwaltungsvorschriften (VV DEU BMF 2000-10-05 IV C 3-S 2256263 /00) zu erwartenden Feststellungsbescheid. In diesem Fall entsteht der durch die Pflichtwidrigkeit des Beklagten verursachte Schaden, der Verlust des sonst gegebenen Steuererstattungsanspruchs, erst mit Ablauf der Einspruchsfrist , nicht schon mit der Bekanntgabe des Feststellungsbescheids, so dass die rechtsähnlichen Grundsätze des Senats zum Beginn der Verjährung in den Fäl- len, in denen ein Steuerberater eine Frist versäumt oder einen Einspruch nicht eingelegt hat (vgl. BGH, Urteil vom 3. Februar 2011 - IX ZR 183/08, WM 2011, 795 Rn. 8 mwN), vom Berufungsgericht zutreffend herangezogen worden sind.
Kayser Raebel Lohmann
Pape Möhring

Vorinstanzen:
LG Bielefeld, Entscheidung vom 20.11.2008 - 6 O 461/07 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 07.07.2009 - 25 U 92/08 -

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

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Bundesgerichtshof Urteil, 03. Feb. 2011 - IX ZR 183/08

bei uns veröffentlicht am 03.02.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 183/08 Verkündet am: 3. Februar 2011 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja StBerG § 68 a.F. Läss

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(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

8
a) Die Entstehung eines Anspruchs auf Schadensersatz setzt voraus, dass ein Schaden eingetreten ist. Nach der vom Bundesgerichtshof seit dem Urteil vom 2. Juli 1992 (IX ZR 268/91, BGHZ 119, 69) in ständiger Rechtsprechung vertretenen Risiko-Schaden-Formel muss der Schaden im Sinne einer objektiven Verschlechterung der Vermögenslage wenigstens dem Grunde nach erwachsen sein; ist dagegen noch offen, ob ein pflichtwidriges, mit einem Risiko behaftetes Verhalten tatsächlich zu einem Schaden führt und liegt deshalb eine bloße Vermögensgefährdung vor, ist der Anspruch noch nicht entstanden, so dass die Verjährungsfrist des § 68 StBerG nicht in Lauf gesetzt wird (Zugehör in Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, Handbuch der Anwaltshaftung, 2. Aufl. Rn. 1342 f mwN). In Steuersachen tritt der Schaden des Steuerpflichtigen in der Regel ein, sobald sich das pflichtwidrige Verhalten des Steuerberaters in einem belastenden Bescheid der Finanzbehörde ausgewirkt hat (BGH, Urteil vom 2. Juli 1992 - IX ZR 268/91, BGHZ 119, 69, 72; vom 11. Mai 1995 - IX ZR 140/94, BGHZ 129, 386, 389 f; vom 12. November 2009 - IX ZR 218/08, WM 2010, 138 Rn. 10 mwN). Hat der Steuerberater - wie hier - pflichtwidrig gegen einen Steuerbescheid keinen Einspruch eingelegt, beginnt die Verjährung des Ersatzanspruchs mit Eintritt der Bestandskraft dieses Bescheids (BGH, Urteil vom 20. Juni 1996 - IX ZR 100/95, WM 1996, 2066, 2067). Im Streitfall wurde der maßgebliche Steuerbescheid vom 21. August 2000, welcher den Beklagten am 22. August 2000 zuging, mit Ablauf des 22. September 2000 bestandskräftig. Damit begann der Lauf der Verjährungsfrist.