Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Nov. 2011 - IX ZB 167/10
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Gründe:
I.
- 1
- Mit Beschluss vom 23. April 2007 ordnete das Insolvenzgericht im Insolvenzeröffnungsverfahren über das Vermögen der Schuldnerin Sicherungsmaßnahmen an. Mit Beschluss vom 8. Mai 2007 setzte das Insolvenzgericht einen vorläufigen Gläubigerausschuss ein und bestellte den weiteren Beteiligten zu 4 zu einem von dessen Mitgliedern. Am 1. Juli 2007 eröffnete das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren.
- 2
- Das Insolvenzgericht hat die Vergütung der Mitglieder des im Eröffnungsverfahren gebildeten vorläufigen Gläubigerausschusses mit Beschluss vom 17. Juli 2008 festgesetzt und dabei im Hinblick auf den weiteren Beteiligten zu 4 keine Erstattung der Umsatzsteuer auf die festgesetzte Vergütung in Höhe von 340.131,75 € ausgesprochen. Mit Beschluss vom 21. Dezember 2009 hat das Insolvenzgericht auf Antrag des weiteren Beteiligten zu 4 bestimmt, dass auf die diesem zuerkannte Vergütung auch die anfallende Umsatzsteuer in Höhe von 64.625,03 € zu erstatten sei. Diesen Beschluss hat das Insolvenzgericht dem Insolvenzverwalter, dem Schuldner sowie dem weiteren Beteiligten zu 4 zugestellt, eine öffentliche Bekanntmachung ist nicht erfolgt.
- 3
- Mit am 25. Mai 2010 beim Insolvenzgericht eingegangenem Schriftsatz haben die weiteren Beteiligten zu 1 bis 3 als Insolvenzgläubiger sofortige Beschwerde sowohl gegen die Festsetzung der Vergütung für die Mitglieder des vorläufigen Gläubigerausschusses durch Beschluss vom 17. Juli 2008 als auch gegen den Beschluss vom 21. Dezember 2009 eingelegt. Das Landgericht hat mit gesonderter Entscheidung die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss vom 17. Juli 2008 als unzulässig verworfen. Die sofortige Beschwerde gegen den hier streitgegenständlichen Beschluss vom 21. Dezember 2009 hat das Landgericht als unbegründet zurückgewiesen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde verfolgen die weiteren Beteiligten zu 1 bis 3 ihren Antrag weiter, die Vergütung des weiteren Beteiligten zu 4 als Mitglied des vorläufigen Gläubigerausschusses und damit auch den Ersatz für die hierauf entfallende Umsatzsteuer herabzusetzen.
II.
- 4
- Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, die sofortige Beschwerde sei zulässig. Da das Insolvenzgericht verfahrensfehlerhaft die gemäß §§ 9, 73 in Verbindung mit § 64 Abs. 2 InsO gebotene öffentliche Bekanntmachung der Entscheidung vom 21. Dezember 2009 unterlassen habe, sei keine Beschwerdefrist in Lauf gesetzt worden und die Beschwerde damit fristgerecht.
- 5
- Die sofortige Beschwerde sei jedoch unbegründet. Nachdem der weitere Beteiligte zu 4 eine Bescheinigung des Finanzamts über seine Umsatzsteuerpflicht vorgelegt habe, ergebe sich sein Anspruch auf Ersatz der anfallenden Umsatzsteuer aus § 18 Abs. 2 in Verbindung mit § 7 InsVV. Bezogen auf die zuerkannte Nettovergütung sei die festgesetzte Umsatzsteuer richtig berechnet. Es komme nicht darauf an, ob die Nettovergütung der Höhe nach zutreffend festgesetzt worden sei, weil mit am selben Tag ergangener Entscheidung die gegen den Beschluss vom 17. Juli 2008 erhobene Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1 bis 3 als unzulässig verworfen worden sei und die Festsetzung der Nettovergütung daher rechtskräftig werde.
III.
- 6
- Die statthafte (§§ 6, 7, 64 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit § 73 Abs. 2 InsO) und auch im Übrigen zulässige (§ 4 InsO, § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) Rechtsbeschwerde ist begründet, die Sache aber nicht zur Endentscheidung reif.
- 7
- Das Beschwerdegericht hat zu Unrecht angenommen, dass der Beschluss zur Festsetzung der Nettovergütung des weiteren Beteiligten zu 4 in Rechtskraft erwachsen werde. Wie der Senat zu der hierzu ergangenen Entscheidung des Beschwerdegerichts mit Beschluss vom heutigen Tage entschieden hat (IX ZB 166/10), sind die dort erhobenen sofortigen Beschwerden gegen die Vergütungsfestsetzung für die Mitglieder des vorläufigen Gläubigerausschusses fristgerecht erhoben worden. Die Festsetzung der Nettovergütung für den weiteren Beteiligten zu 4 durch Beschluss vom 17. Juli 2008 ist daher nach der vom Senat ausgesprochenen Aufhebung und Zurückverweisung der hierzu getroffenen Entscheidung des Beschwerdegerichts im Beschwerdeverfahren zu überprüfen. Da die dem weiteren Beteiligten zu 4 zustehende Nettovergütung damit noch nicht endgültig feststeht, kann auch die Festsetzung der Höhe der hierauf entfallenden Umsatzsteuer keinen Bestand haben und ist aufzuheben (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO).
Vorinstanzen:
AG Aurich, Entscheidung vom 21.12.2009 - 9 IN 143/07 -
LG Aurich, Entscheidung vom 14.07.2010 - 4 T 205/10 -
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(1) Das Insolvenzgericht setzt die Vergütung und die zu erstattenden Auslagen des Insolvenzverwalters durch Beschluß fest.
(2) Der Beschluß ist öffentlich bekanntzumachen und dem Verwalter, dem Schuldner und, wenn ein Gläubigerausschuß bestellt ist, den Mitgliedern des Ausschusses besonders zuzustellen. Die festgesetzten Beträge sind nicht zu veröffentlichen; in der öffentlichen Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen, daß der vollständige Beschluß in der Geschäftsstelle eingesehen werden kann.
(3) Gegen den Beschluß steht dem Verwalter, dem Schuldner und jedem Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde zu. § 567 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung gilt entsprechend.
Zusätzlich zur Vergütung und zur Erstattung der Auslagen wird ein Betrag in Höhe der vom Insolvenzverwalter zu zahlenden Umsatzsteuer festgesetzt.
(1) Die Mitglieder des Gläubigerausschusses haben Anspruch auf Vergütung für ihre Tätigkeit und auf Erstattung angemessener Auslagen. Dabei ist dem Zeitaufwand und dem Umfang der Tätigkeit Rechnung zu tragen.
(2) § 63 Abs. 2 sowie die §§ 64 und 65 gelten entsprechend.
Für das Insolvenzverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend. § 128a der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe, dass bei Gläubigerversammlungen sowie sonstigen Versammlungen und Terminen die Beteiligten in der Ladung auf die Verpflichtung hinzuweisen sind, wissentliche Ton- und Bildaufzeichnungen zu unterlassen und durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass Dritte die Ton- und Bildübertragung nicht wahrnehmen können.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.
(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.
(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.
(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.