Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Mai 2009 - IX ZB 33/07
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Freiburg vom 30. Dezember 2005 wird zurückgewiesen.
Die weitere Beteiligte zu 1 trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe:
I.
- 1
- Über das Vermögen des Schuldners wurde am 11. Oktober 2004 das Insolvenzverfahren eröffnet und der weitere Beteiligte zu 2 zum Treuhänder bestellt. Im Schlusstermin am 26. Oktober 2005 stellte die weitere Beteiligte zu 1 den Antrag, dem Schuldner die Restschuldbefreiung zu versagen, weil er gegen § 290 Abs. 1 Nr. 5 und Nr. 6 InsO verstoßen habe.
- 2
- Das Amtsgericht - Insolvenzgericht - hat durch Beschluss vom 30. Dezember 2005 den Versagungsantrag zurückgewiesen und dem Schuldner die Restschuldbefreiung angekündigt. Auf die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1 hat das Landgericht den Beschluss des Amtsgerichts aufgehoben und dem Schuldner die Restschuldbefreiung versagt. Dagegen wendet sich der Schuldner mit seiner Rechtsbeschwerde.
II.
- 3
- Die Rechtsbeschwerde ist nach § 289 Abs. 2 Satz 1, §§ 6, 7 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.
- 4
- Zu Recht beanstandet die Rechtsbeschwerde, das Beschwerdegericht habe übersehen, dass ein zulässiger Versagungsantrag nicht vorgelegen hat.
- 5
- 1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss ein auf § 290 Abs. 1 InsO gestützter Versagungsantrag im Schlusstermin gestellt werden (BGH, Beschl. v. 20. März 2003 - IX ZB 388/02, NZI 2003, 389, 390). Die Insolvenzordnung hat das Verfahren über den Antrag, die Restschuldbefreiung zu versagen, weitgehend kontradiktorisch ausgestaltet. Nach § 290 Abs. 2 InsO ist der Versagungsgrund glaubhaft zu machen. Diese Vorschrift soll verhindern, dass das Insolvenzgericht auf bloße Vermutungen gestützte aufwendige Ermittlungen führen muss. Daher hat es in die sachliche Prüfung des Antrags nur ein- zutreten, wenn nach dem Vortrag des Gläubigers die Voraussetzungen eines der in § 290 Abs. 1 InsO aufgeführten Versagungstatbestände wahrscheinlich gegeben sind (vgl. BGHZ 156, 139, 142). Hieraus folgt, dass die gemäß § 290 Abs. 2 InsO erforderliche Glaubhaftmachung des Versagungsgrunds schon im Schlusstermin erfolgen muss und nicht in späteren Verfahrensabschnitten nachgeschoben werden kann (BGHZ 156, 139, 142 f; BGH, Beschl. v. 5. April 2006 - IX ZB 227/04, ZVI 2006, 596, 597 Rn. 6; v. 23. Oktober 2008 - IX ZB 53/08, ZInsO 2008, 1272 Rn. 9; v. 5. Februar 2009 - IX ZB 185/08, ZInsO 2009, 481, 482 Rn. 6).
- 6
- Diesen 2. Anforderungen genügt der vom Beschwerdegericht für begründet erachtete Versagungsantrag der weiteren Beteiligten zu 1 nicht. Ausweislich der Sitzungsniederschrift des Schlusstermins vom 26. Oktober 2005 hat die weitere Beteiligte zu 1 hinsichtlich ihres Antrags auf Versagung der Restschuldbefreiung ausgeführt, es sei davon auszugehen, dass Verstöße gegen § 290 Nr. 5 und Nr. 6 InsO vorliegen. Weiteres wurde nicht vorgebracht, vielmehr erklärt, eine Glaubhaftmachung im Schlusstermin sei nicht möglich. Mangels näherer Konkretisierung der geltend gemachten Versagungsgründe liegt auch kein Fall vor, in dem eine Glaubhaftmachung nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ausnahmsweise entbehrlich ist (hierzu BGHZ 156, 139, 143; BGH, Beschl. v. 29. September 2005 - IX ZB 178/02, ZVI 2005, 614; v. 8. Januar 2009 - IX ZB 80/08, ZInsO 2009, 298 Rn. 4; v. 5. Februar 2009, aaO Rn. 7).
- 7
- 3. Der Beschluss des Beschwerdegerichts kann damit keinen Bestand haben. Er ist aufzuheben. Im Ergebnis zu Recht hat das Amtsgericht den Versagungsantrag der weiteren Beteiligten zu 1 zurückgewiesen und dem Schuldner die Restschuldbefreiung angekündigt.
