Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Nov. 2011 - IX ZB 279/11
vorgehend
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- 1. Die Rechtsbeschwerde ist unstatthaft, weil sie vom Beschwerdegericht nicht zugelassen wurde (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Der Rechtsmittelzug richtet sich nach den allgemeinen vollstreckungsrechtlichen Vorschriften, wenn das Insolvenzgericht kraft besonderer Zuweisung nach § 36 Abs. 4 InsO funktional als Vollstreckungsgericht entscheidet (BGH, Beschluss vom 5. Februar 2004 - IX ZB 97/03, ZIP 2004, 732; vom 17. Februar 2004 - IX ZB 306/03, ZInsO 2004, 441; vom 6. November 2008 - IX ZB 256/08, juris). Gegen entsprechende Entscheidungen, die im Zwangsvollstreckungsverfahren ohne mündliche Verhandlung ergehen können, besteht daher das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gemäß § 793 ZPO. Gilt jedoch der allgemeine Vollstre- ckungsschutz, so findet die Rechtsbeschwerde nur auf Zulassung des Beschwerdegerichts statt (BGH, Beschluss vom 5. Februar 2004, aaO), woran es im Streitfall fehlt.
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- Gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde gibt es - anders als bei der Revision - keine Nichtzulassungsbeschwerde (BGH, Beschluss vom 16. November 2006 - IX ZA 26/06, WuM 2007, 41). Der Weg einer außerordentlichen Beschwerde ist nicht eröffnet (BGH, Beschluss vom 7. März 2002 - IX ZB 11/02, BGHZ 150, 133 ff) und verfassungsrechtlich auch nicht geboten (vgl. BVerfGE 107, 395 ff).
- 3
- 2. Die von der Schuldnerin beantragte Prozesskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren ist demnach mangels Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung abzulehnen (§ 114 Satz 1 ZPO). Kayser Raebel Pape Grupp Möhring
AG Berlin-Charlottenburg, Entscheidung vom 06.05.2011 - 36h IN 4423/09 -
LG Berlin, Entscheidung vom 26.08.2011 - 85 T 266/11 -
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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
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dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
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die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, gehören nicht zur Insolvenzmasse. Die §§ 850, 850a, 850c, 850e, 850f Abs. 1, §§ 850g bis 850l, 851c, 851d, 899 bis 904, 905 Satz 1 und 3 sowie § 906 Absatz 2 bis 4 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Verfügungen des Schuldners über Guthaben, das nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Wirkungen des Pfändungsschutzkontos nicht von der Pfändung erfasst wird, bedürfen zu ihrer Wirksamkeit nicht der Freigabe dieses Kontoguthabens durch den Insolvenzverwalter.
(2) Zur Insolvenzmasse gehören jedoch
- 1.
die Geschäftsbücher des Schuldners; gesetzliche Pflichten zur Aufbewahrung von Unterlagen bleiben unberührt; - 2.
im Fall einer selbständigen Tätigkeit des Schuldners die Sachen nach § 811 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b und Tiere nach § 811 Absatz 1 Nummer 8 Buchstabe b der Zivilprozessordnung; hiervon ausgenommen sind Sachen, die für die Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit erforderlich sind, welche in der Erbringung persönlicher Leistungen besteht.
(3) Sachen, die zum gewöhnlichen Hausrat gehören und im Haushalt des Schuldners gebraucht werden, gehören nicht zur Insolvenzmasse, wenn ohne weiteres ersichtlich ist, daß durch ihre Verwertung nur ein Erlös erzielt werden würde, der zu dem Wert außer allem Verhältnis steht.
(4) Für Entscheidungen, ob ein Gegenstand nach den in Absatz 1 Satz 2 genannten Vorschriften der Zwangsvollstreckung unterliegt, ist das Insolvenzgericht zuständig. Anstelle eines Gläubigers ist der Insolvenzverwalter antragsberechtigt. Für das Eröffnungsverfahren gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden nicht erhoben.
Gründe:
- 1
- Die Rechtsbeschwerde ist unstatthaft. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs richtet sich der Rechtsmittelzug nach den allgemeinen vollstreckungsrechtlichen Vorschriften, wenn das Insolvenzgericht kraft besonderer Zuweisung funktional als Vollstreckungsgericht entscheidet (BGH, Beschl. v. 5. Februar 2004 - IX ZB 97/03, ZIP 2004, 732; v. 6. Mai 2004 - IX ZB 104/04, ZIP 2004, 1379; v. 12. Januar 2006 - IX ZB 239/04, ZIP 2006, 340, 341; v. 21. September 2006 - IX ZB 127/05, ZIP 2006, 2008). Die Rechtsbeschwerde ist daher auch im Rahmen von Anträgen auf Erhöhung der Pfändungsgrenze nach § 850c ZPO in Verbindung mit § 36 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 Satz 1 InsO nur auf Zulassung des Beschwerdegerichts nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO eröffnet (BGH, Beschl. v. 21. September 2006 aaO Rn. 4), an der es hier fehlt. Die Zulassung kann auch nicht nachgeholt werden.
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- Im Hinblick auf die unzutreffende Belehrung über die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde durch das Landgericht sind keine Gerichtskosten zu erheben (§ 21 Abs. 1 Satz 1 GKG).
Vorinstanzen:
AG München, Entscheidung vom 10.04.2008 - 1501 IN 1007/07 -
LG München I, Entscheidung vom 29.05.2008 - 14 T 7585/08 -
Gegen Entscheidungen, die im Zwangsvollstreckungsverfahren ohne mündliche Verhandlung ergehen können, findet sofortige Beschwerde statt.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.