Fischer Grupp
Vorinstanz:
LG Freiburg, Entscheidung vom 18.01.2007 - 13 T 46/06 -
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Annotations
(1) Die Restschuldbefreiung ist durch Beschluss zu versagen, wenn dies von einem Insolvenzgläubiger, der seine Forderung angemeldet hat, beantragt worden ist und wenn
- 1.
der Schuldner in den letzten fünf Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag wegen einer Straftat nach den §§ 283 bis 283c des Strafgesetzbuchs rechtskräftig zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt worden ist, - 2.
der Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorsätzlich oder grob fahrlässig schriftlich unrichtige oder unvollständige Angaben über seine wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat, um einen Kredit zu erhalten, Leistungen aus öffentlichen Mitteln zu beziehen oder Leistungen an öffentliche Kassen zu vermeiden, - 3.
(weggefallen) - 4.
der Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorsätzlich oder grob fahrlässig die Befriedigung der Insolvenzgläubiger dadurch beeinträchtigt hat, daß er unangemessene Verbindlichkeiten begründet oder Vermögen verschwendet oder ohne Aussicht auf eine Besserung seiner wirtschaftlichen Lage die Eröffnung des Insolvenzverfahrens verzögert hat, - 5.
der Schuldner Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten nach diesem Gesetz vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat, - 6.
der Schuldner in der nach § 287 Absatz 1 Satz 3 vorzulegenden Erklärung und in den nach § 305 Absatz 1 Nummer 3 vorzulegenden Verzeichnissen seines Vermögens und seines Einkommens, seiner Gläubiger und der gegen ihn gerichteten Forderungen vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hat, - 7.
der Schuldner seine Erwerbsobliegenheit nach § 287b verletzt und dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt; dies gilt nicht, wenn den Schuldner kein Verschulden trifft; § 296 Absatz 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(2) Der Antrag des Gläubigers kann bis zum Schlusstermin oder bis zur Entscheidung nach § 211 Absatz 1 schriftlich gestellt werden; er ist nur zulässig, wenn ein Versagungsgrund glaubhaft gemacht wird. Die Entscheidung über den Versagungsantrag erfolgt nach dem gemäß Satz 1 maßgeblichen Zeitpunkt.
(3) Gegen den Beschluss steht dem Schuldner und jedem Insolvenzgläubiger, der die Versagung der Restschuldbefreiung beantragt hat, die sofortige Beschwerde zu. Der Beschluss ist öffentlich bekannt zu machen.
(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen.
(2) Die Beschwerdefrist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung.
(3) Die Entscheidung über die Beschwerde wird erst mit der Rechtskraft wirksam. Das Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Die Restschuldbefreiung ist durch Beschluss zu versagen, wenn dies von einem Insolvenzgläubiger, der seine Forderung angemeldet hat, beantragt worden ist und wenn
- 1.
der Schuldner in den letzten fünf Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag wegen einer Straftat nach den §§ 283 bis 283c des Strafgesetzbuchs rechtskräftig zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt worden ist, - 2.
der Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorsätzlich oder grob fahrlässig schriftlich unrichtige oder unvollständige Angaben über seine wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat, um einen Kredit zu erhalten, Leistungen aus öffentlichen Mitteln zu beziehen oder Leistungen an öffentliche Kassen zu vermeiden, - 3.
(weggefallen) - 4.
der Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorsätzlich oder grob fahrlässig die Befriedigung der Insolvenzgläubiger dadurch beeinträchtigt hat, daß er unangemessene Verbindlichkeiten begründet oder Vermögen verschwendet oder ohne Aussicht auf eine Besserung seiner wirtschaftlichen Lage die Eröffnung des Insolvenzverfahrens verzögert hat, - 5.
der Schuldner Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten nach diesem Gesetz vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat, - 6.
der Schuldner in der nach § 287 Absatz 1 Satz 3 vorzulegenden Erklärung und in den nach § 305 Absatz 1 Nummer 3 vorzulegenden Verzeichnissen seines Vermögens und seines Einkommens, seiner Gläubiger und der gegen ihn gerichteten Forderungen vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hat, - 7.
der Schuldner seine Erwerbsobliegenheit nach § 287b verletzt und dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt; dies gilt nicht, wenn den Schuldner kein Verschulden trifft; § 296 Absatz 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(2) Der Antrag des Gläubigers kann bis zum Schlusstermin oder bis zur Entscheidung nach § 211 Absatz 1 schriftlich gestellt werden; er ist nur zulässig, wenn ein Versagungsgrund glaubhaft gemacht wird. Die Entscheidung über den Versagungsantrag erfolgt nach dem gemäß Satz 1 maßgeblichen Zeitpunkt.
(3) Gegen den Beschluss steht dem Schuldner und jedem Insolvenzgläubiger, der die Versagung der Restschuldbefreiung beantragt hat, die sofortige Beschwerde zu. Der Beschluss ist öffentlich bekannt zu machen.